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David und Nabal  (Text: 1. Samuel 25,1-35)

oder: wie man eigenes Fehlverhalten erkennt und sich zurechtbringen läßt.

 

<bitte den Bibeltext (1. Sam. 25,1-35) zuerst lesen>

 

Einleitung

 

Die Tatsache, daß das Wort Gottes seine Helden nicht nur von ihren guten Seiten zeigt, darf zurecht als ein nicht unwesentliches Indiz für die Authentizität der biblischen Berichte gelten: Hier wird nichts übertrieben, nichts beschönigt, nichts geglättet. Das Wort Gottes ist objektiv, es berichtet nicht nur über die Glanzpunkte, sondern zeigt uns auch die unschönen Seiten des Lebens, die Tiefpunkte.

 

Der hier vorliegende Bericht aus dem ersten Buch Samuel ist ein solcher Tiefpunkt aus dem Leben Davids. Er beginnt mit den Worten: „Und Samuel starb...“ (V.1).  Diesem großen Mann im Volk Gottes war David mindestens zweimal begegnet:

 

a)     bei seiner Salbung im Hause seines Vaters Isai

b)    auf seiner Flucht vor dem König Saul. Seine erste Zuflucht fand er bei Samuel in Najot in Rama. Dorthin hatte er sich gerettet. Ihm erzählte David alles, was Saul ihm angetan hatte. (1. Sam. 19)

 

 

Davids eigenwilliger Weg, seine Lügen und sein Bekenntnis:

„Ich bin schuldig“

(Kap.20-22)

 

In Kap. 20 sehen wir dann, wie David einen eigenwilligen Weg begann. Er floh von Najot in Rama, ging zu Jonathan, nahm von ihm Abschied und kam nach Nob zu dem Priester Ahimelech. Dort in Nob machte David gleich zwei Fehler auf einmal:

 

a)     er belog den Priester Ahimelech (dem Samuel dagegen hatte er alles anvertraut)

b)    er versäumte, den HERRN zu befragen, denn dort in Nob war die Stiftshütte, der Ort, an dem man damals vor dem HERRN erschien.

 

Dann entdeckte er einen Knecht Sauls, Doeg, den Edomiter. Diese Entdeckung veranlaßte ihn sofort zur erneuten Flucht und führte ihn nun zu seinem dritten Fehler: Mit dem Schwert Goliaths geht er zu den Philistern nach Gat, der Heimat des berühmten Riesen Goliaths. Man muß sich das einmal vorstellen: Mit dem Schwert Goliaths umgürtet (ein Schwert, von dem David selbst sagte: „Seinesgleichen gibt es nicht“) läuft der flüchtige David nun in der Heimatstadt des Feindes herum, einer Stadt, in der dieses Schwert natürlich so bekannt war wie in keiner anderen Stadt dieser Welt. Natürlich hatte man ihn dort schnell erkannt. David kam dadurch in solch eine ausweglose Situation, daß ihm nichts anderes mehr übrig blieb, als sich wahnsinnig zu stellen.  So konnte er schließlich in die Höhle Adullam entkommen. David hatte längst erkannt, daß er sich auf einem eigenen Weg befand. Wir können das seinen Worten entnehmen, die er in Kap. 22,3 dem König von Moab gegenüber äußert:

 

„Und David ging von da nach Mizpe in Moab und sagte zum König von Moab: Laß doch meinen Vater und meine Mutter bei euch wohnen, bis ich erkannt habe, was Gott mit mir tun wird!“

 

In Kap. 22,5 schließlich endet Davids eigener Weg. Gott spricht zu ihm durch den Mund des Propheten Gad.

 

Aber dann werden uns die fatalen Folgen, die aus diesem eigenwilligen Weg Davids entstanden sind, geschildert. Er selbst kam zwar mit knapper Not davon, aber diejenigen, die ihn völlig ahnungslos und in guter Absicht unterstützt hatten, sie mußten dafür sterben. Das lesen wir in Kap. 22: Doeg hatte ihn bei Saul verraten. Saul fällte daraufhin ein vorschnelles Urteil und befahl, die Priester von Nob zu töten. Als die Leibwache Sauls sich weigerte, diesen Befehl auszuführen, wandte Saul sich an Doeg, der diesen schrecklichen Befehl dann ohne Verzug ausführte. In Kap. 22,19 lesen wir, daß Doeg insgesamt 85 Männer, dazu ihre Frauen, ihre Kinder und alle ihre Tiere umbrachte.

 

Dieses schreckliche Morden an den Priestern von Nob muß sicherlich auch noch aus einer anderen Perspektive gesehen werden. Es handelt sich hier um ein Gericht Gottes an dem Hause des Eli (1. Sam.2,33).

 

Aber dieses Morden ist auch eine Folge der Sünde Davids. Genau genommen war es doch nur eine Notlüge, die David gebrauchte, weil er Angst hatte, von Saul entdeckt oder aber von den Priestern verraten zu werden. Hätte David in dem Moment als er nach Nob kam geahnt, welche Folgen seine Täuschungsmanöver für Ahimelech und die ganze Stadt haben würden – hätte er dann gelogen?

 

Und wir? Wie gehen wir mit der Sünde um? Wie gehen wir mit der Lüge um?

 

Hätten wir auch nur eine Ahnung davon, wie abscheulich die Sünde ist und welche Folgen für uns und andere daraus entstehen können – ich glaube, wir würden uns lieber die Zunge abbeißen, als daß auch nur ein unwahres Wort über unsere Lippen käme.

 

Nun ist es interessant zu sehen, wie David auf dieses Geschehen reagiert. Einer war nämlich diesem Gemetzel unter den Priestern entkommen. Es war Abjathar, der Sohn Ahimelechs. Er floh zu David und berichtete ihm von der schrecklichen Tat Sauls und Doegs (Kap. 22,22). Als David davon hörte, sagte er sofort: „Ich bin schuldig.“ David sagte nicht: „Sicher ist das ein Gericht Gottes etc...“ (obwohl es das tatsächlich auch war). Hier sehen wir Davids Herz: es ist im Grunde aufrichtig. Die Bibel sagt deshalb mit Recht von ihm, daß David ein „Mann nach dem Herzen Gottes“ war.

 

Davids Verzicht auf Rache:

„möge der Herr mich rächen, aber meine Hand soll nicht gegen dich sein“

(Kap. 23-24)

 

In Kap. 23 sehen wir dann, wie Gott sein Schuldbekenntnis bestätigt. David befindet sich mit seinen Männern in der Stadt Keila. In diesem Kapitel lesen wir mehrfach, daß David den HERRN befragte und Gott ihm entsprechende Weisung gab.

 

Das Kap. 24 (und auch das Kap. 26) ist eins der Kapitel über David, das uns seine wahre innere Größe und sein Vertrauen auf Gott zeigt. In diesen beiden Kapiteln hatte David jeweils die Gelegenheit schlechthin, nun endlich seinen Gegner, Saul, auszuschalten. Aber David verzichtete darauf und legte diese Angelegenheit in Gottes Hand, denn statt Saul zu töten, ließ er ihn laufen und sagte zu ihm: „Der HERR richte zwischen mir und dir...“

 

Davids Entschluß zur Rache:

„Es gürte sich jeder sein Schwert um!“

(Kap. 25, 1-22)

 

Aber zwischen Kap. 24 und Kap. 26 steht noch das Kap. 25. Und dieses Kapitel ist ein trauriges Kapitel im Leben Davids. Um David von seiner besten Seite zu zeigen, hätte man die Geschichte in 1. Sam. 25 nicht aufschreiben dürfen. Nachdem nun ganz Israel Samuel in seiner Heimat in Rama begraben hatte, machte David sich auf und zog hinab in die Wüste Paran. Es ist durchaus möglich, daß auch David an der Beisetzung teilgenommen hatte, denn einerseits versammelte sich ganz Israel zu diesem Ereignis und andererseits war ein gewisser Ruhezustand zwischen Saul und David eingetreten.

 

Jedenfalls zog David nach diesem Ereignis wieder in den südlichen Teil des Landes Juda, in die Wüste Paran. Dieser Landstrich war häufig sein Aufenthaltsort im Exil. Dieses Grenzland war häufiger als die anderen Landesteile Ziel feindlicher Einfälle in das Gebiet Israels. Die Anwesenheit Davids und seiner Männer in dieser Gegend war deshalb für die dortigen Schafherden ein sehr willkommener Schutz vor feindlichen Übergriffen. Dadurch war auch Nabal, ein sehr reicher Herdenbesitzer, Nutznießer dieses Schutzes. Aber jetzt war die Zeit der Schafschur gekommen. Dies war eine Zeit besonderer Gastfreundschaft. Als David es hörte, schien es ihm recht, eine kleine Anerkennung für seine Schutzdienste zu erbitten. Aber bei Nabal war David mit seiner Bitte an der falschen Adresse. Wer war dieser Nabal? Drei Antworten gibt uns die Bibel:

 

1.     Nabal wird uns von dem Schreiber des Samuelbuches als „roh und boshaft in seinem Tun“ geschildert.

2.     Ein Knecht Nabals sagt von ihm (V.17): „und er ist ein so bösartiger Mensch, daß man nicht mit ihm reden kann.“

3.     Seine Frau, Abigajil, sagt, daß er ein boshafter Mensch ist. „Wie sein Name, so ist er: Nabal,“ das heißt übersetzt: Tor, Narr.

So haben wir hier ein 3-faches Zeugnis über den Charakter des Nabal. Das deckt sich sehr gut mit dem biblischen Prinzip: „Aus dem Munde von 2 oder 3 Zeugen soll jede Sache bestätigt werden.“ (Wir täten gut, wenn wir stets danach handelten.)

 

Solche Leute wie Nabal zu treffen, wünscht sich niemand. Aber es gibt sie überall, Leute, die roh und boshaft sind in ihrem Tun, die sich rigoros über andere hinwegsetzen, bloß um für sich einen kleinen Vorteil zu erhalten. Nabal wußte sehr genau, wer David war.

Doch er hat

 

·     die Freundlichkeit Davids mit Verunglimpfung vergolten,

·     den Schutz durch David nicht anerkannt und

·     Davids eigene Beweggründe und Verhältnisse völlig falsch dargestellt.

 

Für David waren die Worte Nabals der Gipfel an Schmähungen. Er, der doch kurze Zeit vorher noch bewiesen hatte, daß seine Hand rein war von Bosheit und Aufruhr, daß er seinem Herrn nämlich nicht davongelaufen war, sondern im Gegenteil, daß er gerne wieder zurückgegangen wäre, um unter Saul seinen Dienst zu tun im Heerlager Israels. Aber Saul wollte ihn dort nicht mehr haben und trachtete danach, ihn zu töten.

 

Und jetzt auch noch diese Schmähung von Nabal. Es ist eine unerträgliche Lage, nicht wahr? Stellen wir uns vor, wir befänden uns in solch einer Situation:

 

·     Unsere Freundlichkeit stößt auf Härte,

·     unser Dienst bleibt unbeachtet und

·     unsere Beweggründe werden falsch dargestellt.

 

Wie würden wir reagieren? Würden wir positiv reagieren, indem wir diese ganze Sache in die Hände Gottes legen? Oder würden wir negativ reagieren und in unseren bösen Herzen Rachepläne schmieden? In solch einer Lage hat man sehr schnell eine Entschuldigung zur Hand, wenn man eine Vergeltung rechtfertigen will. Wie reagierte David? Wie lesen wir?

 

„Und David befragte den HERRN und sagte: Soll ich hinziehen und diesen Nabal schlagen?“

 

Lesen wir das in der Bibel? Leider nicht, denn David reagierte hier ganz anders. Er hörte die Worte Nabals aus dem Mund der 10 jungen Männer und entschied sofort: „Es gürte sich jeder sein Schwert um!“ Oh, David!! Was ist los? Eben noch (bei Saul) hast du deinen Männern nicht erlaubt, sich an Saul zu vergreifen und jetzt solch ein Befehl?!

 

Wir sehen, wie David hier seine Selbstbeherrschung verliert. (Spr. 16,32: "Besser, wer seinen Geist beherrscht, als wer eine Stadt erobert.") Er entscheidet sofort, er kehrt auf dem Absatz um und ist entschlossen, Nabal zu töten.  Unterwegs mahnt ihn dann die Stimme seines Gewissens: "David, was hast du vor? David, wo ist deine Selbstbeherrschung geblieben? Was rechtfertigt deine Entscheidung? David antwortet der Stimme seines Gewissens mit 2 Argumenten: (V.21)

 

1.) Fürwahr, umsonst habe ich alles behütet, was diesem Menschen in der Wüste gehört.

2.) Er hat mir Gutes mit Bösem vergolten.

 

Kennen wir das? Oh, wir haben oft gute Gründe und vermeintlich stichhaltige Argumente, die unsere Vergeltung rechtfertigen und die Stimme unseres Gewissens zum Schweigen bringen sollen. Aber wir  bringen unser Gewissen dadurch nicht zum Schweigen. Wir übertönen es bloß und öffnen damit in unserem  Herzen Tür und Tor für die Leidenschaftlichen Haß- und Rachegedanken. David war drauf und dran, eine große Sünde zu begehen, nicht nur einen Mord an Nabal - nein, er hatte sich in seinem Herzen vorgenommen, das ganze Haus des Nabal (alles, was männlich war) umzubringen, zu ermorden. Welche Gedanken können in unseren Herzen sein?

 

 

Davids Bewahrung vor Rache und Blutschuld:

„gepriesen seist du, daß du mich heute davon zurückgehalten hast, in Blutschuld zu geraten und mir mit meiner Hand zu helfen“

(Kap. 25, 23-35)

 

Abigajil kommt ihm entgegen. Abigajil ist die eigentliche herausragende Person hier in Kap. 25. Sie ist die Friedensstifterin, die es fertigbringt, den Entschluß Davids (den er noch mit einem Schwur bekräftigt hatte)  rückgängig zu machen und eine Versöhnung herbeizuführen. Abigajil wird uns beschrieben als eine Frau von klarem Verstand und von schöner Gestalt, wir können auch sagen: sie war intelligent und schön. Nun müssen wir genau beachten, wie sie die Versöhnung herbeiführt.

 

1)     sie fiel vor David auf ihr Gesicht und beugte sich zur Erde nieder. (V. 23)

 

2)     sie übernahm die volle Verantwortung für das Versagen ihres Ehemannes (V. 24):

"Auf mich allein, mein Herr, falle die Schuld." Was ist das für eine Frau? Sie tritt ohne zu zögern an die Stelle ihres Mannes und übernimmt dessen gesamte Verantwortung für sein Haus. Ihr lieben Ehefrauen, wie ist das bei Euch? Seid ihr bereit, die Verantwortung für das Versagen eurer Ehemänner zu übernehmen? Und ihr Ehemänner? Bei euch sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, stets und ständig unter allen Umständen die Verantwortung für eure Frauen und Familien zu tragen. Ich glaube, wenn wir wirklich bereit wären, im Versagensfall die Verantwortung für unseren Ehepartner und unsere Familie zu übernehmen, dann würde so manches in unseren Häusern "am Leben" bleiben. Abigajil übernahm die volle Verantwortung für das, was Nabal getan hatte. Sie sagte: "Auf mich allein, mein Herr, falle die Schuld." und in V. 28: "Vergib doch deiner Magd die Anmaßung."

 

3)     Sie lenkt den Blick Davids auf den Herrn! V. 26: "so wahr der Herr lebt und du selbst lebst, der HERR hat dich bewahrt, in Blutschuld zu geraten.“

 

4)     Sie findet einen Zuspruch, der tief in das Herz Davids eindringt und gänzlich seine Racheabsichten verdrängt. Statt Rache steigt Lobpreis in Davids Herz auf. (V.28-29)

 

5)     sie erinnert David daran, daß Gott es ist, der seine Feinde besiegt. (V. 29)

 

6)     Sie  erinnert an die Verheißungen Gottes im Leben Davids. (V. 30-31) Sie selbst glaubt auch daran, deshalb: Es ist ihr wichtig, daß sie bei David in guter Erinnerung bleibt.

 

Was ist Abigajil für eine Frau! Sie war unglücklich mit Nabal verheiratet. Nabal und Abigajil - ein trauriges Beispiel für viele Ehen unsrer Zeit.

 

Wie viele unglückliche Ehen gibt es heute? Viele warten auf günstige Gelegenheiten, endlich aus diesem Ehejoch herauszukommen. Und Abigajil? Sie  hatte die Chance ihres Lebens, ihren Mann endlich loszuwerden. Sie brauchte eigentlich gar nichts dazu tun (noch nicht einmal ein bißchen "nachhelfen"). Was tut sie? Sie weiß, daß ihr Leben in Gottes Hand liegt und daß es allein Gottes Sache ist, eine Ehe zu beenden. Sie weiß, daß sie kein Recht hat, diesem unglücklichen Zustand ein Ende zu machen, sie sieht es sogar als ihre Pflicht an, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln für den Erhalt ihrer Ehe zu sorgen. So bildet sie in ihrem Großmut gegenüber Nabal die Parallele zu David.

 

David übernahm die Verantwortung für den Tod der 85 Priester von Nob und sagte: "Ich bin schuldig am Tod aller aus dem Haus deines Vaters". Abigajil übernahm die Verantwortung für die Bosheit ihres Mannes und sagte: "Auf mich allein, mein Herr, falle die Schuld". Wenn David ein Mann nach dem Herzen Gottes war, dürfen wir von Abigajil sagen, das sie eine Frau nach dem Herzen Gottes war. Sie hat es durch ihren vollen persönlichen Einsatz geschafft, daß sich der Haß auf Nabal im Herzen Davids dem Lobpreis Gottes Platz machen mußte.

 

David hat aus dieser Begegnung viel gelernt. Als David später vor seinem Sohn Absalom floh, wurde er von Schimi verflucht. Aber dieses Mal reagierte er ganz anders: "Wenn der Herr ihm gesagt hat: Fluche David! Wer darf dann sagen: Warum tust du das?"

 

Diese Veränderung möchte der Geist Gottes auch bei uns bewirken, denn: "Eines Mannes Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit". (Jak. 1,20)

 

Bernd Grunwald