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Galaterbrief Eschatologie  Donald K. Campbell) Reihe Walvoord.


Galater Brief Kapitel 5 Campbell




IV. Praktische Anweisungen: Apologie der christlichen Freiheit

( 5,1-6,10 )

 

Nachdem er sowohl sein Apostolat als auch seine Rechtfertigungslehre verteidigt hat, wendet Paulus sich nun dem Leben in der christlichen Freiheit zu. Wird die Predigt des Apostels die Galater zur Zügellosigkeit oder zur Gottesfurcht führen? Paulus schildert das christliche Leben als ein Leben frei vom Gesetz, doch ohne Ausschweifungen, gewidmet dem Heiligen Geist und dem Dienst an Gott und dem Nächsten.

 

 

A. Ein Leben in Freiheit vom Gesetz

( 5,1-12 )

 

1. Die Hinwendung zum Gesetz hebt die Gnade auf

( 5,1-2 )

 

Gal 5,1

 

In diesem Vers werden zunächst die Ausführungen von Kapitel 4 - der Gegensatz zwischen Knechtschaft und Freiheit - nochmals zusammengefaßt. Zugleich dient er als Einleitung für Kapitel 5 . Paulus macht deutlich, daß Christus der große Befreier war, der die Christen aus der Knechtschaft befreit hat . Er fordert die Galater auf, in dieser Freiheit fest zu stehen (vgl. 1Kor 16,13; Phil 1,27;4,1; 1Thes 3,8; 2Thes 2,15 ), denn nach ihrerErlösung aus der Knechtschaft des Heidentums sind sie in Gefahr, sich unter die Knechtschaft des mosaischen Gesetzes zu begeben.

 

 

Gal 5,2

 

Im folgenden geht Paulus auf eines der entscheidenden Merkmale dieser Knechtschaft, die Beschneidung, ein und erteilt denjenigen Galatern, die sich dieser Vorschrift unterwarfen, einen strengen Verweis. Wenn sie sich beschneiden lassen und damit versuchen, durch Werke Rechtfertigung zu erlangen, so wird ihnen nach den Worten des Paulus Christus nichts nützen . Der Apostel verurteilt also nicht die Beschneidung an sich - er selbst hatte Timotheus (in Galatien) beschneiden lassen, damit er auch unter Juden missionieren konnte ( Apg 16,1-3 ) -, sondern erhebt lediglich Einspruch gegen eine judaistische Theologie, die darauf beharrt, daß die Beschneidung heilsnotwendig sei. Jeder, der sich aus diesem Grund beschneiden läßt, fügt dem Glauben Werke hinzu und beweist damit, daß er den rettenden Glauben an Christus nicht besitzt.

 

 

2. Die Hinwendung zum Gesetz macht den Menschen zum Schuldner

( 5,3 )

 

Gal 5,3

 

Doch die Hinwendung zum Gesetz hebt nicht nur die Gnade auf, sondern schafft zusätzlich noch ein Netz ganz neuer Verpflichtungen: Wer ein Gebot hält, ist gezwungen, das ganze Gesetz zu tun . Das Gesetz ist eine Einheit, und wenn ein Mensch sich zu seiner Rechtfertigung einem Teil des Gesetzes unterwirft, ist er ein "Schuldner" des ganzen Kodex mit allen seinen Forderungen und Strafen (vgl. Gal 3,10; Jak 2,10 ).

 

 

3. Die Hinwendung zum Gesetz ist gleichbedeutend mit dem Abfall von der Gnade

( 5,4-6 )

 

Gal 5,4

 

Die Annahme des Gesetzes und die Vorstellung, die Beschneidung sei ein religiöses Verdienst, hat noch weitere schreckliche Implikationen, die sich die Galater vor Augen halten müssen. Jeder, der durch das Gesetz gerecht werden will, hat Christus verloren ( katErgEthEte , d. h., das Werk Christi hat keine Bedeutung mehr für ihn). Außerdem ist er nach den Worten des Apostels aus der Gnade gefallen . Es geht dabei nicht um den Verlust der Rettung, denn die "Gnade" ist nicht selbst die Rettung, sondern ein Weg, sie zu erlangen (vgl. Gal 2,21 ,wo der Weg "des Gesetzes" als untauglich, zu Christus zu kommen, abgelehnt wird). Wenn die Galater die Beschneidung als heilsnotwendig anerkennen, verlassen sie das System der Gnade und stellen sich unter das System des mosaischen Gesetzes. Denselben Fehler begeht ein Gläubiger auch heute, wenn er aus einer Kirche austritt, die lehrt, daß die Rettung durch die Gnade, allein aus Glauben, zustandekommt, und sich einer christlichen Gemeinschaft anschließt, die lehrt, daß die Rettung von Buße, Bekenntnis, Glaube, Taufe und Kirchenmitgliedschaft abhängig ist.

 

 

Gal 5,5

 

Im Gegensatz zu den Legalisten warten ( apekdechometha ; das Verb wird im Neuen Testament siebenmal für die Rückkehr Christi gebraucht: Röm 8,19.23.25; 1Kor 1,7; Gal 5,5; Phil 3,20; Hebr 9,28 ) die wahren Gläubigen durch den Glauben (nicht durch Werke) sehnsüchtig auf die Vollendung ihrer Rettung (vgl. Röm 8,18-25 ). Dann wird die Gerechtigkeit, auf die man hoffen muß , voll und ganz verwirklicht werden (vgl. 1Pet 1,3-4.13 ). Bei der Wiederkunft Christi werden die Gläubigen allen Forderungen, die Gott an sie stellt, entsprechen. Die innere und forensische Gerechtigkeit, die mit der Rechtfertigung begann, wird mit der Verherrlichung in die äußere Rechtfertigung verwandelt werden. Dann wird Gott die Annahme der Gläubigen öffentlich bezeugen.

 

 

Gal 5,6

 

Denn für die, die in Jesus Christus , in der wahren Rettung, leben, ist weder die Beschneidung noch das Unbeschnittensein von Bedeutung (vgl. Gal 3,28;6,15 ). Was zählt, ist allein der Glaube, der durch die Liebe tätig ist (vgl. Gal 5,13 ). Obwohl die Rettung allein durch Glauben, nicht durch Werke geschieht, äußert sich wahrer Glaube ganz selbstverständlich "in Liebe" (vgl. Eph 2,10; Jak 2,14-18 ).

 

 

4. Die Hinwendung zum Gesetz verhindert die geistliche Weiterentwicklung der Gläubigen

( 5,7-10 )

 

Gal 5,7

 

Mit einer seiner Lieblingsmetaphern beschreibt Paulus sodann die Glaubenserfahrungen der galatischen Christen als einen "Lauf" (vgl. 1Kor 9,24-26; 2Tim 4,7 ). Sie liefen so gut , doch irgend etwas hat sie aufgehalten und ins Stolpern gebracht. Die Galater wurden zwar durch viele falsche Lehrer verwirrt, doch das Singularpronomen ( wer ) deutet darauf hin, daß Paulus hier von dem Leiter der Judaisten spricht. Die galatischen Christen gehorchten der Wahrheit nicht mehr, sondern versuchten, ihren Lauf durch eigene Anstrengungen, d. h., durch die Einhaltung des Gesetzes, statt durch den Glauben zu vollenden.

 

 

Gal 5,8-10

 

Eine Irrlehre wie die, der sich die Galater zuwenden wollten, stammte nicht von dem Gott, der sie durch und in die Gnade berufen hatte (vgl. Gal 1,6 ). Sie aber ließen sich durch andere Stimmen zu einem falschen Evangelium verführen. Falls irgend jemand der Ansicht sein sollte, daß der Apostel das Problem aufbausche, zitiert Paulus einen Spruch ( Gal 5,9 ), der vor dem Sauerteig einer falschen Lehre warnt, der alles durchdringen und sich ausbreiten kann. Die falschen Lehrer mochten bis jetzt zwar erst wenige auf ihre Seite gezogen haben; dennoch mußten die Gläubigen auf der Hut sein, damit nicht die ganze Gemeinde dem Irrtum erläge. Paulus ist also offensichtlich der Ansicht, daß schon eine kleine Abweichung von der Wahrheit imstande ist, das ganze System zu zerstören. Wenn z. B. die Beschneidung für heilsnotwendig erklärt würde, so fiele damit das ganze System der Gnade. Dennoch ist der Apostel optimistisch. Er vertraut darauf, daß die Galater sich seiner Auffassung anschließen werden und daß der Anführer der Irrlehrer, dessen Identität ihm unbekannt ist, seiner gerechten Strafe zugeführt wird.

 

 

5. Die Hinwendung zum Gesetz bedeutet die Aufhebung des Ärgernisses vom Kreuz

( 5,11-12 )

 

Gal 5,11

 

Anscheinend war Paulus von seinen Gegnern vorgehalten worden, daß auch er immer noch die Beschneidung predige . Der Apostel war vor seiner Bekehrung ein leidenschaftlicher Streiter für die Beschneidung und das Gesetz gewesen - eine Tatsache, die es den falschen Lehrern erleichterte, eine solche Behauptung aufzustellen. Paulus beantwortet ihre Verleumdung mit einer einfachen Frage: Wenn er angeblich dasselbe predigt wie die Judaisten, wie kommt es dann, daß er von ihnen verfolgt wird? Wenn Paulus tatsächlich die Beschneidung verkündigte, wäre das Ärgernis ( skandalon , "Stolperstein"; vgl. 1Kor 1,23 ) des Kreuzes aufgehoben . Das ist jedoch ganz offensichtlich nicht der Fall, denn noch immer ist die Botschaft des Evangeliums, das den Menschen ihre völlige Unfähigkeit, irgend etwas zu ihrer Rettung beizutragen, verkündigt, der ganzen Welt ein Ärgernis. Das Kreuz war das Ende des Gesetzes und machte die Beschneidung und den Gehorsam gegenüber dem mosaischen Gesetz überflüssig.

 

 

Gal 5,12

 

Die Sorge um das Evangelium der Gnade Gottes läßt Paulus heftig werden. Die Judaisten, die die Beschneidung so leidenschaftlich befürworten, sollen sich doch gleich ganz verschneiden lassen , wie es z. B. die heidnischen Priester der Kybele in Kleinasien taten. Die daraus folgende physische Impotenz war vielleicht ein ganz gutes Bild für Paulus' Wunsch, daß sie dann auch nicht mehr in der Lage sein mochten, noch mehr Christen auf ihre Seite zu ziehen. Die Beschneidung war zwar einst das Zeichen des Bundes gewesen, den Gott mit Israel geschlossen hatte, doch nun hatte sie keine größere religiöse Bedeutung als irgendein heidnisches Beschneidungs- oder Zeichnungsritual.

 

B. Ein Leben in christlicher Zucht

( 5,13-15 )

 

Gal 5,13-14

 

In Vers 1 hatte Paulus von der christlichen Freiheit gesprochen und die Galater vor der Gefahr gewarnt, in die Knechtschaft zurückzufallen. Hier erinnert er die Gläubigen erneut an ihre Freiheit in Christus, doch er warnt sie davor, sich Ausschweifungen hinzugeben. Insbesondere fordert er sie auf, ihre Freiheit nicht so zu benutzen, daß die Sünde sich in ihnen einnisten kann. Nicht die körperliche Lust, sondern die Liebe ist das Ziel der Freiheit. Statt dem Gesetz oder dem Fleisch (ein Ausdruck, den Paulus im Galaterbrief achtmal benutzt; vgl. Gal 5,13.16-17.19.24 [dreimal]; Gal 6,8 [zweimal]) sollen die Galater einer dem anderen dienen.

Nachdem Paulus auf diese Weise zwei Formen der Knechtschaft entlarvt hat, empfiehlt er seinen Lesern eine dritte, die ihnen zum Segen gereichen kann - die Knechtschaft der Liebe. Dazu zitiert er 3Mo 19,18 : Das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt ... liebe deinen Nächsten wie dich selbst . Das hatte schon Jesus gesagt ( Mt 22,39; Lk 10,25-28 ). Paulus geht es hier darum, nachzuweisen, daß die christliche Liebe die "Erfüllung" oder "Einhaltung" des Gesetzes ist. Diese These ist in Röm 13,8 - 10 im einzelnen ausgeführt.

 

 

Gal 5,15

 

In den galatischen Gemeinden fehlte es offenbar an der geforderten Liebe. Infolge des Auftretens der falschen Lehrer war die Kirche gespalten, und es herrschte erbitterter Kampf. Die Anhänger der Legalisten und diejenigen, die beständig geblieben waren, "bissen und fraßen sich" untereinander . Das hat nichts mit dem biblischen Ideal eines gemeinsamen Lebens in liebender Einheit zu tun. Den Gemeinden droht die völlige Auflösung, d. h. der Verlust ihres individuellen und gemeinsamen Bekenntnisses.

 

 

C. Ein Leben im Geist

( 5,16-26 )

 

1. Die Verheißung des Sieges über die Sünde

( 5,16-18 )

 

Gal 5,16

 

Die Antwort auf die Verirrungen, von denen im vorhergehenden Vers die Rede war, ist ein Leben im Geist . Das Verb peripateite steht im Imperativ Präsens und bedeutet wörtlich "geht weiter". Ein Christ soll sich auf seinem Lebensweg auf die Führung und Kraft des ihm innewohnenden Heiligen Geistes verlassen. Doch der Geist erweist sich nicht automatisch als wirksam in ihm. Er wartet darauf, daß man sich an ihn wendet. Wenn ein Christ sich nach der Führung des Heiligen Geistes sehnt, so lautet die Verheißung, daß er die Begierden des Fleisches nicht (doppelte Verneinung, ou mE ) vollbringen ( telesEte ) wird. Er muß also nicht vor den Begierden kapitulieren, die noch von dem Sündenfall herrühren und von denen er in seinem Leben niemals frei sein wird, sondern kann sie mit der Hilfe des Geistes besiegen.

 

 

Gal 5,17

 

Als nächstes wendet Paulus sich der Forderung nach einem Leben zu, das ganz der Kontrolle und Kraft des Geistes unterstellt ist. Jeder Christ hat zwei Wesen in sich, das Fleisch , d. h. die sündige Natur, das Erbteil Adams, dem er von Geburt her unterworfen ist, und ein neues Wesen, das er bei der Wiedergeburt erhalten hat, in der er Anteil an der göttlichen Natur bekam (vgl. 2Pet 1,4 ). Die alte Natur strebt dem Bösen zu, die neue der Heiligung. Daher sind sie gegeneinander und hindern so den Gläubigen daran zu tun, was er will. Mit anderen Worten, der Heilige Geist blockiert, wenn der Christ es ihm gestattet, die bösen Begierden des Fleisches. (Manche Exegeten vertreten auch die These, daß ein Christ zwar ein neuer Mensch ist , aber noch die sündige menschliche Natur,nicht das neue Wesen besitzt. Andere definieren "Natur" als Fähigkeit, wobei die alte Natur nur die Fähigkeit hat, der Sünde und dem Ich zu dienen, die neue aber Gott und der Gerechtigkeit dienen kann.)

 

 

Gal 5,18

 

Nach Paulus kann ein gottgefälliges Leben also nicht nach dem Gesetz , sondern nur nach dem Geist geführt werden. Es ist wichtig, daß die Galater erkennen, daß die Heiligung genausowenig durch menschliche Werke erlangt werden kann wie die Rechtfertigung. Das bedeutet natürlich nicht, daß ein Christ zur völligen Passivität verdammt ist, denn der Glaube ist auf jeden Fall notwendig - der Glaube, daß Christus die Menschen rettet und der Heilige Geist sie heiligt.

 

 

2. Die Auswirkungen der Sünde

( 5,19-21 )

 

Da ein Christ auch nach seiner Bekehrung noch "dem Fleisch" unterworfen ist, kann er auch noch der Sünde, zu der ihn das Fleisch verführt, verfallen, wenn er nicht nach dem Geist lebt.

 

 

Gal 5,19

 

Die Werke des Fleisches aber sind offenkundig : entweder sind sie also sichtbar und liegen offen zutage oder - was plausibler ist, da es ja auch verborgene Sünden gibt - sie stammen aus dem Fleisch und nicht aus dem neuen Menschen, in dem der Heilige Geist Wohnung genommen hat. Die hier aufgezählten Sünden gehören in vier Kategorien. Drei sind sexueller Natur: Unzucht ( porneia , daher "Pornographie") bezieht sich auf alle Formen unerlaubter sexueller Beziehungen. Unreinheit ( akatharsia ) umfaßt moralische Unreinheit im Denken, Reden und Handeln im weitesten Sinn (vgl. Eph 5,3-4 ). Ausschweifung ( aselgeia ) bezeichnet die offene, schamlose und unverschämte Zurschaustellung dieser Sünden (vgl. 2Kor 12,21; von aselgeia ist implizit auch in Röm 13,13 die Rede).

 

 

Gal 5,20

 

Danach folgen zwei religiöse Sünden. Götzendienst bedeutet die Verehrung heidnischer Götzen. Da er unmittelbar nach den sexuellen Vergehen erwähnt wird, schließt er wahrscheinlich männliche und weibliche Prostitution, die häufig ein Teil der heidnischen Religionen war, mit ein. Zauberei ist die Übersetzung des griechischen Begriffs pharmakeia (daher "Pharmazie"). In der Antike gehörte zur Anbetung böser Mächte häufig der Gebrauch von Drogen, die die Menschen in Trance versetzten. Dieses Laster wird auch in der Zeit der Großen Trübsal vorherrschen (vgl. Offb 9,21;18,23 ).

Zum Schluß folgen noch acht soziale Vergehen (das letzte in Gal 5,21 ). Feindschaft ( echthrai ) bezieht sich in erster Linie auf die Feindschaft zwischen bestimmten Gruppen. Hader ( eris ) ist die Folge der "Feindschaft" und war in den galatischen Gemeinden zweifellos anzutreffen. Eifersucht ( zElos ) bezieht sich nicht nur auf den Eifer für Gott, sondern auch auf die sündhafte, ich-zentrierte Form der Eifersucht. (Die beiden Worte eris und zElos finden sich auch in Röm 13,13 .) Zorn (thymoi) oder Ausbrüche von Jähzorn sind meist eine Folge schwelender Eifersucht. Zank ( eritheiai ) ist ein selbsterhöhendes Verhalten, das meist darauf abzielt, sich auf Kosten anderer hervorzutun (vgl. Phil 2,3 ). Zwietracht ( dichostasiai ) und Spaltungen ( haireseis ) beschreiben personen- oder sachbezogene Auseinandersetzungen, die zu schmerzhaften Trennungen führen.

 

 

Gal 5,21

 

Neid ( phthonoi ) ist eine böse Empfindung, der Wunsch, etwas zu besitzen, das einem anderen gehört. So erweist sich das Fleisch als verantwortlich für den Zusammenbruch der zwischenmenschlichen Beziehungen in Familien, Gemeinden und der Gesellschaft als ganzer.

In die vierte Kategorie von Sünden gehören zwei, die mit Alkohol zu tun haben. Saufen ( methai ) bezieht sich auf den exzessiven Alkoholgenuß von Einzelpersonen, während mit Fressen ( kOmoi ) wahrscheinlich die Trinkgelage gemeint sind, die meistens zu Ehren des Bacchus, des Gottes des Weines, abgehalten wurden. Schließlich fügt Paulus noch hinzu "und dergleichen" um anzudeuten, daß die Liste der Übel, die er hier aufzählt, keineswegs umfassend ist.

Dann hält er seinen Lesern, wie er es einst getan hatte, als er sich bei ihnen aufhielt, inständig vor, daß diejenigen, die solches tun, das Reich Gottes nicht erben werden . Das bedeutet nicht, daß ein Christ die Rettung verliert, wenn er einen Fehltritt begeht; doch eine Person, die ständig in solcher moralischen Verkommenheit lebt, zeigt damit, daß sie kein Kind Gottes ist.

 

 

3. Die Frucht des Geistes

( 5,22-23 )

 

Gal 5,22-23

 

Zwischen diesen beiden Versen und den vorhergehenden besteht ein schroffer Gegensatz. Schon in Vers 16 hatte Paulus ausdrücklich festgestellt, daß ein Christ den Begierden des Fleisches nicht zwangsläufig unterliegen muß. Die Macht des Heiligen Geistes in ihm kann sich in den folgenden neun Gnadenbeweisen manifestieren. Dabei muß festgehalten werden, daß die Frucht , die hier beschrieben ist, nicht von dem Gläubigen, sondern vom Heiligen Geist hervorgebracht wird, der in jedem Christen, der in lebendiger Einheit mit Christus lebt, wirksam ist (vgl. Joh 15,1-8 ). Der Begriff "Frucht" ist Singular, was darauf hinweist, daß die folgenden Eigenschaften zusammengehören und stets gemeinsam in einem Gläubigen, der unter der Führung des Geistes steht, auftreten. Letztlich ist diese "Frucht" einfach das Leben Christi, das in einem Christen Gestalt gewinnen soll (vgl. 2Kor 3,18; Phil 1,21 ).

Die drei ersten Tugenden sind Geisteshaltungen, die ihren Ursprung in Gott haben. An erster Stelle steht die Liebe ( agapE ), weil sie die Grundlage für die anderen Gnadengaben ist. Gott ist Liebe und liebt die Welt (vgl. 1Joh 4,8; vgl. Joh 3,16 ). Auch die Gläubigen, die unter der Leitung des Heiligen Geistes stehen, zeigen eine solche selbstaufopfernde Liebe wie die, durch die Christus in die Welt kam, um für die Sünder zu sterben. Freude ( chara ) bezeichnet eine tiefe und bleibende innere Freude, die denen verheißen ist, die in Christus bleiben (vgl. Joh 15,11 ). Sie hängt nicht von äußeren Umständen ab, denn sie steht unter der souveränen Herrschaft Gottes über alle Dinge (vgl. Röm 8,28 ). Auch der Friede ( eirEnE ) ist ein Geschenk Christi (vgl. Joh 14,27 ). Er besteht in innerer Gelassenheit und Ruhe auch unter schwierigsten Bedingungen und geht über jedes menschliche Begreifen hinaus (vgl. Phil 4,7 ).

Die zweite Triade betrifft den Nächsten; sie stützt sich auf die Liebe, die Freude und den Frieden. Geduld ( makrothymia ) ist die Fähigkeit, Provokationen zu ertragen (vgl. 2Kor 6,6; Kol 1,11;3,12 ). Sie gibt auch im Erleiden von Unrecht keinerlei Rachegedanken Raum. Freundlichkeit ( chrEstotEs ) ist tätiges Wohlwollen, wie auch Gott es den Menschen gegenüber zeigt. Da Gott den Sündern gegenüber freundlich ist (vgl. Röm 2,4; Eph 2,7 ), soll auch ein Christ diese Eigenschaft zeigen (vgl. 2Kor 6,6; Kol 3,12 ). Mit Güte ( agathOsynE ) kann sowohl innere Aufrichtigkeit als auch eine Handlungsweise gemeint sein, die dem Nächsten auch dann Gutes erweist, wenn er es nicht verdient hat.

Die drei letzten Gnadengaben bestimmen das allgemeine Verhalten eines Gläubigen, der unter der Führung des Heiligen Geistes steht. Treue ( pistis ) ist diejenige Eigenschaft, die eine Person vertrauenswürdig und verläßlich macht, wie der treue Knecht in Lk 16,10-12 . Sanftmut ( prautEs ) kennzeichnet einen Menschen, der dem Wort Gottes gehorsam ist (vgl. Jak 1,21 ) und auch da, wo Bestrafung notwendig ist, besonnen bleibt (vgl. "sanftmütig" in 1Kor 4,21; Gal 6,1; "Sanftmut" in Eph 4,2; Kol 3,12; 2Tim 2,25; 1Pet 3,16 ). Keuschheit ( enkrateia ; dieses Substantiv kommt im Neuen Testament nur noch in Apg 24,25 und 2Pet 1,6 vor) bedeutet Selbstbeherrschung und zielt zweifellos auf die Beherrschung der zuvor geschilderten fleischlichen Begierden. Dasaber ist ohne die Hilfe des Heiligen Geistes nicht möglich (vgl. Gal 5,16 ). Zum Schluß betont Paulus mit Blick auf seine Gegner in einer Litotes (Untertreibung), daß diese Tugenden nicht verboten seien ( gegen all dies ist das Gesetz nicht ). Es gibt keine Gesetze gegen Menschen, die die hier beschriebenen Eigenschaften zu praktizieren versuchen.

 

 

4. Der Sieg über die Sünde

( 5,24-26 )

 

Gal 5,24

 

Dann macht der Apostel deutlich, daß die Gläubigen ("die aber Christus Jesus angehören") nicht mehr ihrem Fleisch ausgeliefert sind, weil sie es gekreuzigt haben. Damit ist keine Selbstkasteiung gemeint, sondern die Tatsache, daß die Christen durch die Taufe des Heiligen Geistes Christus in seinem Tod und in der Auferstehung gleich geworden sind. Paulus selbst (vgl. Gal 2,20 ) und alle Gläubigen können das aus eigener Erfahrung bestätigen (vgl. Röm 6,1-6; Kol 2,11;3,9 ). Diese Mit-Kreuzigung, die in die tatsächliche Kreuzigung Christi miteingeschlossen war, tritt nach der Bekehrung im Leben der Gläubigen in Kraft. Das heißt nicht, daß ihr Fleisch, ihre sündige Natur, damit aufgehoben oder auch nur inaktiviert ist, sondern daß es gerichtet ist. Darauf sollen sich die Gläubigen verlassen und aus dieser Erkenntnis heraus leben (vgl. Röm 6,11-12 ). In seinem Tod hat Christus die Leidenschaften und Begierden des Fleisches besiegt. Der Glaube muß sich diese Tatsache fortwährend bewußtmachen, sonst gerät der Gläubige leicht in Versuchung, den Sieg über die Sünde aus eigener Kraft erstreiten zu wollen.

 

 

Gal 5,25-26

 

Nochmals erinnert Paulus seine Leser daran, daß Gott nicht nur das Fleisch gerichtet hat, sondern dem Menschen in der Person des Heiligen Geistes auch eine göttliche Kraft zur Seite gegeben hat. Durch die Wiedergeburt erweckt er die Gläubigen zu einem neuen Leben (vgl. Joh 3,5-6 ), daher ermahnt Paulus nun jeden, auch im Geist zu wandeln ( stoichOmen , in Gal 6,16 mit "sich nach etwas richten" übersetzt). Schritt für Schritt sollte der Lebensweg eines Christen der Führung des Heiligen Geistes entsprechen, damit die Gläubigen nicht nach eitler Ehre trachten, einander nicht herausfordern und beneiden . Ehrgeiz und Neid kennzeichnen ein Leben im Fleisch (vgl. Gal 5,19-21 ). Möglicherweise steckt darin ein Hinweis auf die Spaltungen in den galatischen Gemeinden, die durch die Irrlehre der Judaisten herbeigeführt worden waren (vgl. V. 15 ).