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Epheser Walvoord Harold W. Hoehner

Einführung  und Kapitel 1 Epheser Walvoord Harold W. Hoehner

 



Epheser Walvoord

Epheser (Harold W. Hoehner) EINFÜHRUNG Verfasserfrage Der Apostel Paulus weist im Epheserbrief zweimal darauf hin, daß das vorliegende Schreiben von ihm persönlich stammt ( Eph 1,1;3,1 ). Dennoch wurde die paulinische Verfasserschaft des Epheserbriefes in neuerer Zeit stark angezweifelt. Manche Kritiker sind der Ansicht, daß der Brief sich sowohl im Hinblick auf Vokabular und Stil als auch auf die darin vertretene Theologie von den übrigen Paulusbriefen unterscheide. Trotz seiner Nähe zum Kolosserbrief ist der Epheserbrief in ihren Augen untypisch für Paulus und muß deshalb von der Hand eines pseudonymen Verfassers stammen, also von jemandem, der die Autorität des Apostels in Anspruch nahm, um seinem Schreiben Geltung zu verschaffen.

Andererseits war Pseudonymität im frühen Christentum noch völlig unüblich. Außerdem sehen viele Exegeten im Epheserbrief gleichsam die Krönung aller Paulusbriefe, und es wäre doch sehr seltsam, wenn ein Schüler des Paulus in seiner theologischen Erkenntnis und in seiner spirituellen Schau über den großen Apostel hinausgewachsen wäre. Schließlich wurde der Epheserbrief von der frühen Kirche ohne Vorbehalte als authentischer Paulusbrief akzeptiert. Es gibt also keinen stichhaltigen Grund, die paulinische Verfasserschaft in Zweifel zu ziehen.

 

 

Adressaten

 

Nach Auffassung mancher Exegeten ist der Epheserbrief als Enzyklika, d. h. als Rundbrief - wahrscheinlich an mehrere ungenannte Gemeinden der Provinz Asien - konzipiert. Für diese These spricht zweierlei: (1) In drei frühen alexandrinischen Handschriften fehlen die Worte "in Ephesus" ( Eph 1,1 ). (2) Es mutet seltsam an, daß Paulus in einem Brief an eine Gemeinde, in der er drei Jahre gelebt und gearbeitet hat ( Apg 20,31 ), keine einzige Person namentlich erwähnt. Zu Punkt eins ist zu sagen, daß die Ortsangabe "in Ephesus" zwar in diesen drei Handschriften fehlt, in den von der geographischen Verbreitung her wichtigeren Handschriften jedoch durchgehend enthalten ist. Darüber hinaus ist in keiner der Abschriften des Briefes eine andere Stadt erwähnt, und es findet sich auch nirgends ein Freiraum für das Einfügen eines Namens nach dem Wörtchen "in". Dagegen taucht in allen Manuskripten die Überschrift bzw. der Titel des Briefes - "an die Epheser" - auf. Außerdem nennt Paulus in allen seinen Briefen deren Bestimmungsort.

Gegen Punkt zwei, das Fehlen jeglicher Personennamen im Brief, könnte man einwenden, daß Paulus in diesem kurzen Brief vielleicht niemanden im einzelnen ansprechen wollte, weil er in der Stadt besonders viele Leute kannte.

Trotz dieser Einwände läßt sich die Rundbrief-Theorie jedoch durchaus aufrechterhalten. Es wäre beispielsweise denkbar, daß Ephesus, die Hauptstadt der Provinz Asien, zu deren christlicher Gemeinde Paulus zudem ein besonders gutes Verhältnis hatte, ganz einfach die erste "Anlaufstelle" des Briefes war. Die Rundbrief-Hypothese würde auch erklären, warum in dem Brief keine Eigennamen genannt werden. Wenn das Schreiben, nachdem es in Ephesus verlesen worden war, die Runde durch andere Gemeinden machen sollte, dann waren Laodizea und Kolossä wohl seine nächsten Bestimmungsorte, denn im Kolosserbrief fordert Paulus die dortigen Gläubigen dringend auf, auch den Brief "von Laodizea" zu lesen ( Kol 4,16 ) - möglicherweise ein Hinweis auf den Epheserbrief. (Zur geographischen Lage von Ephesus, Asien, Laodizea und Kolossä vgl. die Karte zwischen der Apostelgeschichte und dem Römerbrief.)

Der Überbringer des Briefes war wahrscheinlich Tychikus ( Eph 6,21-22 ), derselbe Bote, der auch den Kolossern einen Brief von Paulus brachte ( Kol 4,7-9 ).

Ephesus war eine der bedeutendsten Städte des römischen Imperiums. Paulus hatte auf seiner zweiten Missionsreise, auf dem Rückweg nach Antiochia, für kurze Zeit in Ephesus Station gemacht ( Apg 18,19-21 ) und sich auf der dritten Missionsreise dann drei Jahre in der Stadt aufgehalten ( Apg 20,31 ). In der Zeit dieses Aufenthalts ereigneten sich viele bemerkenswerte Dinge: Paulus taufte damals etwa ein Dutzend Anhänger Johannes' des Täufers ( Apg 19,1-7 ), lehrte in der Schule des Tyrannus ( Apg 19,8-10 ) und vollbrachte mehrere ungewöhnliche Wunder ( 19,11-12 ). Seltsame Dinge geschahen ( 19,13-16 ), und Zauberer wurden bekehrt ( Apg 19,17-20 ). Schließlich zettelte der Silberschmied Demetrius einen Aufstand gegen den Apostel an, weil er um sein Geschäft fürchtete, denn diejenigen, die sich zu Christus bekehrten, gingen der Religion der großen Diana von Ephesus verloren ( Apg 19,23-40 ). Auf der Rückkehr von seiner dritten Missionsreise nach Jerusalem hielt Paulus in der Küstenstadt Milet dann noch eine letzte bewegende Abschiedsrede vor den Ältesten der Gemeinde von Ephesus ( Apg 20,13-35 ). Es war das letzte Mal, daß er sie sah ( Apg 20,36-38 ), es sei denn, er suchte die Stadt nach seiner Gefangenschaft in Rom nochmals auf (vgl. 1Tim 1,3 ,mit 1Tim 3,14 ).

 

 

Datierung und Abfassungsort

 

Paulus schrieb den Epheserbrief in Gefangenschaft ( Eph 3,1;4,1;6,20 ). Die Exegeten sind sich allerdings nicht einig, ob es sich dabei um die Gefangenschaft in Cäsarea ( Apg 24,27 ) in den Jahren 57 bis 59 n. Chr. oder in Rom ( Apg 28,30 ), wo er zwischen 60 - 62 n. Chr. unter Arrest stand, handelte. Alles in allem scheint die letztere These plausibler. Man geht davon aus, daß die Briefe an die Epheser, Philipper, Kolosser und an Philemon alle ungefähr um dieselbe Zeit entstanden, weshalb sie auch als "Briefe aus der Gefangenschaft" bezeichnet werden (vgl. Phil 1,7; Kol 4,10; Phim1,9 ). Da sich im Epheserbrief im Gegensatz zum Philipper- ( Phil 1,19-26 ) und Philemonbrief (V. 22 ) noch keinerlei Andeutung auf die bevorstehende Freilassung des Apostels findet, ist anzunehmen, daß Paulus ihn relativ früh, also um das Jahr 60 n. Chr., schrieb. Damals stand der Apostel unter Bewachung ( Apg 28,30 ), durfte sich aber in einer von ihm selbst gewählten Wohnung aufhalten. Nach seiner Freilassung unternahm er zunächst eine kurze Reise, auf der der 1. Timotheus- und der Titusbrief entstanden. Danach wurde Paulus erneut gefangengenommen und schrieb - wieder aus der Gefangenschaft - den 2. Timotheusbrief. Kurz darauf wurde er in Rom hingerichtet.

 

 

Zweck des Briefes

 

Der vorliegende Brief scheint kein spezielles Problem zu behandeln. Wenn man allerdings das Verhältnis des Apostels Paulus zur Gemeinde von Ephesus näher untersucht, schält sich dennoch ein bestimmter Anlaß heraus. Bei der Rückkehr von seiner dritten Missionsreise hatte der Apostel die Ältesten der Stadt Ephesus in Milet aufgefordert (57 n. Chr.), sich vor falschen Lehrern von außen und auch vor Irrlehrern aus ihrer Mitte in acht zu nehmen ( Apg 20,29-30 ). Dem Buch der Offenbarung ist zu entnehmen, daß es der Gemeinde in Ephesus zwar offenbar gelungen war, die falschen Lehrer am Eindringen zu hindern ( Offb 2,2 ), daß sie sich aber wohl die Lebendigkeit ihrer "ersten Liebe" zu Christus, die am Anfang ein besonderes Kennzeichen der Gemeinde gewesen war, nicht bewahren konnte ( Offb 2,4 ). Ein weiterer Beleg für dieses Verblassen der einstigen Gefühle findet sich auch in 1Tim 1,5 . Paulusschrieb damals (etwa im Jahr 62 n. Chr.) aus Mazedonien an Timotheus in Ephesus, daß die "Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und aus ungefärbtem Glauben" das Ziel seiner Lehre sei. Anscheinend mußten die Heiligen in Ephesus also vor allem an diese Liebe immer wieder erinnert werden.

Das Verb "lieben" ( agapaO ) findet sich denn auch allein im Epheserbrief neunmal, in allen anderen Paulusbriefen zusammen dagegen nur dreiundzwanzigmal. Das Substantiv "Liebe" ( agapE ) benutzt der Apostel im Epheserbrief zehnmal, in allen anderen Briefen zusammen fünfundsechzigmal. Von den insgesamt einhundertsieben Vorkommen der Begriffe "Liebe" oder "lieben" in den Paulusbriefen entfallen also neunzehn allein auf den eher kurzen Brief an die Epheser - das ist mehr als ein Sechstel. Bezeichnenderweise beginnt der Brief mit dem Wort "Liebe" ( Eph 1,4.6 ) und endet auch damit ( Eph 6,23-24 ).

Ein weiteres wichtiges Thema des Epheserbriefes ist die Einheit von Juden- und Heidenchristen in Christus, die in der wechselseitigen Liebe der unterschiedlichen Gemeindeglieder untereinander zum Ausdruck kommen soll. Diese Liebe aber kann nur von Gott kommen. Möglicherweise schrieb Paulus seinen Brief, als er feststellen mußte, daß die Epheser in der Liebe, die sie anfangs noch gezeigt hatten, nachließen, um sie erneut zur Liebe zu Gott und zu ihren Glaubensbrüdern anzuspornen.

 

 

GLIEDERUNG

 

I. Die Brufung der Gemeinde ( Kap.1-3 )

 

     A.Prolog ( 1,1-2 )

     B. Lobpreis Gottes für die Erlösung durch Christus ( 1,3-14 )

          1. Die geistlichen Segnungen ( 1,3 )

          2. Die Grundlage der Erlösung ( 1,4-14 )

 

     C. Gebet um Weiheit und Offenbarung ( 1,15-23 )

          1. Empfehlung ( 1,15 )

          2. Bitten ( 1,16-23 )

 

     D. Das neue Leben des einzelnen ( 2,1-10 )

          1. Der alte Zustand: sie waren Gott gestorben ( 2,1-3 )

          2. Der neue Stand: lebendig in Gott ( 2,4-10 )

 

     E. Das neue Leben der Gemeinde ( 2,11-22 )

          1. Dei Einheit ( 2,11-13 )

          2. Die Erklärung der Einheit ( 2,14-18 )

          3. Die Folgen der Einheie ( 2,19-22 )

 

     F. Enschub: Die Ausbreitung des Geheimnisses ( 3,1-13 )

          1. Einführung ( 3,1 )

          2. Das Geheimns ( 3,2-6 )

          3. Das Amt ( 3,7-12 )

          4. Die Bitte ( 3,13 )

 

     G. Fürbitte um die Stärkung der Liebe in der Gemeinde ( 3,14-21 )

          1. Einleitung ( 3,14-15 )

          2. Die Bitte ( 3,16-19 )

          3. Das Lob ( 3,20-21 )

 

II. Das Verhalten der Gemeinde ( Kap.4-6 )

 

     A. Die Einheit ( 4,1-16 )

          1. Die Grundlage der Einheit ( 4,1-6 )

          2. Die Bewahrung der Einheit ( 4,7-16 )

 

     B. Die Heiligung ( 4,17-32 )

          1. Der alte Mensch ( 4,17-19 )

          2. Der neue Mensch ( 4,20-32 )

 

     C. Die Liebe ( 5,1-6 )

          1. Positiv formuliert: die Liebe zum Nächsten ( 5,1-2 )

          2. Negativ formuliert: die Abkehr vom Bösen ( 5,3-6 )

 

     D. Das Licht ( 5,7-14 )

          1. Keine Gemeinschaft mit Übeltätern ( 5,7-10 )

          2. Keine Berührung mit den Werken der Übeltäter ( 5,11-13 )

          3. Schlußfolgerung: die Erleuchtung der Christen ( 5,14 )

 

     E. Die Weisheit ( 5,15-6,9 )

          1. Ermahnung ( 5,15-21 )

          2. Anwendung ( 5,22-6,9 )

 

     F. Der Kampf ( 6,10-13 )

          1. Das Angelen der Waffen ( 6,10-13 )

          2. Die geistliche Waffenrüstung( 6,14-16 )

          3. Die Vervollständigung der Rüstung ( 6,17-20 )

 

     G. Schluß ( 6,21-24 )

          1. Information ( 6,21-22 )

          2. Gruß ( 6,23 )

          3. Segen ( 6,24 )

 

 

AUSLEGUNG

 

I. Die Berufung der Gemeinde

( Eph 1-3 )

 

Alles Wissen läßt sich in zwei Kategorien unterteilen: reines oder theoretisches Wissen und angewandtes oder praktisches Wissen. In den meisten seiner Briefe spricht Paulus zunächst von dem reinen Wissen, der Lehre, und schließt mit praktischen Ratschlägen. So befassen sich auch die drei ersten Kapitel des Epheserbriefs mit der Lehre (der Berufung der Gemeinde), und die drei Schlußkapitel behandeln die Anwendung dieses theoretischen Wissens (das Verhalten der Gemeinde).

 

 

A. Prolog

( 1,1-2 )

 

Eph 1,1

 

Paulus hat sich nicht etwa selbst zum Apostel Christi erklärt, er ist durch den Willen Gottes dazu berufen. Hinter ihm und seiner Lehre steht also die volle göttliche Autorität. Als Apostel hat Paulus den Auftrag, die Botschaft des Evangeliums zu verkündigen.

Der vorliegende Brief ist an die Heiligen in Ephesus gerichtet. "Heilige" ( hagiois ) sind diejenigen, die Gott für sich selbst abgesondert hat. Kraft ihrer Rettung in Christus gehören sie der universalen Kirche an. Die Ortsbezeichnung "in Ephesus" fehlt zwar in manchen frühen Handschriften (vgl. "Adressaten" in der Einleitung ), doch die vielen anderen externen und internen Belege sprechen dennoch für ihre Authentizität. Auch wenn der Epheserbrief als Rundbrief gedacht war, ist es durchaus plausibel, daß er zuallererst nach Ephesus ging, in eine der bedeutendsten Städte Kleinasiens. Die Wendung "die Gläubigen in Christus Jesus" definiert die Zugehörigkeit der "Heiligen" zu Christus Jesus, nicht etwa zu Adam oder gar der Göttin Diana. Mit der Bezeichnung "in Ephesus" wird den Gläubigen zunächst zwar eine geographische Position zugewiesen, doch vom geistlichen Standpunkt her sind sie "in Christus" (vgl. "an die Heiligen in Kolossä", Kol 1,2 ). Paulus benutzt die Wendungen "in Christus Jesus", "in Christus", "durch Christus", "in seiner Liebe" oder "in ihm" sehr oft, in Eph 1,1-14 allein neunmal. Die Gläubigen leben ganz und gar in und durch Christus.

 

 

Eph 1,2

 

Die Erweiterung Gnade ( charis ) und Friede , die Paulus hier gleich zu Anfang einfügt, unterscheidet sich von den üblichen griechischen Briefen der damaligen Zeit, deren Einleitung meist nur "Grüße" ( chairein ; z. B. 1. Makk 10,18.25, zahlreiche alte Papyri und Apg 15,23; Apg 23,26; Jak 1,1 ) enthielt. Die "Gnade" ist der Ausdruck der beständigen Liebe Gottes zu den Menschen, und "Friede" bezeichnet den Zustand, in dem sie sich aufgrund dieser Gnade befinden. Paulus eröffnet seinen Brief an die Gemeinde in Ephesus also mit Grüßen an die dortigen Gläubigen und gibt gleichzeitig seinem Wunsch Ausdruck, daß die Gnade und der Friede Gottes mit ihnen seien. (Vgl. die Tabelle "Die Einleitungsworte des Apostels Paulus zu seinen Briefen" bei Röm 1,1-7 .)

 

 

B. Lobpreis Gottes für die Erlösung durch Christus

( 1,3-14 )

 

Von den Grüßen an die Heiligen in Ephesus geht der Apostel über zum Lobpreis Gottes. Er erläutert den Gläubigen, warum es sich ziemt, Gott zuloben: weil er in Christus den Segen bereithält.

Im griechischen Text bilden die Verse 3-14 einen einzigen Satz, der in den Augen mancher Exegeten der schwerfälligste Satz in griechischer Sprache überhaupt ist, der uns bis heute erhalten blieb. Insgesamt finden sich im Epheserbrief acht solcher langen Sätze ( Eph 1,3-14.15-23;2,2-7;3,1-13.14-19;4,1-7.11-16;6,14-20 ). Doch wir kennen auch heute noch die Praxis, Gebete und Doxologien in endlosen Perioden anzulegen.

 

 

1. Die geistlichen Segnungen

( 1,3 )

 

Eph 1,3

 

Nach den Worten des Paulus ist es für den Menschen angemessen, Gott zu loben. Der griechische Begriff für "Lob" ist eulogEtos ; er stammt von einem Verb, das "gut sprechen von, preisen, rühmen" bedeutet und im Neuen Testament nur für Gott verwendet wird ( Mk 14,61; Lk 1,68; Röm 1,25; 9,5; 2Kor 1,3; 11,31; 1Pet 1,3; in der Septuaginta wird es manchmal allerdings auch auf Menschen bezogen; vgl. 1Mo 26,29; 5Mo 7,14; Rt 2, 20 ). Das Lob gebührt Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus . In Eph 1,2 wird Gott als der Vater der Gläubigen bezeichnet; hier in Vers 3 ist er der Vater Christi (vgl. V. 17 ; vgl. ähnliche Wendungen in Röm 15,6; 2Kor 1,3; 1Pet 1,3 ). In Vers 2 gehört die erste Person der Dreifaltigkeit grammatisch gesehen also den Gläubigen ("unserm"), hier dagegen macht das Pronomen "unseres" deutlich, daß die Gläubigen zu Christus, der zweiten Person der Trinität, gehören. Da Christus der Sohn Gottes ist und die Gläubigen mit ihm verbunden sind, haben sie auch eine Beziehung zum Vater.

Dieser Gott, dem alles Lob gebührt, ist derjenige, der uns gesegnet hat . Das ist eine Verbform ( ho eulogEsas ) des Adjektivs "gelobt" ( eulogEtos ), das am Anfang des Verses steht. Das Verb bedeutet "gut sprechen von, preisen, rühmen"; hier: "nützen, begünstigen, gnädig sein"; es kommt in der griechischen Literatur nicht vor. Von Zeus wird z. B. an keiner Stelle gesagt, daß er einen Menschen besonders gesegnet hat, allenfalls, daß er sein Schicksal in positive Bahnen lenkte. Im Alten Testament dagegen kommt das Verb eulogeO über vierhundertmal vor, ein Zeichen dafür, daß Gott seine Kinder zu allen Zeiten gesegnet hat. So war auch Maria gesegnet ("gepriesen") unter den Frauen und trug das gesegnete ("gepriesene") Kind ( Lk 1,42 ).

Daß Paulus hier im Perfekt schreibt, zeigt, daß der Segen oder das Wohlergehen, dessen sich die Gläubigen erfreuen, bereits von Ewigkeit her besteht. Doch womit sind sie gesegnet? Mit allem geistlichen Segen ( eulogia ). Damit ist das geistliche Gut gemeint, das notwendig ist, um ein Leben im Geist zu führen. Um diesen Segen müssen die Gläubigen nicht mehr bitten, sie besitzen ihn bereits und müssen ihn sich nur noch im Glauben zu eigen machen. Auch Josua brauchte nicht mehr um das Land zu bitten - Gott hatte es ihm bereits verheißen ( Jos 1,3-4 ), er mußte die Freude, die für ihn bereitstand, nur noch annehmen.

Dieser Segen kam durch Christus , d. h., er stammt vom Himmel. Im Gegensatz zu dem irdischen Reich der Diana von Ephesus ist er also geistlicher, nicht materieller Art, himmlisch, nicht irdisch, ewig, nicht zeitlich ( 2Kor 4,18; Kol 3,1-4 ). Fünfmal verwendet Paulus im Epheserbrief den Ausdruck "im Himmel" ( Eph 1,3.20;2,6;3,10;6,12 : "unter dem Himmel").

Eph 1,3 enthält also wichtige Aussagen über den Segen, den Gott den Gläubigen zuteil werden läßt: (a) seit wann er besteht: von Ewigkeit her; (b) worin er besteht: in "allem geistlichen Segen"; (c) woher er kommt: vom Himmel; (d) wie er kommt: durch Christus.

 

 

2. Die Grundlage der Erlösung

( 1,4-14 )

 

Im folgenden geht Paulus näher auf die Grundlage des Segens, der denGläubigen zuteil wurde, ein: auf das Werk der drei Personen der Trinität: die Erwählung durch den Vater (V. 4-6 ), das Opfer des Sohnes (V. 7-12 ) und das Siegel des Heiligen Geistes (V. 13-14 ).

 

 

a. Die Erwählung

( 1,4-6 )

 

Eph 1,4

 

Zunächst gibt er an, wann die Erwählung stattfand: ehe der Welt Grund gelegt war . Das "denn" am Anfang des Satzes entspricht nicht ganz dem griechischen Adverb kathOs , "gerade", das sich stärker auf die Art und Weise bezieht, auf die Gott die Menschen segnet: nämlich durch das dreifache Werk der Trinität. In seltenen Fällen kann das Adverb kathOs jedoch auch kausal verwendet werden und heißt dann "da", "weil" oder "insofern als" (vgl. Eph 4,32 ). Dahinter steht die Vorstellung, daß die Gläubigen aufgrund , d. h. auf der Grundlage dieses Werkes, gesegnet sind ( Eph 1,3 ): Gott segnet die Gläubigen, weil der Vater sie erwählt hat, der Sohn gestorben ist und der Heilige Geist ihre Erwählung besiegelt. Hier kommen also beide Vorstellungen von kathOs zum Tragen: Der Segen ist das Werk der drei Personen der Gottheit, und das Werk der Trinität ist die Grundlage des Segens der Gläubigen.

Der Segen beginnt mit der Erwählung ( er hat uns erwählt ). In der Erwählung ist Gott Subjekt, und die Menschen sind Objekt. Der erwählende Akt ist das souveräne Werk Gottes, in dem er manche zum Glauben auserwählt (vgl. Röm 8,30; Eph 1,11; 1Thes 1,4; 2Thes 2,13; Tit 1,1 ). Die Rettung ist also allein das Werk Gottes, nicht das der Menschen ( Eph 2,8-9 ). Doch obwohl sie ein Akt der Gnade ( Röm 11,5-6; 2Tim 1,9 ) und des freien Willens Gottes ist ( Eph 1,5.9.11 ), bleiben die Menschen dennoch für ihren Glauben verantwortlich (V. 13 ). "Daß Gott euch erwählt hat ... im Glauben an die Wahrheit" ( 2Thes 2,13 ).

"In ihm" bezieht sich auf die Sphäre der Erwählung "in Christus" (vgl. Eph 1,3 ), denn Christus ist das Haupt und der Stellvertreter der geistlichen Menschheit (V. 10.22 ; Kol 1,18 ). Die Erwählung geschah bereits vor aller Ewigkeit, und ihr Ziel ist es, daß die Menschen heilig und untadelig vor ihm sein sollten . Was Gott in der Ewigkeit begonnen hat, wird er in der Zukunft vollenden. Die Christen sind "heilig" ( hagious ; vgl. hagiois , "Heilige", Eph 1,1 ), d. h. für Gott ausgesondert, und darin liegt auch das Ziel seiner Gnadenwahl. Er hat sie erwählt, um sie "untadelig" zu machen. Das Wort für "untadelig", amOmous , kommt im Neuen Testament achtmal vor (V. 4 ; Eph 5,27; Phil 3,15; Kol 1,22; 1Pet 1,19; 2Pet 3,14; Hebr 9,14; Offb 14,5 ). In der Septuaginta wird es auch für Opfertiere gebraucht - nur völlig "untadelige" Tiere durften Gott dargebracht werden.

Wohin gehört die Wendung "in seiner Liebe" ? Nach Ansicht mancher Exegeten ist sie, wie auch die Zeichengebung der Lutherübersetzung nahelegt, eine Umstandsbestimmung der Art und Weise, die die Verbform "hat vorherbestimmt" im nächsten Vers ( Eph 1,5 ) erläutert. Wenn diese These zutrifft, dann äußert sich die Liebe Gottes in der Prädestination. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß die Formulierung "in seiner Liebe" noch zu Eph 1,4- "daß wir heilig und untadelig vor ihm sein sollen" - gehört. Dafür sprechen drei Gründe: (1) Im Kontext dieses Briefes folgen die spezifizierenden Wendungen stets auf die Verben (V. 3.4.6.8-10 ). (2) Die anderen fünf Stellen im Epheserbrief, an denen sich der Ausdruck "in Liebe" findet ( Eph 3,17;4,2.15-16;5,2 ), beziehen sich durchgehend auf die menschliche, nicht auf die göttliche Liebe. (3) Die "Liebe" fügt sich gut in die "Heiligkeit" und "Untadeligkeit" ein, wobei letztere das Gleichgewicht zwischen Heiligkeit und Liebe wahrt. Gott selbst ist die Liebe, und die Gläubigen, die er in seiner Liebe erwählt hat, sollen Liebe mit Heiligkeit verknüpfen.

 

 

Eph 1,5

 

Der Grund für die Erwählung ist das göttliche Vorherbestimmtsein der Gläubigen zur Kindschaft (vgl. "vorherbestimmt" in V. 11 ). Vorherbestimmt ist im Griechischen proorisas , "im voraus gekennzeichnet". Die Betonung liegt also stärker auf dem wozu als auf dem wer , insofern als es das vorherbestimmte Schicksal der Gläubigen ist, durch Jesus Christus , das Werkzeug der Adoption, Kinder Gottes zu sein . Der Adoptionsgedanke findet sich auch in Röm 8,15.23 und Gal 4,4-7 . Mit der Adoption wird ein Kind in eine Familie aufgenommen und erhält die gleichen Rechte wie die leiblichen Kinder.

In diesem Kontext hat es den Anschein, als ginge die Prädestination logisch gesehen der Erwählung voraus: Nachdem Gott das herrliche Schicksal der Gläubigen, die in seine Familie aufgenommen werden sollen, vorausgesehen hat, sah er auf die sündige Menschheit und erwählte sich Gläubige (vgl. Röm 8,30 ,wo die "Vorherbestimmung" der "Berufung" und damit der Rettung vorausgeht). All das geschah nach dem Wohlgefallen seines Willens (vgl. V. 1. 9.11 ), d. h., Gott hatte Freude daran, seinen Kindern seinen Segen zu schenken.

 

 

Eph 1,6

 

Das eigentliche Ziel der Erwählung ist es jedoch, daß die Gläubigen zum Lob seiner herrlichen Gnade werden. Eine ähnliche Formulierung findet sich auch nach der Beschreibung des Werkes des Sohnes (V. 12 ) und des Geistes (V. 13-14 ). Mit "seiner herrlichen Gnade" (unverdiente Gunst; vgl. V. 7 ) hat er uns begnadet ( echaritOsen , von charis , "Gnade"; das Verb steht sonst nur noch in Lk 1,28 ,wo Maria als "Begnadete" bezeichnet wird). Wie richtig ist es doch, daß die Christen Gott loben, da die Rettung allein durch seine Gnade geschieht! Und dazu sind sie auch erwählt: ihn zu loben (vgl. "Gelobt sei Gott"; V. 3 ). Die Wendung "in dem Geliebten" hebt die Manifestation der Liebe Gottes zu seinem Sohn hervor (vgl. "seines lieben Sohnes"; Kol 1,13 ). Dieser Verweis auf Christus leitet zugleich über zur zweiten Person der Trinität, der Paulus sich in Eph 1,7-12 zuwendet.

Gott, der Vater, liebt seinen Sohn und ebenso die Gläubigen, die in diesem Sohn sind.

 

 

b. Die Erlösung in Christus

( 1,7-12 )

 

Eph 1,7

 

Die Erlösung ( apolytrOsin ) bezeichnet die Befreiung aus dem Stand der Knechtschaft (vgl. Kol 1,14 ). Der Gedanke der Befreiung spricht auch aus vielen anderen Versen, in denen dieser griechische Begriff vorkommt ( Lk 21,28; Röm 3,24; 8,23; 1Kor 1,30; Eph 1,7.14; 4,30; Kol 1,14; Hebr 9,15; 11,35 ). (Vgl. die Tabelle "Neutestamentliche Begriffe für 'Erlösung' " bei Mk 10,45 .) Es handelt sich dabei um die Erlösung von der Sünde ( Hebr 9,15 ), um das Werk Christi, durch das er die Gläubigen aus der Knechtschaft der Sünde befreit hat. Sie ist darüber hinaus definiert durch die Vergebung der Sünden (vgl. Eph 4,32; Kol 1,14 ), die das unmittelbare Resultat der Befreiung des Gläubigen aus der Gefangenschaft der Sünde ist. (Der Begriff für "Sünde" ist paraptOma , wörtlich "Übertretungen"; vgl. Röm 4,25; 5,16-17.20; Eph 2,1.5 und a.a.O.) Gott konnte die Sünde nicht auf die leichte Schulter nehmen; sie forderte ein Blutopfer (vgl. Hebr 9,22 ).

Das Mittel der Erlösung ist der stellvertretende Opfertod Jesu Christi ( durch sein Blut ; vgl. Eph 2,13; 1Pet 1,19 ), der der Gerechtigkeit Gottes vollkommene Genüge tat ( Röm 3,24-25 ). Das geschah nach dem Reichtum seiner Gnade (vgl. Eph 1,6;2,7 ). Der Preis von Christi Blut ist das Maß für den Reichtum von Gottes unverdienter Gnade den Gläubigen gegenüber. Er wurde nicht "aus", sondern "nach dem" ( kata ) Reichtum seiner Gnade (vgl. Phil 4,19 ) bezahlt. Sechsmal spricht Paulus im Epheserbrief von diesem Reichtum Gottes ( Eph 1,7.18;2,4.7;3,8.16 ).

 

 

Eph 1,8-10

 

Die Gnade Gottes ermöglicht es den Gläubigen, seinen Willen zu verstehen. Gott gibt ihnen Weisheit ( sophia ; vgl. V. 17 ; Eph 3,10; Kol 1,9.28;2,3.23;3,16;4,5 ), die objektive Einsicht in das wahre Wesen seiner Offenbarung, und Klugheit ( phronEsei ), die subjektive Wertschätzung dieser Offenbarung. So sind die Gläubigen inder Lage, etwas von den ewigen göttlichen Zielen zu begreifen und ihre Bedeutung für die Gegenwart zu erkennen. Das ist möglich, weil Gott uns das Geheimnis seines Willens hat wissen lassen (vgl. "Wille" in Eph 1,1.5.11 ). Dieses "Geheimnis" ist eine vormals verborgene Wahrheit, die nun durch die Offenbarung enthüllt wurde (vgl. Röm 16,25; zu einer Liste der "Geheimnisse" im Neuen Testament vgl. Mt 13,11 ). Das Geheimnis (die enthüllte Wahrheit) ist das Wohlgefallen (vgl. Eph 1,5 ), das Gott daran hat, in der Vollendung der Zeit alles, was im Himmel und auf Erden ist, in Christus zusammenzufassen . Die Worte "um ihn auszuführen, wenn die Zeit erfüllt wäre" lauten wörtlich: "bis zur Verteilung der Fülle der Zeiten". Die "Verteilung" ( oikonomia ) bezeichnet eine Art Verwaltungsabkommen. Es wird im Tausendjährigen Reich getroffen werden, wenn nach dem Willen Gottes "die Zeit" vollendet (erfüllt) ist und alle Dinge, geistliche wie materielle, Christus unterstellt sind (vgl. 1Kor 15,27; Kol 1,20 ).

Die Wendung "daß alles zusammengefaßt würde" ist die Übersetzung eines einzigen griechischen Wortes (es kommt sonst nur noch einmal, in Röm 13,9 ,vor), das von der Zusammenfassung aller Gebote unter der Liebe spricht. Im Tausendjährigen Reich wird alles wiederhergestellt werden und Christus als dem Oberhaupt unterstellt sein. Das heißt nicht, daß alle Menschen gerettet werden, sondern nur, daß die Unordnung der Sünde aufgehoben sein wird und statt dessen ewiger Friede herrscht ( Jes 2,2-4; Jes 11,1-10 ).

 

 

Eph 1,11-12

 

Zu den Folgen des Segens, den die Einsicht in das Geheimnis des Willens Gottes bedeutet (V. 8-10 ), gehört nach den Worten des Apostels auch die Einbeziehung der gläubigen Juden in die Gemeinschaft mit Christus. Das Pronomen "wir" in Vers 11 scheint sich auf eine andere Gruppe zu beziehen als das eher anonyme "wir/uns" in den Versen 3-10 . Dafür sprechen zwei Tatsachen: (1) das Wort "auch" in Vers 11 und (2) das "auch ihr" in Vers 13 , mit dem die Heidenchristen gemeint sind. Zwar haben beide, Juden wie Heiden, an dem Segen Gottes teil, doch die Juden werden zuerst genannt (vgl. Apg 3,25-26; Röm 1,16 ).

Das griechische Wort für "vorherbestimmt" in Eph 1,11 ( eklErOthEmen ) ist nicht dasselbe wie in Vers 4 ( exelexato ). Das Verb in Vers 11 (es steht nur an dieser einen Stelle im Neuen Testament) bedeutet "ein Los werfen" oder "durch das Los ernennen oder erhalten". In diesem Kontext ist es am besten mit "erwählt", "ernannt" oder "bestimmt" zu übersetzen. Die jüdischen Gläubigen wurden erwählt, weil sie vorherbestimmt waren. Doch diese Vorherbestimmung ist nicht die Folge einer göttlichen plötzlichen Laune; sie geschieht nach dem Vorsatz ( prothesin , "Ratschluß"; vgl. Röm 8,28; 9,11; Eph 3,11 ) Gottes, der alles wirkt nach dem Ratschluß ( boulEn , "Rat oder Entschluß") seines Willens ( thelEmatos ; vgl. Eph 1,5.9 ). Die Kombination dieser drei Begriffe - prothesin , boulEn , thelEmatos - stellt die völlige Souveränität Gottes heraus, aufgrund derer er die gläubigen Juden in die Kirche, deren Haupt Christus ist, aufnimmt. Das Ziel der Erwählung auch der jüdischen Gläubigen ist es, daß sie ebenfalls etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit (vgl. V. 6 ). Die Wendung "zum Lob seiner Herrlichkeit" ist eine Art Refrain, der nach jeder Beschreibung des Werkes einer Person der Trinität wiederholt wird (vgl. V. 6.14 ). Der Relativsatz "die wir zuvor auf Christus gehofft haben" ist ein weiterer Hinweis darauf, daß sich die Verse 11-12 auf die Judenchristen beziehen, die den Heidenchristen chronologisch gesehen im Glauben vorausgingen ( Apg 1,8; Apg 13,46; Apg 28,25-28; Röm 1,16 [vgl. auch den Kommentar dort]; Röm 2,9-10 ).

Christus hat die Sünder aus ihrer Sünde befreit und den Willen Gottes offenbart: daß am Ende der Zeit alle Dinge - auch die Judenchristen, die zuerst an ihn glaubten - Christus als Haupt unterstellt werden.

 

 

c. Der Heilige Geist als Siegel Gottes

( Eph 1,13-14 )

 

Der Segen Gottes für die Gläubigen basiert nicht nur auf der freien Gnadenwahl des Vaters (V. 3-6 ) und dem Erlösungswerk des Sohnes (V. 7-12 ), sondern auch auf der Versiegelung durch den Heiligen Geist.

 

 

Eph 1,13-14 a

 

Die Wendung "auch ihr" bezieht sich offensichtlich auf die Heiden im Gegensatz zu den Juden (vgl. den Kommentar zu V. 11-12 ). Als sie das Wort der Wahrheit (vgl. Kol 1,5; 2Tim 2,15; Jak 1,18 ), das Evangelium ihrer Seligkeit , hörten und gläubig wurden , sind sie versiegelt worden mit dem Heiligen Geist, der verheißen ist .

Der letzte Teil von Vers 13 lautet wörtlich: "Sie wurden in ihm (Christus) mit dem Heiligen Geist der Verheißung versiegelt." Der Begriff "Siegel" steht für Sicherheit ( Mt 27,66; Eph 4,30 ), Vollmacht und Billigung ( Joh 6,27 ), für die Bestätigung der Echtheit ( Joh 3,33 ) und die Identifikation der Eigentümerschaft ( 2Kor 1,22; Offb 7,2;9,4 ). Gott versiegelt die Seinen in Christus und durch den Heiligen Geist. "Der Heilige Geist, der verheißen ist" bezieht sich auf die Verheißung Christi an seine Jünger, daß er ihnen den Geist senden wird ( Lk 24,49; Joh 14,16; 15,26; 16,13; Apg 1,5 ).

Der Heilige Geist, der die Menschen versiegelt, ist das Unterpfand ( arrabOn , der Begriff steht sonst nur noch in 2Kor 1,22; 5,5 ) unseres Erbes . Ein "Unterpfand" ist mehr als eine Zusage, die wieder rückgängig gemacht werden kann; es ist eine Anzahlung, eine Garantie dafür, daß noch mehr kommt (vgl. "den Geist als Erstlingsgabe"; Röm 8,23 ). Das Unterpfand garantiert den Gläubigen, daß sie gerettet sind und in den Himmel eingehen werden (vgl. 1Pet 1,4 ). (Zu "Erbe" vgl. den Kommentar zu Eph 1,18 .) Von seinem Wesen her ist das "Unterpfand" des Heiligen Geistes bereits ein kleines Stück des Himmels im Leben der Gläubigen, das ihnen die Gewißheit gibt, daß sie noch mehr erhalten werden.

 

 

Eph 1,14 b

 

Die Gläubigen werden versiegelt mit dem Heiligen Geist bis zu ihrer Erlösung ( apolytrOsin ; vgl. die Tabelle "Neutestamentliche Begriffe für Erlösung" bei Mk 10,45 ), d. h., bis sie Eigentum Gottes werden. Diese Erlösung bedeutet nicht die Befreiung von der Schuld der Sünde; davon handelte Eph 1,7 ; der Gläubige ist bereits "das Eigentum Gottes". Hier handelt es sich vielmehr um die endgültige Erlösung von der Gegenwart der Sünde (vgl. Röm 8,23 b; Phil 3,20-21 ). Der griechische Begriff für "Eigentum" ( peripoiEsis ) findet sich auch in 1Thes 5,9; 2Thes 2,14; Hebr 10,39 [vgl. den Kommentar dort]; 1Pet 2,9 ). Auch hier wird wieder, wie nach der Beschreibung des Werkes des Vaters ( Eph 1,6 ) und des Sohnes (V. 12 ), die doxologische Formel "zum Lob seiner Herrlichkeit" wiederholt.

 

 

C. Gebet um Weisheit und Offenbarung

( 1,15-23 )

 

1. Empfehlung

( 1,15 )

 

Eph 1,15

 

Weil ( darum ) die Gläubigen den Segen Gottes empfangen haben, in den Erwählung, Prädestination, Adoption, Gnade, Erlösung, Vergebung, Weisheit, Klugheit, Erkenntnis des Geheimnis seines Willens, Versiegelung mit dem Heiligen Geist und Erbschaft gehören, betet Paulus darum, daß seine Leser Gott nun auch persönlich kennenlernen. Die Verse 15-23 sind im Griechischen ein einziger Satz wie die Verse 3-14 .

Paulus hat von dem Glauben der Epheser an Christus - der "vertikalen" Beziehung der Christen - und von ihrer Liebe zu allen Heiligen - ihrer "horizontalen" Beziehung - gehört (vgl. Kol 1,4; 2Thes 1,3 ). Wahre Gemeinschaft mit Gott sollte auch wahre Gemeinschaft mit anderen Christen zur Folge haben. Interessanterweise schreibt Paulus in Eph 6,23 von der "Liebe mit Glauben".

 

 

2. Bitten

( Eph 1,16-23 )

 

a. Die Bitte um Weisheit und Offenbarung

( 1,16-18 a)

 

Eph 1,16

 

Paulus dankt Gott für den Glauben und die Liebe der Epheser (vgl. Röm 1,8; 1Kor 1,4; Phil 1,3; Kol 1,3; 1Thes 1,2; 2Thes 1,3 ) und gedenk(t) ihrer in seinem Gebet (vgl. Phil 1,4; Kol 1,9; 1Thes 1,3 ).

 

 

Eph 1,17

 

Er richtet seine Bitte an den Gott unseres Herrn Jesus Christus (vgl. V. 3 ), den Vater der Herrlichkeit , d. h. den Vater, dem alle Herrlichkeit gehört (vgl. "Gott der Herrlichkeit" in Apg 7,2 und "Herr der Herrlichkeit" in 1Kor 2,8 ). Paulus wünscht sich, daß Gott seinen Lesern den Geist der Weisheit und der Offenbarung gebe . Mit dem "Geist" ( pneuma ) ist an dieser Stelle wohl nicht der Heilige Geist gemeint, sondern eine bestimmte Geisteshaltung oder Einstellung, wie die beiden folgenden Genitive nahelegen ("der Weisheit und der Offenbarung"; vgl. "mit sanftmütigem Geist", in 1Kor 4,21 ). Doch auch einen solchen Gesinnungswandel kann niemand ohne die Hilfe des Heiligen Geistes vollziehen (vgl. Jes 11,2 : "Auf ihm wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn."). Die "Weisheit" ( sophia ; vgl. Eph 1,8;3,10 ) verleiht Einsicht in das wahre Wesen der Dinge, und die "Offenbarung" ist die Enthüllung dessen, um den es hier geht: Gott selbst. Der Zweck der Weisheit und Offenbarung ist es, daß die Christen Gott erkennen . Bei dieser Erkenntnis ( epignOsei ) handelt es sich nicht um abstrakte Kenntnis von Gott oder das Wissen objektiver Tatsachen über ihn, sondern um ein persönliches und intimes Vertrautsein mit ihm (vgl. "Erkenntnis", epignOseOs , in Eph 4,13 ). Dazu gehört die Kenntnis seines Wesens und Willens. Die Philosophen sagen: "Erkenne dich selbst"; das Christentum sagt: "Erkenne Gott durch Christus".

 

 

Eph 1,18 a

 

Daran schließt sich die Bitte an: Und er gebe euch erleuchtete Augen des Herzens . Im Griechischen ist dieser Satz eng mit dem vorhergehenden verbunden und stellt eher einen Einschub innerhalb der ersten Bitte dar. Die im Deutschen auf die Zukunft gerichtete Bitte ist im Griechischen im Perfekt ausgedrückt. Paulus betete in Vers 17 um wahre geistliche Einsicht für die Epheser, deren Herzen bereits erleuchtet worden sind (das Perfekt deutet auf eine Handlung in der Vergangenheit, deren Wirkung noch anhält; vgl. V. 3-14 , bes. 7 - 9 ). Das "Herz" steht in der Bibel für das Zentrum der Persönlichkeit eines Menschen.

 

 

b. Der Grund für die Weisheit und Offenbarung

( 1,18 b. 19-23 )

 

Danach nennt Paulus den Grund für seine Bitte: Damit ihr erkennt . Die drei Tatsachen, die die Epheser erkennen sollen, folgen in Vers 18 b. 19-23 (die erste steht in V. 18 b, die zweite in V. 18 c, die dritte in V. 19-23 ). Das Wort "erkennen" ( eidenai ; V. 18 ) bezeichnet ein faktisches Wissen - so wie man, bevor man in eine Schlacht zieht, die Stärke und Ausrüstung seines Heeres kennen muß.

 

 

Eph 1,18 b

 

Die erste Tatsache, derer die Gläubigen gewiß sein müssen, betrifft die Vergangenheit. Ihre gegenwärtige Hoffnung wurzelt in der Vergangenheit, in ihrer Berufung (vgl. Röm 1,6; Röm 8,30; Eph 4,1.4; 2Tim 1,9 ) zur Rettung. Die "Hoffnung" bezeichnet in der Schrift die absolute Gewißheit des Sieges, den der Gläubige in Gott erringen wird (vgl. Röm 8,23-24; Eph 4,4; Kol 1,5; 1Thes 1,3; 1Pet 3,15 ).

 

 

Eph 1,18 c

 

Die zweite Tatsache, die sie wissen sollen, bezieht sich auf die Zukunft: Wie reich die Herrlichkeit seines Erbes für die Heiligen ist. Bei der Auferstehung der Gläubigen (die "Heiligen" sind die, die von Gott ausgesondert sind; vgl. V. 1 ) wird Gott diejenigen, die er für einen so großen Preis nach dem Reichtum seiner Gnade erkauft hat ( V. 7 ), erben. Das ist daszweite von insgesamt sechsmal, daß Paulus im Epheserbrief vom "Reichtum" Gottes spricht ( Eph 1,7.18;2,4.7;3,8.16 ). In 1,14 schrieb er, daß das Erbe der Christen ihre endgültige Erlösung von der Sünde ist. Hier in Vers 18 spricht er von Gottes Erbe, das die Heiligen selbst sind. Durch die "herrliche Gnade" (V. 6 ) des "Vaters der Herrlichkeit" (V. 17 ) wird Gott "die Herrlichkeit seines Erbes" antreten (V. 18 ).

 

 

Eph 1,19-23

 

Die dritte Tatsache, die die Gläubigen wissen sollen, bezieht sich schließlich auf die Gegenwart: Wie überschwenglich groß seine Kraft an uns, die wir glauben , ist. Der Begriff "Kraft" ( dynamis ; vgl. Eph 3,20 ) meint eine geistliche, lebendige Macht Gottes, die auf die Christen einwirkt. Um sie zu beschreiben, verwendet Paulus drei Begriffe: die Macht ( kratous , Macht, die Widerstand überwindet, wie in den Wundern Christi; dieser Begriff wird nur für Gott benutzt, niemals für die Gläubigen) seiner Stärke ( ischyos ), mit der er in Christus gewirkt hat (vgl. Eph 6,10; 1Pet 4,11 ) wurde bei uns wirksam ( energeian , "wirkende Macht", daher "Energie"). Diese großartige Häufung der verschiedenen Begriffe für "Kraft" unterstreicht die Größe der "Kraft" Gottes, die den Christen zugute kommt.

Dann kommt Paulus auf drei Manifestationen der Kraft Gottes zu sprechen, die in Christus sichtbar werden ( Eph 1,20-23 ). Erstens: Durch sie hat er ihn von den Toten auferweckt und eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel . Die Kraft Gottes, durch die er Christus in der Vergangenheit auferweckt und erhöht hat (vgl. Röm 8,34; Eph 2,6; Kol 3,1; 1Pet 3,22; Hebr 1,3;8,1;12,2 ), wirkt heute noch in den Gläubigen (vgl. Phil 3,10 ). Sie ist eine erstaunliche Quelle geistlicher Lebendigkeit, Kraft und Stärke für das christliche Leben (vgl. Kol 1,11 ). Christi Himmelfahrt und die Tatsache, daß er zur Rechten Gottes sitzt, sind Zeichen seiner Erhöhung über jede menschliche oder übermenschliche (vgl. Phil 2,8-11 ) Macht (vgl. Kol 1,16 ) sowohl in der Gegenwart ( nicht allein in dieser Welt ) als auch in der Zukunft ( sondern auch in der zukünftigen ; vgl. 1Kor 15,23-28 ). Die Begriffe "Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft" beziehen sich wahrscheinlich in erster Linie auf Engelwesen (vgl. Röm 8,38; Eph 3,10; 6,12; Kol 1,16;2,15; Tit 3,1 ).

Zum zweiten manifestiert sich die Kraft Gottes in Christus darin, daß er alles unter seine Füße getan hat . Während Adam nach dem Sündenfall seine Führungsrolle in der Schöpfung verlor, wurde Christus zu ihrem Haupt gemacht (vgl. Eph 1,10 ). Dieser Führungsanspruch Christi wird in der Zukunft endgültig durchgesetzt werden ( Ps 8,7; 1Kor 15,27; Hebr 2,6-8 ).

Drittens ist Christus zum Haupt über die Gemeinde eingesetzt worden. Die endgültige Manifestation seiner Herrschaft über die gesamte Schöpfung liegt zwar noch in der Zukunft, doch er ist bereits jetzt das Haupt der Gemeinschaft der Gläubigen. Auch in Eph 4,15 und Eph 5,23 und in Kol 1,18 wird er als "Haupt" der Gemeinde bezeichnet. In Eph 1,10 ist die Gemeinde zwar impliziert, doch erst in Vers 22 b wird sie explizit genannt. Sie ist sein Leib (V. 23 ; vgl. Eph 4,4.15-16; Kol 1,18 ). Diesem Leib, der universalen Kirche, gehören alle Gläubigen an. Er ist die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt , eine Wendung, die gewisse Schwierigkeiten für die Auslegung bietet. Das Verb "erfüllt" kann passiv verstanden werden und bedeutet dann, daß Christus, das Haupt der Gemeinde, von der Gemeinde erfüllt wird. D. h., Christus wird in dem Wachstum der Gemeinde vollendet. Plausibler ist jedoch eine aktivische Deutung: Christus, das Haupt des Leibes, erfüllt ( für sich selbst ) die Gemeinde mit seinem Segen. Der Vers könnte dann folgendermaßen wiedergegeben werden: "Die sein Leib ist, der mit dem erfüllt wird, der alle Dinge mit allen Dingen (mit seinem Segen) erfüllt." Dieser Deutung ist aus drei Gründen der Vorzug zu geben: (1) Nirgendwo sonst findet sich im Neuen Testament die Aussage, daß Christus von der Gemeinde erfüllt wird. (2) Sie fügt sich gut in den Kontext ein, weil die drei Personen der Gottheit als vollendende Instanzen auftreten (vgl. Eph 1,10 ). (3) Sie entspricht der Aussage von Eph 4,10 ,wo davon die Rede ist, daß Christus alle Dinge ("über alle Himmel" bedeutet "alle Dinge") gibt, d. h., daß er die Gemeinde zahlen- und gabenmäßig wachsen läßt.

Damit schließt das Gebet des Paulus. Nachdem er gezeigt hat, daß die Gläubigen jeden geistlichen Segen besitzen ( Eph 1,3-14 ), bittet er, daß sie zur Erkenntnis Gottes gelangen mögen (V. 17 ), damit ihnen drei Dinge klar sind: (1) Die Berufung zur Rettung in der Vergangenheit , die die Hoffnung weckt (V. 18 ), (2) das zukünftige Erbe, das Gott in seinen Heiligen besitzt (V. 18 ), und (3) die gegenwärtige Kraft Gottes, die den Gläubigen zugute kommt und die sich (a) in der Vergangenheit in der Auferstehung und Erhöhung Christi manifestierte, (b) in der Zukunft in Christi Herrschaft über die gesamte Schöpfung manifestieren wird und (c) sich in der Gegenwart in der Funktion Christi als Haupt der Gemeinde manifestiert.