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Frage 1017   Siehe auch      1012   Jürgen W. Möllemann

Lieber Bruder,
mit Sicherheit gibt es bei www.bibelkreis.ch auch einen Artikel zum Vaterunser und dessen Relevanz für die Gemeinde heute. Können Sie mir den Link verraten?
Danke.
Grüße in Christus
Hans-Jörg
Tipp: www.wie-komme-ich-in-den-himmel.de


09,06,03

Lieber Hans-Jörg

Ich habe nicht viel gefunden. Gesucht habe ich übrigens mit dem Suchen, das Du auf fasst jeder Seite auf www.bibelkreis.ch. findest.

http://bibelkreis.ch/Forum/frage620.htm

http://bibelkreis.ch/Forum/frage797.htm

http://bibelkreis.ch/Forum/frage130.htm

http://bibelkreis.ch/Forum/frage509.htm

http://www.bibelkreis.ch/Dura/vaterun.htm

Im Hausbibelkreis am Samstag Abend für den ich mir manchmal Notizen mache, (War ja der ursprüngliche Anstoss zur Website) , haben wir auch schon mal das Vaterunser angeschaut. Ich schau dann mal in meinen Unterlagen.

In IHM
Hans Peter

 

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„ . . . einander vergebend, gleichwie auch Gott in Christo euch vergeben hat". Dies ist eine Abwandlung des "Vater­unser". Dort werden wir gelehrt, daß Gott sich nach uns richten will ‑ " . . . vergib ... wie auch wir vergeben". Hier ist es genau umgekehrt. Ich soll mich nach Gottes Maßstab aus­richten: "vergebend, wie auch Gott in Christo euch verge­ben hat“. Das zeigt, wie wir schon vorher bemerkt haben, daß der Dienst des Herrn einer Übergangszeit angehörte; er war noch nicht zur vollen Herrlichkeit der Erlösung gekom­men. Nun gibt es einen Dienst für die Vervollkommnung je­des einzelnen von uns zu unserer Auferbauung als Leib Christ!.

Das Vaterunser

Das Gebet des Herrn, wie es oft genannt wird, das sogenann­te Vaterunser, spielt heute in der Christenheit eine entschei­dende Rolle. Zu jeder Zeit und bei jedem Anlaß wird es gebetet. Beim Abendmahl, bei der Taufe, bei der Predigt, bei der Ehe­schließung, bei der Beerdigung - bei jeder Gelegenheit. Aber anhand der eben zitierten Stellen aus der Apostelgeschichte fällt uns auf, daß die ersten Christen dieses Gebet augenschein­lich nicht benutzt haben. Mehr noch: Außer in den Evangelien wird es im ganzen Neuen Testament überhaupt nicht mehr er­wähnt. Wir finden viele Gebete, aber nicht ein einziges Mal das Vaterunser. Wie ist das zu verstehen? Ist das Gebet des Herrn nicht gut? Hat Er es nicht Seine Jünger gelehrt und gesagt:

„Wenn ihr betet, so sprechet..." (Lk 11, 2-4)?

Das Gebet des Herrn, das Er Seine Jünger zu beten lehrte, ist gut, ist vollkommen. Daran kann absolut kein Zweifel beste­hen. Eine andere Frage ist, ob es das geeignete Gebet für Chri­sten ist. Seine Worte „Wenn ihr betet" richten sich klar an Seine Jünger, die Ihm damals auf der Erde nachfolgten und noch nicht auf christlichem Boden standen. Denn noch war das Sühnungswerk Christi nicht vollbracht, noch war der Heili­ge Geist als Person der Gottheit nicht auf die Erde gekommen. Das entscheidet die Sache.

Der Herr Jesus hatte Seine Jünger über Seinen Vater be­lehrt, und nur Er, der Sohn, konnte den Vater offenbaren (Mt 11, 27). Nach und nach hatte Er sie in die Kenntnis Seines Vaters eingeführt und sie mit Ihm vertraut gemacht, so daß Er später vor Seiner Kreuzigung zu Seinem Vater sagen konnte:

„Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kund­tun" (Joh 17, 26). Und so entstand in den Herzen der Jünger zwangsläufig die Frage, wie sie nun beten sollten; denn die al­ten jüdischen Formen des Gebets - das empfanden sie wohl -entsprachen nicht mehr der Stellung, in die sie als Jünger Chri­sti durch die Offenbarung des Vaters gekommen waren. Der Herr entsprach ihrem Verlangen („Herr, lehre uns beten", Lk 11,1) und gab ihnen das Gebet, das nicht ganz zutreffend das Gebet des Herrn oder das Vaterunser genannt wird (Mt 6, 9-13). Nicht ganz zutreffend insofern, als der Herr Jesus selbst dieses Gebet nicht gebetet hat Wenn etwas Sein Gebet ist, dann ist es das von Johannes 17, wo Er als der Sohn mit

dem Vater redet. Dennoch darf ich einmal diese Ausdrücke der Einfachheit halber benutzen.

Aus der Tatsache, daß der Herr Jesus auf die Offenbarung hin, die Er von Seinem Vater gegeben hatte, Seinen Jüngern dieses Gebet gab, lernen wir eine sehr wichtige Sache: Das Gebet sollte stets in Übereinstimmung mit der Offenbarung Gottes sein, die Er von Sich gegeben hat. Oder anders aus­gedrückt: Das Maß der Offenbarung, die Gott von Sich in einer bestimmten Zeit gewährt, ist die Grundlage der Beziehungen, in die die Gläubigen gekommen sind, und damit auch die Grundlage ihrer Gebete. Die Art ihrer Gebete wird durch die Innigkeit der Beziehungen bestimmt, in die sie durch die Gna­de Gottes gebracht worden sind.

Nun, dieses Gebet, das mit den Worten Unser Vater be­ginnt, war der geeignete Ausdruck für die Jünger, die damals den Herrn als Messias auf der Erde umgaben und bereits in eine gewisse Beziehung zum Vater im Himmel gebracht wor­den waren. Wir können sicher sein, daß sie es bis zur Kreuzi­gung des Herrn gebetet haben. Es wird uns darüber zwar nichts mitgeteilt, aber gewiß war es so. Sicherlich haben sie dieses Gebet, jeder für sich gebetet, denn von einem gemeinsa­men Gebet der Jünger hören wir überhaupt nichts in den Evan­gelien. Das Vaterunser war durchaus nicht als gemeinsames Gebet gegeben, wenngleich es in der WIR-Form steht, womit eben angedeutet wird, daß auch noch andere in dieser Bezie­hung zu Ihm als unserem Vater stehen. Aber die Belehrungen des Herrn über das Gebet in Matthäus 6, Verse 5-15, die auch das Vaterunser einschließen, haben nur das Gebet im Verbor­genen („Wenn du betest, so gehe in deine Kammer", Vers 6) zum Inhalt. Das wird im allgemeinen übersehen. Das Vater­unser ist ein persönliches Gebet, nicht ein gemeinsames.

Für uns Christen aber, die wir in die Stellung von Söhnen Gottes versetzt worden sind, die wir den Geist Gottes haben und „Abba, Vater" sagen dürfen (Gal 4, 6; Röm 8, 15), für uns ist das Vaterunser nicht der geeignete Ausdruck unserer Empfindungen und Gedanken, kurz: unserer Beziehungen. Wir werden sogleich sehen, daß es unser Vorrecht ist, im Na­men des Herrn Jesus zu beten. Aber ehe wir uns damit be­schäftigen, was das bedeutet, möchte ich auf einige sittliche Belehrungen des Vaterunsers hinweisen, die wir aus diesem wertvollen Gebet ziehen sollten. Denn wenn auch dieses Gebet

als solches nicht für uns zum tatsächlichen Gebrauch bestimmt ist, so enthält es eben doch wichtige Hinweise, die auch für uns von großem Nutzen sind.

„Betet ihr nun also: Unser Vater, der du bist in den Himmeln, geheiligt werde dein Name; dein Reich komme; dein Wille geschehe, wie im Himmel also auch auf Erden. Unser nötiges Brot gib uns heute; und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir unse­ren Schuldern vergeben; und führe uns nicht in Ver­suchung, sondern errette uns von dem Bösen" (Mt 6, 9-13).

Das Gebet enthält sechs Bitten, in denen sechs göttliche Prinzi­pien verkörpert sind. Dies ist ihre Ordnung:

Ehrerbietung < Geheiligt werde dein Name.

Regierung < Dein Reich komme.

Gehorsam < Dein Wille geschehe.

Abhängigkeit < Unser nötiges Brot gib uns heute.

Wiederherstellung < Und vergib uns unsere Schul­den.

Bewahrung < Und führe uns nicht in Versuchung.

Welch eine Zusammenballung von göttlichen Wahrheiten in äußerst knappen Worten! Welch ein vollkommenes Muster eines Gebets aus dem Mund unseres Herrn! Wie kann es auch anders sein, wenn Er, der große Lehrer, uns belehrt!

Es fällt uns auf, daß die ersten drei Bitten mit Gott, die letz­ten drei mit dem Menschen zu tun haben. Beachten wir: Im Gebet des Herrn haben die Anrechte Gottes den ersten Platz, die Bedürfnisse von uns Menschen kommen erst an zweiter Stelle!

Ist das nicht eine sittliche Ordnung, die auch wir - nicht nur in unseren Gebeten, sondern auch in unserem ganzen Leben - beachten sollten? Sollten nicht auch in unserem Leben und damit auch in unseren Gebeten die Dinge Gottes den ersten Platz haben? „Trachtet aber zuerst nach dem Rei­che Gottes und nach seiner Gerechtigkeit" (Mt 6, 33). Wie oft ist es leider umgekehrt!

Doch abgesehen von der sittlichen Ordnung, die uns dieses

Gebet zeigt, fragen wir uns doch einmal, an das erste Prinzip in der ersten Bitte denkend: Wie wichtig ist es uns, daß Seinem Namen Ehrerbietung gebracht wird, von uns selbst und von anderen? Ist es uns vor allem anderen wichtig, daß Sein Name geehrt und geheiligt wird? Ist das der beherrschende Grundsatz in unserem Leben?

Die zweite Bitte beschäftigt sich mit Seinem Reich. Heute regiert Satan, der Fürst dieser Welt, auf dieser Erde - und mit welch schrecklichen Folgen für den Menschen! Haben wir nicht allen Grund, uns darüber zu freuen, daß das nicht so blei­ben wird und daß Gott einmal Seine Regierung auf der Erde in der Person Seines Sohnes antreten wird? Sehnen wir diesen Zeitpunkt herbei, an dem Sein Sohn, unser Herr, auf dieser Erde endlich zu Seinem Recht kommen und alles so wiederher­stellen wird, wie Gott es immer schon haben wollte? Gehören wir zu denen, „die seine Erscheinung lieben" (2. Tim 4, 8)?

Und was bedeutet uns der Gehorsam Seinem Willen gegen­über? Ist es uns wichtiger, Ihm zu gehorchen, als Menschen zu gefallen? Haben wir schon gelernt, daß es ohne Gehorsam überhaupt keinen Segen gibt? Gewiß, die Zeit, wo der Wille Gottes im Himmel wie auf Erden geschehen wird, ist noch zu­künftig. Abgesehen von der Gegenwart Satans im Himmel (Hiob l; Off 12, 7-12), wird im Himmel der Wille Gottes aus­geführt, sind doch die Engel „Täter seines Wortes, gehorsam der Stimme seines Wortes" (ps 103, 20). Die Erde aber ist der Schauplatz des Eigenwillens des Menschen. So besteht in sitt­licher Hinsicht eine „Trennschicht" zwischen Himmel und Er­de. Im Tausendjährigen Reich wird endlich diese Trennung weggetan sein, es wird Harmonie zwischen Himmel und Erde sein, weil der Wille Gottes dort wie hier regieren wird. Wir aber sind schon jetzt zum „Gehorsam Jesu Christi" berufen, beru­fen, Gott zu gehorchen, wie Christus Ihm gehorcht hat. Wenn die Menschen dieser Welt nicht nach dem Willen Gottes fra­gen, regiert Sein Wille jetzt wenigstens unser Leben? Sind wir in bezug auf unser eigenes Leben bereit zu sagen: „Dein Wille geschehe"?

Inwieweit verwirklichen wir heute in einer Zeit des Wohl­ergehens unsere Abhängigkeit von Gott in allen Fragen des tagtäglichen Lebens? Sind wir Ihm noch dankbar, daß Er uns täglich unser Brot, ja alles gibt, dessen wir in dieser Welt be­dürfen?

Sind wir dafür dankbar, daß wir als Kinder Gottes das Prin­zip der Wiederherstellung kennen dürfen? Wenn wir durch Sün­de versagen, so bringt uns Gott in Seiner Gnade immer wieder zurecht zum praktischen Genuß der Gemeinschaft mit Ihm. Das ist sehr groß. Aber haben wir auch einen vergebenden Geist denen gegenüber, die gegen uns sündigen?

Könnten wir den Weg durch diese böse Welt mit all ihren Gefahren für Geist, Seele und Leib gehen, würden wir das Ziel unbeschadet erreichen, wenn wir auf diesem Weg nicht die beständige Bewahrung durch Gott erführen? Aber sind wir uns auch unseres Unvermögens und unserer Schwachheit bewußt, wenn es darum geht, in den Erprobungen (das meint hier Ver­suchungen; denn Gott versucht nicht zum Bösen; Jak 1. 13), die Gott uns auferlegt, standzuhalten? Oder sind wir selbst­sicher und vertrauen auf unsere Treue und Erfahrung?

Das alles sind herzerforschende Fragen, und so beginnt dieses Gebet durch die Prinzipien, die es enthält, auch zu uns zu reden. In der Tat, wir haben in sittlicher Hinsicht viel daraus zu lernen!

Noch eben ein Wort zu der fünften Bitte, weil sie oft mißver­standen wird: „Und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben." Beachten wir, daß der Herr dieses Gebet nicht Menschen in ihrem natürlichen, sündi­gen Zustand gab, sondern Seinen Jüngern, die bereits glaub­ten. Ungläubige können niemals „Unser Vater" sagen. Der Zöllner von Lukas 18 konnte nur sagen: „O Gott ..." (Vers 13). Diese Bitte „Vergib uns unsere Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben" zeigt nicht etwa den Weg, auf dem ein verlorener Sünder zur Vergebung der Sünden kom­men kann. Nein, der Herr spricht von dem Gläubigen und von der Gesinnung, die ihn beseelen soll, wenn andere gegen ihn gesündigt haben sollten. Gott würde in Seiner Regierung die entsprechende Bitte von jemand, der von einem nicht verge­benden Sinn beherrscht wird, nicht beantworten. Wie ernst ist auch das für uns und unsere Gebete!

Wir dürfen unsere Fehler und unser tägliches Versagen vor unserem Gott und Vater im Vertrauen ausbreiten; aber wir müssen dabei in einer vergebenden Haltung denen gegenüber sein, die sich gegen uns vergangen haben. Wir haben ein sehr ähnliches Wort in Markus 11, Vers 25: „Und wenn ihr im Gebet dastehet, so vergebet, wenn ihr etwas wider jemand

habt, auf daß auch euer Vater, der in den Himmeln ist, euch eure Übertretungen vergebe. " Es geht hier um die Ver­gebung im Blick auf die Regierungswege Gottes mit den Seinen, nicht um die Vergebung im Blick auf die Ewigkeit. So laßt uns aus diesem Gebet des Herrn auch dies lernen: Wenn wir wollen, daß unsere Gebete erhört werden, müssen wir eine Gesinnung der vergebenden Barmherzigkeit haben und dürfen nicht von unschönen Gefühlen unserem Bruder gegenüber er­füllt sein. Der eigentliche christliche Maßstab für unser Verge­ben ist übrigens ein noch weit höherer, als ihn das sogenannte Vaterunser zeigt: Wir sollen einander vergeben, wie auch der Christus uns vergeben hat (Kol 3, 13).

Ich hoffe sehr, daß wir gelernt haben, den Unterschied zu sehen, der zwischen einer Nutzanwendung und einem tatsäch­lichen Gebrauch dieses vortrefflichen Gebets besteht. Als Mu­ster ist es für uns von äußerstem sittlichen Wert, aber als Gebet können wir Christen es heute unmöglich beten. Es war und ist für eine andere Zeit und für andere Gläubige bestimmt.

Greifen wir nur die zweite Bitte heraus: „Dein Reich kom­me. " Von der sittlichen Nutzanwendung, die ich zu geben ver­sucht habe, einmal abgesehen, könnten wir diese Bitte tatsäch­lich im Gebet aussprechen? Nein, unmöglich! Es würde be­deuten, daß wir unseren Blick nach unten statt nach oben rich­ten, daß wir direkt auf die Aufrichtung des Reiches in Macht und Herrlichkeit warten - und nicht auf die Wiederkunft Chri­sti zur Heimholung Seiner Braut. Es würde bedeuten, daß wir vorher kein anderes Ereignis mehr erwarteten und ersehnten als die Aufrichtung des Reiches. Das ist aber keineswegs die Hoffnung des Christen. Deswegen ist nicht „Dein Reich kom­me" das Gebet wahrer Christen, sondern „Amen; komm, Herr Jesus'.'"(Off 22, 20).

Wie angemessen dagegen war die Bitte „Dein Reich kom­me" für die Jünger damals, denen das Reich der Himmel als „nahe gekommen" verkündigt worden war, zuerst durch Jo­hannes den Täufer und dann durch den Herrn Jesus selbst (Mt 3, 2; 4, 17)! Mit Recht erwarteten sie dieses Reich. Sie konn­ten noch nicht wissen, daß es einen Aufschub erfahren würde, weil dessen König, ihr Herr und Meister, von Seinem Volk ver­worfen werden würde. - Doch mit der Anwendung des vom Herrn gegebenen Gebets auf die damals lebenden Jünger ist seine Bedeutung und Anwendung keineswegs erschöpft.

Wenn nämlich die Versammlung des lebendigen Gottes, die inzwischen gebildet worden ist, diese Welt verlassen haben wird, wird es wieder einen treuen Überrest aus dem jüdischen Volk auf der Erde geben. Er wird durch unvergleichliche Drang­sale gehen (Mt 24, 15 ff.). Dann wird dieses Gebet, das Vater­unser, wieder gebetet werden, und sicherlich mit besonderer Inbrunst gerade diese zweite Bitte: „Dein Reich komme. "

Um noch einmal auf den Anfang des Vaterunsers zu­rückzukommen, weist nicht der Zusatz in der Anrede „Unser Vater, der du bist in den Himmeln" auf eine gewisse Ent­fernung hin? Wohl hatte der Herr in Seinen Jüngern ein Emp­finden darüber hervorzurufen versucht, wer der Vater war, so daß sie Ihn nicht länger nur als „Herrn der ganzen Erde" (Jos 3, 11) oder als den „Gott des Himmels" (Dan 2, 18.37) kann­ten. Dennoch wird der Vater als in den Himmeln gesehen, und jene, die zu Ihm emporblickten, waren auf der Erde, gleich­sam weit entfernt von Ihm. Sie konnten zu jener Zeit noch nicht das Bewußtsein der Nähe haben, wie es uns heute ge­schenkt ist. Gott hat uns in Christus mitsitzen lassen in den himmlischen Ortern (Eph 2, 6), und es würde unserer Nähe und unserem Zugang zum Vater (Eph 2, 18) nicht angemessen sein, zu Ihm als in den Himmeln zu beten.

So lernen wir aus alledem, daß dieses Gebet, so voll­kommen es in sich auch ist, nicht der gebührende Ausdruck solcher sein kann, die Kinder Gottes sind und den Vater er­kannt haben (1. Joh 3, 2; 2, 13). Sie besitzen das unendliche Vorrecht, in dem Namen des Herrn Jesus zu beten. Diesem erhabenen Gegenstand wollen wir uns nun zuwenden!

Selbst in der sogenannten Bergpredigt finden wir in dem Vaterunser, das noch zu der Zeit vor dem Kreuz gehört: "Und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben." Meintest du, daß das die Grundsätze des neuen Menschen wären? Das sind die Grundsätze des Reiches, doch nicht der Versammlung. Im Christentum bittet der Gläubige nicht Gott um Vergebung seiner Schulden, wie auch er seinen Schuldnern vergibt, sondern hier steht genau das umgekehrte: Wir vergeben unserem Bruder, wie Christus uns vergeben hat. Wir lieben nun nicht mehr den Nächsten wie uns selbst, sondern wir lieben den Bruder mit der Liebe, mit der Gott uns geliebt hat, und die Liebe, mit der Gott uns geliebt hat, ist weitaus größer als die Liebe, mit der wir uns lieben. Mit dieser göttlichen Liebe muß ich den Nächsten lieben. "Zu diesem allen aber ziehet die Liebe an, welche das Band der Vollkommenheit ist" (V. 14).