9,1-7 )
2Mo 9,1-4
Mose forderte erneut die Freilassung der Israeliten. (Zum Gott der
Hebräer vgl. 2Mo 3,18; 5,3; 7,16; 9,13;10,3 .) Falls der Pharao sich
weigerte, sollte nach den Worten Moses die Hand des HERRN (vgl. 2Mo
3,19; 6,1 ) eine Plage über die Haustiere bringen: Pferde ..., Esel ...,
Kamele ..., Rinder ..., Schafe ..., Ziegen ... Da es im ganzen Land tote
Frösche gab und dazu Fliegen, die Krankheitserreger übertrugen, könnte
es sich um die Infektionskrankheit Anthrax (Milzbrand) gehandelt haben.
Die Plage könnte im Januar stattgefunden haben, da dann nach dem Ende
der Nilüberschwemmungen das Vieh auf die Weiden geführt wurde. Die Plage
mußte verheerende Folgen für die ägyptische Wirtschaft haben. Außerdem
waren viele Tiere heilig (vgl. 2Mo 8,22 ), besonders, wie schon oben
ausgeführt, der Stier, der die Götter Apis und Re darstellte, und die
Kuh, die die Göttin der Liebe, der Schönheit und der Freude, Hathor,
repräsentierte. Hathor stellte man sich als eine Frau mit Kuhkopf vor,
manchmal auch nur mit Kuhhörnern. Khnum war dagegen eine Widdergottheit.
Die Tiere der Israeliten , der Empfänger der göttlichen Barmherzigkeit,
sollten von der Plage nicht betroffen werden ( 2Mo 9,4; vgl. 2Mo
8,18-19; 11,7 ).
2Mo 9,5-7
Die Plage trat ein, wie es der Herr vorhergesagt hatte: alles Vieh der
Ägypter starb . Der Pharao ließ darauf untersuchen, ob in Goschen
irgendein Tier der Israeliten gestorben war. Obwohl er sah, daß Gott
tatsächlich einen Unterschied gemacht hatte (V. 4 ), weigerte er sich
weiterhin, umzukehren.
Wie kann man jedoch die Existenz weiterer Tiere in Vers 10 und weiteren
Viehs in den Versen 20-21 erklären, wenn alles Vieh in dieser Plage
umgekommen war? Es sind zwei Erklärungen möglich: (1) Das Wort »alles«
in Vers 6 ist ein hyperbolischer (übertreibender) Ausdruck, der als
Redewendung eine sehr große Zahl meint, aber nicht alles Vieh umfaßt.
(2) Eine bessere Erklärung ist vielleicht, daß die Plage alles Vieh auf
dem Feld (V. 3 ), nicht aber in den Ställen tötete.
f.6. Plage: Geschwüre
( 9,8-12 )
2Mo 9,8-12
Wie die dritte und neunte Plage wurde auch diese dem Pharao nicht vorher
angekündigt. Sie war die erste, die das menschliche Leben direkt
gefährdete. Sie bestand aus offenen Geschwüren ( Geschwüre, die in
Blasen aufbrechen , V. 9-10 ) auf den Körpern von Menschen und Tieren .
Es mag ein symbolischer Akt gewesen sein, Ofenruß in die Luft zu werfen,
ähnlich wie der Gebrauch des Stabes von Aaron bei früheren Plagen. Die
Ägypter verehrten aus großer Furcht vor Epidemien die löwenköpfige
Göttin Sekhmet, die Kraft über die Krankheiten haben sollte; außerdem
Sunu, den Pestgott, und Isis, die Göttin der Heilung. Aber alle diese
Götter konnten das Volk und die Tiere nicht von ihren Qualen befreien.
Die Zauberer Ägyptens waren wieder hilflos (vgl. 2Mo 8,14 ), da sie
selbst betroffen waren ( 2Mo 9,11 ) und feststellten, daß ihre Götter
machtlos waren. Doch das Herz des Pharao blieb verstockt (V. 12 ).
g.7. Plage: Hagel
( 9,13-35 )
Dieses Gericht eröffnet den dritten Zyklus der Plagen. Die siebte, achte
und neunte Plage waren ernsthafter als die vorhergehenden und werden
ausführlicher beschrieben. Die siebte Plage führte zu schweren
wirtschaftlichen Nöten. Deutlich wurde wieder die Macht mehrerer
ägyptischer Götter in Frage gestellt. Der Himmelsgott Nut konnte den
Sturm nicht verhindern, Osiris, der Gott der Fruchtbarkeit der
Feldfrüchte, konnte die Feldfrüchte nicht vor dem Hagel bewahren und
Set, der Sturmgott, konnte den Sturm nicht zurückhalten.
Der lange Abschnitt, der diese Plage beschreibt, gliedert sich in vier
Teile: die Anweisungen Moses (V. 13-19 ), die Zerstörungen durch die
Plage (V. 20-26 ), das Gespräch zwischen Mose und dem Pharao (V. 27-32 )
und die Unbußfertigkeit des Pharaos (V. 33-35 ).
2Mo 9,13-19
Mose sollte dem Pharao wieder früh am Morgen begegnen (vgl. 2Mo 7,15;
8,16 ). Der Grund für das bevorstehende Gericht war wiederum die
fehlende Bereitschaft des Pharao, das Volk Gottes freizulassen. Der
Pharao verkannte die Würde des Gottes der Hebräer (vgl. 2Mo 3,18; 5,3;
7,16; 9,1;10,3 ). Er wollte nicht anerkennen, daß es niemanden wie ihn
auf der ganzen Erde gibt. Obwohl Gott so gnädig war, seinen Zorn nicht
in voller Schärfe auszuführen ( 9,15 ), sollte diese Plage etwas von
seiner Macht zeigen. Er sagte, daß er den Pharao dazu erweckt habe
(vgl. Röm 9,17.22 ). Gott wollte seine Macht durch einen Hagelsturm von
ungeheuren Außmaßen beweisen, der keine historischen Vorläufer hatte
( 2Mo 9,18; vgl. V. 24 ). Aber in seiner Gnade wies Gott den Pharao an,
alles Vieh (vgl. den Kommentar zu V. 5-7 ) und alle Menschen in die
Ställe und Häuser zu bringen. Das ägyptische Vieh befand sich
normalerweise bis zum Einsetzen der Sommerhitze von Januar bis April auf
den Weiden.
2Mo 9,20-26.31-32
Einige Ägypter, die Moses Vorwarnung hörten, glaubten Gottes Wort durch
Mose und reagierten entsprechend (V. 20 ). Andere ließen Tiere und
Knechte auf dem Feld, obwohl sie schon mehrere Plagen miterlebt hatten
(V. 21 ). Ihre Herzen waren so verstockt, wie das des Pharao.
Der Herr brachte, wie angekündigt, Zerstörung über die Ägypter, jedoch
fiel der Hagel (mit Regen, V. 33-34 ) nicht auf die Israeliten im Land
Goschen (V. 26 ). Menschen und Tiere wurden durch den Hagel getötet, und
die Feldfrüchte zerstört. Der Ausdruck alles, was auf dem Feld
wuchs (V. 22.25 ) wird jedoch durch die Aussage in den
Versen 21-22 genauer beschrieben und eingeschränkt. »Alles« bezieht sich
auf die Feldfrüchte, die am Reifen waren, nämlich Flachs, der gebraucht
wurde, um Leinen herzustellen, und Gerste. Weizen und Korn (eine
minderwertige Weizenart) blieben unberührt. Flachs und Gerste blühen im
Januar und werden im März und April geerntet. Weizen und Korn reifen
etwa einen Monat später, im April, und werden im Juni und Juli geerntet
(vgl. die Übersicht »Der Kalender in Israel« zu 2Mo 12,1 ). Daraus ist
zu schließen, daß die Plage im Februar stattfand.
2Mo 9,27-30.33-35
Dieser furchteinflößende Beweis der Allmacht Gottes führte zu einer
scheinbaren Umkehr des Pharaos ( ich habe gesündigt , V. 27 ; vgl. 2Mo
10,16 ). Er erkannte an, daß Gott im Recht war, und war bereit, die
Israeliten freizulassen ( ich werde euch gehen lassen , V. 28 ). Mose
versprach, daß er Gott bitten wolle, die Plage zu beenden, obwohl er
wußte, daß die Umkehr des Pharao oberflächlich und selbstsüchtig war
(V. 30 ).
Da es in ganz Ägypten mörderischen Hagel regnete, stellt sich die Frage,
wie sich Mose so frei bewegen konnte. Die Plage betraf wohl wiederum nur
die Felder (vgl. V. 3 ) und zerstörte nur selektiv (Menschen, Tiere,
Bäume, Flachs und Gerste). Mose hatte mit seinem Urteil über den Pharao
Recht (V. 30 ), aber der wahre Gott war so gnädig, dem Unwetter ein Ende
zu bereiten. Der Pharao blieb jedoch rebellisch gegen ihn (V. 34-35 ).
h.8. Plage: Heuschrecken
( 10,1-20 )
Der Bericht über die achte Plage kann in vier Abschnitte eingeteilt
werden: Die Anweisungen an Mose (V. 1-6 ), das Gespräch mit dem Pharao
(V. 7-11 ), die Zerstörung durch die Heuschrecken (V. 12-15 ) und die
Demütigung und Verhärtung des Pharao (V. 16-20 ).
2Mo 10,1-6
Diese Plage offenbart einen weiteren Sinn der Gerichte. Sie sollten
nicht nur den Pharao demütigen und Israel Befreiung bringen, sondern
Israel auch die Macht Gottes beweisen, von der die Israeliten
ihren Kindern und Enkeln erzählen sollten. Aufgrund dieser Zeichen
konnte Israel wissen , daß Gott der Herr (Jahwe) ist.
Falls der Pharao sich weigern sollte, sich vor Gott zu demütigen , würde
Gott eine schreckliche Heuschreckeninvasion
schicken. Heuschrecken können, wenn sie zu Millionen fliegen,
Feldfrüchte hektarweise völlig vernichten (vgl. Joe 1,2-7; Am 7,1-3).
Sie fressen die Blätter und sogar die Baumrinde. Der größte Teil des
Nahrungsmittelbedarfs einer Stadt oder eines Volkes können dabei in
Minuten oder Stunden völlig vernichtet werden.
Was die letzte Plage übriggelassen hatte, nämlich Weizen und Korn ( 2Mo
9,32 ), Früchte ( 2Mo 10,15 ) und andere Feldpflanzen ( 2Mo 10,12-15 ),
sollte nun verschlungen werden. Wie die Frösche ( 2Mo 7,28-29 ) und die
Fliegen ( 2Mo 8,17.20 ) sollten die Heuschrecken in die Häuser der
Menschen eindringen. Wie der Hagel ( 2Mo 9,18 ) sollte es in der
Geschichte Ägyptens kein derartiges Vorbild dafür geben ( 2Mo 10,6; vgl.
V. 14 ).
2Mo 10,7-11
Eine wirtschaftliche Katastrophe von solchem Ausmaß brachte die
Hofbeamten des Pharao zu der Einsicht, daß das Zurückhalten der Sklaven
einen solchen Preis nicht wert war: Ägypten, so sagten sie, sei
ruiniert. Daraufhin beugte sich der Pharao der Hauptbitte Moses und
sagte: Geht (V. 8 ). Obwohl Mose nie gesagt hatte, daß er mit dem Volk
nicht zurückkehren werde, dachte sich der Pharao, daß das Volk für immer
verloren sein würde, wenn alle Familienmitglieder sowie Schafe und
Rinder mitzögen (V. 9 ). Das war in seinen Augen böse (V. 10 ). Deswegen
schlug er einen neuen Kompromiß vor (vgl. 2Mo 8,21.24 ): Ihr Männer,
zieht doch hin (V. 11 ). Mose und Aaron , die nicht bereit waren, auf
diesen Kompromiß einzugehen, wurden zum Hof hinausgeworfen ( gAraS ;
vgl. den Kommentar zu 2Mo 2,22 und 2Mo 6,1 ).
2Mo 10,12-15
Als Folge des Unglaubens und der Sturheit des Pharao ließ Gott Mose
seine Hand ausstrecken (vgl. 2Mo 9,22; 10,21 ), damit die
Heuschrecken kämen. Er streckte seinen Stab aus, worauf den ganzen Tag
ein Ostwind bließ. Manche meinen, daß mit 'Ostwind' ein Sturmwind
gemeint ist, weil der Wind normalerweise immer von Osten über Ägypten
bläst. Aber diese Auslegung wird dadurch widerlegt, daß Mose in
Vers 19 von einem Westwind spricht, der die Heuschrecken in das Rote
Meer (wörtlich: 'Meer des (Papyrus-) Schilfes' oder 'Schilfmeer' , vgl.
den Kommentar zu 2Mo 14,2 ) trug.
Die Vernichtung überstieg jegliche Vorstellung. Die Zahl der
Heuschrecken war so groß, daß der Boden schwarz war ( 2Mo 10,15 ). Ganz
Ägypten war betroffen. So war Ägypten seiner natürlichen Schönheit
beraubt, mit allen wirtschaftlichen, sozialen und theologischen
Konsequenzen. Nut, der ägyptische Himmelsgott, konnte diese Heuschrecken
ebensowenig kontrollieren, wie Osiris, der Gott der Fruchtbarkeit und
der Vegetation, die Zerstörung der Feldfrüchte nicht aufhalten konnte.
2Mo 10,16-20
Der Pharao tat wieder Buße über seine Sünde (vgl. 2Mo 9,27 ) und bat um
Befreiung, aber seine Handlungen offenbarten ein verstocktes Herz. Auf
Moses Fürbitte hin beendete Gott das Gericht, und der Pharao widerrief
wieder ehrfurchtslos sein Versprechen.
i.9. Plage: Finsternis
( 10,21-29 )
2Mo 10,21-23
Wie auch die dritte und sechste Plage kam die neunte Plage ohne
Vorwarnung. Als Mose seine Hand (vgl. 2Mo 9,22; 10,12-13 ) ausstreckte,
wurde das Land drei Tage lang von einer tiefen Finsternis bedeckt. Nur
im Land Goschen war Licht. Die genaue Ursache für die Finsternis ist
unbekannt, aber da das Land Goschen ausgespart wurde, kann es sich nicht
um eine Sonnenfinsternis gehandelt haben. Einige verstehen unter
der Finsternis, die man fühlen kann ( 2Mo 10,21 ) einen ungeheuren
Sandsturm, der mit seiner Finsternis und seiner Hitze die Menschen
zwingt, in den Häusern zu bleiben. Da das Land wegen des Hagels und der
Heuschrecken ohne Vegetation war, hätte ein Sandsturm, der
möglicherweise im März von Süden kam, eine ungeheure Kraft entfaltet.
Diese Plage richtete sich gegen einen der wichtigsten Götter Ägyptens,
den Sonnengott Re, den der Pharao repräsentierte. Re war für
Sonnenlicht, Wärme und Fruchtbarkeit zuständig. Andere Götter, wie
Horus, waren ebenfalls mit der Sonne verbunden. Auch Nut, der
Himmelsgott, wurde durch die Plage gedemütigt, genauso wie durch den
Hagel und die Heuschrecken.
2Mo 10,24-29
In seinem Unglück rief der Pharao Mose herbei und teilte ihm mit , daß
er bereit wäre, das Volk ziehen zu lassen, aber ohne ihre Schafe und
Rinder. Das war der vierte Kompromißversuch des Pharao (vgl. 2Mo
8,21.24;10,11 ). Die Tiere hätten, wenn sie zurückgeblieben wären,
Ägypten geholfen, seinen durch die fünfte und siebte Plage bedingten
Verlust an Tieren zu ersetzen. Aber Mose war nicht im geringsten
kompromißbereit ( keine Klaue darf zurückbleiben , V. 26 ). Er bestand
darauf, daß das Volk zum Opfer gerufen wurde und deshalb kein einziges
der Opfertiere zurücklassen würde.
Ärgerlich befahl der Pharao Mose, sich aus seiner Gegenwart zu
entfernen. Mose antwortete ruhig, daß er nie mehr zurückkehren und
ihm unter die Augen treten würde (V. 29 ). Dies scheint jedoch der
späteren Begegnung von Mose und Aaron mit dem Pharao zu widersprechen
( 2Mo 12,31 ). Man könnte es so erklären, daß Mose in Vers 29 meinte,
daß er wegen des Ärgers des Pharaos nie mehr in Gnade mit einem Wort
Gottes vor ihn treten würde. Mit anderen Worten, wenn Mose den Pharao
wiedersehen würde, dann nur, um ein unwiderrufliches Gericht zu
verkündigen oder auf des Pharaos Bitte hin, damit dieser Mose und den
Israeliten die Erlaubnis geben könnte, das Land zu verlassen.
j.10. Plage: Tod der Erstgeborenen
( 11,1-12,36 )
Nach den drei Zyklen von je drei Plagen war Ägypten ruiniert. Gott hatte
seine große Macht gezeigt, indem er die Ohnmacht der Götter Ägyptens
bewies. Indem er die mächtige Nation wirtschaftlich zerstörte, sähte er
Furcht in die Herzen der Bevölkerung. Er hatte die Ägypter so weit
gebracht, daß sie sehnsüchtig auf die Abwanderung der Israeliten
warteten, auch wenn der Pharao selbst noch gedemütigt werden mußte. Die
zehnte Plage würde großes Leid in jede ägyptische Familie mit Kindern
bringen und schließlich zur Befreiung des Volkes Gottes führen.
(1) Die Ankündigung der letzten Plage ( 2Mo 11 )
2Mo 11,1-3
Nach einer weiteren Plage, sagte Gott, würde der Pharao seine Sklaven
ohne irgendwelche Einschränkungen (vgl. dagegen 2Mo 8,21.24; 10,11.24 )
freilassen. Bis dahin hatte Mose nicht gewußt, wieviele Plagen über das
ägyptische Volk kommen sollten. Im Hinblick auf ihre baldige Befreiung
sollten die Israeliten Silber und Gold von den Ägyptern erbitten, die
ihnen wohl günstiger gesonnen waren als der Pharao (vgl. 2Mo 3,21-22;
12,35-36 ). Sogar Mose selbst war beim Volk und bei den Hofbeamten des
Pharaos hoch angesehen , wahrscheinlich wegen der Wunder, die sie
gesehen hatten. Dies kann eine Erklärung dafür sein, daß die Ägypter den
Israeliten einige ihrer wertvollsten Schmuckstücke gaben.
2Mo 11,4-8
Wie die dritte, sechste und neunte Plage kam auch die zehnte ohne
Vorwarnung an den Pharao und ohne jede Möglichkeit für ihn, vorher
umzukehren. Wahrscheinlich setzen diese Verse die Begegnung zwischen dem
Pharao und Mose in 2Mo 10,24-29 fort. Das Gericht wurde sehr detailiert
angekündigt: In jeder ägyptischen Familie würde der erstgeborene Sohn um
Mitternacht sterben , und zwar von den Ärmsten der Armen ( der
erstgeborene Sohn einer Sklavin ) bis zur königlichen Familie ( der
erstgeborene Sohn des Pharao ). Ein solches Wehgeschrei , wie über den
Verlust der Söhne, sollte noch nie dagewesen sein. - Der Erstgeborene
wurde in Ägypten besonders geehrt, und der Sohn des Pharaos als
Thronerbe sogar als Gott angesehen.
Warum wollte Gott einen solchen Schmerz über die Ägypter bringen? Gott
ist in seinem Handeln an den Menschen souverän. Das Aufblühen von
Völkern und das Gericht über sie hängt nicht davon ab, wen er leiden
kann und wen nicht. Gott möchte seinen Willen auf der Erde erfüllen.
Weil er allein heilig ist, hat er das Recht, Menschen zu gebrauchen und
beiseite zu stellen.
Alles, was Gott tut, ist gerecht, weil er Gott ist ( Ps 115,3 ).
Außerdem muß man sich vergegenwärtigen, daß die Ägypter Vielgötterei
betrieben und vielen Götzenbildern und falschen Göttern dienten. Wer
sich weigert, dem wahren Gott zu dienen, kommt unter sein Gericht
(vgl. Röm 1,18-23 ).
Die Göttin Isis, die Frau und Schwester von Osiris, sollte angeblich
Kinder beschützen.
Aber die Plage zeigte, daß sie völlig unfähig zu dem war, woran die
Ägypter glaubten.
Die Israeliten sollten durch diese große Plage niemanden verlieren. Um
Mitternacht würde noch nicht einmal ein Hund bellen (wörtl.: »kein Hund
wird seine Zunge schärfen«). Das heißt, daß kein Hund knurren oder
beißen würde, weil dem Volk Gottes nichts zuleide getan würde. Durch
diese besondere Behandlung der Hebräer sollte Ägypten erkennen, daß Gott
Israel erwählt hatte (vgl. 2Mo 8,18; 9,4 ). Deshalb sollten nun
die Beamten des Pharaos, die nach der achten Plage ihren König gedrängt
hatten, die Israeliten ziehen zu lassen (vgl. 2Mo 10,7 ), Mose direkt
bedrängen, mit seinem Volk fortzuziehen.
In verschiedenen Begegnungen hatte Mose dem Pharao die Befreiung des
Volkes als Möglichkeit, die Plagen loszuwerden, angeboten. Diesmal war
es anders. Die Plage würde kommen, dann würde der Pharao das Volk ziehen
lassen. Die grimmige Ankündigung durch Mose war endgültig. Er würde dem
Pharao nie wieder mit dem Angebot zur Umkehr gegenübertreten (vgl. den
Kommentar zu 2Mo 10,28-29 ). An den bisherigen Plagen waren Mose und
Aaron beteiligt, aber dieses letzte Gericht sollte allein das Werk
Gottes sein.
2Mo 11,9-10
Diese Verse fassen noch einmal den widerspenstigen Geist des Pharaos
zusammen. Gott hatte ja angekündigt, daß der Pharao sich weigern würde,
zu gehorchen (vgl. 2Mo 7,22 ). Diese Weigerung führte zu Gottes Wundern
in einem götzendienerischen Land und zur Verhärtung des Herzens des
Herrschers durch den Herrn (vgl. den Kommentar zu 2Mo 4,21 ).
(2) Die Feier des ersten Passafestes ( 2Mo 12,1-28 )
Anstatt sich auf die Begegnung zwischen Mose und dem Pharao zu
konzentrieren, schwenkt die Erzählung zu Mose und dem Volk Israel über.
Der Abschnitt besteht aus zwei Teilen: die Anweisungen des Herrn an Mose
bezüglich des Festes (V. 1-20 ) und die erste Feier des Festes
(V. 21-28 ).
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