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Galaterbrief Eschatologie  Donald K. Campbell) Reihe Walvoord.


Galater Brief Kapitel 2 Campbell



B. Paulus' Anerkennung durch die Apostel

( 2,1-10 )

 

In Kapitel 2 setzt sich Paulus zwar weiter mit der Verteidigung seiner apostolischen Vollmacht und des Evangeliums, das er predigt, auseinander, doch konzentriert er sich nun nicht mehr so sehr auf den Ursprung dieser Botschaft, sondern vielmehr auf ihren Inhalt. Während er in Kapitel 1 seine Unabhängigkeit von den anderen Aposteln betonte, demonstriert er nun die Übereinstimmung zwischen ihnen und ihm.

 

 

Gal 2,1

 

Über die Frage, um welchen Besuch in Jerusalem es sich bei dem hier erwähnten, den Paulus mit Barnabas , einem gläubigen Juden, und Titus , einem gläubigen Heiden, zusammen unternahm, handelte, hat es viele Debatten gegeben. Die Apostelgeschichte erwähnt fünf Jerusalemaufenthalte nach seiner Bekehrung: (1) der Besuch, nachdem er Damaskus verlassen hatte ( Apg 9,16-30; Gal 1,18-20 ); (2) der Besuch anläßlich der Hungersnot ( Apg 11,27-30 ); (3) der Besuch anläßlich des Apostelkonzils ( Apg 15,1-30 ); (4) der Besuch am Ende der zweiten Missionsreise ( Apg 18,22 ); (5) der letzte Besuch, der zu Paulus' Gefangenschaft in Cäsarea führte ( Apg 21,15- Apg 23,35 ). Die Exegeten sind unterschiedlicher Meinung darüber, ob Gal 2,1 sich auf den Besuch anläßlich der Hungersnot oder anläßlich des Apostelkonzils bezieht. Doch warum sollte Paulus in diesem Kontext, in dem er alle seine Kontakte zu menschlichen Autoritäten aufzählt, seine zweite Reise nach Jerusalem auslassen? Wenn er hier tatsächlich von seinem Besuch in Jerusalem anläßlich des Apostelkonzils spricht ( Apg 15 ), warum finden wir dann keinerlei Anspielung auf das Aposteldekret? Es scheint deshalb plausibler, davon auszugehen, daß er von dem Besuch anläßlich der Hungersnot in Jerusalem spricht.

 

 

Gal 2,2

 

Zum zweiten Jerusalemaufenthalt des Apostels kam es aufgrund einer Offenbarung . Paulus reiste in die Stadt, weil Gott es wollte, nicht weil die Leiter der Jerusalemer Gemeinde ihn herbeizitiert hatten, um ihn für seine Predigt vor den Heiden zu tadeln. Mit der Offenbarung, von der Paulus hier spricht, kann gut auch die Prophezeiung des Agabus gemeint sein, der die Hungersnot vorhergesagt und Paulus und Barnabas veranlaßt hatte, eine Kollekte durchzuführen, deren Ertrag sie dann nach Jerusalem brachten (vgl. Apg 11,27-30 ). Damals ergriff Paulus die Gelegenheit, mit den anderen Aposteln seine Botschaft, die er unter den Heiden verkündigte, zu besprechen. Das bedeutet nicht, daß er ihre Billigung für die Wahrheit und Genauigkeit seines Evangeliums suchte, denn er hatte es ja direkt durch eine Offenbarung Gottes empfangen. Ihm lag vielmehr daran, sein Evangelium mit der Botschaft, die sie verkündigten, zu vergleichen. Denn wenn die Leiter der Jerusalemer Gemeinde darauf bestanden, daß auch die Heiden die Beschneidung und andere Gebote des Gesetzes hielten, so war sein Mühen unter den Heiden vergeblich . Das heißt nicht, daß der Apostel Zweifel oder Befürchtungen in Hinsicht auf das Evangelium, das er nun seit 14 Jahren ( Gal 2,1 ) predigte, hegte, sondern nur, daß er fürchtete, daß sein Wirken in der Vergangenheit und in der Gegenwart von den Judaisten behindert werden oder sich aufgrund ihrer gegenteiligen Bemühungen als wirkungslos erweisen könnte.

 

 

Gal 2,3-5

 

Nun wird auch klar, warum er Titus damals mit nach Jerusalem nahm. Er wollte die Haltung der anderen testen. Würden die Jerusalemer Apostel einen Heidenchristen zwingen, sich beschneiden zu lassen? Paulus wußte, daß sowohl Juden als auch Heiden ohne Unterschied von Gott angenommen sind, wenn sie an Jesus Christus glauben, und daß die Kirche dasselbe tun sollte. Nach seinen Worten wurde diese Wahrheit in Jerusalem bestätigt, denn Titus wurde nicht gezwungen, sich beschneiden zu lassen, obwohl er Grieche war. Doch dieser Sieg fiel Paulus nicht in den Schoß. Gewisse falsche Brüder (vgl. 2Pet 2,1 ) übten starken Druck aus, daß Titus doch noch beschnitten werden sollte. Zweifellos gehörten sie zum Lager der Judaisten, deren Hauptaussage in Apg 15,1 nachzulesen ist: "Wenn ihr euch nicht beschneiden laßt nach der Ordnung des Mose, könnt ihr nicht selig werden." Diese "falschen Brüder" gebärdeten sich wie drittklassige Spione, die nach Schwachstellen bei ihren Feinden suchten.

In diesem Fall drängten und schlichen sie sich ein ( pareisElthon ; vgl. Röm 5,20 ), d. h. sie erschienen, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, bei den privaten Unterredungen der Apostel. Sie bezweckten damit zweierlei: erstens wollten sie die Freiheit, die wir in Jesus Christus haben, auskundschaften ( kataskopEsai ; das Verb steht nur an dieser einen Stelle im Neuen Testament). Ihre - feindliche - Absicht war es herauszubekommen, ob die Apostel sich für die Freiheit vom mosaischen Gesetz und von der Gesetzlichkeit, die es mit sich gebracht hatte, entschieden. Zweitens hatten sie vor, die Christen zu Knechten zu machen. Sie wollten die Gläubigen in die Knechtschaft der Regeln und Riten des Gesetzes zurückzwingen. Vor allem bestanden sie darauf, daß Titus beschnitten wurde. Doch Paulus blieb fest, denn hier stand die Wahrheit des Evangeliums bei den Galatern und in der ganzen christlichen Kirche auf dem Spiel. Titus die Beschneidung aufzuerlegen hätte bedeutet, die Rettung allein durch den Glauben zu leugnen und einzuräumen, daß für die Annahme bei Gott neben dem Glauben auch der Gehorsam gegenüber dem Gesetz notwendig sei. Hier ging es also um den Kern des Evangeliums überhaupt, und Paulus wich auch nicht eine Stunde davon ab.

 

Gal 2,6

 

Nach diesen Ausführungen wiederholt Paulus nochmals das Ergebnis seiner Unterredung mit den Aposteln in Jerusalem und erklärt, daß sie ihm nichts weiter auferlegten . Sie korrigierten oder veränderten die Botschaft, die Paulus verkündigt, nicht, sondern erkannten ihren göttlichen Ursprung an und bestätigten ihre Wahrheit und Vollkommenheit. Doch warum scheint der Apostel hier beinahe verächtlich über gewisse Leiter der Jerusalemer Gemeinde zu sprechen? Wie in Vers 2 bezeichnet er sie auch hier als die, die das Ansehen hatten ; und in Vers 9 nannte er Jakobus, Petrus und Johannes beim Namen und sagte, sie würden "als Säulen angesehen". Angesichts der Tatsache, daß Paulus in diesem Abschnitt seine Übereinstimmung mit den Jerusalemer Aposteln herausstreichen wollte, führt man diese Anspielungen wohl am besten auf die Tatsache zurück, daß die Judaisten so sehr auf das Ansehen der Leiter der Jerusalemer Gemeinde pochten, um Paulus abwerten zu können. Die Ironie, mit der er auf dieses Manöver reagiert, zeigt, daß er weder von dem vergangenen noch dem gegenwärtigen Statusvon Jakobus, Petrus und Johannes besonders beeindruckt war. Tatsächlich hatten sie sein Evangelium ja bestätigt und ihn als vollkommen gleichrangig akzeptiert.

 

 

Gal 2,7-9

 

Außerdem hatten Jakobus, Kephas und Johannes anerkannt, daß Paulus von Gott das Evangelium an die Heiden anvertraut war, so wie Kephas das Evangelium an die Juden . Daß die Leiter der Jerusalemer Gemeinde die Heidenmission gebilligt hatten, muß ein harter Schlag für die Judaisten gewesen sein.

Dabei war es jedoch nicht so, daß Petrus und Paulus zwei verschiedene Evangelien verkündigten. Es gab nur ein Evangelium, das allerdings von verschiedenen Aposteln vor Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft gepredigt wurde. Der Grund dafür, daß die Jerusalemer Apostel Paulus anerkannten, lag in der Tatsache, daß Gott seiner - wie auch ihrer - Predigt Erfolg beschieden hatte. Die Missionare besiegelten ihre Übereinstimmung, indem Jakobus und Kephas und Johannes Paulus und Barnabas die rechte Hand gaben . Das war ein Zeichen der gegenseitigen Billigung und des Vertrauens und zugleich ein Hinweis für alle, die dabei waren und Zeugen wurden, daß die "Arbeitsteilung", die den Jerusalemer Aposteln die Verkündigung der Botschaft unter den Juden und Paulus die Verkündigung des Evangeliums unter den Heiden zuwies, auf einer gemeinsam getroffenen Entscheidung basierte.

 

 

Gal 2,10

 

Die einzige Bitte der Leiter der Gemeinden in Jerusalem war, daß Paulus an die Armen denken sollte, was er sich denn auch eifrig zu tun bemühte . Er war ja schon diesmal nach Jerusalem gekommen, um ihnen eine Geldspende zu überbringen (vgl. Apg 11,29-30 ), und dieselbe Fürsorge veranlaßte ihn, auf seiner dritten Missionsreise eine großangelegte Kollekte für die bedürftigen Christen in Jerusalem zu organisieren (vgl. 1Kor 16,1-3 ). Das Opfer der übrigen christlichen Gemeinden würde die Not der Christen in Jerusalem lindern und wäre darüber hinaus ein Beweis für die Solidarität der Heidenchristen mit ihren jüdischen Glaubensgenossen. Eine solche öffentliche Demonstration der Verbundenheit aller Christen würde die Einheit und Liebe unter den Gläubigen fördern und dazu beitragen, derartige Mißverständnisse zu vermeiden, wie sie in den galatischen Gemeinden aufgekommen waren.

 

C. Paulus' Tadel des Führers der Apostel

( 2,11-21 )

 

In dem Bericht über diesen letzten historischen Zwischenfall, den er den Galatern schildert, begründet Paulus, warum er Petrus, den anerkannten Führer der Jerusalemer Apostel, tadeln mußte: Sein Verhalten drohte, das Evangelium zu kompromittieren. Der Abschnitt bildet einen schroffen Gegensatz zum vorhergehenden, in dem er zunächst die Einigkeit, zu der die Apostel untereinander gelangt waren, hervorhob.

 

 

Gal 2,11

 

Als Paulus Jerusalem besuchte, gaben ihm Petrus (und andere) "die rechte Hand" als Zeichen der Gemeinschaft. Als Kephas ihn jedoch in Antiochia aufsuchte, widerstand Paulus ihm ins Angesicht . Wann Petrus diese Reise unternahm, wissen wir nicht. In der Apostelgeschichte findet sich keinerlei Hinweis darauf. Wahrscheinlich fand der Besuch schon bald, nachdem Paulus, Barnabas und Titus aus Jerusalem nach Antiochia zurückgekehrt waren, statt. Das Verhalten von Petrus in Antiochia führte dann offenbar zur Konfrontation zwischen den beiden Leitfiguren des Christentums. Paulus sah sich anscheinend gezwungen, Petrus zu tadeln, um das wahre Evangelium zu verteidigen und um erneut seine eigene Unabhängigkeit und seine Vollmacht als Apostel zu demonstrieren.

 

 

Gal 2,12

 

Bei seiner Ankunft in Antiochia erlebte Petrus, daß Juden- und Heidenchristen miteinander aßen, ohne die jüdischen Speisevorschriften zu beachten. Aufgrund einer Vision, die er im Hause Simons des Gerbers gehabt hatte ( Apg 10,9-15.28 ), war er frei genug, mit ihnen zu essen, was er denn auch regelmäßig tat. Diese Praxis war eine eindrucksvolle Demonstration der Einheit zwischen Juden und Heiden in Christus. Als jedoch einige Brüder aus Jerusalem eintrafen, die über sein Verhalten entsetzt waren, zog er sich zurück . Bei diesen Abgesandten handelte es sich um Leute von Jakobus , die beschnitten waren; es ist allerdings zweifelhaft, ob sie tatsächlich mit der Billigung des Jakobus agierten. Nichtsdestoweniger ließ Petrus sich von ihnen beeinflussen und sonderte sich von den Heiden ab . Die griechische Verbform in diesem Satz steht im Imperfekt und deutet damit auf einen allmählichen Rückzug hin. Petrus nahm also wohl allmählich immer seltener an den gemeinsamen Mahlzeiten teil. Vielleicht setzte er sich auch am Anfang der Mahlzeit noch zu den Heidenchristen und beendete das Mahl dann im Kreise von Judenchristen. Durch dieses Verhalten gab er jedoch zu verstehen, daß es zwei Leiber Christi gebe, einen jüdischen und einen heidnischen - das war Häresie. Doch warum ließ Petrus es zum Bruch kommen? Ganz sicher nicht, weil sich seine theologische Einstellung geändert hatte; wahrscheinlich hatte er einfach Angst. Als er vor dem Heiden Kornelius gepredigt hatte, hatte er sich noch mutig vor den anderen Leitern der Jerusalemer Gemeinde verteidigt (vgl. Apg 11,18 ), doch diesmal kapitulierte er vor einigen seiner jüdischen Freunde.

 

Gal 2,13

 

Wie beim Fallen von Dominosteinen riß der Abfall von Petrus auch andere Juden mit und verführte schließlich selbst Barnabas zur Abweichung von der Linie, die er bisher gemeinsam mit Paulus verfolgt hatte. Der Druck, dem Barnabas ausgesetzt war, muß sehr groß gewesen sein, denn er stammte von Zypern, einem Mittelpunkt des Heidentums, und hatte mit Paulus zusammen die Heiden missioniert. Auf diese Weise machten sich jedoch letztlich alle - Petrus, die Judenchristen und Barnabas - der Heuchelei schuldig, denn während sie einerseits bekannten und lehrten, daß sie in Christus eins mit den Heiden seien, leugneten sie diese Wahrheit andererseits durch ihr äußeres Verhalten.

 

 

Gal 2,14

 

Paulus reagierte sehr heftig auf diese Entwicklung. Petrus hatte einen öffentlichen Skandal heraufbeschworen und verdiente daher auch eine öffentliche Zurechtweisung. Die Abgefallenen handelten nicht richtig nach der Wahrheit des Evangeliums , d. h., sie leugneten durch ihr Handeln die Wahrheit, daß gläubige Juden und Heiden auf der Grundlage von Christi Tod und Auferstehung in gleicher Weise von Gott angenommen werden. Daher fragte Paulus Petrus vor allen Leuten: "Wenn du, der du ein Jude bist, heidnisch lebst und nicht jüdisch, warum zwingst du dann die Heiden, jüdisch zu leben?" Das war beißende Ironie. Was Petrus auf diese herbe Kritik antwortete, wissen wir nicht. Er war verurteilt. Er handelte gegen seine eigenen Überzeugungen, verriet die christliche Freiheit und war ein Schandfleck für seine Glaubensbrüder geworden. Er hatte diese Zurechtweisung durch sein Verhalten selbst heraufbeschworen.

 

 

Gal 2,15

 

Doch wie weit ging diese Rüge? Über die Frage, ob sie sich auf das in Vers 14 Gesagte beschränkte oder auch den Inhalt des ganzen folgenden Abschnittes umfaßte, bestehen beträchtliche Meinungsverschiedenheiten. Es ist nicht möglich, diesen Streit hier beizulegen, doch es scheint plausibel, daß Paulus seine Kritik an Petrus in mehr als nur einen einzigen tadelnden Satz kleidete. Es ist also anzunehmen, daß die folgenden Verse des Kapitels darauf abzielen, die Inkonsistenz zwischen dem Verhalten und den Überzeugungen von Petrus weiter offenzulegen. Gleichzeitig bilden sie einen großartigen Übergang und eine Einleitung zu den Kap. 3; 4 , in denen Paulus seine Lehre von der Rechtfertigung allein aus Glauben verteidigt.

Die Argumentation des Paulus richtete sich an diejenigen, die von Geburt Juden waren - schloß also Petrus und ihn selbst ein - und die nun trotz ihrerfrüheren religiösen Privilegien wie alle andern Christen allein durch den Glauben gerettet waren. Warum war es also nötig, den heidnischen Sündern das Gesetz aufzuerlegen, wo sie doch ebenfalls durch den Glauben an Christus gerettet waren?

 

 

Gal 2,16

 

In diesem Vers, einer zentralen Stelle des ganzen Briefes, taucht zum ersten Mal das Verb gerecht werden auf. Es ist ein juristischer Terminus, der aus der Gerichtssprache entlehnt ist und "für gerecht erklären" bedeutet. Doch wie können die Menschen gerecht werden, da sie doch verurteilte Sünder sind und Gott heilig ist? In seiner Antwort erklärt der Apostel, daß der Mensch nicht durch Werke des Gesetzes gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus . Das war eine schockierende Behauptung, die Paulus da vor Petrus und all den anderen Judenchristen, die in dem wir wissen eingeschlossen sind, aufstellte. Nach seinen Worten hat er diese Lehre an sich selbst überprüft und für richtig befunden (V. 16 b). Nochmals (V. 16 c) betont er ausdrücklich, daß die Rechtfertigung allein aus Glauben, nicht durch Werke erlangt wird (vgl. 1Mo 15,6 ).

 

 

Gal 2,17-18

 

Paulus' theologische Gegner wandten dagegen ein, daß eine Rechtfertigung durch den Glauben, die das Gesetz aufhebt, letztlich einem sündigen Leben Vorschub leiste. Die Menschen könnten dann um ihrer Rettung willen an Christus glauben und im übrigen tun und lassen, was sie wollten, da sie es ja nicht mehr nötig hätten, gute Werke zu vollbringen. Diesen Vorwurf weist Paulus aufs Heftigste zurück, denn das würde darauf hinauslaufen, daß Christus ein Diener der Sünde ist. Seiner Ansicht nach verhält es sich ganz im Gegenteil so, daß ein Gläubiger, wenn er, nachdem er sich für seine Rettung Christus anvertraut hat, zum Gesetz zurückkehrt, von diesem Gesetz erst recht als ein Sünder, ein Übertreter des Gesetzes, erwiesen würde. Obwohl Paulus hier in der ersten Person Singular spricht, dachte er dabei doch ganz sicher an Petrus, der, indem er sich von der Tischgemeinschaft mit den Heiden zurückzog, unter das Gesetz zurückgekehrt war.

 

 

Gal 2,19-20

 

Paulus distanziert sich von Petrus und setzt sein Verhältnis zum Gesetz dem des Petrus gegenüber. Er schildert die Verwandlung, die mit einem Menschen vorgeht, der durch den Glauben an Christus - an seinen Tod und seine Auferstehung - zu Gott gekommen ist. Beide Verse sprechen vom Einssein des Gläubigen mit Christus in seinem Tod und seiner Auferstehung. Der Apostel ist durchs Gesetz dem Gesetz gestorben . Das Gesetz fordert den Tod für diejenigen, die es übertreten, doch Christus hat diese Strafe für alle Sünder bezahlt. Daher hat das Gesetz ihn getötet und diejenigen, die an ihn glauben, zur Einheit untereinander und zum Leben für Gott befreit (vgl. Röm 7,4 ).

In Gal 2,19 b - 20 erweitert Paulus die Bedeutung von Vers 19 a. Er "ist dem Gesetz gestorben", weil er mit Christus gekreuzigt wurde, und kann nun "Gott leben", weil Christus in ihm lebt. Grundlegend für das Verständnis dieses Verses ist die Bedeutung des "Einsseins mit Christus". Diese Lehre basiert auf Textstellen wie Röm 6,1-6 und 1Kor 12,13 , die besagen, daß die Gläubigen durch den Heiligen Geist in Christus und in die Kirche, den Leib aller wahren Gläubigen, getauft sind. Auf diese Weise mit Christus vereinigt haben sie Anteil an seinem Tod, seinem Begräbnis und seiner Auferstehung. Daher kann Paulus schreiben: "Ich bin mit Christus gekreuzigt" (ein Geschehen, das weiterbesteht). Das ist der Tod des Gesetzes und bedeutet ein völlig neues Leben für den Gläubigen: "Ich lebe, doch nun nicht ich." Der selbstgerechte, selbstsüchtige Paulus ist gestorben. Mit dem Tod Christi endete auch Paulus' Selbsterhöhung, und er überließ den Thron seines Lebens einem anderen: Christus. Doch Paulus kann nicht aus eigener Kraft ein christliches Leben führen; der lebendige Christus selbst hat Wohnung in seinem Herzen genommen: Christus lebt in mir . Allerdings wirkt Christus nicht automatisch im Leben eines Gläubigen; der Gläubige muß vielmehr ein neues Leben im Glauben an den Sohn Gottes führen. Es ist also der Glaube, nicht der Gesetzesgehorsam oder die Werke, durch die die von Gott geschenkte Befähigung zu einer wahrhaft christlichen Lebensführung freigesetzt wird. Dieser Glaube, so Paulus, beruht auf dem Opfer Christi, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahingegeben . Paulus lehrt also: "Wenn er mich genug geliebt hat, daß er sich für mich dahingegeben hat, dann liebt er mich auch genug, um sein Leben in mir zu leben."

 

 

Gal 2,21

 

Summarisch stellt Paulus fest: "Ich werfe nicht weg die Gnade Gottes." Damit sagt er zugleich, daß Petrus und seine Anhänger die Gnade Gottes verschmähen, denn das Wesen dieser Gnade ist es, den Menschen zu geben, wofür sie nicht gearbeitet haben (vgl. Röm 4,4 ). Wer auf der Rechtfertigung oder Heiligung durch Werke besteht, erklärt die Gnade Gottes für nichtig, und wer auf dem Gehorsam gegenüber dem Gesetz beharrt, gibt damit der Überzeugung Ausdruck, daß Christus vergeblich gestorben ist . Wenn die Gerechtigkeit vom Halten des Gesetzes abhängt, dann war das Kreuz nur eine vergebliche Geste, der größte Irrtum aller Zeiten.