Home       Bibelkreis.ch       Aufklärende Literatur zur Irrlehre des Calvinismus

 

Lieber Bruder Wepf,

ich muß schon sagen: Wie Sie mit Spurgeon umspringen, verstimmt mich. Nicht nur das; der Umgangston auf Ihrer Webseite allgemein wird zusehends rauher und vor allem immer unsachlicher. Ich will damit keineswegs einer „Heiligenverehrung" für Spurgeon oder einem ökumenisierenden „Du darfst niemand kritisieren, das wäre lieblos" das Wort reden. Auch Spurgeon war nur ein fehlbarer Mensch mit Macken und Irrtümern, und in seiner einseitig positiven Bewertung Calvins und Luthers lag er zweifellos daneben. Ein wenig mehr Differenzierung täte in dieser Sache aber durchaus gut.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß es nur deshalb „Knüppel aus dem Sack!" heißt, weil Spurgeon sich offen zum Calvinismus bekannte. Wenn es aber im England des 19. Jahrhunderts einen treuen Gottesmann gab, der sich dem Abfall entgegenstellte und die Bibel als Autorität und unfehlbares Wort Gottes gegen Papsttum und Liberalismus erhob, dann war es Charles Haddon Spurgeon .... Leider verweigern Sie Spurgeon das, was Sie bei aller berechtigten Kritik an anderer Stelle z. B. Wolfgang Bühne oder „Wort und Wissen" zugestehen: eine differenzierte Beurteilung. Stefan Reutimanns Forderung danach kann ich nur beipflichten. ...

Den Einwand Stefan Reutimann und selbst die von ,szos/ Rddrmüros/r  erbrachten Belege erledigen Sie lapidar mit einem Verweis auf Ihre zuvor geäußerte Meinung. Klingt ganz wie „Roma locuta, causa finita" (Rom hat entschieden, die Sache ist erledigt). Wer punktuell mit Augustinus übereinstimmt, ist eben automatisch aller Irrlehren Roms schuldig. Schuldig durch Assoziation? Genau so hat Zwingli (nomen est omen) die Verfolgung der Schweizer Täufer „begründet". Diese lehnten die Kindertaufe ab, ebenso tat es Thomas Müntzer. Müntzer war ein Aufrührer, also mußten es auch die Täufer sein... Brillante Logik.

Spurgeon hat sich nicht auf Augustinus und Calvin „berufen"; er führte sie als Vertreter dessen an, „was man heute Calvinismus nennt", und berief sich ausschließlich auf die Bibel als Autorität. Die von Augustinus erfundene Sakramenten-Irrlehre verwarf er ausdrücklich (dies im Gegensatz zu Luther, der sie übernahm). Ebenso ausdrücklich betonte er, mit Calvin zwar in den meisten, aber eben nicht in allen Lehren übereinzustimmen.

Spurgeon hat auch nie „am Morgen Kindertaufe und am Nachmittag Baptistentaufe" gepredigt; im Gegenteil, er hat die Kindertaufe schon vor seiner Bekehrung als unbiblisch verworfen. Spurgeon hat sich zeitlebens dadurch unbeliebt gemacht, daß er sich an die Bibel hielt, ohne Rücksicht auf Menschen zu nehmen. Am Anfang seines Dienstes widerstand er den Hyper-Calvinisten, die meinten, man dürfe Sünder nicht zur Bekehrung aufrufen; dann griff er 1864 in seiner Predigt gegen die Taufwiedergeburts-Irrlehre die römische und insbesondere die anglikanische Kirche scharf an, und zuletzt focht er in der „Down-Grade"-Kontroverse einen einsamen Kampf gegen den Abfall des englischen Baptistenbundes, was ihn am Ende zum Austritt aus demselben veranlaßte.

Lassen wir Spurgeon einmal selbst zu Wort kommen:

„... falls mich jemand fragt, ob ich mich schäme ein Calvinist genannt zu werden, antworte ich: Ich wünsche nichts als ein Christ genannt zu werden; doch wenn du mich fragst, ob ich an den Lehrmeinungen festhalte, die von Johannes Calvin vertreten wurden, so antworte ich: In ihrer Mehrzahl tue ich es, und ich bekenne mich gerne dazu. Doch fern sei es selbst von mir zu meinen, daß Zion keine Christen außer Calvinisten in seinen Mauern beherbergt, oder daß es keine Erretteten gibt, die nicht unsere Ansichten teilen."

(„Eine Verteidigung des Calvinismus", aus Spurgeons Autobiographie. Zitiert nach der Online-Veröffentlichung unter https://www.spurgeon.org/calvinis.htm, daher leider keine Seitenangaben möglich.)

Wie definierte Spurgeon „Calvinist"? Mit „Ketzer umbringen"? Keineswegs:

„Sollte mich jemand fragen, was ich mit Calvinist meine, so würde ich antworten: ‘Das ist jemand, der sagt: Die Rettung ist des Herrn.’ Ich kann in der Schrift keine andere Lehre als diese finden. Es ist die Essenz der Bibel ... Was ist die Irrlehre Roms anderes, als den vollkommenen Verdiensten Jesu Christi irgend etwas hinzuzufügen – das Einführen der Werke des Fleisches, um unsere Rechtfertigung zu unterstützen? ... Ich habe meine eigene Meinung, daß Christus als Gekreuzigter nicht gepredigt werden kann, so lange wir nicht das predigen, was man heute Calvinismus nennt. Es ist ein Spitzname, wenn man es Calvinismus nennt; Calvinismus ist das Evangelium, und sonst nichts. Ich glaube nicht, daß wir das Evangelium predigen können, wenn wir nicht die Rechtfertigung durch den Glauben ohne Werke predigen."

(„Eine Verteidigung des Calvinismus", a.a.O.)

Wenn Spurgeon also Augustinus, Luther und Calvin anführt, dann weder um ihre Verquickung von Kirche und Staatsgewalt zu rechtfertigen (solches lehnte er als freikirchlicher „Dissenter" entschieden ab), noch weil er ihre Sakrament-Irrlehren geteilt hätte (solches lehnte er entschieden ab, so z. B. in seiner Predigt gegen die Lehre von der „Taufwiedergeburt" vom 5. Juni 1864), sondern allein in Bezug darauf, daß sie lehrten, der Mensch werde allein aus Gottes Gnade gerettet, ohne menschliche Werke. Daß Augustinus, Luther und Calvin lehrten, die Errettung geschehe allein aus Gnade durch den Glauben plus Sakramente, ist zweifellos ein Widerspruch in sich selbst und eine Irrlehre, doch keineswegs etwas, das Spurgeon vertreten hätte. Beinahe überflüssig zu erwähnen, daß Luther, Calvin und auch Spurgeon die römische Irrlehre vom Fegefeuer verwarfen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Schmitsdorf

D-32130 Enger/Westf.