Um halb zwoelf Uhr nachts kamen sie nach Hause: Esther und Sarah, zwei Freundinnen, sowie meine Frau Rebekka. Drei charismatisch orientierte Christinnen, die Reverend Benny Hinn erlebt hatten. Es herrschte explosive Stimmung: Meine Frau war kurz vor der Detonation; Sarah verteidigte Hinn. Esther versuchte zu vermitteln. Nach langen Diskussionen stand eigentlich nur eines fest: Ich musste am naechsten Tag mitgehen! ...
(In Kursivschrift die Gedanken des Autors, Willi Naef)
Basel, Sporthalle St. Jakob. An den Eingaengen Menschentrauben, in ihren Haenden die Gratis-Eintrittskarten mit der Aufschrift "Benny Hinn - Euro-Crusade' - (Europa-Kreuzzug"; darunter Infos sowie Platz um Ausfuellen der eigenen Adresse. Darueber ein Zitat Jesu: "Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat; er hat mich gesandt... (Luk. 4,18)"
Womit auch dem letzten Zweifler klar ist, welche Vollmacht hinter Beny Hinn steht und mit wem ich mich anlege, sollte ich es nur schon wagen, alles zu pruefen, um bloss das Gute zu behalten.
Die Rueckseite der Eintrittskarte dient als Bestelltalon: "Ja, gerne empfange ich von Benny Hinn..."
Ich "bestelle" also nicht, sondern "empfange". Empfangen? Der Pruefling empfaengt vom Professor, der Christ von Gott, der Priester vom Papst, der Arme vom Reichen, der Dumme vom Klugen. Und ich von Benny Hinn. Naemlich Videos. Fuer Fr. 35.-- das Stueck.
Tausende unbewaffneter Kreuzfahrer sowie mehrere TV-Kameras vor der riesigen, beleuchteten Buehne. Hinter den Kameras die Reihen fuer die Kreuzfahrer im Rollstuhl. Allueberall Couverts fuer das Opfer (Geld). Die Couvertrueckseite bietet Platz fuer Adresse und Gebetsanliegen, dazu folgende Zeile: "Meine Gabe/Opfer: ..."Darueber steht Maleachi 3,10: "Pruefet mich doch dadurch, spricht der Herr der Heerscharen, ob ich euch nicht des Himmels Fenster auftun und euch Segen in ueberreicher Fuelle herabschuetten werden!" Ausserdem Apostelgeschichte 10,4: "Deine Gebete und Almosen sind hinaufgekommen ins Gedaechtnis vor Gott." Auf der Vorderseite ein Foto von Hinn sowie Verhaltensregeln, unter anderem die Aufforderung zum "Gebet fuer Benny Hinn gemaess Apg. 5,12: "Durch die Haender der Apostel aber geschahen viele Zeichen und Wunder" sowie die Empfehlung: "Erwarten Sie ein Wunder und empfangen Sie es jetzt schon im Geiste - es wird herrlich!" (Genaue Wiedergabe)
Wenn die Wunder so herrlich werden, warum sind dann die Rollstuhlfahrer hinter den Kameras plaziert?
Ein A5-Blatt gibt dem engagierten Kreuzfahrer die Moeglichkeit, sich als "Partner von Pastor Benny Hinn in seinem Dienst" zu beteiligen, mit Betraegen von vierzig (regelmaessig) bis tausend Franken (einmalig), "oder nach Vermoegen". Dann Platz fuer die Adresse. Rueckseitig wird Markus 10,29-30 zitiert: "Niemand, der Haus oder Bruder oder (...) um meinetwillen und um des Evangeliums willen verlassen hat, der nicht hundertfaeltig empfinge jetzt in dieser Zeit Haeuser und Brueder ...(Jesus)"
Dreimal Adresse losgeworden, vier Bibelstellen von Reichtum und Glueck genossen sowie Videos und Wunder empfangen, letztere im Geiste: scheint wirklich herrlich zu werden.
Praise-Songs, Rhythmus, dutzendfache Refrain-Wiederholungen: vierzig Minuten lang reisst das laute Anbetungsteam die Kreuzfahrer aus ihren Schalensitzen. Es folgt ein Mann, der lange ueber das Opfer (Geld) spricht: "Wer nicht hat, der gibt nicht. Wer hat, der gebe und bezeuge damit Jesus Christus als seinen Herren. Und der Herr wird ihn reich ueberschuetten!" Wer noch kein Couvert hat, kriegt eins. Die Kreuzfahrer opfern, die Ordner sammeln ein. Das Keyboard baut eine gewisse Stimmung auf, der Wort-Fuehrer spricht pausenlos. "Wir beten ueber jedem Umschlag mit einer Not, mit einer Bemerkung drauf, auch wenn nichts drin ist. Gebt dem Herrn! 10/20/50/100/1000 Mark. Ach, die Leute geben so viel Geld aus fuer andere Sachen!"
Gebt dem Herrn? Braucht der Herr Bargeld?
Alle strecken die vollen Opfer "dem Herrn entgegen". Fuer das Geld wird abschliessend gebetet.
Tatsaechlich, da hat jemand hundertfaeltig empfangen...
Die Stimmung keyboardet ueber, das Publikum applaudiert frenetisch, das Blumenmaedchen rennt, denn Benny Hinn kommt. "A biig God bless you!!!" Wahrhaftig, Benny Hinn lebt! Hinn spielt die Klaviatur der Rhetorik perfekt, sein Dolmetscher schwitzt: beschwoerend und entspannt, drohend und kumpelhaft, donnernd und saeuselnd, ueberraschend das Tempo wechselnd. "Give the Lord a big big big hand praise, come on!!!" Die Halle ist in seiner Hand, er laesst keinen zur Ruhe kommen. Die Musik unterstuetzt Hinn, reagiert blitzschnell auf jede Nuance. Finale um Finale. Hinn spricht ueber seine "teuren Sendungen" auf Super Channel ("Wenn Sie, liebe Leute, mich wieder im Super Channel haben wollen, ist es sehr leicht...") und erklaert, wie man die Verpflichtungskarte ausfuellt. Dann laesst er einsammeln.
Hinn plaenkelt laengere Zeit. "Niemand kann so gut singen wie du, Jimmy! Bitte sing uns nochmals ein Lied, Jimmy. Ich kenne Jimmy schon seit vielen Jahren, als ich selber noch keinen Ton singen konnte, stimmt's, Jimmy?! Hahaha... Jimmy, sing mir noch einmal ein Lied, waehrend Ron am Piano sitzt. Haettest du gedacht, dass er so schoen spielen koennte? Wollen wir nicht noch ein Stueck von ihm hoeren? Give a big big God bless you!!!" Applaus.
Inhaltlich Privat-TV-Niveau. Im Quadrat.
Die Predigt ist kurz und als solche kaum zu erkennen. Hinn geht fliessend zu den Wundern ueber.
Hinns Predigt ist eindeutig kuerzer als die Zeit, in welcher Geld gesammelt wurde. Theologisch beurteilen kann ich sie mangels Kompetenz nicht; sie erscheint mir allerdings oeberflaechlich. Immerhin sagt Hinn, Jesus zu kennen sei das groesste Wunder. Er betont auch, Jesus stehe im Mittelpunkt, nicht er, Hinn. Nur steht seine verbale Aussage krass im Widerspruch zu nonverbalen.
Hinn ruft auf zu Wiedergeburt, Salbung oder Heilung ("Legt die Haende auf die kranke Stelle!") Leute lallen wie in Trance, die Frau vor mir hebt ausnahmslos bei jedem Aufruf die Hand. Die Musik lullt ein, Hinn blaest ins Mikrofon, das pulsschmetternde Donnern laesst ganze Reihen von Kreuzfahrern umfallen. Die Leute muessen "schnell, schnell, so schnell wie moeglich" nach vorne kommen, damit sie "die Heilung nicht wieder verlieren". Immer wieder die Arme "hoch, ganz hoch" zum Himmel halten, dem Herrn "a big, big, big hand praise" geben. Die Halle kocht. Hunderte von Kreuzfahrern rennen zu den Buehnenaufgaengen. Rechts Jimmy, links Ron. Sie sortieren fuer die Buehne die Geheilten heraus. Hinn laesst sie durch Beruehrung, Blicke, Anblasen oder durch sein Donnergebruell ins Mikrofon umfallen, teils mehrfach. Und immer fallen sie nach hinten. Die meisten werden von Helfern aufgefangen. Manche nicht. Weinende "Geheilte " am Mikrofon, vorwiegend junge Menschen. Geheilt werden - scheinbar - Ohren, Augen, Krebs, Leukaemie. Applaus am Laufmeter.
Die Leute in den Rollstuehlen sitzen noch immer da. Ich sehe nur eindeutig beweisbare Nicht-Heilungen: offene Ohren, Krebsleiden, Arthritis, fehlende Glieder, Laehmungen usw.
Ein Maedchen von vielleicht sechs Jahren wird von einer "speziellen Art von Arthritis" geheilt. "What are you crying? Is the pain gone? Yes?" Das Maedchen faellt um. "Give her a big God bless you! Oh! Oh! Give her a big, big, big God bless you!!!" Applaus. Das Maedchen steht wieder auf. "What a wonderful face. Ron! Ron, can you see this face? Can you see this beautiful face? That's a beautiful face! That's a beauuuutiful face!!" Zum Maedchen: "No pains anymore? Gone? All over? Move you legs! Gone?" Das Maedchen rennt Hinn und her. Applaus. "Herr, wenn ich nur wegen ihr hierherkommen musste: Es war dies alles wert!" Applaus. Das Maedchen liegt wieder. Hinn spricht nun rund zwei Minuten direkt und unuebersetzt in die TV-Kamera, ueber die Wunder in Basel, Switzerland. Die wenigsten der hochgepeitschten Kreuzfahrer nehmen es wahr. Die Kamera zoomt auf das liegende Maedchen. "Oh, this is the most peaceful face!..."
Nach vier Stunden happy Keyboard und Highlights bin ich groggy. Fuer mich eruebrigt sich ein theologischer Pruefblick. Auch nach Abzug des "American way of evangelism", den ich als Europaer oft als vulgaer emfpinde, bleibt mir zuwenig Fleisch an diesem Knochen. Es ist nicht alles Geist, was glaenzt. Esther findet, wir muessten fest fuer Hinn beten. Ich finde, der Kerl haette eine scharfe Abmahnung verdient. Wie ich gehoert habe, wird er wieder in die Schweiz kommen. Nun denn. Wir werden unsere Wunder und Videos noch empfangen.
Rene, wie kamst du dazu, die Veranstaltung mitzuorganisieren?
Im Super Channel sah ich Hinns zusammengeschnittene Videos und war davon posititv ueberrascht. Dort wurde angekuendigt, dass Benny Hinn nach Basel komme. Daraufhin waehlte ich die eingeblendete Telefonnummer. Es meldete sich Ed Wasmer, der Gruender von ECT (European Christian Television) in Holland. Er ist der Verantwortliche fuer die Benny-Hinn-Europa-Koordination. Ich fragte ihn, wie es mit den lokalen Gemeinden aussehe, da bis zu jenem Zeitpunkt noch niemand ueber Hinns Kommen informiert war. Wasmer behauptete, er wuesste davon auch erst seit einer Woche. Ich erklaerte mich also bereit, mich um den Ordnungsdienst zu kuemmern. Zwei Wochen spaeter nahm Markus Blum mit mir Kontakt auf, und so begann unsere Zusammenarbeit.
Hattest du keinerlei Bedenken ueber die Sendungen im Super Channel?
Ich dachte: Man muss halt auch als Christ etwas stehen lassen koennen. Auch einem Pfarrer kann ja mal eine falsche Aeusserung unterlaufen.
Welches waren die Motive fuer dein Engagement?
Ich hatte Hinns Buch "Guten Morgen, Heiliger Geist" gelesen. Da begiff ich, dass es offenbar Dimensionen gibt, die ich so nicht kenne. Hinns angeblich intensiven Umgang mit dem Heiligen Geist wuenschte ich mir auch. Und ich dachte, der Leib Christi koenne eine Erfrischung gut vertragen. Ich sagte Gott, ich wolle den Preis fuer eine Erweckung zahlen. Was dann kam, war allerhand. Ich habe persoenlich mein staerkstes Jahr hinter mir.
Wer sind die Menschen, die Hinns Veranstaltungen besuchten?
Es waren nicht nur Christen. Aber es waren weitgehend Menschen, die am Sonntag
fernsehen: Sensationslustige und viele Unglaeubige, die auf irgendeine Art an jede
moegliche Form von Wunder glauben; eine Fernsehgemeinde eben. Hinn fragte, wer ihn vom
Super Channel her kenne. Viele Leute hoben daraufhin ihre Haende.
Als wir im Vorfeld der Veranstaltung vor der Halle standen, beobachtete ich, wie jemand
kam und einen Unbekannten auf der Strasse fragte: "Wissen Sie, wo hier die Halle ist,
in der Benny Hinn auftritt?" Der Angesprochene erkundigte sich, wer Hinn ueberhaupt
sei und worum es hier gehe. Darauf erwiderte der Fragesteller: "Benny Hinn, das ist
einer wie Gott!"...
Es gab Leute, die reisten lange vorher an, um noch Tickets zu bekommen. Damit die
Besucherzahl im Griff behalten werden konnte, brauchte man ja ein (gratis) Ticket. Es
kamen auch Oesterreicher, Franzosen, Deutsche und Spanier. Ich habe mich ueber dieses
gute Echo natuerlich gefreut. Da spielte auch Euphorie mit:
Ich dachte: "Das kann ja nur gut werden!"
Es wurde auch zum Mittagessen mit Reverend Benny Hinn eingeladen.
Ja, und es kostete satte 65 Franken. 700 Leute meldeten sich dazu an. Alle erschienen -
nur Hinn nicht. Wasmer sagte mir vormittags, er sei in einem Dilemma, denn Hinn koenne
nicht teilnehmen, und die Leute haetten doch schliesslich bezahlt, um Hinn zu sehen. Ich
sagte: "65 Franken sind ein happiger Preis." Er rechtfertigte dies damit, dass
bei diesem Essen Hinns Buechlein "Gottes Salbung fuer Sie" verschenkt wuerde
(Herstellungskosten etwa Fr. 3.50). Wasmer packte daraufhin das Mikrofon und aeusserte sein
Bedauern, dass Hinn vom Vormittagsgottesdienst zu erschoepft sei, um am Essen teilnehmen
zu koennen. Wasmer versprach jedoch, als Entschaedigung dafuer am Abend die ersten vier
Platzreihen fuer die Enttaeuschten zu reservieren - nur damit er die Kohle nicht
zurueckzahlen musste! Diese vorderen Reihen waren aber vorher bereits an diverse Gaeste
und VIP's vergeben worden. Und die wollten ihre Plaetze durchaus nicht hergeben, da sie
angeblich sicher wussten, dass der Heilige Geist immer nur bis etwa in die dritte Reihe
stroeme. Wenn man also hinten im Raum stuende, kriege man vom Heiligen Geist nichts
ab...Das sehen die Leute tatsaechlich so. Wie Ed Wasmer das sieht, weiss ich nicht.
Spaeter sagte mir Charlie McKuen (er ist die rechte Hand von Hinn und reist umher, um die
Umstaende abzuklaeren; er bestimmt auch, wer ueberhaupt auf die Buehne kommen darf):
"Benny wusste nichts von diesem Essen. Er waere gekommen, selbst fuer zehn Minuten, damit sein Ruf nicht geschaedigt wuerde."
Wieviel wurde waehrend der beiden Tage insgesamt gespendet?
Am Donnerstagabend redeten Hinn und Wasmer vor dem Publikum eine
halbe Stunde lang (!) uebers Geld. Wasmer liess sich sogar dazu hinreissen
zu klagen, wie wahnsinnig teuer die Halle sei und dass er ja schon mindestens
dieses Geld zusammenkriegen moechte. Man solle also Geld in die Couverts
stecken. An beiden Tagen kam so ueber eine Viertelmillion
Franken Bargeld zusammen.
Auf den Couverts waren zwei Bibelstellen aufgefuehrt, die von Almosen handeln. Vier
Leerzeilen standen ausserdem fuer Gebetsanliegen zur Verfuegung. Unten konnte man
ankreuzen, wer eine Verdankung wuenschte. Auch das Feld fuer den Absender fehlte nicht.
Nun kamen Tausende von Couverts zusammen. Teilweise waren sie mit beachtlichen Betraegen
gefuellt. Die Kollekte wurde eingesammelt und nach hinten in den Raum gebracht, den Markus
Blum vorbereitet hatte. Ed Wasmer widmete sich daraufhin mit seiner Familie und einigen
ECT-Angestellten den Finanzen: Sie rissen die Couverts auf und trennten die Muenzen von
den Noten. Die Couverts schmissen sie sogleich in Kehrichtsaecke; egal, ob mit oder ohne
draufgeschriebene Gebetsanliegen. Auch die vielen beigelegten persoenlichen Briefe
wanderten direkt in den Abfall. Ich habe das mit eigenen Augen gesehen, und es gab noch
weitere Augenzeugen. Die Versprechung, dass ueber all diesen Anliegen gebetet wuerde,
wurden in keiner Sekunde eingehalten. Spaeter sah ich die Container, in welchen die
Abfallsaecke mit all diesen Couverts deponiert waren, draussen stehen. Die Besucher
wurden in diesem Punkt komplett betrogen. Was Wasmer interessierte, war ausschliesslich
das Geld...
Wie hoch kamen denn die Veranstaltungskosten zu stehen?
Die Halle kostete etwa 50'000 Franken, dazu kamen Infrastruktur, die Ton- und
Lichtanlagen, ECT nahm etwa 300'000 Franken ein, wovon sie 150-160'000 Franken ausgeben
mussten. Es blieben ihnen also etwa 150'000 Franken.
Die spaeter durchgefuehrte Extra-Sammlung fuer die Super-Channel-Sendungen hatte mit
diesem Geld nichts zu tun. Sie galt als zusaetzliches TV-Sponsoring, wurde von Hinn
separat abgewickelt und brachte ihm nochmals viel Geld ein. Das Ganze hat sich also
finanziell reichlich gelohnt.
Was hast du hinter den Kulissen beobachtet? Was stiess dir auf?
Da ist einiges: 1. Ich hatte gute Kontakte mit Don Boss (dem Audio-Verantwortlichen) und Charlie McKuen. Die beiden sind echte Christen. Aber offensichtlich sind sie ohne Hinn nichts. Hinn ist sehr manipulativ und zieht andere in seinen Bann.
2. Die Lautstaerke im Saal durfte nicht reduziert werden. Stell dir vor: Benny gebietet voellige Ruhe, so dass der Geist wehen und wirken koenne. In dieser Zeit dreht der Tonboss die Lautstaerke derart auf, dass es furchtbar knallt, sobald Hinn ins Mikrophon reinpustet. Die Leute muessen ja vor Schreck umfallen. Scharenweise fielen sie rueckwarts. Viele sagten, sie seien in diesem Moment zu Tode erschrocken gewesen. Manche glaubten, das sei nun also der Geist Gottes. Meine Frau sass ganz vorne. Sie stand auch auf, und alle fassten sich an den Haenden. Dann blies Hinn ins Mikrofon. Sogleich sassen alle - vor Schreck - auf ihrem Stuhl. Meine Frau konnte die Haende links und rechts nicht loslassen, deshalb wurde sie runtergerissen. DAs sah dann irrtuemlicherweise so aus, als wuerden alle im Geist fallen.
3. Charlie Mckuen beautragte mich, die Ventilation auf Stufe "intensiv" zu schalten. Ich dachte: "Heiss ist es im Saal ja nicht; aber vielleicht schwitzen sie auf der Buehne angesichts dieser vielen Scheinwerfer". Darum ging es jedoch offensichtlich nicht. Es ging vielmehr um die Durchzugsstimmung ueber den Koepfen. Hinn sagte den Leuten, sie sollten ihre Haende erheben. Sie wuerden dann das Wehen des Heiligen Geistes erfahren. Die Leute taten dies, reckten die Haende nach oben - und spuerten das Wehen der Ventilation. Aber die Leute sagten nachher, es sei phantastisch gewesen, wie man die Anwesenheit des Heiligen Geistes gespuert habe...
4. Hinn und seine Crew residierten im Hotel "Drei Koenige", der vornehmsten Absteige in ganz Basel. Sie waren acht Personen und bezahlten fuer die zwei Uebernachtungen total 16'000 Franken. Auch Wasmer logierte mit seiner Familie dort. Und das alles auf Kosten der Spender. Hinn wurde jeweils im Mercedes vorgefahren und wieder abgeholt. Seine zwei Leibwaechter - staemmige Brocken - schirmten ihn rund um die Uhr ab. Sie waren ueberall dabei. Man kam also gar nicht an Hinn ran.
5. Ich hatte Hinn von seiner Garderobe auf die Buehne und wieder zurueck zu begleiten. Man richtete diese Garderobe als extra Zimmer fuer ihn ein, damit er nicht ploetzlich von Autogrammjaegern umringt wuerde. Geredet habe ich mit ihm nicht viel. Ich hatte von Hinn als Mensch mehr erwartet. Wenn er vor dir stand, kam dir nichts entgegen. Das Ganze war eben ein eingeuebtes Schauspiel; eine Show, die bestens funktionierte. Auf ein Fingerzeichen von Hinn - das sieht sonst niemand; nur ich konnte es von hinten sehen - begann der Pianist jeweils zu spielen. Sobald Hinn die Finger hob, wurde das Piano lauter. Kurzu: Das Piano begleitete Wunder, die nicht stattfanden.
6. Als ich den Saal betrat und alle vom Heiligen Geist sprachen, fragte ich im Gebet: "Vater, wo bist du?" Alle, alle waren da - nur der Heilige Geist nicht...
Was denken die vielen Mitarbeiter rueckblickend ueber die Veranstaltung?
Unter den achtzig Mitarbeitern liess die Euphorie langsam nach. Viele konnten das Geschehene nicht einordnen. Bei den meisten, mit denen ich Ruecksprache nahm, fand aber eine Veraenderung hin zu sehr kritischen Gedanken statt.
Eine Bekannte von mir besuchte frueher einige Hinn-Gottesdienste in Florida. Sie war damals begeistert. Kuerzlich gestand sie: "Wenn ich ehrlich bin, hatte ich schon in Orlando oft den Eindruck, dass etwas nicht stimmte." Als ich sie fragte, wieso sie nicht zu diesem Eindruck gestanden sei, antwortete sie: "Ich dachte: Was soll ich schon gegen einen solchen Mann?"
Wir alle sehen heute: Den Messias muessen wir in der Vertikalen suchen, nicht in der Horizontalen. Er kommt von oben, nicht vom Fernsehen!
Warum habt ihr waehrend dieser zwei Tage nicht aufbegehrt und Hinn in der Garderobe gestellt?
Wir waren zu optimistisch. Wir dachten immer: "Morgen wird es dann besser!" Der Spendenaufruf von Wasmer entsetzte uns zwar, doch wir liessen das so stehen. Wir waren ja auch im Stress. Und ich befand mich staendig inmitten des grossen Rummels.
Ja, man dachte die ganze Zeit, dass das Erwartete irgendwann schon noch geschehen muesste... Diese Erwartungshaltung wird durch Hinns Aussagen auch dauernd gefoerdert. Hinn schuert die geistliche Erwartung. Und die Antwort kommt dann in Form von Musik...
Waren die vielen oeffentlich deklarierten Wunder echt?
Wenige Tage zuvor war ich am Wimber-Kongress in Bern gewesen. Dort geschah das, was die Bibel in Markus 16,18 beschreibt: Wenn das Evangelium in Wahrheit verkuendigt wird, dann werden Wunder und Zeichen das bestaetigen. Man muss die Heilungen ernst nehmen. Es gibt sie.
Bei Hinn fanden jedoch keine Wunder statt. Im Gegenteil: Die Heilungen haben sich als falsch erwiesen. Sie ehrten Gott nicht, sie waren Menschenwerk.
Gero H., ein leukaemiekranker Mann, erzaehlte auf der Buehne, wie er soeben von Krebs geheilt worden sei. Hinn bezeichnete ihn als geheilt und sagte, es habe sich alleine schon wegen Gero gelohnt, nach Basel zu kommen. Gero ist heute aber nicht gesund. Ein anderer Fall betrifft den krebskranken Mann, ueber dem Hinn prophezeite, dass er noch viele gesunde Jahre vor sich habe. Zwei Tage starb dieser Mann.
Das sind "die grossen Wunder", die geschahen
Wuerdest Du Hinn als Scharlatan bezeichnen?
Diese Frage ist fuer mich nicht ganz beantwortet. Denn es ist biblisch, dass es Gesalbte gibt. Ich bin mir aber nicht sicher, ob jemand seine Salbung verlieren kann. Viele Leute haen im Geist angefangen udn sind im Fleisch geendet. Es wuerde mich nicht wundern, wenn Hinn einer der naechsten waere, der abstuerzt. Diese Veranstaltung bestand aus soviel Menschenwerk und Menschenverehrung! Die Amis sagen dauernd: "The pastor said..." und nur ganz selten: "God said..." Sie meinen, dass durch Hinn immer und ausschliesslich der Heilige Geist rede.
Was wuerdest Du einem Benny-Hinn-Fan raten?
Er soll Hinns Buecher lesen und jede Bibelstelle nachpruefen, die dieser zur Bestaetigung seiner Aussagen vorbringt. Ich habe festgestellt, dass einige der angefuehrten Bibelstellen eindeutig falsch sind. Wer das prueft, kommt auf die Welt. Und man muss schon sehen: Hinn gibt zwar im Interview immer etwas Terrain preis, dreht sich dann aber um und macht genauso weiter wie zuvor.
Ein Schuss hintenrausWelche Bilanz ziehst Du fuer Dich persoenlich?
Ich hatte eine geistliche Intensitaet erwartet. Am Wimber-Kongress war der Heilige Geist in jedem Saalwinkel anwesend. Bei Hinn nicht. Ohne Mikorofon und ohne Piano waere die Halle absolut leer geblieben. Absolut leer....
Ich vermisste den Faktor Warten auf das Wirken des Geistes gaenzlich. Hinn wartete nicht - er produzierte laufend. Wir koennen den Geist aber nicht manipulieren. Gott handelt da, wo er will. Bei Hinn mussten die "Wunder" genau in jenen hundert Minuten geschehen, in denen er gerade auftrat. Ich habe mich natuerlich schon gefragt, was das Ganze gebracht hat: Es war ein Schuss hintenraus. Das Ding hatte null geistlichen Gehalt. Was mit Hinn lief, empfinde ich als Gift fuer die Christenheit.
Und wie verarbeitest Du das Geschehene?
Markus Blum meinte, wir Organisatoren muessten Busse tun. Wenn ich bewusst etwas Falsches mache oder das im nachhinein feststelle, tue ich sofort Busse. Wir setzten uns aber aufrichtigen Herzens fuer den Leib Christi ein. Wir hofften, dass sich eine neue Dimension oeffnen, ein Aufbruch oder eine Erweckung geschehen wuerde. Das ist auch heute noch mein Sehnen. Hinn hat uns hier allerdings etwas vorgegaukelt - und wir liessen uns taeuschen.
Mein kleiner Trost: Hinn waere wohl auch ohne uns nach Basel gekommen. Ich persoenlich kann mit diesem Euro-Crusade leben, selbst wenn er eine Katastrophe war und Gott keinerlei Ehre machte. Aber ich hoffe, dass uns so etwas nie mehr passiert!
Da ich im Fruehjahr bereits die Versammlung von Nicky Cruz in Basel organisiert hatte, wurde ich im letzten Moment von Hinns Europa-Manager, Ed Wasmer, angefragt, die Organisation fuer Benny Hinn zu uebernehmen. Gemeinden waren keine einbezogen worden, weder zur Planung noch zur Mitarbeit noch zur geistlichen Mitvervantwortung.
Sechs Wochen vor der Veranstaltung blieb mir nicht mehr genuegend Zeit, um die Sache sauber zu ueberpruefen. Ausserdem hatten diverse Berichte ueber Hinn und seine Dementis dafuer gesorgt, dass jedermann an eine Wandlung bei ihm glauben musste. Ein Interview im amerikanischen Charisma und seine kuerzlich auf deutsch uebersetzten Buecher hatten fuer Glaubwuerdigkeit und Akzeptanz gesorgt.
Der nachfolgende Bericht ueber die Veranstaltung zeigt aber ein erschreckend anderes Bild. Dabei ist es gut, wenn der Leser zuvor den Bibeltext im 1. Thessalonicher 2 durchliest und vergleicht.
Hinn hat sich offenbar in ueberlegter Weise wom Wohlstandsevangelium losgesagt; wohlwissend, dass die Wort-des-Glaubens-Bewegung in Amerika immer mehr in Misskredit geraet - aus Gruenden der Moral wie auch der Rezession! In Basel und Koeln war jedoch von einem Gesinnungswandel ueberhaupt nichts zu spueren. Nach dem Motto: "Gott tilgt alle eure Schulden und gibt euch hundertfachen Wohlstand, wenn ihr Benny Hinn jetzt viel Geld gebt" wurde goettlicher Segen in teilweise mehr als halbstuendigen Kollektenansagen "gehandelt". Um vermeintlich die Heilung und den Segen nicht zu verscherzen, haben die meisten reichlich gegeben und so zum guten finanziellen Ergebnis beigetragen.
Freitags wurde fuer Hinns Fernsehsendung auf Super Channel eine Kollekte erhoben. Benny fragte mehrmals, wer ihn wieder auf Super Channel sehen moechte, worauf das Publikum laut nach ihm verlangte und ihm zujubelte. Doch aufgepasst! Von Zeitungen und Benny Hinns Europa-Manager wissen wir, dass Super Channel diese Sendungen kuentig gar nicht mehr akzeptiert. Dafuer hat sich SAT1 bereiterklaert, die Fernsehsendungen von Hinn kostenlos zu uebernehmen. Uebrigens laeuft auf SAT1 bereits eine aehnliche Sendung des Fernheilers Prof. Erich Lasch, der zum Teil die gleichen Methoden anwendet wie Hinn.
Wie zuvor schon in Koeln musste auch in Basel das Partneressen (fuer ca. 700 Personen) ohne das im hohen Preis inbegriffene Erscheinen von Benny Hinn abgehalten werden.
Die Versammlungen in Basel waren grosse Shows fuers amerikanische Fernsehpublikum, wurden auch dementsprechend aufgezogen und von zwei Kamerateams aufgenommen. So mussten sich beispielsweise alle die Haende geben . Wenn einer in der Reihe umfiel - aus Schreck ueber den gewaltigen Laerm, den Hinn ueber die voll aufgedrehte Verstaerkeranlage erzeugte -, fielen deshalb alle gleich mit um. Oder es mussten waehrend ca. zwanzig Minuten die Haende hochgehalten werden. Die daraus hervorgegangene Blutleere und die damit verbundene Gefuehlslosigkeit sowie das Kribbeln in den Haenden wurden sodann als Beweis fuer die Beruehrung durch den Heiligen Geist aufgebunden. Die ganze Menge wurde aufgefordert, dies mit Haendewinken zu bestaetigen. Die Menschen wurden von Benny Hinn beruehrt und umgeworfen. Je besser und attratkiver einer fiel, desto oefter wurde er wiederholt umgeworfen. Andere wurden regelrecht umgestossen.
Dies und anderes mehr mag im Fernsehen und auf den Videos grosse Effekte erzielen, hat aber mit dem Wirken des Heiligen Geistes und der Ehrfurcht vor dem heiligen Gott wenig zu tun.
Wir hatten in einem Hinterzimmer einen grosszuegigen Wohnraum mit Polstermoebeln einrichten muessen. Von dort aus konnte Hinn die Veranstaltung ueber ein Fernsehgeraet verfolgen, um dann im richtigen Moment und in der richtigen Atmosphaere dem ueberreifen Publikum durch einen eigens fuer ihn gebauten Tunnel ploetzlich auf der Buehne zu erscheinen.
Die erzaehlten Beispiele und Auszuege aus der Bibel gab Hinn in uebersteigerter Form wieder. So hielten nicht die Naegel Jesus am Kreuz fest, sondern Jesus hielt mit seinen Haenden das Kreuz und die Naegel zusammen. Nicht Maria trug Jesus in ihren Armen, sondern Jesus trug Maria usw. Diese Auslegungsart der Schrift und viele persoenliche Beispiele wurden benutzt, um dem Volk zu beweisen, dass Benny nicht etwa ein gewoehnlicher Prediger sei (was er auch immer wieder betonte). Neben Gesang und Musik steigerten regelmaessige Aussprueche wie "Die Salbung kommt!" oder "Was fuer eine maechtige Salbung ist vorhanden!" die Atmosphaere, bis Hinn ploetzlich den Moment gekommen sah, wo der Geist wirken wollte. Die Leute wurden aufgefordert, sofort nach vorne zu kommen, oder besser: nach vorne zu rennen, damit sie die Salbung gerade noch erwschen konnten - "Ehe es zu spaet ist!" Viele der Anwesenden waren nicht mehr in der Lage, Echtes von Unechtem zu unterscheiden. Sie konnten Manipulation und Seelisches nicht mehr von Geistlichem greffen. Andere dagegen waren zutiefst erschrocken ueber diese Art der Massensuggestion und bezeugten mir dies auch in den Tagen danach.
Die jeweils gegen Ende der Veranstaltungen auf Hochtouren gedrehte Lueftungsanlage erzeugte einen einen starken Luftzug, der vom bezauberten Publikum als der Wind des Heiligen Geistes empfunden werden sollte!
Die Rollstuehle durften nicht in vorderster Front stehen, sondern erst hinter dem ersten Saaldrittel, damit durch das Fehlen sichtbarer Heilungen das Saal- wie auch das Fernsehpublikum nicht frustiert wuerde (d.h. der suggestive Charakter der Heilungsveranstaltung nicht gestoert wuerde).
Vermehrt hoere ich inzwischen von Besuchern, die nun nach diesem seelischen Hoch in Depressionen fallen und teilweise auch psychiatrische Behandlung brauchen.
Die Menge wurde eingeladen, zu Jesus zu kommen, ohne dass den Leuten der Grund das Leidens und Sterbens Jesu erklaert wurde. Keine Rede auch von Busse und Umkehr. Schmutz und Suende wurden schon gar nicht angesprochen, und obendrauf gab's noch den Heiligen Geist. Alles wurde moeglich gemacht durch Benny Hinn, was bei "normalen Predigern" eben nicht gehen wuerde.
Die Bibel nennt als Bedingung einer Beziehung zu Gott die Umkehr vom suendigen Leben, den Herrschaftswechsel und den Gehorsam gegenueber Jesus Christus. All dies fehlte hier gaenzlich!
Sind nun die Menschen wirklich zu Jesus gekommen, als sie nach vorne gingen? Ich meine, dass die ueberstarke Selbstdarstellung und die immer wieder betonte und produzierte "Salbung" von Benny Hinn den Ausschlag gab - und nicht der Jesus der Heiligen Schrift!
Ich hatte Hinn mehrmals umherzuchauffieren, durfte aber unter keinen Umstaenden mit ihm sprechen. Ich hatte, wenn ich etwas gefragt wurde, nur mit ja oder nein zu antworten. Seine Mitarbeiter sagten mir, dass der kleinste Fehler ihn wuetend mache. Einer von ihnen beschrieb seine Beziehung zu Hinn als "Hassliebe".
Der Fanatismus und die Vergoetterung um die Person von Benny Hinn widersprechen dem ersten Gebot der Bibel. Als man Jesus zum Koenig kroenen wollte wegen all der Wunder, die er getan hatte, entschwand der der Menge traurig. Als jemand ihn "guter Meister" nannte, wies er das sofort von sich und kam auf den himmlischen Vater zu sprechen. Jesus nahm keine menschliche Ehre an, denn die Ehre gehoert allein Gott. Und die Bibel gibt uns Hilfe vor Hochmut, indem sie uns empfiehlt, uns als unnuetze Knechte zu bezeichnen.
Ja, wir muessen wachsam sein! Nicht von ungefaehr warnt uns Jesus selber, dass viele einmal zu ihm sagen werden: "In deinem Namen haben wir boese Geister ausgetrieben und viele (!) Wunder getan." Und er wird zu ihnen sagen: "Weicht von mir, ich kenne euch nicht!" (siehe Matthaeus 7,13-23).
Damit ist weder Okkultes noch New Age gemeint! Diese Gefahren haben wir schon lange erkannt. Die Endzeit wird uns andere, viel gefaehrlichere Verfuehrungen bringen, vor allem in Form von seelischer Imitation der geistlichen Werte und des Wirkens Gottes.
Wir muessen bereit sein, unsere frommen Erfahrungen und uebernommenen oder selbstgebastelten Lehren aufzugeben, damit das gesunde Wort Gottes in unserem Herzen und unserem Verstand wieder Platz findet. Nur das Wort Gottes hat die Kraft, Seele und Geist zu trennen und uns vor Verirrung zu bewahren. Siehe dazu Hebraerbrief 4,12.
Markus Blum, lokaler Veranstalter
Was in Basel ablief, war schier unglaublich. Benny Hinn rief - und 15'000 Menschen kamen.
Man ueberlege: Angenommen, jemand wuerde die St. Jakobshallte mieten. Angenommen, der angekuendigte Prediger hiesse Jakob Zopfi, Karl Albietz, Fredi Staub oder Rainer Bamberger, kaeme (wie gewohnt) hervorragend vorbereitet und wuerde eine serioese, fundierte Botschaft bringen. Wie viele Leute stroemten wohl zu diesem Anlass? Zweihundert? Dreihundert? Fuenfhundert?
Stimmt, das muss man zugeben: Diese Maenner tragen ein Handicap: Der Ruf von Wunderheilern geht ihnen nicht voraus. Sie werfen auch nicht mit grossen Worten um sich, lassen keine grossspurigen Handzettel verteilen und schmuecken die eigenen Personen nicht mit Prophetenzitaten, die sich eigentlich auf Jesus (und niemand anders) beziehen. Und der ganze Gedankengang hinkt auch sonst - denn diese Herren kommen aus der Schweiz, nicht aus Amerika.
"Amerika" - das grosse Wort. "Ja, so sind sie eben, die Amis!" meinen viele und entschuldigen damit Hinn von vornherein. In Amerika sei eben vieles, ja alles moeglich, und in den Staaten sei Hinn sowieso nur einer von vielen gleichgearteten Predigern. Nach ihm drehe sich "drueben" keiner um, und niemand naehme an ihm ein Aergernis.
Das stimmt (gluecklicherweise) nicht. Als ich an der Frankfurter Buchmesse war, sprach ich mit etlichen amerikanischen Buchverlegern (Charismatikern und NIchtcharismatikern). Ihr Tenor lautete unisono: "Wir schaemen uns fuer diesen Mist, den wir da exportieren. Und wir schaemen uns dafuer, dass man jetzt in Europa wieder meint, wir Amis seien halt so. Das entspricht aber nicht den Tatsachen! Auch bei uns in den USA gibt es naemlich viele warnende Stimmen, ja sogar warnende Magazine und Buecher. Aber die uebersetzt ihr Europaer ja nie ins Deutsche!". Tatsaechlich: Diverse deutschsprachige christliche Verlage veroeffentlichen gerne mal ein haarstraeubendes US-Produkt - aber die dazu notwendige Gegenreaktion wird dann nie publiziert. Dass auch das amerikanische Christentum gesunde Selbstreinigungsablaeufe kennt und durchaus mal die Spreu vom Weizen trennt, wird deshalb in unseren Breitengraden gar nicht zur Kenntnis genommen.
Die Amerikaner, insbesondere die Verleger von Harvest House in Eugene, Orgegon, bezeugen, dass viele von ihnen Hinn in persoenlichen Gespraechen aufgefoerdert hatten, von seiner falschen Lehre und seiner zweifelhaften Linie abzulassen. Sie machten alle eine gemeinsame Erfahrung: Hinn gab im Gespraech Terrain preis - und machte nachher weiter wie zuvor. Seine Entschuldigungen waren demnach Teil seiner Show. Die Kritiker forderten ihn auch dazu auf, als Zeichen der Echtheit seiner Busse die bisher erschienenen Buecher vom Markt zurueckzuziehen. Doch gerade das wollte Hinn nicht; er will sich sein big business keinesfalls kaputtmachen lassen. In amerikanischen Kreisen wird seine Lauterkeit und Ehrlichkeit deshalb offen angezweifelt. Denn gerade die Buecher Hinns weisen einige eklatante Luegen und Unwahrheiten auf (u.a. war sein Vater nie Buergermeister von Jaffa, wie Hinn dies behauptet).
Die meisten Berichte und Facts aus den USA waren in Schweizer Kreisen bereits Anfang 1993 bekannt. Deshalb stellt sich die Frage: Wieso traute sich hierzulande eigentlich niemand so recht, vor diesem Mann zu warnen? Weshalb ging man sogar so weit, dass man Leuten, die leise Kritik anbrachten, entgegenhielt: "Ruehrt den Gesalbten des Herrn nicht an! Behaltet das viele Gute"? Darf bei uns jeder dahergelaufene Wolf im Schafspelz in der Herde wildern und dabei auch noch gleich einige hunderttausend Schweizer Fraenkli heimnehmen, obwohl er im eigenen Land laengst entlarft, demaskiert und gestellt wurde? Das waere tragisch. Denn eines steht fest: Derart belogene, frustierte, enttaeuschte und hinters Licht gefuehrte Christen kriegt nachher kaum jemand so schnell wieder "auf Vordermann". Wer heute auf die Wut jener hoert, die erkannt haben, was in Basel auf der Buehne ablief, der ist erschuettert. Und wer den Absturz jener Euro-Crusade-Teilnehmer sieht, die nach der Euphorie und ihren riesigen Heilungs-Hoffnungen auf den Boden der (medizinischen) Realitaeten zurueckgeworfen wurden, der ist bestuerzt.
Angekuendigt ist, dass Hinn im Sommer/Herbst 94 wieder in die Schweiz kommen will. Diesmal ist er in Bern eingeladen.
W5 meint: Bleibt zu Hause, Ben, und stelle Dich Deinen Kritikern und Mahnern dort. Wir haben naemlich die Nase von solchen Auftritten ziemlich voll.
Eine grosse Schar von Leuten aeusserte sogar folgenden Satz: "Wenn dies das Evangelium sein soll, dann wollen wir es nicht! Das hat mit unserem Suchen und Sehnen nichts zu tun."
W5 empfiehlt im uebrigen den christlichen Buchhandlungen in der Schweiz, die Benny-Hinn-Buecher nicht mehr ins Programm zu nehmen (selbst wenn sich durch sie viel Geld verdienen liesse). In der W5-Trendliste wird Hinn jedenfalls ab sofort nicht mehr erwaehnt. Genauso machen es uebrigens die US-Buchhaendler und -Redaktoren. Denn die Erfahrung zeigt: Sobald der Rubel nicht mehr rollt, werden Menschen von Hinns Schlag sehr, sehr nervoes und hoeren mit ihren Spielereien bald auf.
Der Benny-Hinn-Kongress hat es gezeigt: Es gibt im Leib Christi viele kranke und angeschlagene Menschen. Diverse Augenzeugen berichteten, dass sie noch selten so viel menschliche Not und menschliches Leiden auf derart engem Raum versammelt gesehen haetten: entstellte Gesichter, deformierte Koerper, Krankheiten, Gebrechen, Verkrueppelungen... Eine Not, die zum Himmel schreit. Eine Not, die von Hinn und Konsorten brutal ausgenuetzt (und umgemuenzt) wird. Waere diese Not nicht so gross, haette Hinns Spektakel keinerlei Resonanz. Diese Leiden muss man ernst nehmen. Wo Menschen ohne weiteres tausend Kilometer reisen, um Heilung zu erfahren (bzw. eben leider nicht zu erfahren), da muss die Not riesengross sein. Was kann diesen Menschen angeboten werden?
In Jakobus 5, Verse 13-16 steht folgender Abschnitt:
Es ist inzwischen in fast allen Gemeinden ueblich, dass die Gemeindeleiter und Aeltesten zu diesem Dienst bereit sind; und zwar von Chrischona bis zur Pfingstmission, von den Methodisten bis zu den Urchristen, von Landeskirch-Pfarrern bis zu den kleineren Freikirchen. Es ist wahr: Viele dieser Leiter tun dies noch etwas verzagt und zoegerlich, weil sie sich sofort schwach, hilflos und auch schnell mal ueberfordert und ueberschaetzt fuehlen. Aber gerade diese eigene Machtlosigkeit birgt in sich doch die Garantie der Ernsthaftigkeit, Demut und Tiefe ihres Gebetes zu Gott, der als einziger helfen und heilen kann.
So kann man nur auffordern: Ruft eure Aeltesten und bittet sie um Gebet und Oel, wenn ihr krank seid. So habt ihr 1. einen serioesen Rahmen, 2. persoenliche (Weiter-)Begleitung, 3. Menschen, die euch nicht verlassen und in eurer Naehe bleiben. Und 4. bleibt sogar euer Geld in eurer Tasche! Es sei betont, dass auf diese zurueckgezogene, oeffentlichkeitslose Weise neben vielen "Niederlagen" schon etliche kleine und grosse Siege ueber langwierige Krankheiten errungen wurden. Unspektakulaer, aber dauerhaft und echt.
Christian Meyer
(C) by Magazin W5