a. Die Einleitung zu den Zehn Geboten
( 20,1-2 )
2Mo 20,1-2
Die Zehn Gebote (in 2Mo 34,28 wörtlich »Zehn Worte«), der Angelpunkt
aller religiösen und zivilen Gesetze Israels, bestehen aus zwei Teilen.
Die ersten vier Gebote betreffen die Beziehung der Israeliten zu Gott,
die anderen sechs behandeln die gesellschaftlichen Beziehungen innerhalb
der Bundesgemeinschaft. Vor der Verkündigung der 10 Klauseln sprach Gott
in der Einleitung von seiner einzigartigen Beziehung zu seinem Volk
( Ich bin der HERR, dein Gott , 2Mo 20,2 a), in dem historischen
Vorspann faßte er in Kürze das zusammen, was er für sie getan hatte
( habe dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft geführt , V. 2 b;
vgl. 2Mo 13,3.14; 5Mo 5,6; 6,12; 7,8; 8,14; 13,6.11 ). Jahrhunderte
zuvor hatte Gott Abraham aus Ur herausgeführt ( 1Mo 15,7 ); nun führte
er die Nachkommen Abrahams aus Ägypten heraus.
Die Zehn Gebote sind eine ausgezeichnete Zusammenfassung der 10
göttlichen Satzungen zur Leitung der Menschen. Die Grundsätze bestimmen
1. Religion, 2. Gottesdienst, 3. Verehrung, 4. Zeit, 5. Autorität, 6.
Leben, 7. Reinheit, 8. Besitz, 9. Reden und 10. Zufriedenheit.
b. Das erste Gebot
( 20,3 )
2Mo 20,3
Das erste der Zehn Gebote besagt, daß Israel den einen wahren Gott
anbeten sollte. Falsche Götter zu verehren bedeutete, neben Gott Rivalen
aufzustellen ( neben mir könnte bedeuten »mir zuwider« oder auch »in
meiner Gegenwart«) und so seine Einzigartigkeit nicht zu beachten (vgl.
V. 22-23 ). Leider gehorchte Israel diesem ersten Gebot häufig nicht und
verehrte die Götzen anderer Völker. Das führte schließlich dazu, daß das
Volk Israel nach Assyrien und Babylonien ins Exil gehen mußte.
c. Das zweite Gebot
( 20,4-6 )
2Mo 20,4-6
Die Verehrung Gottes sollte geistlich geschehen, nicht leiblich. Es war
Israel untersagt, Götzen anzubeten (V. 3 ) und auch, sich von Gott ein
Bildnis zu machen. Götze heißt pesel , »geschnitztes Holz oder
gemeißelter Stein«, von pAsal , »schnitzen, meißeln«. Später ( 2Mo
34,17 ) waren auch »gegossene Götzenbilder« aus geschmolzenem Metall
verboten. Weil Gott Geist ist, kann keine materielle Darstellung ihm
gerecht werden. Von Gott ein Bild zu machen, oder ein Bildnis von etwas
im Himmel (Sonne, Mond, Sterne) oder auf der Erde (Tiere) oder im Wasser
(Fische, Krokodile und anderes Leben im Meer) zum Zwecke der Anbetung
herzustellen, war untersagt, weil Gott ein eifersüchtiger Gott ist
(vgl. 2Mo 34,14; 5Mo 5,9;6,15; 32,16.21; Jos 24,19 ), das heißt, er ist
eifrig darauf bedacht, daß er allein verehrt wird. Seine Einzigartigkeit
( 2Mo 20,3 ) erfordert, daß er allein verehrt wird. Das Fehlen solcher
Verehrung ist Sünde und wirkt sich auf zukünftige Generationen aus.
Diejenigen, die dem Einfluß unterliegen, Gott zu hassen , werden von ihm
bestraft werden. Im Gegensatz dazu ist er treu (er zeigt HeseD ,
»treue Liebe« oder Bundesliebe) gegen jene, die ihn lieben und diese
Liebe durch ihren Gehorsam zeigen (vgl. 1Joh 5,3 ).
d. Das dritte Gebot
( 20,7 )
2Mo 20,7
Der Name Gottes sollte geehrt und geschützt werden. Die Israeliten
sollten Gottes Namen nicht für irgendeine nichtige, leichtfertige oder
unaufrichtige Absicht gebrauchen (so z.B. der Gebrauch seines Namens,
wenn sie einen Eid schwuren, ohne die Absicht zu haben, ihn zu
erfüllen, 3Mo 19,12 ). Man sollte seinen Namen nicht für eigennützige
oder böse Absichten gebrauchen (vgl. Ps 139,20; vgl. auch den Kommentar
zu 5Mo 5,11 ), um dadurch zu versuchen, sich seiner Autorität zu
bemächtigen.
e. Das vierte Gebot
( 20,8-11 )
2Mo 20,8-11
Jede Woche sollte ein Tag der ernsthaften Verehrung Gottes eingehalten
werden. Den Sabbat heilig zu halten bedeutet, den siebten Tag von den
anderen sechs als einen besonderen Tag dem Herrn abzusondern. Der Mensch
sollte sechs Tage arbeiten und am siebten Tag Gott verehren. Dies stand
in scharfem Gegensatz zu der Sklaverei der Israeliten in Ägypten, als
sie, wie man annehmen kann, keine Unterbrechung in ihrer täglichen
Routine hatten. Die Grundlage für dieses Gebot ist Gottes Schöpfung des
Universums in sechs Tagen und seine Ruhe am siebten Tag ( 1Mo 2,2-3; 2Mo
16,23 ). Es sollte kein Tag fauler Untätigkeit sein, sondern ein Tag des
geistlichen Dienstes durch die religiösen Feiern. Für den Fall der
Übertretung dieses Gebotes drohte Gott Israel die Todesstrafe an ( 2Mo
31,15; 4Mo 15,32-36 ). Im Zeitalter der Kirche wurde der Tag der
Verehrung Gottes von Samstag auf Sonntag verschoben, weil Jesus am
ersten Tag der Woche auferstanden ist (vgl. Apg 20,7; 1Kor 16,2; Offb
1,10 ).
f. Das fünfte Gebot
( 20,12 )
2Mo 20,12
Das fünfte bis zehnte Gebot, der zweite Teil des Gesetzes (V. 12-17 )
behandeln die Beziehungen der Menschen untereinander. Alle Gebote
schließen die negative Seite mit ein, ausgenommen das vierte (das letzte
in der ersten Gruppe) und das fünfte Gebot (das erste in der zweiten
Gruppe). Das fünfte Gebot befiehlt die Hochachtung ( Ehre ) der Eltern.
Das schließt Gehorsam und Ergebenheit ein (vgl. Eph 6,1-2 ). Die
Verheißung eines langen Lebens, die zu dem Gebot gehört, bezieht sich
eher auf die Dauer eines Volkes in der Bundesbeziehung mit Gott ( in dem
Land, das der HERR, dein Gott, dir geben wird ), als auf eine
verlängerte Lebensspanne für jeden einzelnen, der gehorsam ist. Seine
Eltern zu verfluchen, was der völligen Ablehnung ihrer Autorität
gleichkam, war ein schweres Verbrechen ( 2Mo 21,17; 3Mo 20,9; Spr
20,20 ).
g. Das sechste Gebot
( 20,13 )
2Mo 20,13
Um die Gesellschaft zu bewahren und weil der Mensch als Gottes Ebenbild
geschaffen ist ( 1Mo 9,6 ), wurde den Israeliten befohlen, keinem
anderen Menschen durch Mord das Leben zu nehmen ( rAQaH , »töten,
ermorden«).
h. Das siebte Gebot
( 20,14 )
2Mo 20,14
Dieses Gebot ist auf den Schutz der Heiligkeit der Familie ausgerichtet
( Hebr 13,4; vgl. den Kommentar zu 1Mo 2,24; Mt 19,1-12 ), den
grundlegenden Baustein der Gesellschaft. Das Ehegelübde ist eine heilige
Verpflichtung, die unter keinen Umständen durch sexuelle Untreue
verletzt werden darf. Ehebruch ( nA?aP ) bezieht sich auf Untreue
entweder seitens des Mannes oder der Frau ( 3Mo 20,10 ).
i. Das achte Gebot
( 20,15 )
2Mo 20,15
Dieses Gebot wurde gegeben, um die Achtung vor dem Besitz anderer
Menschen zu unterstützen. Auch das ist ein wichtiges Element in einer
stabilen Gesellschaft und steht in enger Beziehung zum zehnten Gebot.
j. Das neunte Gebot
( 20,16 )
2Mo 20,16
Dieses Gebot betrifft das falsche Zeugnis gegen einen anderen, das
diesen einer ungerechtfertigten Anklage aussetzen würde. Das Halten
dieses Gesetzes verhilft dazu, eine Gesellschaft zu stabilisieren, indem
der Ruf des einzelnen geschützt wird.
k. Das zehnte Gebot
( 20,17 )
2Mo 20,17
Dies ist eine allgemeine Schutzvorrichtung gegen viele andere Sünden,
insbesondere derer des sechsten bis neunten Gebotes. Die Israeliten
sollten sich nicht nach dem sehnen, nicht das ernsthaft begehren und
nicht nach dem gierig sein, was anderen rechtmäßig gehörte.
Diese Gebote sind die grundlegenden Darlegungen einer guten und gesunden
Gesellschaft, so wie sie von dem heiligen und gerechten Gott angeordnet
wurden. Obwohl die Gläubigen nicht unter dem Gesetz sind ( Röm 6,15 ),
sind sie doch verpflichtet, den heiligen Maßstäben treu zu bleiben, die
in den Zehn Geboten dargestellt werden. Neun der Zehn Gebote werden im
Neuen Testament wiederholt, welches Festsetzungen neu hinzufügt, die
höher liegen, als die in 2Mo 20,3-17 beschriebenen. Das eine Gebot,
welches nicht wiederholt wird, ist das Sabbatgebot; dennoch sollte der
erste Tag der Woche zur Verehrung Gottes als Erinnerung an die
Auferstehung des Retters abgesondert werden.
l. Die Erwiderung des Volkes
( 20,18-21 )
2Mo 20,18-21
Die Antwort des Volkes, das vor dem Berg versammelt war, zeigte seine
Angst und Ehrfurcht (vgl. 2Mo 19,16 ). Als sie die große Macht und
Majestät Gottes erkannten, wollten sie ihn durch Mose hören - nicht ihn
unmittelbar -, damit sie Gott nicht vernichtete. Mose versicherte ihm,
daß es die Absicht dieser Vorführung der Macht Gottes und seiner
Heiligkeit sei, die Reaktion des Volkes auf ihn zu prüfen . Furcht vor
Gott würde dazu verhelfen, seinen Ungehorsam zu zügeln. Es ist tragisch,
daß Israel diese Furcht Gottes schon bald verlor ( 2Mo 32 ) - ein
häufiges Thema in seiner Geschichte.
Das zweite Buch Mose
3. Das Buch des Bundes
( 20,22-24,11 )
Gott wandte die Zehn Gebote an und führte sie in ihrer zivilen und
religiösen Bedeutung für das Volk weiter aus. Dieser Abschnitt wird auf
der Grundlage des Ausdrucks in 2Mo 24,7 »das Buch des Bundes« genannt.
a. Gesetze zum Gottesdienst
( 20,22-26 )
2Mo 20,22-26
Gott gab dem Volk Bestimmungen über ihre Verehrung des wahren Gottes und
der Errichtung eines Altars . Er war vom Himmel auf den Berg Sinai
herabgekommen ( 2Mo 19,20 ), um die Zehn Gebote zu übermitteln. Nun
( 2Mo 20,22-23,19 ) führte er viele dieser Zehn Gebote weiter aus. Das
Gebot, nur Gott und keine anderen Gottheiten zu verehren ( 2Mo 20,23 )
und die Warnung davor, geschnitzte oder geschmolzene Götzenbilder von
Silber oder Gold zu machen, betont noch einmal das erste und zweite
Gebot (V. 3-4 ).
Das Volk sollte auf einem Altar Brandopfer und Dankopfer darbringen, die
die Verehrung des Namens Gottes und die Segnung Israels zur Folge haben
sollten. Der Bezug auf einen einzelnen Altar macht deutlich, daß es
Gottes Absicht war, daß die Verehrung sich an einem Ort konzentrieren
sollte. Der Altar sollte schmucklos, ohne Kunstfertigkeiten sein. Er
sollte aus Erde (d.h. aus natürlichen Steinen; vgl. 5Mo 27,5-7 ) und
ohne Stufen sein, so daß die Priester nicht unanständig entblößt werden
konnten. Altäre mit reichhaltiger künstlerischer Gestaltung und erhöhten
Plattformen mit Treppen waren für die Verehrung falscher Gottheiten
üblich.
b. Gesetze über die Behandlung der Sklaven
( 21,1-11 )
2Mo 21,1-6
Der Gegenstand der Verse 1-11 sind Regelungen, die die Rechte der
männlichen (V. 1-6 ) und weiblichen (V. 7-11 ) hebräischen Sklaven
bestimmten. Unter den Israeliten konnte man sich selbst und seine Frau
wegen Armut oder Schulden in die Sklaverei verkaufen ( 3Mo 25,39; 5Mo
15,12; 2Kö 4,1; Neh 5,5 ), aber die Knechtschaft mußte auf sechs
Jahre begrenzt werden ( 2Mo 21,2 ). So war es also ein durch Vertrag
geregelter Dienst. Darüber hinaus war ein Herr dazu verpflichtet, für
seinen Sklaven bei seiner Freilassung zu sorgen ( 5Mo 15,13-14 ). Wenn
ein männlicher Sklave in fortdauernder Knechtschaft bleiben wollte,
sollte sein Wunsch von den Richtern rechtswirksam gemacht werden, dann
sollte eines seiner Ohren mit einem Pfriem durchbohrt werden, um seinen
freiwilligen Dienst zu symbolisieren. Eine Sklavin konnte dasselbe tun
( 5Mo 15,17 ).
2Mo 21,7-11
Sklavinnen wurden unterschiedlich behandelt. Häufig waren Sklavinnen
Konkubinen oder Nebenfrauen (vgl. 1Mo 16,3; 22,24; 30,3.9; 36,12; Ri
8,31; 9,18 ). Mancher hebräische Vater hielt es für seine Töchter für
vorteilhafter, Konkubinen bei einem wohlhabenden Nachbarn, als Ehefrau
eines Mannes ihrer eigenen gesellschaftlichen Schicht zu werden. Wenn
eine Tochter , die zur Sklavin wurde, ihrem Herrn nicht gefiel, sollte
sie von einem nahen Verwandten losgekauft (vgl. 3Mo 25,47-54 ), aber
niemals an einen Fremden verkauft werden ( 2Mo 21,8 ). Sie konnte sich
auch selbst loskaufen. Wenn sie den Sohn ihres Herrn heiratete, mußte
ihr die Familienzugehörigkeit eingeräumt werden (V. 9 ). Wenn der Herr
eine andere heiratete, wurde von ihm verlangt, daß er seine Sklavin mit
drei lebenswichtigen Dingen ausstattete: Nahrung, Kleidung und Zuflucht
( eheliche Rechte bedeutete möglicherweise Unterkunft, keine sexuellen
Vorrechte).
c. Gesetze über Kapitalverbrechen
( 21,12-17 )
2Mo 21,12-17
Diese Verse zählen vier Verbrechen auf, welche die Todesstrafe
erforderlich machten: Vorsätzlicher Mord (V. 12.14 ; vgl. das sechste
Gebot in 2Mo 20,13 und 1Mo 9,6 ); körperliche Gewalt gegen die Eltern
( 2Mo 21,15; vgl. das fünfte Gebot in 2Mo 20,12; vgl. 3Mo 20,9 );
Menschenraub (V. 16 ; vgl. 5Mo 24,7 ). Es wurde berücksichtigt, wenn der
Tod unbeabsichtigt eintrat ( 2Mo 21,13 ). Ein Schuldiger konnte in eine
der sechs Freistädte fliehen, nachdem Israel im Land war ( 4Mo 35,6-34;
5Mo 19,1-13; Jos 20 ). Wegen der Bedeutung des Hauses wurde seine
Heiligkeit bewahrt, die Eltern geschützt und die Kinder in Schranken
gehalten; Rebellion wurde wie Mord behandelt.
d. Gesetze über Körperverletzung
( 21,18-27 )
Es werden hier Verordnungen über verschiedene zivile Übertretungen
gegeben, die für die Verhängung der Todesstrafe nicht ernst genug waren.
2Mo 21,18-19
In einem Streit sollte die verletzte Partei, egal, ob die Verletzung
vorsätzlich geschah oder unabsichtlich, Schadenersatz für den Verlust an
Arbeitszeit (während er draußen an seinem Stab herumgeht ) und für
Ausgaben, die die Heilung betrafen, erhalten.
2Mo 21,20-21
Sklaven sollten von ihren Herren nicht grausam behandelt werden, obwohl
sie als Besitz betrachtet wurden. Wenn ein Herr seinen Sklaven schlug
und der Sklave starb , sollte der Herr bestraft werden (wahrscheinlich
aber nicht mit dem Tod). Wie auch immer, wenn der Sklave bald wieder
genas, sollte keine Strafe verhängt werden (denn offensichtlich war
keine Tötung beabsichtigt); der Verlust der Arbeitskraft des Sklaven war
der Verlust des Herrn.
2Mo 21,22-25
Wenn eine schwangere Frau ihr Kind infolge eines Stoßes vorzeitig zur
Welt brachte, aber beide sonst unverletzt blieben, so sollte der
schuldige Teil die Entschädigung bezahlen, die der Ehemann der Frau und
das Gericht festlegten. Aber wenn bei der schwangeren Frau oder ihrem
Kind eine Verletzung entstanden war, dann sollte der Angreifer im
Verhältnis zur Art der Verletzung bestraft werden. Während der
unbeabsichtigte Totschlag normalerweise kein Kapitalverbrechen war (vgl.
V. 12-13 ), so ist er es hier eindeutig. Der ungeborene Fötus wird in
dieser Passage als menschliches Wesen so wie seine Mutter betrachtet;
die so herbeigeführte Fehlgeburt eines Fötusses wurde als Mord
betrachtet. Der Verlust eines Körperteils beim Menschen durch Verletzung
sollte durch einen gleichwertigen Verlust beim Übeltäter bestraft werden
(V. 24-25 ). Dies ist das Gesetz der Vergeltung (vgl. 3Mo 24,19-20; 5Mo
19,21 ). Dieses Gesetz war dazu bestimmt, die Durchführung der
Bestrafung auf das gerechte Maß zu beschränken und wurde nur bei Mord
wörtlich angewandt, sonst aber durch eine entsprechende Zahlung ersetzt.
2Mo 21,26-27
Das Gesetz der Vergeltung wurde jedoch nicht auf einen Herrn angewandt,
der seinen Sklaven verletzte. Jede auf Dauer zurückbleibende
Verstümmelung eines Sklaven hatte seine gesetzmäßige Freilassung zur
Folge (der Herr mußte seinen Sklaven freilassen ).
e. Gesetze über strafbare Unterlassungen
( 21,28-36 )
2Mo 21,28-36
Hier werden Verordnungen für Fälle gegeben, in denen durch
Fahrlässigkeit Verletzungen entstanden. Zuerst gab Gott Verordnungen,
die durch Tiere zugefügte Verletzungen (V. 28-32 ) betrafen. Wenn ein
Rind jemanden zu Tode stieß, sollte das Tier getötet werden. Wenn aber
das Tier auch sonst Menschen heftig angriff und der Besitzer tat nichts,
um das zu verhindern, und ein Mensch wurde getötet, sollte der Besitzer
(so wie auch das Rind) getötet werden. Er konnte die Todesstrafe
umgehen, wenn er finanziell für den Schaden aufkommen konnte, der von
den Verwandten des Toten gefordert wurde. Wenn ein Sklave von einem Rind
getötet worden war, sollte der Besitzer des Tieres den Besitzer des
Sklaven durch die Zahlung von 30 Schekeln Silber (vgl. Mt 26,14-15 )
entschädigen, offensichtlich der Preis des Sklaven.
Im Falle des Verlustes eines Tieres, der auf Fahrlässigkeit zurückging
(z.B., indem man eine Grube nicht abdeckte - vielleicht um Regenwasser
zu sammeln - und so nicht verhinderte, daß ein Tier in die Grube
stürzte), wurde von der schuldigen Partei gefordert, vollen Ersatz für
den Verlust des Tieres zu leisten ( 2Mo 21,33-34 ). Diese Verordnung war
wichtig, weil Tiere einen wesentlichen Besitz der Israeliten ausmachten.
Wenn ein Rind das Rind eines anderen tötete,
sollte der Verlust zu gleichen Teilen zwischen den Besitzern
ausgeglichen werden, das lebende Rind sollte verkauft und das Geld
geteilt werden (V. 35 ). Wenn ein Mann aber vorsätzlich unterließ, sein
stoßendes Rind einzusperren, sollte er für das tote Rind bezahlen
2. Mose 21,28–36 geht es um Gesetze zur Verantwortung von Besitzern für
ihre Ochsen,
insbesondere wenn ein Ochse durch sein Verhalten
Schaden anrichtet.
Verantwortung für gefährliche Tiere (Verse 28–32):
-
Wenn ein Ochse einen Menschen zu Tode stösst, soll der
Ochse gesteinigt werden, und sein Fleisch darf nicht
gegessen werden (symbolische Reinigung/Sühne).
Der Ochse als reines Tier sollte primär für Gott sein.
Da er in der gefallenen Natur auch ein Bild aiuf Israel ist,
sehen wir am Bild des bösen Ochsen auch das entsprechene Gericht
über ihn wie über prophetisch angewenden auf Israel.
-
Besitzerhaftung:
(Verantwortung!) War der
Ochse bereits zuvor als gefährlich bekannt ("wenn er
stößig war"), und der Besitzer hat ihn nicht bewacht,
wird nicht nur der Ochse getötet, sondern auch der
Besitzer kann mit dem Tod bestraft werden (sofern das
Opfer ein freier Mensch war).
-
Bei einem Sklaven/Sklavin als Opfer muss der Besitzer
dem Eigentümer Entschädigung zahlen (30 Silberstücke),
was die damalige soziale Hierarchie widerspiegelt, aber
dennoch Verantwortung einfordert.
Schadensersatz bei Tierverletzungen (Verse 33–36):
-
Wenn ein Ochse in eine Grube fällt, die jemand offen
gelassen hat, haftet der Verursacher.
-
Wenn Ochsen einander verletzen oder töten, regeln die
Besitzer den Schaden gemeinsam (z. B. durch Verkauf des
lebenden Ochsen und Teilung des Geldes oder Ersatz des
toten Tieres).
Bedeutung und Prinzipien:
in der ganzen Beschreibung von 2. Mose 21 sehen wir das
Verhältnis von Gnade (Knechte unter Gnade 21.1- 6 und der
Verantwortung unter Gesetz
Verantwortung und
Vorhersehbarkeit:
Die Gesetze betonen, dass Besitzer für ihre Tiere verantwortlich sind,
besonders wenn sie deren Gefährlichkeit kannten. Dies unterstreicht den
Grundsatz der Sorgfaltspflicht.
DIe Verletzung der Sorgfalts Pflichten gegenüber Witwen und Weisen war
ein Grund warum Israel in die Zerstreuung wegeführt wurde.
Gerechtigkeit und Wiedergutmachung:
Der Fokus liegt auf Ausgleich von Schäden (z. B. Entschädigung) statt
blosser Rache.
SIhe dazu auch das 7. Gleichnis von Königreich der Himmel
https://www.youtube.com/watch?v=VthuU_yhAEI
https://www.youtube.com/watch?v=6UMUjOQAYdE
https://www.youtube.com/watch?v=O4iu7vppFx4
Rat:
hören und persönlich schriftlich zusammenfassen:
Wert des Lebens:
Selbst bei Tieren wird ein Ritual (Steinigung des Ochsen) durchgeführt,
um die Heiligkeit des menschlichen Lebens zu betonen.
Kultureller Kontext:
Die Unterscheidung zwischen Sklaven und Freien spiegelt die damalige
Gesellschaftsordnung wider, zeigt aber auch, dass selbst "niedrigere"
soziale Gruppen Schutz erhielten.
Lehre:Gott etabliert in diesen Gesetzen eine gerechte
Ordnung, die das Zusammenleben regelt.
Sie zeigen, dass
Gott nicht nur "religiöse" Pflichten, sondern auch ethisches
Handeln im Alltag fordert
– besonders den
Schutz der Schwachen und die Verantwortung für das eigene
Eigentum.
Zu: Ochse und Jesaja Kapitel 1
Jesaja 1,3:
Der Ochse als Kontrast zur Untreue Israels
-
1,1 Das Gesicht Jesajas, des Sohnes Amoz’, welches er über Juda
und Jerusalem geschaut hat in den Tagen Ussijas, Jothams, Ahas’,
Jehiskias, der Könige von Juda.2 Höret, ihr Himmel, und horche auf, du Erde! Denn Jehova hat
geredet: Ich habe Kinder großgezogen und auferzogen, und sie
sind von mir abgefallen.3 Ein Ochse kennt seinen Besitzer, und ein Esel die Krippe
seines Herrn; Israel hat keine Erkenntnis, mein Volk hat kein
Verständnis.4 Wehe der sündigen Nation, dem Volke, belastet mit
Ungerechtigkeit, dem Samen der Übeltäter, den verderbt
handelnden Kindern! Sie haben Jehova verlassen,
haben den
Heiligen Israels verschmäht, sind rückwärts gewichen.5 Warum solltet ihr weiter geschlagen werden, da ihr nur den
Abfall mehren würdet? Das ganze Haupt ist krank, und das ganze
Herz ist siech.6 Von der Fußsohle bis zum Haupte ist nichts Gesundes an ihm:
Wunden und Strieme (Einzahl!)
und frische Schläge; sie sind nicht ausgedrückt und nicht
verbunden, und nicht erweicht worden mit Öl.7 Euer Land ist eine Wüste, eure Städte sind mit Feuer
verbrannt; eure Flur Fremde verzehren sie vor euren Augen; und
eine Wüste ist es, gleich einer Umkehrung durch Fremde.
-
Bedeutung:
2. Jesaja 1,11–17: Ochsen und Opfer als Symbol leeren
Rituals
-
Text:
Gott lehnt die Opfer Israels ab: „Wozu dient
mir die Menge eurer Schlachtopfer?
11 Wozu soll mir die Menge eurer Schlachtopfer? spricht Jehova;
ich bin satt der Brandopfer von Widdern und des Fettes der
Mastkälber, und am Blute von Farren und Lämmern und jungen
Böcken habe ich kein Gefallen.12 Wenn ihr kommet, um vor meinem Angesicht zu erscheinen, wer
hat dieses von eurer Hand gefordert, meine Vorhöfe zu zertreten?13 Bringet keine eitle Opfergabe mehr! Räucherwerk ist mir ein
Greuel. Neumond und Sabbath, das Berufen von Versammlungen:
Frevel und Festversammlung mag ich nicht.14 Eure Neumonde und eure Festzeiten haßt meine Seele; sie sind
mir zur Last geworden, ich bin des Tragens müde.15 Und wenn ihr eure Hände ausbreitet, verhülle ich meine Augen
vor euch; selbst wenn ihr des Betens viel machet, höre ich
nicht: eure Hände sind voll Blutes.16 Waschet euch, reiniget euch; schaffet die Schlechtigkeit
eurer Handlungen mir aus den Augen, lasset ab vom Übeltun!17 Lernet Gutes tun, trachtet nach Recht, leitet den Bedrückten;
schaffet Recht der Waise, führet der Witwe Sache!
-
Bedeutung:
-
Der Ochse (als Opfertier) steht hier für eine leere
Religiosität, bei der äusserliche Rituale
(Opfergesetze in 3. Mose) missbraucht werden, um
Ungerechtigkeit zu verdecken.
-
Prophetische Botschaft:
Gott
verlangt keine Opfer, sondern Gerechtigkeit,
Barmherzigkeit und Hingabe des Herzens (V.
17).
Dies weist auf eine tiefere geistliche Erneuerung hin,
die später in Jesaja 53 durch das „Lamm Gottes“ erfüllt
wird.
Lehrbedeutung:
-
Kontrast zwischen Tier und Mensch:
Der Ochse in Jesaja 1 dient als Spiegel für
Israels Versagen. Selbst Tiere handeln „weise“,
während
Gottes Volk in Rebellion lebt (vgl. Jeremia 8,7).
-
Vorbereitung auf das messianische Opfer:
Die Ablehnung der Ochsenopfer in Jesaja 1 deutet prophetisch auf
das Kommen Christi hin, der das wahre und
endgültige Opfer wird
(Hebräer 10,4–10).
Die Tieropfer des Alten Bundes verlieren ihre Bedeutung
angesichts der Sünde des Volkes.
ZusammenfassungDer Ochse in Jesaja 1 hat keine eigenständige prophetische Rolle,
sondern dient als Symbol für
-
die natürliche Erkenntnis (die
Israel fehlt),
-
die Heuchelei religiöser Praktiken und
-
die Notwendigkeit einer radikalen
Herzensumkehr.
Die Prophetie Jesajas zielt darauf ab, das Volk zur Rückkehr zu
Gottes Gerechtigkeit zu bewegen
– ein Thema,
das im Neuen Bund durch
Jesus Christus erfüllt wird. f. Gesetze über den Diebstahl( 21,37-22,3 ) 2Mo 21,37-22,3 Diese Verordnungen drehten sich um den Diebstahl von Tieren. Die Verse
entwickeln sich aus dem achten Gebot ( 2Mo 20,15 ). Wenn jemand
gestohlen und dann das Rind oder Schaf desjenigen getötet oder verkauft
hatte, mußte er für den Verlust aufkommen ( zurückzahlen , SAlEm , »eine
gesetzmäßige Verpflichtung zurückerstatten«; vgl. 2Kö 4,7; Joe 2,25 ),
indem er als Strafe dieselbe Tierart zurückgab. Aber für den Verlust
eines Rindes sollten fünf Rinder bezahlt werden und vier Schafe für den
Verlust eines Schafes. Ohne Zweifel schreckte diese schwere
Entschädigung wirksam vom Diebstahl der Tiere ab. Wenn das gestohlene
Tier jedoch noch lebte, war die Entschädigung geringer, aber noch immer
recht teuer ( 2Mo 22,3 ).Wenn ein Dieb in der Nacht stahl und von dem Besitzer des Hauses getötet
wurde, war der Angeklagte nicht des Mordes schuldig, dies war er nur,
wenn der Dieb zur Tageszeit getötet wurde. (Anscheinend konnte der Dieb
am Tag gesehen werden, und man konnte leichter Hilfe bekommen.) Das
mosaische Gesetzbuch trachtete danach, menschliches Leben zu schützen,
auch das von Verbrechern. Der Dieb sollte entweder für das Verbrechen
mit seinem eigenen materiellen Besitz Entschädigung leisten oder in die
Sklaverei verkauft werden.
g. Gesetze über die Zerstörung von Eigentum
( 22,4-5 )
2Mo 22,4-5
Wenn die Weiderechte eines Bauern von den Herden eines anderen Mannes
verletzt wurden oder wenn ein Feuer die Ernte eines anderen zerstörte,
so sollte der Übeltäter von seinen eigenen Feldern Ersatz
leisten. Dornbüsche brannten häufig sehr leicht und trugen so dazu
dabei, daß die Feuer der Felder sich schnell ausbreiteten. Das mosaische
Gesetzbuch bejahte energisch das Recht auf Leben und Besitz.
h. Gesetze über sichere Aufbewahrung
( 22,6-12 )
2Mo 22,6-12
Im Alten Orient gab es keine Banken, so daß persönlicher Besitz
bisweilen einem Nachbarn zur Aufbewahrung übergeben wurde. Derjenige,
der die Wertgegenstände eines anderen ( Güter , Kleidung oder Tiere) zur
Aufbewahrung erhielt, war für sie verantwortlich. Wenn persönliche
Wertgegenstände verloren und kein Dieb gefunden wurde, mußte derjenige,
der die Güter aufbewahrt hatte, vor den Richtern beweisen, daß er sie
nicht gestohlen hatte. Andernfalls mußte er Schadenersatz leisten, indem
er das Doppelte bezahlte (V. 6-8 ). Wenn ein Tier bei der Verwahrung
verletzt wurde oder verloren ging, mußte derjenige, der auf das Tier
aufgepaßt hatte, den Beweis liefern, daß er nicht unachtsam gewesen war.
Andernfalls mußte er für den Verlust bezahlen (V. 9-12 ).
i. Gesetze über das Entleihen
( 22,13-14 )
2Mo 22,13-14
Wenn ein Tier entliehen wurde, war der Entleiher für seine sichere
Verwahrung verantwortlich. Wenn der Besitzer nicht anwesend war, wenn
das Tier verletzt wurde oder starb, mußte der Entleiher für den Verlust
bezahlen. Aber wenn der Besitzer dabei war, so war der Entleiher nicht
schuldig. Wenn ein Tier verliehen wurde und es sich verletzte, so war
das Mietgeld auf die Entschädigung für den Besitzer anzurechnen.
j. Gesetze über sexuelle Verführung
( 22,15-16 )
2Mo 22,15-16
Diese Gesetze führen das siebte Gebot ( 2Mo 20,14 ) aus. Unverheiratete,
unverlobte Töchter wurden in Israel als Eigentum ihrer Familie
betrachtet. Es war also folgerichtig, daß der Verlust der
Jungfräulichkeit der Tochter ihren Wert herabsetzte. Daher gebührte dem
Vater eine Entschädigung. Die Verführung eines Mädchens, das verlobt
war, hatte die Steinigung beider Parteien zur Folge ( 5Mo 22,23-24 ).
Wenn eine nicht verlobte Jungfrau sich der Verführung ergab, sollte der
Mann den Brautpreis bezahlen und sie heiraten. Im Normalfall bezahlte
man den Eltern des Mädchens zur Zeit der Verlobung eine gewisse Summe,
die den Verlobungsvertrag gültig machte (vgl. 1Mo 34,12; 1Sam 18,25 ).
Wenn ihr Vater nicht wollte, daß seine Tochter den Mann heiratete, war
der Mann trotzdem verpflichtet, das Brautgeld zu bezahlen.
k. Gesetze über den Götzendienst
( 22,17-19 )
2Mo 22,17-19
Die drei in diesen Versen erwähnten Sünden verdienten die Todesstrafe.
Sie nahmen den Kampf Israels gegen die Verehrung der Götzen vorweg. Die
erste Sünde drehte sich um Frauen, die Zauberei praktizierten (indem sie
die Zukunft vorhersagten oder andere durch dämonische Mächte
überwachten; vgl. den Kommentar zu 5Mo 18,9-12 und zu Dan 2,2 ); die
zweite Sünde war die Sodomie (vgl. 3Mo 20,16; 5Mo 27,21 ), die in der
kanaanitischen Baalverehrung markant hervorstach (vgl. 3Mo 18,23-24 );
die dritte dreht sich um das Opfern für irgendeinen anderen als den
wahren einen, den Herrn (vgl. 3Mo 20,3-5 ).
l. Gesetze über die Fürsorge am Bedürftigen
( 22,20-26 )
2Mo 22,20-26
Es wurden verschiedene Gesetze zum Schutz der Schlechtergestellten mit
aufgenommen, weil Gott für sie sorgte: ( ich bin voll Mitleid , V. 26 ).
Fremde sollten wohlwollend behandelt werden, weil die Israeliten
selbst Fremdlinge in Ägypten gewesen waren (V. 20 ; vgl. 2Mo 23,9 ). Sie
sollten auch die Menschen ohne Väter oder Ehemänner nicht ausnutzen,
weil sie bereits ohne Schutz dastanden ( 2Mo 22,21-23 ). Ihre schlechte
Behandlung ließ Gottes Zorn aufsteigen, und die schuldigen Parteien
verloren das Leben.
Für Witwen und Waisen sollte während der Ernte Getreide auf den Feldern
gelassen werden ( 5Mo 24,19-21 ), einschließlich der Ränder der Felder
( 3Mo 19,9-10 ). Den Helfern sollte bei Festlichkeiten besondere
Gastfreundlichkeit zuteil werden ( 5Mo 16,11-14 ), sie sollten jedes
dritte Jahr einen besonderen Zehnten erhalten ( 5Mo 14,28-29 ), und es
sollte ihnen gestattet sein, während des Sabbatjahres ihre Feldfrüchte
auf den Feldern der anderen anzubauen ( 2Mo 23,11 ).
Israeliten in Not sollten zinsfreie Kredite gewährt werden ( 2Mo
22,24-26; vgl. 3Mo 25,35-38; 5Mo 15,7-11; 23,19-20 ). Wenn ein Armer
einen Kredit erhielt, wurde von ihm ein Besitzstück von Wert,
normalerweise ein Mantel , dem Kreditgeber als Pfand für die
Zurückzahlung übergeben. Aber sein Mantel sollte ihm zum
Sonnenuntergang zurückgegeben werden, um ihm in der Nacht Behaglichkeit
zuzusichern (vgl. 5Mo 24,10-13; Hi 22,6 ).
m. Gesetze über die Ehrfurcht vor Gott
( 22,27-30 )
2Mo 22,27-30
In den vorhergehenden Versen 20-26 wurden die Bedürfnisse der Menschen
der unteren sozialen Schicht erörtert. Dieser Abschnitt (V. 27-30 )
behandelt die Verordnungen für die Menschen der oberen Schichten. Weder
dem Namen Gottes, des obersten Herrschers, noch dem Namen der Obrigkeit
sollte geflucht werden. Israel sollte sich immer daran erinnern, daß der
Erstgeborene ihrer Söhne und Tiere Gott gehörte (vgl. 2Mo 13,2.12 ). Die
Söhne sollten im Alter von acht Tagen Gott geweiht, und dabei ein
Lösegeld bezahlt werden ( 2Mo 13,13 ). Das Erstgeborene der Rinder und
Schafe sollte geopfert werden.
Tiere, die von fleischfressenden Bestien getötet wurden, sollten von
Israel nicht verzehrt werden, weil das Blut nicht aus dem Tier
ausgeflossen war und sie dadurch, zwar nur auf indirektem Wege, mit der
unreinen Bestie, die das Tier getötet hatte, in Kontakt kamen. Israels
inwendige Heiligkeit sollte mit ihrer physischen Abtrennung von jeder
Form der Unreinheit einhergehen.
n. Gesetze über die Gerechtigkeit vor Gericht
( 23,1-9 )
2Mo 23,1-9
Diese Ermahnungen, die das neunte Gebot ( 2Mo 20,16 ) entwickelten,
drehten sich um die Notwendigkeit unparteiischer Gerechtigkeit bei einem
Gerichtsverfahren. Die Israeliten sollten in Gerichtsangelegenheiten ein
wahres Zeugnis ablegen. Sie sollten die Gerechtigkeit nicht dadurch
verkehren, daß sie von der Menge oder sogar von der Begünstigung des
Armen beeinflußt wurden. Die Worte Feind ( 2Mo 23,4 )
und Widersacher (V. 5 ) bedeuten möglicherweise »Gegner im Gericht«; ein
Israelit sollte sogar zu den Tieren desjenigen freundlich sein, mit dem
er im gerichtlichen Streit lag. Dem Armen die Gerechtigkeit aufgrund
seiner gesellschaftlichen Stellung zu versagen (V. 6 ; vgl. V. 3 ), vor
Gericht falsches Zeugnis zu geben, das zum Tod eines Unschuldigen führte
(V. 7 ), ein Bestechungsgeschenk anzunehmen (d.h. eine Bezahlung für
eine Bevorzugung vor Gericht, V. 8 ; vgl. 5Mo 16,19;- das war im Nahen
Osten ein übliches Problem), und den Fremdling zu unterdrücken (vgl. 2Mo
22,20; vielleicht bezieht sich 2Mo 23,9 auf Fälle vor Gericht), war
verboten.
o. Gesetze über den Sabbat
( 23,10-13 )
2Mo 23,10-13
Darauf gab der Herr Israel Anordnungen zum Sabbatjahr (V. 10-11 ) und
zum Sabbattag (V. 12-13 ), die das vierte Gebot weiterentwickelten ( 2Mo
20,8-11 ). Das Sabbatjahr erinnerte Israel daran, daß Gott das Land
besaß und ihnen lediglich zur Verwaltung gegeben hatte ( 3Mo 24,23 ).
Das Sabbatjahr versorgte darüber hinaus die Armen, die von den Feldern
sammeln konnten.
Durch die Ruhe am siebten Tag konnten Menschen und Tiere für die
nächsten sechs Arbeitstage erquickt werden . Dieser Abschnitt ( 2Mo
23,13 ) endet mit einer allgemeinen Ermahnung, Gottes Geboten zu
gehorchen, und einer Warnung, die Namen anderer Götter nicht anzurufen,
oder auch nur zu erwähnen.
p. Gesetze über jährliche Feste
( 23,14-19 )
2Mo 23,14-19
Hier gab Gott die Anweisung, jedes Jahr drei landwirtschaftliche Feste
zu feiern: a) das Fest der ungesäuerten Brote im Monat Abib
(März/April), etwa in der Zeit der Gerstenernte; b) das Fest der
Ernte im Frühjahr zu Beginn der Weizenernte (vgl. 2Mo 34,22 ), wenn die
Erstlingsfrüchte dem Herrn gegeben werden sollten und c) das Fest des
Einsammelns im Frühherbst (September/Oktober; vgl. die Tabelle »Der
Kalender in Israel« bei 2Mo 12,1 ).
Das erste dieser großen Agrarfeste war ein Andenken an den überstürzten
Auszug aus Ägypten (vgl. 2Mo 12,15-20 ). Das zweite Fest, an dem dem
Herrn zwei Brotlaibe aus neuem Korn dargebracht wurden ( 3Mo 23,15-21 ),
wurde auch Wochenfest genannt ( 2Mo 34,22 ), weil es sieben Wochen (50
Tage) nach dem Fest der ungesäuerten Brote gefeiert wurde. Im NT ( Apg
2,1; Apg 20,16; 1Kor 16,8 ) wird es dann Pfingsttag genannt. Das dritte
Fest, das Fest des Einsammelns, am Ende des landwirtschaftlichen oder
bürgerlichen Jahres wurde auch das Laubhüttenfest genannt ( 3Mo
23,33-36; 5Mo 16,13-15; 31,10 ).
Diese Feste dienten Israel als ständige Erinnerungen daran, wie Gott
sein Volk versorgt hatte. So sollte dreimal im Jahr ( 2Mo 23,14.17;
34,23 ) alles , was in Israel erwachsen und männlich war, mit Korn und
Tieropfern zur Stiftshütte (oder später zum Tempel) kommen. Wenn ein
Opfer auf dem Altar verzehrt wurde, sollte es ohne Sauerteig sein.
Nur das Beste der Erstlingsfrüchte sollte dem Herrn dargebracht werden.
Das Verbot, ein Böcklein nicht in der Milch seiner Mutter zu kochen
( 2Mo 23,19; vgl. 2Mo 34,26; 5Mo 14,21 ), könnte sich aus religiösen
Praktiken erklären, wonach die Kanaaniter in einem Fruchtbarkeitsritus
Ziegen in der Milch ihrer Mutter gekocht haben. Gott wollte nicht, daß
sein Volk an irgendetwas teilnahm, das mit der Verehrung von Götzen in
Beziehung stand. Das Verbot könnte sich aber auch gegen die
unmenschliche Behandlung junger Ziegen richten. Beim Fest des
Einsammelns ( 2Mo 23,16 b) waren die Israeliten möglicherweise in
Versuchung, der üblichen Praxis der Beduinen zu folgen und das Fleisch
einer jungen Ziege in Ziegenmilch zu kochen, obwohl doch die jungen
Ziegen bei ihrer Mutter gelassen werden sollten. Mit anderen Worten: Das
Verbot bedeutete unter Umständen, daß die Israeliten nicht das, was dazu
gedacht war, das Leben (Ziegenmilch) zu fördern, dazu benutzen sollten,
das Leben zu zerstören. Diese Klausel könnte die Grundlage des
gegenwärtigen jüdischen Brauches sein, Milchprodukte und Fleisch nicht
miteinander in Berührung zu bringen.
q. Schlussrede: Die Verheissung für die Eroberung des Landes
( 23,20-33 )
Der Abschnitt über die Verordnungen (der in 2Mo 20,22 beginnt)
beinhaltet auch die trostgebende Verheißung, daß Gott sein Volk in das
verheißene Land, wo die Gesetze, die gerade aufgezählt wurden, in die
Praxis umgesetzt werden sollten, führen würde. Der Abschnitt enthält die
Verheißungen der Verfluchung für Ungehorsam und des Segens für Gehorsam,
die den Ankündigungen im 3.Mose und 5.Mose ähnlich sind.
2Mo 23,20-26
Zuerst betonte der Herr die Notwendigkeit des Gehorsams. Der Engel
(V. 20.23 ) könnte vielleicht ein besonderer Wächterengel für Israel
gewesen sein (vielleicht Michael; Dan 12,1 ) oder, was noch
wahrscheinlicher ist, der Herr selbst oder, wegen seiner Fähigkeit, zu
vergeben, der noch nicht fleischgewordene Christus (vgl. 2Mo
23,20 mit 1Mo 24,27; vgl. den Kommentar zu 1Mo 16,9 ). Gott hatte
verheißen, sein Volk in den vor ihnen liegenden Tagen zu führen. Die
Führung erfolgte natürlich in besonderer Weise durch Mose und Aaron. Als
das Volk in Kanaan ankam, verhieß Gott ihnen, daß er ihre Feinde
vertilgen würde (zu den in 2Mo 23,23 genannten Völkern vgl. den
Kommentar zu 2Mo 3,8 ). Die Israeliten sollten die Götzenbilder
und heiligen Steine (vgl. 2Mo 34, 13 ; 5Mo 7,5; 12,3 ) der Kanaaniter
zerstören. Möglicherweise waren diese Steine männliche
Fruchtbarkeitssymbole. Gott zu verehren und ihm zu gehorchen hatte
Gesundheit, langes Leben und Belohnung zur Folge.
2Mo 23,27-30
Gott verhieß auch, daß er den Israeliten das Land allmählich geben
würde. Ihre Feinde sollten, von Gott in Schrecken versetzt, verwirrt
werden und sich zurückziehen. So als ob sie laufen würden, um dem
Stachel einer Hornisse zu entkommen, würden sie in Angst und Schrecken
fliehen (vgl. 2Mo 15,15; 4Mo 22,3; Jos 2,9-11.24; 5,1; 9,24 ). Manche
Bibelleser nehmen dennoch den Bezug auf »die Hornisse« wörtlich. Andere
sind der Meinung, daß sich der Ausdruck auf die ägyptische Armee
bezieht.
Die Eroberung sollte länger als ein Jahr dauern; tatsächlich dauerte die
Eroberung Josuas, bei der nicht alle Feinde vertilgt wurden, sieben
Jahre (1406- 1399 v.Chr.). Wenn Gott ihnen das ganze Land auf einmal
gegeben hätte, anstatt nach und nach (vgl. Ri 1 ), wäre das Land wüst
und von wilden Tieren überschwemmt worden, bevor Israel sich darin
ansiedeln und es bebauen konnte.
2Mo 23,31-33
Dann schrieb der Herr die Grenzen des verheißenen Landes vor. Das Rote
Meer ist in diesem Falle der Teil des Roten Meeres, der heute als Golf
von Aqaba bekannt ist (vielleicht, um die südöstliche Grenze des Volkes
zu bilden). Das Philistermeer (das Mittelmeer) sollte die Grenze im
Westen sein, die Wüste die südliche Grenze und der Euphratstrom die
nördliche (oder nordöstliche). Dieses Territorium wurde in der Zeit
Salomos besetzt ( 1Kö 5,1 ), obwohl ein großer Teil davon Israel nicht
völlig unterstand. Enklaven des Feindes bestanden im Land als Vasallen
Israels noch immer fort (vgl. 5Mo 11,24 ,und siehe den Kommentar zu 5Mo
1,7 ). Die Gegenwart dieser Feinde im Land war für Israel eine ständige
Bedrohung, so wie es Gott vorhergesagt hatte. Jos 9,13-15 berichtet die
Verletzung des Gebotes Gottes, keinen Bund (vgl. 2Mo 34,12 ) mit einem
der fremden Völker im Land Kanaan zu schließen. Wenn Israel es
unterließe, die Feinde auszustoßen ( 2Mo 23,31 ), würde das zur Folge
haben, daß sie Israel dazu bringen würden, zu sündigen, und zwar in
erster Linie durch ihren Götzendienst. Die spätere Geschichte Israels
hat mit Sicherheit bewiesen, daß das der Wahrheit entsprach.
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