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Werner Tietze  
                

 Von Haaren und Hosen

Gläubige, die Gottes Wort  ernst nehmen, stellen oftmals aufgrund ihres Schriftver­ständnisses in äußerlichen Dingen verbindliche Gebote oder Verbote auf.  In manchen Gemeinden wird das gesamte äußerliche Leben der Gemeindeglieder reglementiert, und wer sich diesen Vorschriften nicht unterwirft, kann nicht Mitglied  einer solchen Gemeinschaft sein oder wird nicht akzeptiert.  Viele Spaltungen entstehen im Leib Christi, weil man aufgrund des eigenen Schriftverständnis in zweitrangigen Fragen ei­nen starren Standpunkt einnimmt.  Manche haben eine Furcht vor äußerlicher 'Verun­reinigung durch die Gemeinschaft mit anderen Gläubigen, die nicht die eigene Lehr­meinung teilen.

 

Zu diesen „äußerlichen' Dingen gehört auch die Haar- und Kleiderfrage der Schwe­stern.  (Den Brüdern fällt es anscheinend leicht, hier gewisse Regeln aufzustellen, weil es sie ja nicht betrifft!)  Das äußere Leben muß von innen her erneuert werden, und nicht umgekehrt. Wo durch eine klare Wiedergeburt eine Herzenserneuerung und inne­re Umwandlung geschehen ist, hat der Gläubige von sich aus ein Verlangen, nicht mehr sich selbst oder der Welt, sondern dem Herrn zu gefallen. Bei einer Überbewer­tung des Äußerlichen besteht  die Gefahr, daß dem Fehlverhalten in äußerlichen Din­gen ein weit größerer Wert beigemessen wird als den 'verborgenen' Sün­den, und eine Gleichschaltung durch äußeren Druck führt meist in Heuchelei.  Um bei einem Abwei­chen von der jeweiligen Gemeindenorm „Gemeindezucht“ zu üben  bedarf es wirklich keiner geistlichen Autorität.

                                                                                                           

Wir müssen uns jedoch vor einer Überbewertung äußerlicher Dinge, vor Gewissens­zwang, Gruppendruck und Gleichschaltung, und den Mißbrauch menschlicher Autori­tät hüten. Wirklich gläubige Geschwister wissen, daß auch unser Äußeres, einschließ­lich der Kleidung und Haartracht, ein Zeugnis für unseren Herrn ist. Die widergöttliche Verwischung der Geschlechter und die oftmals schamlose Mode sind Ungehorsam und Rebellion gegen Gott.

 

Die Frage, ob Frauen Hosen tragen dürfen und wie lang das Haar sein muß, darf nicht zu einer zentralen Heilsfrage hochstilisiert werden. Insbesondere wenn es  um junge Menschen geht, die man für Christus gewinnen möchte, darf man nicht mit oftmals lieblosen gesetzlichen Forderungen das Werk Gottes in einem Menschen zunichte ma­chen.  Jungbekehrte kann man dann schon mal mit Liebe, Geduld und Feingefühl auf die äußeren Dinge hinweisen. Wo eine wirkliche Wiedergeburt und Überführung von der Sünde erfahren wurde, gibt es in dieser Beziehung in der Regel überhaupt  kein Problem.  Die Schwierigkeiten bestehen in den Gemeinden vornehmlich mit den „Halbbekehrten“ oder „Mitläufern“.

 

Den Begriff 'Hose' werden wir vergeblich in der Bibel suchen, da es in biblischen Zei­ten noch keine Hosen gab und dieses Kleidungs­stück bei uns erst seit der Neuzeit be­kannt ist. Hosen wurden zuerst als Unterbeinkleid unter einem langen Rock getragen, später zum kur­zen Wams.  Schlitz-, Pluder- und Pumphosen folgten im 16. und 17.Jahrhundert, und schließlich im 18.Jahrhundert enge, seiden Kniehosen (culottes). 

 

Erst mit den röhrenför­migen 'pantalons' des Volkes setzten die französischen Revolu­tionäre das Urbild der heuti­gen Hosen durch.  (Siehe dazu die Illustratio­nen auf der Titelseite.)  In manchen Kulturen (z.B. in Pakistan und Nordindien) gehören un­ter dem Rock getragene lange 'Hosen' zur nor­malen weiblichen Bekleidung.  Niemand wür­de da auf den Gedanken kommen, diese Frauen tragen 'Männerkleidung'.

 

Wo für weibliche Gemeindeglie­der ein „Hosenverbot“ besteht,  stützt sich dasselbe auf einen einzigen Bibelvers nach der alten Lutherübersetzung:  'Ein Weib soll nicht Mannsgewand tragen, und ein Mann soll nicht Weiberkleider antun'  (5.Mose 22,5). Grundsätzlich stellt sich erst einmal die Frage, inwieweit alttestamentliche Gebote und Vorschriften für die neutestamentliche Gemeinde, die nicht mehr unter dem Gesetz ist,  überhaupt ver­bindlich sind. Will man den Buchstaben des Gesetzes erfüllen, dann dürf­te man auch kein Kleidungsstück aus einem Mischgewebe von Wolle und Baumwolle tra­gen (5.Mose 22,11). Es gibt zwar keine neutestamentliche “Kleiderordnung“, aber klare Anweisungen  in 1.Tim.2,9.10 und 1.Petr.3,3.4.

 

In dem oben zitierte alttestamentlichen Bibelvers sucht man  vergeblich den Begriff 'Hose'. Was bedeutet nun das mit  'Mannsgewand' übersetzte hebräi­sche Wort 'keliy'? ' Es hat eine Vielzahl von Bedeutungen.  Die Grundbedeutung dieses Wortes ist „ein herge­stellter Artikel, eine Utensilie, ein Gefäß“. Weitere Bedeutungen sind: Jagdgerät, Kriegs­gerät, Waffen, Instrument und  Hirtentasche.  So übersetzt z.B. die Neue Jerusa­lemer Bibel genauer: 'Eine Frau soll nicht die Ausrüstung  eines Mannes tra­gen.  Die Elberfelder Bibel übersetzt 'keliy' als Mannszeug bzw. MännerzeugEs geht hier also gar nicht in erster Linie nur um 'Männerkleidung' oder gar um 'Hosen', son­dern viel umfassender um alles, was ge­schlechtsspezifisch einen Mann von einer Frau unter­scheidet. Gott hat die Menschen als Mann und Frau geschaffen und will keine Verwi­schung der Geschlechter.  Auch rein äußerlich soll ein Mann als Mann und eine Frau als Frau erkennbar sein.

 

Bleiben wir nun einmal bei der 'Kleiderfrage'. Die Bibel gibt uns keine Auskunft dar­über, was Männer- oder Frauenkleidung ist. Die menschliche Kleidung hat eine lange Entwick­lungsgeschichte und weist in den verschiede­nen Ländern und Erdteilen eine große Vielfalt auf.  Die erste Kleidung für den Menschen fer­tigte Gott selbst an: er machte ihnen beiden 'Röcke (kuttoneth - 'Leibröcke') von Fellen', und nicht etwa eine Hose für Adam!  Im alten Ägypten trug der Mann einen knie- oder wa­denlangen Schurz, die Frau ein knöchellanges Trägergewand.  Die Nomaden im Land Kanaan zur Zeit der Patriarchen kannten in der Klei­dung für Mann und Frau so gut wie keinen Un­terschied.  Auch zur Zeit der Könige trugen die Juden, sowohl Männer als auch Frau­en, Hemd­röcke.  Der Unterschied der Geschlechter zeigte sich beim Mann am Bart, an den kurzen Haaren und den Waffen oder Jagdgerät, was eben das 'Männerzeug' ist, und bei den Frauen am langen Haar und Schleier.  Die Kleidung der babylonisch-assyri­schen Bevölkerung be­stand aus dem kurzärmeligen, hemdartigen Ge­wand, im allge­meinen knielang, ergänzt um ein schräg um den Körper gewickeltes langes Tuch. Bei­de  Geschlechter der Römer  trugen die Tunika, die  Matronen die  längere Stola.    Die 'Miniröcke' der römischen Soldaten sind wohl allgemein bekannt. Übrigens trug auch Jesus einen 'nahtlosen Leibrock' und keine Hosen, ohne sich des Tragens von Frauenkleidung schuldig zu machen.

 

Von der Schrift her fehlt uns also jede Grundla­ge, in der 'Hosenfrage' ein ehernes Ge­setz auf­zustellen und überhaupt einen ungebührlichen Wert auf gewisse Kleidungsstüc­ke zu legen. Als gläubige Christen genügen uns voll und ganz die neutestamentlichen Anweisungen, „anständige“ bzw. „sittsame“ Kleidung zutragen.

 

Und nun ein Wort zur 'Haartracht'.  Man ver­weist allgemein auf 1.Kor 11, und manche „gesetzliche“ Gemeinschaften schreiben einer gläubigen Frau vor, daß sie sich ihr Haar überhaupt nicht schneiden lassen darf.  Steht das denn wirklich geschrieben?  Man sucht vergeblich nach einem Gebot, daß die Frau nicht einmal die gebrochenen Spitzen ihres Haares abschneiden dürfte.  Das Thema dieses Schriftabschnittes ist überhaupt nicht in erster Linie die Haartracht, sondern die Frage der Un­terordnung. Als Zeichen ihrer Unterordnung soll die Frau ihr Haupt bedecken. 'Will sie sich nicht bedecken, so soll sie sich doch das Haar abschneiden las­sen', was für eine Frau eine Schande ist. Hier ist zum ersten Mal von den Haaren die Rede, uns zwar im Zusammenhang mit der Kopfbe­deckung  (genau: Schleier). Wenn sie ihr Haupt nicht bedecken will, dann soll sie sich doch auch gleich das Haar 'abschneiden' (keiro = kahl-scheren , vgl. Apg 8,32) und 'scheren' (zyrao = kahl scheren, abra­sieren) lassen!  Nach dem Krieg wurden in Frankreich den Frauen, die sich während der Besatzungszeit mit deutschen Soldaten eingelassen hatten, die Köpfe kahlgeschoren.  Von dieser Schande des 'Kahlscherens' ist in diesem Abschnitt die Rede, nicht aber von der Länge der Haare.  Die heutige Verwischung der Geschlechter ist eine Rebellion gegen den Schöpfergott und geht ein­her mit den geschlechtlichen Verirrungen unserer Zeit (Röm.1,26.27).

 

Es gibt wirklich weit wichtigere Dinge im Leben der Gläubigen, als über die Länge der Haare oder über die  Kleidung zu streiten.  Wichtig ist jedoch, daß  wir gegen Scham­losigkeit und Zuchtlosigkeit eine klare Stellung einnehmen müssen. So lange es sich je­doch  um 'schickliche' Kleidung nach den Worten des Neuen Testaments handelt, ha­ben wir kein Recht, verbindliche Gesetze in der Ge­meinde nach unseren eigenen Vor­stellungen aufzurichten.  „Unschickliche“ Kleidung können sowohl Frauen als auch Männer tragen!  Jegliche Kleidung, die nicht die Blöße bedeckt, sondern bewußt oder unbewußt sexuell aufreizend wirkt, ist eines Gläubigen unwürdig. Geradezu ge­schmacklos sind z.B. die sogenannten 'leg­gings'. 

 

Beim Zusammenkommen der gläubigen Gemeinde in der Gegenwart des Herrn sollte korrekte und entspre­chende Kleidung eine Selbstverständlichkeit sein. Für alle, die ih­ren Herrn liebhaben und Ihm gehorchen wollen gibt es da überhaupt kein Problem.

 

Werner Tietze 1/1995