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Das Evangelium des Römerbriefes oder der Römischen Kirche?
B. Peters in Rehe, den 22. und 23. März 2001
Römer 1,1–17
Als erstes halten wir
fest: Paulus verkündigt im Römerbrief den Christen in Rom das Evangelium (1,15).
Das heißt, dass auch der Christ das Evangelium hören und studieren soll, damit
er es immer besser kennt. Man kann das Evangelium, das die Apostel predigten mit
folgenden fünf Merkworten zusammenfassen:
1. Solus Christus –
Christus allein
2. Sola scriptura –
Die Schrift allein
3. Sola gratia – Durch Gnade allein
4. Sola fide
– Durch Glauben allein
5. Soli Deo gloria –
Dem alleinigen Gott die Ehre
Diese fünf Wahrheiten
hängen alle untrennbar miteinander zusammen.
1. Allein Christus –
Er allein vermag den Sünder zu retten. Der Sünder vermag sich selbst nicht zu
retten.
2. Allein die Schrift
– Sie allein kann den Menschen weise machen zur Errettung (2Tim 3,15). Der
Mensch hat in sich selbst kein Licht und keine Weisheit.
3. Allein aus Gnade –
Gottes Wohlgefallen allein kann den Blinden und in Sünden Toten erretten. Der
Mensch hat in sich keinen Willen und keinen Drang, zu seinem Schöpfer und Herrn
umzukehren (Joh 5,40; Rö 3,11).
4. Allein durch den
Glauben – Gott hat in Christus das ganze Heil gewirkt; der Mensch kann nichts
dazu beitragen, sondern einzig und allein auf das Werk und auf das Wort Christi
vertrauen, um selig zu werden.
5. Dem alleinigen Gott
die Ehre – Damit, dass Gott in Christus lauter Unwürdige und Unfähige erwählt
hat, damit dass Gott in Christus alles gewirkt hat, bekommt Gott allein alle
Ehre in der Errettung von Sündern (1Kor 1,29–31).
1. Solus Christus –
Christus allein
In der Einleitung zu
seiner Galaterbriefauslegung sagt Martin Luther:
“In meinem Herzen
herrscht allein dieser Artikel, nämlich der Glaube an Christus,
aus welchem,
durch welchen und zu welchem allgemeine theologischen Gedanken fließen und
zurückfließen.”
Wir wollen anhand
zweier neutestamentlicher Autoren sehen, inwiefern die Reformatoren ihr Solus
Christus aus der Bibel gewonnen hatten. Wir beginnen mit Johannes.
Johannes
Er beginnt Sein
Evangelium mit den Sätzen:
“Im Anfang war das
Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei
Gott. Alles ward durch dasselbe, und ohne dasselbe ward auch nicht eines, das
geworden ist” (Joh 1,1-3).
Damit greift Johannes
ganz eindeutig auf den Schöpfungsbericht zurück (1Mo 1,1).
Wie in der Schöpfung,
so steht auch in der Erlösung am Anfang Gott. Von Ihm geht alles aus, durch ihn
geschieht alles (Kol 1,16). Und so wie Gott in der Schöpfung allein gewirkt hat,
so hat Gott in der Erlösung allein gewirkt. Alles, was erschaffen ist, ist durch
das Wort erschaffen, und alles, was erlöst ist, ist durch das Wort erlöst. Alles
weitere, was Johannes in seinem Evangelium sagt, ist damit unter diese alles
bestimmende Wahrheit gestellt.
Dann fährt Johannes fort und sagt:
“Und das Wort ward
Fleisch und wohnte unter uns...” (Joh 1,14).
Dieses Wort, das im
Anfang war, und durch das alles entstanden ist, ist unser Herr und Retter, in
Jesus Mensch geworden, um das Heil der Welt zu wirken. So fährt denn Johannes
fort und sagt:
“Siehe, das Lamm
Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt” (Joh 1,29).
Johannes lehrt uns,
dass Christus der einzige ist, der vom Himmel auf die Erde herniedergekommen
ist; und er lehrt uns, dass Gott Ihm alles in die Hand gegeben hat (Joh 3,35).
Was meint der Täufer, wenn er in diesem
Zusammenhang “alles” sagt? Er meint alles, was die Errettung des Menschen und
das Evangelium betrifft. Das alles hat Gott Seinem Sohn in die Hand gegeben. Er
ist der von Gott bestimmte Retter. Bei Ihm und in Ihm findet sich das Heil.
Können wir dem Argument des Johannes folgen? Wenn Christus Gott ist, wenn
durch Ihn alles erschaffen worden ist, sowohl in der alten wie in der neuen
Schöpfung, dann kann außer und neben Ihm kein anderer Retter sein. Dann kann zu
Seinem Werk der Errettung keiner etwas hinzufügen oder beitragen. Denn könnte es
jemand, dann müsste entweder etwas am Werk Christi unvollständig sein, oder
dieser müsste selbst Gott sein.
Allein durch Christus wird der Mensch gerettet, allein durch Christus
wird der Mensch gerichtet (Joh 5,26.27).
Christus ist es, der als das Brot Gottes in die Welt kam, um der Welt das
Leben zu geben (Joh 6,33).
Er ist das einzige Licht, das in dieser Welt der Sünde und des Dunkels
leuchtet (8,12); in uns aber ist kein Licht (11,10).
Er ist die alleinige Tür zum ewigen Leben (10,9) und der alleinige Hirte
und Erlöser, der Sein Leben für Seine Schafe gelassen hat (10,11).
Er allein hat dem Tod die Macht genommen und gibt jedem, der an Ihn
glaubt, das Ewige Leben (11,25). An Ihn muss glauben, zu Ihm muss kommen, wer
das ewige Leben empfangen und zu ewiger Herrlichkeit auferweckt werden will (Joh
6,29, 35, 39, 47; 20,30,31).
Niemand kann auf einem anderen Weg zum Vater kommen als allein durch Ihn
(14,6).
Gott hat das ganze
Werk der Errettung Seinem Sohn aufgetragen. Ihm gab Gott die Seelen, die
errettet werden sollten, damit Er sie in Seinem Tod erlöse und durch Sein Leben
bewahre, bis sie verherrlicht sind (6,37; 10,29; 17,6.9.11.12.15.22–24).
Paulus
Beachten wir,
Johannes lehrt uns: Christus hat alles
getan (Joh 19,30). Paulus sagt: Durch Ihn hat Gott das ganze Werk der Errettung
gewirkt (Rö 3,24.25; 5,1; 6,23; 8,1.2). Gott schenkt uns mit Christus alles (Rö
8,32). Alles ist alles; es fehlt nichts. Christus genügt. Wir nennen das die
Allgenugsamkeit Christi. Das legt Paulus am Ende von Römer 8 in unüberbietbarer
Klarheit dar: Christus ist für uns gestorben; Christus verwendet sich für uns;
nichts kann uns scheiden von der Liebe Christi; durch den, der uns geliebt hat,
sind wir mehr als Überwinder; nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes in
Christus Jesus (Rö 8,32–39).
Das Evangelium verkündigen heißt für Paulus den Sohn Gottes verkündigen.
Das Thema des Evangeliums ist Jesus Christus, Sein Werk und Seine Herrlichkeit –
nicht der Mensch, nicht seine Nöte, nicht seine Bedürfnisse, nicht sein
Potential. Es ist kein Zufall, dass Paulus den Römerbrief so beginnt:
“Paulus, Knecht Jesu
Christi, berufener Apostel, abgesondert zum Evangelium Gottes (das er durch
seine Propheten in heiligen Schriften zuvor verheißen hat), über seinen Sohn,
(der aus dem Samen Davids gekommen ist dem Fleische nach...” (Rö 1,1-3).
Beachten wir, wie
Petrus an Pfingsten und vor der schönen Pforte predigte, und wie Paulus in der
Synagoge in Thessalonich evangelisierte (Apg 2; 3; 17). Beide verkündigten
Christus. Wenn wir das Evangelium gut und richtig predigen wollen, dann müssen
wir gut und richtig von Christus reden. Er ist das große Thema der Schrift (Joh
5,39). Von Ihm reden alle Propheten (Apg 10,43; Off 19,10). Er ist das Herz des
Evangeliums, seine Mitte und seine Summe. In Ihm finden sich alle Reichtümer der
göttlichen Geheimnisse (Kol 2,3), Er ist Schatztruhe und Schlüssel dazu. Er ist
unser Leben (Kol 3,4), und in Ihm ist unser Leben verborgen (Kol 3,1). Darum
heißt Christus erkennen so viel wie das Ewige Leben haben (Joh 17,3).
Wir müssen von der
Menschheit Christi reden, wie Paulus es tat:
“über seinen Sohn,
(der aus dem Samen Davids gekommen ist dem Fleische nach” (Röm 1,2-3).
Er ist wahrer und
wirklicher Mensch; nicht ein Engel, wie die Zeugen Jehovas und die
Mormonen sagen; nicht ein bloßer Geist, wie die Mystiker
sagen. Und er ist eine historische Gestalt; er lebte im ersten Jahrhundert, Er
wurde in Bethlehem von einer Jungfrau geboren, er wuchs in der Stadt Nazareth
auf, er war Jude.
Wir müssen von der
Gottheit Christi reden, wie Paulus es tat:
“Als Sohn Gottes in Kraft erwiesen...” (Rö 1,4)
Er ist der Sohn
Gottes; Er ist der Ewige; durch Ihn sind die Welten entstanden; Er ist der Herr
und Herrscher aller, Fürst der Könige der Erde, der Erhalter aller Dinge und der
kommende Richter. Gott hat Ihn leiden lassen, Gott hat Ihn auferweckt und Er hat
Ihn über alle und alles hoch erhöht (Ph 2,10). Er hat den Vorrang in allem (Kol
1,18); in Ihm wohnt die Fülle der Gottheit leibhaftig (Kol 2,9), und Gott will,
dass unter Seinem Haupt einst alles zusammengefasst werden (Eph 1,10) und dass
Er einst alles erfüllen soll (Eph 4,10).
Wir müssen von Christi
Leiden und Sterben reden; Denn Gott hat bestimmt, dass Sein Sohn leiden, sterben
und auferstehen (Rö 1,4; 4,25), dass Er mit Seinem Blut für unsere Schuld
bezahlen (Rö 3,23–26), dass er durch Seinen Tod uns von Gottes Zorn erretten
muss (Rö 5,5), und dass wir durch Ihn vom Lohn der Sünde befreit und stattdessen
mit der Gabe des Ewigen Lebens beschenkt werden sollten (Rö 6,23).
Wenn wir selbst das
Evangelium richtig verstehen, dann wird eine wachsende Leidenschaft für den
Namen Jesu uns aufzehren. Dann wird in unserem Busen ein beständiges Feuer
brennen. Und dann werden wir den Menschen nicht ihre Bedürfnisse, nicht die
Lösung ihrer Probleme, nicht ihr Glück, sondern dann werden wir ihnen Jesus
predigen. Denn Er ist Gott, Er ist Schöpfer, Er ist Richter, Er ist Herrscher
und Er ist Erlöser. Ihn hat Gott zum Christus bestimmt, und in Ihm ist alles
Glück des Menschen zusammengefasst, und an der Erkenntnis Jesu hängt Wohl und
Wehe eines jeden Menschen. Wir werden schuldig, wenn wir den Menschen etwas
anderes predigen als Jesus Christus.
Das ist allezeit der
Inhalt der Predigt aller Knechte Gottes gewesen (1Kor 2,2). Und muss es nicht so
sein, wenn die Menschen gerettet werden sollen? Der Sohn Gottes hatte selbst
gesagt:
“Und ich, wenn ich von
der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen” (Joh 12,32).
Die Menschen müssen
zum Sohn Gottes gezogen werden. Wie werden sie zu Ihm gezogen? Indem sie Ihn
erkennen. Wie aber erkennen sie Ihn? Indem Er gepredigt wird. Wie können die
Menschen gerettet werden? Wie können sie die Kraft des Evangeliums an sich
erfahren? Indem sie glauben. Woran sollen sie denn glauben? An eine bessere
Zukunft? An ihre Fähigkeiten? An den Menschen? Nein, sie sollen, sie müssen an
den Sohn Gottes glauben. Wie aber sollen die Menschen an den Sohn Gottes
glauben, wenn man ihnen nicht vom Sohn Gottes redet?
Wie sollen Menschen gerettet werden, wenn nicht Gottes Geist an ihnen
wirkt, in ihnen Buße und Glauben weckt und sie zum Sohn Gottes führt? Wie aber
soll der Heilige Geist wirken, wenn nicht Christus verkündigt wird, wo es doch
das Werk des Heiligen Geistes ist, von den Dingen Christi zu nehmen und sie uns
zu verkündigen, also dem Sünder Christus vor die Augen zu stellen (Joh 16,8–14)?
Die Perversionen der
Papstkirche:
Nicht Christus allein,
sondern dazu kommen
a) die guten Werke des
Menschen, dies entgegen Eph 2,8–10
b) die Fürsprache der
Heiligen, dies entgegen 1Joh 2;12
c) die Mittlerschaft
der Priester, dies entgegen 1Tim 2,5
d) die Mittlerschaft
Marias, dies in offenem Widerspruch zu 1Tim 2,5.
Die Anpassung der
Evangelikalen des 20. Jahrhunderts:
Nach der Reformation
wurde das Prinzip, dass Christus allein das Heil wirkt und dass Gott uns in
Christus allein alles gegeben hat, was wir zum Leben und zur Gottseligkeit
brauchen, durch den Arminianismus und ihre Kinder verletzt: durch die
Heiligungsbewegung und die daraus gewordene Pfingstbewegung. Hier nimmt der
Menschen schrittweise den Platz Christi ein.
a) indem er dem
Heilswerk Christi seinen Glauben, seine Heiligung und sein Ausharren darin
hinzuordnet. Entscheidend ist nicht mehr das reformatorische extra nos
(außerhalb von uns) Gewirkte, sondern entscheidend wird das in uns Erfahrene.
b) indem ein Mensch
durch Handauflegung (vermeintlich) den Heiligen Geist austeilt, dies entgegen
Joh 15,26
c) indem
“geisterfüllte” Menschen zu Mittlergestalten werden
Die Allgenugsamkeit
Christi wird auch durch die Psychologisierung des Evangeliums in Frage gestellt.
Die Frage, ob der Mensch außerhalb von Christus oder in Christus sei, ist der
psychologisch inspirierten Seelsorge nicht mehr die alleinige Frage. Andere
Dinge, wie Kindheitserlebnisse, Verletzungen etc. kommen dazu und verdrängen
damit Christus und den Glauben, dass Christus allein genügt.
2. Sola scriptura –
Die Schrift allein
Beispielhaft für die
Auffassung alles Reformatoren steht dieses Zitat aus dem Zweiten Helvetischen
Bekenntnis, verfasst von Heinrich Bullinger (1504–1575):
“In der Heiligen
Schrift besitzt die ganze Kirche Christi eine vollständige Darstellung dessen,
was immer zur rechten Belehrung über den seligmachenden Glauben und ein Gott
wohlgefälliges Leben gehört. Deshalb wird von Gott deutlich verboten, etwas dazu
oder davon zu tun (5Mo 4,2). Wir sind darum der Ansicht, dass man aus diesen
Schriften die wahre Weisheit und Frömmigkeit, die Verbesserung und Leitung der
Kirchen, die Unterweisung in allen Pflichten der Frömmigkeit und endlich den
Beweis der Lehren und den Gegenbeweis oder die Widerlegung aller Irrtümer, aber
auch alle Ermahnungen gewinnen müsse, nach jenem Apostelwort: “Jede von Gottes
Geist eingegebene Schrift ist auch nütze zur Lehre, zur Überführung usw”
(2Tim 3,16) ... Wenn also heute dieses
Wort Gottes... verkündigt wird, glauben wir, dass Gottes Wort selbst verkündigt
und von den Gläubigen vernommen werde, dass man aber auch kein anderes Wort
Gottes erfinden oder vom Himmel her erwarten dürfe.”
In der ganzen Art, wie
die Apostel ihre Lehre darlegen und ihre Wahrheit begründen, zeigt sich, dass
für sie das Wort Gottes alleinige Richtschnur des Glaubens ist. Sie können ja
nur mit dem hundertfältig wiederholten Verweis “wie geschrieben steht”
argumentieren, weil die Schrift ausreichenden und allein verbindliche Autorität
in allen Glaubens– und Lehrfragen ist. Zudem ist diese Art der Beweisführung nur
dann schlüssig, wenn es außer der Schrift keine andere Autorität gibt, auf die
man sich berufen könnte. So wie Gott in Christus allein rettet, so redet Gott
durch die Schrift allein. Im Neuen Testament wird die Lehre vom abgeschlossenen
Kanon und damit endgültigen Reden Gottes schrittweise eingeführt und schließlich
unmissverständlich ausgesprochen.
Siehe Joh 20,30,31; Rö 6,17; 2Ti
1,13; 2,2; Kol 1,25; 2Tim 3,16,17; 2Pet 1,19; Jud 3; Off 22,18.
Die Perversionen der
Papstkirche:
a) Die Traditionen
“Gott konnte nicht dem
Buchstaben allein seine Offenbarung und sein Gnadenangebot anvertrauen,
sondern das
geschriebene Wort muss in das lebendige Wort der Überlieferung eingegliedert
bleiben... So hat die Kirche, gegen die reformierten Kirchen, immer daran
festgehalten, dass der Buchstabe der Heiligen Schrift für sich allein nicht die
ausschließliche Norm des Glaubens
sein kann” (Neuner-Roos, S. 70, 71)
“Beide, Schrift und
Überlieferung, sind also mit gleicher Kindesgesinnung anzunehmen und zu
verehren... die heilige Überlieferung und die Heilige Schrift bilden den einen
der Kirche überlassenen Schatz des Wortes Gottes...”
(Vatikanum II).
b) Die
Konzilsbeschlüsse
c) Privatoffenbarungen
besonders heiliger Menschen
Denken wir nur an das
vor wenigen Tagen enthüllte “dritte Geheimnis von Fatima”
Die Anpassung der
Evangelikalen des 20. Jahrhunderts:
Mit dem Aufkommen der
Pfingstbewegung wurde erstmals in einer evangelikalen Denomination das Prinzip,
dass es außer der Schrift auch andere Offenbarungsquellen gibt, zum System.
Visionen, Stimmen und damit einhergehend die Macht, Zeichen und Wunder zu tun,
relativieren die Wahrheit, dass die Schrift allein genügt (2Tim 3,16.17) und
drängen die Wahrheit von der Einmaligkeit der Vollender der Schrift, der Apostel
(1Thes 2,13), an den Rand.
3. Sola gratia – Durch Gnade allein
Gnade bedeutet,
a) dass alles mit Gott
beginnt;
b) dass Gott um
Seinetwillen handelt;
c) dass Gott
unverdient Gutes tut und gibt.
Gott ist am Anfang
aller Dinge. Er ist der Urheber des Evangeliums. Die ganze Errettung ist
vollständig Sein Werk. Er hat im Menschen keinen Anlass gefunden, sondern Er hat
aus sich heraus das Heil sündiger Menschen beschlossen. Der Mensch ist ein
Sünder und Rebell; in keinem Menschen wird sich je etwas Gutes finden, so dass
er das Gute, das Gott ihm in der Erlösung gibt, verdient hätte.
Johannes
Johannes beginnt
deshalb das Evangelium mit Gott. Gott und Gottes Wort waren am Anfang der
Errettung, nicht die Not des Menschen. Das Johannesevangelium ist das Evangelium
der göttlichen Gnade, der göttlichen Gnadenwahl und entsprechend auch der
vollständigen Verdorbenheit des Menschen.
Beachten wir folgende
Aussagen des Johannes über Gottes souveräne Gnadenwahl und die Verlorenheit des
Menschen:
Joh 1,1-3
Gott hat alles erschaffen; wie in der
Schöpfung so auch in der Erlösung. Das steht als Pforte zum ganzen
Johannesevangelium; mit dieser Aussage ist alles, was über den Glauben, über die
Erkenntnis des Herrn, über das Kommen zum Herrn, über das ewige Leben und über
die Wiedergeburt gesagt ist, ist ein ganz bestimmtes Licht gestellt: Alles
Genannte ist Werk und Wirken Gottes. Hier haben wir einen ersten Hinweis auf die
Alleinwirksamkeit Gottes in der Errettung.
Joh 1,10.11
Hier ist der Sünder ins rechte Licht
gestellt. Er nimmt Seinen eigenen Schöpfer und den ihm längst zuvor
angekündigten Retter nicht an. Hier haben wir einen ersten Beleg für die totale
Verdorbenheit des Menschen.
Joh 1,12.13
Der Mensch muss aus Gott geboren werden.
Das wird er aber nicht durch den Willen des Fleisches, also weder eines anderen
Menschen noch durch seinen eigenen Willen, sondern das wird er aus Gott.
Joh 3,3,.5
Der Gezeugte ist ganz auf den Willen des
Zeugenden angewiesen. Sollen wir aber aus Gott, sollen wir “von oben” wieder
geboren werden, dann müssen wir von oben gezeugt werden. Darüber haben wir
keinerlei Macht. Das liegt ganz im Belieben und am Wohlgefallen Gottes, des
Vaters, der der Vater aller aus Gott geborenen ist.
Joh 3,7.8
Der Geist weht nicht, wo wir wollen,
sondern wo Er will. Gottes Geist wirkt nach Seinem Willen, nicht nach unserem
Willen.
3,11
Der Mensch nimmt das Zeugnis des Herrn
nicht an (siehe 1,10,11)
Joh 3,19.20
Hier wird der Sünder noch
gründlicher ausgeleuchtet. Er hasst das Licht; er ist ihm gegenüber nicht nur
gleichgültig, dass er es also deshalb nicht aufgenommen hätte, wie wir aus
1,10,11 vielleicht noch hätten schließen können. Aber es steht viel schlimmer um
ihn. Er verabscheut das Licht und er liebt die Finsternis.
3,32
Niemand nimmt das Zeugnis des Herrn an.
3,35
Gott hat alles, nicht allein das Werk
der Errettung, sondern auch die Errettung einer jeden einzelnen Seele, in die
Hand Seines Sohnes gegeben (siehe auch 17,2).
5,21
Der Sohn gibt das Leben denen Er es
geben will.
5,25
Die Toten müssen die Stimme des Sohnes
Gottes hören; nur wer sie gehört hat, wird leben. Wie soll ein Toter hören, wenn
nicht der, der Macht hat über Leben und Tod, ihm das Gehör gibt, so dass er
hören kann?
6,37
Der Vater gibt dem Sohn die Seelen, die
zu Ihm kommen. Siehe auch 6,39; 17,6.9.12.24; 18,9
6,44
Niemand kommt zu Christus, wenn der
Vater ihn nicht zieht.
6,45 Nur wer von Gott
gelehrt ist, kommt zum Sohn Gottes
6,65
Niemand kommt zu Christus, wenn es ihm
nicht vom Vater gegeben wird.
10,26 Seine
Zeitgenossen glaubten nicht an ihn, weil sie nicht von Seinen Schafen waren
10,27 Die Schafe hören
Seine Stimme, weil sie Seine Schafe sind
10,29 Der Vater hat
dem Sohn die Schafe gegeben
13,18
Der Herr kennt alle, die Er erwählt hat.
15,16
Nicht wir haben den Herrn, sondern
der Herr hat uns erwählt.
17,6., Die Erlösten
waren von Anbeginn “dein”, d. h. Gottes, des Vaters; und Er gab sie dem Sohn
(17,9), damit Er für sie leide, sterbe, sie erlöse, bewahre und vollende
Beachten wir folgende
weiteren Aussagen des Johannes über die totale Verdorbenheit des Menschen:
5,38
Der natürliche Mensch hat Gottes Wort
nicht in sich.
5,40
Der natürliche Mensch will nicht zum
Sohn Gottes kommen.
5,42
Der natürliche Mensch hat keine Liebe zu
Gott in sich.
5,43
Der natürliche Mensch nimmt Christus
nicht auf.
5,44
Der natürliche Mensch sucht nur seine
eigene, nie Gottes Ehre.
6,36
Der natürliche Mensch glaubt nicht, auch
wenn er Christus gesehen hat.
6,44
Der natürliche Mensch kann nicht zum
Sohn Gottes kommen.
6,63
Die Natur des natürlichen Mensch nützt
nichts.
6,65
Der natürliche Mensch kann nicht zum
Sohn Gottes kommen.
7,7
Der natürliche Mensch hasst den Sohn
Gottes.
8,19
Der natürliche Mensch kennt weder den
Sohn noch den Vater
8,21
Der natürliche Mensch kann nicht dahin
gelangen, wo Christus ist.
8,23
Der natürliche Mensch ist von unten.
8,37
Der natürliche Mensch sucht Christus zu
töten
8,41
Der natürliche Mensch tut die Werke
seines Vaters, des Teufels
8,43–47
Der natürliche Mensch ist aus dem Vater,
dem Teufel und hat die gleichen
Begierden wie er
8,55
Der natürliche Mensch ist ein Lügner.
12,39
Der natürliche Mensch kann nicht
glauben.
12,40
Der natürliche Mensch ist verblendet.
14,17
Die Welt kann den Geist Gottes nicht
empfangen
15,21 Der natürliche
Mensch kennt den von Gott gesandten nicht.
15,22
Der natürliche Mensch hat keinen Vorwand
für die Sünde.
15,24
Der natürliche Mensch hasst sowohl den
Sohn als auch den Vater.
16,9
Der natürliche Mensch glaubt nicht an
den Sohn Gottes.
Paulus
“Denn durch die Gnade
seid ihr errettet, mittelst des Glaubens; und das nicht aus euch, Gottes Gabe
ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme. Denn wir sind sein Werk,
geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit
wir in ihnen wandeln sollen” (Eph 2,8-10).
“Denn wir sind sein
Werk.” Wie Johannes lehrt auch Paulus, dass die Errettung vollständig Gottes
Werk ist, dass das Evangelium mit Gott beginnt und von Gott ausgeht. Er deutet
diese Wahrheit bereits an durch einen eingeschobenen Vermerk in den einleitenden
Sätzen des Römerbriefes:
“das er durch seine
Propheten in heiligen Schriften zuvor verheißen hat” (Rö 1,2).
Damit erinnert der
Apostel uns daran, dass das Evangelium nicht mit uns anfing; nicht von unserer
Situation ausgeht. Das Evangelium war längst von Gott beschlossen und verheißen,
bevor ein einziger Mensch, der durch dieses Evangelium gerettet werden sollte,
das Licht der Welt erblickt hatte. Das ganze Werk der Errettung ist nicht ein
Rettungsaktion, die Gott ad hoc durchführt, sondern es ist die Verwirklichung
eines vorzeitlichen Vorsatzes. Gott erfüllt bei der Errettung einer jeden
Menschenseele Verheißungen, die Er ausgesprochen hat, lange bevor diese
existierte. Gott ist der Urheber der Errettung. Die Errettung
ist des Herrn. Das Evangelium heißt
darum “Evangelium Gottes”.
Wir lesen in Tit 1
etwas, das uns an Rö 1,2 erinnert:
“Paulus, Knecht
Gottes, aber Apostel Jesu Christi, nach dem Glauben der Auserwählten Gottes und
nach der Erkenntnis der Wahrheit, die nach der Gottseligkeit ist, in der
Hoffnung des ewigen Lebens, welches Gott, der nicht lügen kann, verheißen hat
vor ewigen Zeiten, zu seiner Zeit aber sein Wort geoffenbart hat durch die
Predigt, die mir anvertraut worden ist nach Befehl unseres Heiland-Gottes” (Tit
1,1-3).
Menschen kamen durch
die Predigt des Evangeliums auf der Insel Kreta zum Glauben. In der Erfahrung dieser Griechen sah
es zunächst so aus, als habe die Errettung mit ihrem Suchen und mit ihrem
Glauben angefangen. Nun sollen sie erkennen, dass ihre Errettung mit
vorzeitlichen Verheißungen begann. Gott hatte das ewige Leben verheißen, bevor
die Welt war. Bevor die Welt war, war außer dem dreieinen Gott nichts da. Keine
Engel und keine Menschen existierten. Also konnte Gott das ewige Leben nur dem
Sohn Gottes verheißen haben. Der Sohn hat Leben in sich selbst; also nicht Er
sollte dieses verheißene Leben bekommen, sondern Gott der Vater hatte dem Sohn
als Lohn für Sein Leiden Seelen versprochen (Jes 53,11). Diese Seelen gab Er
Seinem Sohn (Joh 17,6). Die Kreter verstanden nun, dass sie darum errettet
worden waren, weil der Vater dem Sohn verheißen hatte, dass alle, die Er mit
Seinem Blut erkaufen würde, das Ewige Leben empfangen sollten. Gott hatte sie
Seinem Sohn gegeben, damit Er sie rette, bewahre und vollende (Joh 17,19–24),
bevor die Welt war. Viele werden “Aha!” gerufen haben. “Jetzt erst begreife ich,
wie groß das Heil ist, wie weit her es kommt und wie hoch hinauf es reicht. Es
kommt ja von Gott, und es führt zu Gott
selbst.”
Gegen Ende seiner
Auslegung des Evangeliums kommt Paulus im Römerbrief erneut auf den Ursprung des
Evangeliums und damit der Errettung zu sprechen. Er geht dann aber noch weiter
zurück als zu den Verheißungen, die Gott den Propheten gemacht hatte (Rö 1,2);
denn jetzt sagt er, dass die von Gott geliebten und berufenen Gläubigen (Rö
1,6.7) von Gott von je her dazu ersehen und dazu bestimmt waren, berufen,
gerechtfertigt und verherrlicht zu werden. Dass die Sache also nicht damit
anfing, dass die Römer eines Tages glaubten und dem Ruf folgten, sondern damit,
dass Gott sie zuvor erkannt hatte (Rö 8,29.39). Beachten wir, dass Paulus hier
nicht sagt: “Das was Gott zuvorerkannt hat”, sondern er sagt: “Die welche Gott
zuvorerkannt hat”. Gott hat nicht nur die Errettung (also “das, was”) vorher
beschlossen – damit sind meistens alle ganz einverstanden. Sondern Gott hat auch
die Erretteten (“die welche”) vorher zum Heil erwählt – dagegen protestieren
fast alle. Aber
das sagt der
Apostel, ob das uns gefällt oder nicht.
William MacDonald schreibt zu dieser Stelle in seinem Kommentar zum Neuen
Testament:
“Gott hat uns
zuvorerkannt von Ewigkeit her. Das war nicht ein bloß intellektuelles Wissen.
Was Sein vollkommenes Wissen
betrifft, kannte Er einen jeden Menschen, der je geboren werden sollte. Aber
Seine Vorkenntnis umschließt nur diejenigen, die er zuvor bestimmt hat, dass sie
dem Bilde Seines Sohns gleichförmig gemacht werden sollen. Es handelt sich also
um eine Vorkenntnis mit einem ganz bestimmten Vorsatz, der nie aufgehalten
werden kann. Es genügt nicht zu sagen, Gott habe eben vorher gewusst, wer eines
Tages Buße tun und glauben würde. Seine Vorkenntnis stellt vielmehr die später
eintretende Buße und den
Glauben
sicher.”
Entsprechend sagt auch
W. Kelly zu Röm 8,29:
«Es ist wichtig zu
beachten, dass der Apostel nicht von einem passiven oder bloßen Vorherwissen
spricht, als ob Gott lediglich vorher gesehen hätte, was einige sein oder tun
oder glauben würden. Seine Vorkenntnis gilt Personen, nicht ihrem Zustand
oder Benehmen; es geht nicht um, das
was,
sondern ‹die, welche›
er
zuvorerkannt hat.»
Gott rettet den Sünder
nach Seinem Willen, wie sowohl Johannes als auch Paulus in vollkommener Klarheit
lehren (Joh 1,12.13; 5,21; Rö 9,15.16; Mt 11,27; Jk 1,16–18).
Wie und warum lehrt
Paulus die totale Verdorbenheit des Menschen?
Weil der Mensch total
verdorben ist, kann er nur durch Gnade gerettet werden. In ihm ist kein Funken,
der irgendwie gut wäre, wo Gott einsetzen könnte, so dass der Mensch sich mit
Gottes Hilfe zu Gott aufschwingt. Das Neue Testament stellt die sündige Natur
des Menschen ins Licht; es zeigt, dass er der Sünde Adams wegen von Geburt her
ein Sünder ist (Röm 5,12ff); er ist unfähig zum Guten; er ist ein Knecht der
Sünde (Röm 6,17); sein ganzer Wille ist feindlich gegen Gott gerichtet (Röm
5,10; 8,7; Kol 1,21); seine ganze Natur kann sich unmöglich unter Gottes Gesetz
beugen.
Paulus sagt:
“Alle sind unter der Sünde” (Rö 3,9)
Wir sind “unter”,
nicht neben und schon gar nicht über der Sünde. Wir haben die Sünde nicht im
Griff, sondern die Sünde hat uns im Griff. Wir sind von ihr beherrscht. Wir
können nicht anders als ihrem Diktat folgen. Wir sind von Natur “Sklaven der
Sünde” (Rö 6,17).
Dann führt Paulus im
Einzelnen aus, was es heißt, unter der Sünde zu sein:
“Da ist kein
Gerechter, auch nicht einer” (3,10), – das heißt: unser ganzes Wesen ist böse.
“Da ist keiner, der
Verständig sei” (3,10), –
das heißt: unser Verstand ist böse.
“Da ist keiner, der
Gott suche” (3,10) –
das heißt: unser Wille ist von Gott
abgewandt, also böse.
“Da ist keiner, der
Gutes tue” (3,12) –
das heißt:
unsere Taten sind böse.
“Ihr Schlund ist ein
offenes Grab” (3,13) –
das heißt: unsere Worte sind böse.
“Ihre Füße sind
schnell, Blut zu vergießen” (3,15)
–
das heißt: unsere Wege sind böse.
All das bedeutet:
“Es ist keine Furcht
Gottes vor ihren Augen” (3,18).
Paulus sagt ferner,
dass wir von Natur Feinde Gottes sind (5,10) und dass die Gesinnung unseres
ganzen menschlichen Wesens Feindschaft ist wider Gott (8,7).
“Die Schrift bezeugt
vielfach, dass der Mensch ein Knecht der Sünde ist. Das will besagen, dass sein
Geist der Gerechtigkeit Gottes derart entgegengesetzt ist, dass er nichts
planen, begehren und unternehmen kann, was nicht böse, verderbt, gottlos und
unrein ist; denn das mit Sünde bis zum Rand gefüllte Herz kann nichts als die
Früchte der Sünde aus sich hervorbringen” (Johannes Calvin)
Calvin übertreibt
nicht, sondern fasst zusammen,
was die Bibel an vielen Stellen sagt (1Mo
6,5; Mk 7,21–23).
Warum ist es so wichtig, dass wir die totale Verdorbenheit des Menschen,
die Sündhaftigkeit seines ganzen Denkens, Urteilens und Wollens glauben und
lehren?
“Ein Zweifaches fordert es, dass solches
gepredigt wird. Erstens, damit unser Stolz gedemütigt und die Gnade Gottes
erkannt werde, zum andern fordert es der christliche Glaube selbst. Gott hat
seine Gnade allein den Gedemütigten gewisslich verheißen, d.h. den Aufgegebenen
und Verzweifelten. Der Mensch aber kann nicht eher bis ins Innerste gedemütigt
werden, als bis er weiß, dass seine Seligkeit ganz und gar außer seinem eigenen
Vermögen, Planen, Eifern, Wollen und Wirken steht, dass sie ganz und gar hängt
an dem Gutdünken, Planen, Wollen und Wirken eines andern, nämlich Gottes
allein.” (Luther: Vom unfreien Willen)
Wir wollen glauben und
predigen, dass wir blind, tot, unfähig und unwillig zum Guten sind, weil Gott es
uns sagt. Zweitens wollen wir es tun, weil wir Gottes Gnade nur richtig
verstehen, wenn wir unseren wirklichen Zustand vor Gott erkennen. Drittens, weil
wir dann beim Evangelisieren nicht mehr auf psychologische Kniffe und auf
Methoden des Marketing verfallen werden, sondern begreifen, dass nur Gott eine
Seele retten kann; dass einzig und ausschließlich der Heilige Geist einen
Menschen überführen kann; dass niemand zum Sohn Gottes kommen wird, wenn der
Vater ihn nicht zieht (Joh 6,44). Wenn wir erkennen, dass Gott alles und der
Mensch nicht ist; dass Gott alles tut, und der Mensch nichts tun kann, dann
werden wir anfangen, uns auf Gottes Wort und Gottes Geist zu verlassen. Dann
werden wir predigen wie Petrus am Pfingsttag in Jerusalem und 1700 Jahre später
Whitefield auf den Moorfields, wie Paulus auf dem Areopag und 1800 Jahre danach
Spurgeon im Londoner Tabernacle.
Wenn wir erkannt haben, dass der Mensch unfähig und unwillig ist zum
Guten, dann begreifen wir auch, dass nichts als Gottes Gnade ihn retten kann.
Dann begreifen wir, dass alles Reden vom “Zusammenwirken des Menschen guten
Willens mit Gott und seiner Gnade” Torheit und Wahn ist. Entweder muss Gott das
Heil ganz wirken, oder es gibt kein Heil. Entweder rettet Gottes Gnade Menschen,
die es in keiner Weise verdient und die in keiner Weise dazu beigetragen haben,
oder es gibt gar keine Geretteten (Rö 11,6).
Es ist kein Zufall, dass die Reformatoren Paulus und den Römerbrief
besonders liebten. Sie erkannten in ihm ganz neu das, was sie nachher
Die Alleinwirksamkeit
Gottes in der Errettung
nannten. Sie
verwendeten dafür das griechische Wort Monergismus.
Die römische Kirche lehrte und lehrt ein Zusammenwirken des willigen und
aufrichtigen wiewohl sündigen Menschen mit Gottes Gnade und Heilsangebot. Sie
glaubt an einen Synergismus, d. h. Zusammenwirken
Wir sehen nun an den Worten des Apostels Paulus, dass der ganze Mensch
gefallen und sündig ist. Dass er mit seinen Taten, seinem Denken und seinem
Willen ein Knecht der Sünde ist. Dieses Wissen schafft erst die Voraussetzung
für die Darlegung des Heils aus Gnade. Darum beginnt Paulus den Römerbrief mit
dem Beweis, dass der Mensch und damit jeder Mensch, der Sünde und damit
ausschließlich der Sünde verfallen sei.
1. Gnade bedeutet,
dass alles Heil von Gott ausgeht
Das macht Paulus uns
bereits im
ersten Satz seiner
langen Abhandlung über das Evangelium Gottes deutlich. Das Evangelium heißt
erstens “Evangelium Gottes” (Rö 1,1), eine Heils– und Siegesbotschaft, die von
Gott ausgeht. Gott hat das Heil beschlossen, Gott hat das Heil verheißen, Gott
hat das Heil geoffenbart, Gott hat das Heil gewirkt.
Den Ephesern schreibt Paulus, dass Gott einen jeden von den an Christus
Jesus Gläubigen (denn so spricht er sie in 1,2 an) in Christus Jesus erwählt hat
vor
Grundlegung der Welt (Eph 1,4).
Paulus sagt hier nicht, dass Gott sie auserwählt hat, weil er wusste, dass sie
heilig und tadellos sein würden. Nein, Er hat sie auserwählt, damit sie heilig
und tadellos sein sollen. Die Auserwählung bewirkt etwas am
Erwählten; sie wird nicht durch etwas im Erwählten bewirkt. Sie stellt das von
Gott gewollte Ergebnis sicher. Das Gleiche sagt Petrus:
“...auserwählt nach
Vorkenntnis Gottes, des Vaters, durch Heiligung des Geistes, zum Gehorsam und
zur Blutbesprengung Jesu Christi: Gnade und Friede sei euch vermehrt!” (1Pet
1,2).
Wir sind nicht
auserwählt, weil wir gehorsam
sind,
sondern wir sind auserwählt zum Gehorsam. Es ist die Auserwählung, die zum
Gehorsam führt, und es
nicht der Gehorsam, oder mit anderen
Worten: die Buße und der Glaube, der die Auserwählung begründet, wie manche
sagen.
Den Thessalonichern,
die durch seine Predigt in der Synagoge zum Glauben gekommen waren, schreibt
Paulus einige Monate später, dass Gott einen jeden von ihnen von Anfang an zur
Errettung erwählt hatte:
“Wir aber sind
schuldig, Gott allezeit für euch zu danken, vom Herrn geliebte Brüder, dass Gott
euch von Anfang erwählt hat zur Seligkeit in Heiligung des Geistes und im
Glauben an die Wahrheit” (2Thes 2,13).
Gott hat die
Thessalonicher “von Anfang” erwählt, als nur Gott war (Joh 1,1). Warum sagt der
Apostel das hier wie in Eph 1,4 ausdrücklich? Warum genügt es nicht zu wissen,
dass Gott uns erwählt hat? Warum wird mit Nachdruck gesagt, dass die Erwählung
vor der Zeit geschah? Was tut das zur Sache? Offenkundig will der Apostel den
Empfängern des Briefes klarmachen, dass die Ursache der Erwählung nirgends als
in Gott allein sein konnte. Geschah die Erwählung im Anfang, als noch keine
Schöpfung war, dann wissen wir, dass kein Ding in der Schöpfung und kein
Geschehen in der Zeit die Ursache für die Erwählung ist.
Die Wahrheit der
göttlichen Erwählung zum Leben wird mit solcher Klarheit und in solch zwingender
Eindeutigkeit gelehrt, dass es in den Worten von F. W. Grant nur eine Ursache
dafür geben kann, dass man sie abschwächt und damit verwirft:
Der Stolz des Menschen.
“Die Erwählung wird in
der Bibel so klar und offen gelehrt, dass nur der Widerspruch des menschlichen
Herzen der Grund sein kann, warum sie nicht von allen Christen allseits
akzeptiert wird” (F. W. Grant:
The
Sovereignty of God in Salvation)
Der Mensch will nicht
vollständig auf Gott angewiesen sein; er will sein eigener Herr sein, auch bei
der Errettung. Georg Whitefield sagte in einer Predigt ganz am Anfang seines
öffentlichen Wirkens:
“Um allen Regungen
geistlichen Hochmuts zu wehren, wollen wir immer daran denken, dass nicht wir
Christus ergriffen haben, sondern dass Christus uns ergriffen hat; dass alles,
was wir haben, uns von oben gegeben worden ist; dass die freie Gnade Gottes
allein den Unterschied zwischen uns und anderen gemacht hat; dass wir, sollte
Gott uns nur einen Augenblick unseren eigenen trügerischen Herzen überlassen,
schwach und gottlos werden würden wie die anderen.”
Und
er sagte in einer Predigt zwei Jahre vor
seinem Tod:
“Ich weiß, dass keine
andere Wahrheit den Menschen wirklich demütigen kann. Denn entweder muss Gott
uns erwählen, oder wir müssen Gott erwählen”
2. Gnade bedeutet,
dass alles Heil von Gott gewirkt wird
Wenn der Mensch nichts
Gutes will und nichts Gutes vermag, dann muss Gott das ganze Heil wirken. Dann
muss Er allein das Heil beschließen und Er allein das Heil ausführen. Genau das
haben die Apostel alle gelehrt. Genau das
lehrt das Evangelium. Es ist, wie Paulus schon in der Einleitung sagt
“die Kraft Gottes zur Errettung”.
Von Röm 3,21 an
erklärt
Paulus wie der Schuldige gerechtfertigt wird. Man beachte gut, wie er sich
ausdrückt. Er verwendet lauter Passivkonstruktionen, um damit zu zeigen, dass
nur einer Aktiv ist, nämlich Gott. Der Mensch bleibt passiv. Gott ist der
Handelnde, der Mensch ist lediglich der Empfangende.
“Gottes Gerechtigkeit
ist geoffenbart worden” (3,21)
D. h. dass Gott etwas
bekannt machte, dass der Mensch weder wusste noch hatte wissen können; etwas das
ihm ganz verborgen gewesen und das er nie gesucht hatte.
“bezeugt durch Gesetz und Propheten” (3,21)
D. h. dass Gott die
Sache bekanntgemacht hat.
“Sie werden umsonst gerechtfertigt” (3,24)
Sie machen sich nicht
gerecht; sie werden gerecht gemacht. Sie haben sich in keiner Weise dafür
qualifiziert; denn es geschieht “umsonst”, dwrean (wie in Off 21,6).
“durch Seine Gnade” (3,24)
D. h. dass Gottes
Willen es geschehen ließ, Gottes Gnadenwille wollte das Gute, das wir nicht
gewollt hatten. Aber es heißt auch noch mehr:
“durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist” (3,24)
Gott hat Seine Gnade
erwiesen unter Wahrung vollkommener Gerechtigkeit; Er hat den Schuldigen
gerechtfertigt und von dessen Schuld befreit, indem Sein Sohn die Schuld auf
sich nahm; in dem Sein Sohn ihn vom verdienten Gericht loskaufte. Christus hat
bezahlt, was wir nicht bezahlen konnten.
So macht dieser erste Abschnitt schon deutlich, dass Gott allein das Gute
für uns wollte und dass Gott allein das Gute für uns tat. Das ist eine
Umschreibung von Gottes Gnade. Auf diese Weise hat Gott es verunmöglicht, dass
jemand anders als Gott allein den Ruhm für
das Erlösungswerk bekommt (Rö 3,27).
3. Gnade bedeutet:
Gott handelt an uns nicht nach Verdienst und nicht nach Schuldigkeit
Wir “werden umsonst
gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christo Jesus ist”
(Rö 3,24).
“Umsonst”, geschenkweise, ohne Verdienst, ohne unser Dazutun. Off 21,6
verwendet das gleiche Wort “umsonst”,
dwrean. Wir haben Gott nichts gegeben, worauf Er uns irgend eine Wohltat
schuldete, schon gar nicht Vergebung, Errettung und ewiges Leben:
Schon David, der die Glückseligkeit dessen kannte, dem Gott die Sünde
nicht zurechnet (Rö 4,6), sagte:
“Er hat uns nicht
getan nach unseren Sünden, und nach unseren Ungerechtigkeiten uns nicht
vergolten” (Ps 103,10).
Nun sagt der Apostel
zusammenfassend zum ganzen “Evangelium Gottes” (Rö 1,1), niemand habe Gott
beraten, niemand habe Gott etwas gegeben, so dass Gott ihn dafür und deshalb
rette. In der Errettung ist alles aus Gott, und alles ist durch Gott:
“ Denn wer hat des
Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Mitberater gewesen? Oder wer hat ihm
zuvorgegeben, und es wird ihm vergolten werden? Denn von ihm und durch ihn und
für ihn sind alle Dinge; ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen” (Rö
11,33-36).
Das Evangelium
offenbart, dass der Mensch Gott nichts gegeben hat, woraufhin Gott dem Menschen
vergelten müsste (Rö 11,35), und dass der Mensch Gott in keiner Weise beraten
habe, als ob der Mensch in seiner Not Gott dazu angestoßen hätte, etwas zu
seiner Rettung zu unternehmen. Nein, der Mensch hat nichts zur Errettung
beigetragen. Sie liegt es weder am Wollen noch am Laufen des Menschen, sondern
allein an dem Gott, der Gnade zuwendet und Erbarmen erweist (Rö 9,16).
Im Evangelium ist es Gott “der alles wirkt” (Eph 1,11), wirklich alles.
Wir glauben und wir predigen die Alleinwirksamkeit Gottes in der
Errettung, und zwar in der ganzen Errettung, vom Anfang bis zum Ende.
Gott, der Vater,
hat “von
Anfang an zur Seligkeit erwählt” (2Thes 2,13) ganz und ausschließlich nach
Seinem Willen, nach Seinem Wohlgefallen (Eph 1,5), gemäß der Absicht, die Er
sich allein in Sich Selbst vorgesetzt hat (Eph 1,9).
Gott, der Sohn,
hat, “als
die Zeit erfüllt war” (Gal 4,4; Eph 1,10), das Heil ganz, ausschließlich und
allein gewirkt. Er hat alles vollbracht (Joh 19,31).
Gott, der Heilige Geist, den der Vater und der Sohn sendet (Joh 14,26;
15,26), weckt den Glauben
und
vollendet im Erwählten, Erlösten, Berufenen und Gerechtfertigten das Heil
allein, ganz und ausschließlich.
Die Perversionen der
Papstkirche:
Dem reformatorischen
extra nos – außerhalb von uns – stellt die römische Kirche das humanistisch
inspirierte in uns und aus uns zur Seite. Ja, auch Rom lehrt, dass der Mensch
nur mit Gottes Gnade errettet werden kann; aber sie versteht unter Gnade etwas
ganz anderes als die Bibel. Für sie ist Gnade Gottes Beistand und Hilfe, die
unserem guten Willen aufhilft und uns so beisteht, dass wir Gott gefallen und so
das Heil erlangen können.
Die Anpassung der
Evangelikalen des 20. Jahrhunderts:
Die biblische und
reformatorische Lehre von der Gnade allein wurde innerhalb der evangelikalen
Welt erstmals auf breiter Front durch den Methodismus der Prägung Johann Wesleys
angegriffen. Wesley und seine Schüler glaubten nicht, dass Gott allein alles
wirkt bei der Errettung des Menschen. Sie glaubten nicht, dass die Errettung am
Gnadenwillen Gottes, sondern dass sie am freien Willen des Menschen hängt.
Entsprechend glaubten sie auch, dass der Errettete jederzeit frei sei, das Heil
zu verlieren. Das glauben heute die meisten Evangelikalen auch. Sie glauben
a) Der Mensch hat die
Fähigkeit, aus sich heraus das Heil zu wählen.
Sie glauben nicht, was
der Herr selbst sagt: “Nicht ihr habt mich, sondern ich habe euch erwählt.” Sie
denken, Gott habe uns erwählt, weil wir gläubig wurden; sie glauben, unsere
Errettung habe damit begonnen, dass wir der Predigt glaubten und dem Ruf zur
Buße gehorchten. Gott habe diesen Glauben und Gehorsam vorhergesehen und habe
uns deshalb in Christus erwählt vor Grundlegung der Welt.
Auswirkungen auf die
Evangeliumsverkündigung
Um 1850 herum machte
ein Nordamerikanischer Evangelist von sich rede, weil er die Lehre vom freien
Willen des Menschen zum Dreh- und Angelpunkt seiner ganzen Evangelisation
gemacht hatte. Das war zwar kirchengeschichtlich nichts Neues, aber es war in
Nordamerika neu, denn in Nordamerika hatte die große Mehrheit der evangelikalen
Christen bis dahin immer reformatorisch geglaubt und gepredigt, d. h. so wie die
puritanischen Gründerväter, wie Jonathan Edwards und wie Georg Whitefield. Der
nordamerikanische Neuerer war Charles G. Finney. Er sagte u. a.:
“Was für Adam galt,
gilt für alle Menschen; zur Bekehrung ist Entscheidung des Willens, nicht eine
veränderte Natur notwendig... Dass Gott uns etwas befiehlt, ist der stärkst
mögliche Beweis, dass wir es auch tun können. Er hat kein Recht, etwas von uns
zu verlangen, wenn wir nicht die Kraft haben, es zu tun. Gott ist ein Tyrann,
wenn er etwas verlangt, das der Mensch unmöglich tun kann... Was ist
Wiedergeburt anderes als der Anfang des Gehorsams Gott gegenüber? Wer willens
ist, Christus zu gehorchen, ist ein Christ. Wenn ein Mensch es wählt, Gott zu
gehorchen, wird er ein Christ.”
Da Finney glaubte,
dass es ganz in der Hand des Menschen liegt, dass er ein Kind Gottes wird,
glaubte er auch, es liege ganz in der Hand der Christen, eine Erweckung zu
erzeugen. Er sagte:
“Gott hat den Heiligen
Geist unter eure Verfügung gestellt. Ihr seht, warum ihr keine Erweckung habt:
Nur weil ihr keine gewollt habt.”
Die Bibel lehrt von
der ersten bis zur letzten Seite, dass in der Erlösung alles mit Gott beginnt
und von Gott ausgeht. Georg Whitefield verstand das Evangelium genau so und
fasste es einmal in einem Brief wie folgt zusammen:
“Ich preise Gott
dafür, dass Sein Geist mich überzeugt hat von der ewigen Erwählung durch den
Vater im Sohn, von unserer Rechtfertigung durch den Glauben an Sein Blut, von
unserer Heiligung und dem
sich
daraus ergebenden Beharren im Glauben und der Verherrlichung als Folge von dem
allen. Ich bin davon überzeugt, dass Gott alle Glieder dieser Kette so
miteinander verquickt hat, dass weder Mensch noch Teufel sie zu zerreißen
vermögen... Alles beginnt damit, dass Gott uns von Ewigkeit her erwählte und uns in der Zeit rief.
Und Er wird uns bewahren, so dass wir nicht bleibend abfallen können, bis die
Zeit nicht mehr ist. Man betrachte das Evangelium von diesem Gesichtspunkt, und
es erscheint uns als ein in sich geschlossener fest gefügter Ratschluss...”
4. Sola fide
– Durch Glauben allein
Allein durch den
Glauben wird der Mensch gerechtfertigt, dies nannte Luther den Articulus stantis
et cadentis ecclesiae,
den Artikel,
mit dem die Kirche steht und fällt. Denn in der Errettung wirkt Gott alles; der
Mensch wirkt nichts. Sogar der Glaube:
“Denn durch die Gnade
seid ihr errettet, mittelst des Glaubens; und das nicht aus euch, Gottes Gabe
ist es” (Eph 2,8).
Dass der Glaube eine
Gabe Gottes ist, sagt Paulus auch an anderer Stelle:
“Denn euch ist es in
Bezug auf Christus geschenkt worden, nicht allein an ihn zu glauben, sondern
auch für ihn zu leiden” (Philip 1,29).
Was lesen wir hier? Es
ist uns “geschenkt worden”, an Christus zu glauben; Gott weckte in unseren toten
Herzen den Glauben. Das Mittel war Sein mächtiges Wort:
“Also ist der Glaube
aus der Verkündigung, die Verkündigung aber durch Gottes Wort” (Röm 10,17).
Er schenkte auch die
Buße, das ist die erste Äußerung des lebendigen Glaubens (Apg 5,31; 11,18).
Die Rechtfertigung
durch die Stellvertretung Christi
Die Rechtfertigung
wird durch Christus gewirkt. Die Grundlage dieser Rechtfertigung ist der
stellvertretende Tod Christi für uns. Er hat in Seinem Tod die Strafe der Sünde
auf sich genommen. Auf dem Kreuz ließ Gott ihn leiden und sterben wegen unserer
Missetaten (Jes 53,6). Er ist das Opferlamm, auf das wir unser Hände gelegt
haben (3Mo 1,4), und so ist unsere Sünde auf Ihn übergegangen und Ihm
angerechnet worden (Rö 3,24–26; 2Kor 5,21). Die Stellvertretung lehrt mich, dass
Christus alles zu meiner Erlösung getan hat, dass ich nichts dazu beigetragen
habe.
Die Rechtfertigung
durch den Glauben
Die Gerechtigkeit wird
dem Sünder zugerechnet:
1Mo 15,6.
Die Rechtfertigung ist von Christus gewirkt. Er hat den Platz des Sünders im
Gericht eingenommen. Und die Rechtfertigung wird uns von Gott angerechnet. Es
ist ein forensischer, d. h. juristischer oder gerichtlicher Akt. Es ist äußerst
wichtig, dass wir das gut verstehen, und das aus zwei Ursachen:
Erstens zeigt es uns
erneut, dass das ganze Werk der Errettung ein Werk Gottes ist, das Er für uns
tut; wir wirken nicht mit; wir arbeiten nicht mit; wir haben nichts dazu
beigetragen (Rö 11,35). Nicht wir eignen uns die Rechtfertigung an, sondern sie
wird uns zugesprochen, oder eben, wie Paulus sagt: zugerechnet.
Zweitens müssen wir
diese Wahrheit gegenüber den Perversionen der Römischen Kirche betonen.
Die Perversionen der
Papstkirche:
Die römische Kirche
hat das Evangelium pervertiert, indem des den Menschen zum Mitwirkenden macht
und indem es die Rechtfertigung mit der aus ihr fließenden Heiligung vermengt.
Nach Römisch Katholischem Aberglauben ist die Rechtfertigung etwas, das im
Sünder geschieht, etwas, das er sich aneignet, indem er mit Gottes Gnade
zusammenerarbeitet. Das nennt man, wie wir schon gesehen haben, Synergismus,
Zusammenwirken von Gottes Gnade und dem
guten Willen des Menschen. Durch dieses Zusammenwirken komme es zur
Rechtfertigung, zu einem Prozess, der keinen Abschluss findet, so lange der
Mensch noch lebt.
Auf diese Weise hat
die Papstkirche die Klarheit der Gnadenlehre der Apostel durch ihre
humanistischen Beigaben verdunkelt, es hat die Reinheit des Evangeliums Gottes besudelt.
indem es dem Menschen gute Eigenschaften
angedichtet hat, die er nicht besitzt.
Nach biblischer Lehre ist die Rechtfertigung
a) ganz Gottes Werk
b) dem Menschen
zugerechnet
c) ein für alle Mal
geschehen
Nach der Lehre der
Papstkirche ist die Rechtfertigung
a) Gottes und des
Menschen Werk
b) etwas, das der
Mensch sich aneignet
c) ein Prozess, der
nie abgeschlossen ist
In ihren beim
Tridentinischen Konzil statuierten Lehrsätzen hat sich die
Papstkirche gegen die Gnadenlehre der
Apostel und der Reformatoren gewandt, wie folgende Beispiele zeigen:
“Die hierher gehörigen
kirchlichen Entscheidungen sind in der Auseinandersetzung mit den Irrlehren über
die Gnade... entstanden. Nur da, wo die Reformatoren die menschliche Mitwirkung
zur Gnade so sehr ausschlossen, dass sie die Erhebung der Menschennatur zu
übernatürlichem Leben leugneten, findet sich auch in der großen kirchlichen
Antwort auf der Kirchenversammlung zu Trient eine Darlegung über das Wesen der
Gnade” (Neuner–Roos, S. 482).
10. Kapitel: Das
Wachstum der empfangenen Rechtfertigung (Neuner–Roos, S. 505–506)
“In dieser
Gerechtigkeit, die sie durch Christi Gnade empfangen haben, wachsen sie unter
Mitwirkung des Glaubens an ihren guten Werken (Jk 2,22) und sie nehmen zu in
ihrer Rechtfertigung nach dem Schriftwort (Off 22,11).”
“Wer behauptet, dass
der sündige Mensch durch den Glauben allein gerechtfertigt werde, und darunter
versteht, dass nichts anderes... zur Erlangung der Rechtfertigungsgnade
erfordert werde und dass es in keiner Weise notwendig sei, sich durch die eigene
Willenstätigkeit zuzurüsten und zu bereiten, der sei ausgeschlossen”
(Neuner–Roos S. 514)
“Wer behauptet, der
rechtfertigende Glaube sei nichts anderes als das Vertrauen auf die göttliche
Barmherzigkeit, die um Christi willen Sünden nachlässt, oder dieses Vertrauen
allein sei es, wodurch wird gerechtfertigt werden, der sei ausgeschlossen”
(Neuner–Roos S. 515)
“Wer behauptet, die
empfangene Gerechtigkeit werde nicht bewahrt und auch nicht vor Gott vermehrt
durch gute Werke, sondern die Werke selbst seien nur Frucht und Anzeichen der
erlangten Rechtfertigung, nicht aber auch Ursache ihres Wachstums, der sei
ausgeschlossen” (Neuner–Roos, S. 517).
Nach Römisch
Katholischer Auffassung ist der Glaube ein Werk, eine Leistung, die der Mensch
aufbringen kann und aufbringen muss:
“Der Glaube als Werk
der Gnade
Wenn aber auch die
Zustimmung des Glaubens keineswegs ein blinder Zug des Herzens ist, so kann doch
niemand “der Predigt der Heilsbotschaft zustimmen”, wie es zur Erlangung des
Heils notwendig ist, “ohne Erleuchtung und Eingebung des Heiligen Geistes, der
allen die Süßigkeit der Zustimmung und Glaubenshinnahme verleiht” (II.
Kirchenversammlung von Orange, 7. Kanon). Auch wenn sich deshalb der Glaube
nicht durch die Liebe auswirkt, so ist er doch in sich ein Geschenk Gottes, und
der Glaubensakt ist ein zum Heil hingeordnetes Werk, wodurch der Mensch Gott
selbst freien Gehorsam leistet, indem er seiner Gnade, der er auch widerstehen
könnte, zustimmt und mit ihr wirkt.”
(Neuner-Roos, S. 45,
46.)
5. Soli Deo gloria –
Dem alleinigen Gott die Ehre
Aus der Tatsache, dass
alles durch Christus, alles allein gemäß der Schrift, allein aus Gnade und
allein aus Glauben geschieht, ergibt sich, dass Gott allein alle Ehre bekommt.
Der Herr sagte schon zum Propheten Jesaja:
“Ich bin der HERR, das
ist mein Name; und meine Ehre gebe ich keinem anderen, noch meinen Ruhm den
geschnitzten Bildern” (Jes 42,8).
Gott hat die ganze
Errettung so eingerichtet, dass er allein verherrlicht wird. Das lernen wir an
Johannes und an Paulus.Der Sohn hat in Seinem Werk den Vater herrlicht, und der
Vater auf Grund des vollbrachten Werkes des Sohnes den Sohn verherrlicht (Joh
17,1–4). Nicht die Ehre des Menschen, nicht das Wohl des Menschen, nicht die
Wünsche und die Bedürfnisse des Menschen, sondern Gott selbst ist Eckstein und
Mitte, Grundlage und Abschluss des ganzen Bauwerkes göttlicher Erlösung. Gott
ist im Anfang; der Herr muss in allem die Mitte sein. Das Evangelium Gottes
verkündigt das, und es ist die Kraft Gottes, um es im Leben des Sünders zu
verwirklichen.
Von Paulus lernen wir am Epheserbrief, dass der Vater erwählt, der Sohn
erlöst und der Heilige Geist zum Glauben führt, damit Gott allein gepriesen
werde.
In Eph 1,3–6 wird die
erwählende Gnade des Vaters beschrieben mit dem Ergebnis:
“zum Preise der
Herrlichkeit seiner Gnade, worin er uns begnadigt hat in dem Geliebten.”
In Eph 1,7–12 wird das
erlösende Handeln des Sohnes beschrieben mit dem Ergebnis:
“damit wir zum Preise seiner
Herrlichkeit seien, die wir zuvor auf den Christus gehofft haben.”
In Eph 1,13–14 wird
uns das Werk des Heiligen Geistes in der Erlösung beschrieben mit dem Ergebnis:
“zum Preise seiner
Herrlichkeit.”
Gott hat dafür
gesorgt, dass durch das Evangelium Gott gerühmt wird und keiner Sonst (3,27).
In Röm 1,1 stellt
Paulus sich vor und sagt, welches die Aufgabe ist, zu der Gott ihn ausgesondert
hat. Er ist ein “Knecht Jesu Christi”, er ist “abgesondert zum Evangelium”.
Beide Ausdrücke zeigen uns, dass das Evangelium Dinge an uns tut, die wir von
Natur aus nie täten, und dass Dinge an uns geschehen, die von Natur aus nie
geschähen:
Das Evangelium macht uns zu bewussten und willigen Sklaven eines anderen.
Wer will das sonst? Unser Ideal ist doch Unabhängigkeit. Aber Paulus sagt nicht,
er habe im Evangelium die Erfüllung gefunden, sondern er sagt, er sei durch die
Kraft des Evangeliums ein Sklave geworden. Er weiß, dass er Sklave ist, und er
will offenkundig nichts lieber sein als ein Sklave sein. Wo hat man je so etwas
gehört?
Und er sagt nicht, dass er sich diesen Dienst selbst ausgesucht hat; das
hätten wir ja noch einigermaßen verstehen können, weil wir ja unser Leben selbst
gestalten wollen. Es gehört zu den Dingen, die uns am meisten reizen, wenn
andere für uns aussuchen, was wir dann tun müssen. Aber es war Gott, der sich
den Mann und den Dienst aussuchte. Gott machte Paulus zum Christen, und Gott
machte ihn zu Seinem Knecht (Apg 9,15). Er fragte Paulus nicht einmal zuerst um
Erlaubnis. Er hatte ihn dazu bestimmt, bevor er geboren war (Gal 1,15). Der Herr
trat diesem Mann einfach in den Weg, als er mit voller Fahrt wie ein Auto
unterwegs war und alles andere im Sinn hatte, als ausgerechnet Christ zu werden.
Der Aufprall war so heftig, dass er auf den Boden geschleudert wurde, und das,
was er sehen musste, war so furchtbar, dass er darüber das Augenlicht verlor und
man ihn an der Hand in die Stadt leiten musste (Apg 9).
Damit ist bereits etwas ganz Entscheidendes gesagt, das mit der ersten
Bezeichnung des Evangeliums zusammenhängt. Paulus nennt es
“Das Evangelium Gottes” (Rö 1,1)
Es ist eine Botschaft,
die von Gott ausgeht, in der Gott wirkt, in der Dinge geschehen, die Menschen
sich selbst nie ausgesucht hätten und die menschlich nicht zu erklären sind. Wir
sehen daher an der gerechtfertigten und geheiligten Person Gottes Macht und
Gottes Weisheit. An den “Gefäßen der Begnadigung” manifestiert Gott den Reichtum
seiner Herrlichkeit (9,23).
Es nicht eine menschliche Botschaft, es ist eine göttliche Botschaft.
Durch sie offenbart sich Gott, durch sie wird Gottes Wesen und Willen, Gottes
Werk und Gottes Herrlichkeit proklamiert. Das ist das Wichtigste. Haben wir das
verstanden? Nicht Du und ich sind das Wichtigste, sondern Gott. Das können wir
gar nicht stark genug betonen: Das Evangelium offenbart Gottes Wesen (Rö 3,7;
9,23; 16,27), d. h. die Summe all Seiner Vollkommenheiten. In 1,16.17 sagt
Paulus zusammenfassend, worum es beim Evangelium geht: Es ist Gottes Kraft;
durch dieses schafft Gott Errettung, und dann fügt er hinzu:
“Denn darin offenbart sich Gottes Gerechtigkeit.”
“Darin”, in dem es
rettet, indem es bei jeder Errettung Gottes Kraft manifestiert. So offenbart das
Evangelium neben Gottes Gerechtigkeit auch Gottes Macht; denn nur Er kann den
Sünder retten. Und es offenbart Gottes Liebe; denn liebte Gott nicht, machte Er
sich keine Gedanken um die Errettung von Sündern. Es offenbart auch Seine
Weisheit, die es fertigbrachte, den Schuldigen von seiner Schuld zu befreien,
ohne in je das Recht gebeugt zu haben. Kurz: Das Evangelium offenbart alle
Vollkommenheiten Gottes, und was ist das anderes als die Herrlichkeit Gottes? Am
Evangelium können wir ablesen:
Gottes Treue und
Wahrhaftigkeit
Rö 1,2; 3,3,4; 15,8
Gottes Gerechtigkeit
Rö 1,17; 3,21,22,25,26
Gottes Liebe
Rö 1,7; 5,5–8; 8,31–39
Gottes Güte und
Erbarmen
Rö 2,4; 9,15;
12,1
Gottes Gnade Rö 4,16;
5,2,15,16,17,20,21
Gottes Weisheit
Rö 11,33–36
Gottes Kraft
Rö 1,16; 4,17,21; 9,22
Gottes Souveränität
Rö 9,22
a) Die Errettung ist
sicher
Am Anfang seht Gott,
das ist der wirkliche Grund, warum alle, die diesem Evangelium glauben, ewig
sicher sind. Hier vollendet sich die Kraft Gottes zum Heil. Der Gott, der den
Heilsrat gefasst und in Christus ausgeführt hat, wird einen jeden Seiner
Erwählten so sicher vollenden, wie Er der ewig unveränderliche Gott bleibt. Er
kann nie aufhören, Gott zu sein; Er kann darum nie aufhören, Seinem Vorsatz treu
zu sein; denn Er kann sich selbst nicht verleugnen (2Tim 2,13). Gott müsste
sonst aufhören, Gott zu sein, und das ist unmöglich. Die Berge werden weichen
und die Hügel untergehen, aber Gottes Gnade wird nie von uns weichen und Sein
Friedensbund nie hinfällig werden (Jes 54,10). Römer 8,31–39 ist die zwingende
Folge der Tatsache, dass das Evangelium eben “Evangelium Gottes” ist. Oder
anders gesagt: Römer 8,31–39 kann nur deshalb gelten, weil die Botschaft des
Evangelium und die Errettung ihren Anfang in Gott haben.
b) Wir werden klein
Zweitens: Wenn wir
erkennen, wie in der Errettung alles von Gott ausgeht, von Gott selbst
ausgeführt und am Ende alles zu Gott zurückkehrt, fallen wir überwältigt vor Ihm
nieder, wie es Paulus in Röm 11,33–36 tut. Gott wird groß und wir werden klein.
Muss es denn nicht gerade so sein? Muss das Evangelium nicht gerade das
bewirken, dass die wahren Verhältnisse hergestellt werden, dass wir eben nichts
(2Kor 12,11; Gal 6,3) und Gott alles ist?
c) Gott wird groß
Und schließlich: Nur
weil das Evangelium Gottes Rat und Gottes Werk ist, wird durch die Errettung
Gott allein verherrlicht, wie Paulus Röm 16,25.26 zusammenfassend sagt:
“Dem aber, der euch zu
befestigen vermag nach meinem Evangelium und der Predigt von Jesus Christus,
nach der Offenbarung des Geheimnisses, das in den Zeiten der Zeitalter
verschwiegen war, jetzt aber geoffenbart und durch prophetische Schriften, nach
Befehl des ewigen Gottes, zum Glaubensgehorsam an alle Nationen kundgetan worden
ist, dem allein weisen Gott durch Jesus Christus, ihm sei die Herrlichkeit in
Ewigkeit! Amen” (Röm 16,25-27).
Die Perversionen der
Papstkirche:
Der biblischen und
reformatorischen Lehre von der Alleinwirksamkeit Gottes in der Errettung stellt
Rom die humanistische Idee vom Zusammenwirken des Menschen mit Gott bei der
Errettung entgegen. Wir verkündigen die Wahrheit des Monergismus Gottes in der
Errettung und weisen die unbiblische Lehre vom Synergismus Gottes und des
Menschen in der Errettung zurück.
Das Evangelium der
Apostel stellt Gott in die Mitte; das Evangelium der Römisch Katholischen Kirche
stellt den Menschen in den Mittelpunkt.
Das zeigt sich an
folgenden Einrichtungen der Papstkirche:
Der Grund der
Römischen Kirche ist ein Mensch: Petrus
Das Oberhaupt der
Römischen Kirche ist ein Mensch: der Papst
Der Stellvertreter
Christi in der Römischen Kirche ein Mensch: der Papst
Der Mittler zwischen
Gott und dem Menschen ist ein Mensch: der Priester, oder Maria
Das Opfer Christi ist
in der Hand eines Menschen: der Priester in der Messe
Nicht Gottes Wort
allein ist Richtschnur, sondern auch Menschenworte
Der Mensch ist zwar
krank an der Sünde, aber nicht tot in Sünden.
Der Mensch wirkt mit
bei der Erlangung des Heils.
Das alles zeigt, wie
das Evangelium durch Rom zu einer humanistisch besudelten Lehre geworden ist.
Das Papsttum
Der selbsternannte
“Stellvertreter Christi” verkörpert in seiner eigenen Person und in seinem Amt
die größte aller zahlreichen Perversionen, die diese Kirche im Lauf der
Jahrhunderte erzeugt hat. In ihm umgibt sich ein Mensch mit der Ehre, die Gott
und Seinem Christus allein zusteht. Er hat sich Namen gegeben, die nur Gott der
Vater, Gott der Sohn und Gott der Heilige Geist tragen. Darum war für die
Reformatoren der Bischof von Rom der wirkliche und eigentliche Antichrist.
a) Der Papst lässt
sich “heiliger Vater nennen”, obwohl der Herr der Kirche solches ausdrücklich
verboten hat (Mt 22,9) Nur einer wird in der Bibel mit “Heiliger Vater
angesprochen”: Gott, der Sohn nennt im Gebet Seinen Vater so (Joh 17,11).
b) Der Papst und
selbsternannte “Nachfolger Petri” lässt sich “Fels der Kirche” nennen, wo in der
ganzen Bibel, sowohl im Alten wie im Neuen Testament, einzig Gott Fels genannt
wird (5Mo 32,4), und insonderheit der Sohn so heißt (1Kor 10,4). Er nennt sich
den Oberhirten, wo doch nur einer Oberhirte ist und darum nur einer so genannt
werden darf, der Sohn Gottes (1Pet 5,4).
c) Der Papst lässt
sich “Stellvertreter Christi auf Erden” nennen, wo der Herr selbst gelehrt hat,
dass es nur einen Stellvertreter Christi auf Erden gibt, nämlich der Heilige
Geist, den Er nach Seinem Weggang zum Vater seinen Jüngern senden würde (Joh
14,).
Am Papst wird
greifbar, wie die römische Kirche sich weigert, dem reformatorischen und damit
biblischen Postulat zu folgen, dass Gott allein Ehre gegeben werden müsse.
Dies ist das eigentliche Wesen der Römisch Katholischen Kirche. Währen
der Apostel lehrt: “Von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge”, lehrt
Rom “Vom Menschen, durch den Menschen und für den Menschen sindalle Dinge.” Das
Listige und darum so Verwerfliche an diesem ganzen System ist, dass es bei
alledem religiös ist. Wäre es atheistisch, wäre es nicht so schlimm; nun aber
nimmt dieses System Gott und Seinen Sohn für sich in Anspruch. Gott dient dem
Menschen lediglich als Steigbügelhalter. Er
soll durch Seinen Namen dem Namen des Menschen um so mehr Glanz
verleihen. Wir wissen, dass Gott das furchbar rächen wird.
Die Anpassung der
Evangelikalen des 20. Jahrhunderts:
Heißt das Evangelium
im Munde des Apostels “Evangelium Gottes” und “Evangelium des Sohnes Gottes”,
oder heißt es “die frohe Botschaft vom Glück und von der Würde des Menschen”?
Wenn wir heute herumhorchen und die verschiedenen Stimmen und Schlagworte
zum Evangelium hören, wenn wir hören, was in öffentlichen Bekenntnissen gesagt
wird, bekommt man nicht den Eindruck, beim Evangelium sei Gott das Wichtigste.
Viel mehr bekommt den Eindruck, beim Evangelium sei der Mensch das Wichtigste,
nämlich
a) die Not des
Menschen – seine Probleme
b) die Sehnsucht des
Menschen – seine Bedürfnisse
c) die Fähigkeit des
Menschen – seine Würde
Auf diese Dinge wird
bei der Predigt des Evangeliums alles abgestimmt.
a) Der Mensch ist in
Not; ihm muss geholfen werden.
b) Der Mensch sehnt
sich nach Geborgenheit, nach Frieden, nach Glück. Das muss ihm angeboten werden.
c) Der Mensch muss nur
dazu gebracht werden, das wunderbare Angebot Gottes zu hören und zu verstehen.
Dann wird er von selbst danach greifen.
Das klingt alles sehr
gut, und es klingt – wenn man ohne Bibel denkt –
logisch; und vor allem: es klingt sehr menschenfreundlich.
Können wir, wenn wir das Urteil des Herrn und der Apostel über den
Menschen lesen, wirklich daran zweifeln, dass jeder Mensch sich selbst das
Wichtigste in der Welt ist? Urteilte er nicht so, wäre er kein Sünder; denn das
macht ja den Sünder, dass er sich selbst dahin gestellt hat, wo nur Gott
hingehört, nämlich in die Mitte seiner Welt. Soll der Christ dem Sünder in
seinen Erwartungen entgegenkommen? Oder schlimmer noch: Darf er es ihm
gleichtun?
Ich nenne hier nur einige Dinge, die zeigen, dass die evangelikale
Christenheit genau das getan hat:
a) Das Ideal des
Gemeindelebens.
Beispiel: Willow Creek
b) Die Art der
Evangelisation.
Beispiele: Pro Christ;
der Alpha–Kurs
c) Die Relativierung
aller lehrmäßigen Unterschiede
Beispiele:
Evangelicals and Catholics Together (ETC); die gemeinsame Erklärung, die die
Weltweite Evangelische Allianz zusammen mit dem Vatikan im Mai 2001 beschlossen
und 2002 veröffentlichen will.
d) Die
Bibelübersetzungen.
Beispiel: Hoffnung für alle. Von den 660
Belegen von “Herr” im NT sind 220 durch ein anderes Wort (Gott; Jesus; Christus)
ersetzt oder gar nicht übersetzt. Das griech. doulos wird nie mit Knecht oder
Sklave, sondern entweder nur mit “Diener” übersetzt oder ganz ausgelassen. Statt
“wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren” (Lk
17,10) “Wir haben nur das getan, was zu unserem Auftrag gehört.”
Statt “Folge mir
nach”: “Komm jetzt mit mir” (Mt 8,22); “komm, geh mit mir” (Mt 9,9). Statt “Sie
folgen ihm nach” (Mt 4,22): “Sie gingen mit Jesus.”
Statt: “Ich bin der
ich bin” (2Mo 3,14) “Ich bin euer Gott, der für euch da ist”.
Statt: “Gott hat ihnen
einen Geist der Schlafsucht gegeben, Augen, um nicht zu sehen” (Rö 11,8): “Sie
sind wie betäubt. Mit ihren Augen sehen sie nichts.”
Statt: “Niemand kann
zu mir kommen, es sei denn, dass der Vater ihn ziehe” (Joh 6,44): “Keiner kann
zu mir kommen, dem nicht der Vater den Weg zeigt.”
e) Das moderne
Liedgut
Beispiel: “Du bist ein
Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu. Du bist Du, das ist der Clou”
f) Die
Psychologisierung des Evangeliums
Beispiele: Ein ganz
krasses Beispiel ist Robert Schuller; nicht so krass, sondern subtiler und darum
in mancher Hinsicht gefährlicher: die Biblisch-therapeutische Seelsorge. Dort
wird die Bosheit des Menschen relativiert, die Sündhaftigkeit der Sünde
verharmlost, der Mensch aufgewertet, die Heiligkeit und Gnade Gottes abgewertet.
Kurz: der Mensch wird größer, Gott wird kleiner.
Die Christen liegen
mit ihrer Betonung auf dem Menschen voll im Trend: aber das ist eine Katastrophe
von größt denkbaren Ausmaßen. Es ist ein geistlicher GAU.
Nein, das ist nicht übertrieben; denn
mit dieser Verlagerung des Schwerpunktes von Gott auf den Menschen folgt die
Christenheit nicht Christus, sondern dem Widersacher Christi. Mit ihrer auf den
Menschen ausgerichteten Evangeliumsverkündigung treiben sie mitten im großen
Strom, der in Babylon mündet. Wie können wir das biblisch belegen?
Die Menschheit hat ihr Endstadium erreicht, wenn die Verehrung Gottes
vollständig durch die Verehrung des Menschen verdrängt worden ist. Paulus
kündigt das in Römer 1 an. Er sagt, dass eine der ersten Wirkungen der
Verfinsterung des menschlichen Herzens die ist, dass der Sünder dem Geschöpf
mehr Ehre gibt als dem Schöpfer (V. 25). Davon hatte das Evangelium einst die
Christenmenschen befreit. Die endzeitliche Christenheit wird aber jenem Haus
gleichen, von dem der Herr sagt, dass es einst gereinigt worden war, aber am
Ende dämonisierter sein werde als
je zuvor (Mt 12,43–45) Am Ende wird innerhalb der Christenheit das Geschöpf alle
Ehre und der Schöpfer keine Ehre mehr bekommen. So sagt es uns der Apostel
Paulus:
“...der widersteht und
sich selbst erhöht über alles, was Gott heißt oder ein Gegenstand der Verehrung
ist, so dass er sich in den Tempel Gottes setzt und sich selbst darstellt, dass
er Gott sei” (2Thes 2,4).
Beachten wir, wo sich
der Mensch hinsetzt, der sich als Gott verehren lässt: In den Tempel Gottes. Das
ist, neutestamentlich gesprochen, das Gottesvolk des Neuen Bundes; das ist die
Gemeinde. Der Mensch hat die Stelle Gottes eingenommen. Johannes sagt uns
schließlich, dass alle Welt den Menschen der Sünde anbeten wird (Off 13,4).
Wir müssen daher schließen: Es ist nicht der Geist Christi, der die
Christen anleitet, den Christen immer wichtiger zu nehmen. Es ist der des
Antichristus. Es ist der Geist, der schon in Laodizäa herrschte. Dort hatten die
Christen alles, was sie wünschten, aber sie hatten den Christus Gottes nicht
mehr. Dort war der Christ alles geworden; der Christus stand draußen vor der Tür
(Off 3,20).