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Galaterbrief Eschatologie
Donald K. Campbell) Reihe Walvoord.
Galater Brief Kapitel
4 Campbell
( Gal 4 )
1. Die Befreiung vom Gesetz
( 4,1-7 )
Gal 4,1-2
Um die geistliche Unreife derer, die unter dem Gesetz leben, zu
veranschaulichen, erinnert Paulus die galatischen Christen an die
rechtliche Position eines Erben , solange er noch unmündig ( nEpios ,
"Minderjähriger, Kleinkind", im Gegensatz zu huios , "Sohn", in Gal
3,7.26 ) ist. Obwohl er von Geburt Herr über alle Güter ist, wird er
dennoch wie ein Sklave unter Vormundschaft gehalten, hat keine
Freiheiten und darf auch keine Entscheidungen treffen. Als Kind
untersteht er Vormündern ( epitropous ; das ist nicht dasselbe wie
die paidagOgos in Gal 3,24-25 ) und Pflegern , die seine Güter für ihn
verwalten. Diese Regelung blieb solange in Kraft, bis er das Sohnesalter
erreichte, was in der jüdischen, griechischen und römischen Gesellschaft
zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Fall war. Nach dem römischen Gesetz
wurde das Alter, in dem ein Kind zum Erwachsenen erklärt wurde,
vom Vater bestimmt . Zur Mündigkeitserklärung gehörte die feierliche
Überreichung der toga virilis und die formale Anerkennung als Sohn und
Erbe.
Gal 4,3
Paulus benutzt dieses Beispiel, um seinen Lesern den Gegensatz zwischen
dem früheren Stand eines Gläubigen und dem, dessen sie sich jetzt
erfreuen, ganz deutlich zu machen. Vormals, in der Zeit ihrer
geistlichen Unreife ( als wir unmündig [ nEpioi ] waren ), waren sie wie
Sklaven. Diese Knechtschaft beschreibt der Apostel als Knechtschaft der
Mächte ( stoicheia , "Elemente") der Welt . Obwohl diese Aussage häufig
auf das mosaische Gesetz bezogen wird, war das bei den Galatern wohl
kaum der Fall, denn die meisten von ihnen waren vor ihrer Bekehrung
Heiden gewesen und hatten demzufolge dem Gesetz niemals unterstanden.
Mit der "Knechtschaft" sind hier also wohl eher die Anfänge der
religiösen Erfahrung gemeint, bei den Juden die Zeit unter dem Gesetz,
bei den Heiden die Knechtschaft der heidnischen Religionen (vgl. die
"schwachen und dürftigen Mächte" in V. 9 ; die "Mächte der Welt" in Kol
2,20 ). Alle Menschen waren in irgendeiner Form Knechte, bevor Christus
sie befreite.
Gal 4,4
Die Wendung aber ... Gott steht für das Eingreifen Gottes, das der
Menschheit Hoffnung und Freiheit brachte. Wie in der damaligen
Gesellschaft ein menschlicher Vater den Zeitpunkt festsetzte, an dem
sein Kind als erwachsener Sohn angesehen wurde, so bestimmte der
himmlische Vater die Zeit für das Kommen Christi und bereitete so den
Übergang der Menschen aus der Knechtschaft des Gesetzes in die
geistliche Sohnschaft vor. Diese "Zeit" war gekommen, als die römische
Zivilisation der alten Welt den Frieden und ein Straßensystem gebracht
hatte, das das Reisen erleichterte; als die griechische Zivilisation den
Menschen eine Sprache gegeben hatte, die als lingua franca im ganzen
Reich verstanden wurde; als die Juden den Monotheismus verkündigt und
die Hoffnung auf den Messias in die Synagogen der mediterranen Welt
getragen hatten. Als das alles erreicht war, sandte Gott
seinen präexistenten Sohn aus dem Himmel mit einem ganz bestimmten
Auftrag auf die Erde. Der "Sohn" war nicht nur Gott; er war auch ein
Mensch, wie der Ausdruck "geboren von einer Frau" besagt. Daß hier nur
von seiner Mutter gesprochen wird, stimmt mit der Lehre von der
Jungfrauengeburt, wie sie die Evangelien lehren, überein (vgl. Mt
1,18 ). Darüber hinaus wurde Christus als Jude unter dem Gesetz geboren.
Er erfüllte das Gesetz voll und ganz (vgl. Mt 5,17 ), und er trug
schließlich seinen Fluch (vgl. Gal 3,13 ).
Gal 4,5
Aus zwei Gründen "sandte Gott seinen Sohn" (wieder werden beide Gründe
mit hina , "damit"; vgl. Gal 3,14 ,eingeführt). Zunächst kam er, damit
er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste ( exagorasE ). Dabei ging es
nicht um die Erlösung von dem Fluch des Gesetzes (wie in Gal 3,13 ),
sondern um die Erlösung aus der Knechtschaft des gesamten mosaischen
Systems. Die Betonung liegt hier nicht, wie in Gal 3,13 ,auf der Strafe
für die Sünde, die das Gesetz mit sich brachte, sondern auf seiner
Knechtschaft. Wenn aber Christus die, die unter dem Gesetz standen,
erlöste und befreite, warum sollten sich dann die bekehrten Heiden
diesem offensichtlich überholten Gesetz unterstellen? Zweitens sicherten
die Inkarnation und der Tod Christi den Gläubigen die Kindschaft .
Diejenigen, denen die Segnungen des Erlösungswerkes Christi zuteil
wurden, erfreuen sich nun aller Vorrechte, die ein erwachsener Sohn in
einer Familie genießt.
Gal 4,6
Doch Gott Vater "sandte" nicht nur "den Sohn"; er sandte auch den Geist.
Damit ist die gesamte dreieinige Gottheit an dem Rettungswerk beteiligt.
Der Heilige Geist ist ein Geschenk, das Gott jedem Gläubigen aufgrund
der Kindschaft macht und das keinem einzigen seiner Söhne und keiner
seiner Töchter abgeht. Der Geist wohnt im Herzen der Gläubigen und
bezeugt ihre Zugehörigkeit zur Familie Gottes. Er veranlaßt sie, zu Gott
zu beten und ihn mit Abba, Vater (vgl. Röm 8,15 ) anzureden. "Abba" ist
das aramäische Wort für "Vater", und zwar die Diminutivform, die ganz
kleine Kinder benutzen, wenn sie sich an ihren Vater wenden
(vergleichbar mit dem englischen "Daddy"). Auch Christus selbst benutzte
diese vertrauliche Anrede (vgl. Mk 14,36 ), die - im Gegensatz zum
Formalismus der Gesetzlichkeit - ein Zeichen der Vertrautheit und
Zuneigung ist, die zwischen den Menschen und Gott bestehen kann.
Gal 4,7
Schließlich faßt Paulus nochmals zusammen: Die Galater sind nicht mehr
Knechte, sondern Kinder und damit Erben . Der Apostel geht hier zum
Singular über, um ganz deutlich zu machen, daß jeder Leser direkt und
persönlich angesprochen ist. In der Familie Gottes bedeutet die
Kindschaft zugleich die Einsetzung zum Erben (vgl. Röm 8,17 ).
2. Persönliche Bitten
( 4,8-20 )
Von der formalen Argumentation geht Paulus nun zum persönlichen Appell
an die Galater über, sich nicht in eine Knechtschaft zu begeben, die der
früheren Knechtschaft, in der sie als Heiden lebten, gleicht.
a. Der Appell, nicht in die Gesetzlichkeit zurückzufallen
( Gal 4,8-11 )
Gal 4,8-9
Vor ihrer Bekehrung, als sie Gott noch nicht kannten , waren die Galater
in der Knechtschaft falscher Götter wie z. B. des Zeus und des Hermes
(vgl. Apg 14,11-13 ). Doch dann änderte sich ihr Leben radikal: sie
haben Gott erkannt (die Rettung aus der Perspektive der Menschen), ja
wurden vielmehr von Gott erkannt (die Rettung aus der Perspektive
Gottes). Und nun, nachdem sie den wahren Gott erkannt haben ( gnontes ,
von ginOskO , "persönlich kennen"), wenden sie sich wieder von ihm ab.
Paulus ist erstaunt und bestürzt über diese Entwicklung. Sind die
Galater sich überhaupt bewußt, daß sie damit in den Zustand religiöser
Knechtschaft zurückfallen? Wollen sie das wirklich? Wenn ja, warum
fühlen sie sich dann ausgerechnet von einem System angezogen,
das schwach (es kann die Menschen weder rechtfertigen noch zu einem
gottgefälligen Leben anspornen) und dürftig (es hält kein Erbe für sie
bereit) ist? Die Mächte ( stoicheia ) dieses Systems sind "Mächte der
Welt", wie Paulus bereits in Vers 3 sagte.
Gal 4,10
Unter dem Einfluß der Judaisten hatten die Galater auf jeden Fall
bereits damit begonnen, sich nach dem mosaischen Kalender zu richten.
Sie hielten bestimmte Tage (den wöchentlichen Sabbat) und Monate (den
Neumond) und Zeiten (saisonale Feste wie das Passa, Pfingsten und das
Laubhüttenfest) und Jahre (die Sabbat- und Jubeljahre) ein (vgl. Kol
2,16 ), denn sie glaubten offenbar, sich damit vor Gott zusätzliche
Verdienste zu erwerben. Doch Paulus hatte sie bereits ausdrücklich
darauf hingewiesen, daß dem Glauben keine Werke hinzugefügt werden
können; sie tragen weder zur Rechtfertigung noch zur Heiligung bei.
Gal 4,11
Aus Sorge um die Galater gibt Paulus seiner Furcht Ausdruck, daß er,
wenn sie auf den Vorschriften aus dem jüdischen Gesetz
beharren, vergeblich ( eikE ; vgl. Gal 3,4 ) an ihnen gearbeitet
habe ( kekopiaka ). Die Worte des Apostels enthüllen eine starke
Antipathie gegenüber der Gesetzesreligion seiner Väter.
b. Der Appell an die persönliche Beziehung zwischen Apostel und Gemeinde
( 4,12-16 )
Gal 4,12
Fast flehend fordert Paulus die Galater auf: "Werdet doch wie ich, denn
ich wurde wie ihr" , d. h., "Werdet frei vom Gesetz, wie ich es bin,
denn nach meiner Bekehrung wurde ich wie die Heiden und lebte nicht mehr
unter dem Gesetz". Das paradoxe Verhalten der Galater bestand darin, daß
sie sich als ehemalige Heiden nach ihrer Bekehrung auf einmal unter das
Gesetz stellen wollten.
Gal 4,13-14
Der letzte Satz von Vers 12 ist eng mit den folgenden Versen verbunden,
in denen Paulus davon spricht, wie die Galater ihn bei seinem ersten
Besuch bei sich aufnahmen (vgl. Apg 13-14 ). Damals litt er unter einer
Krankheit, predigte ihnen aber dennoch das Evangelium. Worin
diese Schwachheit des Leibes auch immer bestanden haben mochte, die
Galater verachteten ihn nicht als einen schwachen Boten Gottes,
sondern nahmen ihn auf wie einen Engel Gottes, ja wie Christus Jesus .
Gal 4,15-16
Sie hatten ihn freudig empfangen und es als ein besonderes Glück für
sich selbst erachtet, daß er unter ihnen predigte. Ihre Wertschätzung
war so groß, daß sie sich ohne Zögern für Paulus die Augen
ausgerissen hätten. Manche Exegeten sehen darin einen Hinweis darauf,
daß Paulus an einer Augenkrankheit litt (der "Pfahl im Fleisch"; 2Kor
12,7 ), doch diese Schlußfolgerung ist keinesfalls gesichert. Es kann
sich hier auch lediglich um einen bildlichen Ausdruck für die
Hochschätzung der Galater für den Apostel gehandelt haben - sie hätten
ihm ihren kostbarsten Besitz gegeben.
Doch all das trifft nun nicht mehr zu. Seine Anwesenheit ist ihnen kein
Anlaß zur Freude mehr, ja es hat den Anschein, als ob er, einfach
deshalb, weil er ihnen die Wahrheit vorhält, ihr Feind geworden sei. Wie
wankelmütig sie doch sind! Sie wenden sich gegen den Herrn, das
Evangelium der Gnade und den Boten, der ihnen die frohe Botschaft von
der Rechtfertigung durch den Glauben gebracht hat.
c. Der Appell, an den Apostel zu denken
( 4,17-20 )
Gal 4,17-18
Während die Dankbarkeit des Apostels den Galatern gegenüber ganz ohne
Falsch ist, handelten die gesetzlichen Judenchristen aus unechten
Motiven. Der Apostel spricht die Wahrheit (vgl. V. 16 ); die Judaisten
dagegen benutzten Schmeicheleien. Sie wollten die Galater Paulus und
seiner Lehre abspenstig machen ( ekkleisai , wörtlich: "aussperren") und
sie auf ihre Seite ziehen, um Einfluß über sie zu gewinnen. In einem
interessanten Wortspiel mit dem Verb "werben" sagt Paulus, daß die
Judaisten um die Galater werben, damit diese ihrerseits um sie werben.
Paulus räumt ein, daß es gut ist, umworben zu werden , doch er besteht
darauf, daß die Absicht ehrbar sein müsse, was bei den Judaisten nicht
der Fall war.
Gal 4,19-20
Der Apostel dagegen ist den Galatern gegenüber immer ehrlich gewesen.
Mit der zärtlichen Anrede meine lieben Kinder ( tekna mou ; ein
Ausdruck, den Paulus nur an dieser einen Stelle gebraucht) vergleicht er
sich selbst mit einer Mutter, die unter großen Schmerzen ein Kind zur
Welt bringt. Er hatte diese Erfahrung schon einmal, bei ihrer Rettung,
gemacht; doch nun muß er sie abermals durchstehen, um sie aus den Händen
der falschen Lehrer zu befreien.
Mit der Formulierung "bis Christus in euch Gestalt gewinne" kommen
jedoch plötzlich ganz neue Metaphern ins Spiel. Paulus wünscht sich, die
Gläubigen in das Ebenbild Christi verwandelt (morphothe, wörtlich: "die
Form annehmen von"; vgl. morphe in Phil 2,6-7 ) zu sehen. Das
christliche Leben wird hier als eine Art Reinkarnation Christi im Leben
der Gläubigen verstanden. Dies ist letztlich Gottes Ziel - daß Christus
in und durch einen jeden Gläubigen lebt (vgl. Gal 2,20 ). Im Moment
allerdings ist der Apostel irre an den Galatern geworden. Er spürt, daß
ihre geistliche Entwicklung aufgehalten wurde und wünscht sich
sehnlichst, bei ihnen zu sein, um ihnen freundlich, aber bestimmt seinen
Standpunkt klarzumachen.
3. Beispiele aus der Schrift
( 4,21-31 )
In einem geradezu genialen Schachzug schließt Paulus seine theologische
Apologie der Rechtfertigung aus dem Glauben mit einem Beispiel aus der
Schrift. Anhand der alttestamentlichen Erzählung vom Leben Abrahams
veranschaulicht er seinen Lesern, was er ihnen immer wieder über den
Gegensatz zwischen dem mosaischen Gesetz und der Gnade, zwischen Werken
und Glauben, gesagt hat. Darüber hinaus bietet dieses Beispiel ihm die
Möglichkeit, die Galater ganz konkret aufzufordern, die Judaisten aus
ihrer Gemeinde zu entfernen (vgl. V. 30 ).
a. Die historischen Fakten
( 4,21-23 )
Gal 4,21
Noch haben die Galater sich der Knechtschaft des Gesetzes nicht
unterworfen, aber sie stehen im Begriff, es zu tun. Paulus versucht
dagegen mit allen Mitteln, sie von diesem Irrweg abzubringen und wieder
zur Gnade zurückzuführen. Er fordert sie deshalb auf, sich erst einmal
klar zu machen bzw. zu hören, was das Gesetz wirklich sagt.
Gal 4,22
Mit Abraham (1.Mose galt, als ein Buch Mose, als Teil des Gesetzes)
bringt er die Sprache erneut auf den Stammvater des jüdischen Volkes,
auf den die Juden als seine leiblichen Nachkommen ihre Segnungen
zurückführen. Johannes der Täufer und Jesus hatten demgegenüber erklärt,
daß dieleibliche Abstammung von Abraham nicht genüge, um der geistlichen
Segnungen teilhaftig zu werden (vgl. Mt 3,9; Joh 8,37-44 ). Paulus
erinnert seine Leser daran, daß Abraham zwei Söhne hatte (die später
Geborenen sind für dieses Beispiel nicht wichtig), und fordert sie auf
zu überlegen, wem sie mehr glichen. Einer der beiden, Isaak, war von
Sara, der Freien ; der andere, Ismael, war von Hagar, der Magd . Nach
altem Brauch und Gesetz ging der Status der Mutter auf den Sohn über.
Gal 4,23
Auch in der Zeugung unterschieden sich die beiden Söhne Abrahams. Ismael
war nach dem Fleisch gezeugt worden , d. h., auf ganz natürlichem Wege,
ohne Wunder und ohne eine besondere Verheißung Gottes. Isaak dagegen
war kraft der Verheißung gezeugt worden. Abraham und Sara hatten das
Alter, in dem sie noch Kinder bekommen konnten, bereits weit
überschritten, doch Gott erfüllte seine Verheißung auf wunderbare Weise,
indem er aus dem erstorbenen Leib Saras neues Leben hervorbrachte
(vgl. Röm 4,18-21 ).
b. Die allegorische Interpretation
( 4,24-27 )
Um den Gegensatz zwischen dem Gesetz und der Gnade noch deutlicher zu
machen, deutet Paulus die oben erwähnten historischen Ereignisse
allegorisch ( allEgoroumena ). Das heißt nicht, daß er die buchstäbliche
Bedeutung der Geschichte auch nur im geringsten leugnet, doch er stellt
die These auf, daß sie, insbesondere in bezug auf die Empfängnis der
beiden Söhne, darüber hinaus eine höhere, sinnbildliche Bedeutung habe,
die den allgemeinen Konflikt zwischen dem Juden- und dem Christentum
veranschaulicht.
(Diese "Allegorisierung" hat nichts mit der "allegorischen
Interpretation" zu tun, die Origenes, Augustinus und viele andere
Theologen bis heute immer wieder anwenden und in der den historischen
Fakten eine niedrigere, weniger bedeutsame Ebene zugewiesen wird und
statt dessen eine phantastische, verborgene Bedeutung, die keinerlei
Bezug zum Text hat, als weit wichtiger hingestellt wird.)
Gal 4,24
Zunächst weist der Apostel auf die zwei Bundesschlüsse hin, die sich in
den beiden Söhnen manifestierten. Der eine, mosaische, war am Berg
Sinai geschlossen worden. Diejenigen, die unter diesem Bund des Gesetzes
stehen, sind Knechte. Wie Hagar einen Knecht gebar, so bringt auch das
Gesetz nur Knechte hervor. Spätestens hier müßte dem Leser der implizite
Hinweis auf den abrahamitischen Bund klarwerden, das System der Gnade,
das durch Sara repräsentiert wird, die durch die messianische Verheißung
freie Kinder gebar.
Gal 4,25-26
Dann spricht er von den zwei Jerusalems. Hagar steht auch für
das Jerusalem des 1. Jahrhunderts, eine Stadt, die von den Römern
unterworfen war und sich in der Knechtschaft des Gesetzes befand. Sara
dagegen entspricht dem Jerusalem, das droben ist , sie war die Mutter
der Kinder der Gnade. Diese himmlische Stadt, die einst auf Erden
existieren wird (vgl. Offb 21,2 ), ist jetzt die "Stadt des lebendigen
Gottes" (vgl. Hebr 12,22 ), die Heimat der abgeschiedenen Gläubigen
aller Zeitalter.
Gal 4,27
Das Zitat aus Jes 54,1 prophezeite eine Wendung im Schicksal Israels,
die Paulus hier auf Sara anwendet. Vor der babylonischen Gefangenschaft
glich Israel einer Frau, die einen Mann hat, in der Gefangenschaft war
es die Unfruchtbare . Die Frau aber, die viel mehr Kinder hat als die
den Mann hat , ist wahrscheinlich ein Bild für das wiederhergestellte
Israel nach dem Exil, insbesondere aber für die Segnungen des
Tausendjährigen Reiches, die das Gottesvolk erwarten. Paulus wendet die
Textstelle (er sagt nicht, daß sie bereits erfüllt ist) in diesem
Kontext auf Sara an, die, obwohl sie früher unfruchtbar war, später mit
einem Kind gesegnet wurde und schließlich sogar weit mehr Nachkommen als
Hagar hatte.c. Die persönliche Anwendung ( Gal 4,28-31 )
In seiner Anwendung dieses biblischen Beispieles zieht Paulus drei
Vergleiche.
Gal 4,28
Zunächst setzt er die Geburt Isaaks mit der der Christen gleich.
Wie Isaak auf übernatürliche Weise geboren wurde - er war ein Kind der
Verheißung -, so wird auch jeder Gläubige auf übernatürliche Weise
wiedergeboren ( Joh 3,3.5 ) und empfängt die Verheißung der Rettung
( Gal 3,9.22.29 ). Als Kinder der Verheißung sind die Christen etwas
Besonderes und sollen nicht wie die Kinder der Knechtschaft leben.
Gal 4,29
Zweitens vergleicht der Apostel die Verfolgung Isaaks durch Ismael mit
den Angriffen, denen die Gläubigen durch die falschen Lehrer ausgesetzt
sind. Abraham feierte die Entwöhnung Isaaks mit einem Festmahl. Bei
dieser Gelegenheit machte Ismael sich über Isaak lustig, denn er war der
Ältere und ging davon aus, daß er den Besitz seines Vaters erben würde
(vgl. 1Mo 21,8-10 ). Diese frühen Feindseligkeiten wurden in den
Stämmen, die von den beiden Söhnen abstammen, festgeschrieben und sind
noch heute in den arabisch-israelischen Spannungen offensichtlich.
Paulus vergleicht die Judaisten mit Ismael: Sie sind aus legalistischen,
eigenen Anstrengungen heraus geboren. Er wirft ihnen vor, daß sie die
wahren Gläubigen, die nach dem Geist gezeugt sind, noch immer verfolgen.
Mit wenigen Ausnahmen gingen die Verfolgungen, unter denen Paulus zu
leiden hatte, auf Menschen zurück, die noch in der Knechtschaft des
Gesetzes gefangen waren.
Gal 4,30
Drittens vergleicht Paulus die Handlung Abrahams mit der Pflicht, die
sich den Galatern stellt. Als Sara sah, daß Ismael sich über Isaak
lustig machte, bat sie Abraham, die Magd mit ihrem Sohn hinauszustoßen ,
damit Ismael nicht mit Isaak zusammen erben konnte (vgl. 1Mo 21,10.12 ).
Dieses Beispiel soll die Leser des Apostels daran erinnern, daß
Gesetzestreue allein nicht zur Aufnahme in die Familie Gottes führt, und
ist zugleich ein Wink für sie, die Judaisten und diejenigen, die ihre
falschen Lehren akzeptieren, aus ihrer Gemeinde auszuschließen. Das
Gesetz und die Gnade, eine Religion, die auf Werken, und eine Religion,
die auf dem Glauben basiert, sind grundsätzlich nicht vereinbar.
Gal 4,31
Zum Schluß bestätigt Paulus nochmals, daß er und die galatischen
Christen nicht Kinder der Magd sind, die davongejagt wurde und keinen
Anteil am Erbe erhielt. Die Gläubigen sind vielmehr Kinder der Freien ,
"Gottes Erben und Miterben Christi" ( Röm 8,17 ). |