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Heilsgeschichtliche Entfaltung im Neuen Testament


 

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Heilsgeschichtliche Entfaltung im Neuen Testament

 

 

Einleitung E. W. Bullinger

Die Christen sind bisher allgemein in der Tradition befangen, dass man auf Schwierigkeiten stoße, wenn man das Wort der Wahrheit bei Apg. 28 teilt. Die folgenden Ausführungen sollen helfen, solche Schwierigkeiten zu beheben, und sollen den Gläubigen in die Lage versetzen, denen recht zu antworten, die nach der Hoffnung fragen, die in ihm ist.

 

Es gibt eine grundlegende Regel in der Lehre der LOGIK, die alle Schwierigkeiten behebt, wenn wir sie sorgfältig beachten.

 

Diese Regel lautet: Man kann nicht vom Besonderen auf das Allgemeine schließen.

Das heißt, wir können nicht erwarten, dass wir die allgemeinen Prinzipien finden, die wir als "die Wahrheit" betrachten, indem wir von besonderen Teilen der Wahrheit aus folgern. Im Gegenteil: Wir müssen vom Allgemeinen auf das Besondere schließen, wenn wir zutreffend folgern wollen.

 

Die Schwierigkeiten, die einige von unseren Lesern erfahren haben, sind dieselben, die sich immer wieder ergeben, wenn man nur Teile der Wahrheit betrachtet. Um die Antwort darauf zu finden, wäre es vergeblich, sie weiterhin einzeln anzugehen. Gemeint sind hier die Schwierigkeiten, die mit den frühen Briefen des Paulus zusammenhängen, die er noch vor den Ereignissen von Apg 28 geschrieben hat, wie die Verordnungen, der eine Leib aus 1Kor 12 oder die Geistesgaben aus 1Kor 12 und 1Kor 14 usw.

 

Es ist unbedingt notwendig, dass wir uns zunächst klar werden über die große allgemeine Aufgabe, "das Wort der Wahrheit recht zu teilen" (2Tim 2:15). Wenn das ein göttliches Gebot ist, dann hat es den gleichen Rang wie alle anderen göttlichen Gebote, und dann ist es unsere Pflicht, ihr ebenso Gehorsam zu leisten wie jedem anderen Gebot, wenn wir die Wahrheit finden wollen.

 

Wenn wir so erst einmal festen Boden erreicht haben, dann kommt die nächste große Aufgabe: Wir müssen diese wichtige und grundlegende Regel auf Apg 28 und die Paulus-Briefe anwenden.

 

Wenn das geschehen ist, dann wollen wir in diesem Buch die eigentlichen GRUNDLAGEN der Lehre von der Heilsgeschichte prüfen und uns bemühen, sie so richtig einzuordnen und so fest zu verankern, dass wir auf dieses Fundament mit völliger Sicherheit bauen können, damit unsere Schwierigkeiten ausgeräumt werden. Dann werden unsere Leser in der Lage sein, alle Fragen selber zu beantworten, die ihnen später noch kommen mögen.

 

Was wir deshalb zunächst erbitten müssen, ist Geduld. Lassen Sie uns alle Fragen über diese oder jene spezielle Schwierigkeit zurückstellen, bis wir das große allgemeine Prinzip als Fundament gelegt haben. Wir sind nicht "Herren über das Gewissen" sondern "Diener des Wortes", dem wir so dienen wollen, dass der Leser dahin geführt wird, sein Gewissen selber am Wort auszurichten.

 

Das Buch befasst sich mit dem Reden Gottes:

Durch die Propheten

Durch den Sohn

Durch die, die es gehört haben

Durch den Geist der Wahrheit

Durch Paulus, den Gefangenen Jesu Christi

Praktische Folgerungen

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

1 I. Gott hat geredet

1.1 1. Vielfach und auf vielerlei Weise

1.1.1 Phase 1

1.1.2 Phase 2

1.1.3 Phase 3

1.1.4 Phase 4

1.1.5 Phase 5

1.1.6 Phase 6

1.1.7 Alle Phasen im Überblick

I. Gott hat geredet

Hebr 1:1

 

Unsere erste Aufgabe soll es sein, einen Überblick über das ganze Thema zu geben, weil die Tatsache, dass Jahwe zu Menschen redet, die wichtigste Tatsache der Welt ist.

 

Hebr 1:1-2 macht zwei Aussagen über das Reden Gottes, nämlich vielfach und auf vielerlei Weise. Dieses Reden Gottes muß richtig eingeteilt werden, wenn wir das Wort der Wahrheit recht verstehen wollen (2Tim 2:15).

 

Wir werden das ohne Schwierigkeiten tun können, wenn wir aufmerksam sind und von der Voraussetzung ausgehen, dass Gottes Worte ebenso vollkommen sind wie Seine Werke (Ps 111:2). Wir brauchen nichts weiter zu tun, als sie aufzuschlagen und zu sehen, was geschrieben steht. Wir werden erkennen, dass es dabei sechs Phasen gibt, deren Anordnung ihre Vollkommenheit zeigt:

 

1. Vielfach und auf vielerlei Weise

Phase 1

Von der Erschaffung des Menschen an sprach Jahwe selber und direkt zu einzelnen, bestimmten Menschen, ohne einen menschlichen Mittler oder Überbringer; zuerst zu Adam und dann weiter zu Abel und Kain, Henoch, Noah, Abraham und anderen Patriarchen bis zur Berufung des Mose am brennenden Busch (2Mo 3:10). Zu dieser ersten Phase gehört das erste Buch Mose.

 

Phase 2

Seit der Berufung des Mose am brennenden Busch, die sich von der Entstehung Israels als Volk herleitet (2Mo 1), sprach Jahwe durch menschliche Vermittlung zu den Vätern des hebräischen Volkes. Mose war der erste in der Reihe von Propheten, durch die Jahwe sprach, und der letzte war Johannes der Täufer, der größte von ihnen allen (Mt 11:11).

 

Maleachi, der letzte Prophet im Alten Testament, endet mit der Verheißung bald wird kommen... der Engel des Bundes, der Messias, (gemeint ist der Neue Bund, den Jahwe durch den Messias schließen werde), und mit der Ankündigung des "Boten, der den Weg bereiten soll" (Mal 3:1). Der Bote sollte kein anderer sein als der Prophet Elia (Mal 3:23) denn der war nie gestorben, sondern war in den Himmel entrückt, in sicherer Geborgenheit, und bereit, Seine Botschaft auszurichten.

 

Bemerkenswert ist, dass hier, in Mal 3:22-23, Mose und Elia, der erste und der letzte der alttestamentlichen Propheten, miteinander verknüpft werden. Johannes der Täufer wurde gesandt im Geist und in der Kraft Elias (Lk 1:17). Wäre er angenommen worden, dann wäre er auch als Elia selbst angesehen worden (Mt 11:14). Mit dem Tode Johannes des Täufers endet die Zeit, in der Gott durch die Propheten sprach. Zu dieser zweiten Phase gehören die Bücher von 2. Mose bis Maleachi, dazu Mt 1:1-3:12.

 

Phase 3

Von hier an redete Gott "durch Seinen Sohn" (Hebr 1:2). Es war weiterhin Gottes Reden, denn der Sohn sagte nicht Seine eigenen Worte, sondern die des Vaters, der ihn gesandt hatte (vgl. 5Mo 18:18-19; Joh 7:16; Joh 8:28; Joh 8:46-47; Joh 12:49; Joh 14:10; Joh 14:24; Joh 17:8). Sein Dienst begann mit der dreifachen Erklärung: "Es steht geschrieben" (Mt 4:4.7.10), und endete ebenfalls mit drei Aussagen über Ursprung und Wahrheit des Wortes Gottes (Joh 17:8.14.17) ). Zu dieser dritten Phase gehören die vier Evangelien.

 

Phase 4

Von der Himmelfahrt unseres Herrn an bis zur endgültigen Zurückweisung des wiederholten Rufes zur nationalen Buße durch Petrus (Apg 2:38; Apg 3:19-26), also bis zu Apg 28:25-28, sprach Gott "durch die, die es gehört haben" (Hebr 2:3). Diese "bekräftigten" nur, was "seinen Anfang nahm mit der Predigt des Herrn" und gingen nicht über das hinaus, was der Sohn selber gesagt hatte. Es wurde keine neue Offenbarung der Wahrheit gegeben, aber die bisherige bekräftigt. Der Heilige Geist bestätigte sie als Zeugen durch Wunder und Taten (Hebr 2:4), ganz so, wie der Sohn als Zeuge in die Welt gekommen war und Sein Zeugnis durch Zeichen und Wunder bekräftigt hatte. So hatten es die Propheten vorausgesagt. Zu dieser vierten Phase gehören die Apostelgeschichte, die "allgemeinen Briefe" (die in den besten und ältesten griechischen Manuskripten hinter den drei synoptischen Evangelien stehen, das Johannes-Evangelium folgt nach der Apostelgeschichte) und die Briefe von Paulus, die er in dieser Zeit, also vor Apg 28, geschrieben hat.

 

Phase 5

Nach dem Abschluss dieser vierten Phase spricht Gott wiederum direkt, durch "den Geist der Wahrheit", wie Christus es in Joh 16, verheißen hatte. Er spricht nicht "aus sich selber", sondern nur, was er vom Vater hört. (Denn der Vater hat alle diese Phasen in Seiner Verfügung) (Apg 1:7). Der Geist sprach in der Weise, dass Er Seine Worte in der Heiligen Schrift festhielt, in den 3 Handschriften von "Paulus, dem Gefangenen Jesu Christi". Da hielt er auch die kostbaren Lehren fest, die bisher verborgen waren und nicht bekannt gegeben werden konnten, bevor Christi Leiden, Sterben, Auferstehung und Himmelfahrt tatsächlich stattgefunden hatten; denn sie haben das alles zur Voraussetzung. Diese Lehren finden sich ausschließlich in den Briefen aus der Gefangenschaft (Epheser, Philipper und Kolosser), und hierher gehören auch die Briefe an Timotheus, Titus und Philemon (an Einzelpersonen gerichtet). Das ist die fünfte Phase.

 

Phase 6

Schließlich haben wir im Evangelisten Johannes nochmals einen Menschen als Übermittler. Sein Knecht, der "das Wort Gottes und das Zeugnis von Jesus Christus, alles, was er gesehen hat" schriftlich festhielt (Offb 1:1-2). Zu dieser sechsten Phase gehört die Offenbarung des Johannes.

 

Wir sind damit in der Lage, das "vielfach und auf vielerlei Weise" (Hebr 1:1) in sechs solchen Phasen abwechselnd wie folgt darzustellen:

 

Alle Phasen im Überblick

A1 - GÖTTLICH

 

Durch Jahwe selber, ohne menschliche Vermittlung, von Adam (1Mo 1:28) bis zur Berufung Moses (2Mo 3:10). Zu dieser Phase gehört das 1. Buch Mose.

 

B1 - MENSCHLICHE VERMITTLUNG

 

Durch die Propheten (Hebr 1:1), von der Berufung Moses (2Mo 3:10) bis zum Ende Johannes des Täufers (Mt 3:12 u. Mt 14:10-12). Zu dieser Phase gehört das 2. Buch Mose und das ganze Alte Testament, dazu noch Mt 1:1-3.12.

 

A2 - GÖTTLICH

 

Durch den Sohn (Hebr 1:2; vgl. 2Mo 18:18-19), vom Beginn (Mt 3:13) bis zum Ende des irdischen Wirkens Jesu, also bis zur Grablegung (Mt 27:66 und Par.). Zu dieser Phase gehören die vier Evangelien.

 

B2 - MENSCHLICHE VERMITTLUNG

 

Durch die, die es gehört haben, was der Sohn verkündet hat (Hebr 2:3-4). Die Zeitspanne umfasst Apg 1:1 bis Apg 28:25-28 Zu dieser Phase gehören die Apostelgeschichte, die allgemeinen Briefe und die Paulusbriefe, die in dieser Zeit geschrieben wurden.

 

A3 - GÖTTLICH

 

Vom Geist der Wahrheit (Joh 16:12-15) durch "Paulus, den Gefangenen Christi Jesu" (Eph 3:1-12 u. 2Tim 1:8). Zu dieser Phase gehören die Paulusbriefe aus der Gefangenschaft (Epheser, Philipper und Kolosser), außerdem noch 1. oder zumindest 2. Timotheus und Titus.

 

B3 - MENSCHLICHE VERMITTLUNG

 

Durch Seinen Knecht Johannes (Offb 1:1-2). Zu dieser Phase gehört die Offenbarung des Johannes.

 

Das sind diese sechs Phasen, die wir gefunden haben, und die der Hebräerbrief mit vielfach und auf vielerlei Weise bezeichnet. Immer ist es Gott, der zu den Menschen redet. Sechs ist die Zahl des Menschen, und das alles betrifft den Menschen. Von da ab hat Gott nie mehr zu Menschen gesprochen, weder direkt, selber, noch indirekt, durch menschliche Vermittler. Der Mensch hat jetzt Gottes Wort schriftlich und vollständig. Nichts darf davon abgetan oder hinzugefügt werden. Das Wort gilt für alle Menschen gleichermaßen, und jeder, der behauptet, eine Offenbarung erhalten zu haben, die angeblich von Gott käme, soll als "Anathema" (Bann, Fluch) gelten (Gal 1:6-9) (es hat solche angeblichen Offenbarungen gegeben und gibt es jetzt mehrfach. Wer so etwas behauptet, der irrt in seinem Denken oder steht unter dem Einfluß böser Geister).

 

In diesen sechs Phasen redete Gott seit alters, und seither haben wir tatsächlich das Schweigen Gottes, d. h. es gibt keine neuen Offenbarungen.

Aber da müsste es eigentlich noch eine siebente Weise geben. Gott müsste wiederum unabhängig von menschlicher Vermittlung reden. Er müsste vom Himmel her reden. (Ps 50:1 usw.). Das wird ein siebentes Mal sein und wird allem den Stempel der Vollkommenheit aufdrücken. Das vielfach und auf vielerlei Weise wird mit der Wiederkunft Jesu vollendet.

 

In den Kapiteln 1 und 2 des Hebräerbriefes haben wir den Schlüssel zu dem allen. Um zu zeigen, dass der Schlüssel perfekt ist, müssen wir jetzt nochmals diese beiden Kapitel betrachten. Sie zeigen und beweisen die gleiche Vollkommenheit, die sich in allen Werken Gottes erkennen lässt.

 

Das Fernrohr versagt, wenn wir alle entfernten Werke am Himmel in Augenschein nehmen möchten. Wir müssen uns vorher am Sternenhimmel auskennen und können dann erst das Rohr auf eine ausgewählte Stelle richten. Und das Mikroskop versagt vor der Fülle minutiöser Perfektion der Werke Gottes auf der Erde. All das können wir nicht in unser begrenztes menschliches Blickfeld rücken. Wir müssen erst den zu untersuchenden Gegenstand genau kennen, bevor es Sinn hat, ein Präparat unter das Objektiv zu legen.

 

So müssen wir auch hier zuerst die beiden Kapitel als Ganzes betrachten. Dann wird es uns besser möglich sein, das Mikroskop zu benutzen und etwas von ihrer unendlichen Vollkommenheit näher in Augenschein zu nehmen.

 

Die beiden Kapitel sind in vier Abschnitte unterteilt, die im Wechsel angeordnet sind; der erste und der dritte handeln von Gottes Reden, der zweite und der vierte von dem Sohn, durch den er redete.

 

A - Hebr 1:1-2a: Gottes Reden in der Vergangenheit durch die Propheten.

B - Hebr 1:2b-14: Der Sohn, durch den er redete, ist höher als die Engel (Hebr 1:4) und ist Gott (Hebr 1:8).

A - Hebr 2:1-4: Gott redete durch den Sohn in diesen letzten Tagen (die Predigt des Herrn).

B - Hebr 2:5-18: Der Sohn, durch den er sprach (Hebr 2:2), ist niedriger als die Engel (Hebr 2:7), ist Mensch (Hebr 2:6).

 

Dieser Aufbau erklärt sich selbst und ist der beste Kommentar zu diesen beiden Kapiteln als Ganzem, denn er zeigt uns deren Spannweite und Inhalt. Dadurch entdecken wir die Bedeutung der Worte und unser Blick wird auf die wesentlichsten Punkte gelenkt.

 

Zunächst bemerken wir, dass die vier Abschnitte in zwei Paaren abwechselnd angeordnet sind, mit gleichen Buchstaben bezeichnet (A und A bzw. B und B), so dass wir A und A zusammen lesen müssen (nach Hebr 1:2a weiter bei Hebr 2:1):

 

"Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn - Darum sollen wir desto mehr achten auf das Wort, das wir hören..."

 

In gleicher Weise müssen wir von B zu B weiterlesen (nach Hebr 1:14 weiter bei Hebr 2:5):

 

"Zu welchem Engel aber hat er jemals gesagt: 'Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache'? Sind sie nicht allesamt dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die das Heil ererben sollen? - Denn nicht den Engeln hat er untertan gemacht die zukünftige Welt, von der wir reden..."

 

So werden acht Dinge feierlich betont, um unser Augenmerk besonders auf sie zu lenken. Deshalb müssen wir jetzt das Mikroskop anwenden, und um sie genauer zu sehen, müssen wir die Anordnung der Wörter (im griechischen) im Abschnitt A beachten (Hebr 1:1-2a).

 

A C - a) vielfach und auf vielerlei Weise vorzeiten

b) Gott hat geredet

c) zu den Vätern

d) durch die Propheten

 

C - a) in diesen letzten Tagen

b) er hat geredet

c) zu uns

d) durch den Sohn

 

Hier sind acht Punkte in zwei Reihen gesetzt. In unserem ersten Abschnitt wollen wir auf die erste Reihe genauer eingehen:

 

1. Gott hat geredet. Das ist die erste wichtige Tatsache.

2. Er hat vorzeiten geredet, im Gegensatz zu späterem Reden.

3. Er hat zu den Vätern geredet, nicht zu irgendwelchen Heiden.

4. Er hat durch die Propheten geredet, also nicht durch die Priester. Er hat nicht durch irgendwelche falschen Propheten geredet, von Menschen berufen (die wären zwangsläufig falsch), sondern durch die Propheten, in deren Schriften allein Gottes Worte zu finden sind.

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

1 2. Durch die Propheten

1.1 Nicht durch Priester

1.1.1 Das abtrünnige Christentum heute

1.2 Propheten sind Berufene

1.2.1 Inspiration Gottes

2. Durch die Propheten

Hebr 1:1

 

Was kann es Wichtigeres auf der Welt geben, als dass Gott geredet und sich den Menschen zu erkennen gegeben hat?

 

Es gab keinen Grund, warum er so hätte handeln sollen. Er war dazu nicht verpflichtet. Es gab auch keine Notwendigkeit, es zu tun. Alles hätte weiter so gehen können, wie es ging. Die Geschichte wäre vielleicht nicht anders verlaufen. Der einzige Unterschied wäre gewesen, dass die Menschen in völliger Unwissenheit geblieben wären über viele große und wichtige Dinge, und völlig unfähig, sie zu verstehen oder zu erklären.

 

So ist es heute bei allen, die entweder von dieser wichtigen Tatsache, dass Gott geredet hat, gar nichts wissen, oder die nicht glauben, was er geredet hat.

 

"Der Glaube kommt aus dem Hören, das Predigen aber aus dem Wort Christi" (Röm 10:17).

 

Der Glaube an das, was Gott geredet hat, ist notwendig, denn: "Im Glauben begreifen wir, dass die Äonen einem Ausspruch Gottes gemäß aneinander gefügt wurden, so dass das für unsere Augen Sichtbare nicht aus sich selbst entstand und darum auch nicht von seiner äußeren Erscheinung her erklärt werden kann." (Hebr 11:1). - Oder, wie es jemand treffend ausgedrückt hat: "Die Dinge sind nicht immer, was sie scheinen."

 

Wie gnädig und wunderbar ist es deshalb, dass Gott geredet hat und dem Menschen die geheimen Ursprünge der Geschichte offenbart hat, so dass wir etwas wissen von den Zeitaltern oder Phasen ("Haushaltungen"; zu dem Wort 'Phase' siehe das Vorwort zur deutschen Ausgabe) und verstehen, wie sie nacheinander folgten. Dadurch erhalten wir ein wenig Einblick in die Grundsätze seines Waltens in jeder Phase.

 

In den frühesten Zeitaltern redete Gott direkt zu einzelnen Menschen; so zu Adam, zu Noah, zu Abraham und anderen. Aber wenn er zu den Menschen insgesamt redet, zu Völkern oder zu allen, dann spricht er immer durch andere Menschen. Durch wen aber hat er geredet? Heilige Menschen Gottes haben geredet, getrieben von dem heiligen Geist (2Petr 1:21). - Vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise

 

REDETE GOTT DURCH DIE PROPHETEN. Die große, herausragende Tatsache in diesen Worten ist: Er redete

 

NICHT DURCH DIE PRIESTER. Nein! Denn Propheten sind BERUFEN, nicht ernannt. Berufen von Gott, nicht ernannt von Menschen, nicht "von Händen gemacht." Der Prophet ist Gottes Sprecher, und niemand kann ein Sprecher eines anderen sein ohne von dem, der ihn sendet, berufen, bestimmt und berechtigt zu sein. Außerdem muss er darüber instruiert sein, was er im Namen dessen, der ihn berufen und gesendet hat, reden und ausrichten soll.

 

 

Nicht durch Priester

Gottes Sprecher zu sein gehörte nicht zum Amt des Priesters. Dessen Aufgaben waren genau festgelegt. Er hatte nicht nur Opfer darzubringen (das ist eine verbreitete Meinung im abtrünnigen Christentum), sondern die Leute darin zu unterweisen, was Gott durch den Propheten bereits geredet hatte. So lesen wir über die Aufgaben der Priester in 5Mo 17:9-11: "... An die Weisung, die sie dir geben, und an das Urteil, das sie dir sagen, sollst du dich halten..." Sie sollten "Israel lehren alle Ordnungen, die der Herr ihnen durch Mose verkündet hat" (3Mo 10:11). Mose war der Prophet, durch den Gott zuerst "zu den Vätern" geredet hatte - zu Seinem Volk Israel, und es war Aufgabe der Priester zu lehren, was sie von Mose gehört hatten.

 

In 5Mo 33:10, wo die beiden wesentlichen Teile des Priesterdienstes aufgeführt sind, können wir sofort sehen, was der größere und wichtigere ist, nämlich aus der Reihenfolge, in der diese beiden Hauptfunktionen angeordnet sind. Wir lesen da:

 

1. Sie lehren Jakob deine Rechte und Israel dein Gesetz;

2. Sie bringen Räucherwerk vor dein Angesicht und Ganzopfer auf deinen Altar.

Wir brauchen dem nur gegenüberzustellen, was heute 'Priesteramt der Christen' genannt wird, dann sehen wir, was für ein Ausmaß diese Abtrünnigkeit hat, nach der sogenannte Priester Weihrauch verbrennen und das sogenannte 'Messopfer' darbringen. Sie verhindern nach Kräften, dass die Leute erfahren, was Gott geredet hat. Eigentlich aber sollten sie sie darin unterweisen, was geschrieben steht, damit sie aus Gottes Wort lernen.

 

In früheren Zeiten haben solche Weihrauch räuchernden Priester die Heilige Schrift verbrannt und die Menschen, die darin gelesen haben. Später haben sie die Schrift durch falsche Übersetzungen verdreht und verdorben. Jetzt zerstören sogenannte Priester sie, indem sie dagegen schreiben, sich zu Richtern über die Heilige Schrift erheben, die Tatsache leugnen, dass Gott durch die Schreiber der Bibel redet und gutheißen, dass unlautere Bibelübersetzungen in Umlauf kommen. Soweit ist der Abfall heutzutage geraten, der ebenso real und schändlich ist wie in den schlimmsten Tagen des Königs Jojakim.

 

In Wahrheit sind alle Sünden heute raffinierter als früher, aber das natürliche Herz des Menschen ist so böse wie es immer war. Wissenschaftlich ausgeklügeltes Vergiften tritt an die Stelle gewaltsamen Mordens. Räuberei wird abgelöst von raffinierter Kalkulation gewissenloser Geschäftsleute. Die Pistole ist überholt, aber verlogene Werbeprospekte beschaffen das Geld genauso.

 

Das abtrünnige Christentum heute

So steht es heute auch um das abtrünnige Christentum. Die Bibel wird nicht mehr öffentlich verbrannt; aber sie wird effektiver zerstört durch protestantische Geistliche, die ihre Wunder als Mythen betrachten, ihre Tatsachen als Fabeln, ihre Schreiber als Fälscher. Und dafür werden sie noch bezahlt!

 

Die Priester waren zu allen Zeiten gleich. Esra ist die einzige Ausnahme, von der berichtet wird. Und der Wortlaut des Berichtes erscheint von Gott angelegt. Er ragt auffallend heraus als das Vorbild eines Priesters. Nichts wird uns von ihm berichtet über Opfer oder Verbrennen von Weihrauch. Aber das lesen wir:

 

"Er war ein Schriftgelehrter, kundig im Gesetz des Mose, das der Herr, der Gott Israels, gegeben hatte" (Esr 7:6). "Und Esra, der Priester, brachte das Gesetz vor die Gemeinde, Männer und Frauen und wer's verstehen konnte.... und er las daraus... vom lichten Morgen an bis zum Mittag... und die Ohren des ganzen Volkes waren dem Gesetzbuch zugekehrt... und Esra tat das Buch auf vor aller Augen... und sie legten das Buch des Gesetzes Gottes klar und verständlich aus, so dass man verstand, was gelesen worden war." (Neh 8:2.3.5.8).

 

Ja, Esra war wahrhaft Priester. Wenn alle Priester so gehandelt hätten wie er, dann wäre es nicht zur Abtrünnigkeit gekommen. Israel und Juda hätten keine Zerstreuung durchgemacht, und die sogenannte christliche Geistlichkeit würde heute noch das Werk der Reformation weiterhin fördern und wahrhaft 'Diener des Wortes' sein.

 

Die Abtrünnigkeit, die wir heute überall in den sogenannten 'Kirchen' zu sehen bekommen lässt sich direkt auf diese Ursache zurückführen. Hier haben wir den Punkt, von dem aus all der geistliche und religiöse Verfall herrührt. Das Übel wird allgemein gesehen und bedauert, aber wie wenige erkennen die wahre Ursache und gehen mutig dagegen an!

 

Man erkennt nicht, dass manche Priester und oft auch Pastoren in doppeltem Sinne menschlich sind: Sie sind von menschlicher Natur und sie sind von Menschen dazu gemacht. Das ist von alters her so. Priester sind 'von Menschenhand gemacht'. In Israel waren sie "geboren aus dem Willen des Fleisches und aus dem Willen eines Mannes" und heute werden sie aus dem gleichen menschlichen Willen gemacht. Das ist der Grund, warum Jahwe nie durch Priester geredet hat, sondern nur durch Propheten.

 

"Denn des Priesters Lippen sollen die Lehre bewahren, dass man aus seinem Munde Weisung suche; denn er ist ein Bote des HErrn Zebaoth" (Mal 2:7).

 

Priester sollten dankbar sein, dass sie nicht ganz ausgeschlossen sind davon, den göttlichen Ruf zu empfangen, Gottes Sprecher zu sein.

 

Propheten sind Berufene

Jeremia und Hesekiel waren Priester, die diesen Ruf bekamen, aber Abraham auch, und der war ein Patriarch. (1Mo 20:7) und David ebenfalls, der war ein König (Apg 2:30.31) und Daniel, ein Fürst (Dan 1:3) und auch Elisa, ein Pflüger (1Kö 19:19) und Amos, ein Hirte (Am 1:1; Am 7:14). Meist waren sie vorher unbekannt. Man wusste nichts von ihnen als den Vaternamen. Und es gab Prophetinnen und Propheten.

 

Das Wichtige dabei ist, dass die, zu denen Gott redete, von ihm berufen waren. Niemand sonst konnte sie berufen oder ihnen sagen, was sie ausrichten sollten. Deshalb war der Prophet Sprecher. Im Hebräischen: Mund. Aaron war der Mund des Mose (2Mo 4:16; 2Mo 7:1); und der Prophet war der Mund Jahwes (Hes 3:17). "Ich will... meine Worte in seinen Mund geben" war die Bestimmung Jahwes für den großen "Propheten, wie du (Mose)" (5Mo 18:18). - vergl. 4Mo 23:5.16

 

Inspiration Gottes

So erklärt Gott die Inspiration. Eine klarere Definition kann es nicht geben. Wie das geschehen ist, lässt sich nicht erklären, so wie die Schöpfung sich nicht erklären lässt. Man kann es im Glauben annehmen, aber nicht mit dem Verstand erfassen. Inspiration ist eine Tatsache wie die Schöpfung auch. Gott, der dem Menschen "den Odem des Lebens in seine Nase blies", ist derselbe Gott, der Menschen inspirierte, die Worte des Lebens zu reden und zu schreiben. Es ist so, wie Petrus in Apg 1:16 sagte: "... es musste das Wort der Schrift erfüllt werden, das der heilige Geist durch den Mund Davids vorausgesagt hat über Judas..." Es war Davids Mund, aber es waren nicht Davids Worte. David wusste nichts von Judas. Wie hätte er von Judas reden können, tausend Jahre vor dessen Geburt? David sprach von Ahitophel, aber der Heilige Geist sprach durch Davids Mund von Judas; und aus dem gleichen Grunde, weil David ein Prophet war (Apg 2:30.31), sprach er im Ps 16 von der Auferstehung Christi.

 

Ebenso redete Gott zu Hesekiel: "Du wirst aus meinem Munde das Wort hören und sollst sie in meinem Namen warnen" (Hes 3:17).

 

So hat Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet zu den Vätern

 

DURCH DIE PROPHETEN; NICHT DURCH PRIESTER.

 

Man beachte also: Gott redete, zu den Vätern, d.h. zu den Vorfahren derjenigen, an die der Brief an die Hebräer gerichtet ist. Es war nicht zu Heiden geredet, obwohl sonst vieles über die Heiden gesagt wird. Was gesagt wurde, wurde dem hebräischen Volk gesagt, und betraf Israels eigene frühere Unwürdigkeit und Jahwes Gnade; Israels frühere Herausforderungen und Jahwes Geduld; die sich daraus ergebende Bestrafung Israels und die Zerstreuung, die Jahwe bewirkt hat; Israels künftige Wiederherstellung und Jahwes Herrlichkeit.

 

Mit anderen Worten: Der Gegenstand von Jahwes Worten an sie war scharf begrenzt auf Israel und auf Jahwes damalige Grundsätze des Regierens. Diese Dinge waren dieser Phase eigen. Daraus ergibt sich, wenn wir diese Leute und diese Grundsätze in die gegenwärtige Phase übernehmen, dann nehmen wir, was Gott durch die Propheten zu den Vätern und über sie redete (d.h. zu und über Israel), und lesen es, als wäre es zu und über uns selbst in der jetzigen Phase geredet. Dieses Verfahren kann nur zu Verwirrung führen.

 

Weiterhin finden wir diese Verwirrung, wenn zu Israel über die künftige Segnung des Volkes Geredetes auf die derzeitige, echte Segnung der Heiden oder der angelsächsischen Rasse ausgelegt wird!

 

Die gleiche Verwirrung finden wir, wenn die Prophetie vergeistigt und alles auf die gegenwärtige geistliche Segnung der Gemeinde ausgelegt wird. Dieses letztere System der Auslegung war es, das zu dem vorher genannten geführt hat. Enttäuscht von dieser unwürdigen Betrachtensweise der prophetischen Schriften durch konservative evangelikale Ausleger, die seine wörtlichen Aussagen vergeistigten, suchte man Abhilfe und kam häufig dahin, dass man die wörtliche Bedeutung beibehielt, aber sie auf ein anderes Volk und eine andere Rasse bezog. Wir können die Menschen nur bedauern, die von diesem doppelten Fehler irregeführt sind, denn sie gewinnen nichts und verlieren nur. Sie gewinnen einen Schatten und verlieren die segensreiche Substanz dessen, was Gott später durch Seinen Sohn redete und danach durch die, die Ihn hörten und durch Seinen Knecht Paulus, „den Gefangenen Christi Jesu" (Eph 3:1 u. 2Tim 1:8).

 

Aber darüber soll erst im nächsten Abschnitt mehr gesagt werden.

 

Inhaltsverzeichnis

1 3. Durch den Sohn

1.1 Reden Gottes

1.2 Das Werk des Vaters

1.2.1 Gott sprach durch den Sohn

1.2.2 I. Das erste Thema

1.2.3 II. Das zweite Thema

1.2.4 III. Das dritte Thema

1.2.5 IV. Das vierte Thema

3. Durch den Sohn

Hebr 1:2

 

Wenn wir das über das Reden Gottes Ausgeführte mit dem vergleichen, was wir über sein Reden "durch die Propheten" gesagt hatten, dann lernen wir aus der nächsten Phase:

 

1. Dass Gott wiederum sprach, nachdem die Propheten ihr Zeugnis beendet hatten.

 

2. Dass dieses Reden in diesen letzten Tagen geschah, d.h. es war damals noch gar nicht lange her, dass Gottes Sohn die Worte gesprochen hatte, die ihm vom Vater geboten waren. Mit diesen letzten Tagen ist also nicht die Zeit gemeint, in der wir leben, auch nicht eine Zeit, die noch kommen soll, sondern die Zeit jener Phase, die eben erst vergangen war, in der Jesus Christus auf der Erde redete, - die Tage des Menschensohnes.

 

3. Dass das Reden, das hier gemeint ist, durch den Sohn geschah; nicht durch späteres Weitersagen oder durch einen ausgewählten Zwischenträger; noch nicht einmal durch den Heiligen Geist, wie der Herr in Joh 16, verheißen hat.

 

4. Dass das Reden durch den Sohn zu uns geschah, d.h. zu dem hebräischen Verfasser des Briefes an die Hebräer, und zu dessen hebräischen Lesern. Es geschah nicht zu den heidnischen Lesern, sondern zu denen, die gehört hatten, was er sagte, und zu denen, die zwar nicht seine Stimme direkt vernommen hatten, denen aber das Gesagte bekräftigt wurde durch die, die es gehört haben (Hebr 2:3).

 

Über diesen letzten Punkt werden wir später noch mehr zu sagen haben. Die anderen Punkte sind völlig klar, aber nicht alle Menschen beachten die wichtige Tatsache genügend, dass durchweg alles das ein

 

Reden Gottes

war, ob durch die Propheten oder durch den Sohn. Der letztere war der Hauptinhalt der Prophetie gewesen. Gott hatte dieses große und wichtige, ja, epochemachende Ereignis schon vorhergesagt, als Mose sprach: "Einen Propheten wie mich wird dir der HErr, dein Gott, erwecken aus dir und aus deinen Brüdern; dem sollt ihr gehorchen" (5Mo 18:15).

 

Und nochmals: "Ich will ihnen einen Propheten, wie du bist, erwecken aus ihren Brüdern und MEINE WORTE IN SEINEN MUND GEBEN; der soll zu ihnen reden alles, WAS ICH IHM GEBIETEN WERDE. Doch wer MEINE WORTE nicht hören wird, DIE ER IN MEINEM NAMEN REDET, von dem will ich's fordern" (5Mo 18:18.19).

 

Als die Zeit erfüllt war, dass Gott diesen größeren Propheten "erweckte", wurde er pünktlich berufen, gesalbt und eingesetzt. Er erhielt formell die Vollmacht. Die Einsetzung fand nach den Worten von 4Mo 11:29 und 4Mo 12:6 statt, denn der Heilige Geist salbte den Messias für sein Prophetenamt (Lk 4:18.19). Mose wurde am Feuer des brennenden Busches berufen, und der "Prophet wie er" am Wasser des Jordan. Von dem Augenblick an sprach Gott durch seinen Sohn, und die vier Evangelien sind Berichte über die Worte und Werke des VATERS (Joh 14:10).

 

Wenn wir die Evangelien lesen oder studieren, dürfen wir das nie vergessen. Unserm Herrn war das immer bewusst. Siebenmal erklärt er das allein im Johannes-Evangelium. Und auch auf die Gefahr hin, für langweilig zu gelten, müssen wir diese Stellen hier noch einmal zusammen anführen:

 

1. Meine Lehre ist nicht von mir, sondern von dem, der mich gesandt hat (Joh 7:16).

2. ... wie mich der Vater gelehrt hat, so rede ich (Joh 8:28).

3. ... warum glaubt ihr mir nicht? Wer von Gott ist, der hört Gottes Worte; ihr hört darum nicht, weil ihr nicht von Gott seid (Joh 7:46.47).

4. Denn ich habe nicht aus mir selbst geredet, sondern der Vater, der mich gesandt hat, der hat mir ein Gebot gegeben, was ich tun und reden soll (Joh 12:49).

5. Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst aus. Und der Vater, der in mir wohnt, der tut seine Werke (Joh 14:10).

6. Und das Wort, das ihr hört, ist nicht mein Wort, sondern das des Vaters, der mich gesandt hat (Joh 14:24).

7. Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben... (Joh 17:8).

 

Siebenmal bestätigt der Herr Jesus hier, dass Gott der Vater selbst durch ihn redete, wie er vorzeiten durch die Propheten redete.

 

Moderne Bibelkritiker bezeichnen die Geschichte des Jona als Mythos, das Buch Daniel als Fälschung und den Ps 110 als nicht von David geschrieben, obwohl er ausdrücklich so überschrieben ist, und obwohl der Herr bestätigt: David selbst hat durch den heiligen Geist gesagt... (Mk 12:36). Sie täten gut daran, sich ihre Gotteslästerungen gut zu überlegen, wenn sie so leichtfertig über das reden, was sie mit dem griechischen Wort kenosis Entleerung bezeichnen.

 

In Phil 2:7 wird das Wort kenoo mit "Er machte sich selbst gering" ("made Himself of no reputation") wiedergegeben, aber es bedeutet er entäußerte sich selbst. Das wird von den modernen Kritikern so aufgefaßt, als habe er nichts mehr von sich gewusst, oder als habe er sich in die Unwissenheit und Traditionsgebundenheit des Volkes erniedrigt. Aber das sind sehr menschliche Deutungen. Die wahre Bedeutung von kenoo wird von den Wörtern danach erklärt, die uns sagen sollen, auf welche Weise er sich entäußert hat.

 

Er entäußerte sich der Herrlichkeit, die er bei dem Vater hatte, ehe die Welt war (Joh 17:5). Das tat er, indem er Knechtsgestalt annahm und den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt wurde. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz (Phil 2:7.8). Das ist die Erläuterung Gottes zu kenosis, und die genügt vollauf.

 

Die Erklärung der modernen Kritiker erniedrigt die Person unseres Herrn, und raubt ihm sogar seinen Ruhm als Mensch. Obwohl er sich seiner göttlichen Herrlichkeit entäußerte, war er nämlich mit göttlicher Weisheit erfüllt, und er redet nur Gottes Worte. Aber er kannte die Herzen der Menschen und las ihre Gedanken.

 

Das Werk des Vaters

Gott sprach durch den Sohn

Deshalb entsprach alles, was er redete, genau der göttlichen Weisheit. Seine Worte waren - vom ersten bis zum letzten Wort - Gottes Worte.

 

Die ersten überlieferten Worte des Zwölfjährigen waren göttlich. Er antwortete seiner Mutter: "Wißt ihr nicht, dass ich sein muß in dem, was meines Vaters ist?" (man beachte den Tadel in diesen Worten über Marias Vorwurf in Lk 2:48: "Dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.") (Lk 2:49). Und Seine letzten Worte waren ebenfalls göttlich: Es ist vollbracht! (Joh 19:30). Was war vollbracht? Das Werk des Vaters, das auszuführen er gekommen war (vgl. Ps 40:8.9).

 

Es war dasselbe wie mit den Worten aus der Zeit seines Dienstes. Alle waren geordnet; thematisch und zeitlich. Vier große Themen gab es im Dienst der Herrn:

 

I. Das erste Thema

war die Proklamation des Königreiches, beginnend mit Mt 4:12 und endend mit Mt 7:28.29, "als Jesus diese Rede vollendet hatte." Jedes Wort in diesem Abschnitt bezieht sich auf das Königreich, nicht auf die gegenwärtige Phase oder sonst etwas.

 

II. Das zweite Thema

war er selbst - seine gesegnete Person. Es beginnt mit seiner Bezeichnung als Herr (Mt 8:2.6.8.9) und als der Menschensohn (Mt 8:20). Alle seine gesprochenen und aufgeschriebenen Worte von Mt 8:1 bis Mt 16:20 zeigen, dass er ganz Gott und ganz Mensch war; und seine Wunder waren Wunder der Schöpfung.

 

III. Das dritte Thema

beginnend mit Mt 16:21, war seine Zurückweisung durch sein eigenes Volk Israel - "und die Seinen nahmen ihn nicht auf" (Joh 1:11). "SEIT DER ZEIT FING JESUS AN, seinen Jüngern zu zeigen, wie er nach Jerusalem gehen und viel leiden müsse..." Viermal spricht er von seinem Versöhnungswerk und seinem zukünftigen Leiden, und dieses Thema geht bis Mt 20:34.

 

IV. Das vierte Thema

war wiederum das Königreich, jetzt aber nicht als Proklamation für diese Zeit, sondern seine Ablehnung. Es beginnt mit Mt 21:1 und endet mit Mt 26:35. Alle Gleichnisse dieser Zeit beziehen sich auf den kommenden Wechsel der Phasen und sprechen von der kommenden Phase, in der das Königreich ausgesetzt sein werde, weil es abgelehnt worden war.

 

  Gottes Worte und Werke durch den Sohn bilden diese vier Themen. Sie sind für uns von großer Bedeutung und zeichnen sich durch ihre Vollkommenheit aus.

 

Wir wollen jetzt diese vier Themen darstellen, wie sie in sich zurückkehren; denn das Königreich ist das Thema der beiden äußeren Teile, während die beiden zentralen Teile den König selbst zum Thema haben.

 

E                  Mt 4:12 - Mt 7:29               Das Königreich: Verkündigt.

F                  Mt 7:1 - Mt 16:20               Der König: Seine Person verkündigt.

F                  Mt 16:21 - Mt 20:34                  Der König: Endgültig abgelehnt und Herrschaft verzögert.

E                  Mt 21:1 - 26.35                  Das Königreich: Seine Ablehnung und Aussetzung.

 

Somit werden die großen Themen - Das Königreich und seine Ablehnung - Der König und seine Kreuzigung - als die zentralen Themen des ganzen Evangeliums deutlich (das Gleiche gilt für alle vier Evangelien. In jedem gibt es die gleichen vier Teile des Dienstes des Herrn).

 

Matthäus                                 Markus                             Lukas                               Johannes

1.                 Mt 4:12 - 7:29                                 Mk 1:14 - 20                            Lk 4:14 - 5:11                                 Joh 1:35 - 4:54

2.                 Mt 8:1 - 16:20                                 Mk 1:21- 8:30                                 Lk 5:12 - 9:21                                 Joh 5:1 - 6:71

3.                 Mt 16:21 - 20:34                             Mk 8:31 - 10:52                              Lk 9:22 - 18:43                               Joh 7:1 - 11:54a

4.                 Mt 21:1 - 26:35                               Mk 11:1 - 13:37                              Lk 19:1 - 22:38                               Joh 11:54b - 17:26

 

Da es wichtig ist, diese Struktur des Dienstes des Herrn zu verstehen, müssen wir uns auch noch ansehen, wie sie im Aufbau des ganzen Evangeliums eingefügt ist. Das soll wieder in Form einer graphisch sichtbaren Satzstellung geschehen. In der Mitte, eingerückt, steht das Wichtige:

 

A                  Mt 1:1 - 2:23                            Vor dem Dienst

B                  Mt 3:1-11                                 Der Vorläufer

C                  Mt 3:12-17                               Die Taufe

D                  Mt 4:1-11                                 Die Versuchung

 

Jetzt folgen die vier Teile des Dienstes:

 

E                  Mt 4:12 - 7:29                                 Periode 1: Das Königreich

F                  Mt 8:1 - 16:20                                 Periode 2: Der König

F                  Mt 16:21 - 29:34                             Periode 3: Der König

E                  Mt 21:1 - 26:35                               Periode 4: Das Königreich

 

Nach dem eigentlichen Dienst:

 

D                  Mt 26:36-46                             Die Ohnmacht

C                  Mt 26:47 - 28:14                             Tod, Begräbnis, Auferstehung

B                  Mt 28:16-18                             Die Nachfolger

A                  Mt 28:19-20                             Die Zeit nach dem Dienst

 

Gottes Reden durch den Sohn hält sich innerhalb dieser Abgrenzungen und geht nicht darüber hinaus. Es sind Bereiche der Worte des Herrn in Seinem Dienst.

 

Unmittelbar vor seinem öffentlichen Auftreten (Mt 4:12) betonte unser Herr dreimal die Tatsache, dass das geschriebene Wort Anfang, Mitte und Ende allen Dienstes ist - das dreimalige "Es steht geschrieben" (Mt 4:4.7.10). Und am Ende, als er seinen Auftrag in die Hände des Vaters übergibt, erfolgt wieder ein dreifacher Bezug auf das geschriebene Wort Gottes (Joh 7:8.14.17).

 

So ist die Periode, als Gott in den letzten, abschließenden Tagen dieser Phase "durch den Sohn" redete, genau festgelegt und abgegrenzt. Es betraf die "große Errettung", von der der Herr am Anfang zu reden begonnen hatte. Er "begann" dieses wunderbare Reden nur, das mit seinem Tode endete.

 

Für damals, in der Zeit der Niedrigkeit Jesu, war es genug, dass Gott seine Verheißung erfüllt hatte, die er Israel durch Seinen Knecht Mose gegeben hatte. Er hatte im Messias einen Propheten wie Mose erweckt und hatte Mose seine eigenen Worte in den Mund gelegt mit der ernsten Warnung: "Doch wer meine Worte nicht hören wird, die er in meinem Namen redet, von dem will ich's fordern" (5Mo 18:19). Diese Warnung wurde nicht beachtet. Israel verwarf seinen Messias wollte nichts wissen von den Worten, die Gott ihm in den Mund gelegt hatte. Sie wiesen das Königreich zurück und kreuzigten ihren König.

 

Was bleibt nun übrig für Sein Volk Israel? "Wenn jemand das Gesetz des Mose bricht, muß er sterben ohne Erbarmen auf zwei oder drei Zeugen hin. Eine wieviel härtere Strafe, meint ihr, wird der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das Blut des Bundes für unrein hält, durch das er doch geheiligt wurde, und den Geist der Gnade schmäht? Denn wir kennen den, der gesagt hat: 'Die Rache ist mein, ich will vergelten', und wiederum: 'der Herr wird sein Volk richten'" (Hebr 10:28-30). Diese Worte waren an die Menschen gerichtet, die es abgelehnt hatten, Gottes Wort zu hören, das er "durch den Sohn" sprach, ungeachtet der ernsten Warnung in 5Mo 18:19: "... von dem will ich's fordern“.

 

 

 

1 4. Durch die IHN gehört haben

1.1 a) Die Apostelgeschichte

1.1.1 Die Apostolischen Briefe

1.2 b) Der Brief des Jakobus

1.3 c) Die Briefe des Petrus

1.3.1 Der 2. Brief des Petrus

1.4 d) Die Johannesbriefe

1.4.1 Naherwartung

1.4.2 Gericht und Verstockung Israels

1.4.3 Aufruf zur Buße

1.5 e) Die Offenbarung des Johannes

1.5.1 Damalige Naherwartung

1.6 f) Der Brief des Judas

4. Durch die IHN gehört haben

Hebr 2:3

 

Das heißt durch die, die den Sohn gehört haben, durch den Gott (in den vier Evangelien) geredet hat, im Anschluß an die Phase des alten Bundes, in der er durch die Propheten geredet hatte.

 

Die Propheten hatten zu den Vätern geredet und der Sohn zu uns, den Aposteln; und nun, nachdem sie es gehört haben, bekräftigten sie, was er gesagt hatte und bestätigten es uns, d.h. dem Paulus selbst und jenen Hebräern, an die er diesen Brief richtete.

 

Dieses Reden (in Hebr 2:3.4) besteht aus zwei unterschiedlichen Teilen:

 

I. Die Bestätigung von denen, die den Sohn gehört hatten.

II. Das Zeugnis, dass Gott wiederum zu ihrer Bestätigung "Zeichen, Wunder und mancherlei mächtige Taten und die Austeilung des Heiligen Geistes" gab.

Das sind die beiden Teile des großen Themas (Hebr 2:3.4), das uns jetzt beschäftigen soll.

 

Zuerst müssen wir uns bewusst machen, wann und wie diese Bekräftigung geschah, also den Inhalt und die Art der Mitteilung; außerdem wer geredet hat, und wer angesprochen war. Die Rede selbst war nicht allgemein oder universal, sondern speziell und individuell. Sie geschah zu den "Hebräern" und zu ihren "Vätern". Da ist Irrtum ausgeschlossen. Auch kann es keinen Zweifel geben über die Redenden oder darüber, wovon sie gesprochen haben. Es liegt alles offen vor Augen. Wenn wir nicht durcheinander mischen oder zusammenwürfeln, was Gott auseinandergehalten hat, dann wird auch dem Verstand alles klar. Wir wissen, wer diejenigen sind, die es gehört haben. Es können nur die zwölf Apostel sein. Kein anderer Mensch auf der ganzen Erde könnte so für Gott sprechen; niemand sonst wäre dazu berechtigt.

 

Die es gehört haben. Das allein war die Befähigung. Das war für die Elf zum Kriterium für die Auswahl eines Zwölften anstelle des Judas Ischariot. "So muß nun einer von diesen Männern, die bei uns gewesen sind die ganze Zeit über, als der Herr Jesus unter uns ein- und ausgegangen ist - von der Taufe des Johannes an bis zu dem Tag, an dem er von uns genommen wurde -, mit uns Zeuge seiner Auferstehung werden" (Apg 1:21.22).

 

Sie machten zwei Lose - eins für Joseph, genannt Barsabbas, mit dem Beinamen Justus, und eins für Matthias. "Und sie beteten und sprachen: Herr, der du aller Herzen kennst, zeige an, welchen du erwählt hast von diesen beiden." Sollten wir da nicht sicher sein, dass es hier gilt: "Der Mensch wirft das Los; aber es fällt, wie der HErr will" (Spr 16:33)? Und der Herr wählte Matthias.

 

Die zwölf Apostel übernahmen eine besondere Aufgabe, und Matthias war ausgewählt, damit auch er "diesen Dienst und das Apostelamt empfange" (Apg 1:25). Diese Form der Verdoppelung wird benutzt, um mit dem zweiten Hauptwort das erste besonders stark zu betonen. Es bedeutet also: "Diesen Dienst - ja, diesen APOSTOLISCHEN Dienst."

 

Paulus hatte an diesem Dienst zunächst nicht teil, weil er nicht die ganze Zeit bei den Zwölf gewesen war und den Herrn nicht selber gehört hatte. Deshalb war er nicht in der Lage, zu "bekräftigen", was der Herr gesagt hatte. Er musste notwendigerweise einen besonderen Ruf erhalten und eine eigene Aufgabe zugewiesen bekommen. Wir wissen alle, wie und wann er beides empfing.

 

Einige Ausleger meinen, die Elf hätten in Apg 1 nicht recht getan und halten Paulus für den zwölften Apostel. Aber das geht weit über das hinaus, was im Wort für uns geschrieben steht. Deshalb können wir es nicht akzeptieren. Es wird uns nichts darüber gesagt, dass dieses Vorgehen richtig oder falsch gewesen wäre, und wo die Schrift schweigt, da steht es uns nicht anders zu.

 

Aber die Schrift schweigt nicht über das ernste Gebet und berichtet auch die direkte Antwort. Außerdem bestätigt sie es noch dadurch, dass sie später von ihnen als "den Zwölfen" spricht. Andererseits unterscheidet sich Paulus immer ausdrücklich von den Zwölfen. Er betont immer wieder, dass er "nicht von Menschen, auch nicht durch einen Menschen" berufen wurde. Das kann sich zwar auf die Wahl des Matthias beziehen, aber es muss sie weder verurteilen noch gutheißen. Er hebt nur hervor, dass er gesondert und von Gott als "Diener unter den Heiden" berufen wurde. Dadurch unterscheidet er den speziellen apostolischen Dienst der Zwölf und ihre besondere Eignung zur Bestätigung der Worte des Herrn, die sie gehört hatten.

 

Der Dienst unseres Herrn in den vier Evangelien wurde dadurch nach seiner Auferstehung durch die Zwölf weitergetragen. Es gab keine Unterbrechung und keine neue Aussage über die Tatsache hinaus, dass Christus auferstanden war vom Tode, und dass sie den Auftrag hatten, zu wiederholen und zu bekräftigen, was Er gesagt hatte.

 

Um zu verstehen, worin ihr apostolischer Dienst (der in der Apostelgeschichte festgehalten ist) bestand, brauchen wir nur den Dienst des Herrn zu betrachten. Wir hatten schon gesehen, dass er mit der Festnahme Johannes des Täufers begann (Mt 4:12), und zwar mit dem Ruf an das Volk "tut Buße!" Mit der Ausrufung des Königreiches und der Gegenwart des Königs. "Denn genaht hat sich das Königreich der Himmel" (Mt 4:17).

 

Wir wissen, dass dieser Ruf nicht beachtet wurde, und die vier Evangelien berichten, dass das Königreich abgelehnt und der König gekreuzigt wurde.

 

Der Herr kam nicht, um eine Kirche zu gründen, sondern "Christus ist ein Diener der Juden geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind" ([Röm 15:8]). Ebenso bestätigten die Zwölf sein Wort. Er wurde nicht getauft, um ein "Sakrament der Kirche zu stiften", sondern "damit er Israel offenbart werde" (Joh 1:31). Daraus folgt, dass die Zwölf in der Apostelgeschichte nicht den Auftrag hatten, eine Kirche zu bilden oder zu gründen, sondern den Ruf Jesu Christi zur Buße zu wiederholen, seine Verkündigung über seine Person zu bekräftigen, und das Angebot des Königs und des Königreiches unter der einen Bedingung der nationalen Buße.

 

a) Die Apostelgeschichte

Ein sorgfältiges Studium der Apostelgeschichte wird zeigen, dass besonders die Regierenden des Volkes angesprochen wurden. Der Ruf zur Buße erging an die ganze Nation, aber widersprochen wurde den Zwölf vor allem von den Machthabern (siehe Apg 4:1.3.5-21; Apg 5:24-41; Apg 6:12; Apg 8:1; Apg 9:2.23).

 

"Tut Buße" war der eigentliche Inhalt der Worte des Petrus am Tage des Pfingstereignisses. Er sprach es zu den "Juden" (Apg 2:14), den "Männern von Israel“ (Apg 2:22; Apg 3:12) und zu dem "ganzen Haus Israel“ (Apg 2:36). "Denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung, und allen, die fern sind" (d. h.: den Verstreuten Israels).

 

Petrus leitete seine Predigt mit den Worten ein: "... das ist's, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist“ (Apg 2:16). Dann zitiert er weiter, was Joel über "die letzten Tage" gesagt hatte. Von Gottes Geist sollte ausgegossen werden, und die Kraft des Geistes sollte offenbar werden, und es hatte begonnen. Hätte das Volk Buße getan, dann wäre alles erfolgt, wie Gott durch Joel geredet hatte. "Wunder oben am Himmel und Zeichen unten auf der Erde" wären geschehen, die das hervorgebracht hätten, was man die Wiederherstellung aller Dinge nennt, wovon die Propheten seit alters geredet hatten.

 

Solange man von dem Gedanke besessen ist, Joel und Petrus bezögen sich auf die Bildung der Gemeinde, ist es unmöglich, ihre Worte zu verstehen. Wenn man aber einmal eingesehen hat, dass sie vom Königreich reden, dann ist alles klar. Dann können wir der Verkündigung folgen, die Petrus in Apg 2 tut, und ihrer Ausweitung und Vertiefung in Apg 3. Der Tag des Herrn war in der Tat nahe gekommen, und im Namen des Herrn wurde er verkündet. Das Gericht sollte "am Hause Gottes beginnen" (1Petr 4:17), "der Richter steht vor der Tür" (Jak 5:9). Petrus beendet seine Pfingstpredigt mit den gewichtigen Worten: "Laßt euch erretten aus diesem verkehrten Geschlecht“ (Apg 2:40). Es war ein Warnruf zur sofortigen Flucht vor einem nahe bevorstehenden Gerichtsurteil, das über diese eine Generation kommen würde (wie in Lk 21:32 angekündigt).

 

Darin ist keine Rede von der Gründung einer Gemeinde. Es gab keinen Beginn einer Gemeinde an diesem Tage, "als der Pfingsttag gekommen war". Die Sprache ist unbrauchbar für Offenbarung, wenn solche Sprache so interpretiert werden kann. Nichts kann klarer sein, als dass Petrus und die Zwölf "Diener der Beschneidung" waren, wie Christus auch. Sie haben sich selber auf die Bekräftigung dessen beschränkt, was sie den Herrn von Anfang an reden gehört hatten.

 

Noch war es nicht so weit, dass der Heilige Geist lehrte und in alle Wahrheit leitete, wie in Joh 16, verheißen, sondern er gab ihnen zunächst durch seine Werke, aber noch nicht durch seine Worte Zeugnis. Jetzt, gerade im nächsten Kapitel, wurde ein großartiges Wunder gewirkt (Apg 3:1-11), und Petrus nahm es sofort zum Anlaß für einen weiteren Aufruf an die "Männer von Israel", in dem er ihnen vor Augen stellte, dass der Gott ihrer Väter, obwohl sie den eingeborenen Sohn des Vater abgewiesen und gekreuzigt hatten, dennoch seinen Sohn verherrlicht hat, indem er ihn vom Tode auferweckte, und ihn jetzt beauftragte, erneut die Nation zur Buße zu rufen, zusätzlich mit der großartigen, wunderbaren und epochemachenden Verheißung, dass durch ihre Buße ihre Sünden getilgt würden, die Zeit der Erquickung durch die Gegenwart des Herrn käme, und dass er Jesus Christus senden werde, der ihnen zuvor gepredigt war, und dass alles das, was Gott seit alters durch seine heiligen Propheten verheißen hatte, dann erfüllt würde. Er endet mit den denkwürdigen Worten, die wir hier vollständig anführen müssen:

 

Apg 3:19: So tut nun Buße und bekehrt euch, dass eure Sünden getilgt werden,

Apg 3:20: damit die Zeit der Erquickung komme von dem Angesicht des Herrn und er den sende, der euch zuvor zum Christus bestimmt ist: Jesus.

Apg 3:21: Ihn muß der Himmel aufnehmen bis zu der Zeit, in der alles wiedergebracht wird, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn.

Apg 3:22: Mose hat gesagt: "Einen Propheten wie mich wird euch der Herr, euer Gott, erwecken aus euren Brüdern; den sollt ihr hören in allem, was er zu euch sagen wird.

Apg 3:23: Und es wird geschehen, wer diesen Propheten nicht hören wird, der soll vertilgt werden aus dem Volk."

Apg 3:24: Und alle Propheten von Samuel an, wie viele auch danach geredet haben, die haben auch diese Tage verkündigt.

Apg 3:25: Ihr seid die Söhne der Propheten und des Bundes, den Gott geschlossen hat mit euren Vätern, als er zu Abraham sprach: "Durch dein Geschlecht sollen gesegnet werden alle Völker auf Erden."

Apg 3:26: Für euch zuerst hat Gott seinen Knecht Jesus erweckt und hat ihn zu euch gesandt, euch zu segnen, dass ein jeder sich bekehre von seiner Bosheit (Bosheit = gr. poneros (Plural) bezeichnet mehr das Üble, das Elend und Mißgeschick, als die begangenen Sünden, von denen in Apg 3:19: die Rede ist).

Wir fragen noch einmal: Wo ist in dem allen die Gründung einer Kirche (wie die röm.-kath. Theologie lehrt)? Oder wo ist der "Beginn der Gemeinde mit Pfingsten", wie es einige andere lehren? Solche Lehren haben Tausenden die Sinne verblendet, und es manchen beinahe unmöglich gemacht, zu klarem Verständnis dessen zu gelangen, was Gott zu unserer Unterweisung geschrieben hat. Das ist zu "einer Lehre der Ältesten" geworden, die das Neue Testament wirkungslos gemacht hat, so gewiss wie das durch die Lehre der Pharisäer mit dem Alten Testament geschehen ist (Mt 15:3.9).

 

Dieser nochmalige Ruf zur Buße und diese Wiederholung der Verheißung, der Messias werde als direkte Folge davon gesendet, zieht sich durch das ganze Wirken der Apostel, durch Petrus und die Zwölf, im Land und anderswo. Und durch Paulus und andere in den Synagogen in der Verstreuung, bis es in Rom zu einem Höhepunkt kam, wo "die Angesehensten der Juden" an einem festgelegten Tag "untereinander uneins waren" (Apg 28:17-25). Dann wurde es zur besonderen und ernsten Pflicht des Apostels Paulus, noch ein drittes und letztes Mal feierlich zu verkünden, dass sie zur Blindheit verurteilt seien, wie es zuerst Jesaja gesagt hatte (Jes 6:9.10).

 

Einmal hatte es der Herr in Mt 13, wiederholt und ein zweites Mal in Joh 12, In beiden Fällen wurde es im Zusammenhang mit der Ablehnung der Worte und Werke des Herrn ausgesprochen. Und nun wird es nochmals, zum dritten und letzten Mal in Apg 28, durch Paulus bestätigt.

 

Jede Wiederholung dieser ernsten Prophezeiung kennzeichnete eine Krise in der Geschichte Israels. Dieser Letzten folgte kurz darauf die Zerstörung Jerusalems, der Brand des Tempels und die Zerstreuung des Volkes. Die Anwesenheit der Juden unter uns heute ist ein bleibendes Zeugnis davon.

 

Diese Bestätigung dessen, was der Herr gesagt hatte, beschränkte sich nicht nur auf gesprochene Worte. Die, die es gehört hatten, haben es nicht nur gesagt, sondern auch geschrieben.

 

Die Apostolischen Briefe

Das sind die sogenannten 'katholischen' oder 'allgemeinen' Briefe. Aber diese Bezeichnung verleitet zu dem Mißverständnis, das sie alle betrifft. Sie sind alle von denen geschrieben, die es gehört haben. Wir haben allerdings nicht zwölf Epistel, denn nur drei waren dazu ausersehen: Petrus, Jakobus (Jakobus - Apg 12:17; Apg 15:13; Apg 21:18; 1Kor 15:7; Gal 1:19; Gal 6:12) und Johannes mit Judas (Judas, der Bruder des Jakobus. Vergleiche Jud 1:1 mit Mt 13:55 und Mk 15:40 und siehe Joh 15:22). Diese Schriften werden deshalb die apostolischen Briefe genannt.

 

In allen besten und ältesten griechischen Manuskripten folgen diese apostolischen Briefe unmittelbar nach der Apostelgeschichte, wobei Jakobus zuerst kommt. Diese einfache Tatsache erklärt uns eine ganze Menge. Wir können sie verstehen und die vielen Fragen beantworten, die im Zusammenhang mit ihnen immer wieder aufkommen.

 

b) Der Brief des Jakobus

Wir können verstehen, wieso Jakobus seinen Brief an die "zwölf Stämme in der Zerstreuung" richtete. Wir erinnern uns daran, dass er in der Phase der Apostelgeschichte schrieb. In dieser Phase hielt Gott die Verheißung aufrecht, und Petrus verkündete sie in seinem Namen: Unter der einen Bedingung würde Gott den Christus senden und die damit verbundene Zeit der Erquickung, Wiederbelebung und Wiederherstellung würde kommen: Wenn das Volk Buße tun würde.

 

In diesem Lichte besehen, können wir die Worte des Jakobus verstehen, wenn er den gläubigen Israeliten sagt, "Er hat uns geboren nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit, damit wir Erstlinge seiner Geschöpfe seien“ (Jak 1:18).

 

Das war die Lehre, die sie in jener Zeit empfangen hatten. Paulus hatte bereits im allerersten Brief, den er geschrieben hat (an die Thessalonicher) von diesen 'Erstlingen' geschrieben, dass beim Kommen Jesu Christi die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen. Danach werden wir, die Lebenden "mit ihnen entrückt werden" (1Thes 4:13-18). Diese wären tatsächlich die "Erstlinge" gewesen, von denen Jakobus in seinem Brief spricht (Apg 1:18).

 

Gott hatte durch Petrus verheißen, dass er Jesus Christus senden werde, wenn das Volk Buße tue. Gott hat sie nicht genarrt. Darin können wir ganz sicher sein. Mit dem, was Paulus hier schrieb, "bekräftigte" er nur, was der Herr gesagt hatte. Er hatte es zwar nicht gehört, als der Herr auf der Erde war, aber derselbe Herr hatte es ihm offenbart. Daher konnte Paulus es bekräftigen, als er seinen ersten Brief an die Gläubigen in Thessalonich schrieb.

 

Wir müssen uns das noch aufheben, was wir über 1Thes 4 zu sagen haben, bis die Betrachtung dieses Briefes an der Reihe ist. Inzwischen halten wir fest: Es nicht erstaunlich, dass Jakobus, als er diesen Brief in der Phase der Apostelgeschichte schrieb, in einem ganz direkten Sinne sagen konnte: "... der Richter steht vor der Tür“ (Jak 5:9); Denn der Herr saß noch nicht, sondern, wie Stephanus ihn sah, "stand" er noch, wie auf Israels Buße wartend, - und in Bereitschaft, "herabzusteigen vom Himmel" und gesendet zu werden, wie es Gott in Apg 3:20 durch Petrus verheißen hatte.

 

Jakobus konnte von der Rechtfertigung durch den Glauben schreiben, aber da er an die zwölf Stämme und während dieser Phase schrieb, mußte er ihnen zeigen, dass es ein lebendiger Glaube sein muß, der sich in Werken zeigt.

 

Die Gerechtigkeit vor Gott ohne Werke war noch nicht völlig offenbart. Der Brief an die Römer war noch nicht geschrieben. Gerechtigkeit mußte wie Abrahams und Rahabs Glaube sein. Denn Glaube ist wie der menschliche Körper. Der Körper ohne Geist ist tot; denn Gott "blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen." - Und ohne den Geist "wird er eine tote Seele" (Siehe die folgenden Schriftstellen, wo das hebräische Wort nephesch, eigentlich "Seele", anders übersetzt wird: King James: the dead- der Tote: 3Mo 19:28; 3Mo 21:1; 3Mo 22:4; 4Mo 5:2; 4Mo 6:11; King James: dead body - Leichnam: 4Mo 9:6.7.10 ; und King James: body - Körper: 3Mo 21:11; 4Mo 6:6; 4Mo 19:11.13; Hag 2:13). "So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber." Er gibt kein Lebenszeichen von sich. Hier beruft sich Jakobus auf Abraham, der "Gott glaubte" aber auch bewies, dass es ein lebendiger Glaube war, als er im Gehorsam aus seinem Land und seiner Verwandtschaft ging (Jak 2:22). In gleicher Weise wurde Rahabs Glaube als lebendig bewiesen, als sie die Kundschafter aufnahm und nicht verriet, um sie in die Hände des Königs von Jericho zur Hinrichtung auszuliefern (Jak 2:25).

 

Jakobus konnte auch von der "Synagoge" schreiben, wie Lukas in der Apostelgeschichte, wo Paulus seine Bestätigung an die des Petrus anfügt und "Jesus und die Auferstehung" den Juden in der Diaspora in deren Synagoge predigt. (Apg 17:1f).

 

Jakobus konnte das alles sagen, weil er bekräftigte, was der Herr gesagt hatte. Er schrieb ja an dieselben Menschen, denen gegenüber er sich auf die Worte des Petrus in Apg 3:14 beziehen konnte. Das sieht man aus den persönlichen Fürwörtern: "Ihr habt den Gerechten verurteilt und getötet, und er hat euch nicht widerstanden" (Jak 5:6). 'euch' bedeutet hier: den zwölf Stämmen, die die Schuld auf sich geladen haben.

 

Jetzt "steht er noch vor der Tür“ (Jak 5:9); seine Verkündigung ist noch nicht widerrufen. Seine Verheißung, Jesus Christus zu senden, ist noch offen. Aber "das Kommen des Herrn ist nahe“ (Jak 5:8).

 

c) Die Briefe des Petrus

Petrus hat nicht nur gepredigt, sondern er wandte sich auch schriftlich an die Fremdlinge, die zerstreut wohnen (1Petr 1:1), d. h. in die Diaspora; und er spricht von derselben Errettung, von der auch die Propheten gesprochen und geschrieben hatten, und sagt: "Ihnen ist offenbart worden, dass sie nicht sich selbst, sondern EUCH dienen sollten mit dem, was EUCH nun verkündigt ist durch die, die EUCH das Evangelium verkündigt haben durch den Heiligen Geist (durch pneuma hagion, d. i. durch die Kraft aus der Höhe, vgl. Hebr 2:4), der vom Himmel gesandt ist, - was auch die Engel begehren zu schauen" (1Petr 1:12).

 

Petrus nennt die Gläubigen auch heilige Priesterschaft, königliche Priesterschaft und heiliges Volk (1Petr 2:1-10), und Schafe seiner Weide (1Petr 2:25). Er sagt ihnen, dass das Ende aller Dinge nahegekommen ist, deshalb sollen sie besonnen und nüchtern sein (1Petr 4:7). "Denn die Zeit ist da, dass das Gericht anfängt an dem Hause Gottes. Wenn aber zuerst an uns, was wird es für ein Ende nehmen mit denen, die dem Evangelium Gottes nicht glauben?“ (1Petr 4:17). Dabei bezieht er sich natürlich auf seine eigene Aufforderung in Apg 3, und auf das "große Heil" (Hebr 2:1-3).

 

Petrus bezeugt auch, dass Gott sie "durch die Auferstehung Jesu Christi" "wiedergeboren hat" zu einem Erbe, das nicht mehr irdisch, sondern himmlisch ist. Und er bezeugt die "Seligkeit, die bereit ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit". Damit meint er die damalige Zeit, nämlich das Ende dieser heilsgeschichtlichen Phase. Damals war die Wiederkunft Christi "bereit, dass sie offenbar werde" (apokalypto). Denn diese Phase ging damals auf ihr Ende zu, und wenn diese Zeit der "Leiden" vorüber wäre, dann sollte "die Herrlichkeit" folgen. Wir haben dasselbe Wort apokalypto in 1Petr 4:13 und 1Petr 5:1. Petrus konnte das Wort apokalypto anwenden, weil es eine bekannte Bedeutung hatte. Die lag in der Verheißung, Jesus Christus zu senden. Das ist nicht Teil unserer Hoffnung heute. Wir warten auf unsere Entrückung, nicht auf die Apokalypse oder "den Tag des Herrn“

 

Wir wollen dieses "Erbe" mit dem vergleichen, was darüber in folgenden Kapiteln geschrieben ist:

 

1.Petrus Kap. 1 u. 2                                                   Offenbarung Kap. 21 u. 22

Erbe - 1Petr 1:4                                                  Die heilige Stadt usw. - Offb 21:7

unvergänglich - 1Petr 1:4                                                 reines Gold - Offb 21:7

unbefleckt - 1Petr 1:4                                               

unverwelklich - 1Petr 1:4                                                  "nicht mehr" - Offb 22:3-5

aufbewahrt in den Himmeln für euch - 1Petr 1:4                                                 „herniederkommen aus dem Himmel" - Offb 21:10

„die zwölf Stämme" - Offb 21:12

„die zwölf Apostel" - Offb 21:12

Lob, Preis und Ehre - 1Petr 1:7                                                      „Herrlichkeit“ - Offb 21:23-24

„Edelsteine“ - Offb 21:19

lebendige Steine - 1Petr 2:7                                                    Grundsteine - Offb 21:14

 

 

Der 2. Brief des Petrus

In seinem zweiten Brief ermahnte er sie, denn "so wird EUCH reichlich gewährt werden der Eingang in das ewige REICH unseres Herrn und Heilands Jesus Christus" (2Petr 1:11). Er zählt sich selber mit zu denen, die es gehört haben, wenn er sagt, "diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge" (2Petr 1:18)

 

Am Ende seines zweiten Briefes spricht er von des Herrn Tag, der wie ein Dieb kommen wird (2Petr 3:10), und von den schweren Gerichtserscheinungen, die mit ihm einhergehen (2Petr 3:11). Dann spricht er von dem "Tag Gottes", der dem folgt (2Petr 3:12) und von dem neuen Himmel und der neuen Erde, die das beenden. Deshalb schließt Petrus mit der Ermahnungen (2Petr 3:14), "dass ihr gedenkt an die Worte, die zuvor gesagt sind von den heiligen Propheten, und an das Gebot des Herrn und Heilands, das euch verkündet ist DURCH EURE APOSTEL" (2Petr 3:2). Dass wir hier die Fürwörter so herausgehoben sind soll zeigen, dass die Apostel sich selber einbezogen haben in das, worüber sie schrieben, und sich an dem, wovon sie sprachen, als beteiligt ansahen. Aber wenn wir uns vor Augen halten, dass die Verkündigung und der Ruf zur Buße nicht beachtet wurden, und dass die Verheißung, den Messias zu senden, um das Königreich zu errichten und alle Dinge wieder herzustellen, abgelehnt wurde, dann ist es nur im übertragenen Sinne möglich, alle diese persönlichen Ausdrücke auf uns heute anzuwenden.

 

Damals stand alles das, wovon sie schrieben, nahe bevor. Jetzt ist es alles ausgesetzt. Damals war die Erfüllung aller Verheißungen, die an die Väter ergangen waren, ganz nahe. Jetzt aber ist sie in die Ferne gerückt. Nur so lassen sich die Ausdrücke in Kürze und die Zeit ist nahe sinnvoll und zutreffend verstehen (Offb 1:1.3). Viele Gläubige mögen hierüber verblüfft sein. Sie können nicht verstehen, wieso Johannes sagen mußte, dass das, worüber er zu schreiben hatte, in Kürze geschehen soll (Offb 1:1). Sie können nicht sehen, dass es ganz genau zutraf, denn Johannes schrieb unmittelbar vor dem Ende dieser Phase, in der Zeit, die er die letzte Stunde nannte. Er konnte nicht schreiben, als ob er angenommen hätte, dass die Verkündigung des Petrus abgelehnt würde. Es war vielmehr notwendig, dass er vom Gegenteil ausging und positiv schrieb, also nicht hypothetisch, obwohl er über ernste Realitäten schrieb.

 

Aber man hat die große Krise von Apg 28 gänzlich ignoriert und die größte Krise der Geschichte - die Zerstörung Jerusalems - behandelt, als ob es ein gelegentlicher Unfall wäre, ohne irgendwelchen Einfluß auf die Geschichte oder die prophetische Lehre der Heiligen Schrift. - Das Buch der Offenbarung wurde aller Verbindung zu Israel entrissen und wurde so betrachtet, als wäre es eine in Symbolen geschriebene Fortsetzung der Geschichte der Heiden!

 

In diesem Zusammenhang müssen wir uns noch aufheben, was wir über das Buch der Offenbarung zu sagen haben, bis wir an das Ende der apostolischen Schriften kommen. Dann werden wir sehen, wie die Bekräftigung der Worte des Herrn durch die, die es gehört haben, als ein harmonisches Ganzes den ihr zustehenden Platz als Schlüssel zur Auslegung des Neuen Testaments insgesamt einnimmt.

 

d) Die Johannesbriefe

Johannes gehörte zu den drei zuerst erwählten Jüngern, die Jesus berufen hatte, damit sie mündlich und schriftlich bekräftigen sollten, was sie vom Herrn gehört hatten. Er bekräftigte, wie die anderen beiden, was seinen Anfang nahm mit der Predigt des Herrn (Hebr 2:3). Darüber hinaus ging er nicht.

 

Außerhalb seiner Briefe gibt es keine Information darüber, wann er geschrieben hat. Niemand kann uns helfen. Weder alte Autoren noch moderne Kritiker können uns mehr darüber sagen, als was wir selber in den drei Briefen des Johannes lesen. Alles andere ist Vermutung. Alle Leser und Ausleger müssen, wie bei allen Briefen, notgedrungen auf die internen Indizien zurückgreifen, weil es externe nicht gibt.

 

Naherwartung

Hier stoßen wir bald auf die Worte: Kinder, es ist die letzte Stunde! (1Jo 2:18). Das kann sich nur auf die damals unmittelbar bevorstehende Zerstörung Jerusalems beziehen. Die ist nämlich den Abschluss dieser heilsgeschichtlichen Phase, die zeitlich von der Apostelgeschichte umrissen wird. Johannes schrieb nicht von der heutigen Zeit oder von der Menschheitsgeschichte, auch nicht vom Ende der materiellen Schöpfung, sondern vom Ende der Phase, in der Gott durch die, die es gehört haben redete. Deren Ende war tatsächlich nahe. So nahe, dass es heißt: Die Welt vergeht mit ihrer Lust (1Jo 2:17). Es war die "elfte Stunde" davon.

 

Was hat damals diese "letzte Stunde" gekennzeichnet? Die Antwort folgt unmittelbar im gleichen Vers: "Kinder, es ist die letzte Stunde! und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind nun schon viele Antichristen gekommen: daran erkennen wir, dass es die letzte Stunde ist."

 

Das ist die erste Erwähnung des Antichrists im neuen Testament. Er wird hier mit dem bestimmten Artikel genannt, als wäre er bereits bekannt. Außer dem Hinweis auf den Charakter oder Geist des Antichrists (1Jo 2:22; 1Jo 4:3) (zur Begründung des bestimmten Artikels vgl. Dan 7:8.9.11) wird keine Erklärung über ihn gegeben. Die Frage, woher Johannes das wusste, lässt sich selbstverständlich und richtig mit der Inspiration beantworten; aber Johannes sagt "wir", also wussten auch noch andere (oder hätten es wissen müssen), dass an den "vielen Antichristen" die "letzte Stunde" zu erkennen war. Unser Herr hatte es in der letzten großen prophetischen Rede am Ölberg als allererstes Zeichen für den Beginn der letzten Zeit vorausgesagt: ... es werden viele kommen unter meinem Namen... (Mt 24:4).

 

Es gibt zwei solche prophetische Reden. Das zeigt sich darin, dass sie zweierlei Zeiten, Orte und Themen haben. Die erste ist in Lk 21 berichtet, die zweite in Mt 24 und Mk 13

 

Die Rede bei Lukas hielt Jesus "eines Tages, als er das Volk lehrte im Tempel" (Lk 20:1). Als nächsten Hinweis auf die Zeit lesen wir in Lk 21:1: "Er blickte auf und sah, wie die Reichen ihre Opfer in den Gotteskasten einlegten." Demnach war er noch im Tempel, als er die prophetische Rede hielt, die uns Lukas berichtet. Ein dritter Hinweis findet sich in Lk 21:37: "Er lehrte des Tags im Tempel; des Nachts aber ging er hinaus und blieb an dem Berg, den man den Ölberg nennt."

 

Betrachten wir demgegenüber die Prophetie in Mt 24 und Mk 13: Da lesen wir in Mt 24:1: Und Jesus ging aus dem Tempel fort,... und als er auf dem Ölberg saß, traten seine Jünger zu ihm und sprachen, als sie allein waren“ (Mt 24:3). Ebenso in Mk 13:1: "Und als er aus dem Tempel ging,..." und Mk 13:3: "Und als er auf dem Ölberg saß gegenüber dem Tempel, fragten ihn Petrus und Jakobus und Johannes und Andreas, als sie allein waren."

 

Somit haben wir also zwei große prophetische Reden; eine (Lukas) im Tempel gesprochen, die andere (Matthäus und Markus) später auf dem Ölberg. Da Teile der ersten Prophetie in der zweiten wiederholt werden, stellen wir die Hauptpunkte der drei Berichte in Spalten nebeneinander, so dass jeweils Thema und Inhalt mit ihren Unterschieden deutlich erkennbar werden.

 

Beide Prophetien werden mit einem Abriss von Ereignissen eingeleitet, die die Zuhörer noch erleben und erleiden würden. Der Herr war auf die Bauwerke, Steine und Verzierungen des Tempels hingewiesen worden und antwortete, "Es wird die Zeit kommen, in der von allem, was ihr seht, nicht ein Stein auf dem andern gelassen wird, der nicht zerbrochen werde" (das hat sich so vollständig erfüllt, dass die illustrierte Wochenschrift "The Throne" (London) in ihrer Ausgabe vom 21. Dezember 1911 in einem zwei Seiten langen Artikel nachweisen wollte, es hätte den Tempel überhaupt nie gegeben, das sei nur ein Mythos.

(Anm. Jürgen Krafzik: Ein Mythos, an dessen „Glaubwürdigkeit" heute auch die Palästinenser und andere Islamisten mit verschiedensten Methoden arbeiten). Diese ernste Aussage führte beide Male zu der Frage: "WANN soll das geschehen? und was wird das ZEICHEN sein, wenn das geschehen wird?" Die Frage bezieht sich auf das Kommen bzw. den Beginn der Ereignisse.)

 

Die ersten Worte der Antwort des Herrn waren:

 

Mt 24:46: "Seht zu, dass euch nicht jemand verführe. Denn es werden viele kommen unter meinem Namen und sagen: Ich bin der Christus, und werden viele verführen. Ihr werdet hören von Krieg und Kriegsgeschrei; seht zu und erschreckt nicht. Denn das muss so geschehen; aber es ist noch nicht das Ende da."                                                Mk 13:5-7: "Seht zu, dass euch nicht jemand verführe! Es werden viele kommen unter meinem Namen und sagen: Ich bin's, und werden viele verführen. Wenn ihr aber hören werdet von Kriegen und Kriegsgeschrei, so fürchtet euch nicht. Es muss so geschehen. Aber das Ende ist noch nicht da."                                                   Lk 21:8-9: "Seht zu, lasst euch nicht verführen. Denn viele werden kommen unter meinem Namen und sagen: Ich bin's, und: Die Zeit ist herbeigekommen. - Folgt ihnen nicht nach! Wenn ihr aber hören werdet von Kriegen und Aufruhr, so entsetzt euch nicht. Denn das muss zuvor geschehen, aber das Ende ist noch nicht so bald da."

 

Das ist der Anfang. Der Herr spricht dann weiter von den Ereignissen, die als nächste folgen: Die Geburtswehen der Trübsal:

 

Mt 24:7.8: "Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere; und es werden Hungersnöte sein und Erdbeben hier und dort. Das alles aber ist der Anfang der Wehen."                                                   Mk 13:8: "Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere. Es werden Erdbeben geschehen hier und dort, es werden Hungersnöte sein. Das ist der Anfang der Wehen."                                                Lk 21:10.11: "Ein Volk wird sich erheben gegen das andere und ein Reich gegen das andere, und es werden geschehen große Erdbeben und hier und dort Hungersnöte und Seuchen; auch werden Schrecknisse und vom Himmel her große Zeichen geschehen.

 

Jetzt werden wir sehen, dass er bei der ersten Rede (Lk 21) an dieser Stelle kurz innehält. Anstatt des Satzes: "Das ist der Anfang der Wehen" (wie bei Matthäus und Markus) und der Fortsetzung ihrer Schilderung, geht er hier zurück und spricht von etwas, das noch "vor diesem allen" geschehen wird. - Vor dem Beginn der Geburtswehen der großen Trübsal. Er beschreibt die Zerstörung Jerusalems.

 

 

Gericht und Verstockung Israels

Lk 21:12: Aber vor diesem allen...

 

Das bedeutet vor der großen Trübsal, die mit dem Zeichen des Menschensohns, kommend in den Wolken des Himmels, endet, werden die Ereignisse geschehen, die in den Versen 12-24 berichtet sind. Die abschließenden Worte lauten:

 

Lk 21:24: "und sie werden fallen durch die Schärfe des Schwertes und gefangen weggeführt unter alle Völker, und Jerusalem wird zertreten werden von den Heiden, bis die Zeiten der Heiden erfüllt sind."

 

In der Rede, die in Mt 24 und Mk 13 berichtet ist, fährt er jetzt fort und beschreibt die Drangsal (anstatt auf den Zustand Jerusalems vor der großen Trübsal und bis zu deren Beginn einzugehen). Nachdem er gesagt hatte: "Das alles ist der Anfang der Wehen" setzt er die Beschreibung der Trübsal fort (Mt 24:9-28; Mk 13:9-23), und er schildert in der Prophezeiung weiter die Wehen bis zum Augenblick seines Erscheinens in den Wolken des Himmels.

 

An diesem Punkt wendet sich der Herr nun auch in Lk 21:25 dem Ziele zu (telos), der Zeit des Endes: Die abschließenden Worte beider Reden beziehen sich auf das eigentliche Kommen des Herrn:

 

Mt 21:29.30: "Sogleich aber nach der Bedrängnis jener Zeit wird die Sonne sich verfinstern und der Mond seinen Schein verlieren, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen. Und dann wird erscheinen das Zeichen des Menschensohns am Himmel. Und dann werden wehklagen alle Geschlechter auf Erden und werden sehen den Menschensohn kommen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit."

 

Mk 13:24-26: "Aber zu jener Zeit, nach dieser Bedrängnis, wird die Sonne sich verfinstern und der Mond seinen Schein verlieren, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen. Und dann werden sie sehen den Menschensohn kommen in den Wolken mit großer Kraft und Herrlichkeit."

 

Lk 21:25-27: "Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen, und auf Erden wird den Völkern bange sein, und sie werden verzagen vor dem Brausen und Wogen des Meeres, und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen. Und alsdann werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit."

 

Aber uns interessiert hier nicht das aktuelle Kommen des Herrn in der Endzeit, sondern wir besprechen noch das erste Zeichen, das mit dem zu tun hatte, wovon Johannes in 1Jo 2:18 schreibt, "daran erkennen wir, dass es die letzte Stunde ist."

 

Diese Verse (Mt 24:29.30; Mk 13:24-26; Lk 21:25-27) stehen in der dritten Person, denn sie reden von dem, was sie in der Zukunft empfinden und sehen werden. Die folgenden Verse aber bilden zu dieser Form sie und ihnen einen Gegensatz. Der Herr kommt wieder auf die damals gegenwärtige Zeit zu sprechen, nämlich auf das erste Zeichen der vielen falschen Christusse. "Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht. Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht den Feigenbaum und alle Bäume an: wenn sie jetzt (es könnte sein, dass dieser Ausdruck "jetzt" sich auf die Leute bezieht, die die zukünftige Zeit des Endes (telos) sehen. Wir können aber die Menschen nicht ausschließen, die den Herrn reden gehört haben, und die seine Worte verstanden hätten, wenn die Nation Buße getan hätte, als Petrus in Apg 3:19-26 dazu aufrief) ausschlagen und ihr seht es, so wißt ihr, dass der Sommer nahe ist. Wahrlich ich sage euch: dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis es alles geschieht (Lk 21:28-32).

 

Diese Worte werden mit "wahrlich" eingeleitet, und sie sind wahr. Diese Generation verging nicht vor der Erfüllung der Verse 8 und 9, die vom Kommen der falschen Christusse oder Antichristen reden, von dem Johannes sagt, "daran erkennen wir, dass es die letzte Stunde ist" (1Jo 2:18).

 

Noch deutlicher wird es, wenn wir die Worte in Lk 21:24 und 32 gut auseinanderhalten. in V. 24 heißt es erfüllt sind (pleroo) und in V. 32 geschieht (ginomai), das bedeutet entstehen. Diese Dinge hatten tatsächlich begonnen zu geschehen, sie entstanden während GERADE DIESER GENERATION, und dann verging diese Generation. Das Wort Geschlecht kann nicht 'Rasse' bedeuten, den diese Rasse vergeht ohnehin nicht. Es ist die "ewige Nation" (siehe Jes 45:17).

 

Wir haben deshalb eine klare und befriedigende Auslegung des Ausdrucks "diese Generation". Wir brauchen sie nicht mit gewaltsamen Manipulationen und klugen Argumenten zu einer Generation zu machen, die damals noch weit in der Zukunft lag. Das sind Auslegungen, die keiner Kritik standhalten. Wenn man diesen Ausdruck aber im Sinne der Phasen auffasst, dann erklärt er sich nicht nur von selber, sondern macht auch den anderen Ausdruck verständlich, der für viele so rätselhaft ist: Die letzte Stunde aus 1Jo 2:18. Und für uns heute ist das gleiche Zeichen gut geeignet, weil es auf den Beginn der Trübsal weist, die jetzt aber natürlich noch Zukunft ist.

 

Weil sie die Proklamation des Königreichs durch Petrus abgelehnt haben, haben sie das nicht erkannt, und nun ist alles ausgesetzt. Manche halten den Papst für den Antichrist, von dem hier die Rede ist. Aber dieses Zeichen galt für den Beginn der letzten Stunde, und nicht als Zeichen für ihre Fortsetzung oder ihr Ende. Es war das allererste Zeichen.

 

Wenn der Papst oder die Päpste diejenigen wären, von denen der Herr sagte, "es werden viele kommen unter meinem Namen...", dann bliebe uns überhaupt kein 'Zeichen' mehr, und die Worte des Herrn wären ihrer Wirkung beraubt. Nein! die Trübsal und das Königreich sind zusammen ausgesetzt. Die Zeit für das Offenbarwerden des Antichrist muss dem Tag des Herrn vorausgehen und ist tatsächlich das unmittelbare Zeichen dafür (2Thes 2).

 

Aufruf zur Buße

Aber Johannes weist nicht nur hier auf die verheißene unmittelbare Parusie oder Erscheinung des Herrn, die damals an eine Bedingung geknüpft war.

 

In 1Jo 2:28 sagt er: "Und nun, Kinder, bleibt in ihm, damit wir, wenn er offenbar wird, Zuversicht haben und nicht zuschanden werden vor ihm, wenn er kommt" (bei seiner Parusie). Nochmals sei es gesagt: Wir können Johannes selbst und die, an die er schrieb, hierbei nicht ausschließen.

 

In 1Jo 4:17 sagt er: "Darin ist die Liebe bei uns vollkommen, dass wir Zuversicht haben am Tag des Gerichts." Der Tag des Gerichts ist es nämlich, was diejenigen erwartete (und noch erwartet), die dem Ruf zur Buße nicht Folge geleistet haben, der damals von denen hinausgetragen wurde, die es gehört haben und die in seinem Namen riefen.

 

In 2Jo 1:7 finden wir noch einen weiteren Hinweis auf die Beschreibung der falschen Christusse oder Antichristen aus den Tagen des Johannes und aus der letzten Stunde. Die können wir aber erst später betrachten.

 

Unsere Leser werden verstehen, dass wir nicht nur die Übereinstimmung mit anderen Stellen zeigen wollen, die in der Auslegung so viele Schwierigkeiten bereiten.

 

Wir wollen die Leser auch mit kräftigen Argumenten gegen die Lehre einer Vielzahl von Auslegern versehen, die erklären, der Herr sei bei der Zerstörung Jerusalems gekommen. Unter den bekannten Auslegern gibt es viele, die diese Ansicht vertreten.

 

Wir haben diesen Punkt bei der Besprechung der apostolischen Briefe des Johannes als ersten behandelt, weil uns das beim Datieren seines Briefes hilft. Aber es gibt noch einen weiteren Punkt. In den einleitenden Worten haben wir nämlich ein Echo von Hebr 2:3, das uns daran erinnert, dass Johannes einer von denen war, die es gehört haben, was der Sohn Gottes gepredigt hatte. So war er qualifiziert und beauftragt, das zu bekräftigen, was seinen Anfang nahm mit der Predigt des Herrn.

 

Johannes beginnt seinen Brief so:

 

"Was (oder DER) von Anfang an war, was (oder DEN) WIR GEHÖRT HABEN, was (oder DEN) wir gesehen haben mit unsern Augen, was (oder DEN) wir betrachtet haben und unsre Hände betastet haben, vom WORT DES LEBENS - und das Leben ist erschienen, und wir haben es gesehen und bezeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist, das beim Vater war und uns erschienen ist - was (oder DER, DEN) wir gesehen UND GEHÖRT haben, das (oder DEN) verkündigen wir euch, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt; und UNSERE (hemeteros - siehe Anmerkung*) Gemeinschaft ist (Gemeinschaft) mit dem Vater und mit dem Sohn Jesus Christus. Und das schreiben WIR (alle sorgfältigen Texte heben diese Wort hervor), damit unsere Freude vollkommen sei" (1Jo 1:1-4).

 

Johannes schreibt speziell an Hebräer, und zwar, wie wir gesehen haben, unmittelbar vor dem Ende dieser Phase. Deshalb finden wir bei ihm in hohem Maße hebräische Ausdrücke und Redewendungen.

 

Er spricht von dem "Fürsprecher" oder "Tröster" (Luther) vom Vater, wie er aus dem Munde des Herrn gehört hat (Joh 14:6.17), und er nennt Christus "die Versöhnung" (oder das Sühneopfer) für unsere Sünden, nicht allein aber für die UNSEREN* (als Juden), sondern auch für die der ganzen Welt (ohne Unterschied)." Hier meint Johannes sich und sein eigenes Volk Israel. Dem in erster Linie bezeugt er den Herrn, den er "gesehen und gehört hat."

 

* Das Wort ist dasselbe wie in 1Jo 1:3 ("UNSERE" Gemeinschaft); hemeteros heißt "der/die/das Unsrige" und ist nicht dasselbe wie 'unsere' im Satz vorher. Dort ist es nur das übliche besitzanzeigende Fürwort. In diesem Fall aber ist es ein viel stärkeres Wort und bezieht sich auf das, was im ausschließlichen Sinn "uns (als Juden) zugehörig" ist. Vgl. Apg 2:11 "in unsern Sprachen"; Apg 24:6 "nach unserm Gesetz"; Apg 26:5 "unsres Glaubens"; 2Tim 4:15 "unsern Worten"; Tit 3:14 "die Unsern" (als Volk). Jedes mal ist dieses griechische Wort verwendet worden.

 

e) Die Offenbarung des Johannes

Bevor wir verlassen, was diejenigen bekräftigen, die es gehört haben, müssen wir noch die Offenbarung besprechen, die wir zu den apostolischen Schriften zählen, wobei wir diese Bezeichnung nur den Schriften zuordnen, die von den zwölf Aposteln stammen, den Verfassern der apostolischen Briefe.

 

Hier erhalten wir, wie schon früher angedeutet, weitere Hinweise darauf, dass die Apostelgeschichte eine eigene heilsgeschichtliche Phase ist; aber wir finden noch mehr. So ist es ja immer, wenn wir uns in der Lehre auf einem richtigen und wahren Weg befinden: überraschenderweise werden Probleme gelöst. Andererseits stoßen wir, einmal 'auf dem Holzweg', überall auf Hindernisse und müssen umkehren.

 

Nun zur Offenbarung: Wer von uns war nicht verblüfft von dem einleitenden Ausdruck was IN KÜRZE geschehen soll? In Offb 1:3 wird hinzugefügt die Zeit ist nahe. Damals müssen diese Worte einen echten, buchstäblichen Sinn enthalten haben, den man verstanden hat.

 

Der Herr sieht das Ende von Anfang an. Er wusste, dass das Angebot des Petrus in Apg 3:26-29 abgelehnt werden würde. Aber als er seinen Knecht Johannes schreiben ließ, konnte er das nicht vorwegnehmen. Johannes musste so zu schreiben angeleitet werden, dass es verstanden wurde. Und er schrieb so an die Gemeinden, wie es ihm aufgetragen worden war.

 

Gewiss hat Gott sein Volk nicht genarrt, als er verhieß, unter der Bedingung der nationalen Busse Jesus Christus zu senden. Aber aus einem Grunde hat Gott keinerlei Hinweis darauf gegeben, dass Israel den Ruf zur Buße ablehnen würde: Die Willensfreiheit des Volkes durfte nicht aufgehoben werden. Die volle Verantwortlichkeit musste bei diesem Volk belassen werden, und zwar während dieser ganzen Phase, bis zu der bemerkenswerten ganztägigen Konferenz in Rom (Apg 28:23-29).

 

Wir können sicher sein, dass Paulus bei diesem wichtigen Ereignis nichts unausgesprochen und kein Argument ungenutzt ließ, als er ihnen "vom frühen Morgen bis zum Abend" das Reich Gottes bezeugte und "ihnen von Jesus aus dem Gesetz des Mose und aus den Propheten" predigte.

 

Der Apostel Johannes konnte nicht weniger tun. Das Senden des Herrn Jesus, wie in Apg 3:19-26 verheißen, enthielt die volle Erfüllung all der Ereignisse, die mit der Offenbarung und Erscheinung Jesu Christi kommen sollten. Diese Verheißung schloss auch ein, dass "alles wiedergebracht wird, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn."

 

Daher konnte man damals in einem ganz realen Sinn, wie das heute nicht mehr möglich ist, sagen, dass die Offenbarung Jesu Christi in Kürze geschehen soll (muss K). Die Gewissheit bei Johannes beruht selbstverständlich auf der Zuverlässigkeit der Zusagen Gottes, und nicht auf der Ungewissheit der damals noch ausstehenden Entscheidung Israels. Aus göttlicher Sicht ist dieses MUSS das einzige Wort, das verwendet werden konnte. Am Ende des Buches wird es zwar nicht wiederholt, aber im letzten Kapitel lesen wir dafür dreimal siehe (oder ja), ich komme bald (Offb 22:7.12.20), und einmal die Zeit ist nahe (wie in Offb 1:3).

 

Die Offenbarung konnte in einem ganz realen und zutreffenden Sinn von nahe sprechen; und das hatte für die Menschen der damaligen Zeit ein viel größeres Gewicht als für die Gläubigen heute. Denn heute kann man es nicht mehr im selben Sinne als 'nahe' bezeichnen wie damals.

 

Damalige Naherwartung

Aber es gibt auch in den Sendschreiben an die sieben Gemeinden Ausdrücke mit der gleichen räumlichen und zeitlichen Bedeutung. Wir wissen, dass diese Gemeinden damals real existierten. Wir wissen weiter, dass diese Sendschreiben direkt vom Herrn ausgingen. Und wir wissen, dass der Herr allen, die das Wort annahmen (Apg 2:41; 1Thes 2:13), befahl, zu warten und Ausschau zu halten. Daher müssen die Sendschreiben bei ihnen eine Aktualität gehabt haben, die bei uns heute nicht oder nicht im selben Sinne gegeben ist.

 

"Siehe, er kommt mit den Wolken, und es werden ihn sehen alle Augen und alle, die ihn durchbohrt haben, und es werden wehklagen um seinetwillen alle Geschlechter der Erde" (Offb 1:7). Das gehört zu dem, was in Kürze geschehen soll (muss) (Offb 1:1), und wofür "die Zeit nahe“ war (Offb 1:3) Und wenn wir das im Zusammenhang mit anderen Worten in den ersten drei Kapiteln lesen, dann ist es klar, dass "der Tag des Herrn" damals tatsächlich nahe war.

 

Petrus hatte bei der Pfingstpredigt erklärt: "... das ist's, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist", und Joel prophezeite von dem "Tag des Herrn" (Joe 2 und 3).

 

Die Sendschreiben an Ephesus und Pergamos wiederholen die Zusicherung "ich werde bald über dich kommen" (Offb 2:5.16; das ist das gleiche Wort wie in Offb 22:20, aber in Offb 2:5 ist es nicht in allen Textüberlieferungen enthalten).

 

... das haltet fest bis ich komme heißt es im Sendschreiben an Thyatira (Offb 2:25).

 

Siehe, ich komme bald steht im Sendschreiben an Philadelphia (Offb 3:11) mit den gleichen Worten wie in Offb 22:20.

 

Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an mahnt er Laodicäa und das hat die gleiche Bedeutung wie in Jak 5:9 das Wort: "Siehe, der Richter steht vor der Tür." Moderne Evangelisten verdrehen diese ernste Mahnung gern. Sie reden von einer Herzenstür, aber damit können sie den geschriebenen Worten nicht die Wirkung nehmen, die sie in den Augen der ursprünglichen Leser hatten. Sie hatten ja diese Sendschreiben in der Hand, direkt an sie adressiert und vom Apostel Johannes eigenhändig geschrieben.

 

Die Botschaft an Ephesus, dass du die erste Liebe verlässt, muss die Leser besonders getroffen haben, denn in Apg 19:9 und 2Tim 1:15 wird dieser Abfall ausdrücklich festgestellt.

 

Ja, der "Tag des Herrn" war tatsächlich nahe, und wenn die Nation auf die Predigt der Zwölf hin Buße getan hätte, dann wäre es damals alles geschehen. Oder wollen wir glauben, der Herr hätte die Nation nur genarrt, als er durch Petrus sprach: "so tut nun Buße und bekehrt euch,... DAMIT die Zeit der Erquickung komme... und er den sende, der euch zuvor zum Christus bestimmt ist: Jesus" (Apg 3:19.20). Eine dritte Möglichkeit sehen wir nicht.

 

Nun wissen wir natürlich, dass der Ruf zurückgewiesen wurde. Deshalb wurde Jesus damals nicht gesandt; alles ist ausgesetzt und harrt auf seine Erfüllung, die heute noch in der Zukunft liegt.

 

Die historische Auslegung, nach der das Buch der Offenbarung betrachtet wird, als habe die endgültige Ablehnung des Messias keine Konsequenzen gehabt, und als habe damals alles seinen gewohnten Gang genommen, und die Offenbarung habe ihre Erfüllung in den Ereignissen der europäischen Geschichte, scheint uns für niemanden nützlich zu sein; weder in der Vergangenheit, noch in der Gegenwart, noch in der Zukunft. Und die Betrachtensweise, das ganze Buch zu vergeistigen, raubt ihm alle Klarheit, wenn man die chronologische Einordnung der Offenbarung berücksichtigt.

 

Die Berücksichtigung der Zeit ihrer Abfassung lässt als einzige Methode die Offenbarung ein Buch voller Lehre für uns heute bleiben, so als wäre es zu unserer Unterweisung geschrieben, und gleichzeitig ein Buch mit einer realen Bestimmung für die damalige Zeit und für die noch zukünftigen Tage, wenn es seine buchstäbliche Erfüllung erfahren wird.

 

Wir haben unsere Betrachtungen zu diesem Buch der Offenbarung hier im Zusammenhang mit den Briefen des gleichen Apostels gebracht, aber es bleibt noch ein apostolischer Brief zu erwähnen:

 

f) Der Brief des Judas

In diesem letzten apostolischen Epistel finden wir die gleichen Merkmale der letzten Tage dieser Phase wie in 2Petr 2.

 

Damit erreichen wir das Ende des gemeinsamen Zeugnisses derer, die es gehört haben und durch die die Predigt des Herrn bekräftigt wurde. Die Zwölf waren alle an diesem Werk durch mündliche Weitergabe beteiligt, aber diese Drei (Petrus, Jakobus und Johannes) waren dazu bestimmt, das auch schriftlich zu tun. Und sie haben "uns zur Lehre" geschrieben, wie auch Judas, der Bruder des Herrn (wir sehen das beim Vergleich von Gal 1:19 mit Mt 13:55 und Mk 6:3).

 

Jetzt können wir den Inhalt der Reden genauer betrachten, die die Apostel vom Herrn gehört hatten, und die sie in dieser heilsgeschichtlichen Phase der vierzigjährigen Bewährungsfrist Israels "bekräftigt" haben.

 

Inhaltsverzeichnis

1 g) Was sie gehört haben

1.1 Die Sonderstellung dieser Generation

2 h) Vier bemerkenswerte Schriftstellen

2.1 Mt 10:23

2.2 Mt 16:27.28

2.3 Mt 23:39

2.4 Mt 24:34

2.5 Weitere Worte des Herrn

3 i) Das Evangelium nach Johannes

3.1 Auferstehung, Gericht, der Jüngste Tag

g) Was sie gehört haben

Hebr 2:3

 

Bevor wir uns den Briefen des Paulus zuwenden, wird es gut sein, erst noch nachzusehen, was die zwölf Apostel, die gepredigt, und besonders die drei, die geschrieben haben, aus dem Munde des Sohnes gehört hatten, dessen Botschaft durch sie bekräftigt wurde. Dann werden wir die apostolischen Briefe noch besser verstehen können.

 

Im letzten Abschnitt mussten wir Mt 24 aufschlagen, um besser zu verstehen, was Johannes mit den vielen Antichristen meint. Er und andere wussten, (und alle hätten es wissen müssen), dass es die letzte Stunde vor dem Ende dieser heilsgeschichtlichen Phase der Apostelgeschichte war.

 

Wir haben gesehen, wie ein Bibelvers (Mt 24:34; Lk 21:32) plötzlich klar wird, der für die Futuristen ein Laststein ist, wenn sie die Apostelgeschichte als den Beginn der Kirchengeschichte betrachten. Sie übersehen, dass Apg 3:19-26 die Apostelgeschichte als eigenständige Phase der Heilsgeschichte ausweist. Ähnlich ist es mit dem Wort:

 

Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis es alles geschieht.

 

Das Problem entsteht, wenn man übersieht, dass hier nicht von vollständiger Erfüllung die Rede ist. Das Wort in Mt 24:34 und Lk 21:32 ist nicht dasselbe wie in Lk 21:24. Dort heißt es erfüllt. Sogar wenn dieser Unterschied nicht vorhanden wäre, bliebe die Abhängigkeit von Apg 3:19-26 (siehe unten). Die damals lebende Generation verging zwar, aber nicht bevor das vom Herrn gegebene Zeichen geschehen war: Es waren inzwischen tatsächlich viele gekommen, die gesagt hatten, sie wären der Messias.

 

Damit wenden wir uns Dingen zu, die es aber erforderlich machen, dass wir uns diese besondere Generation und ihre Sonderstellung genauer ansehen. Sie erlebte das Kommen des Boten, der vor dem Herrn den Weg bereiten sollte, wie Jesaja und Maleachi prophezeit hatten. Die Stimme Johannes des Täufers war ein Ruf in der Wüste (Jes 40:3; Mt 3:3; Mk 1:3; Lk 3:4; Joh 1:23), und er hat den Weg des Herrn bereitet. Das Hochzeitsfest war vorbereitet und Jahwe hatte seine Knechte (Johannes und den Herrn) ausgesandt, die Gäste zur Hochzeit zu laden (Mt 22:3f).

 

Die Sonderstellung dieser Generation

Das war die Sonderstellung dieser Generation. Das bezeugte der Herr, als er sagte, dass die Leute von Ninive und die Königin vom Süden auftreten werden beim Jüngsten Gericht und werden diese Generation verurteilen (Mt 12:41.42), weil sie ihr Privileg vertan hat.

 

Johannes der Täufer erfüllte nicht nur die gnädige Verheißung bei Jesaja (Jes 40:3), sondern auch die noch ernstere Prophetie bei Maleachi (Mal 3:23.24), die eine direkte Aussage über den großen und schrecklichen Tag des Herrn enthält. Der Herr selbst erklärte, dass Johannes der dort genannte Elias war (d.h. ihn repräsentierte), denn er kam im Geist und in der Kraft Elias (Lk 1:17). Aber die Menschen dieser Generation "haben ihn nicht erkannt, sondern haben mit ihm getan, was sie wollten" (Mt 17:10-13).

 

Das Gleichnis von der königlichen Hochzeit ist vollkommen wahr. Diejenigen, die darin die erneute Verheißung der anderen Knechte übersehen (Mt 23:4), glauben und lehren trotzdem, die Prophezeiungen von Maleachi und Jesaja hätten sich vollständig erfüllt. Sie behaupten deshalb, die Futuristen täten ganz falsch daran, eine weitere Erfüllung zu erwarten. Aber die "anderen Knechte" waren die, "die es gehört haben" und die zweite Einladung ausrichteten (z. B. in Apg 3:19-26).

 

Viele sehen nicht, dass erst die Ablehnung der anderen Knechte durch diese Generation - in der Apostelgeschichte die Erfüllung von Mt 22:6 ist: ... ergriffen seine Knechte, verhöhnten und töteten sie. Diese Ablehnung hat die Verheißung von Apg 3:19-26 nur verschoben. So haben die Futuristen völlig recht, die das Kommen nicht nur des Herrn erwarten, sondern auch des Elia, der seinen Weg bereiten soll.

 

Ein Ausleger schreibt: "Von einem zukünftigen Elia zu träumen, ist eigentlich Zweifel an der eindeutigen Aussage im Wort Gottes und beruht auf keinerlei Grundlage in der Heiligen Schrift" ("The Parousia," von Dr. Stuart Russel, S.14). Ja, das stimmt dann, wenn man Apg 3 nicht beachtet. Wir räumen aber diesem Ruf zur nationalen Buße seinen ihm gebührenden Rang ein. Wir sehen und verstehen, dass die göttliche Verheißung, durch Petrus gegeben, wahr ist. Aufgrund dieser sicheren Grundlage im Wort Gottes glauben wir, dass er seine Verheißung noch erfüllen wird, indem er Jesus Christus senden wird mit der Zeit der Erquickung vom Angesicht des Herrn, und der Zeit, in der alles wiedergebracht wird, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn.

 

Nur wer dem Ruf in Apg 3 seinen ihm zukommenden Rang einräumt, hat eine Antwort auf die Behauptung, der Herr sei bei der Zerstörung Jerusalems gekommen. Alle andern haben darauf keine Erwiderung, denn sie sind "Toren, und trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben. Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?" (Lk 24:25.26).

 

Die Prophezeiungen des Leidens mussten unbedingt erfüllt werden. Wenn aber der Herr bei der Zerstörung Jerusalems gekommen wäre, dann wären die Prophezeiungen seiner Herrlichkeit überhaupt nicht erfüllt, die sind aber ebenso klar und genau wie die vom Leiden und müssen sich in der Zukunft ebenso wörtlich erfüllen.

 

Nur wenn wir dieser zweiten Einladung der Gäste ("Geladenen") durch die anderen Knechte ihren Rang einräumen, die in Mt 22:4 prophezeit und in Apg 3 (und in der ganzen Apostelgeschichte) ausgerichtet wurden, dann können wir verstehen, was die zu bekräftigen hatten, die es gehört haben, und können beobachten, wie sie dem, was sie aus dem Munde des Herrn gehört hatten, seinen angemessenen Rang einräumten.

 

Manche Futuristen haben große Probleme mit verschiedenen Schriftstellen, in denen der Herr von seiner Wiederkunft spricht, und können sie nicht mit der "seligen Hoffnung" in Einklang bringen, die in den späteren Briefen des Paulus offenbart ist. Wir sprechen aus Erfahrung und sind jetzt umso mehr froh, dass wir in Apg 3 den Schlüssel zu all diesen Problemen entdeckt haben. Wir finden so die Lösung vieler Schriftstellen, die meist ganz ignoriert und sonst auf eine Art und Weise erklärt werden, die ihre Existenz zu bedauern scheint, anstatt zu sehen, dass sie im Licht von Apg 3 ganz unverzichtbar sind.

 

In diesem Licht müssen wir bekennen, dass Johannes (der Täufer), und damit der Herr selbst, vom "Tag des Herrn" als sehr nahe bevorstehend spricht. Johannes spricht von dem "künftigen Zorn", aber nicht als ferner Zukunft, sondern als damals unmittelbar bevorstehend. Wörtlich sagt er: "... wer hat denn euch gewiß gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet?" (Mt 3:7). Das war der mit dem "Tag des Herrn" verbundene Zorn, vor dem die "errettet" wurden (1Thes 1:10), "die das Wort annahmen" (Apg 2:41; 1Thes 2:13).

 

Ja, diese Generation war tatsächlich "böse und abtrünnig" (Mt 12:38.39-45; Lk 11:16.24-36, mehr als alle andern. Es war die "verkehrte" (Apg 2:40) (oder perverse) Generation und forderte den Tadel des Herrn heraus (siehe Mt 12:38-45). Wir können nicht ausschließen, dass die Zuhörer von damals gemeint waren, denn sie waren es doch, zu denen gesagt wurde: "... wenn IHR nicht Buße tut, werdet ihr alle AUCH SO umkommen" (Lk 13:1-5).

 

An anderen Stellen unterstreicht der Herr die heilsgeschichtliche Bedeutung dieser Generation:

"Wahrlich, ich sage euch: das alles wird über dieses Geschlecht kommen" (Mt 23:36).

"Mit wem soll ich aber dieses Geschlecht vergleichen?" (Mt 11:16).

"... damit gefordert werde von diesem Geschlecht das Blut aller Propheten, das vergossen ist seit Erschaffung der Welt..." (Lk 11:49-51).

Und warum das alles? Weil des Menschensohn von dieser Generation abgewiesen wurde. (Mk 8:38).

 

Ein anderer wichtiger Ausdruck,

 

DAS ENDE DES ZEITALTERS

(übersetzt mit "Ende der Welt") enthält die gleiche Instruktion. Es bedeutet "das Ende dieses Zeitalters" d. h. des Zeitalters, das mit der Zerstörung Jerusalems endete, die bald nach Apg 28 geschah: Es kann sich nicht auf das Ende der materiellen Schöpfung beziehen.

 

h) Vier bemerkenswerte Schriftstellen

Nun gibt es vier bemerkenswerte Schriftstellen im Evangelium, die durch unsachgemäße Übersetzung ein verbreitetes Missverständnis in Bezug auf die heilsgeschichtliche Wahrheit verursacht haben. Es sind Mt 10:23; Mt 16:28; Mt 23:39; und Mt 24:34.

 

1. Mt 10:23: - "Wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt."

2. Mt 16:28: - "Wahrlich, ich sage euch: Es stehen etliche hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie den Menschensohn kommen sehen in seinem Reich."

3. Mt 23:39: - "Denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprecht: Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!"

4. Mt 24:34: - "Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht."

 

Zunächst fällt uns auf, dass jedem dieser vier Worte mit der Einleitung "ich sage euch" besonderer Nachdruck verliehen wird. Bei drei von ihnen steht auch noch das feierliche "Wahrlich" davor. Es handelt sich also um Worte von ganz besonderem Gewicht; Warnungen von feierlichem Ernst, sie nicht außer acht zu lassen. Umso weniger dürfen wir versuchen, ihre Bedeutung weg zu erklären.

 

Wir stellen fest, dass jeweils im ersten der beiden Satzteile jeder Erklärungen das Wort 'nicht' mehr als eine normale Verneinung ist. Es ist die stärkste, entschiedenste Verneinung, die es gibt, und wird genauer mit Ausdrücken wie 'keinesfalls' oder 'mitnichten' übersetzt. Dass das Wort hier mit dem einfachen 'nicht' übersetzt wurde, hat dazu beigetragen, die Dunkelheit noch zu verstärken, die diese vier Bibelstellen überschattet.

 

Außerdem steht jeweils im zweiten Satzteil die griechische Partikel "an", die immer ein Element der Unsicherheit einbringt, eine Bedingung erfordert und die ganze Aussage zweifelhaft macht. Bei diesen vier Erklärungen finden wir das jedes mal. Es wird mit 'bis' wiedergegeben.

 

Wir wollen festhalten, dass wir diese beiden Erscheinungen in jedem Falle antreffen. Damit können wir uns der Betrachtung der einzelnen Worte zuwenden.

 

Mt 10:23

"Wenn sie euch aber in einer Stadt verfolgen, so flieht in eine andere. Wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet mit den Städten Israels keinesfalls zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt."

 

Hier gibt es eine Schwierigkeit für alle Futuristen, die die Apostelgeschichte als frühe Kirchengeschichte betrachten. Die fehlerhafte Übersetzung der beiden Satzteile macht diese Schwierigkeit noch größer. Einige lösen sie mit der verwegenen Ausrede, die Aussendung der Zwölf in Mt 10:1-15 beziehe sich auf die Vergangenheit, Mt 10:16-23 auf die Zukunft, und ab Mt 10:24 sei wieder von der Vergangenheit die Rede. Aber das ist sehr eigenmächtig. Es gibt keinerlei Anhalt dafür. Es ist nachlässiges Umspringen mit der Heiligen Schrift, nur weil sie etwas sagt, das nicht in ihre Auffassung von prophetischer Auslegung hineinpasst.

 

Wer die Apostelgeschichte als Kirchengeschichte ansieht, hat in seiner Auslegung keinen Platz für Mt 10:23, das uns aber unentbehrlich sein muss, wenn unsere Auslegung der Apostelgeschichte richtig ist. Wenn es verzichtbar wird, dann ist das der Beweis, dass eine Auslegung falsch ist. Wir setzen es mit Apg 3 in Beziehung und glauben, dass "Israel" nichts anderes als Israel bedeutet. Dann ist Mt 10:23 lehrreich, besonders wenn wir auf den Sinn im Griechischen achten.

 

Erstens ist das Wort nicht etwas Besonderes, wie wir oben ausgeführt haben. Es ist die stärkste negative Form, die es gibt; so stark, dass es immer falsch war, wenn Menschen es gebrauchten (siehe Mt 26:33; Joh 13:8; Joh 20:25. Es ist die Verbindung der beiden Verneinungen ou und me, die immer mit keinesfalls, ganz und gar nicht übersetzt werden müsste, die aber meist mit dem einfachen nicht übersetzt ist. Es ist überaus stark betont, und drückt äußerste Gewissheit aus). Beachten wir den Zusammenhang in diesem Satz: Was hier so gewiss ist, das ist die Tatsache, dass die Zwölf, die der Herr beauftragte, ihre Aufgabe keinesfalls erfüllt haben würden, bis ein mögliches Ereignis geschehen sein könnte.

 

Zweitens ist die Ausdrucksform, die im ersten Satzteil so gewiss ist, im zweiten unbestimmt oder bedingt. Es ist hier ein Wörtchen gebraucht, (die Partikel "an", wie oben ausgeführt), das für sich allein keine übersetzbare Bedeutung hat, das aber jedes mal, wenn es verwendet wird, den Satz in Bedingungsform setzt. Im zweiten Satzteil ist es verwendet: "... bis (an = möglicherweise, bedingt oder vielleicht) der Menschensohn kommt." Man kann seine Wirkung auch auf das Verb verlegen, dann hieße es: "kommen könnte". Jedenfalls stellt der erste Satzteil eine völlig sichere Tatsache dar und der zweite eine ungewisse.

 

Den Zwölf wird versichert, dass sie keinesfalls mit allen Städten Israels fertig werden. Das war gewiss. Aber das Kommen des Menschensohnes war ungewiss, denn es war von der Bedingung abhängig, dass die Nation auf den Ruf des Petrus in Apg. 3 hin Buße tun würde.

 

Wenn wir diese Stelle so lesen, werden wir nicht nur ein Problem los, sondern erhalten hieraus auch eine echte Instruktion. (Wenn immer noch ein Problem bliebe, dann würde uns das leid tun, aber in dem Falle müssten wir unser Bestes tun, um es zu überwinden.)

 

All das ist aber nutzlos, solange wir von der Überlieferung der alten und modernen "Väter" besessen sind, die Gemeinde hätte mit Pfingsten begonnen. Das ist verhängnisvoll für das Verständnis der heilsgeschichtlichen Phase. Es ist eine Decke vor den Augen der Gläubigen aus den Nationen, die ebenso dick ist und so fest über den Augen sitzt, wie bei den ungläubigen Juden, die Christus im Alten Testament nicht sehen können.

 

Andere lösen das Problem mit der Erklärung, der Herr sei "gekommen", indem er ihnen in die Städte folgte. Aber "das Kommen des Menschensohns" war ein zukünftiges Ereignis, und kann sich nicht auf die Erdenzeit Jesu beziehen, denn damals war er gegenwärtig. Er war bereits da! In dieser Beziehung gab es keine Eventualität. Aber das Kommen, von dem hier die Rede ist, ist ein zukünftiges Ereignis und hat eine Bedingung: es ist kein Kommen in ferner Zukunft, etwa zweitausend Jahre weit weg. Es ist bedingt von der nationalen Buße Israels.

 

Was wir aus Mt 10:23 lernen, ist: Hier werden die Zwölf beauftragt und niemand sonst. Sie sind es, die keinesfalls ihren Auftrag vollendet haben würden. Es sind die "Städte Israels", in die sie damals gesendet wurden, und nicht die ganze Welt (damals noch nicht). Es bezog sich auf das, was sein "zweites Kommen" gewesen wäre, das so bald schon hätte geschehen können.

 

Wir sagen es nochmals: Gelesen im Licht von Apg 3 ist Mt 10:23 kein Problem mehr, das zu lösen wäre, sondern es ist eine Schriftstelle, die wir zum Verständnis anderer Schriftstellen brauchen. Sie ist kein Argument für die Gegner unserer "seligen Hoffnung", die behaupten, der Herr sei bereits gekommen.

 

Mt 16:27.28

"Denn es wird geschehen, dass der Menschensohn kommt (im Begriff ist zu kommen) in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln, und dann wird er einem jeden vergelten nach seinem Tun. Wahrlich, ich sage euch: Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht (keinesfalls) schmecken, bis sie den Menschensohn kommen sehen (könnten) in seinem Reich."

 

Hier ist wieder (1) von der Nähe des Kommens die Rede. Es ist nicht die Zukunftsform des Verbs für 'kommen' sondern die Gegenwartsform, und das Verb ist mello (im Begriff sein) und die Infinitivform des Verbs erchomai (kommen), deshalb die oben in Klammern eingefügte Übersetzung.

 

Außerdem ist hier (2) die Gewißheit der doppelten Verneinung, die 'keinesfalls' anstatt einfach 'nicht' darstellt. Diese Wendung wird zur absoluten Feststellung des Tatbestands gebraucht, dass einige der Umstehenden auf keinen Fall sterben, bevor sie möglicherweise die Erfüllung des verheißenen Kommens sehen.

 

Die sogenannte "Vorschattung" oder die Darstellung dieses Kommens, die sechs Tage später stattfand, brauchte keine so starke Beteuerung wie sie hier ausgesprochen ist, die erst recht nicht auf ein damals noch mehr als neunzehnhundert Jahre entferntes Kommen bezogen sein kann. Außerdem ist die Aussage so sicher, dass Ungläubige sich erdreistet haben, das Ausstehen der Wiederkunft damit zu erklären, dass sie behaupten, der Herr hätte seine Jünger belogen.

 

Insofern sitzen Theologen und Ungläubige in einem Boot. Die einen lehnen die Auslegung der Futuristen ab, indem sie behaupten, der Herr sei bei der Zerstörung Jerusalems gekommen, die andern halten die Aussage des Wortes aufrecht, aber sie führen die andere Tatsache ins Feld, dass der Herr noch nicht gekommen ist.

 

Indem man das Gleichnis von der königlichen Hochzeit, und seine Erfüllung in der Apostelgeschichte ignoriert, macht man aus der Schrift ein Chaos. Beide Richtungen von Auslegern sind "Toren, zu trägen Herzens, '‘'ALL dem zu glauben , was die Propheten geredet haben."

 

Aber beide ignorieren gleichermaßen, (3) die nicht übersetzbare Partikel "an", die die folgende Aussage einschränkt und konditional macht, im Gegensatz zu der Bestimmtheit der Tatsache, dass einige nicht sterben würden, bevor die noch offene Bedingung (der nationalen Buße) entschieden wäre.

 

Die Schrift ([Mt 18:28]) ist aber völlig zuverlässig: Einige von den Umstehenden starben tatsächlich nicht, bevor sie den Herrn in der Herrlichkeit seines Königreiches hätten kommen sehen können, wenn Israel auf den Bußruf des Petrus in Apg 3 hin Buße getan hätte.

 

Es ist wahr, dass die Verklärung (wie oben ausgeführt) eine Darstellung dessen war, wie die künftige Herrlichkeit sein würde. Das bezeugt Petrus (2Petr 1:16). Aber die Verklärung erfüllt noch nicht Mt 16:27.28, denn dabei gab es weder ein Kommen des Herrn "mit seinen Engeln", noch ein "Vergelten" - "einem jeden nach seinem Tun."

 

Mt 23:39

"Denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht (keinesfalls) sehen, bis ihr sprecht: Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!"

 

Hier haben wir wieder die völlige Gewissheit im ersten Satzteil und die Ungewissheit im zweiten. Es war zweifellos diese Gewissheit, die seine Jünger veranlasste, ihn auf die Gebäude des Tempels aufmerksam zu machen, als er ihn verließ (Mt 24:1). Das wiederum hat dann den Herrn bewogen, näher zu erklären, was mit diesem Wort "euer Haus soll euch wüst gelassen werden" (Mt 16:38) gemeint war.

 

Der zweite Satzteil ist durch die Partikel "an" eingeschränkt. Er weist wieder auf die noch offene Bedingung der nationalen Buße, die es eines Tages bereit sein läßt, zu sagen: "Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!"

 

Mt 24:34

"Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht (keinesfalls) vergehen, bis es alles geschieht (geschehen könnte)."

 

Hier finden wir wieder die göttliche Zusage der wichtigen Wahrheit des ganzen Satzes und dieselben beiden Worte in den beiden Satzteilen. Im ersten haben wir die betonte Gewissheit, dass diese Generation noch leben wird, wenn die im zweiten Satzteil genannte noch offene Bedingung erfüllt wäre.

 

Wir hätten früher diesen Punkt nicht mit solchem Nachdruck zu behandeln brauchen, um die genaue Bedeutung des Verbs für das Aufkommen des ersten Zeichens der Trübsal herauszuarbeiten. Denn es ist wieder dieselbe Partikel "an", die den ganzen zweiten Satzteil einschränkt, (weil es abhängig war von der nationalen Buße in Apg 3:19-26). Hätte die Nation damals Buße getan, dann wäre alles, was die Propheten geredet hatten, damals erfüllt worden, und diese Generation wäre nicht vergangen, ohne die Erfüllung zu erleben.

 

In einem früheren Abschnitt haben wir uns ausführlich mit dieser letzten großen prophetischen Rede des Herrn auf dem Ölberg befasst. Dabei haben wir gesehen, dass alles ausgesetzt wurde, nachdem das erste Anzeichen seines Beginns stattgefunden hatte, - weil die Bedingung der nationalen Buße nicht erfüllt worden war.

 

Wir können die Zuhörer nicht ausschließen, wenn der Satz in der zweiten Person steht, also wenn der Herr die um ihn Stehenden mit 'ihr', 'euer' oder 'euch' anredet. Wir können uns nicht vorstellen, dass der Herr dabei nicht die Zuhörer gemeint haben könnte, sondern uns heute oder eine Generation, die in noch weiterer Zukunft leben wird. Es ist zutreffend und viel einfacher, wenn wir die Reden des Herrn wörtlich auffassen. Und das können wir sofort, wenn wir sie chronologisch behandeln und den echten Einschnitt sehen, der in [Apg 3:19]-26 und Apg 28 so auffallend vorliegt.

 

Wenn wir das tun, dann haben wir gleichzeitig eine Antwort für diejenigen, die meinen, die Verse (Mt 16:29-31; Mk 13:24-27; Lk 21:25-28), die vom tatsächlichen Kommen des Menschensohns in Macht und Herrlichkeit sprechen, bezögen sich auf die Zerstörung Jerusalems; denn wir sehen, dass nichts von dem, was bei diesem wichtigen Ereignis geschah, auch nur entfernt die klaren, ausdrücklichen und ernsten Worte des Herrn erfüllt hat. Damals war alles nahe bevorstehend. Es kann nicht sein, dass die vielen und wiederholten Ermahnungen zu "wachen" nicht denen gegolten hätten, die sie hörten, sondern nur uns gelten würden! Die Zuhörer, die diese Befehle so oft ausgesprochen hörten, können nicht ausgeschlossen werden, als wären sie nicht gemeint. Wenn sie aber gemeint waren, wie sollte es dann anders zu verstehen sein, als wir darzustellen bemüht sind?

 

Sicher ist allerdings, dass die Erklärung der Ermahnung zur Wachsamkeit und all der andern Ausdrücke, die wir betrachtet haben, sich zwar ausschließlich auf die Zuhörer bezieht, dass aber die Anwendung auf uns heutzutage ebenfalls unverzichtbar ist.

 

Weitere Worte des Herrn

Noch einige andere Worte des Herrn (in den drei ersten Evangelien) sind im Zusammenhang mit diesem viermaligen BIS zu betrachten:

Lk 18:7.8

 

"Sollte Gott nicht auch Recht schaffen seinen Auserwählten, die zu ihm Tag und Nacht rufen, und sollte er's bei ihnen lange hinziehen? Ich sage euch: Er wird ihnen Recht schaffen in Kürze" (griech. en tachei, wie in Offb 1:1).

 

Hier spricht der Herr wieder zu Israel. Zur Erklärung dieser Verse ist zu sagen: Die Zeit, Recht zu schaffen, stand damals nahe bevor. Aber da Israel nicht Buße getan hat, als Petrus in Apg 3 dazu aufrief, ist es ausgesetzt worden und ist nun etwas, das noch aussteht, aber gewiss geschehen wird (vgl. 2Thes 1:4-10).

 

Die Frage am Ende dieser beiden Verse wird in der Zukunft eine ebenso ernste Antwort finden, wie sie es in der Vergangenheit gefunden hätte, wenn die Bedingung erfüllt worden wäre. "Doch wenn der Menschensohn kommen wird, meinst du, er werde Glauben finden auf Erden?"

 

Mt 19:28

 

Die Wiedergeburt, von der der Herr hier spricht, gehört zu der gleichen "Zeit der Erquickung" oder der "Zeit, in der alles wiedergebracht wird", so heißt es in Apg 3:19.21. In Mk 10:30 und Lk 18:30 wird davon als der "zukünftigen Welt" gesprochen. (eigentlich "die Welt, die im Begriff ist zu kommen" auch "kommender Äon").

 

Die Gleichnisse von den anvertrauten Pfunden (Lk 19:12-27), den bösen Weingärtnern (Mt 21:33-46; Mk 12:1-12; Lk 20:9-19) und der königlichen Hochzeit (Mt 22:1-14) betreffen alle die gleiche Endabrechnung, die an einem nicht fernen Tage stattfinden sollte.

 

Das Gleichnis vom Hausverwalter

 

betont ganz besonders das unmittelbare Bevorstehen des Kommens des Herrn als Grund zur Wachsamkeit dieser Generation (Mt 24:43-51; Mk 13:34-37; Lk 12:39-46). Was wäre sonst die Sünde des Mannes gewesen, der sagte: "Mein Herr kommt noch lange nicht..."?

 

Das Gleichnis von den zehn Jungfrauen

 

(Mt 25:1-13) hat seine ganze Aussage in dem Wort "wachet" und wendet sich speziell an die, die den Herrn reden hörten: "Darum wachet, denn ihr wisst weder Tag noch STUNDE (nicht Jahr oder Jahrhundert), in der der Menschensohn kommen wird (Mt 25:13).

 

 

Der letzte Auftrag an die Apostel

Mt 28:19.20; Mk 16:15-20; Lk 24:47

In Verbindung mit dem damals nahe bevorstehenden Kommen des Menschensohnes erhalten diese Worte eine verständliche Bedeutung vor allem für die, "die es gehört haben", also zu denen der Herr diese gesagt hat. (Die Anwendung für uns steht hier nicht zur Debatte.) Wir müssen die Worte in dem Sinne erklären, wie sie von den Zuhörern verstanden werden mussten, und diesen Sinn konnten sie für niemand anders haben. Die Zusage des Herrn, bei ihnen zu sein, gilt für "alle Tage bis an das Ende der Welt" aber der griechische Text sagt: "bis zum Ende des Äons", das ist das Zeitalter oder die heilsgeschichtliche Phase.

 

Mit diesen Worten muss man Röm 10:18 und Kol 1:6 lesen, aber diese Schriftstellen lassen sich besser in Verbindung mit einem weiteren Abschnitt unserer Abhandlung betrachten: "Gott hat dazu Zeugnis gegeben", zu dem, das "bekräftigt wurde durch die, die es gehört haben", was der Sohn gepredigt hat.

 

Und was sie noch hörten, muss bis zur Betrachtung der Worte des Herrn im Evangelium nach Johannes aufgespart werden, das wir im nächsten Abschnitt aufgreifen wollen.

 

i) Das Evangelium nach Johannes

Es wird allgemein anerkannt, dass das Johannes-Evangelium später als die drei ersten Evangelien geschrieben wurde. Manche datieren es besonders spät, kurz vor das Ende des ersten Jahrhunderts, aber das halten die meisten doch für zu spät angesetzt. Auch hier gilt, was wir schon zu 1Jo 2:18 gesagt haben: Es gibt starke Hinweise darauf, dass, es wie die Briefe kurz vorm Ende dieser heilsgeschichtlichen Phase geschrieben wurde, also kurz vor der Zerstörung Jerusalems. Das Zeugnis des Johannes darüber, was er vom Herrn gehört hat, hat in unseren Betrachtungen jedenfalls einen wichtigen Platz.

 

Im allerersten Kapitel steht die Verkündigung eines offenen Himmels (V. 51). Das ist im Gespräch unseres Herrn mit Nathanael und ist die erste von fünfundzwanzig eindrucksvollen Äußerungen, die mit dem doppelten Wahrlich beginnen (zehn davon hat er zu seinen Jüngern gesprochen, und fünfzehn zu anderen Menschen). "Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes hinauf- und herabfahren über dem Menschensohn" (Joh 1:51).

 

Viele Jahre lang war der Himmel verschlossen gewesen. Kein himmlischer Besucher war mehr gesehen worden, seit Daniel den Auftrag erhielt, zu versiegeln, was er geschaut hatte. Kein Prophet war mehr in Israel zu hören gewesen, seit Maleachi die Reihe der prophetischen Schriften abgeschlossen hatte. Aber jetzt war die Zeit nahe, dass alles erfüllt werden sollte, was die Propheten geschrieben hatten. Die Knechte waren ausgesandt, "die Gäste zur Hochzeit zu laden" (Mt 22:3).

 

Der Wechsel der heilsgeschichtlichen Phasen soll durch einen offenen Himmel gekennzeichnet werden. "Wahrlich, wahrlich," ist die eindrucksvolle Ankündigung nicht von etwas in einer fernen Zukunft, vielleicht zwei Jahrtausende später als damals, nein jetzt - (gr. ab' arti) "von nun an". (Luther, Rev. 84 hat diese drei Wörter nicht mehr.) Ob es im Text beibehalten wird oder nicht, die Aussage bleibt gleich. Es war etwas, das Nathanael und andere, die dem Herrn zuhörten, sehen würden. Er sollte dabei sein, wenn himmlische Besucher himmlische Geschehnisse verkündigen würden.

 

Das war vorausgesagt worden. Die Propheten hatten bezeugt, dass sein Kommen mit seinen heiligen Engeln geschehen sollte. (Sach 14:5; Mk 8:38; Lk 9:26). Begegnungen mit Engeln hatten schon Joseph (Mt 1:20.24; Mt 2:13.19), Zacharias (Lk 1:11), Maria (Lk 1:26) und die Hirten (Lk 2:10) Außerdem kamen Engel und dienten dem Herrn selbst (Mt 4:11; Lk 22:43).

 

Es war in der Tat das Kommen des Herrn, aber zuerst musste er leiden, bevor er in seine Herrlichkeit einging. Das war immer eng miteinander verbunden. Als er zum ersten Mal von seinen Leiden sprach (Mt 16:21), geschah es im unmittelbaren Zusammenhang mit der Herrlichkeit (Mt 16:27). Unterwegs nach Emmaus fragte er die Jünger: "Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?" (Lk 24:26).

 

Darauf bezieht sich der Heilige Geist bei der Verheißung der kommenden Herrlichkeit: "Gott aber hat erfüllt, was er durch den Mund aller seiner Propheten zuvor verkündigt hat: dass Christus leiden sollte. So tut nun Buße..." (Apg 3:18.19).

 

Nichts konnte die kommende Herrlichkeit aufhalten, als allein Israels ausbleibende Buße. Der neue Bund war geschlossen zur Vergebung der Sünden (Mt 26:28). "So tut nun Buße und bekehrt euch, dass eure Sünden getilgt werden" (Apg 3:19).

 

Die anderen Knechte (aus Mt 22:4) waren jetzt unterwegs, ausgesandt mit der erneuten Einladung: "... alles ist bereit; kommt zur Hochzeit!" Es fehlte nichts als Israels Umkehr. Das war die einzige Bedingung für die nationale Segnung. "Die Herrlichkeit danach" (1Petr 1:11) und die "Errettung" waren bereit, "dass sie offenbar werden" (1Petr 1:5). Das ist der Grund, warum im Evangelium nach Johannes das Ende als sehr nahe betrachtet wird. Der erste Hinweis darauf ist wieder durch "Wahrlich, wahrlich" eingeleitet. (Joh 5:25): Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es kommt die Stunde und ist schon jetzt, dass die Toten hören werden die Stimme des Sohnes Gottes, und die sie hören werden, die werden leben." (d. h.: wieder leben im Auferstehungsleben).

 

Nichts konnte das aufhalten, als die Ablehnung des Königs und des Königreichs; und in diesem frühen Abschnitt des Dienstes des Herrn deutete noch nichts darauf, welches Ergebnis die Ausrufung haben würde. Hätte das Volk dem Bußruf Johannes des Täufers und des Herrn gehorcht, dann hätte die Auferstehung der Gerechten als eines der Ereignisse stattgefunden. Sie gehörte zu dem allen, "wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn", wie Petrus bezeugt. Auch Paulus wartete darauf (Apg 24:15; 1Thes 4:16).

 

Während in den anderen Evangelien die Erklärungen das kommende Gericht betreffen, ist bei Johannes dieses Gericht mit "Auferstehung" verbunden; denn beide hängen eng zusammen. Hier in Joh 5, wo der Herr von Auferstehung spricht, kommt er auch sofort auf das Gericht zu sprechen. (Joh 5:27).

 

Interessant sind in diesem Zusammenhang die beiden Würdenamen des Herrn, die zeigen, in welchem Verhältnis er zu beiden steht. Als der vom Tode erweckt, ist er der Sohn Gottes. Als der Richter der Menschen ist er der Menschensohn. Ebenso bezeugt es Paulus in Apg 17:31: "Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtigkeit durch einen MANN, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat."

 

Die Stunde ist schon jetzt, sagt der Herr in Joh 5:25. Die Zeit oder die heilsgeschichtliche Phase ist schon gekommen. Er, der Richter der Menschen, war ja anwesend, als der Sohn Gottes mit der Macht über den Tod und als der Menschensohn mit der Autorität, die Lebenden und die Toten zu richten.

 

In Joh 5:26-29 nennt er den Grund dafür: "Denn wie der Vater das Leben hat in sich selber, so hat er auch dem Sohn gegeben, das Leben zu haben in sich selber; und er hat ihm die Vollmacht gegeben, das Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist. Wundert euch darüber nicht. Denn es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören werden, und werden hervorgehen, die Gutes getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber Böses getan haben, zur Auferstehung des Gerichts."

 

Es gibt keinen unter unsern Lesern, der nicht wüsste, von was für einer Auferstehung hier die Rede ist. Es ist eine wirkliche, buchstäbliche Auferstehung von Leuten, die gestorben und begraben waren. Es ist keine geistliche Auferstehung, wie manche meinen. So besehen wird Joh 5:24 in seiner damals wörtlichen Bedeutung klar, während seine Anwendung auf die Gläubigen von heute dadurch nicht beeinträchtigt wird.

 

"Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen."

 

Dieses nur Hindurchgehen, von dem die Schrift weiß, ist das Hindurchdringen in das Leben durch die Auferstehung, nicht durch den Tod. Das letztere ist eine neue, aus dem Spiritismus abgeleitete Auffassung! Für jene, die das Wort hörten, als der Herr Jesus es aussprach, und es aufnahmen und an den Vater glaubten, der den Sohn gesandt hatte, gab es keine Herrschaft des Todes mehr. Das ist die große, wunderbare Tatsache, die in Joh 11:24.25 dann noch klarer und ganz eindeutig herausgestellt wird. Dort erklärt der Herr (wie wir in einem früheren Abschnitt ausgeführt haben), dass er "die Auferstehung“ ist, und dass deshalb Gläubige, auch wenn sie sterben, im Auferstehungsleben wieder lebendig sein werden. Außerdem erklärt er, dass er das Leben ist, und dass deshalb die Lebenden gar nicht sterben werden.

 

Hätte das Volk Buße getan, dann hätten sich alle Prophezeiungen der Schrift erfüllt, einschließlich Auferstehung und Gericht; aber die Gläubigen befanden sich in einer neuen Lage: Sie waren schon Kinder der Auferstehung, waren erleuchtet worden, sie hatten die himmlische Gabe geschmeckt, hatten Anteil bekommen am Heiligen Geist (oder an der Kraft aus der Höhe in der Gabe des Heiligen Geistes), sie hatten das gute Wort Gottes und die Kräfte der zukünftigen Welt (des zukünftigen Äons) geschmeckt (vgl. Hebr 6:4).

 

Paulus entfaltete dieses "gute Wort Gottes" in seinem allerersten Brief (1Thes.), und bestätigte denen, "die das Wort aufgenommen" hatten, dass es eine neue Hoffnung für sie gab. Wenn sie starben, waren sie der Auferstehung gewiss, während die Lebenden ihnen nicht zuvorkommen würden. Sie würden zuerst auferstehen, und dann würden beide Gruppen dem Herrn entgegen entrückt werden.

 

Der Stachel des Todes ist für sie verschwunden zumindest als sichere und völlig gewisse Hoffnung, und ein glorreicher Sieg über das Grab erwartet sie. Der zukünftige Äon, soeben im Begriff offenbart zu werden (Hebr 2:5), war voller herrlicher und seliger Hoffnung. Nicht den Engeln sollte es gelten, sondern den Söhnen der Auferstehung (1Kor 6:2.3).

 

Es war gut möglich, dass viele, die das Wort des Herrn gehört hatten, noch leben und übrigbleiben würden bis ans Ende des Zeitalters (der heilsgeschichtlichen Phase), und so in die Herrlichkeit des zukünftigen Äons, das zu kommen im Begriff war, wenn das Volk Buße getan hätte, als "die anderen Knechte" dazu aufriefen (Mt 22:1.2 und Apostelgeschichte).

 

Petrus fragte, als der Herr ihn über die Art seines Todes informierte, was denn mit Johannes geschehen werde. "Herr, was wird aber mit diesem?", damit meinte er Johannes. Der Herr antwortete: Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht es dich an? Deshalb kam unter den Jüngern das Gerücht auf, dieser Jünger stirbt nicht. Aber Jesus hatte nicht gesagt, dass er nicht sterbe, sondern "Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht es dich an?"

 

Sobald wir einsehen, dass hier von dem "Kommen" als einem Ereignis die Rede ist, das innerhalb der Lebensspanne dieser damaligen Generation geschehen konnte, werden die verschiedenen Auslegungen zunichte, stattdessen liegt, was geschrieben steht, mit seiner klaren und einfachen Aussage vor uns.

 

Weil der Herr kaum gemeint haben kann, Johannes solle ungefähr zweitausend Jahre oder länger am Leben bleiben, waren die Theologen nicht fähig, diese Worte einfach so zu begreifen, wie sie gesagt waren. Wenn wir aber einmal einsehen, dass das Kommen des Herrn durchaus in der Lebenszeit zumindest einiger Jünger (von denen Johannes einer war) geschehen konnte (Mt 16:27.28), dann löst sich das Geheimnis von allein.

 

Petrus wusste von sich, dass er sterben würde. Es war ihm ausdrücklich gesagt. Das bezeugt er selber (2Petr 1:14.15). Daher seine impulsive Neugier, was mit Johannes werden solle. Die etwas verschleierte Erwiderung des Herrn war ein Dämpfer auf seine zudringliche Frage. Wie aus Mt 16:27.28 eindeutig hervorgeht, haben aber die Jünger offensichtlich verstanden, dass der Herr gemeint hatte, Johannes werde vor der Wiederkunft des Herrn nicht sterben. Auch hier ist die Sprache klar und einfach: "Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme...". Es ist nicht zu verwundern, dass die Jünger, die das gehört hatten, was in Mt 16:27.28 steht, die Worte von Joh 21:22.23 genau gleich verstehen mussten.

 

Dass Johannes noch lebte und übrig blieb, (wie der Herr später in Joh 11:24-26 sagt und in 1Thes 4:16 der Heilige Geist durch Paulus), legt die Wahrscheinlichkeit nahe (und unterstellt es nicht nur als möglich), dass Johannes einer von denen wäre, die "den Tod nicht schmecken". Der Herr verneint es nicht, aber noch weniger deutet er an, dass Johannes mehr als neunzehnhundert Jahre alt werden solle.

 

Wenn Paulus die Thessalonicher als "die das Wort aufgenommen haben" (vgl. die gleiche Ausdrucksweise in Apg 2:41 und 1Thes 2:13) anredet und sagt, "wir, die wir leben und übrig bleiben" (bis zum Kommen des Herrn), dann mussten die Jünger die Worte des Herrn über Johannes auch so aufgefaßt haben.

 

Auferstehung, Gericht, der Jüngste Tag

In diesem Evangelium (denn es war Johannes selber, der diese Worte niederschrieb) sind drei Begriffe in den Reden des Herrn ständig miteinander verbunden: die Auferstehung, das Gericht und der Jüngste (gr. eschaton - 'der letzte') TAG" Der Ausdruck der Jüngste Tag ist eine Eigenart des vierten Evangeliums. In den andern Evangelien heißt es der Tag, der Tag des Gerichts oder das Ende der Welt (des Äons); d.h.: das Ende der heilsgeschichtlichen Phase (des Zeitalters) deren Tage zur Neige gingen. Diese Bezeichnungen, und die damit verbundenen Aussagen kann man unmöglich auf das, heute noch in der Zukunft liegende Ende der materiellen Schöpfung beziehen, damals noch zweitausend Jahre entfernt.

 

Alles, was da gesagt wurde, war nicht nur Prophetie, sondern praktische Anweisung, speziell auf die damals gegenwärtige Zeit bezogen und besonders für die wertvoll und wichtig, die es hörten. All diese verschiedenen Wendungen, die mit der Parusie zusammenhängen, sind gleichbedeutend und zeitgleich; und sie sind mit dem Ende des Äons verknüpft und mit dem, was der Herr als diese Generation bezeichnet.

 

Bei Johannes gehen die Gedanken an Gericht und Auferstehung immer mit dem anstehenden Ende der für Israel wichtigen heilsgeschichtlichen Phase einher. Man beachte deshalb, wie beharrlich der Herr davon spricht.

 

"Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass ich nichts verliere von allem, was er mir gegeben hat, sondern dass ich's auferwecke am Jüngsten Tage" (Joh 6:39).

"Denn das ist der Wille meines Vaters, dass, wer den Sohn sieht und glaubt an ihn, das ewige Leben habe; und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage" (Joh 6:40).

"Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, ihn ziehe der Vater, der mich gesandt hat, und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage" (Joh 6:44).

"Marta spricht zu ihm: Ich weiß wohl, dass er (Lazarus) auferstehen wird - bei der Auferstehung am Jüngsten Tage" (Joh 11:24).

"Wer mich verachtet und nimmt meine Worte nicht an, der hat schon seinen Richter: Das Wort, das ich geredet habe, das wird ihn richten am Jüngsten Tage" (Joh 12:48).

 

Ein Kind würde mit aller Natürlichkeit verstehen, dass der Herr hier lebenswichtige Anweisungen von praktischer Bedeutung für seine Zuhörer gab, und dass er von etwas sprach, das nahe bevor stand und nicht von etwas in ferner Zukunft, viele Jahrhunderte später.

 

Wenn man die Worte selbst betrachtet, und spätere Offenbarungen beiseite lässt, dann kann man gut verstehen, dass viele folgern und glauben konnten, der Herr sei wirklich am Ende dieses Äons (oder dieser heilsgeschichtlichen Phase) gekommen, die mit der Zerstörung Jerusalems endete. Die aber das meinen und lehren, lassen alle die ernste Möglichkeit außer acht, die der Herr selbst eindeutig nannte, und die später Petrus in Apg 3:19-26 frei und öffentlich ausrief.

 

Wenn Gott die nationale Buße Israels nicht zur Bedingung gemacht hätte, unter der er ihre Sünden tilgen, Jesus Christus senden und alles erfüllen werde, was die Propheten verkündet hatten, dann gäbe es wenigstens Grund zu dem völlig irrigen Glauben, Christus sei gesandt worden und tatsächlich gekommen, als Jerusalem zerstört wurde.

 

Aber es ist nicht möglich, diese wichtigen Stellen aus der Schrift heraus zu sezieren, und die Bibel so zu lesen, als gäbe es diese Aussagen nicht. Wir haben niemanden gefunden, der sich auf Apg 3 bezieht und darum obengenannte falschen Lehren vertreten muss. Aber Apg 3 wird gleichermaßen von Vielen außer acht gelassen, die heute auf das Kommen des Herrn zur Vollendung derer warten, die diese "selige Hoffnung" haben. Sie ignorieren nicht nur Apg 3, sondern all die Worte des Herrn, die wir jetzt betrachten wollen, wie sie in den Evangelien festgehalten sind.

 

All die Spaltungen unter den Christen über dieses große und wichtige Thema, und die unterschiedlichen Meinungen über das "zweite Kommen" lassen sich auf diese Vernachlässigung von Apg 3 und Apg 28 zurückführen. Hieraus entspringt ihr falsches Verständnis über Sinn und Inhalt der ganzen Apostelgeschichte, indem man selige Wahrheiten in sie hinein liest, die erst nach dem Ende dieser heilsgeschichtlichen Phase, von deren letzten Tagen der Herr so häufig gesprochen hat, offenbart worden sind.

 

Sie sehen nicht, dass die Seligkeit, die bereit ist, dass sie offenbar werde, und die folgende Herrlichkeit nur eine Voraussetzung hatten: die nationale Buße Israels. Weil die aber ausblieb, hat sich alles verzögert, ist alles ausgesetzt worden, und wir haben die nächste Offenbarung über das, was "seine herrliche Gnade" betrifft. Wen will es da noch wundern, dass diese herrliche Gnade nicht gewürdigt, oder auch nur verstanden wird, und dass alles in den Köpfen durcheinander gerät, wenn wichtige Aussagen der Schrift so unbeachtet bleiben?

 

Wie könnten solche Leute zum Beispiel mit dem Wort des Herrn in Joh 12:31, "Jetzt ergeht das Gericht über diese Welt (gr. kosmos); nun wird der Fürst dieser Welt ausgestoßen werden." etwas anfangen?

 

Der Heilige Geist war zu Pfingsten gesandt worden, um der Welt die Augen aufzutun über das Gericht: dass der Fürst dieser Welt (gr. kosmos) gerichtet ist (Joh 16:11). Das bezieht sich nicht auf eine nur geistliche Veränderung in der Weltgeschichte. So etwas würde der eindeutigen Erklärung des Herrn niemals genügen, dass kurz bevor stand, was er sagte, und dass die Zeit begonnen hatte, die mit dem Gericht und dem Hinauswurf Satans enden würde. Aber auch das ist natürlich mit ausgesetzt worden, und eine spätere Offenbarung ist uns gegeben, die uns sagt, wie es schließlich geschehen wird (Offb 12 u. 13).

 

Unser Herrn spricht von der Durchführung eines bestimmten und letzten Gerichts, das damals bald hätte stattfinden können. Satan war dabei, den großen Konflikt der Weltgeschichte auf die Spitze zu treiben. Er trachtete dem Herrn in Bethlehem nach dem Leben, stritt gegen ihn in der Wüste, bekämpfte ihn auf Leben und Tod im Garten Gethsemane, ergriff Besitz von Judas für dessen Verrat. Schließlich sah er ihn am Kreuz hängen und ins Grab gelegt werden.

 

Aber sein Sieg sollte nur von kurzer Dauer sein. Durch seinen Tod vollendete der Herr die Niederlage dessen, "der Gewalt über den Tod hatte" (Hebr 2:14). Dieser wunderbare Ausgang des großen Streits sollte deshalb bald auf Satans letztes Bemühen, Gottes Ratschluss zu vereiteln, folgen.

 

Nichts hinderte die große Endabrechnung als der Unglaube und die Unbußfertigkeit Israels. Aber wir wissen, dass das alles ausgesetzt wurde. Zweifellos war es auch Satans Bemühen, das darauf abzielte, Israel in der Phase der Apostelgeschichte blind zu machen. Paulus konnte bezeugen Satan hat uns gehindert und durch sein eifriges Einwirken, das in der ganzen Apostelgeschichte beobachtet werden kann, gelang ihm ein Aufschub des Endes, das ihm bestimmt war. Satan war am Kreuz gerichtet worden. Dort war ein Urteil gefällt worden, aber die Vollstreckung muss noch erfolgen, der Thronräuber auf die Erde geworfen werden und dann von der Erde in den Feuersee.

 

Die Worte des Herrn in Joh 16 beziehen sich auch auf die damals unmittelbar bevorstehende Vollstreckung dieses Urteils, aber es wird darin keinerlei Hinweis auf eine mögliche Aussetzung gegeben. Das konnte damals auch nicht geschehen, wenn wir die Umstände berücksichtigen. Nein, der Herr kam nicht bei der Zerstörung Jerusalems, denn Satan ist noch nicht hinausgestoßen worden. Die gewisse Erfüllung von Offb 12 und 13 steht noch aus und wird am Tage des Herrn geschehen. Der Herr sah es als Vision und so ist Lk 10:17 mit Joh 12:31 und Joh 16:11 verknüpft, und wir können uns nicht vorstellen, wie eine andere Interpretation allen Ansprüchen dieser Schriftstellen gerecht werden könnte.

 

Der Herr sprach von seiner Wiederkunft immer als sehr nahe. Er setzte voraus, dass Israel Buße tun werde. Er sagte: "Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen" (Joh 14:2). Da sprach er nicht von etwas, das möglicherweise mehr als neunzehnhundert Jahre lang nicht stattfinden könnte. Er sprach ihnen zum Trost; und es wäre lieblos und ein schwacher Trost gewesen, wenn er auf die damals weit entfernte Zukunft verwiesen hätte.

 

"Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich komme zu euch" (Joh 14:18).

"Ihr habt gehört, dass ich euch gesagt habe: Ich gehe hin und komme wieder zu euch" (Joh 14:28).

"Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen" (Joh 16:16).

"Und auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen" (Joh 16:22).

 

Das Wiederkommen, von dem hier die Rede ist, betrifft immer ein und dasselbe Ereignis, und von dem wurde damals als nahe bevorstehend gesprochen. Diese Worte, ihres einfachen Sinnes beraubt (ohne Bezug auf Apg 3 gelesen), waren der ganze Grund für die Verwirrung. Die Apostelgeschichte macht es uns möglich, sie alle so zu verstehen, wie sie gesagt wurden. Sobald wir aber Apg 3 ausschließen, wird es uns unmöglich, sie so zu verstehen, wie die Jünger sie verstanden haben müssen. Für sie muss es eine kurze und vorübergehende Abwesenheit des Herrn gewesen sein, zwischen seinem Weggang zum Vater und der verheißenen Wiederkunft. Jedenfalls wurde vom Kommen des Herrn ebenso definitiv gesprochen wie von seinem Weggang; und da keine solche Wiederkunft bei der Zerstörung Jerusalems geschah, muss sie verschoben worden sein, bis die Buße Israels als Voraussetzung erfüllt sein wird.

 

Für die Zwischenzeit haben wir die besondere Offenbarung der Aus-Auferstehung vom Tode, und von unserm Ruf in die Höhe. Deshalb haben wir bereits unser Bürgerrecht im Himmel und wir erwarten den Heiland, der von dort kommen wird und "unsern nichtigen Leib verwandeln wird, dass er gleich werde seinem verherrlichten Leib". Das ist unsere "selige Hoffnung" (Phil 3:11-21).

 

 

 

 

1 II. Die Früh-Briefe des Apostels Paulus

1.1 Die Adressaten

1.1.1 Beginn der Nationenphase

1.2 Die Frühbriefe des Paulus

1.2.1 Das Zeugnis der Frühbriefe

1.2.2 Paulus als Gefangener

II. Die Früh-Briefe des Apostels Paulus

Wenn wir uns jetzt den Briefen des Paulus zuwenden, dann müssen wir sie in ihrer zeitlichen Reihenfolge behandeln, und sie in zwei Kategorien einteilen frühere und spätere.

 

Die Reihe der früheren Briefe ist vor Apg 28 geschrieben worden. Die späteren Briefe sind nach der formellen Zurückweisung, die auf die Proklamation durch Petrus und die Zwölf erfolgte, geschrieben worden. Die Proklamation enthielt das Angebot des Königs und des Königreichs während dieser Phase, also während der Zeit der Apostelgeschichte. Diese beiden Reihen sind gleich wichtig, aber trotzdem voneinander verschieden. Zusammen stehen sie in einer anderen Kategorie als die apostolischen Briefe von Petrus, Jakobus, Johannes und Judas.

 

Obwohl die genaue Reihenfolge der einzelnen Bücher des Neuen Testaments nicht mit der Autorität von Manuskripten belegt werden kann, gibt es doch keinen Zweifel über die Reihenfolge der fünf Gruppen, in die sie in den besten und ältesten Manuskripten eingeteilt werden. Es gibt auch keinen Zweifel über die Reihenfolge innerhalb der Gruppe Paulinischen Briefe. Die derzeitige Reihenfolge der Bücher des Neuen Testaments in der englischen und allen modernen Versionen ist von der lateinischen Vulgata übernommen, deren Anordnung als Vermächtnis des Hieronymus für alle späteren Generationen festgelegt ist.

 

Aus der heutigen Anordnung der Bücher in unseren Bibeln erfahren wir also nichts über die Reihenfolge ihrer Entstehung. Die einzig sicheren Daten hierüber sind folgende:

 

In allen besten und ältesten Manuskripten sind die einzelnen Bücher in fünf Gruppen eingeteilt:

 

Die vier Evangelien.

Die Apostelgeschichte.

Die Apostolischen Briefe.

Die Paulinischen Briefe.

Die Apokalypse.

 

Die Adressaten

Obwohl die Reihenfolge der Bücher in der ersten und dritten Gruppe variiert, ist sie in der vierten Gruppe immer konstant. Die Paulinischen Episteln sind (im Unterschied zu den Briefen an Einzelpersonen und an die Hebräer) nie in einem griechischen Manuskript in anderer Reihenfolge gefunden worden, wie wir sie heute in unsern Bibeln haben.

 

Was immer über die chronologische Reihenfolge gelehrt werden mag (d. h.: die Reihenfolge, in der sie geschrieben wurden), die gültige Anordnung für uns heute, ist deshalb die kanonische Ordnung. Sie beginnt mit dem Brief an die Römer und endet mit dem 2. Brief an die Thessalonicher. Es ist nicht so, dass eine Anordnung richtig wäre und eine falsch. Beide sind richtig, keine ist falsch.

 

Beide sind wichtig, aber nicht gleichgewichtig. Die chronologische Anordnung bietet nämlich eine Fülle höchst wichtiger Informationen für alle, die sich für die heilsgeschichtlichen Phasen interessieren. Die kanonische Ordnung ist voller tiefgehender Informationen, was Lehre und Erfahrung betrifft. Wir können keine vernachlässigen oder ignorieren, ohne vor Gott Schuld auf uns zu laden und uns selber Eintrag zu tun.

 

Für die ursprünglichen Empfänger hatte die zeitliche Reihenfolge größere Bedeutung, war sie sogar äußerst wichtig. Aber für uns heute ist die kanonische Anordnung die wichtigere geworden, seit das Zeugnis abgelehnt wurde, das durch die, die es gehört haben verbreitet worden war, und seit daraufhin das Königreich ausgesetzt wurde.

 

Dieser Unterschied erweist sich in dem großen Wechsel, der stattfand, als der Heilige Geist die Reihenfolge, in der sie uns vorgelegt werden sollten, umkehrte: Die erste große Tatsache ist, dass kein griechisches Manuskript eine andere Reihenfolge hat als unsere heutige Bibel. Die zweite große Tatsache ist, dass die Briefe an die Thessalonicher, die zuerst geschrieben wurden, am Ende stehen.

 

Keiner von unsern Lesern wird diese beiden Tatsachen für zufällig halten. Und da wir selber glauben, dass wir sie einer göttlichen Fügung verdanken, muss es auch einen Grund dafür geben.

 

Zunächst fällt uns auf, dass das Warten auf Gottes Sohn vom Himmel, und die Errettung vor dem zukünftigen Zorn eindeutig im Mittelpunkt aller Verkündigung während dieser Phase der Apostelgeschichte standen. Noch war Jehovas Verheißung, Jesus Christus zu senden, nicht zurückgezogen. Noch hatte Israel die Möglichkeit, die Erfüllung alles dessen zu sehen, was die Propheten geredet hatten, aber nur unter der Bedingung der nationalen Buße. Deshalb war es das Zeugnis derer, die es gehört hatten, überall, ob gesprochen oder geschrieben, dass das rasche Kommen des Herrn nahe bevorstand und die Erlösung vom zukünftigen Zorn erlebt wird während der Phase der Apostelgeschichte.

 

Die Paulinischen Briefe können aus dieser Schlussfolgerung nicht ausgenommen werden. Wenn jemand zu der Ansicht neigt, die Verheißung von Apg 3 sei irgendwann vor Apg 28 zurückgezogen worden, dann muss er nachweisen, wo ein derart epochemachendes Ereignis festgehalten wäre. Aber dieser Nachweis ist unmöglich. Keine Spur davon ist zu sehen. Tatsächlich betont es der allererste Brief, den Paulus geschrieben hat, (1Thes 1:10), und der zweite Brief lässt sich anders gar nicht verstehen.

 

Aber für uns heute ist das nicht der große und wichtige Punkt. Israel hat nicht Buße getan, das Volk hat die gestellte Bedingung nicht erfüllt, und nun sind die großen Verheißungen aus Apg 3 aufgeschoben, und alle dort verheißenen Segnungen sind vorläufig außer Kraft gesetzt.

 

Beginn der Nationenphase

Die erste Frage, die sich da stellt, ist: Wo kommen wir als Gläubige aus den Heidennationen ins Spiel? Unseren Vätern wurden doch die "Verheißungen" nicht gemacht, die Paulus in Röm 9:3-5 beschreibt? Wir Heiden haben keinen Anspruch auf irgendein Erbe, das Petrus in 1Petr 1:3-5 nennt. Kein Bund wurde mit Heiden geschlossen (außer in ihrer Verbindung mit Israel). Wo stehen wir nun? Welche Grundlage haben wir überhaupt für irgendwelche Segnungen? - gar keine.

 

Unsere Position wird in Eph 2:11.12 klar definiert: "... denkt daran,... dass ihr zu jener Zeit ohne Christus wart, ausgeschlossen vom Bürgerrecht Israels und Fremde außerhalb des Bundes der Verheißung; daher hattet ihr keine Hoffnung und wart ohne Gott in der Welt."

 

Während der ganzen Apostelgeschichte konzentrierte sich alles Zeugnis auf das Volk Israel und dessen irdische Segnungen. Der Ölbaum stand noch. "Einige Zweige" waren ausgebrochen und heidnische Zweige dafür "eingepfropft worden" (Röm 11:17). Jetzt aber, nachdem der Ölbaum gefällt wurde, wohin sollen wir Gläubigen aus den Heiden eingepfropft sein? Mit oder in wem sollen wir zu "Erben" werden?

 

Die Antwort ist: In Christus. Aber diese wunderbare Wahrheit konnte nicht offenbart werden, solange der andere Weg zur Erbschaft noch offen war! Es kann nicht zwei Wege zum Erbe gleichzeitig nebeneinander geben!

 

Das bringt uns zum Geheimnis von dem allen. Es zeigt uns den Grund für den Wechsel in der Reihenfolge der Paulinischen Briefe. Die eine wichtige Wahrheit, die wir daraus lernen, ist, dass wir nur in Christus unsern Stand haben, dass unsere ganze Hoffnung nur in ihm ist, dass unser Anspruch nicht in Abraham, Israel oder den "Vätern" besteht, sondern "in Christus" begründet ist. In Ihm sind wir auch zu Erben eingesetzt worden... (Eph 1:11).

 

Deshalb haben wir nicht mit den Briefen des Paulus an die Thessalonicher zu beginnen, sondern mit dem Römerbrief. Das muss für uns der Einstieg sein. Wir können nicht nach dem Herrn Ausschau halten, bevor wir ihn kennen. Wir müssen erst wissen, was unsere Hoffnung ist, bevor wir auf ihre Erfüllung warten können. Wir müssen zuerst über unsern Stand in Christus instruiert werden, bevor wir etwas davon wissen können, was anstelle der Hoffnung von Apg 3 offenbart werden sollte.

 

Jetzt können wir erkennen, warum die kanonische Ordnung der Paulinischen Epistel notwendigerweise geändert werden musste, also warum der zuletzt geschriebene nach vorn kam und der zuerst geschriebene nach hinten.

 

Wie wir oben ausgeführt haben, ist nicht eine Reihenfolge richtig und die andere falsch, sondern beide sind richtig. Das wird vollends klar, wenn wir sie einmal richtig einteilen.

 

Die kanonische Reihenfolge der Paulinischen Briefe:

 

A    Römer:                Grundlegende Wahrheit und dogmatische Lehre, notwendig für alle, in allen Phasen der Heilsgeschichte.

B    1.u.2. Korinther:                Ermahnung wegen praktischen Versagens, zum Verständnis der Glaubensgrundsätze des Römerbriefs.

C    Galater:               Korrektur dogmatischer Fehler im Verständnis der Lehre des Römerbriefs.

A    Epheser:                    Grundlegende Wahrheit und dogmatische Lehre, notwendig für die heilsgeschichtliche Phase des Geheimnisses; Christus ist das Haupt über alles, denn die Gemeinde ist sein Leib.

B    Philipper:                    Ermahnung wegen praktischen Versagens, zum Verständnis und zur Durchführung der Lehre des Epheserbriefs.

C    Kolossser:                  Korrektur dogmatischer Fehler zum Verständnis der Lehre des Epheserbriefs: "... hält sich nicht an das Haupt"

Thessalonicher rundet das Ganze ab mit der jetzt verzögerten Erwartung der Wiederkunft des Herrn.

 

 

Es gehört nicht zu unserer Aufgabe, hier weiter auf die kanonische Ordnung der Paulinischen Epistel einzugehen. Das muss anstehen, bis wir uns an geeigneter Stelle damit befassen. Uns geht es jetzt um die chronologische Reihenfolge, denn die gehört zu den Grundlagen der Lehre von der Heilsgeschichte.

 

Paulus gehörte nicht zu denen, die Hebr 2:3 als die bezeichnet, die es gehört haben. Er war keiner "von diesen Männern, die bei uns gewesen sind die ganze Zeit über, als der Herr Jesus unter uns ein und ausgegangen ist" (Apg 1:21). Deshalb konnte er in keiner Beziehung als einer von den Zwölf angesehen werden. Das mindert aber die Bedeutung der Paulinischen Epistel in keiner Weise, denn er hörte den Herrn vom Himmel. Er war vom Heiligen Geist inspiriert und der Herr selbst unterwies ihn nach und nach.

 

Ohne etwas von der Bedeutung der kanonischen Reihenfolge der Paulinischen Briefe zu mindern, müssen wir unser Möglichstes tun, die wirkliche Unterweisung aus der chronologischen Reihenfolge herauszufinden. Deshalb betrachten wir zunächst

 

Die Frühbriefe des Paulus

Über die genaue Datierung der Frühbriefe des Paulus werden unterschiedliche Meinungen vertreten. Weil es keine äußeren Belege darüber gibt, sind alle Forscher auf die internen Belege angewiesen und haben die gleiche Grundlage. Aber jeder kann seine eigenen Schlussfolgerungen ziehen. Wir nennen die allgemein angenommenen Jahreszahlen, es ist aber möglich dass künftige Forschungsergebnisse noch Korrekturen erforderlich machen.

 

Die chronologische Reihenfolge:

 

1. Thessalonicher                           52                       Korinth

2. Thessalonicher                           53                       Korinth

1. Korinther                       57 (Frühling)                     Ephesus

2. Korinther                       57 (Herbst)                       Ephesus

Galater                       57 (Winter)                        Korinth

Römer                        58 (Frühling)                     Korinth

Apg 28:25.29                           62                

Epheser                     62 (Frühling)                     Gefangenschaft in Rom

Kolosser                     62 (Frühling)                     Gefangenschaft in Rom

Philipper                     62 (Herbst)                       Gefangenschaft in Rom

1. Timotheus                     67*                      Korinth

Titus                          67                       Korinth

2. Timotheus                     68                       Rom (Gefängnis)

 

Die Bedeutung der vorstehenden Tabelle mit dem Angelpunkt in der Mitte, von dem sich alles ableitet, ist offensichtlich.

 

Zwischen den beiden Gefangenschaften liegen die Missionsreisen, die Paulus gemacht oder beabsichtigt hatte und der Hinweis auf eine zweite und spätere Inhaftierung. Die Missionsreisen, auf die sich die Fußnote* bezieht, liegen außerhalb der heilsgeschichtlichen Phase der Apostelgeschichte und bleiben deshalb in dem vorliegenden Buch unberücksichtigt. Es ist klar, dass man es vor Gott zu verantworten hätte, wollte man diese letzte Etappe im späteren Dienst des Paulus die heilsgeschichtliche Phase des Geheimnisses ignorieren.

 

* Es ist wahrscheinlich, dass 1. Timotheus und Titus früher geschrieben wurden und sowohl die frühere wie auch die spätere Periode abdecken. Zwischen ihnen und dem 2. Brief an Timotheus lägen dann die Reise nach Mazedonien (Phil 2:24.25), Kolossä (Phil 2:2), Spanien (Röm 15:24), Dalmatien (2Tim 4:10) und Ephesus (2Tim 4:12). Damit erfüllte er seine Ankündigung von Apg 28:28: "... dass den Heiden dies Heil Gottes gesandt ist..."

Wir haben deshalb jetzt das Zeugnis DER FRÜHBRIEFE DES PAULUS zu betrachten.

 

Das Zeugnis der Frühbriefe

Von seiner Berufung haben wir drei Berichte: in Apg 9:6 erfuhr er vom Herrn nichts weiter als: "Steh auf und geh in die Stadt; da wird man dir sagen, was du tun sollst" (dazu Apg 22:12-21; Apg 26:12-20)

 

Der Herr sprach zu Ananias über Paulus (um dessen Befürchtungen zu beschwichtigen): "... dieser ist mein auserwähltes Werkzeug, dass er meinen Namen trage vor Heiden und Könige und vor das Volk Israel. Ich will ihm zeigen, wieviel er leiden muss um meines Namens willen" (Apg 9:15.16). Das war zu Ananias gesprochen, nicht zu Paulus. Mehr wird an dieser Stelle nicht berichtet, als dass Ananias ihm die Hände auflegte und Paulus pneuma hagia empfing, oder "die Kraft aus der Höhe" (in Form der "Geistesgaben").

 

Der Auftrag, den Paulus erhielt, wurde nur allmählich enthüllt. Vermutlich war er zwar Paulus zu ein und derselben Zeit verkündet worden, aber für andere erst zur gegebenen Zeit eröffnet, so wie Gottes Absichten entfaltet wurden. Erst kurz vor dem Ende des ersten Teiles vom Dienst des Paulus erfahren wir alles das, was in Apg. 9 gesagt ist. Wir dürfen deshalb in Bezug auf das große Geheimnis (das Mysterium) nicht durcheinander bringen, was von dem jeweils Gesagten auf den ersten und was auf den zweiten Teil zu beziehen ist.

 

Sein voller Auftrag wird uns erst in den späteren und ergänzenden Berichten der Apostelgeschichte (Apg 22:12-21 und Apg 26:12-20) überliefert, als er sich der göttlichen Trennungslinie näherte. In Apg 9 war die Zeit noch nicht gekommen, alles das zu offenbaren, was das spätere Geheimnis betrifft. Und bis dahin gab Paulus sein Zeugnis in Übereinstimmung mit dem der Zwölf. So brachte er sein Zeugnis "den Juden zuerst". In dem gleichen Sinne, und nur in diesem Sinne, bezeugte er, dass er "den Juden ein Jude geworden" sei.

 

Es ist besonders interessant, diese Erläuterung zu betrachten, denn sie bezieht sich direkt auf das, worüber er anschließend an dieselben Gläubigen schrieb. Beachten wir zunächst, "wie nun Paulus gewohnt war" in der ersten Zeit der Ausübung seines Dienstes (Apg 17:2). Da war etwas ganz Besonderes an dieser Gewohnheit, denn er spricht davon auch wieder in 1Thes 1:9 und 1Thes 2:1. Er war mit Silas aus dem Gefängnis in Philippi gekommen, und tat in Thessalonich, was er überall zu tun pflegte: Er ging in die Synagoge "und redete mit ihnen an drei Sabbaten von der Schrift." Er brauchte keine Musikkapelle, er brauchte keine Solosänger, kein Streichquartett, keinen einleitenden Chorgesang, keinen Choral, keine rhetorischen Kunstgriffe einer verbrauchten sogenannten Religion, keine neuen Moden oder moderne Methoden. Bei ihm gab es kein Singen auf Knien, keine besondere Anzahl von "Amen" u.s.w. u.s.f. Er ging nur zu ihnen hinein und redete mit ihnen an drei Sabbaten VON DER SCHRIFT.

 

Er sprach nicht von der Zeitung. Es gab bei ihm gewiss keine "Politik von der Kanzel" in Bezug auf irgendwelche öffentlichen Ereignisse in Thessalonich oder im römischen Weltreich. Er befasste sich nicht mit Wohnungsproblemen armer Thessalonicher oder mit Elendsvierteln, Wasserwerken oder Kanalisation. Er befasste sich nur mit einer Sache, und das war DIE SCHRIFT. Und warum? Weil er den Glauben an die Schrift nicht verloren hatte! Denn wie er ihnen später in seinem Brief schreibt, war das Wort, das er ihnen gepredigt hatte, "nicht Menschenwort," sondern "Gottes Wort, das in euch wirkt, die ihr glaubt" (1Thes 2:13).

 

Das war der Grund, warum es von dort aus weiter erschallen konnte "durch Mazedonien und Achaja und an allen Orten": Weil es das Wort der Herrn war, das sie im Glauben angenommen hatten. Weil es Gottes Wort war, "redete er mit ihnen... von der Schrift." Er hat die Schrift nicht kritisiert. Er hat nicht über die Schrift gesprochen, sondern aus der Schrift. Und so "legte er ihnen dar, dass Christus leiden musste." Ebenso wie Petrus seinen Aufruf in Apg 3:18 begründet hatte, tat es auch Paulus. Er wollte zeigen, "dass dieser Jesus, den ich euch verkündige, der Christus ist" (Apg 17:3).

 

Apg 17:7 zeigt uns noch etwas anderes, das Paulus "von der Schrift" ihnen gesagt haben muss: Dass Jesus bald kommen werde, um als König zu herrschen. Das war es nämlich, wessen er vor den Oberen der Stadt beschuldigt wurde (V. 7). Daraus lernen wir, dass Paulus die Lehre der Zwölf bestätigte und nicht darüber hinaus ging. Auf dieser Lehre war die Gemeinde in Thessalonich gegründet, und in ihr hatte sie ihre Nahrung. Das war es, so wird uns berichtet, was der Apostel "gewohnt war" zu tun, wohin er immer kam. Sein besonderer Auftrag wurde in diesem Abschnitt immer in den Synagogen der Diaspora ausgeführt.

 

Das besagt nicht, dass das Angebot Gottes, das Petrus verkündete, zurückgezogen worden wäre. Im Gegenteil, alles zeigt, dass es noch offen stand, und dass Israel noch der Adressat der Verkündigung war. Es ist richtig, Paulus stieß an zwei Orten auf so entschiedenen Widerstand der Juden, dass er sich an die Heiden wandte. Aber das geschah nur bei zwei örtliche Ausnahmen und der spezielle Dienst, in dem Paulus stand, wurde dadurch weder beeinträchtigt noch geändert.

 

Antiochien in Pisidien war der Ort, wo Paulus und Silas ihre Mission unter den Juden erfüllten, indem sie ihnen sagten: "Euch musste das Wort Gottes zuerst gesagt werden; da ihr es aber von euch stoßt und haltet euch selbst nicht für würdig des ewigen Lebens, siehe, so wenden wir uns zu den Heiden..." (Apg 13:47). Aber sofort in der nächsten Stadt (Ikonion) geschah es, "dass sie wieder in die Synagoge der Juden gingen“ (Apg 14:1); denn Apg 28:28 war noch nicht erreicht.

 

In Korinth geschah es ebenso: "Als sie aber widerstrebten und lästerten, schüttelte er die Kleider aus und sprach zu ihnen: Euer Blut komme über euer Haupt; ohne Schuld gehe ich von nun an zu den Heiden" (Apg 18:6). Das tat er auch; aber das Haus, in das er ging, "war neben der Synagoge“(Apg 18:7), und im nächsten Ort, in den er kam (Ephesus), ging er "in die Synagoge und redete mit den Juden“ (Apg 18:19).

 

Diese Ereignisse zeigen, dass sie nur lokal waren, und durchaus nicht von der Art wie die große Proklamation in [Apg 28:28]: "So sei es euch kundgetan, dass den Heiden dies Heil Gottes gesandt ist; und sie werden es hören."

 

Während Paulus so "den Juden ein Jude wurde," und mit den Zwölf gemeinsam den Dienst des Herrn Jesus bestätigte, und somit die Verkündigung des Petrus vom Königreich in den Synagogen der Diaspora förderte, können wir gewiss sein, dass sein Zeugnis dem der Zwölf in keiner Hinsicht widersprach. Und worin das bestand, haben wir bereits gesehen. Derselbe Gott gab ihm dasselbe Zeugnis wie ihnen, "durch Zeichen, Wunder und mancherlei mächtige Taten und durch die Austeilung des heiligen Geistes nach seinem Willen" (Hebr 2:4).

 

Es ist sicher eine interessante Lektion für unsere Leser, wenn sie nochmals die ganze Apostelgeschichte lesen und darauf achten, was "die es gehört haben" über das Königreich und den König zu sagen hatten, und was Paulus in den Synagogen bezeugte. Solange wir darauf eingestellt sind, einen Unterschied und eine Weiterentwicklung zwischen den apostolischen Briefen und den Frühbriefen des Paulus zu finden, werden wir auch einen Unterschied erwarten zwischen den Briefen, die Paulus in der Anfangszeit des bestätigenden Zeugnisses schrieb, und denen aus der Zeit kurz vor dem Ende dieser Phase.

 

Der Herr hatte Paulus besondere Mitteilungen gemacht. Paulus hatte sich nicht umsonst für drei Jahre nach Arabien zurückgezogen. Was er hörte, als er in den dritten Himmel und in das Paradies entrückt war, das konnte er damals nicht sofort weitersagen. Und ein Grund dafür lag sicher in der Entfaltung der Heilsgeschichte und ihrer Phasen. Wenn wir diese Beschränkungen berücksichtigen, müssen wir uns die Frühbriefe des Paulus in ihrer zeitlichen Reihenfolge ansehen; und bei der Ähnlichkeit seines Zeugnisses mit dem der Zwölf müssen wir erwarten, dass sich im Blick auf seine besondere Berufung als Diener unter den Heiden gewisse Fortschritte und Entwicklungen in seiner Lehre beobachten lassen. Wenn er schon vorher etwas von dem "großen Geheimnis" (dem Mysterium) erfahren hatte, dann ist eins sicher: Er hat es nicht zu Papier gebracht und hatte auch keinerlei Auftrag dazu, bis Apg 28:28 geschehen war.

 

Sein Zeugnis würde sich sonst insofern von dem der Zwölf unterscheiden, als deren Zeugnis auf dem beruhte, was sie vom Herrn "gehört" hatten, als er unter ihnen ein- und ausging auf der Erde. In dem, was er sprach, beruhte das Zeugnis des Paulus auf dem, was ihm derselbe Herr vom Himmel mitgeteilt hatte, in Arabien und wo sonst noch. In dem was er schrieb, beruhte es auf direkter Inspiration von Gott, mit der sich die Verheißung des Herrn in Joh 16:12-15 erfüllte. Deshalb gibt es einen zwangsläufigen Unterschied zu dem, was die Zwölf "gehört" hatten. Deren Zeugnis war hauptsächlich mündlich; seines sollte an das Schreiben gebunden sein. Das erklärt seine letzte Anweisung an Timotheus in 2Tim 4:13: "Den Mantel, den ich in Troas ließ bei Karpus, bringe mit wenn du kommst, und die BÜCHER, BESONDERS DIE PERGAMENTE."

 

Paulus als Gefangener

Vor Apg 28:25.26 war Paulus "als Gefangener aus Jerusalem überantwortet in die Hände der Römer“ (Apg 28:17). Danach aber, obwohl immer noch gefangen, war er "der Gefangene Christi Jesu" (Eph 3:1). Vor Apg 28:25.26 sagte Paulus "um der Hoffnung Israels willen trage ich diese Ketten“ (Apg 28:20); aber danach bezeichnet er sich als gefangen "für euch Heiden" (Eph 3:1). Wenn Paulus vor Apg 28 persönlich etwas von dem Mysterium gewusst hat, dann kann er es kaum weitergesagt haben, sogar an Einzelne, ohne ihre Stellung in der Heilsgeschichte völlig umzustoßen. Obwohl er nicht beauftragt war, es zu schreiben, können wir dennoch in keiner Weise behaupten, dass er es nicht dem einen oder andern gegenüber erwähnt hat, der vorbereitet war es aufzunehmen oder der darein eingeführt werden sollte. Das ist die Bedeutung des Wortes "Vollkommene" in 1Kor 2:6.

 

Auf jeden Fall wäre sein Zeugnis zweifellos dem der Zwölf voraus gewesen, sogar im Blick auf seinen Auftrag in Apg 26:15-18; aber besonders als das Ende dieser heilsgeschichtlichen Phase näher rückte und er sah, "dass sich der Tag naht."

 

Deshalb müssen wir uns darauf gefasst machen, einige Unterschiede z. B. zwischen dem Römerbrief (dem letzten vor Apg 28) und dem an die Thessalonicher (den er als ersten geschrieben hat) zu sehen. Aber andererseits wollen wir nicht versäumen, alle die Punkte zu bemerken, in denen das Zeugnis des Paulus mit dem übereinstimmt, was "die es gehört haben" als Worte des Herrn Jesus bekräftigten.

 

Wir haben bereits gesehen, dass der Apostels Paulus, zu dem der Herr vom Himmel her redete, eine Zeit lang in seinem Dienst eng verbunden war mit denen, die den Herrn auf der Erde reden gehört hatten. So haben wir die Bekräftigung doppelt. Aber obwohl wir in den Grundzügen dasselbe Zeugnis erwarten können, müssen wir auch auf eine gewisse Weiterentwicklung gefasst sein.

 

Als Paulus berufen wurde, war die Verkündigung des Petrus bereits geschehen, und alle, die gläubig geworden waren, wurden mit der Taufe des Johannes getauft zur Buße, im Blick auf die Wiederkunft des erwarteten Messias, den Gott zu senden versprochen hatte, und darauf, dass "alles wiedergebracht wird, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn" (Apg 3:19-26).

 

Deshalb befassen wir uns nicht mit den besonderen Nuancen der Bedeutung mancher Wörter, die sich feststellen lassen, wo die erwartete Wiederkunft Jesu Christi beschrieben wird. Wir bauen nicht zuerst das Dach, indem wir über den Gebrauch der Wörter parousia, epiphaneia, oder apokalupsis diskutieren. Welche Wörter auch immer verwendet werden, es ist stets dasselbe gemeint, dass der Herr "den sende, der euch zuvor zum Christus bestimmt ist: Jesus" und damit auch "alles... wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn" zur gegebenen Zeit seine Erfüllung finden würde, einschließlich der Offenbarung, die Johannes geschrieben hatte.

 

Es war reichlich Zeit gelassen für alles, was für die "Wiederherstellung aller Dinge" erforderlich war. Für Israel waren zwischen der Kreuzigung des Messias und der Zerstörung Jerusalems nochmals vierzig Jahre Bewährungsfrist gegeben eine Periode die fast ganz abgedeckt wird von der Phase der Apostelgeschichte. Das muss allen klar sein, die sich für die große, beherrschende Tatsache interessieren, dass die Verkündigung des Petrus unmittelbar auf das Pfingstereignis folgte: Diese ganze heilsgeschichtliche Phase war eine Einmaligkeit. Sie hatte einen Zweck, einen Inhalt, ein Ziel und ein Zeugnis, das von niemand sonst als nur von einer besonderen Gruppe von Zeugen gegeben wurde. Alles ist zusammengefasst in Apg 3:19-26 einer Schriftstelle, die von den meisten Lesern vielleicht nicht aus ihren Bibeln herausgestrichen, aber praktisch ignoriert wurde.

 

Die Überlieferung, dass Christus gekommen sei, eine Gemeinde zu gründen, und dass die Gemeinde zu Pfingsten gegründet worden sei, hat Apg 3:19-26 völlig bedeutungslos werden lassen, denn diese Schriftstelle hat keinen Platz in dieser überlieferten menschlichen Lehre und ist deshalb übergangen worden. Das hatte sehr schwerwiegende Folgen für das rechte Verstehen des übrigen Neuen Testaments und dafür, dass man "richtig schneide das Wort der Wahrheit“ (2Tim 2:15 K). Die dadurch angerichtete Verwirrung ist die Ursache für all die Schwierigkeiten, auf die Menschen stoßen, die nach Antwort für ihre Fragen suchen.

 

Die Frühbriefe des Paulus sind hoffnungslos verdunkelt, weil sie nicht in ihrer zeitlichen Reihenfolge studiert werden. Wir wollen sie nochmals im Licht dieser Reihenfolge betrachten, in der sie geschrieben wurden, und wir wollen diesem besonderen Gedanken des "vielfach und auf vielerlei Weise" seine ihm zukommende Bedeutung in der Auslegung einräumen.

 

 

 

Kapitel davor:

 

1 a) Briefe an die Thessalonicher

1.1 Der 1. Thessalonicherbrief

1.1.1 Paulus lehrt in der Synagoge

1.1.2 Frage nach den Entschlafenen

1.1.3 Die Hoffnung Israels wird ausgesetzt

1.1.4 Unsere Erwartung heute

1.2 Der 2. Thessalonicherbrief

1.2.1 Voraussetzung zur Erfüllung der Verheißung

1.3 2. Thessalonicher 2

1.3.1 Die Bedeutung der Zeichen heute

a) Briefe an die Thessalonicher

Der 1. Thessalonicherbrief

Das erste Buch der Heiligen Schrift, das in dieser Phase entstand, nach der Verkündigung von Apg 3:19-26 durch Petrus, ist der erste Brief des Paulus an die Thessalonicher. Außer 1. Thessalonicher war alles mündlich. Wenn wir nicht glauben, dass Gott sein Volk Israel verspotten wollte, dass er also gar nicht die Absicht hatte, "Jesus Christus zu senden" und "alles wieder herzustellen" und alle Prophezeiungen zu erfüllen, dann müssen wir glauben, dass sein erstes schriftlich überliefertes Wort, das dieser Verkündigung folgte, zwangsläufig eine besondere Beziehung dazu haben musste.

 

Der Brief geht von dieser Verheißung Gottes aus, und wenn wir ihn nicht in diesem Licht lesen, ist es uns unmöglich, die Lehre zu begreifen, die Gott damit vermitteln wollte. Der Brief war an eine Gemeinde von Menschen in Thessalonich gerichtet, die das Zeugnis gläubig angenommen hatten, das sie von denen erhalten hatten, die die Worte des Sohnes Gottes bekräftigten. Es war keine moderne "Kirche" mir ihrer Organisation und Institution, sondern eine einfache Gemeinde von solchen, "die das Wort aufgenommen" hatten von Petrus und Paulus, und die sich bekehrt hatten, "zu warten auf seinen Sohn vom Himmel."

 

Paulus lehrt in der Synagoge

Die Verheißung war gegeben. Paulus hatte die Botschaft dorthin gebracht, und Apg 17 berichtet uns, wie er hinkam und was er sagte. "... da war eine Synagoge der Juden. Wie nun Paulus gewohnt war, ging er zu ihnen hinein und redete mit ihnen an drei Sabbaten von der Schrift."

 

Er sprach nicht aus seinen Gedanken, sondern aus der Schrift. Er gründete keine Kirche mit ihren Ämtern, Institutionen und Organisationen. Nein, er brauchte nur die Heilige Schrift. Das war die ursprüngliche Schrift, keine modernen, bibelkritischen Schriften. Er brauchte nichts an modernen Methoden, Tricks und Erfindungen, die das Hauptthema eines verbrauchten Systems "organisierten Christentums" sind, denn er hatte alles, was er brauchte, im "Wort der Wahrheit", im geschriebenen und lebendigen Wort. So redete er mit ihnen von der Schrift, "tat sie ihnen auf und legte ihnen dar, dass Christus leiden mußte (das hatte auch Petrus in Apg 3:18 gesagt) und von den Toten auferstehen und dass dieser Jesus, den ich so sprach er euch verkündige, der Christus ist" (Apg 17:3).

 

Was er noch verkündete, geht aus der Anklage hervor, die gegen ihn und Silas vorm Magistrat erhoben wurde. Demnach hatte er gesagt, "ein anderer sei König, nämlich Jesus" (Apg 17:7). Damit hatte er die Verkündigung des Petrus bestätigt. Ihr "Werk im Glauben" (1Thes 1:3), bestand darin, dass sie sich bekehrt hatten "zu Gott von den Abgöttern" (1Thes 1:9), dasselbe Wort "bekehrt euch" hatte Petrus in Apg 3:19 benutzt. Das war ihre "Arbeit in der Liebe" (1Thes 1:3),, "zu dienen dem lebendigen und wahren Gott" (1Thes 1:9). Das war ihre "Geduld in der Hoffnung" (1Thes 1:3), dass sie sich Gott zuwandten "zu warten auf seinen Sohn vom Himmel" (1Thes 1:10).

 

Der Himmel hatte ihn aufgenommen; von dort sollte er gesendet werden (Apg 3:20.21). Deshalb warteten sie "auf seinen Sohn vom Himmel." Sie erwarteten Jesus, der von dem zukünftigen Zorn errettet. Johannes der Täufer hatte mit den gleichen Worten gewarnt (Mt 3:7). Der Herr hatte davon gesprochen (Lk 21:22.23). Der Apostel sagt in 1Thes 2:16 nochmals: "Aber der Zorn Gottes ist schon in vollem Maß über sie gekommen" (eis telos). Aber in 1Thes 5:9 kann er sagen: "Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn, sondern das Heil zu erlangen durch unsern Herrn Jesus Christus," deshalb warteten sie auf Gottes Sohn vom Himmel.

 

Der Apostel zählt sich also selber mit zu denen, die auf die Errettung warten. Von denen, die für ihr eigenes Versäumnis eine Ausrede suchen, ist es Paulus zur Last gelegt worden, er hätte sich im Irrtum befunden mit diesem Warten auf den Herrn. Aber das ist jedenfalls eindeutig, dass er es für sich selber und für die Empfänger seines Briefes als durchaus gegenwärtige Erwartung ansah eine Erwartung, deren Erfüllung sie sich miteinander und gleichzeitig erfreuen würden.

 

Gott hatte versprochen, seinen Sohn zu "senden". Das war der Grund, warum Paulus und die in Thessalonich, an die er schrieb, warteten. Paulus sehnte sich danach, sie "von Angesicht zu sehen, mit großem Verlangen. Darum wollten wir zu euch kommen, ich, Paulus einmal und noch einmal, doch der Satan hat uns gehindert." Aber er hatte dennoch Freude, wenn er daran dachte, dass es nicht für lange sein würde. Darum fragt er: "Denn wer ist UNSERE HOFFNUNG oder Freude oder unser Ruhmeskranz seid nicht auch IHR es vor unserm Herrn Jesus, wenn er kommt? IHR seid ja UNSRE Ehre und Freude“ (1Thes 2:17-20).

 

Im dritten Kapitel gibt er nochmals seiner großen Sehnsucht Ausdruck (1Thes 3:5-10) und betet dann: "Er selbst aber, Gott, unser Vater, und unser Herr Jesus lenke UNSERN Weg zu EUCH hin. Euch aber (auf jeden Fall) lasse der Herr wachsen und immer reicher werden in der Liebe untereinander und zu jedermann, wie auch wir sie zu euch haben, damit EURE Herzen gestärkt werden und untadelig seien in Heiligkeit vor Gott, unserm Vater, wenn unser Herr Jesus kommt (parousia oder Anwesenheit) mit allen seinen Heiligen (Engeln)“ (1Thes 3:11-13).

 

War dieses Kommen nicht sehr nahe für diese gläubigen Thessalonicher? Sie hatten den Aufruf des Petrus befolgt und Buße getan und sich zum Herrn bekehrt, und nun warteten sie auf die baldige Erfüllung der Verheißung des Herrn. Für sie war es keine Sache ferner Zukunft. Es konnte sich nicht auf ein Kommen beziehen, das selbst heute noch weit vor uns liegt. Es war eine nahe, damals geradezu aktuelle Erwartung, die für gerade diese Gläubigen, an die der Brief adressiert war, verwirklicht werden sollte - eine Erwartung, die sie persönlich in Freude erleben würden.

 

 

Frage nach den Entschlafenen

Im vierten Kapitel gibt er eine weitere Offenbarung der Wahrheit über diese Hoffnung - eine Wahrheit, die die Zwölf nicht offenbaren konnten. Sowohl sie, als auch er hatten viel von den Lebenden gesprochen; viel über ihre Buße und Bekehrung zum Herrn und darüber, dass sie den Herrn vom Himmel gesendet erwarten sollten. Was wäre aber nun mit den inzwischen Entschlafenen (dieser Ausdruck ist allen sorgfältigen griechischen Texten gemeinsam, einschließlich Tregelles)? Wie würden sie am Kommen des Herrn beteiligt und der "Ruhmeskranz" des Apostels sein können?

 

Diese Entschlafenen hatten Buße getan. Sie hatten sich zum Herrn bekehrt und hatten auf ihn gewartet. Um diesem Problem zu begegnen, tröstet sie der Apostel "mit einem Wort des Herrn." Damit beantwortet er ihre Fragen, lindert ihren Schmerz und gibt ihnen Hoffnung. Er sagt: "wir wollen euch aber, liebe Brüder, nicht im Ungewissen lassen über die, die entschlafen sind, damit ihr nicht traurig seid wie die andern, die keine Hoffnung haben. Denn

A a - Wenn wir glauben

b - dass Jesus gestorben

c - und auferstanden ist,

A a - so (glauben wir)

b - wird Gott auch die, die entschlafen sind,

c - (aus dem Tode zurück) durch Jesus mit ihm einherführen."

In diesem Vers haben wir zwei korrespondierende Aussagen. Die eine bezieht sich auf den Herrn, die andere auf sein Volk. Jeweils die erste (a und a) handelt vom Glauben, die zweite (b und b) vom Tod und die dritte (c und c) von der Auferstehung.

 

Der Herr war gestorben. Aber Gott, der "den großen Hirten der Schafe, unsern Herrn Jesus, von den Toten heraufgeführt hat" (Hebr 13:20), werde in gleicher Weise, durch Jesus (wie in 2Kor 4:11), auch die Entschlafenen aus dem Tode zurück bringen.

 

Das war nicht nur eine Behauptung des Apostels. Er bestätigte nur das Wort, das der Herr schon zu Martha geredet hatte, als er ohne von der Gemeinde oder der Offenbarung des Geheimnisses zu reden ihr eine weitere Tatsache über die Auferstehung mitteilte.

 

Martha glaubte an die erste und zweite Auferstehung, aber es gab noch eine andere. Sie hatte anfangs zum Herrn gesagt: "Herr, wärest du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben." Auf diese Worte hin belehrte sie der Herr. Er sagte ihr, dass seine Gegenwart die Auferstehung bedeute, wie sie richtig gesagt hatte, aber sie bedeutete noch mehr: Sie bedeutete nicht nur die Bewahrung des zeitlichen Lebens, sondern auch die Auferstehung für die, die gestorben waren, und die Bewahrung zum ewigen Leben für diejenigen, die "leben und übrig bleiben" ihn also als "das Leben" kennen. Seine Worte (Joh 11:25.26) können so gelesen werden:

B - Ich bin die Auferstehung

C - und das Leben.

B - Wer an mich glaubt, der wird leben (wieder, in der Auferstehung), auch wenn er stirbt;

C - und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben.

Dieses Wort des Herrn war es, was Paulus bekräftigte, als er schrieb:

"Denn das sagen wir euch mit einem Wort des Herrn, dass wir, die wir leben und übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn, denen nicht zuvorkommen werden, die entschlafen sind. Denn er selbst, der Herr, wird, wenn der Befehl ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrigbleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit. So tröstet euch mit diesen Worten untereinander" (1Thes 4:13-18).

 

Die Hoffnung Israels wird ausgesetzt

Paulus bekräftigt hier, was der Herr in Mt 24 gesagt hatte. "Sogleich aber nach der Bedrängnis jener Zeit..." (die innerhalb dieser vierzig Jahre der Bewährung, die von der Apostelgeschichte abgedeckt sind, stattgefunden hätte, wobei die Wunderzeichen am Himmel und auf der Erde gesehen worden wären, die von Joel vorhergesagt waren (Joe 3:3.4), wie Petrus am Tag des Pfingstereignisses erklärte, dass es "DAS" sei, was angekündigt und vorgedeutet wäre): "... dann wird erscheinen das Zeichen des Menschensohns am Himmel. Und dann werden wehklagen alle Geschlechter auf Erden und werden sehen den Menschensohn kommen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit. Und er wird seine Engel senden mit lauten Posaunen, und sie werden seine Auserwählten sammeln von den vier Winden, von einem Ende des Himmels bis zum andern" (Mt 24:29-31).

 

Diese "laute Posaune" ist die "Posaune Gottes" in 1Thes 4:16; und das "Sammeln" ist das Sammeln derer, "die wir leben und übrigbleiben." Das ist die Aufgabe, die den Engeln zugewiesen ist, aber die Auferstehung derer, die entschlafen sind, sollte von Gott selber "durch Jesus" bewirkt werden.

 

Der Herr belehrte seine Jünger dann auf einmal mit dem Gleichnis vom Feigenbaum und sagte: "... wenn seine Zweige jetzt saftig werden und Blätter treiben, so wisst ihr (aus Erfahrung), dass der Sommer nahe ist. Ebenso auch: Wenn IHR das alles seht, so wisst, dass er nahe vor der Tür ist. Wahrlich, ich sage euch: DIESES GESCHLECHT (Generation) wird NICHT (griech.: ou me, die stärkstmögliche Verneinung) vergehen, bis dies alles geschehen könnte. (Hier steht wieder an als Möglichkeitsform.) Himmel und Erde werden vergehen; aber MEINE Worte werden NICHT (griech.: ou me, die stärkstmögliche Verneinung) vergehen" (Mt 24:32-35).

 

Keine Worte könnten ernster, gewisser, nachdrücklicher oder unmissverständlicher sein. Jene Generation verging nicht, bis das alles stattgefunden haben könnte. Alles war von Israels Buße abhängig. Der Herr hatte Zeichen genannt, aus denen diese Generation wissen konnte, dass der Feigenbaum Blätter triebe, dass der Sommer der nationalen Wiederherstellung nahe sei, und dass "er nahe vor der Tür" sei (Mt 24:33). Das Zeichen war, dass viele in seinem Namen kommen würden, die sagten: "Ich bin der Messias." Dieses Zeichen fand statt, und wer auf die Worte des Herrn gehört hatte, sah es und wusste daher, dass das Ende dieser Phase nahe war, und dass es die letzte Stunde davon war (Joh 2:18).

 

Jakobus hatte geschrieben und gesagt, der Richter steht vor der Tür (Jak 5:9), und "das Kommen des Herrn ist nahe“ (Jak 5:8). Der Herr sandte dieselbe Botschaft nach Laodizäa: "Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an" (Offb 3:20).

 

Petrus verband in seiner Pfingstpredigt das Geschehen dieses Tages mit dem "Tag des Herrn," und zeigte wieder, dass diese Ereignisse das anzeigten, was Joel über den Tag prophezeit hatte: "Denn auf dem Berg Zion und zu Jerusalem wird Errettung sein (das ist das 'Erretten' aus 1Thes 1:10 und das 'Heil' aus 1Thes 5:8-10), wie der Herr verheißen hat, und bei den Entronnenen, die der Herr berufen wird" (Joe 3:5). Konnte das jemand bezweifeln, wenn sie Petrus predigen hörten: "Denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung, und allen, die fern sind, so viele der Herr, unser Gott, herzurufen wird" (Apg 3:19)? Wer die waren, "die fern sind," können wir aus Daniels Gebet (Dan 9:7) entnehmen:

 

*"Du Herr, bist gerecht, wir aber müssen uns alle heute schämen, die von Juda und von Jerusalem und von ganz Israel, die, die nahe sind, und die zerstreut sind in allen Ländern, wohin du sie verstoßen hast um ihrer Missetat willen, die sie an dir getan haben." Beim Vergleich mit Apg 2:14.22.36.39 und Joe 3:5 kann kein Zweifel darüber bestehen, wie wir all diese Schriftstellen zu verstehen haben).

Paulus stimmte in seinem bekräftigenden Zeugnis mit denen überein, "die es gehört hatten." Gehörte er nicht auch zu "dieser Generation", von der der Herr sprach? Sah er diese Zeichen nicht? Und benutzte er nicht auch die Fürwörter "WIR" und "UNS" mit besonderem Bezug auf sich selber? War es also nicht eine damals gegenwärtige Erwartung, die der Apostel und die Adressaten seines Briefes gemeinsam hatten?

 

Weil diese Tatsache nicht gesehen wurde, hat man gedankenlos Paulus beschuldigt, von einer falschen Voraussetzung ausgegangen zu sein. Es liegt ja tatsächlich auf der Hand, dass er davon als von einer Erwartung schrieb, die er persönlich hegte. Deshalb sagt man, er habe sich geirrt!

 

Aber gerade das ist unser Anliegen: Er hat sich nicht geirrt! Wie hätten Worte des Paulus in die Heilige Schrift gelangen können, die von der Annahme ausgegangen wären, dass Israel die angeboten Verheißung, Jesus Christus zu senden, ablehnen würde? Unmöglich. Alles war real und von ganzem Ernst.

 

Im fünften Kapitel (1Thes 5) spricht Paulus wieder vom "Tag des Herrn." Wie es Joel getan hatte, und wie es Petrus getan hatte, als er sagte, dass diese Gabe der Zungenrede zu Pfingsten "das" wäre, wovon Joel gesagt hatte, es werde "in den letzten Tagen" geschehen.

 

Paulus sagt dasselbe, aber er fährt fort und erklärt, wie "sie das Verderben schnell überfallen" wird, die das Zeugnis ablehnen, das ihnen damals gegeben wurde, und wie sie "nicht entfliehen" werden. Aber er fügt hinzu, dass es mit denen nicht so geschehen wird, die das Wort und das Zeugnis angenommen haben. Diese waren nicht "von der Finsternis." Sie schliefen nicht wie die andern, sondern waren wachsam. Sie warteten auf Gottes "Sohn vom Himmel“ (1Thes 1:10).

 

"Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil. Denn Gott hat UNS nicht bestimmt zum ZORN, sondern dazu, das Heil zu erlangen durch unsern Herrn Jesus Christus, der für UNS gestorben ist, damit, ob WIR wachen oder schlafen, WIR zugleich mit ihm leben. Darum ermahnt euch untereinander, und einer erbaue den andern, wie ihr auch tut" (1Thes 5:8-11).

 

Der Apostel schließt dann den ganzen Brief mit einem Gebet, das mit noch einem Hinweis auf die parousia des Herrn alles zusammenfasst, die als so nahe betrachtet wird, dass die Leser dieses Briefes bewahrt werden möchten vor Tod und Vernichtung und zu denen gehören, die "leben und übrigbleiben" um "dem Herrn entgegen in die Luft" entrückt zu werden. Er sagt: "Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch (zu dem Ende; griech.: holoteleis) und bewahre euren Geist samt Seele und Leib (in jedem Teil; griech.: holokleron, d. h. lebendig) unversehrt, untadelig FÜR die Ankunft (parousia) unseres Herrn Jesus Christus. Treu ist er, der euch ruft; er wird's auch tun." - Gemeint ist hier die Verheißung von 1Thes 4:16, die zu Gottes Verheißung durch Petrus in Apg 3:19-21 eine Beziehung hat.

 

Diese Verheißung galt allen, die dem Ruf zur Buße Folge leisten und sich zum Herrn bekehren würden. Er schließt mit den Worten: "Ich beschwöre euch bei dem Herrn, dass ihr diesen Brief lesen lasst vor allen Brüdern." Hätte Israel Gottes Ruf zur Buße befolgt, der durch Petrus ergangen war, dann wäre die Verheißung, Jesus Christus zu senden, erfüllt worden, und alles, was die Propheten gesagt hatten, hätte Bestand gehabt und wäre erfüllt worden, und alles wäre wiedergebracht worden. Aber Israel tat nicht Buße. Ein paar kleine Gemeinden hier und da "nahmen das Wort auf" (Apg 2:41; 1Thes 2:13) und gehorchten, aber das Volk als Ganzes verwarf den zweifachen Ruf von Petrus d. h. der Zwölf im Land und überall und den Ruf von Paulus in den Synagogen der Diaspora.

 

Unsere Erwartung heute

Aber für uns heute stellt sich die Frage: Hat Israel als ganzes Volk diese verheißene Segnung verwirkt, oder ist sie nur ausgesetzt? Wird "die Zeit der Erquickung" niemals kommen? Wird Gott niemals Jesus Christus senden? Und wird er doch nicht alles erfüllen, was die Propheten gesagt haben? Doch, er wird es gewiss tun. Und das ist der Grund, warum die zuerst geschriebenen Briefe in unserer kanonischen Ordnung in der Heiligen Schrift an letzter Stelle stehen. Die heilsgeschichtliche, historische und chronologische Reihenfolge spricht zu uns nicht mehr so wie damals zu ihnen. Für Gläubige von heute ist die kanonische Ordnung, wie wir sie nach göttlicher Weisung in die Hand bekommen haben, die Reihenfolge, die uns angeht. Auch wir warten auf den Herrn. Aber worauf gründet sich diese Erwartung? War die Verheißung unsern Vätern gegeben? War sie uns und unsern Kindern gemacht (Apg 2:39)? Ganz gewiss nicht.

 

Wo kommen dann wir "Sünder aus den Heiden" darin vor? Wieso nehmen wir diese Verheißung für uns in Anspruch? Haben wir irgend einen Anspruch auf ein "Erbe"? Worin besteht dieser Anspruch? Die Antwort auf diese Fragen ist der Schlüssel zur kanonischen Ordnung der Paulinischen Epistel. Wir als Heiden haben von uns aus keinerlei Recht und keinerlei Anspruch. Wir haben von unsern Vätern keine Verheißung geerbt. Aber wir haben und erben alles in Christus! Das aber lernen wir nicht aus den früheren Briefen des Paulus, sondern aus den späteren Briefen.

Am Anfang des Briefes an die Epheser werden wir an das ganze Geheimnis kommen. "Darum denkt daran, dass ihr,

 

die ihr von Geburt einst Heiden wart

und Unbeschnittene genannt wurdet von denen, die äußerlich beschnitten sind,

dass ihr zu jener Zeit ohne Christus wart,

ausgeschlossen vom Bürgerrecht Israels

und Fremde außerhalb des Bundes der Verheißung;

daher hattet ihr keine Hoffnung

und wart ohne Gott in der Welt" (Eph 2:11.12).

In diesen sieben gewichtigen Aussagen erfahren wir unsere Position, die wir von Natur Heiden sind. Dann folgt das heilige Versprechen: "Jetzt aber IN CHRISTUS JESUS seid ihr, die ihr einst Ferne wart, Nahe geworden durch das Blut Jesu Christi" (Eph 2:13).

 

Aber wir fragen nochmals: Worauf beruht das, dass wir "Nahe" geworden sind? Die einzige Antwort ist in Eph 1 gegeben: "IN IHM sind WIR auch zu Erben eingesetzt worden, die wir dazu vorherbestimmt sind nach dem VORSATZ dessen, der alles wirkt nach dem RATSCHLUSS seines WILLENS; damit WIR etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit, die wir zuvor auf Christus gehofft haben. IN IHM SEID AUCH IHR, die ihr das Wort der Wahrheit gehört habt, nämlich das Evangelium von eurer Seligkeit IN IHM SEID AUCH IHR, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem heiligen Geist, der verheißen ist. welcher ist das Unterpfand unsres ERBES, zu unsrer Erlösung, dass wir sein Eigentum würden zum Lob seiner Herrlichkeit" (Eph 1:1-14).

 

Hier ist es, wo wir und unsere Leser dazugehören. Hier ist unser Rechtsanspruch. Wir haben alles und mehr nicht weil wir in Abraham sind, sondern weil wir "IN CHRISTUS" sind; nicht weil wir zum "Bund der Verheißung" gehören, der für Abraham und seinen Samen geschlossen wurde, sondern weil wir von Ewigkeit her dazu vorherbestimmt sind, weil er uns erwählt hat "ehe der Welt Grund gelegt war" (Eph 1:4). Das heißt, wie in 1Mo 1:2 berichtet, als die Welt, die damals bestand, zerstört wüst und leer wurde.

 

Das ist die einleitende Aussage der späteren Briefe des Apostels Paulus. Aber bevor wir das verstehen können, müssen wir uns die grundlegenden Lehren erarbeiten, die im Römerbrief dargelegt werden, der später geschrieben wurde als 1. Thessalonicher. Dort haben wir das große Thema von Juden und Heiden erklärt und fest begründet. Das ist es, warum dieser Brief jetzt als erster eingeordnet ist. Das ist es auch, warum es für uns heute notwendig ist, dass wir mit dem Römerbrief beginnen. Gläubige Juden und Heiden von damals konnten nur (genau wie es für sie notwendig war) mit den Briefen an die Thessalonicher beginnen.

 

Hier sehen wir, dass Gott für die kanonische Ordnung aller Briefe des Paulus einen Grund hatte. Sie hatten ihr Erbe in Abraham wir haben auch ein Erbe, aber wir haben es "in Christus." Und doch gibt es manche, die meinen, wir (als Heiden) seien benachteiligt und unserer Hoffnung beraubt, weil Israels Heil ausgesetzt ist! Aber es ist ganz umgekehrt. Wir sind es, die Israel der Verheißung von 1. Thessalonicher beraubt haben; und wie es so häufig und sprichwörtlich der Fall ist, gibt es den üblichen Streit um gestohlenes Eigentum.

 

Wenn wir zur Betrachtung der späteren Paulinischen Briefe kommen, in denen "der Geist der Wahrheit" die Verheißung aus Joh 16:12-15 erfüllt hat, der "in alle Wahrheit" leitet, werden wir sehen, dass wir gar nicht benachteiligt sind, sondern alles das gewonnen haben, was es jetzt zu wissen gibt über Gnade wie über Herrlichkeit.

 

Wir brauchen Israel die ausgesetzte Hoffnung nicht zu rauben, denn anstatt der Verheißung von 1Thes 4:17, "entrückt werden auf den Wolken in die Luft," haben wir die herrliche Verheißung der "himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus." Anstatt der Auferstehung der "Toten, die in Christus gestorben sind," haben wir die Verheißung der "Ausauferstehung", "der von den Toten" (Phil 3:11 K). Und obwohl doch die "Hoffnung Israels" ausgesetzt ist, bilden sich manche ein, wir seien benachteiligt. Gewiss können wir es uns leisten, ihnen ihre Hoffnung zu lassen, denn für uns gilt: "Ich vergesse was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus" (Phil 3:13.14).

 

Unsere Hoffnung "in Christus" bedeutet viel mehr für uns, als 1Thes 4:16 damals für Israel. Wir warten auch auf Gottes Sohn. "Unser politeuma (oder Regierungssitz) (Luther: Bürgerrecht) ist (bereits) im Himmel; woher wir auch erwarten den Heiland, den Herrn Jesus Christus, der unsern nichtigen Leib verwandeln (metaschematizo = Gestalt oder Aussehen verändern) wird, dass er gleich werde (summorphios = dieselbe Gestalt haben wie) seinem verherrlichten Leibe" (Phil 3:20.21).

 

Das ist unsere "selige Hoffnung." Möge der Herr es bald geschehen lassen!

 

Der 2. Thessalonicherbrief

Wir kommen jetzt zum zweiten Brief an die Thessalonicher, den Paulus wahrscheinlich weniger als ein Jahr nach dem ersten schrieb, während er noch in Korinth war. Das war wohl reichlich zwanzig Jahre nach der Auferstehung des Herrn.

 

Die vierzigjährige Bewährungsfrist für Israel war zur Hälfte vergangen, aber es blieb noch reichlich Zeit für die Erfüllung alles dessen, was die Propheten über die Wiederherstellung aller Dinge vorhergesagt hatten, das Aufkommen des Antichrist und die Wunder am Himmel und auf der Erde, die Joel prophezeit hatte (Joe 2:21-27), außerdem der Herr (Mt 24:4-35) und Johannes im Buch der Offenbarung.

 

Wir haben gesehen, dass das alles für diese Generation "nahe" war. Es sollte "bald geschehen" (Offb 1:1). Der Richter stand noch, er hatte noch nicht den Sitzplatz eingenommen. Er stand "vor der Tür" (Jak 5:9), und er klopfte noch an (Offb 3:20). Der Tag des Herrn war zwar noch nicht gekommen, aber er war "nahe vor der Tür" (Mt 24:33).

 

Die Trübsal hatte noch nicht eingesetzt, aber es waren Nöte an allen Enden aufgekommen für die, "die das Wort angenommen hatten" (Apg 2:41; 1Thes 2:13). Man fühlte den "Anfang der Wehen" der Trübsal, wie es der Herr vorhergesagt hatte:

 

"Dann werden sie euch der Bedrängnis preisgeben und euch töten. Und ihr werdet gehaßt werden um meines Namens willen von allen Heiden. Dann werden viele abfallen und werden sich untereinander verraten, und werden sich untereinander hassen. Und es werden sich viele falsche Propheten erheben und werden viele verführen. Und weil die Ungerechtigkeit überhandnehmen wird, wird die Liebe in vielen erkalten. Wer aber beharrt bis ans Ende, der wird selig werden" (Mt 24:9-13).

 

Die Gläubigen in Thessalonich machten erste Erfahrungen mit der Wahrheit dieser Worte. Das ging so weit, dass man dem Apostel nachsagte, er habe gesagt oder geschrieben, der "Tag des Herrn" sei schon da (2Thes 2:2). Das war der unmittelbare Anlass für den zweiten Brief, den Paulus an die Gläubigen in Thessalonich schrieb.

 

Als er den ersten Brief schrieb, konnte er Gott preisen für ihr "Werk im Glauben", ihre "Arbeit in der Liebe" und ihre "Geduld in der Hoffnung" (1Thes 1:3). Aber im zweiten Brief erwähnt er ihre "Hoffnung" nicht mehr! Er dankt Gott für ihren wachsenden Glauben und die zunehmende gegenseitige Liebe (2Thes 1:3), aber ihre Hoffnung erwähnt er nicht, denn die war von diesem falschen Bericht damals geschmälert, wenn nicht zerstört worden.

 

Im ersten Brief hatte er ihnen geschrieben, dass der "Tag des Herrn" kommen würde "wie ein Dieb in der Nacht", und dass "das Verderben" die Ungläubigen "schnell überfallen" würde. Aber die Gläubigen würde der Tag nicht wie ein Dieb überfallen, denn sie sollten den Helm der Hoffnung aufsetzen, der Hoffnung auf das Heil (1Thes 1:8), und auf die Errettung vor dem zukünftigen Zorn (1Thes 1:10).

 

Es ist nicht zu verwundern, dass ihre Hoffnung zusammenbrach, als sie die falsche Nachricht erhielten, derselbe Apostel hätte gesagt, der Tag des Herrn sei schon da, und sie wären nicht errettet worden. In diesem Falle hätte "der Tag" sie "wie ein Dieb" überrascht (1Thes 5:1-11).

 

Deshalb ermahnt er sie, sich nicht wankend machen zu lassen, in keinerlei Weise (weder durch durch eine Weissagung, noch durch ein Wort, noch durch einen Brief). Und er gibt ihnen ein sicheres Zeichen und Merkmal, indem er sagt: "... denn zuvor muss der Abfall kommen und der Mensch der Bosheit (Tischendorf und Tregelles haben hier "Gesetzlosigkeit) offenbart werden, der Sohn des Verderbens" (2Thes 2:3). Dann beschreibt er noch wie der sich offenbaren wird, so dass für sie kein Zweifel mehr bestehen konnte: Vor diesem Abfall und diesem Offenbarwerden konnten sie ganz gewiss sein, dass "der Tag des Herrn" noch nicht da war.

 

Schon als sie das Wort empfangen hatten, war das unter Schwierigkeiten geschehen, das erfahren wir aus Apg 17:5; und die Schwierigkeiten hörten nicht auf, wie wir aus 1Thes 2:14-16 entnehmen können. Hier müssen wir demnach den Grund suchen, warum dieser zweite Brief geschrieben wurde.

 

Der Apostel hatte ihnen "Ruhe" versprochen durch das Wort des Herrn, bevor jener Tag kommen sollte. Sie würden entrückt und errettet vor dem "Zorn" jenes Tages. Und nun schreibt er ihnen diesen zweiten Brief um der "Hoffnung" willen, die er ihnen gemacht hatte, und wegen der verheißenen "Vereinigung mit ihm" (2Thes 2:1).

 

Für ihn und für sie war diese "Ruhe" sehr nahe. Er sagte, sie sollten Ruhe haben "mit uns" (d.h.: mit ihm selber und Silvanus und Timotheus) (2Thes 1:1), nicht "wenn" (wie in 2Thes 1:10) sondern "bei der Enthüllung des Herrn Jesu vom Himmel" (2Thes 1:7 K). Verse 7-10 nach Luther: "... wenn der Herr Jesus sich offenbaren wird vom Himmel her mit den Engeln seiner Macht in Feuerflammen, Vergeltung zu üben an denen, die Gott nicht kennen und die nicht gehorsam sind dem Evangelium unseres Herrn Jesus. Die werden Strafe erleiden, das ewige Verderben, vom Angesicht des Herrn her und von seiner herrlichen Macht, WENN ER KOMMEN WIRD, dass er verherrlicht werde bei seinen Heiligen und wunderbar erscheine bei allen Gläubigen, an jenem Tage; denn was wir euch bezeugt haben, das habt ihr geglaubt" (vgl. Apg 17:1-3).

 

Voraussetzung zur Erfüllung der Verheißung

Die Worte "wenn er kommen wird" sagen uns, dass noch bevor der Tag des Herrn mit all seinem "Zorn" offenbar wird, der Herr bereits gekommen sein wird, um sowohl den Schreiber wie die Leser des Briefes in seine "Ruhe" zu holen. Dieser Tag gehört zu all dem, was die Propheten geweissagt hatten, wovon Petrus in Apg 3:19-26 erklärt hatte, dass es in der Wiederkunft Jesu Christi erfüllt werden würde. Aber die Erfüllung der großen prophetischen Ankündigung war von der nationalen Buße abhängig.

 

Wir wissen, dass diese Bedingung nicht erfüllt wurde. Von Anfang an war die nationale Buße die einzige Voraussetzung der nationalen Errettung, wie man aus 3Mo 26:40-42 und Hos 5:15 usw. ersehen kann, und sie ist es noch heute. Diese Buße ist immer noch Zukunft, aber sie wird gewiß erfolgen. Die Prophezeiung davon wird sich erfüllen, wie Sach 12:10-14 und Mt 24:30 geweissagt und in [Offb 1:7] bestätigt.

 

All das zeigt uns, dass die Ruhe, von der der Apostel schrieb, damals als Realität und zwar sehr kurz bevorstehend angesehen wurde. Sie sollte nicht den Einzelnen durch das Sterben zuteil werden, sondern nach der Verheißung in 1Thes 4:17 gemeinsam und "zugleich." Damit gehörte sie zu dem "Senden" des Herrn Jesus, bevor er sichtbar kommen würde, wie das in 2Thes 1:7-9 beschrieben ist. Diese große Enthüllung wird nicht geschehen, bevor er zuerst gekommen ist, "dass er verherrlicht werde bei seinen Heiligen" (2Thes 1:10)

 

Da die Nation nicht Buße getan hat, wurde die Bedingung nicht erfüllt, und die damals nicht realisierte Hoffnung wurde ausgesetzt. Diejenigen, die nach der "Ruhe" ausgeschaut und sich gesehnt hatten, entschliefen und gehören nun zu den "Toten, die in Christus gestorben sind." Aber sie werden sich dennoch mit denen gemeinsam daran erfreuen, die "leben und übrig bleiben," wenn der Herr Jesus Christus kommt.

 

Aus dem allen folgt, dass dieselben Zeichen für die Offenbarung Jesu Christi heute gültig bleiben für alle, die Augen haben, zu sehen, und "Ohren, zu hören." Niemand braucht sich irre machen zu lassen; weder durch die Lehre einer Gruppe von Kommentatoren, die behaupten, der Herr wäre bei der Zerstörung Jerusalems gekommen, noch durch leeres Versprechen von Politikern, die uns einen Himmel auf Erden durch ihre verschiedenen politischen Systeme vorgaukeln; noch durch falsche Hoffnungen und Versprechen moderner Sozialisten (christliche und andere); noch durch gotteslästerliche Lehren der neuen Theologie, die von der "Verwirklichung des Königreiches Gottes auf Erden" ohne den König träumt, noch durch das fruchtlose Bemühen um "Frieden auf Erden," ohne zu erkennen, dass die Menschheit den "Friedefürsten" getötet hat.

 

Das alles stellt die Aussagen vom Wort Gottes auf den Kopf, denn das sichert uns zu, dass der Tag des Herrn nicht kommt, bevor der Abfall geschehen ist. Die Kirche sagt, er käme erst nach der Bekehrung der ganzen Welt. Die Welt erklärt, die Welt sei nicht schlecht genug, moderne Lehrer versichern uns, sie sei nicht gut genug! Und ohne um Gottes Wort zu wissen, arbeiten sie, um "die Wiederherstellung aller Dinge" zu bewerkstelligen, ohne die Wiederkunft Jesu Christ!

 

Kann es für uns einen zuverlässigeren Beweis geben, dass der Abfall, obwohl er seinen Höhepunkt noch nicht erreicht hat, doch schon weit fortgeschritten sein muss, wenn die moderne Bibelkritik in den Kirchen Einzug gehalten hat und das Geheimnis (der Geist und das Wirken) der Gesetzlosigkeit sowohl in der Kirche wie im Staat um sich greift?

 

Die Gläubigen in Thessalonich hatten ihre "Zeichen," und wir heute haben unsere, an denen wir merken, dass der Tag des Herrn naht. Aber welche Verheißung haben wir, davor gerettet zu werden? Welche Zusicherung haben wir, dass er uns nicht "überfallen" wird? Wo ist für uns die "Ruhe," die ihnen verheißen wurde?

 

Wir können gut verstehen, wie nahe die versprochene Ruhe für sie war, wenn wir diese Briefe, die in der Phase der Apostelgeschichte geschrieben wurden, in ihrer zeitlichen Reihenfolge lesen; aber nicht, wenn wir unsere jetzige Phase des Geheimnisses in sie hinein lesen. Aus diesem Grunde legen bis heute viele Gläubige großen Wert auf 1Thes 4, lassen aber 2Thes 1 außer acht.

 

Wir haben Verständnis und volle Sympathie für solche, die gerne hätten, dass in 1Thes 4 von uns die Rede wäre, die es als entscheidenden Inhalt unserer Hoffnung, das Kommen unseres Herrn betreffend, ansehen möchten. Aber wir können es dankbar loslassen, wenn wir sehen, dass wir eine bessere Hoffnung haben, an der wir uns umso mehr freuen können, da wir uns keinen Raub an Israels Hoffnung vorwerfen müssen, die nur ausgesetzt ist, und die auch noch ihre wunderbare und buchstäbliche Erfüllung finden wird.

 

Es kann trotzdem das Muster unserer Hoffnung sein, wie später in Phil 3:11.14 dargestellt wird. Die Verwirklichung unserer Hoffnung mag wohl nach der gleichen Vorlage gebildet sein wie die Ihrige. Die Anordnung der beiden Ereignisse kann gut die gleiche sein.

 

Zuerst unsere "Aus-Auferstehung" (exanastasis), entsprechend ihrer Auferstehung (anastasis);

dann unsere "Berufung in den Himmel," entsprechend ihrer Entrückung.

Was verlieren wir? Ist es nicht vielmehr ein großartiger Gewinn? Alles was wir zu tun haben, ist die Rückgabe gestohlenen Eigentums, indem wir aufgeben, was wir uns (vielleicht unwissentlich) angeeignet haben, und uns an dem erfreuen, was wirklich uns gehört, weil es uns von dem Erlöser, auf den wir warten, speziell zugeeignet wurde.

 

Wir und alle unsere Leser sind längst geheilt von einer unbewussten und biblischen Kleptomanie, durch die alle Segens-Verheißungen von Israel genommen, und der Gemeinde zugesprochen wurden, wobei wir uns wie Einbrecher verhalten, die nur Silber und Gold suchen und das Blech liegen lassen. So sind wir auch sorgfältig darauf bedacht, dass wir Fluch und Gerichte Israel überlassen und nur die Segnungen auf uns beziehen. In unserm Wahn lag Methode, aber er war trotzdem falsch. Wir wollen jetzt wahr und redlich sein und uns an dem erfreuen, was Gott uns verheißen, ja in Christus geschenkt hat, und in der Erwartung des Herrn leben (Phil 3:20.21) und auf unsere Berufung in den Himmel warten (Phil 3:14). Und wenn wir vorher entschlafen sollen, dann wollen wir in dieser seligen Hoffnung gewiss sein, die uns die "Ausauferstehung von den Toten" zusichert. Wir fragen nochmals: Was haben wir verloren?

 

Wenn wir in den Himmel berufen werden, sind dann keine Bibeln auf der Erde mehr nötig? Sollten die Zurückbleibenden, die dann zur Erkenntnis der Wahrheit kommen, ganz ohne Hoffnung gelassen werden, dem Schrecken vom Tag des Herrn zu entgehen? Oder sollten sie nicht wissen, was für sie in 1Thes 4 und Offb 5 vorgesehen ist?

 

Wenn wir ihnen 1Thes 4 wegnehmen und es zu unserer heutigen Hoffnung machen, was bleibt dann den Übriggebliebenen, sie vor dem zukünftigen Zorn zu retten oder andere aus der großen Trübsal herauszuführen? Wir lassen alle Schrift sich um uns als Mittelpunkt drehen! Aber wir sind nicht Alles und nicht Alle. Es gibt noch andere, die außer uns Erlösung brauchen und eine Hoffnung haben müssen. Es ist uns genug, ja es scheint zu gut, um wahr zu sein! Wir wollen deshalb die Dinge verlassen, die hinter uns liegen und uns ausstrecken nach dem, was vor uns liegt und jagen nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus (Phil 3:14).

 

2. Thessalonicher 2

Jetzt kommen wir zum zweiten Kapitel des 2. Briefes an die Thessalonicher. Hier erfahren wir mehr über alles das, was nach den Verheißungen der Propheten beim Kommen des Herrn erfüllt werden soll.

 

Der Apostel glaubte, was unser Herr gesagt hatte, und was die, "die es gehört haben" bekräftigten, nämlich dass sein Kommen nahe war (gr.: eggizo, Mt 3:2, übersetzt: "nahe herbeigekommen". Man vergleiche Mt 4:17; Mt 10:7; Mk 1:15, sowie Lk 10:9.11; Lk 21:20.28; Röm 8:12; Hebr 10:25; Jak 5:8; 1Petr 4:7 und eggus in Lk 21:31; Offb 1:3; Offb 12:10).

 

Aber das war etwas ganz anderes als die falsche Aussage, der Apostel habe gesagt, der "Tag des Herrn" sei bereits angebrochen. Das Verb enistemi bedeutet nicht dasselbe wie eggizo. So hatte der Tag des Herrn noch nicht begonnen, obwohl er nahe gekommen war. Auch als der Apostel 2Thes 2 schrieb, mussten noch zwei Ereignisse stattfinden: 1. Der Abfall und 2. die Offenbarung des Gesetzlosen.

 

Wir können gut verstehen, dass die Thessalonicher, "die das Wort empfangen" hatten (1Thes 2:13; vgl. Apg 2:41) und es glaubten, "in ihrem Sinn wankend" gemacht und erschrocken waren. Das Wort saleuo bedeutet 'erschüttert sein', also erregt und verstört (siehe Apg 17:13), und throeomai heißt erschreckt sein (es kommt außer hier nur noch in Mt 24:6 und Mk 13:7 vor, und bezieht sich auf die gleiche Ursache).

 

Für beides hätten sie Grund genug gehabt, wenn tatsächlich der "Tag des Herrn" schon gekommen wäre, denn der Apostel hatte ihnen verheißen, dass über sie der Tag nicht wie ein Dieb kommen werde (1Thes 5:4), sondern dass vorher die Toten auferstehen und die "leben und übrigbleiben" mit ihnen zusammen entrückt werden, dem Herrn entgegen in die Luft (1Thes 4:16.17). Das war der Trost, mit dem sie sich untereinander trösten sollten (1Thes 4:18; 1Thes 5:11).

 

Wenn aber der "Tag des Herrn" schon gekommen wäre, dann wäre dieser Trost verloren, die Ermahnung vergeblich gewesen. Sie hätten sich als Irregeleitete gefunden; die Apostel hätten sie getäuscht und ihre Hoffnung hätte getrogen. Es ist kein Wunder, dass der Apostel das Wort Hoffnung in 2Thes 2:3 nicht benutzt wie in 1Thes 1:3. Und es ist auch kein Wunder, dass er sie anfleht, sich nicht erschrecken zu lassen, und unbeirrt festzuhalten an der kostbaren Wahrheit der parousia oder (baldigen) Gegenwart des Herrn und ihrer Entrückung in die Luft, ihm entgegen.

 

Der Grund, warum sie nicht getäuscht worden sein konnten, war der, dass der Tag nicht kommen konnte, ohne zwei große Anzeichen, die wir oben genannt haben. Die Frage ist, ob das in der Lebenszeit derer eingetroffen ist, an die der Apostel schrieb, oder überhaupt inzwischen, oder jetzt, oder sollten sie noch geschehen?

 

Es gibt viele, die glauben, diese zwei Zeichen gesehen zu haben oder zu sehen. Es wird auch argumentiert, es sei sinnlos gewesen, ihnen Informationen zu geben über "Dinge, die gar nicht dringend waren und sie nicht einmal betrafen." Aber die Sache war sehr dringend. Es war wichtig für sie, zu wissen und zu begreifen, dass der Apostel sie nicht irregeleitet hatte, dass ihre Hoffnung weiterhin real und herrlich war. Es ging sie persönlich an, dass sie nicht wankend oder erschreckt wurden.

 

Der Apostel war angeleitet, auf den "Gesetzlosen" einzugehen, damit ihnen bestätigt wurde, dass er nicht bereits offenbar geworden sein konnte. Mehr noch, der inspirierende Heilige Geist wusste, dass die Worte noch uns heute in der späten Zeit betreffen würden. So dass wir nicht verführt werden oder annehmen sollen, der Tag des Herrn sei bereits gekommen. Wer meint, Nero sei der Gesetzlose gewesen, oder die Päpste würden ihn repräsentieren, der führt uns in die Irre, denn das würde uns der einzigen Anzeichen berauben, die Gott uns gegeben hat, damit sie unsere Wächter in dieser wichtigen Angelegenheit seien.

 

Die Bedeutung der Zeichen heute

Es geht uns mit diesen Zeichen wie den Gläubigen in Thessalonich.

 

Sie hatten die Verheißung, dass der "Tag des Herrn" sie nicht überraschen sollte (1Thes 5:4), und wir haben heute eine genau entsprechende Zusage. Sie warteten auf die anastasis oder Auferstehung ihrer entschlafen Mit-Gläubigen und auf eine Entrückung derer, die "leben und übrig bleiben," mit ihnen zusammen. Wir warten auch auf die ex-anastasis der entschlafenen Glieder des einen Leibes und auf die Berufung in den Himmel für sie und uns. Das letztere ist eine sehr gegenwärtige Hoffnung für uns (oder sollte es sein) wie es das erstere für sie damals war.

 

Dieselben Zeichen versichern uns, dass unsere herrliche Hoffnung erfüllt werden muss, bevor der Abfall ganz ausgereift und der Gesetzlose offenbart sein wird. Deshalb warten wir nicht auf diese Zeichen, sondern auf den Herrn. Wir erwarten nicht den Antichrist, sondern Christus.

 

Es ist wahr, wir sehen die Anfänge des kommenden Abfalls, des ersten der beiden Zeichen, und wir sehen genug, um zu sagen, welcher Art er sein und welche Formen er annehmen wird. Die Tageszeitungen sind voller Hinweise darauf, und wie in den Tagen der Apostel die Jünger aufschauen sollten, weil ihre Erlösung nahte, so sollen wir noch viel mehr auf unsere Berufung in den Himmel warten. Nichts darf unseren Herzen da im Wege stehen. Es sind keine irdischen Voraussetzungen noch vorher zu erfüllen. Es gibt nichts, das erst noch geschehen müsste. Nur ein Ruf muss ergehen, und das ist der Ruf dessen, auf dessen Stimme wir lauschen.

 

Das Wort (klesis) kommt elfmal vor und ist jeweils im Sinne eines göttlichen Rufes verwendet. Sei es der Ruf, der uns vor Gott in Gnade setzt oder vor ihm in Herrlichkeit darstellt. Das sind die zwei Teile seines Rufes; und wer immer den ersten gehört hat, muss auch den andern vernehmen. So begreifen wir, dass wir eine ganz besondere Hoffnung für uns haben, während die Hoffnung in 1Thes 4 für diejenigen ist, die zurückgelassen werden. Anstatt etwas zu verlieren, gewinnen wir einen unermesslichen Vorzug.

 

Die Verwirklichung der Hoffnung in 1Thes war von Israels Buße abhängig. Sie wird erfolgen (Offb 1:7), dann geschieht, was wir als herrliche Erfüllung in Offb 7 lesen. Wieso steht diese große Schar "aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen" vor dem Thron? Es wird kein Wort darüber gesagt, wie sie dorthin gekommen sind. Der Engel beantwortet Johannes die Frage, wer sie seien, indem er sagt: "Diese sind's, die gekommen sind aus der großen Trübsal." Das ist alles. Aber irgendwie müssen sie dahin gekommen sein. Und wie sollte es geschehen sein, wenn nicht durch das, was wir in 1Thes 4:15.16 lesen?

 

Hätte Israel Buße getan, dann hätte die Verheißung erfüllt werden müssen an denen, die das Wort der Verheißung gelesen und angenommen hatten; denn "alles, was die Propheten geredet hatten," wäre dann erfüllt worden, und diese Gläubigen wären "entrückt" worden, bevor der Tag sie überfallen konnte. In diesem Falle wäre Offb 7 der Bericht von der Erfüllung geworden. Aber Israel hat nicht Buße getan. Infolgedessen ist alles ausgesetzt, "was die Propheten geredet hatten," und 1Thes 4 und Offb 7 sind noch Zukunft und werden noch buchstäblich zur Vollendung kommen.

 

Die große Schar aus Offb 7 wird im Himmel geschaut, und sie können nur durch eine wunderbare Wegnahme dorthin gekommen sein, durch Auferstehung und Entrückung. Das ist klar, denn es ist mit Nachdruck gesagt, "so" als nur auf diese Weise werden sie bei dem Herrn sein allezeit.

 

Jetzt haben wir alles festgehalten, was in den ersten zwei Briefen, die an eine Versammlung von Gläubigen gerichtet wurden, nachdem der Herr in den Himmel aufgefahren war, über das Kommen des Herrn geschrieben steht.

 

Diese Briefe kann man aber nur dann richtig verstehen, wenn man sie in ihrer zeitlichen Reihenfolge und im Licht von Apg 3:19-26 und Apg 17:1-9 liest. Nur so kann man erfassen, was die Worte des Apostels an Warnung, Unterweisung und Hoffnung enthalten. Alles, was er sagte, hatte eine Bedeutung, und wir können seine Worte nur dann richtig interpretieren, wenn wir das Wort der Wahrheit recht teilen.

 

 

Inhaltsverzeichnis

1 b) Briefe an die Korinther

1.1 Der 1. Korintherbrief

1.1.1 Unsere Erwartung heute

1.1.2 Die Erwartung der Korinther

1.1.3 Die Erwartung 1Kor 15

1.2 Der 2. Korintherbrief

1.2.1 Der Richterstuhl Christi

b) Briefe an die Korinther

Der 1. Korintherbrief

Dieser Brief ist der nächste, der nach 2Thes geschrieben wurde. So können wir erwarten, dass hier dieselben Bedingungen vorliegen wie in den Briefen an die, die in Thessalonich "das Wort angenommen" hatten (Apg 2:41), das Petrus in Apg 2:39.40 und Apg 3:19-26 verkündet hatte.

 

Wir können hier die gleiche heilsgeschichtliche Lehre verfolgen wie in allen früheren Briefen, die Paulus in der Phase der Apostelgeschichte geschrieben hat, bevor diese Phase mit Apg 28 ihren Abschluss fand. Das wiederum erklärt viele Stellen in jenen Briefen, die bisher für heutige Leser schwer zu verstehen waren, weil man sie weder mit anderen Schriftstellen noch mit ihrer traditionellen Auslegung in Übereinstimmung bringen konnte.

 

Schon ganz am Anfang stoßen wir auf das Wort apokalypse, als das, worauf die Gläubigen in Korinth sehnsüchtig warteten. Für sie war demnach die Offenbarung oder Enthüllung unseres Herrn Jesus Christus nahe. Der Ausdruck in 1Kor 1:7 bedeutet ein sehnliches Ausschauen nach der Zeit, wenn unser Herr Jesus Christus offenbart, also sichtbar werden soll. Hätte diese große Offenbarung in einer damals fernen Zukunft gelegen, dann wäre dieses sehnliche Warten (denn das Wort für "warten" ist das gleiche wie in Röm 8:19) ganz fehl am Platz gewesen (wenn wir nicht annehmen wollen, sie seien irregeführt worden). Das Wort Offenbarung bezieht sich immer (wenn es für das Kommen des Herrn angewendet wird) auf sein sichtbares Erscheinen als Person. Das allein war das Ereignis, worauf Paulus und die Gläubigen in Korinth warteten. Aber wir und unsere Leser sind ganz überzeugt, dass das heute nicht "unsere Hoffnung" ist. Wir glauben, dass der Tag nicht wie "ein Dieb über uns kommen" wird, sondern dass wir entrückt werden, bevor der "Tag des Herrn" kommt. Deshalb ist es ein echter Stolperstein, hier auf dieses Wort zu stoßen.

 

Aber die meisten Bibelleser haben es sich angewöhnt, in solchen Fällen einfach weiterzulesen, als gäbe es gar keine Schwierigkeit. Man beachtet gar nicht, dass in dem Wort oder der Wendung eine solche liegt. Damit ignoriert man eine Schriftstelle teilweise. Das ist ein großer Fehler, denn wir tragen eine Last weiter, obwohl genauere Prüfung sie nicht nur wegnehmen würde, sondern unser Wissen erweitern und unsere Überzeugung stärken könnte, jedes Wort, das Gott zu uns spricht, ist wichtig.

 

Hier ist es so. Wenn wir uns diese Stelle nochmals ansehen, dann lesen wir, "dass ihr in allen Stücken reich gemacht seid, in aller Lehre und Erkenntnis (wir halten fest, dass hier das Wort gnosis (normales Erkennen), nicht epignosis (volles oder vollständiges Erkennen) steht. Das Letztere hat große Auswirkung auf den Betreffenden. Es ist das Wort, das in den Briefen aus der Gefangenschaft häufig verwendet wird. Denn die Predigt von Christus (K: 'das Zeugnis des Christus') (das ist das Zeugnis, das Christus gegeben hat) ist in euch kräftig geworden (K: 'bestätigt ward unter euch') (d. h.: 'durch die, die es gehört haben', Hebr 2:3 und 'Gott hat dazu Zeugnis gegeben durch Zeichen, Wunder und mancherlei mächtige Taten, Hebr 2:4), so dass ihr keinen Mangel habt an irgendeiner Gabe und wartet nur auf die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus. Der wird euch auch fest erhalten bis ans Ende, dass ihr untadelig seid am Tag unseres Herr Jesus Christus" (1Kor 1:5-8).

 

Hier haben wir "DIE Offenbarung" als Gegenstand ihrer Hoffnung. Es war "der Tag," auf den sie sehnlich warteten (das ist in dem Wort enthalten (griech.: apekdechomai = sehnlich erwarten. Vgl. Röm 8:19.23.25.

 

Unsere Erwartung heute

Wir aber warten sehnlich auf etwas anderes. In Phil 3:20.21 heißt es für uns: "UNSER Bürgerrecht aber IST (griech.: hyparcho = als Wirklichkeit bestehen; das ist mehr als das gewöhnliche Verb 'sein') im Himmel; woher wir auch erwarten (dasselbe Wort wie 1Kor 1:7) den Heiland, den Herrn Jesus Christus, der unsern NICHTIGEN LEIB verwandeln wird, dass er gleich werde seinem VERHERRLICHTEN Leibe nach der Kraft, mit der er sich alle Dinge untertan machen kann." Wenn wir leben und übrig bleiben, erwarten wir diese Verwandlung; wenn wir vorher entschlafen, die Ausauferstehung aus den Toten (vgl. Phil 3:11.14).

 

Das ist etwas anderes, als wenn es in 2Thes 1:6.7 heißt: Offenbart "vom Himmel her mit den Engeln seiner Macht in Feuerflammen, Vergeltung zu üben an denen, die Gott nicht kennen und die nicht gehorsam sind dem Evangelium unseres Herrn Jesus" Das ist die OFFENBARUNG.

 

Die Ausauferstehung und die Berufung in den Himmel, das ist heute unsere selige Hoffnung. Aber die meisten von uns haben für diese Hoffnung aus Phil 3 keinen Platz frei, weil sie Israel seine Hoffnung aus 1Thes 4 geraubt haben und sie entweder vergeistigen, indem sie sagen, es handle sich nicht um eine Auferstehung des Leibes, oder sie gar nicht zur Kenntnis nehmen. Aber wir können die Tatsache nicht außer acht lassen, dass diese Gläubigen in Korinth die Offenbarung erwarteten. Es steht so geschrieben.

 

 

Die Erwartung der Korinther

Außerdem war damals die Entfaltung des großen Geheimnisses von der Herrschaft der Gnade, die in all ihrer Herrlichkeit regiert, den Menschen noch nicht bekannt gegeben worden. Deshalb musste ein Gläubiger in dieser Phase den Gerichtscharakter des Tages des Herrn erwarten. So lesen wir in 1Kor 3:13-15, "so wird das Werk eines jeden offenbar werden. Der Tag des Gerichts wird's klar machen; denn mit Feuer wird er sich offenbaren" (apokalypto). Hier haben wir wieder die Offenbarung, und sie ist genau, was sie in 2Thes 1:7.8 bedeutet. "Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer (alle sorgfältigen griechischen Text besagen 'das Feuer selbst') erweisen. Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen. Wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden leiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch" (1Kor 3:13-15).

 

Befinden wir uns hier noch auf dem Boden der Gnade?, denn "Ist's aber aus Gnade, so ist's nicht aus Verdienst der Werke; sonst wäre Gnade nicht Gnade" (Röm 11:6).

 

Und man beachte, es ist DER TAG, der das klar macht, also "der Tag des Herrn" nach 2Thes 1:7-10.

 

Um der Schwierigkeit zu entgehen, die wir uns selber bereitet haben, hat man sich mit verschiedenen Ausreden zu helfen versucht, und viele von uns sind heute noch deswegen verunsichert und sind sich nicht einig, ob die "Werke" hier allgemein oder geistlich zu verstehen sind. Manche bedauern es sogar, dass es diese Stelle überhaupt gibt! Es muss uns allen klar sein, dass wir uns hier nicht auf demselben Boden befinden wie der Epheserbrief. "Der Tag" ist hier ein Tag der Unterscheidung. Das Werk ist das "Werk im Glauben" und die "Arbeit in der Liebe," die sich an denen gezeigt hatte, die in Thessalonich das Wort angenommen hatten, und die in 1Thes 1 lobend genannt werden. Alle diese Arbeiter sollten darauf achten, wen sie zur Gemeinde hinzufügten (Apg 2:47), denn wenn menschliche Werkzeuge die Arbeit taten (Apg 5:14; Apg 11:24 usw.), dann musste diese Arbeit unbedingt geprüft werden. Der "Tag" an dem diese Prüfung geschehen sollte, werde "mit Feuer" offenbart (1Kor 3:13). Das hatte schon Maleachi erklärt: "Wer wird aber den Tag seines Kommens ertragen können, und wer wird bestehen, wenn er erscheint? Denn er ist wie das Feuer eines Schmelzers... Denn siehe, es kommt ein Tag, der brennen soll wie ein Ofen. Da werden alle Verächter und Gottlosen Stroh sein..." (Mal 3:2.3.19).

 

Das war das Zeugnis Johannes des Täufers, als er den Tag beschrieb, den er als nahe gekommen verkündete. "... die Spreu wird er verbrennen mit unauslöschlichem Feuer" (Mt 3:12; vgl. 2Thes 1:7.8 usw.). Aber wir haben noch andere Stellen im nächsten Kapitel, wo der Apostel mahnt: "... richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist, und wird das Trachten der Herzen offenbar machen. Dann wird einem jeden von Gott sein Lob zuteil werden" (1Kor 4:5).

 

Wenn wir hier auf den besonderen Bezug einer solchen Schriftstelle auf die damals angesprochenen Menschen hinweisen, tun wir es selbstverständlich wegen der Auslegung. Natürlich meinen wir nicht, es gäbe da keine Anwendung für uns, oder wir könnten daraus nichts lernen. Es ist gut für uns und unsere Glückseligkeit, wenn wir es als "ein Geringes" betrachten können, von anderen gerichtet zu werden, und wenn wir in der Lage sind, all unsere selbsternannten Richter (von denen es eine Menge geben wird!) dem Herrn zu überlassen. In all diesen speziellen Punkten gibt es ewige Wahrheiten und praktische Ermahnungen von bleibender Bedeutung.

 

Das ist bei der Stelle im nächsten Kapitel wohl kaum der Fall, wo der Apostel davon spricht, dass ein unzüchtiger Bruder dem Satan übergeben werden soll zum Verderben des Fleisches, damit der Geist gerettet werde AM TAGE DES HERRN (1Kor 5:5). Damit ist gewiss auf den Tag als damals nahe bevorstehend hingewiesen.

 

Im nächsten Kapitel sagt er nichts, was uns hindert zu schließen, der "Tag" sei so nahe, dass die Empfänger seines Briefes und er selber im kommenden Zeitalter über Engel richten würden.

 

"Wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt (griech.: kosmos) richten werden? Wenn nun die Welt von euch gerichtet werden soll, seid ihr dann nicht genug, geringe Sachen zu richten? Wisst ihr nicht, dass wir über Engel richten werden? Wieviel mehr über Dinge des täglichen Lebens" (1Kor 6:2.3).

 

Wenn die Nähe der Offenbarung hier noch nicht schlüssig bewiesen wäre, dann doch sicher im nächsten Kapitel, wo der Rat des Apostels ganz auf dieser Tatsache beruht. In 1Kor 7:29 lesen wir: "Das sage ich aber, liebe Brüder: Die Zeit ist kurz." Das Wort, das mit "kurz" übersetzt ist, erscheint nur hier und in Apg 5:6. Es bedeutet "eingehüllt" (oder zeitlich "beschränkt") und das ist hier die Bedeutung. Die Zeit (oder der Zeitabschnitt) ist beschränkt, das heißt, die heilsgeschichtliche Phase war kurz vor ihrem Ende. Was lag dann am Heiraten, Weinen oder Freuen, Kaufen oder Verkaufen? Der Grund folgt: "Denn das Wesen dieser Welt vergeht." Das zeigt, für wie nahe das Ende dieser Phase gehalten wurde.

 

Wer hat nicht schon die Schwierigkeit erlebt, diese Stelle zu verstehen, wenn sie aus dem Kontext genommen und für uns heute ausgelegt wurde? Wie viele waren bestürzt und kamen zu uns um Rat, ob sie heiraten oder sonst etwas von dem tun sollten, was hier genannt ist.

 

Unsere Antwort ist dann und sollte es sein: Ja, gewiss. Was in der speziellen Zeit unter diesen besonderen Umständen nicht ratsam gewesen war; heute wäre es für uns nicht weise, nach gleichen Maßstäben zu handeln. Für sie war die Nähe des Endes eine gewichtige Realität. Ein Apostel arbeitete hier, der andere da, und es gab keine Möglichkeit, sie wissen zu lassen, wie die Verkündigung des Petrus an dem oder jenem Ort aufgenommen wurde.

 

Es gab keine täglichen Veröffentlichungen von Nachrichten. Niemand konnte wissen, ob sie allgemein angenommen oder abgelehnt wurde. Wir müssen versuchen, uns in die Lage der Gläubigen jener Zeit zu versetzen. Sie hatten keine Telegraphen oder Telefone. Die Angesehensten der Juden in Rom hatten wenig oder nichts gehört über Paulus und seine Tätigkeit in Jerusalem (Apg 28:17-21).

 

Sie wussten nur, dass die Zeit nahezu abgelaufen war. So schreibt der Apostel an die Gläubigen in Korinth: "Die Zeit ist kurz." Von nun an ist die Zeit noch kürzer. Die Zeitspanne zwischen dem Schreiben des Briefes und dem Kommen jenes Tages war also extrem beschränkt.

 

Im Blick auf die Kürze der damals noch verbleibenden Zeit hatten einige aus Korinth an Paulus wegen ihrer Heirat geschrieben, und er beriet sie richtig und für diese spezielle Zeit zutreffend. Sein Rat für einen unverheirateten Mann war damals "es ist gut für den Mann, keine Frau zu berühren“ (1Kor 7).

 

Das ganze Kapitel muss aus der Sicht der Zeit gelesen werden, in der es geschrieben wurde. Dann können wir es verstehen und seine Weisheit erkennen. Wenn wir es aber in unsere Zeit hinein nehmen, dann ernten wir nichts als Verwirrung und Schwierigkeiten. Es war dazu geschrieben, dass die Gläubigen solche Auftritte vermeiden sollten, wie wir sie von Zeit zu Zeit erleben, wenn Leute auf irregeleitete Männer oder Frauen hereinfallen, die sie mit der Idee verrückt machen, an einem bestimmten Tag käme "das Ende der Welt" (was immer sie darunter verstehen mögen). Vor solchen Exzessen waren diese Gläubigen in Korinth geschützt, obwohl sie verstanden hatten wie nahe das Ende jener heilsgeschichtlichen Phase sein konnte; denn ihr Glaube beruhte auf dem Wort des Herrn, gesprochen "durch die, die es gehört haben“.

 

Aber wir sind heute nicht in dieser Situation. Wir haben kein solches Wort. Unsere "Berufung in den Himmel" und die Ausauferstehung aus den Toten sind göttliche Gewissheit; aber wir haben nichts, das uns anzeigt, wie weit oder nahe es vor uns liegen mag. Die Tatsache ist gewiss, aber der Zeitpunkt ist ungewiss. Die Tatsachen beruhen auf dem Wort des Herrn, aber wir haben kein Wort über die Zeit, wie die Apostel es hatten. Das einzige von Gott gegebene Anzeichen ist, dass (1) der Abfall erst kommen muss, dann (2) der Mensch der Sünde, und schließlich (3) "der Tag des Herrn." Der Abfall nähert sich; aber wir können nicht sagen, wie nahe er ist, oder wie weit er schon gediehen sein mag. Wir können nur beobachten, wie er die Gemeinde und die Kirchen mit Unglauben und Gesetzlosigkeit überschwemmt. Und wir können "aufsehen" zu unserm Siegespreis, auf den Erlöser warten und auf die wunderbare Verwandlung, die er mit unserm nichtigen Leib vornehmen wird, und "warten" auf die Ausauferstehung aus den Toten.

 

Unsere Erwartung eilt nämlich der Hoffnung Israels voraus. Sie scheint weitgehend auf der gleichen Linie zu liegen und in der gleichen Reihenfolge abzulaufen. Der einzige Unterschied ist die Gewissheit über "Zeiten und Abschnitte" bei ihnen, und die Ungewissheit über Zeitpunkte bei uns; und die Verbindung ihrer Hoffnung mit dem "Tag des Herrn" auf der Erde und die engere Verbindung "unserer Hoffnung" mit den Himmeln, wo unser politeuma (Bürgerrecht) besteht, das uns erwartet, während wir sehnlich darauf warten und danach Ausschau halten. So liegt die Lehre von 1Kor genau auf der gleichen Linie wie die vom Herrn gegebene, "durch die, die es gehört haben". Es gab da keine neue Linie der Wahrheit, obwohl es mit der Annäherung des Endes eine Entwicklung der Wahrheit gab.

 

In 1Kor 10:11 haben wir ein weiteres Beispiel, wie der Apostel sich selber mit in die Verwirklichung der Hoffnung, die er aufzeigte, einbezog. Wir sagen nichts von dem Unterschied im "Stehen im Glauben" einerseits derer, an die er in 1Kor 10:1-10 schrieb, und andererseits derer, an die er in seinen späteren Briefen aus der Gefangenschaft schrieb. Es gibt in diesen späteren Briefen nichts über jemanden, der "zu stehen meint" oder "fallen" könnte oder "der umgebracht würde durch den Verderber." Die Phase des Geheimnisses hat mit der "Herrlichkeit seiner Gnade" etwas, das wertvoller ist.

 

Aber im ersten Brief an die Korinther gibt es etwas, das wir in den Briefen aus der Gefangenschaft nicht finden. Das ist das nahende Ende jenes Zeitalters. In 1Kor 10:11 sagt der Apostel den Gläubigen in Korinth, "dies" widerfuhr den Vätern desselben Volkes während der vierzigjährigen Wanderung "als ein Vorbild" für die damals gegenwärtige vierzigjährige Bewährungszeit in der Phase der Apostelgeschichte. Er schreibt: "Es ist aber geschrieben uns zur Warnung, auf die das Ende der Zeiten gekommen ist" (alle sorgfältigen griechischen Texte haben hier die Vergangenheitsform "gekommen ist." Das Wort ist eigentümlich. Es ist katantao, das ist eins von zweiunddreißig Wörtern, die mit "kommen" übersetzt werden und erscheint nur dreizehn mal. Es ist immer im Sinne von "Ankunft" verwendet). Und als Folgerung daraus fügt er an: "Darum, wer meint er stehe, mag zusehen, dass er nicht falle."

 

Wer mit den Briefen aus der Gefangenschaft vertraut ist, dem klingt das wie eine fremde Sprache. Hier findet man keine solchen ernsten Warnungen und keinerlei Ermahnungen aus einem solchen Grunde, denn alles ist in diesen späten Briefen mit der "Herrlichkeit seiner Gnade" verbunden.

 

In 1Kor 15 kommen wir zu einer Stelle, die von der Auferstehung handelt, die schon im ersten Brief an die Thessalonicher erwähnt wurde, wie wir gesehen hatten. Dort hatte der Apostel die Tatsache erklärt. Jetzt hat er sich vorgenommen, sie zu erläutern. Es gibt vierzehn griechische Wörter, die mit "erklären" übersetzt werden. Aber dieses Wort hier bedeutet: durch Erläuterung bekannt machen [in sechzehn der vierundzwanzig Vorkommen wird es mit "make known" (bekannt machen, bekannt geben) übersetzt, und nur viermal mit "declare" (erklären). Die übrigen sind bezeichnend: einmal "give you to understand" (Lk: kund tun, 1Kor 12:3), je einmal "do to wit" (Lk.: kund tun, 2Kor 8:1), "certify" (Lk.: kund tun, Gal 1:11), "wot" (Lu.: wissen, Phil 1:22)].

 

Als der Apostel den ersten Brief an die Thessalonicher schrieb, war über die Auferstehung alles bekannt gemacht worden, was im Alten Testament und in den Worten des Herrn zu finden ist. Und da werden zwei Auferstehungen genannt, eine zum Leben und die andere zur Verdammnis (Dan 12:2; Joh 5:28.29); eine der Gerechten und eine der Ungerechten (Apg 24:2). Aber über deren Reihenfolge oder darüber, dass eine "von" oder "aus" den Übrigen stattfinden sollte, die für eine spätere Auferstehung übrig bleiben, das wird dort nicht bekannt gegeben.

 

Der Herr hat diesen besonderen Ausdruck immer dann verwendet, wenn er von seiner eigenen oder von der Auferstehung der Seinen sprach. Er sagte jedesmal "AUS (griech.: ek = aus, heraus von) den Toten." Seine Jünger verstanden ihn zuerst nicht, "und befragten sich untereinander: Was ist das, auferstehen von den Toten?" (Mk 9:9.10.31.32).

 

Als Paulus an die Thessalonicher schrieb, wiederholte er ein Wort des Herrn (Joh 11:25.26), und fügte eine neue Offenbarung hinzu, die zeigt, dass die echte Gegenwart des Herrn für seine Leute Leben bedeutete.

 

Die Erwartung 1Kor 15

Aber wir brauchen hier nicht tiefer zu dringen. Wir sind mit 1Kor 15 beschäftigt und wollen aufzeigen, was in diesem Kapitel offenbart ist, wenngleich es eine Fülle kostbarer Wahrheit bekannt macht, die mit der Offenbarung im Zusammenhang stehen, aber er geht nicht über 1Thes 4 hinaus. Es erklärt das, was Gott bis dahin als "Geheimnis" zurück behalten hatte (1Kor 15:51). Er sagt: "siehe, wir werden nicht alle entschlafen (dasselbe Wort wie 1Thes 4:13.14.15, das 'unabsichtlich einschlafen' bedeutet und für das Sterben verwendet wird; aber nicht dasselbe Wort wie 1Thes 6:6.7.10, das 'sich zum Schlafen anschicken' bedeutet, also 'einschlafen' oder 'nicht wachsam sein'), wir werden aber alle verwandelt werden;..." Das würde eine Auferstehung von den Toten sein. Aber wir besprechen gerade, dass keine von diesen die Aus-Auferstehung von den Toten war. Die war noch Geheimnis, ein weiteres Geheimnis nämlich, das erst später, in Phil 3:11, bekannt gegeben wurde.

 

In der folgenden Anordnung werden unsere Leser den Unterschied zwischen den beiden Auferstehungen leicht erkennen.

 

Die eine in 1Kor 15:12.13.21.42 ist anastasis nekron, oder ton nekron, die Auferstehung der Toten.

 

Die andere in Phil 3:11 ist die EX-anastasis ten ek nekron, die AUS-AUFERSTEHUNG von den Toten.

 

Die letztere wurde erst nach dem Ende der heilsgeschichtlichen Phase der Apostelgeschichte geoffenbart. Sie wurde geheim gehalten, bis sie in der neuen Phase des Geheimnisses bekannt gemacht wurde. Sie ist mit unserem Siegespreis verbunden und bezieht sich darauf. Dieser Preis ist die BERUFUNG IN DIE HÖHE oder himmelwärts (Lu.: himmlische Berufung) (Phil 3:14).

 

Diese wunderbare Wahrheit ist immer noch für Tausende ein Geheimnis, denn sie ist durch die autorisierten Bibelübersetzungen für deren Leser verborgen. Dort wird das Adverb "in die Höhe" (wir haben das mehrfach herausgestellt) wiedergegeben, als wäre es ein Adjektiv "hoch" und würde die Natur des Rufes beschreiben, dagegen beschreibt das Adverb Richtung oder Art der Berufung. Aber darüber werden wir mehr zu sagen haben, wenn wir zum Brief an die Philipper kommen.

 

Jetzt genügt es uns, festzuhalten, dass wir ohne Phil 3:11.14 nicht mehr über "unsere Hoffnung" wüssten, als die Gläubigen in Thessalonich in der damals auslaufenden Phase der Apostelgeschichte wussten.

 

Auf jeden Fall wusste Paulus, dass er nichts verloren hatte. Und er ermahnt in Phil 3:17 mit ihm zusammen dem Herrn nachzufolgen. Und er konnte auch sagen: "Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus. (Kn: 'hin zu so in allen sorgfältigen griechischen Texten dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christo Jesu.') Wie viele von uns vollkommen sind, die lasst uns so gesinnt sein. Und solltet ihr in einem Stück anders denken, so wird euch Gott auch das (die selige Hoffnung) offenbaren. Nur, was wir schon erreicht haben, darin lasst uns auch leben." (Knoch: Indes, worin wir andere überholen, sollte dieselbe Gesinnung da sein, nach derselben Richtschnur die Grundregeln zu befolgen.)

 

Der 2. Korintherbrief

Der zweite Brief an die Korinther steht in vieler Hinsicht im Kontrast zum ersten, wie das auch mit den beiden Briefen an die Thessalonicher der Fall ist. Beide Male wurde der zweite Brief durch Umstände erforderlich, die nach dem Abfassen des ersten eingetreten waren.

 

Aber das Zeugnis geht immer in die gleiche Richtung. Trübsal hatte eingesetzt, in 2Kor 1:4 wie in 2Thes 1:4. In 2Kor 1 war die Last hauptsächlich persönlich, obwohl die Empfänger des Briefes daran teilhatten. Ein Teil des persönlichen Leides war fast dasselbe wie in 2Thes. Dort waren sein Wort und seine Verheißungen angezweifelt worden, hier hatte man seine apostolische Vollmacht in Frage gestellt.

 

Wie er sich in dem früheren Fall bemüht hatte, ihre Hoffnung auf Gott zu befestigen, die abgenommen hatte, so arbeitete er hier daran, ihr Vertrauen in sein Wort, seine Berufung und seinen Auftrag zu kräftigen und aufzurichten.

 

Das waren interne Nöte dieser Gemeinde, aber es gab auch externe, von ihren Feinden verursachte. Darin erfüllte sich Mt 24:9-11, wo der Herr den Beginn der Geburtswehen der Trübsal beschreibt: "Dann werden sie euch der Bedrängnis preisgeben und euch töten. Und ihr werdet gehasst werden um meines Namens willen von allen Völkern. Dann werden viele abfallen und werden sich untereinander verraten und werden sich untereinander hassen. Und es werden sich viele falsche Propheten erheben und werden viele verführen."

 

In 2Kor 11:23-33 lässt er sich breiter aus über seinen Anteil an diesen Verfolgungen. Er bezeichnet das nicht als Erfüllung der Weissagung des Herrn, sondern stellt es ihnen vor, um damit sein Apostelamt zu belegen. Sie sollten sich selber prüfen, ob sie seine apostolische Vollmacht nicht an der Standfestigkeit ihres eigenen Glaubens erkennen könnten (nicht als eine Aufgabe sich selbst gegenüber, durch Selbstbeobachtung, wie allgemein behauptet wird, sondern als Aufgabe ihm gegenüber, damit sie es als Beweis ansehen, als "Beweis dafür, dass Christus in mir spricht") (2Kor 13:5-10).

 

Aber wenden wir uns wieder den Anfangskapiteln zu. Da bemerken wir weitere Hinweise auf den Charakter der Zeit, in der sie lebten. Nach einer Verteidigung seines geistlichen Amtes in Kap. 3 verweist er nochmals auf seine geistliche Beglaubigung und geht dann wieder (2Kor 4:8-12) auf die Leiden ein, die sie erlebt hatten.

 

Er gibt ihnen dieselbe Hoffnung auf die Auferstehung, die er den Thessalonichern zugesprochen hatte (1Thes 4:13-17). Anstatt "wenn wir glauben," sagt er hier "denn wir wissen, dass der, der den Herrn Jesus auferweckt hat, wird UNS auch auferwecken mit Jesus (Dia Jesou, wie in 1Thes 4:14, woraus hervorgeht, dass diese Worte sich wie hier auf die Auferstehung beziehen, und nicht auf den Schlaf, d. h.: Tod) und wird UNS VOR SICH STELLEN samt EUCH" (2Kor 4:14). Die gleiche Präsentation, die in 1Thes 2:19 und 1Thes 3:13 gemeint ist, die bei der parousia des Herrn stattfinden wird. Er sah dem entgegen, dass er mit ihnen gemeinsam präsentiert werden soll. Das war kein Ereignis, das damals noch in weiter Ferne lag, sondern eine damals gegenwärtige Hoffnung, die in Kürze realisiert werden würde. So nahe war sie, dass sich ihre Kraft in der Befähigung zum Ertragen von Leiden erweisen konnte. Er sagt: "Darum werden wir nicht müde; sondern wenn auch der äußere Mensch verfällt, so wird doch der Innere von Tag zu Tag erneuert" (2Kor 4:16).

 

Und warum war das so? Paulus erläutert es anschließend: "Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit, uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig. Denn wir wissen: wenn unser irdisches Haus, diese Hütte, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel. Denn darum seufzen wir auch und sehnen uns danach, dass wir mit unserer Behausung (das ist ein geistlicher Leib griech.: oikoterion, das nur hier und in Jud 1:6 vorkommt, wo es für geistliche oder Engels-Leiber verwendet ist, in genau der gleichen Bedeutung wie hier), die vom Himmel ist, überkleidet werden, weil (K: wenn [als Tatsache dargestellt, jeden Zweifel ausschließend, was im englischen Bibeltext durch Verwendung des Wortes if nicht direkt ersichtlich ist] nämlich) wir dann bekleidet und nicht nackt (ganz ohne Leib) erfunden werden" (2Kor 4:17 - 2Kor 5:3).

 

Hier verstärkt der Apostel die Verheißung von 1Thes 4:17. Dort wird nichts davon gesagt, dass irgend eine Veränderung stattfände, weder in den auferstandenen noch in den entrückten Leibern. Aber hier werden die früheren Verheißungen stark erhellt. Die Empfänger werden darüber belehrt, dass die Toten nicht auferweckt und die Lebenden nicht entrückt werden wie sie waren, mit unveränderten Leibern, sondern dass sie Leiber haben werden wie die Engel (Mt 22:30). Diesen Leib erhalten sie vom Himmel und Gott überkleidet ihn.

 

Paulus formuliert hier kein Kredo über die Eschatologie. Er spendet Trost (wie in 1Thes 4) für die, die erste Erfahrungen mit den Geburtswehen der Trübsal machten. Er gab die neue und wunderbare Hoffnung (indem er die Verheißung des Herrn in Mt 24:31 erweiterte) und erläuterte die Verheißung eingehender, die er in 1Thes 4:17 gegeben hatte.

 

In 2Kor 5:4 wiederholt er Vers 2: "Denn solange wir in dieser Hütte sind, seufzen wir und sind beschwert, weil wir lieber nicht entkleidet, sondern überkleidet werden wollen, damit das Sterbliche verschlungen werde von dem Leben." Dann fährt er fort: "Der uns dazu bereitet hat, das ist Gott, der uns als Unterpfand den Geist gegeben hat. So sind wir denn allezeit getrost und wissen: solange wir im Leibe wohnen, weilen wir fern von dem Herrn; denn wir wandeln im Glauben, und nicht im Schauen" (2Kor 5:5-7). Das heißt also, sie hatten die Verheißung vom Herrn, dass sie bei seinem Kommen für immer in seiner Gegenwart sein würden, sei es durch Auferstehung oder durch Entrückung.

 

Bis zu seinem Kommen und solange sie noch im Leibe waren (d. h.: im Fleisch), waren sie "fern von dem Herrn." So fügt er hinzu: "Wir sind aber getrost und haben vielmehr Lust, den Leib zu verlassen und daheim zu sein bei dem Herrn. Darum setzen wir auch unsere Ehre darein, ob wir daheim sind oder in der Fremde, dass wir ihm wohlgefallen. Denn WIR MÜSSEN ALLE offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, damit jeder seinen Lohn empfange für das, was er getan hat bei Lebzeiten, es sei gut oder böse. Weil wir nun wissen, dass der Herr zu fürchten ist, suchen wir Menschen zu gewinnen; aber vor Gott sind wir offenbar. Ich hoffe aber, dass wir auch vor eurem Gewissen offenbar sind" (2Kor 5:8-11).

 

Das ist nun der ganze Kontext der oft genannten, aber aus dem Zusammenhang gerissenen und deshalb ungenauen Redensart, "fern dem Leibe, nah dem Herrn," und es muß uns sicher allen klar sein, wenn wir es im Zusammenhang lesen, und im Licht der Zeit, in der es der Apostel geschrieben hat.

 

Jetzt können wir sehen, wie diese eschatologischen Aussagen die große Verheißung bestätigen und erläutern sollen, die in 1Thes 4:17 gemacht wurde. Die "das Wort angenommen" hatten (Apg 2:41; 1Thes 2:13), hatten die Verheißung, bei dem Herrn zu sein (1Thes 4:17). Im unmittelbaren Kontext (2Kor 4:14) hatte er zu ihnen davon gesprochen, dass sie "vor ihn gestellt" würden (und deshalb auch er zusammen "MIT EUCH"), und er hatte die Gläubigen in Thessalonich in 1Thes 2:19 und 1Thes 3:13 mit genau der gleichen Hoffnung getröstet.

 

Auch Judas empfahl sie Gott, als er von der allgemeinen und kommenden Errettung und Erlösung schrieb. Der Herr hatte davon gesprochen, und "die es gehört haben" (Hebr 2:3), die hatten es bestätigt. Judas tat das mit den Worten: "... der euch vor dem Straucheln behüten kann und euch untadelig stellen kann vor das Angesicht seiner Herrlichkeit mit Freuden..." (Jud 1:24).

 

Die Erweiterung dieser Verheißung in 2Kor 5 muss man auf den gleichen Linien auslegen. "Daheim zu sein bei dem Herrn," sollte Wirklichkeit werden, und die war für sie in einem ganz besonderen Sinne nahe. Wenn die Entschlafenen auferstehen und die Lebenden mit ihnen zusammen entrückt werden sollten, dann würde es in unveränderten Leibern geschehen, wenn ich 1Thes 4 richtig verstehe. Jetzt wird in 2Kor 5 diese weitergehende Instruktion erteilt, und es wird ihnen von den Leibern gesagt, die sie vom Himmel bekommen sollten.

 

Danach sehnten sie sich; nicht nach dem Sterben, sondern nach der Auferstehung, Verwandlung und Entrückung, dass sie "überkleidet" würden mit einem geistlichen Leib auferstanden oder entrückt miteinander und "daheim", ja, ewig "beim Herrn" zu sein.

 

In 1Kor 15:51 hatte er ihnen das bereits als Tatsache geschrieben: "... wir werden aber alle verwandelt werden." Jetzt in 2Kor 5 erläutert er, wie diese Verwandlung geschehen soll. Das war das herrliche Ende all ihrer Mühe, der glückselige Abschluss all ihres Kummers. Sie erhofften sich nicht das Entschlafen, sondern sie waren getrost in der Gewissheit, dass sie, wenn sie entschlafen waren, auferweckt, verwandelt und entrückt würden. Wir können 2Kor 5 nicht von 1Thes 4:17 trennen, wo ihnen ausdrücklich gesagt wurde, dass sie "SO", d. h.: in dieser Weise und nicht anders, für immer beim Herrn sein sollten.

 

Der Richterstuhl Christi

In 2Kor 5:10 verbindet der Apostel das alles miteinander und mit einer weiteren, ernsten Tatsache. Er sagt: "WIR MÜSSEN ALLE offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi..."

 

Wie haben wir alle mit diesem Wort gerungen! Wissen wir doch, dass wir, die wir in der gegenwärtigen Phase des Geheimnisses ganz in der Gnade stehen, nicht nach Werken gerichtet werden können. Daher waren wir immer bemüht, nachzuweisen, dass hier vom Gericht über den Dienst die Rede sei. Aber von so einer Unterscheidung wird hier nichts gesagt, und Werke an sich werden in Verbindung mit diesem Gericht im ersten Brief erwähnt (1Kor 3:13.14). Wo der Herr in der gleichen Periode von seinem Kommen spricht, in den sieben Sendschreiben an die Gemeinden in Asien, ist ebenfalls jedes mal von "Werken" die Rede, in einem sogar zweimal (siehe Offb 2:2.9.13.19; Offb 3:1.2.8.15).

 

Wir erinnern auch daran, dass bema bei den Griechen für das erhöhte Podium verwendet wurde, von dem aus die Siegespreise vergeben wurden. Obwohl wir uns mit der Tatsache konfrontiert sehen, dass es in der Heiligen Schrift, im Neuen Testament, nie so gebraucht wird! Das Wort "bema" kommt zwölfmal vor und ist zehnmal davon mit "Richterstuhl" oder "Gericht" (in Apg 7:5 heißt es 'Standort' und hat einen anderen Zusammenhang) und einmal mit "Thron" (Apg 12:21) übersetzt. Eine Prüfung dieser Stellen zeigt sofort, dass die Heilige Schrift das Wort nur für die Bühne zur Verkündigung von Urteilen gebraucht.

 

Die Schwierigkeit, mit der wir und viele andere Bibelleser gerungen haben, waren selbstgemacht. Wenn wir es aber von daher betrachten, dass die Entfaltung der Heilsgeschichte in verschiedenen Phasen geschah, und wenn wir die biblischen Schriften chronologisch ordnen, dann verschwindet nicht nur die Schwierigkeit, sondern das Zeugnis von 2Kor 5:10 fügt sich nahtlos an alle anderen Schriftstellen, die wir betrachtet haben.

 

Außerdem war dieses Offenbarwerden vor dem Richterstuhl Christi, dem die Gläubigen in der Phase der Apostelgeschichte immer entgegen sahen, nicht eine Möglichkeit in einer fernen Zukunft, sondern es betraf sie selber und persönlich. Paulus schließt sich da mit ein: "WIR müssen...".

 

Aber das war in ihren Augen sogar eine Notwendigkeit, erforderlich, wenn alles, was die Propheten von diesem kommenden Gericht gesagt hatten, in Erfüllung gehen sollte. Es war durch die nationale Buße bedingt. "wir müssen" sagt der Apostel. Nach all den Prophezeiungen über das Kommen des Herrn musste es so geschehen. Außerdem ist diese Aussage nicht isoliert. Sie wird in den letzten der sogenannten früheren Briefe des Paulus in vielen Worten wiederholt. Wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden.... So wird nun jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben" (Röm 14:10.12).

 

Diese Ausdrucksweise stimmt mit der Phase der Apostelgeschichte genau überein, und mehr noch, es war auch die einzige Art, wie die Wahrheit dargelegt werden konnte. Wenn wir weiter nachdenken und nochmals die Ausdrucksweise in den Briefen aus der Gefangenschaft studieren, dann sehen wir die gewaltige Veränderung, die inzwischen stattgefunden hatte. Sicher kann es uns nicht entgangen sein, dass dort solche Aussagen nicht nur fehl am Platz, sondern völlig unmöglich wären.

 

Alles, was wir tun müssen, ist sie wieder einmal durchzulesen und zu lernen, was wir in der Vergangenheit waren (Eph 2) und was wir jetzt sind und ewig bleiben werden aus Gnade. Wie können die vor seinem Richterstuhl stehen, die "Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden" haben?

 

Wie können diejenigen vor dem Richterstuhl Christi erscheinen müssen, um gerichtet zu werden für irgend etwas, was man sich auch immer vorstellen könnte? Es ist unmöglich, denn sie sind es, die er "gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus" (Eph 1:3). Sie sind "erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war" (Eph 1:4), sind "begnadet in dem Geliebten (Eph 1:6). Sie haben den unmittelbaren Blick auf die gesegnete Verheißung einer vorausgehenden Auferstehung oder exanastasis, die Ausauferstehung von den Toten und die Berufung in den Himmel von ihm (Phil 3:11.14). Sie haben jetzt bereits ihr Bürgerrecht in den Himmeln, von wo wir den Heiland erwarten; nicht damit er uns richtet, sondern damit er uns verwandelt; nicht nur um uns aufzuerwecken und mit einem geistlichen Leib zu kleiden, sondern um unsere nichtigen Leiber zu verwandeln, dass sie gleich sein werden seinem verherrlichten Leib (Phil 3:20.21). Sie sind "in Christus vollkommen" (Kol 1:28), die er "tüchtig gemacht hat zu dem Erbteil der Heiligen im Licht" der himmlischen Schechina (Kol 1:12). Sie haben die "Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden" (Eph 1:7 vgl. Kol 1:14), sind "vollkommen in ihm" (Kol 2:10 Lu. vor Rev. K: vervollständigt in ihm). Sie sind es, denen gesagt ist, er "hat uns vergeben alle Sünden" (Kol 2:13). Warum sollten die vor dem Richterstuhl Christi erscheinen müssen?

 

Und doch ist dieser herrliche Stand, der uns durch den Reichtum und die Herrlichkeit seiner Gnade gegeben ist, wirkungslos gemacht worden und völlig verlorengegangen für die, die sich freiwillig in eine Stellung zurückversetzen, die in einer vergangenen Phase Gültigkeit hatte.

 

Was für ein Verachten der Gnade Gottes ist das! Welchen Verlust erleiden sie, die das tun! Was für Schwierigkeiten werden so geschaffen und in das Wort Gottes eingebaut; und wieviel vergebliche Mühe und endlose Anstrengungen macht man, um wieder da heraus zu kommen!

 

Aber wenn wir einmal das kostbare "Wort der Wahrheit" entsprechend den Zeiten und heilsgeschichtlichen Phasen richtig geteilt haben, dann verschwinden nicht nur die Schwierigkeiten aus der Schrift (die meisten Anfragen befassen sich damit), sondern wir sind frei, etwas über den Frieden und die Gnade Gottes zu lernen: Wir erfahren, was Gott den Herrn Christus für uns sein lässt, und dass wir in

 

 

 Christus sein können.

 

 

 

 

6. Der Galaterbrief

Im dem Brief an die Galater gibt es keine besondere Erwähnung der parousia, aber der Brief bestätigt uns die Tatsache, dass dasselbe Ringen weiterging. "Durch die, die es gehört haben," was der Herr Jesus geredet hatte, hatten sie dieselbe Bestätigung empfangen und stießen auf dieselbe Opposition und Verfolgung durch die Juden, denen doch die frohe Botschaft galt.

 

Das Schreiben beginnt mit dem gleichen Gedanken wie in 1Thes 1:10. Der Herr Jesus ist derjenige, "der sich selbst für unsere Sünden dahingegeben hat, dass er uns errette von dieser gegenwärtigen, bösen Welt" (Gal 1:4). Das ist dieselbe Errettung wie in 1Thes 4:17, wenn auch aus verschiedener Sicht und deshalb mit verschiedenen Worten.

 

In 1Thes 1:10 ist es das Wort ryomai, das bedeutet retten oder entreißen vor einem mit Sicherheit kommenden Zorn. In Gal 1:4 ist es exaireo, was soviel heißt wie herausreißen, hochheben und wegtragen (die komplette Liste der Stellen, in denen exaireo vorkommt, mag den Lesern dazu dienen, die volle Bedeutung des Wortes selber zu erfassen: Mt 5:29; Mt 18:9; Apg 7:10.34; Apg 12:11; Apg 23:27; Apg 26:17; Gal 1:4) aus diesem gegenwärtigen Zeitalter, bevor der Zorn kommt. Mit anderen Worten: Es betrifft die Errettung und Erlösung von 1Thes 4:17. Die Aussage (im Griechischen) ist: "So dass er uns erretten möge aus dem gegenwärtigen, bösen Zeitalter." Das Wort "gegenwärtig" bedeutet das damals gegenwärtige Zeitalter, im Gegensatz zum "kommenden Zeitalter" (wie in Röm 8:38; 1Kor 3:22).

 

Wenn wir alle Vorkommen dieses Wortes, das hier mit "gegenwärtig" wiedergegeben ist, angeben, wird es unsern Lesern helfen, selbst zu urteilen (das griech. Wort ist enistemi und kommt siebenmal vor: Röm 8:38; 1Kor 3:22; 1Kor 7:26; Gal 1:4; 2Thes 2:2 - wo es 'jetzt gegenwärtig' bedeutet, und nicht, wie K. J.: is at hand, also nahe bevorstehend -; 2Tim 3:1 [= werden anwesend sein]; und Hebr 9:9). In dem Ausdruck "diese gegenwärtige, böse Welt" ist das mit "Welt" übersetzte Wort das griechische aion, das heißt Zeitalter. Aion wurde im Lateinischen zu aevum, ein Zeitalter. Es ist nicht oikoumene, das die bewohnte Welt bedeutet (und im Neuen Testament manchmal das römische Weltreich). Es ist auch nicht kosmos, Welt oder materielle Schöpfung. Es ist nicht ge, die Erde, manchmal auch das Land oder der Erdboden. Nein, es ist aion, oder Zeitalter, von Gott selbst bereitet und geordnet (Hebr 1:2; Hebr 11:3 = 'zubereiten', 'anpassen' wie in Röm 9:22: 'bestimmt'; 'zur Anpassung gebracht' 1Kor 1:10 K usw. in Übereinstimmung mit Apg 17:26, wo wir lesen, dass Gott "festsetzt angeordnete Fristen und die Grenzen..." [K]).

 

So steht dieses gegenwärtige Zeitalter in Gal 1:4 im direkten Gegensatz zum kommenden Zeitalter (Luther: 'zukünftige Welt') (Hebr 2:5).

 

In den Gemeinden von Galatien setzte gerade der Abfall ein, auf den 2Thes 2:3 Bezug nimmt (davon ist auch in anderen Schriftstellen die Rede. Siehe Mt 24:12; 1Tim 4; 2Tim 3; 2Tim 4:3.4), und wäre die Erfüllung jener Prophezeiung gewesen, - im krassen Gegensatz zur nationalen Buße. Die Plage hatte begonnen, wie wir aus dem Ernst ersehen können, mit dem der Apostel darauf eingeht. Es war ein "böses Zeitalter," worüber er an diese Gemeinden schrieb, und die rapide Zunahme des Abweichens vom Glauben ist durch den ganzen Brief hindurch erkennbar. Und die gesegnete Wahrheit für dieses "gegenwärtige, böse Zeitalter" war, dass unser Herr Jesus sich selbst dahingegeben hatte, um zu kommen und sie herauszureißen und emporzutragen, damit sie für immer bei dem Herrn sein könnten, wie der Apostel bereits an die Gemeinde in Thessalonich geschrieben hatte.

 

Noch eine andere Schriftstelle wird, soviel wir wissen, nicht allgemein verstanden, die aber aus der Position hier, in einem der früheren Paulinischen Briefe, erhellt wird. Sie steht in Gal 4:25.26:

 

"Denn Hagar bedeutet den Berg Sinai in Arabien und ist ein Gleichnis für das jetzige Jerusalem, das mit seinen Kindern in der Knechtschaft lebt. Aber das Jerusalem, das droben ist, das ist die Freie; das ist unsre Mutter.“

 

Das mag hier als Zitat genügen, aber der ganze Kontext muss im Zusammenhang damit studiert werden. Der wichtige Punkt dabei ist die Gegenüberstellung der beiden Jerusalem. Es sind nämlich zwei, und das eine ist ebenso real wie das andere.

 

Als der Apostel diese Worte schrieb, gab es:

 

Das Jerusalem, das damals bestand, und das Jerusalem, das bleiben wird.

 

Das irdische Jerusalem und das himmlische Jerusalem.

 

Das alte Jerusalem und "das neue Jerusalem."

 

Das Jerusalem, das unten war, und das Jerusalem, "das droben ist.“

 

Das Jerusalem, das die Mutter von Sklaven ist, und das Jerusalem, das (wie der Apostel seinen gläubigen Lesern sagen konnte) "UNSERE Mutter" ist.

 

Zum besseren Verständnis dessen was der Apostel hier lehrt, wollen wir es dem gegenüberstellen, was in der Offenbarung zum gleichen Thema gesagt ist, und dann beides miteinander vergleichen.

 

Datierung der Offenbarung

Um diese beiden Aussagen miteinander in Zusammenhang zu bringen, müssen wir zunächst feststellen, wann die Offenbarung geschrieben wurde. Es gibt verschiedene Aussagen darüber, ob die Offenbarung in dem Zeitalter (worauf sich Gal 1:4 bezieht), und somit vor der Zerstörung Jerusalems geschrieben wurde, oder erst nach diesem großen Ereignis, das die Zeit teilt.

 

Wir bekennen uns zu dem früheren Datum. Das geschieht aufgrund der Quelle der Syriac-Version, die von Melito (Scrivener. A Plain Introduction to the Criticism of the New Testament, Band II Seite 8) bereits 170 n.Chr. zitiert wird, und damit älter ist als alle anderen Quellen, und viel älter als alle existierenden griechischen Manuskripte. Aus der Syriac-Version (Peschitto) geht nun die wichtige Tatsache eindeutig hervor, dass ungeachtet der schmerzlichen und feindseligen Spaltung der syrischen Gemeinschaften alle Manuskripte dieser Version dennoch "einen Text bieten, der in allem Wesentlichen übereinstimmt" und so von allen rivalisierenden Gemeinden benutzt wurde.

 

Die Einleitung lautet (in der Syriac-Version):

 

"Die Offenbarung, die Johannes dem Evangelisten von Gott auf der Insel Patmos gemacht wurde, auf die er von Nero, dem Imperator, verbannt war." Das würde das Datum während dessen Regierungszeit festlegen, also zwischen 54 und 68 n.Chr. (Nero beging am 9. Juni 68 Selbstmord).

 

Irenäus (um 178 n.chr.; Heres, Vers 30 zitiert von Eusebius [318 n.Chr.], 3,18; Vers 7) spricht von Johannes, "der die Offenbarung sah. Denn es ist nicht lange her, seit er (oder sie) gesehen wurde, sondern fast in unserer Generation, gegen Ende der Regierungszeit des Domitian." Der letzte Satz ist zweideutig und meint wahrscheinlich, dass Johannes gesehen wurde, da der Kontext diesen Sinn verlangt, weil er nicht von Echtheit der Daten handelt, sondern davon, warum der Name des Antichrist nicht erwähnt ist.

 

Da die Befürworter der späteren Datierung für die Offenbarung sich auf Irenäus stützen, ist ihr Beweis von einer Annahme abhängig und daher ohne Belang. Das spätere Datum wäre die Regierungszeit Domitians, von 81-96 n.Chr., also nach der Zerstörung Jerusalems. Wie wichtig dieser Punkt ist, werden wir gleich erkennen; denn in Neros Regierungszeit (dem früheren Datum) standen Jerusalem und der Tempel noch, und von beiden wird so in Offb 11:1.2.8 gesprochen.

 

Aber der wirkliche Beweis für das Datum findet sich in dem Buch selbst. In Offb 1:1 wird ausdrücklich gesagt, dass "die Offenbarung Jesu Christi" gegeben wurde, um "seinen Knechten zu zeigen, was in Kürze geschehen soll."

 

In Offb 1:3 heißt es: "Selig ist der da liest... denn die Zeit ist nahe."

 

In Offb 3:10: "Die Stunde der Versuchung, die kommen wird (K: die sich anschickt zu kommen)."

 

In Offb 3:11: "Siehe, ich komme bald."

 

In Offb 16:15: "Siehe, ich komme wie ein Dieb."

 

Im letzten Kapitel finden wir dreimal die Zusage "Ich komme bald" (Offb 22:7.12.20).

 

Wir führen das an, weil es sich auf Gal 4:25.26 bezieht.

 

Der Segen Abrahams

In Offb 21:9-22:5 haben wir "das neue Jerusalem," oder "die heilige Stadt Jerusalem" enthüllt und in all ihrer Pracht und Herrlichkeit geschildert. Das ist die himmlische Stadt, die dem Glauben Abrahams offenbart war. Er musste von ihr gehört haben, sonst hätte er nicht auf sie warten können. "Denn er wartete auf die Stadt, die einen festen Grund hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist" (Hebr 11:10).

 

Wer kann Offb 21:10-17 lesen, ohne diese unvorstellbare Pracht und Herrlichkeit mit dem Jerusalem von damals oder heute zu vergleichen? Die "das Wort angenommen" hatten, das Petrus verkündete (Apg 2:41; vgl. 1Thes 2:13), nahmen es wie Abraham im Glauben an, und wurden herrlich frei. Und in der Freude an dieser wunderbaren Freiheit erwarteten sie "die Stadt, die einen festen Grund hat," das "Jerusalem, das droben ist."

 

Sie waren nicht mehr in Fesseln unter dem Gesetz vom Sinai, Sklaven wie Hagar, sondern Freie, die Söhne der Sara, die Abrahams Glauben und Hoffnung haben. Abraham sah es von ferne und wurde froh. Diese Gläubigen sahen es außerordentlich nahe und wurden aufgefordert, sich zu freuen (Gal 4:27-30). Sie warteten, wie schon Abraham gewartet hatte, auf eine herrliche Realität. Ihre Hoffnung war, dass sie herausgenommen würden, erhoben von "diesem gegenwärtigen, bösen Zeitalter" und von dieser "gottlosen Generation erlöst würden."

 

Das irdische Jerusalem hatte das Blut der Propheten, ja, sogar das Blut des Messias vergossen. Es war mit all seinen Kindern in der Sklaverei des Gesetzes. Aber die das Wort angenommen hatten und glaubten, erwiesen sich als die wahren Söhne des Vaters der Gläubigen und schauten sehnsuchtsvoll aus nach seiner himmlischen Stadt, dem "neuen Jerusalem," die der Apostel wahrhaft unsere Mutter nennen konnte. Das irdische Jerusalem war von dem künftigen Feind noch nicht angetastet worden. "Der Zorn Gottes ist schon in vollem Maß über sie gekommen" (1Thes 2:16), aber dieses Ende war noch nicht vollzogen.

 

Die Steine des Tempels standen noch aufeinander, aber das Ende näherte sich; und hätte das Volk Buße getan nach der Predigt derer, die den Herrn reden gehört hatten, dann wäre der Messias gesandt worden, und alles, was die Propheten geweissagt hatten von den kommenden Gerichten und den Herrlichkeiten der verheißenen Wiederherstellung, hätte eine gesegnete und glückselige Erfüllung gefunden.

 

Es ist sehr wichtig, dass wir die Position derer, "die das Wort angenommen" hatten, recht verstehen; einmal in der heilsgeschichtlichen Phase des Alten Testaments, dann in der damals gegenwärtigen, und auch in der jetzigen Phase des Geheimnisses. Es wird uns eine Hilfe sein, wenn wir uns daran erinnern, dass durch die ganze Phase des Alten Testaments der Same Abrahams aus zwei Arten bestand; einmal mit dem "Staub auf Erden" (1Mo 13:16; 1Mo 28:14) verglichen und zum andern mit den "Sternen des Himmels" (1Mo 15:5; 1Mo 22:17; 1Mo 26:4).

 

Das entspricht den zwei grundsätzlich verschiedenen Arten der Nachkommen Abrahams; die einen sind nur auf irdische Segnungen aus und "wandeln im Schauen," die andern sehen auf himmlische Segnungen und "wandeln im Glauben" eben im Glauben ihres Vaters Abraham, von dem in 1Mo 15:6 geschrieben steht.

 

Die erste Offenbarung, die an Abraham erging, betraf den irdischen Teil (1Mo 13:16) und "das Land, das du siehst" (1Mo 13:14.15). Aber die spätere Offenbarung hatte zum Gegenstand, was nicht sichtbar war, den verheißenen Samen, der noch nicht geboren war. Und es ist wegen Abrahams Glauben an diese weitere Offenbarung geschrieben: "Er hat Gott geglaubt, und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden" (Gal 3:6). Abraham war schon vorher gerecht, als er Gott vertraute (siehe 1Mo 12:4; 1Mo 13:1.14; u. 1Mo 14). Aber 1Mo 15 beginnt: "Nach diesen Geschichten begab sich's, dass zu Abram das Wort des Herrn kam..." und er erhielt eine weitere Offenbarung über seinen Samen, "welcher Christus ist" (Gal 3:16). Abraham glaubte dieser weiteren Offenbarung und "es ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden" (Gal 3:6).

 

Die in der Phase der Apostelgeschichte "das Wort angenommen" hatten, waren gerecht gemacht; und die heute die weitere Offenbarungen glauben, die in den Briefen an die Epheser, Philipper und Kolosser gemacht sind, empfangen ebenfalls eine weitere Segnung. Es wird uns zu "etwas" gerechnet, und wir begnügen uns mit Warten und Zusehen, was es sein wird. Diese Galater und andere Gläubige jener Phase wandelten im Glauben ihres Vaters Abraham. Er schaute auf eine "himmlische" Hoffnung, verbunden mit dem Tag des Messias. Er sah ihn im Glauben und "wurde froh" (Joh 8:56).

 

Der himmlisch Samen sehnte sich schon immer "nach einem besseren Vaterland, nämlich dem himmlischen. Darum schämt sich Gott ihrer nicht, ihr Gott zu heißen; denn er hat ihnen eine Stadt gebaut" (Hebr. 11, 16). Sie lebten im Glauben (Gal. 3, 11) und sie "sind gestorben im Glauben und haben das Verheißene nicht erlangt, sondern es nur von ferne gesehen und gegrüßt und haben bekannt, dass sie Gäste und Fremdlinge auf Erden sind" (Hebr. 11, 13).

 

Von diesen allen wird gesagt, dass sie

 

"Teilhaber der himmlischen Berufung"

 

seien, und hätte das Volk Buße getan, dann wären sie "entrückt" worden, "auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen" (1Thes 4:17).

 

Als Israel nach Kadesch Barnea kam, sollte das ganze Volk sofort in das verheißene Land, in das "Gebirge der Amoriter" ziehen, aber sie wollten nicht glauben, und wanderten vierzig Jahre lang durch die Wüste.

 

Als der Herr kam ("der Prophet gleich Mose"), und Umkehr und Glauben verlangte, war es wieder ganz so wie in Kadesch Barnea. Sie waren eigentlich wieder an der Grenze des Landes. Aber das Volk insgesamt tat nicht Buße und hatte entsprechend wieder vierzig Jahre der Zerstreuung.

 

In Apg 28:26-28 wurden sie noch einmal vor eine erneute Entscheidung wie in Kadesch Barnea gestellt; aber wieder versagte das Volk, und seine Segnung wurde wieder ausgesetzt.

 

Und inzwischen ist jetzt uns die Offenbarung des Geheimnisses in den späten Paulus-Briefen gegeben worden. Wer ihr glaubt, wird eine größere Segnung empfangen, als die Israels war und seine Hoffnung darauf setzen. Es ist nicht nur eine "himmlische Berufung" eine Berufung von himmlischer Art, sondern eine Berufung in den Himmel, der wir entgegenblicken; es ist hier die Richtung, wohin die Berufung erfolgt, geschildert, und nicht nur ihre Art. Die wir dieser späteren Offenbarung glauben (wie Abraham der späteren Verheißung in 1Mo 15), bekommen etwas "angerechnet" für uns, das wir bald sehen werden.

 

Aber wer sind indessen die, die es wirklich glauben? Wir fürchten, es sind nur die Wenigen; denn wie es in Gal 4:29 war, "so geht es auch jetzt." Die Mehrheit um uns sind wie die Gläubigen in Galatien. Sie sind Teilhaber der himmlischen Berufung, aber sie wollen nichts wissen von dem großen Geheimnis, dass Christus über alles erhoben worden ist und zum Haupt seines Leibes, der Gemeinde wurde. Sie reden vom Himmel, singen vom Paradies; ihre einzige Hoffnung ist, zu sterben und in den Himmel einzugehen. Sie kennen die herrliche Hoffnung der "himmlischen Berufung" nicht, die in der Verheißung des Herrn liegt: "Ich will wiederkommen und euch zu mir nehmen." So sagen sie "nein Herr, du brauchst zu mir nicht zu kommen, ich werde sterben und zu dir kommen!" Sie brauchen keine Auferstehung und erwarten keine Himmelfahrt!

 

Das ist es, worin sich heute die beiden Klassen von Gläubigen unterscheiden. Beiden wird nach ihrem Glauben geschehen. Aber jene haben eine ausgesetzte Hoffnung, wie die Israels bei Kadesch Barnea.

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

1 7. Der Römerbrief

1.1 Phasenwechsel

1.1.1 DER MENSCH HAT GOTT ABGELEHNT

1.1.2 Die Botschaft unserer Errettung

1.1.3 Die Wende im Römerbrief

1.2 Grundlage der paulinischen Lehre

1.2.1 Schluss des Römerbriefes

7. Der Römerbrief

Obwohl der Brief an die Römer der letzte der Frühbriefe des Paulus ist, wenn man sie chronologisch anordnet, steht er in der kanonischen Ordnung, wie wir sie in allen Versionen unserer Bibeln heute finden, an erster Stelle, und tatsächlich auch in allen griechischen Manuskripten des Neuen Testaments, denn man hat noch nie eins gefunden, in dem die Paulus-Briefe anders angeordnet wären. Deshalb bezeichnen wir das als die "kanonische" Ordnung. Der Grund für diese beiden unterschiedlichen Anordnungen wurde bereits erklärt, deshalb brauchen wir hier nicht weiter darauf einzugehen.

 

Die beiden wichtigen Punkte, die wir uns über diesen Brief einprägen müssen, sind:

 

1. Der Römerbrief liegt, als letzter der früheren Briefe, dem Ende der heilsgeschichtlichen Phase, die durch die Apostelgeschichte gebildet wird, näher; und weil er vor Apg 28:25.26 geschrieben wurde, können wir darin einige besondere Hinweise auf den nahe gekommenen Wechsel der Phasen erwarten.

 

2. Weil er zu den früheren Briefen gehört, müssen wir einige Hinweise auf die besonderen Tatsachen, die für diese damals gegenwärtige Phase der Heilsgeschichte kennzeichnend sind, erwarten.

 

Wenn wir sorgfältig hinschauen, werden wir sie auch finden, aber sie liegen nicht an der Oberfläche.

 

Der Brief an die Römer ragt auffallend aus den früheren Briefen heraus, während er sich andererseits heilsgeschichtlich ganz deutlich von den späteren Briefen unterscheidet, die Paulus aus der Gefangenschaft in Rom geschrieben hat. Der Aufbau des Römerbriefs zeigt das speziell. Ohne auf die kleineren Einzelheiten einzugehen, treten seine ausgeprägten Konturen deutlich hervor und lassen sich so darstellen:

 

A Dogmatisch: - Röm 1-8

B Heilsgeschichtlich: - Röm 9-11

A Praktisch: - Röm 12:1 - Röm 15:7

B Heilsgeschichtlich: - Röm 15:8-10

Seit der frühesten Verheißung an Abraham war ganz klar gesagt worden, dass alle Völker durch Abraham und mit seinem Samen gesegnet werden sollten. Das wird in der Phase der Apostelgeschichte schon früh bekundet. Die "Schlüssel des Himmelreichs" waren Petrus übergeben worden, das zeigt, dass er das Privileg hatte, es zu verkünden; zunächst Israel und dann den Heiden. In Apg 2:14 verkündete Petrus es zum ersten Mal, und sagte, "ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt," in Apg 2:22, "ihr Männer von Israel," und in Apg 2:36, "so wisse nun das ganze Haus Israel gewiß... Denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung, und allen, die fern sind, soviele der Herr, unser Gott, herzurufen wird“ (Apg 2:39).

 

Wer in diese Bezeichnung eingeschlossen war, kann man aus Daniels Gebet ersehen, als er betete: "Du, Herr, bist gerecht, wir aber müssen uns alle heute schämen, die von Juda und von Jerusalem und vom ganzen Israel, die, die nahe sind, und die zerstreut sind in allen Ländern, wohin du sie verstoßen hast..." (Dan 9:7).

 

Nur Gottes Volk, Israel, war bei dieser ersten Verkündigung aufgerufen, von der der Herr in Mt 22:4-7 gesprochen hatte; und davon handelte die Verkündigung des Petrus bis ans Ende von Apg 9 Dann, in Apg 10, gebrauchte Petrus den andern Schlüssel, als er von Gott nach Cäsarea geschickt wurde. Vorher hatte Gott ihn belehrt: "Was Gott rein gemacht hat, das nenne du nicht verboten." Petrus lernte diese Lektion und bezeugte das dann (Apg 10:34-43).

 

Von da an wurden die Heiden, die "das Wort annahmen," das ihnen "durch die, die es gehört hatten," verkündet wurde, in den Ölbaum Israel eingepfropft und wurden dadurch Teilhaber der religiösen Privilegien Israels.

 

Jetzt wurden Röm 9; Röm 10 und Röm 11 geschrieben, um sie und uns über die Beziehung zwischen diesen "wilden Ölzweigen" und den Zweigen des ursprünglichen Stammes zu instruieren. Und es wird gezeigt, dass die Privilegien der Gläubigen aus den Heidenvölkern weder größer noch kleiner noch anders sind als die Israels, des Stammes, in den sie eingepfropft sind.

 

Der Ölbaum war noch nicht gefällt, denn der Vorgang des Einpfropfens fand noch statt, als Paulus an sie schrieb. Deshalb wurden diese heidnischen "Zweige" gebührend gewarnt, dass, wenn einige der ursprünglichen, ungläubigen Zweige ausgebrochen wurden, diese heidnischen Zweige sich nicht rühmen sollten, als wären die natürlichen Zweige ihretwegen ausgebrochen worden, um für sie (die eingepfropften Zweige) Platz zu schaffen. Denn die natürlichen Zweige waren wegen ihres Unglaubens ausgebrochen worden, und heidnische Zweige wegen des Glaubens eingepfropft. Daher die Warnung, dass derselbe Unglaube dazu führen würde, ebenso abgehauen zu werden (Röm 11:17-22).

 

Die ganze Abhandlung schließt sogar mit dem Hinweis, dass die natürlichen Zweige Israels, die ausgebrochen waren, umso mehr wieder eingepfropft werden, "sofern sie nicht im Unglauben bleiben" (Röm 11:23.24).

 

Phasenwechsel

All das bezieht sich auf den damals bevorstehenden Phasenwechsel in der Heilsgeschichte. Es gibt hier nichts von dem Dogma der Gefangenschaftsbriefe, die "die Herrlichkeit der Gnade Gottes“ ,behandeln und entfalten, und die Fülle des Geheimnisses offenbaren, das "von Ewigkeit her verborgen war in ihm, der alles geschaffen hat" (Eph 3:9).

 

Der Römerbrief, als einer der früheren Briefe des Paulus, hat, was den Stand von Juden und Heiden betrifft, die heilsgeschichtliche Prägung der Apostelgeschichte. Aber er hat auch dieselben Hinweise auf den heilsgeschichtlichen Wechsel (der von der Buße Israels abhing), wie wir das bei Paulus in allen andern Briefen finden, die er in dieser Phase geschrieben hat. Und da er der kommenden Entscheidung zeitlich am nächsten liegt, können wir erwarten, dass wir noch bestimmtere Hinweise darauf finden.

 

Wir brauchen nicht weit zu lesen, ehe wir zu einem sehr ernsten Hinweis auf den "Tag des Zornes" kommen, auf den schon der allererste Brief (an die Thessalonicher) weist. Dort lesen wir: "Es kommt aber der Zorn, der zum Abschluss führt, schon als ein Vorgeschmack auf sie" (1Thes 2:16). Da das Griechische hier einfach eis telos = 'zum Ende hin' hat, nämlich entweder das Ende entsprechend dem Ratschluß Gottes, wie bei den Propheten berichtet (wenn sie Buße getan hätten), oder das (zeitweilige) Ende ihrer nationalen Existenz und die Aussetzung ihrer nationalen Segnung, bis zu jener Zeit (wenn sie verstockt bleiben würden); denn dieser beginnende Zorn soll Israel in die Buße führen, damit sie sich zum Herrn bekehren. So Käme der zukünftige Zorn (1Thes 1:10) nicht über sie, wenn sie das Wort angenommen hätten. Sie wären erlöst und errettet worden, wie das in 1Thes 4:16.17 beschrieben ist.

 

Wenn wir nun den Römerbrief aufschlagen, finden wir denselben "Tag des Zorns" genannt; nicht als etwas, das neunzehnhundert Jahre weit weg liegt, sondern 'als etwas ganz nahe Bevorstehendes,’y und etwas, wovon die Leser des Briefs, persönlich betroffen wären oder sein könnten.

 

"Du aber mit deinem verstockten und unbußfertigen Herzen häufst dir selbst Zorn an auf den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes, der einem jeden geben wird nach seinen Werken" (Röm 2:5.6).

 

Und nochmals: "Alle, die ohne Gesetz gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz verlorengehen; und alle, die unter dem Gesetz gesündigt haben, werden durchs Gesetz verurteilt werden... an dem Tag, an dem Gott das Verborgene der Menschen durch Christus Jesus richten wird, wie es mein Evangelium bezeugt" (Röm 2:12.16).

 

Der "Tag", von dem hier die Rede ist, der dem Evangelium des Apostels entspricht, ist derselbe Tag, den schon Johannes der Täufer verkündete, als er von dem "zukünftigen Zorn" sprach. (Mt 3:7), und es war auch "der Tag" und "das Gericht" in den Reden des Herrn, als er erklärte, dass es dann Tyrus und Sidon und sogar Sodom erträglicher gehen werde "als euch" (der bösen und abtrünnigen Generation, die "die Tage des Menschensohns" gesehen hatte) (Mt 11:20-24; Mt 12:39).

 

Es war der Tag, an dem sich dieses und das zukünftige Zeitalter begegnen würden, der Tag der damals lebenden Generation, in der "der Menschensohn" in dem festgelegten Gericht "einem jeden vergelten" werde "nach seinem Tun" (Mt 16:27).

 

Selbstverständlich ist der Tag jetzt noch Zukunft für uns in der gegenwärtigen Zeit, weil das Volk nicht Buße getan hat; aber er war für sie damals sehr gegenwärtig und nahe, in Art und Ausmaß viel stärker als für uns heute.

 

Das kommende Gericht und die darauf folgende Herrlichkeit sind gleichermaßen ausgesetzt; und die Gläubigen der nachfolgenden Offenbarung seiner geheimen Absichten haben die herrliche Hoffnung, bei ihm zu sein, bevor "der Tag" kommen wird.

Wir haben in Röm 8 eine weitere Erwähnung des damals gegenwärtigen Zeitalters der Leiden und der unmittelbar darauf folgenden Herrlichkeit. Das wollen wir übersetzen und in seinem Aufbau darstellen:

C1  Begründung für unser Leiden in Christus: Röm 8:18 Denn ich bin gewiß, dass dieser (jetzigen) Zeit Leiden (vergleichsweise) nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart (=apokalypto) werden soll (vgl. 2Kor 4:17: "Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit“).

D1  Erwartung: Röm 8:19 Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar (= apokalypse) werden.

D2  Begründung für die Erwartung: Röm 8:20a. Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit - ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat

D2  Erwartung: Röm 8:20b. doch auf Hoffnung; (wartet nach Röm 8:19 die Kreatur)

C3  Begründung für die Erwartung: Röm 8:21. Denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes.

D3  Erwartung: Röm 8:22. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet (K: und mit Wehen leidet). Röm 8:23. Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und sehnen uns nach der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes.

 

Das erste, was in diesem Abschnitt klar ist, ist die Tatsache, dass die Erlösung nahe bevor stand, und nicht über neunzehnhundert Jahre entfernt war. "Die Herrlichkeit, die im Begriff ist, uns offenbart zu werden" (griech.: ten mellousan doxan apokalyphthenai eis hemas). Die Erwähnung von Geburtswehen ist ein weiterer Beweis dafür, dass die "Erlösung" nahe war.

 

Weiter ist klar, dass diese herrliche Vollendung sehnlich erwartet wurde. "Die Herrlichkeit, die im Begriff ist, offenbart zu werden" war die ausgleichende Hoffnung im Blick auf "den Zorn, der im Begriff ist, zu kommen." Beide gehörten zu parousia.

 

"Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?" fragte der Herr auf dem Weg nach Emmaus.

 

"Dass Christus leiden musste," hatte Paulus in Thessalonich erklärt.

 

Und nachdem er gelitten hatte, fehlte nur noch die Buße Israels an der Verwirklichung der Herrlichkeit, die folgen sollte.

 

Die Gläubigen in Thessalonich warteten nicht auf den Tod, sondern auf Gottes Sohn vom Himmel, und so allezeit bei dem Herrn zu sein. Ebenso haben die Gläubigen in Korinth nicht auf den Tod gewartet, sondern auf ihr "Haus" (den geistlichen Leib) vom Himmel, "den Leib zu verlassen, und daheim zu sein bei dem Herrn" in dem verwandelten und verherrlichten Leib.

 

Das Sterben konnte nicht der Gegenstand ihrer sehnlichen Erwartung sein. Das Sterben wäre kein Ausgleich für die Leiden dieser gegenwärtigen Zeit. Die Erlösung des Leibes soll durch eine herrliche Auferstehung bewirkt werden, nicht durch Leiden und Sterben. Der Apostel hat die Leidenden nicht zum Narren gehalten. Er hat sie getröstet, aufgemuntert und ermutigt, in der Verfolgung auszuhalten. Außerdem hätte das Sterben dieser leidenden Gläubigen niemals die Erlösung für eine seufzende Schöpfung bringen können. Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden, und zwar in Herrlichkeit, nicht im Sterben. Die Erlösung kann und wird nicht im Grab, sondern nur in der Herrlichkeit offenbar werden.

 

Das genaue Wort für dieses Harren schließt nicht nur ein, sondern setzt geradezu voraus, dass es möglicherweise kurz bevorstehend war. Es ist apokaradokeo und bedeutet das Warten mit erhobenem Haupt, also nicht nur ein vages Sehnen, sondern ein Warten mit der Gewissheit und Überzeugung der Nähe von etwas Realem, wonach sie mit erhobenem Blick Ausschau hielten.

 

Aber das Wort Schöpfung kann nicht auf die unbelebte Schöpfung ausgedehnt werden, wie Berge, Hügel und Meere; oder auch auf belebte Schöpfung ohne Kenntnis der Offenbarung. Es muss gezielt und begrenzt sein auf lebende Wesen, die einen Willen haben, hoffen können und sowohl Knechtschaft erleben als auch vernünftig warten und sich nach Erlösung sehnen können. Außerdem werden diese lebendigen Wesen in zwei Klassen geteilt die bereits den Geist als Erstlingsgabe haben, und die den Geist als Erstlingsgabe nicht haben.

 

Es waren lebende menschliche Wesen, denen das Evangelium verkündet werden sollte; predigt das Evangelium aller Kreatur (in Mk 16:15 dasselbe Wort); und das Evangelium, "das gepredigt ist allen Geschöpfen (dasselbe Wort) unter dem Himmel" in Kol 1:23 positiv ausgedrückt. Die Menschheit seufzt, aber unbewusst. Sie kennt weder Ursache noch Folge. Sie erfährt die Nichtigkeit und lebt in einem bewussten Ringen um Selbsterlösung. Wir verdanken dieser Tatsache den Konflikt politischer Parteien mitten unter uns, die Unruhen der Völker und die Kriege zwischen Staaten. Alle verlangen nach Freiheit und Befreiung, aber die Ursache ihrer Knechtschaft kennen sie nicht:

 

DER MENSCH HAT GOTT ABGELEHNT

Eva glaubte der doppelten großen List des Teufels in 1Mo 3:4.5:

 

"Ihr werdet keineswegs des Todes sterben"

 

und

 

"ihr werdet sein wie Gott,"

 

und kam so in die Knechtschaft Satans.

 

Der erste Mann "wurde nicht verführt" (1Tim 2:14). Das besagt nicht, dass er nicht wusste. Aber wir können wohl glauben, dass sein Fall "nicht willentlich" geschah. Aber er ist genauso gefallen, gleichgültig warum, und "geriet" mit der Frau zusammen "in Übertretung" (1Tim 2:14 K). Ja! wir können wohl glauben, dass es "nicht willentlich" geschah. Das Wort "verführt" erzählt uns die ganze Geschichte.

 

Wenn Satan der Herrscher der "damaligen Welt" (2Petr 3:6 K und 1Mo 1:1) war und ihre Vernichtung (1Mo 1:2) und Überflutung (2Petr 3:6 K) verursacht hat, dann können wir verstehen, wieso er nach Adams Unterwerfung (1Mo 3) trachtete, weil Gott den ersten Menschen gesagt hatte: "herrschet" (1Mo 1:28) unter "dem Himmel, der jetzt ist, und die Erde" (2Petr 3:7).

 

Wir können auch verstehen, warum der gleiche Satan (oder Widersacher) die Unterwerfung des "Menschensohns" anstrebte, den Gott danach "zum Herrn gemacht" hat über "das Werk seiner Hände" und "alles unter seine Füße getan" hat (Ps 8:7). So können wir die Versuchung in der Wüste verstehen und den Todeskampf im Garten Gethsemane.

 

Satan ist religiös "der Gott dieser Welt" (2Kor 4:4) und politisch der "Fürst dieser Welt" (Joh 14:30), und die Menschheit wurde seiner Herrschaft unterworfen.

 

Aber dieses Unterworfensein unter die Nichtigkeit hat noch eine andere Seite. Als die Menschen den Lügen des Teufels glaubten, unterwarf Gott die Menschheit in gewissem Sinne der Nichtigkeit, indem er sie aufgab. Das Wort "Nichtigkeit" ist im ganzen Alten Testament ein anderes Wort für Götzendienst. Götzenbilder werden immer als Nichtigkeiten bezeichnet oder als Nichts (Jer 2:8; Jer 15), "nichtige Götzen" (Ps 31:7), "das Nichtige" (Jon 2:9); und im Neuen Testament ist das auch so (siehe Apg 14:15 (K: eitle Götter).

 

In Ps 81 redet Gott zu Israel:

 

"Höre, mein Volk, ich will dich ermahnen. Israel, du sollst mich hören! Kein andrer Gott sei unter dir... Aber mein Volk gehorcht nicht meiner Stimme, und Israel will mich nicht.

 

So habe ich sie dahingegeben

 

in die Verstocktheit ihres Herzens, dass sie wandeln nach eigenem Rat" (Ps 81:8-12).

 

Wenn das mit Israel geschehen konnte, müssen wir uns über das Dahingeben an die Nichtigkeiten als Gericht bei den Heiden nicht wundern. Dreimal wird das im allerersten Kapitel dieses Briefes gesagt. In Röm 1:21-24 lesen wir: "Denn obwohl sie von Gott wußten, haben sie ihn nicht als Gott gepriesen noch ihm gedankt, sondern sind dem Nichtigen verfallen in ihren Gedanken, und ihr unverständiges Herz ist verfinstert. Da sie sich für Weise hielten, sind sie zu Narren geworden und haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht mit einem Bild eines vergänglichen Menschen...

 

Darum hat Gott sie... dahingegeben..."

 

Und in Röm 1:25.26 lesen wir wieder: "... die Gottes Wahrheit in Lüge verkehrt und das Geschöpf verehrt und ihm gedient haben statt dem Schöpfer, der gelobt ist in Ewigkeit. Amen.

 

Darum hat Gott sie dahingegeben..."

 

Und nochmals in Röm 1:28: "Und wie sie es für nichts geachtet haben, Gott zu erkennen,

 

hat sie Gott dahingegeben..."

 

In einem gewissen Sinn war es ein Gericht für die Menschheit, an die Nichtigkeit dahingegeben und somit in den "Ungehorsam eingeschlossen" zu sein (Röm 11:32). So war das Dahingegebensein als Gericht ein Handeln Gottes, mit Satan als Werkzeug, aber die Ursache war der Sündenfall des Menschen.

 

Die Folgen mag man wohl als "Seufzen" bezeichnen. Wer den Geist als Erstlingsgabe nicht hat, der weiß das nicht und kennt die Ursache nicht. Der Mensch erkennt es nicht, dass er den Friedefürsten abgelehnt und gemordet hat. Von ihm getrennt ist es tatsächlich vergeblich, nach Frieden zu fragen und zu suchen; aber das Seufzen danach bleibt dennoch.

 

Die aber den Geist als Erstlingsgabe haben, der nach Apg 2 ausgegossen ist, warten sehnlich auf die verheißene Erlösung, deren Geburtswehen sie erleben, bis die Kinder Gottes offenbar werden in Herrlichkeit. Das wurde umso wirklicher, als das Ende dieser heilsgeschichtlichen Phase näher kam. "Denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden" (Röm 13:11), und damit auch "die Zeit, dass... er den sende, der euch zuvor zum Christus bestimmt ist: Jesus"; also "die Zeit, in der alles wiedergebracht wird, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn" (Apg 3:19-26).

 

Im dreizehnten Kapitel der Römerbriefs heißt es (Röm 13:11.12): "... weil ihr die Zeit erkennt, nämlich dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf, denn unser Heil ist jetzt näher, als da wir gläubig wurden. Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen."

 

Man sollte die ganze Stelle lesen (Röm 13:11-14), denn sie bringt das voll zum Ausdruck, was wir zeigen möchten, nämlich dass der Herr gekommen wäre, wenn die nationale Buße Israels als Bedingung erfüllt worden wäre. Aber Israel hat nicht Buße getan, und das Ergebnis war, dass die Verheißungen und Segnungen entsprechend ausgesetzt wurden.

 

Und die Schöpfung "wartet von nun an" möglicherweise nicht mehr mit der gleichen Hoffnung auf eine rasche Erfüllung. Aber trotzdem haben diejenigen von uns, die Gottes weitere Offenbarung glauben, nach Phil 3 die selige Hoffnung der exanastasis (wenn sie zum "Entschlafen" gerufen sind), oder der "Berufung in den Himmel" (wenn sie leben und übrigbleiben).

 

Der Brief an die Römer schließt in einem Postskriptum mit der Verheißung:

 

"Der Gott des Friedens aber wird den Satan unter eure Füße treten in Kürze."

 

Diese Versicherung muss sich zurückbeziehen auf die ursprüngliche Verheißung aus 1Mo 3:15 und weist auf das Ende des "großen Konfliktes der Zeitalter" hin, wenn sich alles erfüllt, was die Propheten über diesen herrlichen Abschluss geredet haben. Damals konnte man davon sprechen, dass es

 

IN KÜRZE

 

geschehen werde. Aber durch die anhaltende Widerspenstigkeit Israels ist diese Hoffnung

 

AUSGESETZT.

 

Die Botschaft unserer Errettung

Dennoch haben auch wir, die wir geglaubt haben, nachdem wir das Wort der Wahrheit, die frohe Botschaft von unserer Errettung, in der wir, da wir auch sie geglaubt haben, "versiegelt sind durch den Heiligen Geist nach der Verheißung" die Verheißung einer Erlösung, deren Erfüllung an keine Bedingung geknüpft ist, sondern die jetzt, in jedem Augenblick, verwirklicht werden kann (siehe Eph 1:13.14).

 

Die Erlösung der Menschheit von ihrem Seufzen harrt seit alters her auf gewisse Bedingungen, die erfüllt sein müssen, und gewisse Ereignisse, die stattgefunden haben müssen; aber unsere Erlösung und Entrückung ist von nichts abhängig als vom "Ruf" dessen, in dem "unser Leben verborgen" ist, und in dem wir jetzt gesegnet sind "mit allem geistlichen Segen im Himmel," von woher der "Ruf" an uns ergehen wird. Es sind noch andere Erscheinungen mit diesem Brief und seiner besonderen Beziehung zu den Briefen aus der Gefangenschaft verbunden. Zum Beispiel die Frage des Datums, wann er vollendet und von dem Apostel in seiner endgültigen Form herausgegeben wurde. Das bemerkenswerte Postskriptum (Röm 16:25-27) wurde mindestens fünf Jahre später hinzugefügt, als der Brief (58 n.Chr.) begonnen worden war. Dieses Postskriptum bezieht sich, wie wir mehrfach herausgestellt haben, auf den zweifachen Dienst des Apostels

 

das Evangelium von der Gnade Gottes, die zuvor in den Schriften der Propheten verheißen war, und

die Verwaltung des Geheimnisses von Christus und der Gemeinde, das nicht Gegenstand einer Verheißung gewesen, aber dem Apostel bekannt geworden war durch direkte Offenbarung von GOTT, wie er im Epheserbrief schreibt.

Die Röm 9-11 bilden einen beachtenswerten Abschnitt und haben den Charakter eines Anhangs. Wenn Paulus diese Kapitel so spät wie das Postskriptum hinzugefügt hätte, dann wäre ihr Zusammenhang mit Apg 28:28 sehr einleuchtend. Chronologisch steht deshalb der Römerbrief sowohl mit den früheren als auch mit den späteren Briefen im Zusammenhang. Und seine tiefere geistliche Lehre ist die wahre Grundlage für die späteren Briefe, wie wir mehrfach gesehen haben.

 

Die Wende im Römerbrief

Wir haben bereits gesagt, dass wir einerseits erwarten können, die gleichen Hinweise auf die damals angenommene Nähe der Erfüllung all der Prophezeiungen vorzufinden, die mit der verheißenen Sendung des Messias einhergehen sollten, und andererseits auch eine Weiterentwicklung in der dogmatischen Unterweisung, besonders, da das Ende dieser Phase (der Apostelgeschichte) näher kam. Und das ist auch der Fall. Das ist so stark der Fall, dass die Briefe an die Römer und Epheser heute bei uns mehr als Abhandlungen denn als Briefe betrachtet werden.

 

Es sind die beiden einzigen Briefe, in denen Paulus keinen Namen eines Mitarbeiters anführt; denn er hatte sein Evangelium durch direkte Offenbarung von Gott empfangen, und das Geheimnis später auf die gleiche Weise (Gal 1; Eph 3).

 

In der kanonischen Ordnung stehen sie je einer Gruppe voran:

 

RÖMER - Korinther - Galater

 

EPHESER - Philipper - Kolosser

 

THESSALONICHER

 

Korinther und Galater sind zwei unterschiedliche Kommentare zu Römer, der eine praktisch, der andere dogmatisch. Philipper und Kolosser sind zwei unterschiedliche Kommentare zu Epheser, der eine praktisch, der andere dogmatisch.

 

Aber chronologisch betrachtet sehen wir im Römerbrief eine Entwicklung der Art, dass er mit dem Epheserbrief in Verbindung kommt, und die beiden miteinander zu den zwei zentralen Briefen der paulinischen Lehre werden, die genau vor und hinter der Trennungslinie von Apg 28 stehen.

 

Der Epheserbrief baut auf dem festen Fundament des Römerbriefes auf.

 

Schon 1907 haben wir gerade darüber geschrieben, so dass es kein neues Thema von 1911-12 ist. Wir sagten damals:

 

Epheser ist der Beginn des Geheimnisses und entspricht Gottes Vorsatz, aber Römer ist die Grundlage des Geheimnisses und entspricht dem menschlichen Fassungsvermögen dafür.

 

Wenn wir das Geheimnis fassen wollen, müssen wir daher beim Römerbrief beginnen, und nicht beim Epheserbrief. Und wenn wir andere darin unterweisen wollen, dann dürfen wir Neubekehrten nicht die ganze Wahrheit auf einmal überstülpen.

 

In Epheser bekommen wir das große Geheimnis als Ganzes vorgestellt, eben die Wahrheit, die das große und herrliche Haupt im Himmel offenbart, und sich mit den irdischen Gliedern seines Leibes befasst.

 

Im Römerbrief bekommen wir die Grundlage und die Bestandteile des Geheimnisses. Daher nennt es Paulus dort noch nicht das Geheimnis, denn es ist nur dessen Grundlage, auf der das Dogma aufgebaut ist.

 

Wir wollen uns Röm 8 ansehen und die wunderbare Beziehung dieses Kapitels und dieses Briefes zu den drei Briefen aus der Gefangenschaft betrachten, in denen wir das Geheimnis direkt offenbart vor uns haben."

 

Röm 8:1-39:

 

A    Röm 8:1-4: Grundlage der Wahrheit der Lehre des Epheserbriefes. Einst tot in Übertretung und Sünde, aber jetzt lebendig in Christus.

B    Röm 8:5-13: Grundlage der Wahrheit der Lehre des Philipperbriefes. Die praktische Auswirkung des Fleisches in denen, die in Christus gestorben sind, seine Auswirkung auf die Glieder. Christus in uns.

B    Röm 8:14-27: Grundlage der Wahrheit der Lehre des Kolosserbriefes. EINST im sündigen Fleisch, nun aber dem Fleische abgestorben; unser Trachten auf Christus gerichtet, das Haupt, unsere Hoffnung der Herrlichkeit.

A    Röm 8:28-39: Grundlage der Wahrheit der Lehre des Epheserbriefes. Der Vorsatz und die Liebe Gottes zu uns in Christus, die uns zur Herrlichkeit vorherbestimmen, vor Engeln, Mächten und Gewalten.

Wenn wir Röm 8 sorgfältig im Licht des oben Dargestellten lesen, werden wir sicher den wichtigen Punkt sehen: Das achte Kapitel des Römerbriefes ist das starke Bindeglied zwischen den früheren und späteren Briefen. Und es ist so aufgebaut, dass die Grundlage der Wahrheit des Geheimnisses sich 'im inneren Menschen' erfassen und 'geistlich wahrnehmen' lässt. Erst wenn wir die Wahrheit von Röm 8 gemeistert haben, werden wir fähig sein, die aktuelle Erklärung dessen zu verstehen, was das Geheimnis nach Gottes Sinn und Absicht eigentlich IST, wie es in den Briefen an die Epheser, Philipper und Kolosser dargestellt wird.

 

Gewiss sollten wir diese grundlegenden Wahrheiten des Römerbriefes lehren, kann doch die Offenbarung des Geheimnisses ohne sie nicht als Dogma angenommen oder als geistliche Realität erkannt werden.

 

Wenn einmal die grundlegende Lehre von Röm 5:12-8.39 erkannt, und ihr Verhältnis zum Geheimnis wahrgenommen wurde, dann lassen sich alle anderen Briefe in ihrer zeitlichen Reihenfolge verstehen und man sieht plötzlich ihre Stellung und Lehre im Verhältnis zu den beiden großen, zentralen und dogmatischen Briefen, Römer und Epheser.

 

Der Korintherbrief zeigt einen Rückfall im praktische Glaubensleben, weg von der Lehre des Römerbriefs; das zeigt sich darin, dass sie mit sich selbst und ihren Lehrern beschäftigt sind. Es kostet sie Mühe, Spaltungen zu vermeiden (1Kor 1-3).

 

Galater zeigt einen dogmatischen Rückfall, weg von Evangelium der Errettung, das Paulus im Römerbrief zeigte.

 

Der Römerbrief, der die Frühbriefe abschließt, korrigiert was falsch ist, legt die wahre Grundlage für das 'Evangelium der Gnade Gottes' und bereitet den Weg für das 'Evangelium von der Herrlichkeit Christi' und die Offenbarung des Geheimnisses. Er entfaltet das, greift darauf zurück und lehrt es in den späteren Briefen aus der Gefangenschaft.

 

2Tim 1:15 kennzeichnet den Anfang der gegenwärtigen Not der Abwendung von Paulus und seiner Lehre. Alles war in Ordnung, so lange man sich in Ephesus an die Lehre des Apostels hielt. Aber sobald man sich von Paulus und seiner Lehre über das Geheimnis abwandte, begannen die Schwierigkeiten, und der schrittweise Abfall ist klar erkennbar im zweiten Brief an Timotheus, der in Ephesus wohnte und deshalb genau Bescheid wusste.

 

Der Verlust dieser kostbaren Wahrheit war der Beginn des Verfalls in Leben und Lehre in der Gemeinde, die bis zur Finsternis des Mittelalters führte.

 

Nur in der Rückkehr zur Lehre des Epheserbriefes und zu deren Grundlage, die sich im Römerbrief findet, und im Wiedergewinnen der Wahrheit des Geheimnisses kann die Gemeinde wiedererlangen, was sie in Leben und Lehre verloren hat.

 

Es war nicht durch neue Methoden im Amt, neuen Moden im Gottesdienst oder neue Theologie auf der Kanzel oder irgend solche modernen Notbehelfe geschehen, dass die Heiligen dazu angeleitet wurden, sich selbst als solche zu betrachten, die 'mit eingesetzt im Himmel in Christus Jesus' sind (Epheser), die 'die Kraft seiner Auferstehung erkennen' (Philipper), oder die erkennen können, dass sie 'in Christus vollkommen' sind (Kolosser).

 

Es war die Auswirkung der kostbaren Wahrheit dieser Briefe, deren Grundlage bereits im Römerbrief offenbart worden war.

 

Das Geheimnis erfordert, dass die Heiligen sich zusammengehörig sehen, wie die Glieder eines Leibes, aber da dieser Bestandteil des Geheimnisses in den Römerbrief nicht Eingang fand, so fehlt ein Element, und deshalb ist das Geheimnis selbst im Römerbrief nicht Lehrgegenstand. Der Zusammenhang von Haupt und Gliedern des Leibes wird gar nicht erwähnt.

 

Röm 8 ist das Verbindungsglied dieses Briefes mit der höheren und späteren Offenbarung der Wahrheit, die in den Briefen an die Epheser, Philipper und Kolosser gelehrt wird; denn der Brief an die Römer geht zeitlich den Briefen aus der Gefangenschaft unmittelbar voraus.

 

Wenn wir das Geheimnis dieser letzteren Briefe kennen, dann sehen wir, dass Röm 8 die dogmatische Grundlage enthält, auf der die Wahrheit des Geheimnisses beruht, ohne die man es weder subjektiv begreifen noch sich darüber freuen könnte.“

 

Um das Geheimnis (aus dem Epheser-Brief) als geistliche Realität zu verstehen, müssen wir die wesentlichen Grundlagen der paulinischen Lehre betrachten.

 

Grundlage der paulinischen Lehre

Was waren eigentlich diese Grundlagen der paulinischen Lehre?

 

Paulus als dem Apostel der Nationen war eine heilsgeschichtliche Schau anvertraut worden: Die Verwaltung des Geheimnisses, "das verborgen war seit ewigen Zeiten und Geschlechtern" (Kol 1:26), "verborgen war in ihm, der alles geschaffen hat" (Eph 3:9). Deshalb ist es einleuchtend, dass es in den inspirierten Schriften dieses auserwählten Werkzeugs tiefe Dinge gibt von Gott, und schwer zu verstehen, wie wir unsern Leser schon bewusst gemacht haben.

 

Nun hat er nicht nur von den "Tiefen Gottes" mehr mitzuteilen als andere Autoren (Anm. d. Ü.: der neutestamentlichen Bücher), sondern auch von den anderen und mehr grundlegenden Elementen, die mit der Wahrheit von Gott über Christus zusammenhängen; und mangelndes Erkennen dieses letzteren Punktes kann die Ursache des Fehlers sein, dass unterschiedliche Aspekte der Wahrheit, die uns in der Heiligen Schrift bei Paulus und Johannes gegeben ist, verwechselt oder vermischt werden.

 

Zum Beispiel: Die neue Geburt und die zwei Naturen im Gläubigen. "Ihr aber seid nicht fleischlich, sondern geistlich," ist eine tiefere Wirklichkeit von größerer Vollkommenheit als wieder geboren zu sein (oder eigentlich 'von oben gezeugt'). Es bedeutet, einer neuen Schöpfung anzugehören, nicht nur wieder in diese Schöpfung hinein geboren, sondern in einem geistlichen Leben zu sein, wo Christus ist, denn "euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott" (Kol 3:3).

 

Nur in den Briefen des Paulus wird uns gesagt, wir sollen uns als mit Christus gestorben ansehen - das bezieht sich auf unsere ganze Persönlichkeit in dieser Welt, in dieser Schöpfung; nicht nur tot für unsere alte Natur, oder das böse Prinzip in uns. "Unser alter Mensch" oder "der alte Mensch" in den Schriften des Paulus schließt mehr ein, als in der mehr allgemeinen Wendung von den "zwei Naturen im Gläubigen" zum Ausdruck kommt. "Unser alter Mensch" bedeutet nicht nur die "Sünde" als Natur oder Prinzip in uns, sondern meint unser ganzes, vergangenes, kreatürliches Leben, wie es uns von Adam und Eva überkommen ist. "Wenn aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen, der Geist aber ist Leben um der Gerechtigkeit willen" (Röm 8:10) Das ist eine viel tiefere fundamentale Wahrheit für den Glauben als Erkenntnis und Verurteilung unserer bösen Natur oder "Sünde" in uns. Alle, die glauben, was Johannes in seinen Schriften lehrt, können die Wahrheit der zwei Naturen akzeptieren; aber das Geheimnis ist in den Schriften des Johannes nicht offenbart. "Ihr müsst von neuem geboren werden" ist nicht nur jetzt wahr, sondern bleibt gültig, auch wenn Hes 36 erfüllt und das tausendjährige Königreich gekommen sein wird.

 

Aber wird das Geheimnis von "Christus und der Gemeinde," von dem Paulus schreibt, dann eine erfüllte und vollendete Tatsache sein? Heute ist "mit ihm gestorben" mehr als "von neuem geboren" zu sein; denn wer mit ihm gestorben ist, wird mit ihm herrschen; und hier ist es, wo Glaube und Glaubens-Gehorsam hereinkommen, wie in dem Postskriptum an die Römer. Gott beim Wort zu nehmen und zu glauben, was er uns in Christus verheißt, bedeutet nicht nur freigesprochen und erlöst zu sein vom Gericht, sondern es bedeutet auch, dass der Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet wird, wie uns der Brief an die Römer lehrt.

 

Der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus weiß, wie viele Sünder aus den Heiden seine frohe Botschaft glauben, das "Evangelium von seinem Sohn" (Röm 1:1.3). Er weiß, wie viele sich von ganzem Herzen als mit Christus gestorben betrachten, nicht nur in Bezug auf das böse Prinzip oder die Sünde in ihnen, sondern auch als tot im Sinne der verdorbenen kreatürlichen Existenz und tot für die Welt überhaupt. Das Gesetz der Sünde und des Todes bedeutet mehr als "Sünden und Sünde."

 

Röm 5:12 redet von dem "Gesetz der Sünde und des Todes" und von der Verfehlung in Verantwortlichkeit im kreatürlichen Leben, wie es von Adam und Eva auf uns gekommen ist, also nicht nur von "Sünde" im Gläubigen, wovon Johannes schreibt.

 

"Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus," macht den, der (im Glauben) mit Christus gestorben ist, "frei von dem Gesetz der Sünde und des Todes." Die Gerechtigkeit oder Rechtfertigung des Lebens (dikaiosis) bezieht sich nicht nur auf "Sünden," sondern auf dieses "Gesetz der Sünde und des Todes." Es geht nicht um eine "Übertretung des Gesetzes" (parabasis nomou), sondern um die Sünde und den Tod, die seit Adam und Eva zu allen ihren Nachkommen durchgedrungen sind.

 

Solange man in Röm 5:12-8.39 Sünde, Verdorbenheit und Tod nicht in ihrer untrennbaren Verbindung mit unserer Leiblichkeit sieht, sondern meint, es handle sich hier nur um "Sünde" und "Sünden", solange hat man nur eine defekte und unvollständige Grundlage für die tiefere Lehre von dem Geheimnis, die Paulus im Epheserbrief darlegt.

 

Gerade hier liegt der große Fehler in der Auslegung des Römerbriefes, der die (in vieler Hinsicht) ausgezeichneten Lehren von "Brüdern" schmälert. Leider (!) zeigen viele, die unter ihr dogmatisches System verfallen sind, und sagen, sie "kämen von Römer sieben her," dass sie sich nie wahrhaft da hinein vertieft haben.

 

Wenn "das Gesetz der Sünde und des Todes" die tiefe und demütigende Erfahrung ist (zu der der Geist leitet), und außer der Sünde IN der Schöpfung auch deren Verderbtheit INSGESAMT verstanden wurde, und dazu die zwei Naturen in dem Gläubigen, dann sind wir, die wir an Gott glauben, tatsächlich gestorben und auferstanden mit Christus, und Christus ist allein unser Leben. Christus als die "Hoffnung der Herrlichkeit" ist mehr als "wiedergeboren" zu sein. Die Behauptung, alle Wiedergeborenen seien in der Position, in die (nach Eph 4) uns Gott berufen hat, ist deshalb ein Verlassen der äußerst wichtigen und grundlegenden Lehre aus Röm 5:12-8.39, und damit ein Abweichen von der Schrift.

 

Beim Studium des Römerbriefs müssen wir auch daran denken, dass hier nicht davon die Rede ist, wie der an Christus Gläubige gerechtfertigt wird, sondern wie und auf welche Weise Gott eine Schöpfung voller Sünde und Verworfenheit rechtfertigt. Was Christus für die Gläubigen ist, das finden wir in 1Kor 1:30 und anderswo. Aber im Römerbrief finden wir die Rechtfertigung Gottes für den Sünder, der sich auch bewusst ist, dass er eine verlorene und verdorbene Kreatur ist.

 

Es bleibt also nicht nur dabei, dass Gott uns vergibt und freispricht von unseren vergangenen Sünden, wenn wir das Evangelium von seinem Sohn glauben, sondern "wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde." So sind wir, die wir Gott glauben und uns selbst (nicht nur unser alte Natur) als "mit Christus gestorben" betrachten, durch den Glauben und im Glauben frei gemacht vom "Gesetz der Sünde und des Todes." Und durch den Glauben (und die Gnade) erfreuen wir uns der "Rechtfertigung, die zum Leben führt." So sind wir in einer neuen Schöpfung, wir sind in Christus, und "unser Leben ist verborgen mit Christus in Gott". Das ist unsere geistliche Stellung in dem "Reichtum seiner Gnade."

 

Der Geist Gottes inspirierte den Apostel Johannes, sein Evangelium und seine Briefe erst Jahre nachdem der Dienst des Paulus beendet war zu schreiben. Am Ende des zwanzigsten Kapitels in seinem Evangelium sehen wir, dass allen, die glauben, was darin über Christus geschrieben ist, durch den Glauben "das Leben" verheißen ist. Wir können also nicht behaupten, es gäbe kein "Leben" außer durch das Lesen der Schriften des Paulus.

 

Aber Gottes Weg nach Kanaan führte durch das "Gebirge der Amoriter," obwohl er achtunddreißig Jahre später die Kinder der Rebellen durch den Jordan hinein brachte. Wir fragen wieder: Warum war Gott "zornig vierzig Jahre lang" (Hebr 3:17) über diese Generation? Weil sie ihm nicht glauben wollten.

 

An Gott glauben heißt, ihn beim Wort nehmen (durch seine Gnade und sein Ziehen). Kann man Gott tatsächlich glauben und beim Wort nehmen, wie es im Epheserbrief steht und uns von seiner großen Liebe und wunderbaren Verheißung in Christus redet, es sei denn, dass wir zuerst alles glauben, was er uns im Römerbrief sagt vom Kreuz und vom Tod und dem kostbaren Blut Christi?

 

Ist es nicht sowohl eine "Berufung in den Himmel" wie auch eine Erlösung und ewiges Leben, was er dann (nachdem er den Brief an die Römer geschrieben hatte) für unseren Glauben festgehalten hat? Der Weg "durch das Gebirge der Amoriter" ist noch nicht versperrt!

 

Das will besagen: Israels Entscheidung, als nur zwei Männer (Josua und Kaleb) Gott vertrauten (5Mo 1:19-32; 4Mo 14:1-11), ging noch einmal vor sich, während der vierzigjährigen Zerstreuung Israels, als ihnen wieder der Weg durch das Gebirge nach Kanaan, ohne über den Jordan, den Fluss des Todes, gehen zu müssen, in 1Thes 4 im Glauben freigegeben war. Wieder hat das Volk ihn abgelehnt durch die Regierenden im Land (Apg 2), und durch die jüdische Gemeinde in der Diaspora in Rom (Apg 28).

 

Und heute, in unserer Zeit, haben wir die Anwendung dieser Vorbilder, die zu unserer Unterweisung geschrieben sind. Wir stehen vor einer ähnlichen Entscheidung. Während die Verwirklichung des Vorbilds durch Israel ausgesetzt ist, sind wir heute an unserem Kadesch-Barnea. Wir haben eine kostbare Offenbarung eines Weges - nicht durch ein irdisches Gebirge, aber einen himmlischen Weg - durch eine Berufung in den Himmel, nicht um ein irdisches Kanaan, sondern um den Himmel selbst zu erreichen, wo wir bereits unser Bürgerrecht haben (Phil 3:20.21).

 

Gott hat uns das für unsern Glauben in den Briefen aus der Gefangenschaft offenbart; und die Frage ist, ob wir Gott vertrauen wollen. Viele glauben an Gott, und ihre Zahl wächst. Aber die übergroße Mehrheit auch derer, denen es gesagt wurde, sind wie die Mehrheit der Kundschafter, und lehnen es ab, zu glauben, was er später offenbart hat; und wie in alter Zeit sind es zehn, die gegen die zwei stehen. Was Gott über ihren Unglauben denkt, kann man den Worten aus Ps 95:8-11 entnehmen, der zumindest jede Woche in allen englischen Kirchen gesungen wird. (Lesen Sie das bitte in Verbindung mit Hebr 3:7-19).

 

Wir wollen uns nicht durch die übergroße Mehrheit irre machen lassen, auch wenn wir wie Josua und Kaleb nur zu zweit sein sollten! Josua und Kaleb kamen beide in das verheißene Land und freuten sich daran. Ebenso sollen auch wir sein: Einige werden entschlafen und doch eine exanastasis haben, eine Voraus- und Ausauferstehung, und andere werden durch eine "Berufung in den Himmel" das herrliche Land erreichen, wo unser Bürgerrecht bereits besteht, und wohin wir nach unserm Erlöser ausschauen, dass er uns zu sich hole.

 

So sollte klar geworden sein, dass die Lehre des Römerbriefs die notwendige Grundlage war für eine solche "selige Hoffnung", weil dadurch für unsern Glauben offenbart wurde, wie unser Gott und Vater uns alle gerechtfertigt hat, und uns tüchtig gemacht hat zu dem Erbteil der Heiligen im Licht (Kol 1:12), und uns so begnadet hat in dem Geliebten.

 

Schluss des Römerbriefes

Wir können unser Anmerkungen zum Brief an die Römer nicht beenden, bevor wir versucht haben, der Schwierigkeit mit dem Rühmen oder Lobpreisen zu begegnen, mit der er in Röm 16:25-27 abschließt.

 

Es ist offensichtlich, dass es sich nicht nur um einen Segensgruß handelt, wie er sonst am Schluß von Briefen steht, oder wie in den Versen Röm 16:20.24. Es ist auch klar, dass ein Lobpreis nicht Bestandteil der Lehre des Briefes ist. Es ist ein Rühmen der Herrlichkeit Gottes für das, was zu tun er die Macht hat, und was er offenbart hat. Mehr als das wird hier nicht ausgesagt oder gelehrt. Das muß an geeigneter Stelle geschehen, nämlich in dem Brief, den er als nächsten geschrieben hat an die Epheser.

 

Wir wollen jetzt zeigen, wie die Einbeziehung seines Lobpreises hier den Ausgangspunkt und eigentlich auch den Ausblick auf den Brief bildet, den er als nächsten geschrieben hat. Der Römerbrief ist die Saat und der Epheserbrief die Frucht; beide stehen in der chronologischen Anordnung genau in der Mitte der Paulinischen Briefe.

 

Allgemein ist bekannt, dass die Schlussverse des Römerbriefs Schwierigkeiten bereiten, die noch verstärkt werden durch die Randbemerkungen in der "Revised Version" (R.V. eine revidierte Ausgabe der King-James-Bibel). Manche Gelehrte, wie Dean Alfort, die Bischöfe Lightfoot und Gore ebenso wie Dr. Hort, haben darüber geschrieben. Das brauchen wir nicht zu wiederholen. Aber wir wollen hier einen Teil dessen anführen, was wir 1909 an anderer Stelle geschrieben haben. Wir geben das hier wieder, um zu zeigen, dass wir die Frage nicht selber aufgeworfen haben, sondern die Beschaffenheit der Original-Manuskripte hat unsere Aufmerksamkeit darauf gelenkt.

 

Zum Teil handelt es sich um Urkundenbeweise und zum Teil um interne Beweisführung; auf jeden Fall aber hat es gar nichts zu tun mit der Bibelkritik oder ihren Methoden.

 

Viele der ältesten Übersetzer und Ausleger wussten um eine Schwierigkeit, die sie unterschiedlich zum Ausdruck bringen, aber mit einem Kommentar konnten sie das natürlich nicht. Somit ist die Frage nicht von uns aufgeworfen worden.

 

Jeder, der auf die Original-Manuskripte zurückgreift, muß erkennen, dass hier eine Schwierigkeit vorliegt; und wenn wir sie angehen, dann geschieht das nicht wegen einer speziellen Auslegung, sondern um eine Lösung zu finden, die dem Wort selbst die Ehre gibt. Wenn dabei andere Schwierigkeiten aufgelöst werden und unsere eigene Interpretation unterstützt wird, kann uns das nur recht sein.

 

Es gibt keinen Zweifel an der Echtheit oder Glaubwürdigkeit dieser Verse; das muß eindeutig verstanden werden. Die Beweise dafür sind überwältigend. Aber die Schwierigkeit existiert, und man muß ihr Rechnung tragen. Die Tatsachen sind:

 

Der Lobpreis selbst steht in den verschiedenen Manuskripten an unterschiedlichen Stellen.

In über 190 Manuskripten steht er nach Röm 16:23.

In zwei oder drei Manuskripten fehlt er ganz.

In einem ist nach Röm 16:24 ein Zwischenraum gelassen und in einem andern nach Röm 16:23.

In einigen Manuskripten steht er an beiden Stellen.

Sogar in Manuskripten, die den Lobpreis enthalten, wie in der "Authorized Version" (A.V. Die autorisierte Version der King-James-Bibel) ist der Segensgruß in Röm 16:24 weggelassen. Diese Variante liegt in der "Revised Version" (R.V.) vor.

All das liefert überwältigenden Beweis für die Genauigkeit des Textes, wie er in der A.V. bewahrt ist, und zeigt uns, dass alle Aufregung unter den Übersetzern und Auslegern daher kam, dass die Wahrheit des Geheimnisses lange Zeit verloren war, und weil man den Vorschlag nicht angenommen hatte (den wir nicht als erste gemacht haben), dass der Lobpreis später angefügt worden sei.

 

Selbstverständlich hat ungläubige Bibelkritik alle oben angeführten Fakten gegen die Echtheit des Lobpreises ins Feld geführt; und zu ihren Angriffe kamen noch nahezu beleidigende Behauptungen. Aber allen diesen Theorien steht hartnäckig die Tatsache des Urkundenbeweises entgegen. Alles andere ist nichts als Wunsch und Laune von Kopisten, die nicht kapierten, was sie kopierten.

 

Der passende und unveränderliche Abschluss eines Briefes ist der Segensgruß ("Die Gnade unsers Herrn" usw. mehr oder weniger ausführlich), und nicht ein Lobpreis. Denn wenn es einen Lobpreis gibt, steht er immer danach. In vier Briefen gibt es einen Lobpreis außer dem Segensgruß, nämlich Philipper, 1. und 2. Timotheus und Römer. Aber außer im Römerbrief kommt der Segensgruß immer zuletzt. Siehe Phil 4:20; 1Tim 6:15.16; und 2Tim 4:18.

 

Wenn der Lobpreis im Brief an die Römer nicht ein Postskriptum wäre (wie wir vorschlagen), dann würde es die einzige Ausnahme von dieser Regel bilden, die sich in allen anderen Briefen finden lässt, denn wir haben

 

den Segensgruß (Röm 16:20), dann

einen zweiten Segensgruß (Röm 16:24),

der nach unserer Überzeugung bereits ein Postskriptum darstellt, das zur Ergänzung und zum vollständigen Abschluss des Briefes notwendig ist. Aber dann folgt nach dem allen noch ein Lobpreis, der den Brief wieder eröffnet, indem er einen ganz neuen Gegenstand einführt, und so endet der Brief ganz anders als alle anderen, die der Apostel geschrieben hat.

 

Unsere Vermutung, dass das eine spätere Hinzufügung von der gleichen Hand ist, die den Brief geschrieben hat,

 

erklärt sofort all die oben angeführten Fakten,

zeigt die Ursache ebenso wie die Grundlosigkeit der verschiedenen Versuche, den Text abzuändern,

vervollständigt die vorzügliche Struktur des gesamten Briefes, die wir unten zeigen werden, und

wirft ein Fülle von Licht auf die Lehre, die daraus folgt.

Dieser letzte Punkt wird wahrscheinlich größten Widerspruch hervorrufen, denn es wird mehr Widerstand geben wegen der daraus zu ziehenden Schlüsse, als wegen des Vorschlags selbst.

 

Er liefert zusätzliche Bestätigung der Tatsache, dass Paulus nicht beauftragt war, die Wahrheit des Geheimnisses zu Papier zu bringen, bevor er als Gefangener in Rom war.

Er widerspricht nicht der Tatsache, dass die pfingstliche Phase, die in der Apostelgeschichte festgehalten ist, in sich geschlossen war.

Die Auslegung des Briefes stimmt mit der anderer Frühbriefe (Thessalonicher, Korinther, Galater) überein, die nicht über den Rahmen der Apostelgeschichte hinaus gehen, insofern nämlich, als "Gaben" und "Verordnungen," die nur in diesen Frühbriefen und in der Apostelgeschichte erwähnt sind, allein in diese Phase gehören, die eine Zeit der Kindheit darstellt, als alles noch "Stückwerk" war; und auch insofern, dass alles, was "Stückwerk" war, aufhören sollte, sobald das Vollkommene kommen würde. Das Vollkommene kam bald nachdem der Apostel in Rom eingetroffen war, und ist für uns in den späteren Briefen des Paulus aus der Gefangenschaft enthalten. Alles, was in den Frühbriefen als der vollkommene Stand dargestellt ist, speziell Röm. 1-8, bleibt für uns nicht nur gültig, sondern ist die Voraussetzung des Vollkommenen der Gefangenschaftsbriefe.

Aber jetzt zurückzugehen vom Vollkommenen zum Stückwerk, das ist für uns ein großer Fehler, bei dem wir viel verlieren. Und das unter dem Eindruck zu tun, wir würden damit das Wort ehren, ist ein noch größerer Fehler, der weithin viel Verwirrung stiftet.

 

Das Wort insgesamt ist vollkommen klar und einfach, und nur unsere traditionellen Überzeugungen haben all diese Schwierigkeiten geschaffen. Wenn diese Überzeugungen mit eingebracht und quasi zum Bestandteil des Wortes selbst gemacht werden, ist die Verwirrung vollendet und ausweglos, bis wir das Licht finden, das uns heraushilft.

 

Wir behaupten, dass unser Vorschlag über den Lobpreis das Phänomen gänzlich erklärt, die Schwierigkeiten ausräumt, und zeigt, dass die verschiedenen Ausleger unnötigerweise beunruhigt waren.

 

Und wäre die Wahrheit des Geheimnisses nicht längst verloren gegangen, bevor die ältesten Manuskripte entstanden, dann wären die Übersetzer und Ausleger gar nicht erst so verblüfft gewesen. Andererseits sind wir, gerade weil wir diese Wahrheit wiedergefunden haben, dazu geführt und befähigt worden, die Tauglichkeit der einfachen Lösung zu sehen, die das alles harmonisiert, und das Griechisch der ältesten Manuskripte von Röm 16 genau beibehält, wie es auch in der A.V. wiedergegeben (nicht die R.V., denn die läßt den Segensgruß in Röm 16:24 weg) ist.

 

Nur wer die Mittel und Wege der Bibelkritiker nicht richtig verstanden hat, kann annehmen, wir würden hier ihre Methoden anwenden. Sie vermuten Dinge, die Schwierigkeiten erzeugen, anstatt sie zu beseitigen, und entwickeln ihre Lehren aus eigenen Vorstellungen, ohne Rücksicht auf Schriftbelege. Wie wirkt sich der Vorschlag auf die Struktur des Römerbriefes aus? Die Struktur wird nicht beeinträchtigt, sondern vervollkommnet. Wir haben:

 

A                  Röm 1:1-6:   Das Evangelium, immer offenbart, nie verborgen.

B                  Röm 1:7-15: Brieflicher Teil

C    a            Röm 1:16 - Röm 8:39:       Dogmatik

b            Röm 9:1 - Röm 11:36:       Heilsgeschichte

C    a            Röm 12:1 - Röm 15:7:       Praktisches

b            Röm 15:8-12:      Heilsgeschichte

B                  Röm 15:13 - Röm 16:24:   Brieflicher Teil

A                  Röm 16:25-27:    Das Geheimnis, nie offenbart, immer verborgen.

Offensichtlich wäre ohne den Lobpreis (Röm 16:25-27) der Aufbau des ganzen Briefes unvollständig. Er muss entweder Teil des ursprünglichen Briefes gewesen sein, dann würde er die ganze heilsgeschichtliche Lehre umstoßen, oder er muss später hinzugefügt worden sein, nach der Ankunft des Apostels in Rom, um die Struktur zu vervollständigen, dann stößt er nichts um.

 

Aus all dem geht hervor, dass der Lobpreis als Teil des ursprünglichen Briefes, wie ihn der Apostel abgeschickt hatte, fehl am Platz wäre. Seinen richtigen Platz findet er dagegen, wenn Paulus ihn hinzugefügt hat, als er in Rom unter denen weilte, an die er ihn gesendet hatte. Der Brief selber war schon vor ihm dort; und als dann die Zeit zur Niederschrift der Offenbarung des Geheimnisses auf die Pergamente des Apostels (2Tim 4:13) kam, kann er den Lobpreis hinzugefügt haben, so dass der zugleich den inspirierten Abschluss des Römerbriefs und die inspirierte Einführung zum Epheserbrief bildet.

 

So wurde der Brief an die Römer unter der Leitung des Heiligen Geistes zu einer Abhandlung erweitert einer Abhandlung, die uns eine vollständige Entwicklung oder Entfaltung des Evangeliums Gottes von seinem Sohn bietet.

 

 

Inhaltsverzeichnis

1 III. Die Apostelgeschichte

1.1 Der Dienst des Paulus an den Heiden

1.1.1 Aufhören der Wunder und Zeichen

1.1.2 Lücke in der Kirchengeschichte

1.1.2.1 Folgen der Geschichts-Lücke

1.2 Das Zeugnis der Schrift

III. Die Apostelgeschichte

Historisch und heilsgeschichtlich betrachtet Die Schriften von Professor Ramsay, in denen er die Echtheit und Zuverlässigkeit dieses bedeutenden und einzigartigen Buches der Heiligen Schrift hervorhebt und bestätigt, und dazu die jüngeren Bezugnahmen darauf in der Chronologie des Neuen Testaments von Professor Harnack, sind interessant, weil sie aus der Sicht moderner Bibelkritik den Theologen allgemein einen umso größeren Dienst tun, als sie helfen, die Aufmerksamkeit auf das merkwürdige und weitverbreitete Missverständnis über den wahren Sinn der Apostelgeschichte zu lenken, die das letzte geschichtliche Buch der Heiligen Schrift ist.

 

In den vier Evangelien erfahren wir in schlichten und zu Herzen gehenden Worten von der Ablehnung und Kreuzigung des wahren Königs von Israel, des treuen Knechts und Propheten Jahwes, des demütigen und doch herrlichen Menschensohns und des ewigen Sohnes des lebendigen GOTTES.

 

Diese Ablehnung wird bei den Synoptikern durch eine Reihe historischer Ereignisse dargestellt, während Johannes in seinem Evangelium das ernste und folgenschwere Ergebnis seiner Fleischwerdung am Beginn mit den Worten zusammenfasst: "Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf" (Joh 1:11).

 

Historisch betrachtet haben die vier Evangelien eine tiefe Bedeutung, wenn wir den vollen Gehalt des Ausdrucks "das Evangelium von der Gnade Gottes" richtig verstehen. Diesem Ausdruck begegnen wir in Gottes Wort nicht vor dem zwanzigsten Kapitel der Apostelgeschichte, Apg 20:24. Tatsächlich kommt das Wort "Gnade" in den beiden ersten Evangelien kein einziges Mal vor, während es bei Lukas und Johannes nur verwendet wird, um zu zeigen, was der Mensch zurückweist, wenn er Christus ablehnt. "Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben, die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.“

 

Gottes geliebter Sohn kam und wohnte unter uns, aber der Mensch hasste ihn und den Vater, der ihn aus Gnade und Erbarmen gesandt hatte.

 

Die vier Evangelien heben hauptsächlich die gute Nachricht Jesu Christi über GOTT hervor, während wir in den Briefen für diese gegenwärtige Zeitspanne die gute Nachricht über CHRISTUS haben, das ist "das Evangelium von der Gnade GOTTES" in seinem Sohn.

 

Aus historischer Sicht ist es mit der Apostelgeschichte ebenso. Da haben wir nicht nur das Kommen des Heiligen Geistes auf Israel, samt den mitfolgenden Zeichen, wie bei Joel, sondern auch den ernsten Bericht von der Zurückweisung des Geistes und der Wiederkunft oder parousia, was als Angebot mit wunderbaren Zeichen verbunden war. Damit sollte das Königreich des auferstandenen Christus, diese "Zeit der Erquickung," eingeleitet werden, die für Israel und die ganze Welt erst kommen kann, wenn die "Blindheit" von dem auserwählten irdischen Volk genommen wird.

 

Stephanus bezeugt: "Ihr widersteht allezeit dem heiligen Geist, wie eure Väter, so auch ihr. Welchen Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Und sie haben getötet, die zuvor verkündigten das Kommen des Gerechten, dessen Verräter und Mörder ihr nun geworden seid" (Apg 7:51.52).

 

Wir wollen bemerken, dass einige Dinge, die in der Apostelgeschichte berichtet werden, aufhörten, als dreiunddreißig Jahre vergangen waren, eine einzigartige Zeitspanne in oder zwischen den heilsgeschichtlichen Phasen, deren besondere Eigenart bisher nicht genügend herausgestellt wurde.

 

Ebenso wie Israel den angebotenen Christus vorsätzlich zurückgewiesen hatte, der für "die beiden Häuser Israels" ein Stein des Anstoßes war, so geschah es auch mit dem Angebot, das vom Heiligen Geist durch Petrus erging, dass, wenn es eine nationale Buße des Teiles der Juden von Juda und Israel gäbe, der in der Zerstreuung lebte, diese "Zeit der Erquickung" kommen, und Gott den senden würde, "der euch zuvor zum Christus bestimmt ist: Jesus" (Apg 3:19-21).

 

Stephanus sah ihn "zur Rechten Gottes stehen" (Apg 7:56). Denn er hatte noch nicht Platz genommen, um zu warten, "bis seine Feinde zum Schemel seiner Füße gemacht werden" (Hebr 10:13).

 

Die Apostel Paulus und Barnabas gingen zuallererst in die Synagogen der Juden. Das griechische Wort für "Synagoge" erscheint in der Apostelgeschichte zwanzigmal, aber kein einziges Mal in den Briefen des Paulus.

 

Das Urteil von der Blindheit Israels, in Jes 6 geweissagt (das geschah siebenhundert Jahre vor diesem entscheidenden Punkt in der Geschichte Israels), stand nahe vor dem auserwählten Volk. Der Herr selbst hatte zweimal auf diese Blindheit als Gericht Bezug genommen, aber es war dem Apostel Paulus vorbehalten, in den Fußspuren Jesajas wandelnd, zu sagen: "Hier bin ich, sende mich" (um die ernste Botschaft zu überbringen). Als er in Rom war, wandte er sich zum letzten Mal an die Juden als Gesamtheit. Dann ging er nicht mehr in ihre Synagogen. Er führte dieses "eine Wort" an dieses ernste Urteil von der Blindheit, die nun seit bald zweitausend Jahren diesem immer noch in Auflehnung und Unglauben verharrenden Volk die Augen verdunkelt und die Herzen verhärtet hat.

 

Der Apostel hatte sie bereits in der Synagoge von Antiochien in Pisidien gewarnt (Apg 13:46), "da ihr es aber von euch stoßt, und haltet euch selbst nicht für würdig des ewigen Lebens, siehe, so wenden wir uns zu den Heiden" (das war nur lokal, nicht national, wie man aus Apg 14:1 sieht. Man vergleiche Apg 18:6 mit Apg 18:19 und beachte den Gegensatz dazu in Apg 28:28). Damals geschah das, was Gott gesagt hatte: "Ich will sie wieder reizen durch ein Nicht-Volk, durch ein gottloses Volk will ich sie erzürnen" (5Mo 32:21). Nun, als sich das erfüllte, baten sie um das Vorrecht, am folgenden Sabbat noch einmal allein diese gute Nachricht zu hören von der angebotenen Wiederkunft Christi und vom Kommen der Zeit, von der geweissagt war, dass das Königreich Davids wiederhergestellt würde, aber die Heiden würden teilhaben an den Segnungen, wie geschrieben steht: "Preiset ihr Heiden sein Volk" (5Mo 32:43).

 

Der Dienst des Paulus an den Heiden

"Der Gefangene Christi Jesu für euch Heiden" wurde, nachdem er diesen Urteilsspruch aus Jes 6 verkündet hatte, in seiner Gefangenschaft in Rom geistlich weitergeführt. Er wurde bald darauf zu den tiefgründigsten Büchern der ganzen Heiligen Schrift inspiriert, den Briefen an die Epheser, Philipper und Kolosser Weissagungen von Gott, die die tiefste Wahrheit über Christus und die Gemeinde enthalten, das Geheimnis, das verborgen war seit alters. Darauf gibt es in der Apostelgeschichte keinen Hinweis.

 

Die einzigartige Übergangszeit "die Generation" von der die Apostelgeschichte berichtet, war zu Ende, ehe die Briefe aus der Gefangenschaft geschrieben wurden. Wenn also beteuert wird, "die Gemeinde begann zu Pfingsten," dann müssen wir daran erinnern, dass Pfingsten zuerst ein jüdisches Fest war, nach 3Mo 23:15; und können nicht zulassen, dass diese auf einen Teil bezogene Wahrheit eine falsche Anwendung tragen soll.

 

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Offenbarung des Geheimnisses, das "verborgen war" in Gott, nicht bekanntgemacht wurde, bevor die früheren Phasen vorüber waren* und der Zeitabschnitt, den die Apostelgeschichte unfasst, bildete die abschließende Epoche dieser früheren Zeiten, bevor nämlich die gegenwärtige Zeitspanne der Gnade begann Christus, "die Hoffnung der Herrlichkeit." Dieses Geheimnis, den Heiden verkündigt (Eph. 3, 8), enthält eine tiefere und völligere Offenbarung des "Evangeliums der Herrlichkeit," als die Apostelgeschichte.

 

* Der Brief an die Römer wurde 58 n.Chr. geschrieben, aber das Postskript (Röm 16:25-27), in dem das Geheimnis erwähnt wird, wurde später geschrieben, selbstverständlich von dem gleichen Autor. Man vergleiche dieses Postskript mit den sehr ähnlichen Worten in Eph 3:20.21. Dieses Postskript hat die Interpreten und Textkritiker lange rätseln lassen, und dass es nicht verstanden wurde, hat zur Auslassung von Eph 3:24 geführt, wie in der R.V. Siehe die Ausführungen im vorigen Kapitel.

Nach der herrlichen Verwandlung der Gemeinde des Geheimnisses gemäß Phil 3:11.14.20.21, wenn dieser nichtige Leib verwandelt wird, dass er gleich werde seinem verherrlichten Leibe, dann mag es geschehen, dass die abgebrochenen Ereignisse, die zu Pfingsten begannen, mit dem wunderbaren Zungenreden und besonderen Zeichen, noch einmal beginnen und ihren Lauf nehmen, damit ihnen dann die restlichen, nicht erfüllten Teile der Prophetie von Joel folgen: "Und ich will Wunderzeichen geben am Himmel und auf Erden; Blut, Feuer und Rauchdampf. Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große und schreckliche Tag des Herrn kommt. Und es soll geschehen: wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll errettet werden" (Joe 3:3-5a). Ja, wenn Gottes Gerichte über die Welt hereinbrechen, dann werden die Menschen auf der Erde Gerechtigkeit lernen. Aber das Geheimnis, das während des Umbruchs in den Zeitaltern seinen Lauf nahm, wie das in den Briefen an die Epheser und Kolosser deutlich offenbart ist, wird "gepredigt den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit" (1Tim 3:16).

 

Nochmals: Diese Entdeckung der eigentümlichen und einzigartigen Natur der Geschichte der dreiunddreißig Jahre, die in der Apostelgeschichte festgehalten ist, führt zu einer sehr wichtigen Frage über die Lehre von der Entfaltung der heilsgeschichtlichen Phasen aus der chronologischen Anordnung der paulinischen Briefe.

 

Die früheren Briefe, besonders 1. und 2. Thessalonicher und 1. Korinther, wurden vor dem Ende dieser geschichtlichen Zeitspanne, die von der Apostelgeschichte abgedeckt wird, geschrieben, als die parousia, oder Wiederkunft und Königsherrschaft Christi für Israel und die Nationen noch angeboten war.

 

Hier haben wir eine Antwort auf die Vermutung, Paulus habe sich geirrt in seiner Hoffnung, die parousia könnte erfolgen, sogar wenn jene, die damals auf Gottes Sohn vom Himmel warteten, noch am Leben wären, und dann tatsächlich "an Geist, Leib und Seele bewahrt" worden wären bis zum Tag der damals erwarteten "Ankunft unseres Herrn Jesus Christus" (1Thes 5:23).

 

Solange das Angebot noch gemacht wurde, innerhalb der Zeit der möglichen unmittelbaren Wiederkunft Christi, also der Zeit der Apostelgeschichte, muss man selbstverständlich annehmen, dass diese früheren Briefe, die Paulus geschrieben hat, bevor dieses Angebot von Israel endgültig abgelehnt wurde (sowohl durch die Nation in Jerusalem, als auch durch die Zerstreuten in Rom), und die besondere Andeutungen auf die parousia enthalten, in ihrer Perspektive mit dem klaren Angebot und dem heilsgeschichtlichen Handeln Gottes von damals übereinstimmen.

 

Es fällt auf, dass die parousia nur in den früheren Briefen erwähnt ist, die Paulus geschrieben hat bevor er in Rom in Gefangenschaft war, also während der Zeit, die von der Apostelgeschichte abgedeckt wird. Das Wort "parousia" kommt in den Briefen an die Epheser und Kolosser nicht vor, und die Entrückung, von der in Phil 3 die Rede ist, hängt mit der "Berufung in den Himmel" zusammen, und mit dem Preis, der mit dem großen Geheimnis von Christus und der Gemeinde verbunden ist. Diese Geheimnis, oder die geheime Absicht Gottes, wurde nicht bekanntgemacht, solange noch die parousia, die erst unmittelbar vor dem Königreich erfolgt, dem Glauben angeboten war.

 

In der römischen Gefangenschaft offenbarte Gott seinem treuen und geliebten Knecht diese wunderbare Herrlichkeit Christi als des künftigen Hauptes des Universums mit der Gemeinde als seiner Fülle (pleroma). Dieser tieferen und erhabeneren Wahrheit folgte die Ablehnung der parousia und des Königreiches von 1Thes 4, das nun auf unbestimmte Zeit ausgesetzt war, möglicherweise um als gesondertes Angebot wieder aufgenommen zu werden, erst wenn das Geheimnis, verborgen in Gott (auf das es in den Briefen an die Thessalonicher keinen Hinweis gibt), zum Abschluss gelangt ist, "aufgenommen in die Herrlichkeit."

 

Diese parousia wird gewiss kommen, ungeachtet ihrer langen Verzögerung, denn keins von Gottes Worten kann auf die Erde fallen. Aber kann nicht die "selige Hoffnung" aus Phil 3 und 1Tim 1 und Tit 2 erfüllt werden, noch bevor die mehr öffentliche parousia kommt?

 

Aufhören der Wunder und Zeichen

Wenn man die genannten historischen Aspekte der Apostelgeschichte erkannt hat, dann wird auch klar, dass die Wunder und "die Kräfte der zukünftigen Welt" (Hebr 6:5) die so eindeutig ein Wesensmerkmal dieser außergewöhnlichen Zeit waren, aufhören mussten, als Israel das Zeugnis des Heiligen Geistes, dass sie unterstreichen sollten, ebenso endgültig abgelehnt hatte, wie das mit Christus selbst geschehen war.

 

Jetzt um eine Erneuerung der pfingstlichen Gaben zu beten, während das Geheimnis noch den Heiden gepredigt wird, entspricht (obwohl es zweifellos mit frommer Absicht geschieht) nicht der Erkenntnis. Denn "Blut, Feuer und Rauchdampf" und andere himmlische und irdische Schrecknisse können dieser Erneuerung der Prophetie Joels bald folgen, die nur zeitweilig außer Kraft gesetzt ist, solange dieser wunderbare Tag der Gnade noch "den Heiden gepredigt" wird.

 

Bevor wir die Gefangenschaftsbriefe betrachten, die nach Apg 28:29.30 geschrieben wurden, ist es unbedingt notwendig, dass wir uns klares Verständnis über die große Trennungslinie zwischen den früheren und späteren Paulinischen Briefen erarbeiten.

 

Um dieses Verständnis zu erlangen, brauchen wir klare Übersicht über Umfang und Aufbau der Apostelgeschichte, die als heilsgeschichtliche Phase charakterisiert ist, denn sie enthält den Abschluss der biblischen Geschichte Israels für eine bestimmte Zeit.

 

Lücke in der Kirchengeschichte

Zu keinem Buch der Heiligen Schrift ist der Schlüssel so nachhaltig verloren gegangen oder schwieriger wiederzufinden. Die römischen Päpste haben mit der Tradition, "Jesus Christus kam auf die Erde, um eine Gemeinde zu gründen und Petrus die Schlüssel zu übergeben, und Petrus übergab sie dem Papst," die Augen der Christenheit geblendet. Diese Tradition wird moderner und mit milderen Worten so ausgedrückt: "Die Gemeinde begann zu Pfingsten." Sie ist der Ursprung all der Dunkelheit, die wie ein dichter Nebel die Wahrheit bis heute vor den Gemeinden verbirgt.

 

Durch die unglückliche Übersetzung von ekklesia in Mt 16:18 mit "Gemeinde" anstatt "Versammlung" oder "Kongregation" (Vereinigung), wie im Alten Testament, haben römisch katholische und protestantische Theologen die falsche Lehre verbreitet, dass wir in der Apostelgeschichte die Entstehung der "christlichen Gemeinde" vor uns hätten.

 

Weil nun die Christen heute nicht wissen, dass bis etwa fünfzig Jahre nach der Zerstörung Jerusalems ein absolutes Loch in der Kirchengeschichte vorliegt, nehmen sie an und vermuten, dass die "organisierte Christenheit," wie wir sie heute sehen, nur die Fortsetzung dessen sei, was wir in der Apostelgeschichte lesen. Aber das ist bei weitem nicht der Fall.

 

"Die Jahre nach der Zerstörung Jerusalems sind in Wahrheit die unbekanntesten der Kirchengeschichte."

 

So schreibt Dr. Samuel Green in seinem Handbook of Church History (Handbuch der Kirchengeschichte, verlegt bei der "Religious Tract Society of London). Er fährt fort:

 

"Wenn wir uns im zweiten Jahrhundert umsehen, finden wir uns weithin in einer veränderten Welt. Apostolische Autorität gibt es nicht mehr in der christlichen Gemeinde: 'Apostolische Wunder gehören der Vergangenheit an...', wie Dr. Arnold schließlich sagte (Rugby Sermons, Band 6, Seite 336). 'Wir bleiben beim letzten Brief St. Pauli an Timotheus mit etwa dem gleichen Interesse stehen, wie man im letzten Dörfchen eines besiedelten Tales verweilt, hinter dem es nicht mehr weitergeht. Es ist das Ende oder fast das Ende unseres echten Wissens über das 'Urchristentum'; dort blicken wir noch einmal in die Runde; außerdem hängt der Nebel dicht, und mitten darin sehen wir nur noch verzerrt wenige Dinge.'"

 

Weitere Informationen von einigen anerkannten Autoritäten über die große Zeit des Schweigens nach der Zerstörung Jerusalems seien hier anfügt:

 

*So schreibt der späte Dean Stanley in History of the Eastern Church (Geschichte der Ostkirche) über den Wechsel vom Neuen Testament zum Christentum der ältesten Kirchenväter:

* "Der Fluss ist in dem entscheidenden Augenblick des Übergangs von den ewigen Bergen in die Tiefebene unsern Blicken entzogen, gerade dort, wo wir ihn am meisten zu beobachten wünschen. Wir mögen sein Rauschen unter den überhängenden Felsen hören, wohl auch die Tropfen an Zweigen sehen, die über ihm hängen, aber den Fluss selbst sehen wir nicht oder erhaschen nur flüchtige Blicke. Es ist eigentlich keine Zeitspanne kirchlicher Geschichte, sondern eine von kirchlicher Debatte und Vermutung.

* Ein Bruchstück hier, ein Gleichnis da, eine Erzählung unbekannter Herkunft, eine Handvoll Briefe deren Echtheit in jedem Abschnitt und Detail umstritten ist, das zusammengefasste Verhör eines römischen Magistrats, das Plädoyer von zwei oder drei christlichen Verteidigern, Überlieferungen und Ansichten über den eigentlichen Vorgang des Wechsels, und schließlich die verblassten Gemälde, zerbrochenen Skulpturen, die groben Grabinschriften in finsteren Katakomben; das sind die unzureichenden, wenn auch interessanten Materialien aus denen man das Bild der frühen Kirche reproduzieren muss... Wenn diese Lücke einmal übersprungen ist, nähern wir uns dem Punkt, wo die Kirchengeschichte wieder Geschichte wird."

*Ähnliche Aussagen entstammen aus The Edinburgh Review (April 1870) bei einer Besprechung von Renan's St. Paul. Nachdem er die Geschichte bis zur Ankunft des Apostels in Rom besprochen hat, fährt der Rezensent fort:

*"Einmal dort angekommen, einmal dort fest eingepflanzt in dieser zentralen und maßgebenden Position, verschwindet die Gemeinde plötzlich mit all ihren prägenden Gestalten aus dem Blickfeld. Die dichtesten Wolken verdunkeln plötzlich ihre Geschichte, die unsere eifrige Neugier vergeblich zu durchdringen sucht. Sie ist in einem Schwall von Rauch so völlig verschwunden, wie wenn ein Zug in einen Tunnel eintaucht. Die Ankunft St. Pauli in Rom markiert für das Urchristentum den Beginn einer tiefen Nacht, beleuchtet nur von den gespenstischen Feuern bei Neros schrecklichen Festlichkeiten... Die Geschichte vom Leben St. Pauli und die Geschichte der Zeit der Apostel enden beide ganz plötzlich. Schwarze Dunkelheit fällt über die Szene, und eine schreckliche, lastende Stille wie die Stille vor einem kommenden Sturm bannt, in lautloser Erwartung des Tages des Herrn, die schreckensstarre, atemlose Gemeinde."

*Alles, was wir (als Gläubige aus den Heiden) an geistlicher, dogmatischer und kirchlicher Anleitung haben, sind also die Briefe aus der Gefangenschaft (Epheser, Philipper, Kolosser und 2. Timotheus); und alles, was die Hebräer als Anleitung hatten, war der speziell an sie gerichtete Brief. Aber sie und wir haben die ganze Bibel "uns zur Lehre."

Die älteste bekannte Schrift ist die Didache, oder "die Lehre der zwölf Apostel für die Heiden." Sie blieb unentdeckt bis 1883 und wurde seither in verschiedenen Ausgaben und Übersetzungen veröffentlicht. Allgemein nimmt man an, sie stamme aus dem zweiten Jahrhundert ("Es scheint das klügste zu sein, das ganze Werk nicht viel früher als 120 n.Chr. zu datieren, und es gibt Passagen, die wohl jünger sein mögen" Encycl. Brit. 11 th (Camb.) edition, Band 8, Seite 202). Sie besteht aus moralischen Geboten und Pflichten, Regeln über Fasten, Taufe und Abendmahl, das Beachten von Riten, so grundverschieden von dem, was wir in der Apostelgeschichte lesen, wie man sich das nur vorstellen kann: Sie schließt mit ernsten Warnungen vor dem "Jüngsten Gericht." Was immer auch die Bedeutung des Wortes "opfern" in einem Zitat aus Mal 1:14 in Verbindung mit dem eucharistischen Dienst bedeuten mag, es zeigt, dass bereits diese Saat ausgestreut war, die in späterer Zeit eine so reichliche Ernte an Irrlehren hervorgebracht hat.

 

Nach den internen Belegen beurteilt, unabhängig von irgendwelchen chronologischen Daten, ist die Degeneration so offensichtlich, dass wir es nicht als frühe Schrift eines reinen Christentums betrachten können. Vielmehr fällt auf, dass es die Anfänge eines verderbten Christentums sind und des Abfalls, der in 2Thes 2:3 geweissagt ist, der in diesen letzten Zeiten stattfinden sollte, eben als der Dienst derer, "die es gehört haben," was der Herr geredet hatte, sein Ziel erreicht hatte.

 

Die Aussetzung der parousia durch die Zerstörung Jerusalems war das Ergebnis der "reißenden Wölfe," von deren Kommen "nach meinem Abschied" der Apostel Paulus durch göttliche Inspiration wusste (Apg 20:29). Wenn diese "reißenden Wölfe" jemals gekommen sind, dann war die Lehre der "Didache" ein Musterbeispiel des Schadens, den sie anrichten können. Die "reißenden Wölfe" sind die einzige "Apostolische Sukzession," von der in der heiligen Schrift die Rede ist. Die Didache offenbart den Beginn des Verfalls der Wahrheit, der zum "finsteren Mittelalter" führte und sich zu den schlimmsten Fehlern der römischen Kirche entwickelte und vervollkommnete, zu denen heute so sehr viele zurückkehren möchten.

 

Folgen der Geschichts-Lücke

Unkenntnis über diese Lücke in der Kirchengeschichte hat zu der bereitwilligen Annahme der Hypothese geführt, dass "die Gemeinde zu Pfingsten begann." Die Folge davon war, dass die vier Evangelien und die Apostelgeschichte in die paulinischen Briefe hineingelesen werden, und dort bei vielen Lesern ihren Platz gefunden haben; oder diese Briefe werden betrachtet, als könne man sie vernachlässigen, weil man sie in dieser Verbindung nicht richtig verstehen kann.

 

Nichts kann klarer sein als die nachdrückliche Aussage (Röm 15:8-12), die den zur zweiten heilsgeschichtlichen Phase gehörenden Teil des Römerbriefs einleitet:

 

"Denn ich sage: Christus ist ein Diener der Beschneidung (Lu.: Juden) geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind" (Röm 15:8).

 

Die erste dieser Verheißungen steht in 1Mo 12:2.3. Sie erging an Israels Stammvater Abraham mit den Worten:

 

"Und ich will dich zum großen Volk machen

und ich will dich segnen

und dir einen großen Namen machen,

und du sollst ein Segen sein.

Und ich will segnen die dich segnen,

und verfluchen, die dich verfluchen;

und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.

In dieser siebenfältigen Verheißung ist jeder Teil durch die Sprachfigur Polysyndeton (die Wiederholung der Konjunktion "und") als absolutes "Versprechen" ohne jede Bedingung angezeigt und hervorgehoben. Somit war das ein unbedingter Bund, und deshalb muss und wird er von Jahwes Seite her noch getreu bis auf den letzten Buchstaben erfüllt werden, ungeachtet Israels damaligen Unglaubens und fortdauernden Ungehorsams.

 

Dieser unbedingte Bund enthielt Grundlage und Kernstück dessen, was "die Verheißungen, die den Vätern gegeben sind" genannt wird. Und eins der großen Ziele im Wirken des Messias war die Bestätigung und Durchführung dieser "Verheißungen," die damit geendet hätten, dass Israel zum Kanal des Segens für "alle Geschlechter auf Erden" gemacht worden wäre.

 

Röm 15:8 bestimmt die Reichweite der vier Evangelien und lässt uns erkennen, was in Wahrheit Zweck und Ziel des Wirkens des Herrn war, als

 

"ein Diener der Beschneidung.“

 

Das Wort "Beschneidung," in diesem Zusammenhang gebraucht, hat hier einen tiefen Sinn. Es hebt den Unterschied zwischen Israel und allen anderen Völkern im Blick auf die Religion hervor, so wie das Wort Hebräer im Blick auf die Sprache, das Wort Israel im Blick auf die Abstammung, und das Wort Juden im Blick auf ihre Zerstreuung und Nationalität.

 

Das bringt uns auf den Umfang des Wirkens des Herrn. Und wenn wir studieren, wie dieses Wirken in den vier Evangelien dargestellt ist, dann finden wir, dass es jeweils zwei Begriffe zum Gegenstand hat:

 

Das Königreich und den König.

 

Nehmen wir als Beispiel das Matthäus-Evangelium. Dort finden wir die folgende Anordnung:

 

A    Mt 4:12 - Mt 7:28: Das Königreich (verkündet)

B    Mt 8:1 - Mt 16:20: Der König (verkündet)

B    Mt 16:21 - Mt 20:34:   Der König (abgelehnt)

A    Mt 21:1 - Mt 25:46:     Das Königreich (abgelehnt)

 

Das Zeugnis der Schrift

Somit erfahren wir, dass das Wirken unseres Herrn auf die Beschneidung begrenzt war, und die Verheißungen bestätigen sollte, die Gott den Vätern des Volkes Israel gegeben hatte. Also konnte es keineswegs etwas zu tun haben mit der "Gründung einer Gemeinde" oder der Stiftung einer "christlichen Religion".

 

Wir haben das in dem Gleichnis aufgezeigt, das der Herr selber anführte: "Die königliche Hochzeit." Zweimal lehrte er in Gleichnissen über das Königreich: In Mt 13 die Proklamation des Königs und in Mt 21.22 die Ablehnung des Königreichs.

 

Zu den späteren Gleichnissen gehört das von den bösen Weingärtnern. Nachdem der Eigentümer wiederholt Knechte gesandt hatte, Früchte des Weinbergs zu holen, die aber schändlich misshandelt worden waren, sandte er seinen Sohn, den brachten sie um. Darin haben wir die Geschichte der Propheten und der vier Evangelien.

 

Im Gleichnis von der königlichen Hochzeit haben wir seine Knechte (Johannes den Täufer und den Herrn), die ausgesandt wurden, die Gäste zu rufen, die bereits eingeladen waren (von den Propheten des Alten Testaments), denn das Fest war nun fertig vorbereitet.

 

"Doch sie wollten nicht kommen."

 

Das war das Ergebnis und das Ende des Wirkens des Herrn. Dann erfolgt, was eine Kurzfassung der Apostelgeschichte darstellt:

 

"Abermals sandte er andere Knechte aus (Petrus und die Zwölf) und sprach: sagt den Gästen:

Siehe, meine Mahlzeit habe ich bereitet,

meine Ochsen und mein Mastvieh ist geschlachtet,

und alles ist bereit;

kommt zur Hochzeit!

Aber sie verachteten das und gingen weg, einer auf seinen Acker, der andere an sein Geschäft. Einige aber ergriffen seine Knechte, verhöhnten und töteten sie. Da wurde der König zornig und schickte seine Heere aus und brachte diese Mörder um und zündete ihre Stadt an" (Mt 22:1-7).

 

Was ist das anderes als ein Abriss der Apostelgeschichte und der Zerstörung Jerusalems?

 

Das sagt uns, dass die Apostelgeschichte ein

geschichtliches Buch

ist, das als Geschichtsbuch eine einzigartige Stellung im Wort Gottes hat. Es beschließt die geschichtlichen Bücher der ganzen Bibel. Die Geschichte der Verfehlungen Israels wäre unvollständig und hätte, ohne das uns in diesem letzten geschichtlichen Buch dargelegte Geschehen, keinen Abschluss. Dazu ist uns dieses Buch gegeben. Ohne das hätten wir die Geschichte der Ablehnung des Herrn im Land erfahren, und wie er durch sündige Hände gekreuzigt und getötet wurde, aber wir wären ganz in Unkenntnis geblieben über die Erfüllung des prophetischen Gleichnisses des Herrn aus Mt 22:1-7.

 

Obwohl die profane Geschichte uns von der Vernichtung dieser Mörder und vom Brand ihrer Stadt berichtet, wüssten wir ohne die Apostelgeschichte doch wenig von der wirklichen Ursache und nichts von der erneuten Verkündigung der Vergebung für dieses Volk, trotz seines größten Verbrechens; nichts von der wunderbaren Gnade Jahwes, die dieses Verbrechen in die größten Segnungen für sie verkehren würde, wenn sie seinen Sohn annehmen und ehren wollten; nichts von der wunderbaren Verheißung, ihn zu senden, mitsamt diesen Segnungen, um alle Prophezeiungen Jahwes von der Herrlichkeit für sein Volk und sein Land zu erfüllen und das alles unter der einzigen Bedingung, dass sie ihre nationale Buße zeigten, indem sie seinen Sohn ehrten.

 

Außerdem ist die Apostelgeschichte, obwohl weit entfernt, "der Beginn einer Gemeinde" zu sein, doch die Erfüllung der alten Prophetie aus dem "Lied des Mose" über Israels Geschichte, das in 5Mo 32:1-43 überliefert ist. Jeder Israelit musste das auswendig können. Es ist eine konzentrierte Prophetie über Israels ganze Geschichte, vom Anfang bis ganz zum Ende, über die apokalyptischen Gerichte bis hin zum Beginn des tausendjährigen Reiches.

 

Gott hatte zugesagt, der Gott Abrahams und seiner Nachkommen zu sein (1Mo 17:7). Aber Israel hatte sich der Abgötterei schuldig gemacht, die bei allen Propheten als (geistliche) Hurerei bezeichnet wird, und hat sich nie von ganzem Herzen zu Jahwe bekehrt (der doch ihr Ehemann war). Die Nation hatte die Buße abgelehnt, zuerst bei den Propheten, dann bei Johannes dem Täufer und dem Herrn selbst; zuletzt auch, als der Heilige Geist "durch die, die es gehört haben" ihnen Zeugnis gab "durch Zeichen, Wunder und mancherlei mächtigen Taten" und durch Geistesgaben. So wurde schließlich das Urteil der Ausmerzung verkündet.

 

Somit haben wir in der Apostelgeschichte den (aus jüdischer Sicht) von außen geschilderten historischen Bericht dessen, was (aus heidnischer Sicht) intern und in gleichnishafter Form in dem heilsgeschichtlichen Teil des Briefes an die Römer dargestellt wird. Die Lehre vom Olivenbaum hat überhaupt nichts mit der christlichen Gemeinde zu tun, sondern drückt den ganzen geschichtlichen Übergang aus, der in der Apostelgeschichte ausführlich dargestellt wird.

 

5Mo 32:20.21 und Jes 28:14-21 mit Hab 1:5 kombiniert, werden gleichermaßen in der Apostelgeschichte und im Römerbrief als Begründung aus der Schrift angeführt, einerseits für den historischen Bericht und andererseits für die heilsgeschichtliche Lehre.

 

Wenn wir diesen Schlüssel jetzt in die Hand nehmen, dann eröffnet er uns die folgende Struktur der gesamten Apostelgeschichte:

 

(Wendung nach innen und Ausweitung)

 

C    Apg 1:1-3:     Einführung.

D E Apg 1:4 - Apg 2:13:    Jerusalem. Mission des Heiligen Geistes. Zurüstung der Zwölf für ihren künftigen Dienst.

F     Apg 2:14 - Apg 8:1a:  Der Dienst des Petrus (und anderer) für das Volk in Jerusalem und im Land.

G    Apg 8:1b - Apg 11:30: Der Dienst des Petrus im Land Israel (1) an den Juden und (2) an den Heiden.

H    Apg 12:1-23: Jerusalem. Petrus' Verhaftung und Gefangenschaft, anschließender Aufenthalt (Cäsarea) und Ende seines Dienstes.

D E Apg 12:24 - Apg 13:3: Antiochien. Mission des Heiligen Geistes. Zurüstung des Paulus und Barnabas für ihren weiteren Dienst.

F     Apg 13:4 - Apg 14:28: Der Dienst des Paulus (mit anderen) in der Diaspora; getrennt von Jerusalem und den Zwölf.

G    Apg 15:1 - Apg 19:20: Paulus' Dienst in der Diaspora in Gemeinschaft mit den Zwölf (wird "den Juden ein Jude").

H    Apg 19:21 - Apg 28:29:     Jerusalem. Paulus' Verhaftung und Gefangenschaft, anschließender Aufenthalt (Rom) und Ende seines Dienstes.

C    Apg 28:30.31:      Abschluss.

 

Nur wenige Worte sind jetzt zu den großen Abschnitten, die hier augenfällig dargestellt sind, noch notwendig.

 

Als die Ereignisse der Apostelgeschichte begannen, hatte die Erfüllung des Liedes 5Mo 32:20 erreicht, und es stand noch aus, dass sichtbar würde, was an denen geschehen sollte, von denen dort gesagt ist:

 

"... es ist ein verkehrtes Geschlecht, es sind untreue Kinder."

An ihnen sollten die Worte von 5Mo 32:21 erfüllt werden:

 

A    a     "Sie haben mich gereizt

b     durch einen Nicht-Gott.

B    c     Sie haben mich erzürnt

d     durch ihre Abgötterei.

A    a     Ich aber will sie wieder reizen

b     durch ein Nicht-Volk.

B    c     ch will sie erzürnen

d     durch ein gottloses Volk.“

 

Diese Worte sind der Schlüssel zum Buch der Apostelgeschichte. Der Heilige Geist selber hat uns diesen Schlüssel in die Hand gegeben, damit wir im Geschehen der Apostelgeschichte die Erfüllung von 5Mo 32:21 (dieser Vers wäre sonst ganz ohne Erfüllung geblieben!), und die Gründe für die Übertragung der Vorzugsstellung von dem Volk, dessen Vätern sie verheißen waren, auf die Heiden (nicht auf die Gemeinde oder Kirchen) erkennen können.

 

In dem Abschnitt "E" verspricht der Herr Jesus, sie mit geistlicher Kraft auszurüsten und erklärt den elf Jüngern die heilsgeschichtliche Position. Er "redete mit ihnen vom Reich Gottes." Die Frage der Elf zeigt, was er gesagt hatte. Der Herr muss erklärt haben, dass, was immer das Ergebnis der Verkündigung sein würde, die im Begriff war, durchgeführt zu werden, doch zuletzt das Königreich "wiederhergestellt" werden würde, wie alle Propheten geweissagt hatten. Denn sie fragen: "Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel?" Die Frage zielte nur auf die Zeit, nicht auf die Tatsache (Apg 1:6).

 

Im Teil "F" haben wir die zwölf Augenzeugen der Ereignisse im Land, von den Tagen Johannes der Täufers bis zur Auferstehung. Sie sollen nochmals zur Buße rufen und die große Verkündigung wiederholen, dass Jahwe auf die nationale Buße hin Jesus, den Messias, senden werde und nicht nur das Königreich für Israel wieder herstellen, sondern darüber hinaus auch alle Prophezeiungen erfüllen werde, die Gott durch den Mund aller seiner Propheten geweissagt und verheißen hatte.

 

Im Abschnitt "G" sehen wir Petrus den Dienst ausüben, der ihm in Mt 16:19 aufgetragen worden war. Er gebraucht die ihm übergebenen Schlüssel, um das Himmelreich zu öffnen für (1) die Juden im Land und (2) die Heiden in Samaria und Galiläa. Diesen Heiden wurde es gewährt, an Israels Privilegien teilzuhaben, damit die vielen Prophezeiungen erfüllt würden, die das gemeinsame Frohlocken der Heiden zusammen mit Gottes Volk Israel geweissagt hatten, die alle in dem "Lied des Mose" komprimiert sind (5Mo 32:43):

 

J     e     "Preiset, ihr Heiden,

f      sein Volk;

K           denn er wird das Blut seiner Knechte rächen

K           und wird an seinen Feinden Rache nehmen

J     e     und entsühnen das Land

f      und sein Volk.“

 

Alles reifte zu dieser Vollendung heran. Die Kräfte des zukünftigen Äons begannen sich zu offenbaren. Petrus "band" und "löste" in Ausübung richterlicher Funktionen, tat Wunder, die größer waren als die von Christus geschehenen (nach Christi eigenen Worten in Joh 14:12), bewirkte den Tod der Unehrlichen und erweckte Entschlafene vom Tod.

 

Die Zeichen, in Joe 3:1-5 geweissagt, begannen, erlebt zu werden; Zeichen des "großen und schrecklichen Tages des Herrn," der darein münden würde, dass "alles wiedergebracht wird, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn" (Apg 3:21). Das Pfingstgeschehen war das, wovon Joel geweissagt hatte. Diese Tatsache wird vom Heiligen Geist durch Petrus nachdrücklich hervorgehoben. Alles war bereit, und alles wäre damals geschehen und hätte zu der herrlichen Herrschaft Christi und seiner Heiligen geführt, wenn die Nation den Ruf des Petrus befolgt hätte.

 

Aber parallel dazu ging der Abfall des Volkes im Land seinem Höhepunkt entgegen. Satan war ebenfalls am Werk und bereitete seinen Antichrist zu, indem er zu diesem Zweck Herodes gebrauchte, um mit der Ermordung des Jakobus die erste Bresche in die Mannschaft der zwölf Apostel und mit dem versuchten Mord an ihrem Leiter, Petrus. Schließlich ernannte er sich selber mit einer Blasphemie ohnegleichen zum Gott, wie das so nur noch der Antichrist selber tun wird (Apg 12).

 

Im Abschnitt "F" sehen wir die Erfüllung der Prophetie von 5Mo 32:20.21 und finden die Juden voller Eifersucht (Apg 13:45-51), das Volk von Ausmerzung bedroht, während wir im Abschnitt "G" die Aufnahme von Heiden (grundsätzlich) (Apg 13:41-47) durch das Apostelkonzil in Jerusalem bestätigt sehen (Apg 15). Die grundsätzliche Zulassung von Heiden zu den Privilegien Israels reizte die Eifersucht der Juden in der Diaspora (Apg 16 u. Apg 18), und es geschah während dieser Periode, dass Barnabas als Gefährte des Paulus im Dienst ersetzt wurde durch Silvanus, Timotheus, Trophimus, Tychikus und andere. Ebenfalls geschah es in dieser Periode, dass die früheren Briefe des Paulus geschrieben wurden, nämlich 1. und 2. Thessalonicher, 1. und 2. Korinther und Galater.

 

Am Schluss des Buches erreicht die historische Entwicklung ihren Höhepunkt mit dem Ausspruch aus Jes 6:9.10, der hier zum dritten und letzten Mal rezitiert wird (die andern beiden Male sind Mt 13:14.15 und Joh 12:39-41), und der die göttliche Prophetie von Israels Verurteilung zur Blindheit zeigt. Ein paar Jahre später wurde das prophetische Gleichnis vom Hochzeitsfest erfüllt: "Da wurde der König zornig und schickte seine Heere aus und brachte diese Mörder um und zündete ihre Stadt an" (Mt 22:7).

 

Seit diesem epochemachenden Ereignis, dessen volle Tragweite und tragische Folgen kaum jemand ermessen kann, hat Israel die Decke über den Augen und Herzen bis heute behalten. Einerseits sehen wir bis zum heutigen Tag, wie heidnischer Hass sich im Antisemitismus manifestiert, und andererseits gab es nie so erbitterten Hass der Juden gegen die Bekehrungsbewegung.

 

Mit der Apostelgeschichte endete zunächst die jüdische Geschichte. Aus biblischer und heilsgeschichtlicher Sicht, die Jakobus in Apg 15:13-17 unter Berufung auf Am 9:11.12 in Verbindung mit anderen Prophezeiungen darlegt, wird sie auch nicht wieder aufgenommen werden, bevor Entscheidendes geschehen sein wird: Gottes Ratschluss von dem Mysterium (oder Geheimnis), das vor den Propheten verborgen war (1Petr 1:10-12; Eph 3:9), muss nicht nur den Heiden gepredigt worden sein, sondern es muss auch der Leib Christi in die Herrlichkeit aufgenommen und mit Christus als dem Haupt vereinigt worden sein (1Tim 3:16; Phil 3:14; Kol 3:4).

 

Denn im derzeitigen Wirken des Heiligen Geistes wird es eine Veränderung geben, eine Rückkehr zum ursprünglich pfingstlichen Wirken. Damit werden die noch ausstehenden Verse vom "Lied des Mose" (5Mo 32:22-43) wieder aufgenommen und erfüllt:

 

Der große und schreckliche Tag des Herrn wird kommen (Joe 3:1-5).

Für die "Entronnenen, die der Herr berufen wird" (Joe 3:5; Apg 3:19; Dan 9:7), wird das Reich Israel wieder aufgerichtet (Apg 1:6).

Die apokalyptischen Gerichte gipfeln darin, dass die Himmel sich öffnen und der Herr herabsteigt in die Luft (1Thes 4:16.17; Apg 3:20).

Da stehen dann die Füße des Menschensohns auf dem Ölberg, von wo seine Jünger ihn gen Himmel fahren gesehen haben (Apg 1:11.12).

So wird sich seine eigene Verheißung erfüllen, die er bei seiner Himmelfahrt gemacht hatte (Apg 1:3.6).

Wir müssen die weitere Betrachtung dieses Gegenstandes für später aufbewahren, wenn wir zeigen werden, dass die besondere heilsgeschichtliche Phase der Apostelgeschichte weit entfernt davon, der Beginn der Kirchengeschichte zu sein, in Wahrheit vielmehr der biblische Abschluss der vergangenen Geschichte Israels war.

 

Außerdem ist sie charakterisiert:

 

Als Periode der Erwartung, gegründet auf Jahwes Verheißung durch die Propheten und in Apg 3:19-26.

Durch die apostolische Bestätigung der Worte des Sohnes (wie sie in den Evangelien festgehalten sind).

Durch das Zeugnis, das Gott zu dieser Bestätigung (die in der Apostelgeschichte festgehalten ist) noch hinzugefügt hat, einmal "durch mitfolgende Zeichen" (Mk 16:17-20), und zum andern durch "Zeichen, Wunder und mancherlei mächtige Taten und durch die Gaben des Heiligen Geistes nach seinem Willen" (Hebr 2:4; 1Kor 12:11).

 

Dann und nicht früher werden wir den Beweis zu würdigen wissen, den wir bereits gegeben haben, dass die Frühbriefe des Paulus nicht über den Rahmen der heilsgeschichtlichen Phase der Apostelgeschichte hinausgehen, sondern da hineingehören und mit deren Charakter übereinstimmen. Vorher werden wir die Entfaltung der neuen heilsgeschichtlichen Phase (in die unser Los glücklich gefallen ist) nicht verstehen können, die in den späteren Briefen offenbart ist, die er aus der Gefangenschaft an die Gemeinden (in Ephesus, Philippi und Kolossä) geschrieben hat.

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

1 1. Phase der Erwartung

1.1 Die erste Schriftstelle:

1.2 Die zweite Schriftstelle

1.3 Die dritte Schriftstelle

1.4 Die vierte Schriftstelle

1.5 Die fünfte Schriftstelle

1.6 Die sechste Schriftstelle

1. Phase der Erwartung

begründet auf Jahwes Verheißungen

 

 

Wie die Bekräftigung derer, "die es gehört haben," auf den Worten des Herrn beruhte, und Gottes Zeugnis für ihre Bestätigung auf dem Wirken des Heiligen Geistes, so war der Zustand der Erwartung, der diese Phase der Apostelgeschichte kennzeichnet, auf Jahwes Worte gegründet. Um die zu sehen, brauchen wir nur bis zu Maleachi, dem letzten Propheten des Alten Testaments, zurückzublättern.

 

Das Alte Testament endet mit der schwerwiegenden Anklage wegen der moralischen Verfassung Israels; eine Anklage, die dem Volk Heuchelei, Abtrünnigkeit und Missachtung der Gebote Gottes vorwirft. Das Volk hatte die Dreistigkeit, diese Anklagen jeweils als unberechtigt zurückzuweisen. Dieser Zustand machte das künftige Gericht unausweichlich. Die eigentliche Überschrift über die Prophetie Maleachis ist kennzeichnend, aufschlussreich und sehr ernst: "Dies ist die Last, die der Herr ankündigt für Israel durch Maleachi" (Mal 1:1). Sie weist auf die Krise, die das Volk erreicht hatte.

 

Maleachis Prophetie lässt sich nur verstehen, wenn man sie im Licht vom "Tag seines Kommens" betrachtet. In den abschließenden Worten ist die Erklärung enthalten, die sie mit dem Beginn der Geschichte des Neuen Testaments verknüpft: "Siehe, ich will euch senden den Propheten Elia, ehe der große und schreckliche Tag des Herrn kommt" (Mal 3:23).

 

Die heilsgeschichtliche Phase des Neuen Testaments wird mit der Erfüllung dieser Verheißung Jahwes eingeleitet, die in der Person Johannes des Täufers gegeben ist. Johannes kam mit dem Auftrag, das Volk zur Buße zu rufen. Der Grund war, dass das Himmelreich, der Gegenstand der Prophetie des Alten Testaments, nahe gekommen war.

 

Der "Engel des Bundes" (Mal 3:1) erklärt selbst von Johannes: "... wenn ihr's annehmen wollt: er ist Elia, der da kommen soll" (Mt 11:14).

 

Das bestimmt die Reichweite der Geschichte des Evangeliums.

 

Das Ziel des Engels des Bundes war nicht die "Gründung einer Gemeinde," sondern "der Tag seines Kommens." An diesem Tag sollte der gläubige Überrest gerettet und das abtrünnige Volk gerichtet werden. An diesem Tag sollte Gold und Silber geläutert und die Schlacke weggetan werden (Mal 3:3); das "Eigentum" sollte gesammelt (Mal 3:17) und das Stroh verbrannt werden (Mal 3:19). An diesem Tag würde er sich "erbarmen" über die "Söhne“(Mal 3:17) und die Gottlosen zertreten. Inmitten der Dunkelheit des Schreckens für die Gottlosen soll für die Gläubigen "aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit und Heil unter ihren Flügeln“ (Mal 3:20).

 

Das Tor der Hoffnung war noch nicht versperrt. Elia würde gesendet werden, und wenn das Volk Buße tun und zu Jahwe zurückkehren würde, dann würde der "Bann" mit dem die Prophetie endet, abgewendet werden.

 

Nach vier Jahrhunderten kam "der Tag seines Kommens" näher. Die Phase, die sich durch Erwartung auszeichnet, hatte begonnen. Die einen warteten "auf den Trost Israels" (Lk 2:25) und auf "die Erlösung Jerusalems" (Lk 2:38), andere warteten "auf das Reich Gottes" (Mk 15:43) oder "hofften, er sei es, der Israel erlösen werde" (Lk 24:21). "... alle dachten in ihren Herzen von Johannes, ob er vielleicht der Christus wäre..." (Lk 3:15). Erwartung kennzeichnete diese Phase, die von den vier Evangelien abgedeckt wird. Dieselbe Erwartung wurde in die Phase der Apostelgeschichte übernommen und blieb bis zum Ende dieses Buches bestehen. Die Erwartung hatte Jahwes eigenes Wort zur Grundlage.

 

Wir geben jetzt sechs Schriftstellen aus der Apostelgeschichte, die zeigen und beweisen, dass die ERWARTUNG das eigentlich Kennzeichnende war, und weit entfernt davon, dass irgendwo in diesem Buch der Beginn "der Gemeinde" zu finden wäre, zieht sich durch das ganze Buch der Zustand der Erwartung bis zum letzten Kapitel.

 

Die erste Schriftstelle:

Apg 1:3.6

 

Gleich zu Beginn wird uns gesagt, über welches Thema der Herr in den vierzig Tagen zwischen Auferstehung und Himmelfahrt gelehrt hatte. Er "redete mit ihnen vom Reich Gottes."

 

Ein anderes Thema wird nicht genannt, und es steht uns nicht an, zu vermuten, der Herr habe die Aufmerksamkeit seiner Jünger auf irgend ein anderes Thema gelenkt. Wie er es behandelt hat, können wir mit Sicherheit aus Lk 24 zusammentragen. Von daher ist es klar, dass seine Zuhörer weise Herzen brauchten und die Fähigkeit, schnell zu glauben, was die Propheten geredet hatten (Lk 24:25).

 

Die Jünger waren in dieser Beziehung nicht anders als die jüdischen Zuhörer des Herrn und alle Juden dieser Zeit. Sie konnten wohl glauben, was die Propheten von DER HERRLICHKEIT geredet hatten, aber sie waren "trägen Herzens, ALL dem zu glauben," besonders, was das Leiden des Herrn betraf. Sie wollten nicht glauben, dass ihr Messias leiden müsste. So entwickelten sie, neben anderen Versuchen, diese Prophetie weg zu erklären, auch die Theorie von den zwei Messias-Gestalten; der eine Messias, "der Sohn Davids," der herrschen würde, und der andere Messias, "der Sohn Josephs", der leiden würde.

 

Es mag sein, dass Johannes der Täufer daran dachte, als er zwei seiner Jünger sandte, um zu fragen: "Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern (griech.: heteros = ein anderer, der verschieden ist, nicht allos = ein anderer, ähnlicher) warten?" (Mt 11:3). Der Herr antwortete nicht "ja" oder "nein," sondern führte die Prophezeiungen an (Jes 35:5.6; Jes 42:6.7), die in Bezug auf das Ziel der Frage neutral waren, aber durchaus genügten, den Hinweis zu erbringen, der sie wahrhaftig beantwortete. Um diesen Irrtum richtig zu stellen, fragte der Herr die beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus: "Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?" (Lk 24:26)

 

Der Heilige Geist erklärte später durch Petrus, dass die Propheten schon vorher bezeugt hatten "die Leiden, die über Christus kommen sollten, und die Herrlichkeit danach" (1Petr 1:11). Der Glaube an das, was die Propheten geschrieben hatten, ließ eine Frage offen: Die Frage nach der Zeit, also welche Zeitspanne vergehen müsste zwischen "den Leiden" und "der Herrlichkeit." Diese Schwierigkeit hatten die Propheten selber erfahren. Sie "haben geforscht, auf welche und was für eine Zeit der Geist Christi deutete, der in ihnen war und zuvor bezeugt hat die Leiden, die über Christus kommen sollten, und die Herrlichkeit danach" (1Petr 1:11).

 

Die Jünger, mit denen der Herr in Apg 1:3 "vom Reich Gottes" redete, waren über dieselbe Frage verwirrt, die den Propheten Not bereitet hatte: "Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel?" Aber der Herr antwortete: "Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat" (Apg 1:6.7).

 

Die Zeit der Wiederherstellung hing ab von der Erfüllung anderer Prophezeiungen, deren älteste Jahwe zu Mose in 3Mo 26 geredet hatte, wo er am Berg Sinai nach der Schilderung von Israels Sünde und dem Gericht der Gefangenschaft und Zerstreuung damit schließt, dass er eine unabdingbare Voraussetzung zwischen ihm und dem Volk Israel durch Mose festlegt:

 

"Da werden sie dann bekennen (Interl.: Bekennen sie dann)

ihre Missetat und ihrer Väter Missetat,

dass sie mir untreu gewesen sind

und mir zuwider gehandelt haben.

Darum habe ich auch ihnen zuwider gehandelt

und sie in das Land ihrer Feinde getrieben.

Da wird sich ja ihr unbeschnittenes Herz demütigen,

und dann werden sie die Strafe für ihre Missetat abtragen.

Und ich werde an meinen Bund mit Jakob gedenken

und an meinen Bund mit Isaak

und an meinen Bund mit Abraham

und werde an das Land gedenken" (3Mo 26:40-42).

 

Das ist die Schrift, an die Salomo erinnerte, und auf die er sich bei der Einweihung des Tempels berief, als Israels Ruhm auf dem Höhepunkt war, in den Schlussworten seines Gebets (1Kö 8:46-53).

 

Das war die Schrift, an die Esra erinnerte in seinem Gebet (Esr 9:15; Esr 10:11).

 

Das war die Schrift, an die Nehemia in seinem Gebet erinnerte (Neh 1:5-11) und die Leviten in ihrem Gebet (Neh 9:26-37).

 

Das war die Schrift, an die Daniel erinnerte in seinem ernsten Gebet (Dan 9:4-19), "wie es geschrieben steht im Gesetz des Mose“ (Dan 9:13).

 

Diese Schrift ist die Grundlage des Aufrufs von Hosea:

 

"Bekehre dich, Israel, zu dem Herrn, deinem Gott;

denn du bist gefallen um deiner Schuld willen.

Nehmt diese Worte mit euch und bekehrt euch zum Herrn und sprecht zu ihm:

Vergib uns alle Sünde

und tu uns wohl,

so wollen wir opfern die Frucht unserer Lippen

So will ich ihre Abtrünnigkeit wieder heilen;

gerne will ich sie lieben;

denn mein Zorn soll sich von ihnen wenden" (Hos 14:2-5)

"Wer ist weise, dass er dies versteht,

und klug, dass er dies einsieht?" (Hos 14:10)

 

3Mo 16 war die Schrift, die dem Aufruf Johannes des Täufers zugrunde lag: "Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!" (Mt 3:2).

 

Die einleitenden Worte zum Wirken des Herrn basierten auf der gleichen Schrift:

 

"Seit der Zeit (als der Dienst Johannes des Täufers geendet hatte (Mt 4:12) fing Jesus an zu predigen: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!" (Mt 4:17).

 

Das war für Petrus die Grundlage zu seinem Aufruf am Tag des Pfingstgeschehens. Als die Angesprochenen ihn fragten: "Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir tun?" Da antwortete ihnen Petrus:

 

"Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des heiligen Geistes. Denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung, und allen, die fern sind, so viele der Herr, unser Gott, herzurufen wird" (Apg 2:37-39).

 

Diese Schrift war die Basis für den zweiten Aufruf des Petrus in Apg 3:19-26.

 

Aber leider blieben alle diese Aufrufe gleichermaßen unbeachtet, und in der Apostelgeschichte endet der Dienst des Petrus mit der Ablehnung des Zeugnisses durch das Volk in Jerusalem und im Land. Stephanus wird gesteinigt und Petrus kommt ins Gefängnis. Der Dienst des Paulus unter den zerstreuten Stämmen endet in Apg 28 in Rom, das die Hauptstadt der Diaspora war, mit der formellen Ablehnung seines Aufrufs bei einer Ganztags-Konferenz, zu der die "Angesehensten der Juden" zusammengerufen worden waren (Apg 28:17-28).

 

Nach dieser endgültigen und formellen Ablehnung wurde ihre Stadt zerstört, der Tempel verbrannt, und alles, was ihnen vom heiligen Tempelbezirk geblieben ist, ist eine

 

Klagemauer,

 

während sie ihre ganze Zerstreuung hindurch klagen aber nicht über ihre nationale Sünde, sondern über deren Folgen; nicht über ihre Schuld, sondern über ihr Elend.

 

Vierzig Tage lang redete der Herr zu ihnen "vom Reich Gottes" und erklärte ihnen, warum er leiden musste, und versicherte ihnen, dass er "in seine Herrlichkeit eingehen" werde zu der Zeit, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat. Inzwischen sollten sie aufrufen zur Buße, der einzigen Voraussetzung für die nationale Wiederherstellung und Segnung.

 

Die zweite Schriftstelle

Apg 1:11

 

Auch das macht die heilsgeschichtliche Phase, die von der Apostelgeschichte abgedeckt wird, zu einer Phase der Erwartung. Unmittelbar nach der Himmelfahrt des Herrn wurde den Jüngern durch das Zeugnis von Engeln zugesichert:

 

"Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen" (Apg 1:11).

 

Sie standen auf dem Ölberg und wurden so an die Prophetie Sacharjas erinnert, "seine Füße werden stehen zu der Zeit auf dem Ölberg" (Sach 14:4).

 

Diese Worte waren zu den Jüngern gesprochen worden. Sie bezogen sich nur auf die Tatsache, nicht auf die Zeit. Der Herr hatte ihnen schon gesagt, dass die Zeit "der Vater in seiner Macht bestimmt hat." Aber sie müssen von diesem Augenblick an in ständigem Hoffen und Erwarten der Erfüllung dieser Verheißung gelebt haben. Sie gingen nicht an ihre Arbeit mit der gefestigten Überzeugung, dass die Erfüllung nicht stattfinden würde, bevor einige neunzehnhundert Jahre vergangen wären. Denn, hatte nicht der Herr selbst erklärt, als er noch bei ihnen war:

 

"Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen" (Joh 16:16).

 

Die Auslassung jeglicher Zeitangabe verwirrte sie ebenso wie die Propheten, und wie sie den beiden Jüngern unterwegs nach Emmaus Sorge machte, und den Elf in Apg 6. Hier (Joh 16:18) fragten sie sich untereinander, welche Zeit der Herr meinte: "Was bedeutet das, was er sagt: Noch eine kleine Weile? Wir wissen nicht, was er redet."

 

Aber der Herr antwortete mit großem Ernst:

 

"Wahrlich, wahrlich, ich sage euch...

ihr werdet traurig sein,

aber eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden...

Ihr habt nun Traurigkeit;

aber ich will euch wiedersehen,

und euer Herz soll sich freuen,

und eure Freude soll niemand von euch nehmen" (Joh 16:20-22)

 

Sie erhielten noch immer keine Zeitangabe. Aber diese Zusicherung ließ sie nach der Himmelfahrt nach Jerusalem zurückkehren "mit großer Freude" (Lk 24:52). Sollten wir annehmen, dass sie "allezeit im Tempel" waren "und priesen Gott" (K: lobten und segneten Gott), wenn sie dem Wort des Herrn nicht geglaubt hätten? Oder wenn sie gedacht hätten, er hätte gemeint, dass diese Freude erst nach einigen neunzehnhundert Jahren verwirklicht werden sollte? Ist es möglich, dass im gleichen Satz der Ausdruck "eine kleine Weile" im ersten Satzteil ein paar Tage bedeutet hätte und neunzehn Jahrhunderte im nächsten Satzteil?

 

Sicher ist das unmöglich. Ebenso unmöglich ist es, sich vorzustellen, dass ihre "große Freude" beim Hören dieser feierlichen Verheißung unangebracht gewesen wäre. Die einzige Erklärung, die all diese Schwierigkeiten befriedigend löst, ist, dass die verheißene parousia möglicherweise zu einem nicht fernen Zeitpunkt stattfinden könnte, wobei der Gehorsam des Volks und der Diaspora gegenüber der Aufforderung zur Buße die einzige Bedingung war.

 

Die dritte Schriftstelle

Apg 2:16-20

 

"... das ist's, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist:

Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott,

da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch;

und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen,

und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen,

und eure Alten sollen Träume haben;

und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen

von meinem Geist ausgießen,

und sie sollen weissagen.

Und ich will Wunder tun oben am Himmel

und Zeichen unten auf Erden,

Blut, Feuer und Rauchdampf;

die Sonne soll in Finsternis

und der Mond in Blut verwandelt werden,

ehe der große Tag der Offenbarung des Herrn kommt" (Joe 3:1-4).

 

In diesem Abschnitt haben wir eine göttliche und vollmächtige Auslegung von Joels großer Prophezeiung. Wir wissen alle nur zu gut, wie wir uns abgemüht haben mit dieser Schriftstelle, um die Schwierigkeit zu klären, die in diesem "das ist's" liegt, und wie wir uns innerlich unbefriedigt fühlten. Aber alles ist klar, sobald wir diese Stelle aus der Perspektive ihrer heilsgeschichtlichen Phase betrachten.

 

Joel spricht durch den Heiligen Geist von Ereignissen, die "in den letzten Tagen" jener heilsgeschichtlichen Phase stattfinden sollten; Ereignisse, die zuvor geschehen sollten, und anderen, die zum Ende hinführen, zum Tag des Herrn. Die "letzten Tage" von Apg 2:17 sind "jene Tage" von Apg 2:18, und der Beginn von Joels Prophezeiung wurde gerade vor ihren Augen erfüllt. Sie beziehen sich auf "den Tag seines Kommens" von Mal 3:2+19; und "jene Tage" (K) von Mt 24:29. Alle sprechen von den gleichen Ereignissen, bemerkenswert besonders die letzteren Worte des Herrn selbst; und alle sprechen von jenen Tagen als nahe bevorstehend.

 

Wie viel einfacher, leichter und befriedigender ist es, an Gottes Wort zu glauben, als es weg zu erklären, da wir einerseits nicht annehmen können, dass Joel von Pfingsten als dem Beginn der Gemeinde Prophezeite, und da wir andererseits nicht mit der überwiegenden Mehrheit glauben können, dass "der Tag des Herrn" tatsächlich mit der Zerstörung Jerusalems gekommen sei!

 

Nichts kann Petrus' Zitat und Auslegung von Joels Prophezeiung genügen, als die heilsgeschichtliche Lehre, dass zu Pfingsten der Beginn der Ereignisse geschah, die zu der Wiederherstellung des Königreichs für Israel hinführen sollten (was der Gegenstand von Joels Worten war); und dass deren vollständige Erfüllung ausgesetzt und verzögert wurde wegen Israels fortgesetzten und anhaltenden Ungehorsams gegenüber dem Ruf zur Buße, die doch die Grundlage der Prophezeiung war.

 

Die Verheißung, die auch die Ausgießung des Geistes "auf alles Fleisch" enthielt, wurde aus dem gleichen Grunde damals nicht erfüllt. Das allein zeigt schon, dass Israels Unbußfertigkeit der einzige Grund war, und nicht ein Fehler in Jahwes Wort. Die Erfüllung dieses Ausgießens auf alles Fleisch ist deshalb ausgesetzt.

 

Das ist eine befriedigende Lösung all der Schwierigkeiten, mit denen irrige Ansichten diese wichtige Schriftstelle umstellt haben.

 

Die vierte Schriftstelle

Apg 2:40

 

"Auch mit vielen anderen Worten bezeugte er (Petrus) das und ermahnte sie und sprach: Lasst euch erretten aus diesem verkehrten Geschlecht (von dieser verschrobenen Generation)".

 

Diese abschließenden Worte seiner ersten Ansprache machen die Tatsache gewiss, dass die Generation, die Petrus erwähnt, "diese Generation" ist, von der unser Herr in Mt 24:34 gesprochen hatte. Es war dieselbe Generation diese böse und ehebrecherische Generation, die schon Johannes der Täufer ermahnt hatte, dem zukünftigen Zorn zu entfliehen. Es war dieselbe Generation, die den einzigartigen Vorzug hatte, den Menschensohn selbst zu sehen und zu hören, die das Maß ihrer Sünden voll machte, und der das Gericht damals unmittelbar bevorstand.

 

Lukas hat in seinem Evangelium die Ereignisse dieser Generation aufgezeichnet, beginnend im Jahr 4 v.Chr. und endend mit dem Tode des Herrn im Jahr 29 n.Chr., also die dreiunddreißig Jahre des Herrn. Die Generation, die Petrus' Aufruf in Apg 2 hörte, begann im Jahr 29 und ging bis etwa 62 n.Chr. Das war eine zweite und ähnliche Zeitspanne von dreiunddreißig Jahren und endete mit Apg 28:25.26. Diese "verkehrte Generation" von Apg 2 war deshalb dieselbe, die den Aufruf Johannes des Täufers und des Herrn gehört hatte: "Tut Buße und bekehrt euch zum Herrn."

 

Das bringt uns zur nächsten Schriftstelle.

 

Die fünfte Schriftstelle

Apg 3:12-26

 

Es ist nicht nötig, diesen langen Abschnitt vollständig anzuführen. Unsere Leser sollten ihn selber aufschlagen und lesen und die Worte als direkt von Gott, dem Heiligen Geist, kommend aufnehmen. Glücklicherweise hängt keine von diesen Schriftstellen von einer unangemessenen Übersetzung oder besonderen Auslegung ab. Jede ist klar, einfach und leicht verständlich. Alles was man braucht, ist ein kindliches Vertrauen, um an Gott zu glauben und zu hören, was er veranlasst hat, dass es "uns zur Lehre geschrieben" wurde.

 

Am Ende der Ansprache des Petrus, in Apg 2:41, haben wir eine kurze Schilderung, die besagt: "Die nun sein Wort aufnahmen, ließen sich taufen." Diese Zuhörer von damals werden in Hebr 6:4.5 so beschrieben: "... die einmal erleuchtet worden sind und geschmeckt haben die himmlische Gabe und Anteil bekommen haben an pneuma hagion (d.h. am Heiligen Geist und den geistlichen Gaben) und geschmeckt haben das gute Wort Gottes und die Kräfte der zukünftigen Welt" (Zeitalter).

 

In Apg 2:44 wird uns gesagt, dass sie den göttlichen Sozialismus geschmeckt haben, denn "sie hatten alle Dinge gemeinsam," was die Welt jetzt vergeblich zu erlangen sucht, überdrüssig der Unfähigkeit des Menschen, so etwas wie eine gute Regierung zu erreichen. Sie hatten die "Zeichen und Wunder" geschmeckt, die die Apostel bewirkt hatten. "Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem einer nötig hatte." Das waren nicht die Zeichen der Gemeindegründung. Auf jeden Fall sehen wir solche Zeichen jetzt nicht, noch möchten wir es! Das gehörte zu den Zeichen des neuen Zeitalters, das damals gerade im Anbrechen war.

 

"Sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel." Sie waren nicht darauf versessen, eine "organisierte Christenheit" zu bilden. Aber sie verehrten den Gott ihrer Väter in seinem eigenen Tempel in Jerusalem. Sie verließen die Versammlung nicht, sondern ermahnten einander um so mehr, als sie sahen, "DASS SICH DER TAG NAHT" "der Tag," von dem Joel geweissagt, und den Petrus bezeugt hatte.

 

In einem Punkt unterschieden sie sich von allen andern Israeliten, die es ablehnten, der neuen Offenbarung der heilsgeschichtlichen Wahrheit zu glauben, die Gott durch die Apostel machte: Sie brachten keine Opfer mehr dar und deshalb brachen sie ihr Brot (d.h. "aßen ihr Fleisch") nicht mehr in den Vorhöfen des Tempels, sondern "daheim" in ihren eigenen Häusern (Apg 2:46).

 

Wer weiterhin opferte, leugnete das einmalige Opfer Christi, das er ein für allemal geopfert hat, und wird in Hebr 10:29 bezeichnet als "der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das Blut des Bundes für unrein hält," von dem er gesagt hatte: "das ist mein Blut des (neuen) Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden" (Mt 26:28).

 

Dieser neue Bund, der geschlossen wurde, war die Grundlage für Petrus' zweite Ansprache in der fünften Schriftstelle der Apostelgeschichte, die wir jetzt betrachten. Der Anlass war eins der "vielen Wunder und Zeichen" die durch die Apostel geschahen (Apg 2:43). Das Wunder geschah wahrscheinlich wenige Tage nach dem Pfingsttag. Es wird uns nicht gesagt, wieviel Zeit verging. "Petrus und Johannes gingen hinauf in den Tempel um die neunte Stunde, zur Gebetszeit" (etwa 15 Uhr) (Apg 3:1), und der Gelähmte wurde an der Tür des Tempels geheilt.

 

Das Wunder beeindruckte die Leute, die es sahen, so stark, dass sie "Verwunderung und Entsetzen erfüllte." Das ließ Petrus seine zweiten Rede halten, in der er dem Volk die Schwere seiner Schuld vorhielt, dass sie "den Heiligen und Gerechten" verleugnet, und darum gebeten hatten, dass man ihnen "den Mörder schenke; aber den Fürsten des Lebens habt ihr getötet."

 

Er schließt mit den Worten:

 

"Nun, liebe Brüder, ich weiß, dass ihr's aus Unwissenheit getan habt, wie auch eure Oberen. Gott aber hat erfüllt, was er durch den Mund aller seiner Propheten zuvor verkündigt hat: dass sein Christus leiden sollte. So tut nun Buße und bekehrt euch, dass eure Sünden getilgt werden, damit die Zeit der Erquickung komme von dem Angesicht des Herrn und er

 

den sende, der euch zuvor zum Christus bestimmt ist: Jesus.

 

Ihn muss der Himmel aufnehmen bis zu der Zeit, in der alles wiedergebracht wird, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn" (Apg 3:18-21).

 

Petrus zitiert dann noch Mose (5Mo 8:18) und erwähnt besonders Samuel. Und warum Samuel? Weil Samuel der Prophet war, der als erster Israels Sünde anprangerte, dass sie Jahwe als König abgelehnt und lieber einen menschlichen König gewollt hatten, wie alle Völker umher. Wie passend und ernst war doch diese Erwähnung Samuels an diesem kritischen Punkt in der späteren Geschichte Israels, als das Volk wieder seinen König und die Verheißung Jahwes, ihn als Herrscher zu senden, ablehnte.

 

Wir brauchen auf diese zweite Ansprache des Petrus nicht weiter einzugehen. Sicher brauchen wir auch kaum zu betonen, welche ernstzunehmende Alternative es gäbe. Der Heilige Geist, der durch Petrus sprach, müsste sonst mit der Verheißung, Jesus Christus zu senden, das Volk genarrt haben, wenn die Erfüllung nicht nahe vor der Tür gestanden hätte unter der genannten Bedingung. Ganz gewiss lag diese "Zeit der Erquickung" und der "Wiederherstellung" damals nicht in einer fernen Zukunft von neunzehn Jahrhunderten.

 

Was für ein dringendes Motiv für sofortige nationale Buße wäre diese Verheißung sonst gewesen?

 

Der Herr selbst hatte von dieser "Zeit" als von der "Wiedergeburt" gesprochen (Mt 19:28), die das Äquivalent für diese "Wiederherstellung" ist. Die war das Werk von Johannes dem Täufer, der, wenn man ihn angenommen hätte, der Elia gewesen wäre, der kommen sollte (Mk 9:12). Diese "Zeit" ist für uns in (Mk 9:20) bestimmt, wo davon gesprochen wird, dass der Herr den Christus sendet, der Jesus ist, das ist die Zeit, in der alle Prophezeiungen von der Herrlichkeit erfüllt werden sollten. Aber leider wurde die gestellte Bedingung nicht erfüllt. Weder die Nation noch die Juden in der Diaspora taten Buße. Deshalb sind alle erwarteten Segnungen notwendigerweise in Verzug gekommen und stehen noch heute aus.

 

Sie konnten auch nicht erfüllt werden durch das Entstehen der "christlichen Kirche". Nicht die heiligsten Einzelperson hätte die sichtbaren, leiblichen Wunder hervorbringen können, die mit der "Wiederherstellung" verbunden sind, von der die Propheten gesprochen haben. Dass die Steppe blühen soll wie die Lilien und Ströme im dürren Lande hervorbrechen (Jes. 35 usw.). Ganz gewiß gab es keine solche "Wiederherstellung" bei der Zerstörung Jerusalems, wie viele irrig meinen. Ihr folgte eine weitere Zerstreuung, und nicht die verheißene "Sammlung." Wir brauchen nur Jes 30 und 31 zu lesen, um uns davon zu überzeugen.

 

Die sechste Schriftstelle

Apg 17:30.31

 

Das hat der Apostel Paulus zu Heiden in Athen gesagt. Da sprach er nicht von der Erfüllung alttestamentlicher Prophetie, sondern stellte Tatsachen fest, und dazu gehörte:

 

"Zwar hat Gott über die Zeit der Unwissenheit hinweggesehen; nun aber gebietet er den Menschen, dass alle an allen Enden Buße tun. Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat."

 

Nur zwei Bemerkungen sind notwendig:

 

Der "Tag," von dem hier die Rede ist, ist derselbe "Tag," auf den in allen von uns angeführten Schriftstellen Bezug genommen wird.

Das Verb, das mit "er wird richten" übersetzt wird, ist keine Zukunftsform des Wortes richten, sondern ein Kombination von zwei verschiedenen Wörtern, nämlich der Präsensform mello = 'im Begriff sein' und dem Infinitiv des Wortes krino = 'richten'.

Wieder merken wir, dass der Apostel nicht von einem Ereignis spricht, das beinahe zwei Jahrtausende später stattfinden würde, sondern von einem Gericht, das bald stattfinden konnte. Wenn man diese Tatsache berücksichtigt, dann bezieht er sich auf die Worte des Herrn in Joh 5:22.27 und "bekräftigt" sie.

 

Diese sechs angeführten Schriftstellen aus der Apostelgeschichte genügen, um unsere zweite Aussage aufzustellen, und zu zeigen, dass ohne weitere Argumente das Buch der Apostelgeschichte eine einmalige und gesonderte Phase der Heilsgeschichte bildet: eine Zeitspanne der Erwartung.

 

 

 

 

1 2. Phase des bestätigenden Zeugnisses

1.1 Vor der Zerstörung Jerusalems

1.1.1 Der erste Zeitabschnitt der Apg

1.1.2 Der heilgeschichtliche Einschaub

1.1.3 Die Erwartung der Parusia

1.2 Wendepunkt in Israels Geschichte

2. Phase des bestätigenden Zeugnisses

Wir müssen jetzt zeigen, dass diese Zeitspanne, die von der Apostelgeschichte abgedeckt wird, dadurch gekennzeichnet ist, dass die Worte des Herrn bestätigt wurden, die er während seines irdischen Wirkens geredet hatte. Das wird in Hebr 2:3 kategorisch festgestellt.

 

Der Brief an die Hebräer beginnt mit der schwerwiegenden Tatsache, dass die Bibel insgesamt den Anspruch erhebt, das Wort Jahwes zu sein. Dieser Anspruch stellt uns vor die grundlegende Frage der Inspiration. Wenn nämlich dieser Anspruch nicht berechtigt wäre, dann würde die Bibel aufhören, auch nur ein gutes Buch zu sein. Dieser Anspruch ist deshalb für uns von allumfassender Bedeutung. Ob nämlich "durch die Propheten," oder "durch den Sohn," oder durch die Evangelisten oder Apostel - immer ist es Jahwe, der spricht, und alle diese überlieferten Worte sind gleichermaßen göttlich. Kein Vers ist stärker autorisiert als ein anderer.

 

Der Plan des Feindes, Testamente mit unterschiedlich gewichteten Schriftstellen herauszugeben, lässt sich sofort als Versuch zur Blendung der Leser erkennen. Es wäre der Verlust der später verheißenen Worte des "Geistes der Wahrheit," offenbart durch "Paulus, den Gefangenen Christi Jesu," die in 2. Tim. 1, 8 allem gleichgestellt werden, was Jahwe geredet hat. Diese Tatsache verurteilt alle Bücher, die die Worte des Herrn Christus als wichtiger ansehen als die inspirierten Worte anderer Autoren der Bibel, oder die der "Lehre" des einen größere Autorität zumessen als der von anderen.

 

Was für ein wunderbares Licht wirft doch diese Tatsache auf die Eingangsworte des Hebräerbriefes, wie sich aus der Struktur der ersten zwei Kapitel ersehen lässt:

 

Hebräer:

 

A    Hebr 1:1-2a: Gottes Reden durch die Propheten und durch seinen Sohn.

B    Hebr 1:2b-14:      Der Sohn: "Gott (Hebr 1:8), "viel höher als die Engel" (Hebr 1:4).

A    Hebr 2:1-4:   Gottes Reden "durch Engel" (Hebr 1:2). und seinen Sohn (Hebr 1:3). und "durch die, die es gehört haben" (Hebr 1:4).

B    Hebr 2:5-18: Der Sohn: "Mensch" (Hebr 1:6): "eine kleine Zeit niedriger als die Engel" (Hebr 1:7).

 

Aus diesem Aufbau erkennen wir, dass wir diese beiden Kapitel nur verstehen, wenn wir den Teil B ( Hebr 1:2b-14) als Einschub zu den Teilen A (Hebr 1:1-2a) und A (Hebr 2:1-4) betrachten, und dass A (Hebr 2:1-4) als Einschub zu B ( Hebr 1:2b-14) und B (Hebr 2:5-18) anzusehen ist. Mit anderen Worten, wir müssen von Apg 1:2a nach Apg 2:1 springen und von Apg 1:14 nach Apg 2:5. Nur dann erkennen wir das Gewicht des Wortes "DARUM" am Anfang von Apg 2:1 und das Gewicht des Wortes "DENN" am Anfang von Apg 2:5.

 

Das alles rückt die Apg 2:3.4 in ihre richtige Perspektive und lässt uns ihre umfassende Bedeutung erkennen. Vers 3 enthält unser augenblickliches Thema, denn er bezieht sich auf die ganze heilsgeschichtliche Phase der Apostelgeschichte nach rückwärts blickend, so wie das Gleichnis von der königlichen Hochzeit vorausblickt. Beide beziehen sich auf die ganze heilsgeschichtliche Phase der Apostelgeschichte. Das Gleichnis befasst sich mit dem äußeren, historischen Geschehen, während Hebr 2:3 den geistlichen Gehalt der Verkündigung zum Gegenstand hat.

 

Hebr 2 beginnt mit einem Aufruf, zu hören und aufzumerken; denn "wenn das Wort (das Gesetz) fest war (bestätigt ward bebaios), das durch die Engel gesagt ist, und jede Übertretung und jeder Ungehorsam den rechten Lohn empfing, wie wollen wir entrinnen, wenn wir ein so großes Heil nicht achten, das seinen Anfang nahm mit der Predigt des Herrn und bei uns bekräftigt (bebaioo) wurde durch die, die es gehört haben?"

 

Man beachte diese zweifache Bestätigung, die in vielen Übersetzungen verloren geht, weil das erste Wort z. B. bei Luther mit 'fest war' anstatt 'bestätigt' oder 'bekräftigt' wiedergegeben ist. Das Wort (des Gesetzes) durch Engel-Vermittlung gesprochen, war dadurch bestätigt, dass "jede Übertretung und jeder Ungehorsam den rechten Lohn empfing." Ebenso wurde das Wort von dem "so großen Heil," das der Herr gesprochen hatte, bekräftigt durch die, die es gehört hatten. Daher mussten die Folgen für das Missachten der Worte des Herrn noch ernster sein. "Übertretung und Ungehorsam" wiegen hier noch schwerer und werden ganz entsprechendes Urteil im Gericht nach sich ziehen, wie das unser Herr geweissagt hat.

 

Vor der Zerstörung Jerusalems

Die Zerstörung ihrer Stadt (Jerusalem) stand nahe bevor, wie aus der ernsten Warnung gegen Ende des Briefes hervorgeht, bezogen auf das Reden des Herrn Jesus selbst:

"Seht zu, dass ihr den nicht abweist, der da redet. Denn wenn jene nicht entronnen sind, die den abwiesen, der auf Erden redete, wieviel weniger werden wir entrinnen, wenn wir den abweisen, der vom Himmel redet. Seine Stimme hat zu jener Zeit die Erde erschüttert, jetzt aber verheißt er und spricht: 'Noch einmal will ich erschüttern nicht allein die Erde, sondern auch den Himmel.' Dieses 'Noch einmal' aber zeigt an, dass das, was erschüttert werden kann, weil es geschaffen ist, verwandelt werden soll, damit allein bleibe, was nicht erschüttert werden kann... denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer" (Hebr 12:25-29).

 

Die Gewissheit des zukünftigen vergeltenden Gerichts stand damals nahe bevor, nicht nur nach den Worten des Herrn, sondern auch nach den Worten derer, die ihm zugehört hatten und seine Worte bekräftigten. Hier kommen wir zum Kern der Sache. Die dem Herrn zugehört hatten, wiederholten und ergänzten nur das, was er bezeugt hatte. Das Zeugnis des Herrn ist das Thema der vier Evangelien, und das Thema der Apostelgeschichte ist die Bestätigung seiner Zuhörer. Das eine war der Aufruf der zuerst ausgesandten Knechte, um den zum Hochzeitsfest Geladenen zu sagen, dass das Fest fertig vorbereitet war.

 

Der Königssohn des Hochzeitsfests (Mt 22:1-7) ist dieselbe Person wie der Sohn des Weinbergbesitzers, der zu den Weingärtnern gesandt wurde (Mt 21:33-41). Das Ende ist beide Male gleich: Die Vernichtung der bösen Menschen. Da die Zerstörung Jerusalems erst kurz nach dem Ende der Phase der Apostelgeschichte erfolgte, haben wir darin einen unwiderleglichen Beweis dafür, dass die beiden Gleichnisse die ganze Zeit der Apostelgeschichte betreffen, und dass das Zeugnis der Evangelien und der Apostelgeschichte die beiden Teile ein und derselben heilsgeschichtlichen Phase sind.

 

Deshalb bestand der Dienst derer, die den Sohn gehört hatten, nur im Bekräftigen und Vollenden des Dienstes, den der Herr "begonnen" hatte. Am Anfang stand jeweils das gleiche Wort: "Tut Buße." Siehe Mt 4:17; Apg 2:38; Apg 3:19 usw. Diese Buße Israels war nicht notwendig zur Gründung einer Gemeinde, sondern sie war unentbehrlich für Israels Segnung. Das geht auf die einzige Bedingung zurück, die in 3Mo 26:40-42 festgelegt ist. Diese Segnung ist als die Erlösung Israels definiert (Lk 24:21), die als Erlösung in Jerusalem (Lk 2:38 K) vollbracht wurde, und die der "Trost Israels" sein sollte (Lk 2:25, geweissagt in Jes 40:1 usw.), auf den die warteten, die an Gott glaubten (Mk 15:43).

 

Es gab in all diesen Prophetien, die Israel betrafen, nichts über die Gründung einer Gemeinde. Das geht aus dem hervor, was in Apg 1:3.6 über die Weiterführung des Dienstes des Herrn offenbart ist. Joel, der in Apg 2:17-21 zitiert ist, prophezeite nicht über den Beginn einer neuen heilsgeschichtlichen Phase, sondern über das Ende der alten. Die "Verheißung" von Apg 2:39 war die Verheißung an Israels und nicht an die Gemeinde. Wir sprachen bereits über den zweiten Bußruf des Petrus in Apg 3 und haben auch die Ausgießung der Geistesgaben als Vorgeschmack von Joels Weissagung für Israel schon betrachtet (Hebr 6:4).

 

In den folgenden Kapiteln der Apostelgeschichte haben wir viele weitere Belege der bekräftigenden Worte des Petrus, wenn wir seine Auseinandersetzung lesen, die er mit den Herrschenden der Nation zum Beweis der Auferstehung des Herrn führte, und darüber, welche Bedeutung ihr im Ratschluss Gottes zukommt (Apg 3 und Apg 4).

 

In Apg 5 sehen wir die Ausübung der Vollzugsgewalt, die Petrus übertragen war, der "die Schlüssel des Himmelreichs" (nicht der Gemeinde) und die Vollmacht hatte, zu binden und zu lösen, sogar einschließlich der Macht über Leben und Tod.

 

Der erste Zeitabschnitt der Apg

Der erste Zeitabschnitt der Apostelgeschichte endet mit dem Zeugnis des Petrus in Jerusalem (der Hauptstadt des Landes) und der Steinigung des Stephanus.

 

Apg 8; 9; 10; und 11 berichten, wie Petrus, nachdem er das Himmelreich für Israel in Jerusalem aufgeschlossen hatte, fortfuhr, dasselbe auch in Samaria und Cäsarea unter Heiden zu tun. Auch das geschah in Erfüllung alttestamentlicher Prophetie und Gottes ursprünglicher Verheißung an Abraham in 1Mo 12:3. Es war nicht die Einführung von etwas Neuem. Und in Kapitel 12 endet der Dienst des Petrus mit seiner Gefangennahme, Befreiung und seinem späteren Wohnsitz.

 

In Apg 13 haben wird die Berufung und Aussonderung von Paulus und Barnabas als eine neue Wirkung des Heiligen Geistes, als er selbst sie zu der Mission bestimmte, wozu er sie berufen hatte, um die frohe Botschaft von der Auferstehung Christi weiterzutragen, zunächst zuerst unter Juden.

 

Sie begannen auf Zypern und setzten ihren Dienst fort "in den Synagogen der Juden“ (Apg 13:5). Zu Beginn ihres Dienstes in Antiochien in Pisidien sprachen sie die Versammlung als "Männer von Israel" an (Apg 13:16) und Paulus gab dann einen Abriss der Geschichte Israels und sagte: "Der Gott diese Volkes Israel hat unsre Väter erwählt." Dann führte er die Geschichte weiter bis zur Auferstehung des Messias. Schließlich verkündete er "die Vergebung der Sünden“ (Apg 13:38.39) und warnte eindringlich davor, diese Verkündigung zurückzuweisen (Apg 13:40.41). Genau damit hatte auch Petrus in Apg 2:38 und Apg 3:19 begonnen. Paulus beendete seinen Dienst in Antiochien, wie Petrus das in Cäsarea getan hatte, indem er erklärte, dass nach dem Ratschluss Gottes auch die Heiden in Gottes ursprüngliche Verheißung an Abraham einbezogen waren (Apg 13:46-49).

 

Das bringt uns zu einem anderen Punkt, der hier besprochen werden sollte, das ist die Ähnlichkeit der Methode, die die Zwölf befolgten, als der Herr sie ausgesandt hatte (Mt 10:14; Mk 6:11; Lk 9:5) "zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel," die verkünden sollten: "Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen," und die den Befehl des Herrn zu befolgen hatten: "Und wenn euch jemand nicht aufnehmen und eure Rede nicht hören wird, so geht heraus aus diesem Hause oder dieser Stadt und schüttelt den Staub von euren Füßen.“

 

In ist es das, was Paulus und Barnabas in Antiochien in Pisidien taten, wie die Zwölf es im Lande getan hatten.

In Apg 13:26 stehen die bedeutsamen Worte:

"Ihr Männer, liebe Brüder, ihr Söhne aus dem Geschlecht Abrahams und ihr Gottesfürchtigen, uns (Anm. d. Ü.: K.J.: to you’’= euch) ist das Wort dieses Heils gesandt."

Und in Apg 13:46 fügt er die bemerkenswerten Worte hinzu:

"Euch musste das Wort Gottes zuerst gesagt werden; da ihr es aber von euch stoßt... siehe, so wenden wir uns zu den Heiden."

Und er fährt fort, seine überraschende Erklärung zu bestärken, indem er Jes 49:6 zitiert:

"Denn so hat uns der Herr geboten: 'Ich habe dich (Israel) zum Licht der Heiden gemacht, damit du (Israel) das Heil seist bis an die Enden der Erde'" (diese Prophetie wird auf den Messias ausgelegt, aber als Anwendung von demselben Heiligen Geist ist es hier von Paulus für Israel gebraucht).

 

Die Schriften des Alten Testaments sind übervoll von Prophetien darüber, dass Israel es übernehmen sollte und noch soll, das Evangelium zu den Völkern der Erde zu bringen. Wenn diese Prophetien einst erfüllt werden, dann wird die heutige Heidenmission wie ein Kinderspiel sein gegenüber den wunderbaren Ergebnissen, wenn Gottes eigene, erwählte Missionare das Feld übernehmen werden und als "Lebende aus den Toten" das "Evangelium vom Reich" verkünden und zum Licht und Heil der Heiden werden.

 

Aber zurück zu Apg 13. Wo werden wir die Berechtigung für diese Aktion seitens Paulus und Barnabas finden, die fortfuhren, das Evangelium den Heiden zu verkünden, ungeachtet der Unbußferigkeit des halsstarrigen Israel? Es entsprach nicht der alttestamentlichen Prophetie, dass das Evangelium, das durch Israel gebracht werden sollte, unabhängig von Israel und von Gottes prophetischem Wort, über die ganze Erde verbreitet wurde. Das ist in Wirklichkeit Lehre der heutigen Theologie, war aber nicht Teil der göttlichen Offenbarung.

 

Der heilgeschichtliche Einschaub

Tatsächlich war diese besondere Annahme des Evangeliums in Apg 13 durch ein speziell jüdisches "Werkzeug" auch prophetisch und wirksam, obwohl Israel dabei unbeteiligt war. Der Apostel bespricht das ausführlich in dem wunderbaren heilsgeschichtlichen Einschub von Röm 9-11, wo er aus der Schrift des Alten Testaments beweist, dass dessen Ziel vorübergehend war und den Zweck hatte, Israel zur Eifersucht zu reizen. Damit wurde eine alte Weissagung über Israel aus dem "Lied des Mose" (5Mo 32:20.21) erfüllt.

 

Das wird uns in Röm 10:19-21 deutlich gesagt. Da lesen wir:

"Ich frage aber: Hat es Israel nicht verstanden? Als erster spricht Mose:

Ich will euch eifersüchtig machen auf ein Nicht-Volk; und über ein unverständiges Volk will ich euch zornig machen.

Aber Jesaja wagt zu sagen:

'Ich ließ mich finden von denen, die mich nicht suchten, und erschien denen, die nicht nach mir fragten.'

Zu Israel aber spricht er:

 

'Den ganzen Tag habe ich meine Hände ausgestreckt nach dem Volk, das sich nichts sagen lässt und widerspricht.'"

Deshalb sagt der Apostel in Röm 11:14:

 

"... ob ich vielleicht meine Stammverwandten zum Nacheifern reizen und einige von ihnen retten könnte.“

 

Im Dienst des Paulus unter den Heiden, während der Phase der Apostelgeschichte, findet sich durchweg keinerlei Hinweis darauf, dass er eine NEUE OFFENBARUNG oder ein offenbartes GEHEIMNIS verkündet hätte, das "von Zeitaltern her verborgen war," oder dass er eine Gemeinde gegründet oder eine neue Institution aufgebaut hätte. Im Gegenteil, er erklärt ausdrücklich am Ende seines öffentlichen Dienstes, unmittelbar vor seiner Abreise nach Rom:

 

"Aber Gottes Hilfe habe ich erfahren BIS ZUM HEUTIGEN TAG und stehe hier und bin sein Zeuge bei groß und klein und SAGE NICHTS, als was DIE PROPHETEN und MOSE vorausgesagt haben: Dass Christus müsse leiden und als erster auferstehen von den Toten und verkündigen das Licht seinem Volk UND DEN HEIDEN" (Apg 26:22.23).

 

Diese ausdrückliche Feststellung zeigt, dass Paulus nicht nur das bekräftigte, "was seinen Anfang nahm mit der Predigt des Herrn," sondern dass sein Dienst, wie der des Herrn selbst, ganz auf den prophetischen Schriften des Alten Testaments gründete: "Mose und die Propheten".

 

Daher ist es überzeugend, dass es keine heilsgeschichtliche Phase der Gemeinde in der Apostelgeschichte geben kann, und gewiss keine Offenbarung des Geheimnisses, das später bekannt gemacht wird in den Briefen aus seiner Gefangenschaft in Rom.

 

Der Dienst der Apostelgeschichte wird in Übereinstimmung mit der ausdrücklichen Feststellung des Apostels in Röm 15:19 zu einem endgültigen Abschluss gebracht:

 

"So habe ich von Jerusalem aus ringsumher bis nach Illyrien das Evangelium von Christus voll ausgerichtet (hier steht nichts von "predigen". Das Wort ist pleroo, das wie folgt übersetzt wird (Kol 2:10: an der Fülle beteiligt; Kol 4:12: vollkommen; Lk 7:1: vollendet; Apg 19:21: geschehen; Lk 9:31: erfüllen; Röm 15:19 voll ausgerichtet).“

 

Eine andere Tatsache wird leicht übersehen, dass es die ganze heilsgeschichtliche Phase der Apostelgeschichte hindurch eine "bleibende Stadt," Jerusalem, gab, obwohl ihre Zerstörung schon nahe war (Hebr 13:14). Der Tempel stand noch, der Tempeldienst wurde noch getan, Opfer wurden gebracht, die jüdischen Feste eingehalten, und Paulus anerkannte die schriftgemäße Stellung dessen, der das Amt des Hohenpriesters innehatte (Apg 23:5). Als gläubiger Jude blieb Paulus bei der Einhaltung der Feste:

 

"Ich muss allerdinge das künftige FEST zu JERUSALEM halten" (Apg 18:21 alte Luther-Ausgabe).

"... denn er eilte, am PFINGSTTAG in JERUSALEM zu sein, wenn es ihm möglich wäre" (Apg 20:16).

Man muss auch sehen, dass Paulus in Apg 16:3 den Ritus der Beschneidung hielt.

In Apg 21:24-26 finden wir Paulus beim Befolgen des Gesetzes gemäß 4Mo 6:3; Apg 13:18, wo er zeigt, dass nichts geschehen war, was das Verhalten der gläubigen Juden, die das Gesetz hielten ( Apg 13:20), geändert hätte, und dass, während heidnische Gläubige davon entbunden waren ( Apg 13:25), Paulus selber sorgfältig zeigte, dass er selber "nach dem Gesetz lebte und es hielt" ( Apg 13:24).

 

So dürfen wir nicht zunächst meinen, dass Paulus in unserer heilsgeschichtlichen Phase lebte, um ihn dann zu verurteilen, er habe in Apg 21 falsch gehandelt, entgegen dem Lebenswandel, der erst später, in den Briefen aus der Gefangenschaft, offenbart wurde. Paulus lebte in der Phase der Apostelgeschichte, und das führt zu einer ganz anderen Frage:

 

Sind wir als Heiden heute zu dem Evangelium gerufen, das Paulus damals gepredigt hat? Falls ja, haben wir genau den gleichen Stand wie seine Zuhörer (man beachte dazu Apg 15:19-21), und dann müssen auch wir, "nach dem Gesetz leben und es halten," was viele zu tun versuchen. Dann sind wir vor Gott in demselben Stand wie Israel damals, und unser Anspruch basiert auf den prophetischen Aussagen des Alten Testaments. Dann, zumal wenn unsere Berufung von Pfingsten her datiert, oder von irgend einem Punkt in dieser Zeitspanne, dann stehen wir aus Gottes Sicht ebenso, nicht höher und nicht niedriger, als Israel in diesen achtundzwanzig Kapiteln.

 

Unsere Hoffnung ist dann ebenso hoch und nicht höher als bei denen, zu denen der Apostel redete, oder an die er in den früheren Briefen während dieser Zeit schrieb.

 

Und worin bestand diese Hoffnung?

 

Wir werden nicht im Zweifel darüber gelassen, denn im allerersten Brief, den der Apostel schrieb, (1Thes) wird es klar festgestellt und beschrieben. Das war aber nicht mehr, als was der Herr in seinem eigenen Dienst gegeben hatte. Paulus "bekräftigte" nur, was als Wort des Herrn in Joh 11:25.26 gesagt ist. Es stimmt, dass Paulus es in 1Thes 4 erweitert und erklärt hat, aber es ist keine andere oder unterschiedliche Hoffnung. Es ist nicht das, was man "die Hoffnung der Gemeinde" nennt - im Unterschied zur "Hoffnung Israels." Es war dieselbe Hoffnung, nur klarer beschrieben und weitergeführt.

 

"Das Wort des Herrn" über diese Hoffnung hatte er in Joh 11:25.26 gesagt. Alles war in ihm, der "die Auferstehung und das Leben" ist, zusammengefasst. Beides war daher nur in ihm und von ihm und durch ihn zu finden und zu erleben. Deshalb sagt er:

 

"Wer an mich glaubt, der wird leben (im Auferstehungsleben ich werde für ihn 'die Auferstehung' sein), auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr (griech.: ou me = keinesfalls, niemals die stärkste Verneinung) sterben (denn für den bin ich 'das Leben').“

 

Die Erwartung der Parusia

Das war das Wort des Herrn zu Marta. Und das ist "das Wort des Herrn" im ersten Brief, den der Apostel geschrieben hat. Er erweitert es durch Inspiration:

 

"... dass wir, die wir leben und übrigbleiben bis zur Ankunft (parousia oder Gegenwart) des Herrn, denen nicht zuvorkommen werden, die entschlafen sind. Denn er selbst, der Herr wird, wenn der Befehl ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, HERABKOMMEN VOM HIMMEL, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrigbleiben, ZUGLEICH MIT IHNEN entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und SO werden wir bei dem Herrn sein allezeit."

 

Diese Worte sind die Erweiterung und Beschreibung der Worte des Herrn in Joh 11:25.26 und offenbaren weitere Einzelheiten über die Auferstehung. Aber es ist die Bekräftigung der Worte des Herrn, wie er in Hebr 2:3 schreibt.

 

Und es ging um die parousia oder Gegenwart des Herrn. Das war das Thema des Herrn durch alle Evangelien. Es war auch das Thema der Bekräftigung in 1Thes 4.

 

Und das Wort "parousia" findet sich nur in den Evangelien, in der Apostelgeschichte und in den früheren Paulinischen Briefen, die er in dieser Phase geschrieben hat.

 

Wir begegnen ihm viermal im ersten Brief an die Thessalonicher und einmal im ersten Brief an die Korinther. Aber dann niemals mehr. Der Apostel Paulus gebraucht das Wort danach nicht wieder, und die Erwähnung in 1Kor führt uns zurück zu einem Zeitpunkt, der dem von Apg 19 entspricht. Später findet es sich nicht mehr. Die Hoffnung auf die parousia wird in den Briefen an die Korinther weiter besprochen, aber das Wort wird in diesem Zusammenhang nicht verwendet.

 

In 1Kor 15 wird die "Auferstehung" vollends erklärt als die "erste" und im Zusammenhang mit "der Posaune" von 1Thes 4 In 2Kor 5 ist von der Entrückung als mit einer Verwandlung verbunden die Rede (wovon in 1Thes nichts gesagt wird) und davon, dass wir, bevor wir entrückt werden, "überkleidet werden" mit einem geistlichen Leib ohne den keine "Gegenwart" (oder parousia) des Herrn sein könnte.

 

Aber das ist alles, was über diese Hoffnung offenbart ist, bis zum Ende dieser heilsgeschichtlichen Phase. Und warum? Weil Israel verstockt blieb. Weil die Voraussetzung für diese Hoffnung nicht erfüllt wurde.

 

Wendepunkt in Israels Geschichte

Apg 28 ist der Wendepunkt von Israels biblischer Geschichte, und Gott hat es gefallen, uns völlig und genau zu erklären, wie es dazu kam und wie es ausging. In diesem Kapitel (Apg 28) wird uns gesagt, dass die Verkündigung in Rom, der Hauptstadt der Diaspora, ebenso endete wie in Jerusalem, der Hauptstadt des Landes. Die Gefangenschaft des Petrus beendete die eine und die Gefangenschaft des Paulus beendete die andere.

 

Die "Angesehensten der Juden" (die Oberhäupter der Synagoge) waren formell versammelt. Sie hatten selber den Tag festgesetzt. Die Unterredung mit Paulus dauerte den ganzen Tag, "vom frühen Morgen bis zum Abend."

 

"Da erklärte und bezeugte er ihnen das Reich Gottes und predigte ihnen von Jesus aus dem Gesetz des Mose und aus den Propheten."

 

Er schloss mit dem Zitat des ernsten Urteils von der Verblendung als Gericht, das Jahwe durch Jesaja ausgesprochen hatte (Jes 6:9). Das kam von jetzt an zur vollen Auswirkung, obwohl es schon früher begann, bevor der Apostel in Rom eintraf. Hier ist jetzt das Ende der heilsgeschichtlichen Phase der Apostelgeschichte erreicht.

 

Kein Wort haben wir gefunden von der Gründung einer Gemeinde als eines neuen Organismus, nur die Bekräftigung; und kein Wort über das hinaus, was Jahwe durch den Sohn zu reden begonnen hatte. Da ist kein Hinweis auf irgendein Geheimnis, das "von Ewigkeit her verborgen" war. Keine Erwähnung irgendeiner neuen Hoffnung, die an die Stelle der ausgesetzten parousia treten sollte. Wir Heiden und die Gemeinde des Leibes hätten keine andere Hoffnung als die Israels; aber die späteren Briefe sind nachher für unsern Glaubensgehorsam geschrieben worden. Nur in denen lesen wir von dem "Reichtum seiner Gnade" (Eph 1:7; Eph 2:7) und vom "Reichtum der Herrlichkeit" (Eph 1:18; Eph 3:16; Phil 4:19; Kol 1:27).

 

Gewiss, es gab Gnadengaben und Verheißungen von Herrlichkeit schon vorher, aber von diesem "Reichtum" ist erst in den späteren Briefen des Paulus die Rede! Und dennoch hat man teilweise darauf bestanden, dass Paulus den Ältesten der Gemeinde in Ephesus sagt, "ich habe nicht unterlassen, euch den ganzen Ratschluss Gottes zu verkündigen" (Apg 20:27). Aber wer diese Stelle so missbraucht, der legt die Betonung auf das falsche Wort. Sie liegt nicht auf "ganz," sondern auf "Ratschluss."

 

Paulus hatte nicht unterlassen, "den ganzen RATSCHLUSS Gottes" zu verkündigen. Aber der "Ratschluss" war nicht der "Vorsatz" Gottes (Eph 1:8.11 usw.). Der "Vorsatz" Gottes, der das Geheimnis betrifft, war "EHE der Welt Grund gelegt war" (Eph 1:4); aber der "Ratschluss" Gottes (der Israel und das Königreich betraf) war "vom Anfang der Welt an" (Mt 13:35; Mt 25:34; Lk 11:50; Hebr 4:3; Hebr 9:26; Offb 13:8; Offb 17:8).

 

Diese beiden Wörter werden in Eph 1:11 einander gegenübergestellt, wo wir lesen:

 

"In ihm sind auch wir zu Erben eingesetzt worden, die wir dazu vorherbestimmt sind nach dem VORSATZ dessen, der alles wirkt nach dem RATSCHLUSS seines Willens" ("Bestimmung seines eigenen Wunsches." Der "Vorsatz" Gottes, in Eph 1:10 offenbart, ist in Apg 20:27 nicht berührt).

 

Der "Ratschluss Gottes," von dem der Apostel in Apg 20:27 erklärt, dass er nicht unterlassen hat, ihn ganz zu verkündigen, ist in Vers 25 definiert als "das Königreich Gottes" betreffend. Er konnte deshalb nicht das Mysterium (oder Geheimnis) betreffen, das damals noch nicht offenbart war, und von dem man sah, als es in den Gefangenschaftsbriefen offenbart wurde, und dass es mit dem "Königreich Gottes" nichts zu tun hatte.

 

Die ganze Phase der Apostelgeschichte hindurch hatte sich Paulus darauf beschränkt, den "Ratschluss" Gottes zu verkündigen. Aber der "Vorsatz" Gottes wurde nicht bekanntgegeben, bis ihn, nach dem Abschluss dieser Phase, Gott selbst den Gläubigen in Ephesus in dem an sie gerichteten Brief offenbart hat. Dabei liegt Eph 1:10 ganz außerhalb des Zeugnisses, das in der Apostelgeschichte gegeben ist.

 

Wie bedauerlich, dass man den "Vorsatz" Gottes, der in diesen "Schätzen der Weisheit und der Erkenntnis" (Kol 2:3) offenbart ist, und sich in den späteren Briefen des Paulus unserm staunenden Blick darbietet, auf die leichte Schulter nimmt, und sich freiwillig selber zurückversetzt in den Stand der Juden zur Zeit der Phase der Apostelgeschichte, und das für unsere Stellung vor Gott halten!

 

Leider sieht man nicht, dass man damit das gelobte Land verschmäht, das voller "Reichtümer" der Gnade und Herrlichkeit Gottes ist, und wo die Hoffnung der anastasis (Auferstehung) gegen die exanastasis eingetauscht ist und die Entrückung in die Luft gegen die Berufung in den Himmel selbst die höchste aller Sphären (Phil 3:11.14). Das ist unsere "herrliche Hoffnung", die jeden Augenblick Wirklichkeit werden kann, ohne damit Israel seiner ihm zugesagten Hoffnung zu berauben, die an jenem glücklichen Tag seiner Buße und Umkehr zum Herrn endlich in Erfüllung gehen wird.

 

Inhaltsverzeichnis

1 3. Phase des göttlichen Zeugnisses

1.1 Zeichen, Wunder und Machttaten

1.1.1 Die Gaben des Heiligen Geistes

1.1.2 Die Taten der Apostel

3. Phase des göttlichen Zeugnisses

"Durch Zeichen, Wunder und mancherlei mächtige Taten und durch die Austeilung des Heiligen Geistes" (Hebr 2:4) gegeben zur Bekräftigung, aufgezeichnet in der Apostelgeschichte.

 

Das Letzte von diesen vier Kennzeichen der Apostelgeschichte ist das, wovon Hebr 2:4 nach dem griechischen Grundtext sagt:

 

„Indem Gott feierlich mitbezeugte mit Zeichen sowohl als Wundern und mancherlei Machttaten und Austeilung heiligen Geistes nach Seinem Willen".

 

Dieses Zeugnis hatte Gott alle Zeitalter hindurch gegeben.

 

Als er durch die Propheten redete, wurden ihre Worte durch Wunder und mächtige Taten beglaubigt, ebenso wie durch unmittelbar folgende Erfüllung gewisser Prophezeiungen, die durch "Zeichen" beglaubigt wurden, wie Jes 7:11.14; Jes 8:18; Jes 20:3; Jes 38:8; Jer 44:29; Hes 4:3; Hes 7:6; Hes 24:24.27 usw.

 

Als Jahwe "durch den Sohn" redete, stimmten die durch ihn geschehenen Wunder genau mit dem überein, was Jahwe durch die Propheten vorhergesagt hatte. Wären sie anders oder selbst größer gewesen als geweissagt, dann wären sie kein Nachweis gewesen, dass er der Messias war.

 

Es hätte nicht genügt, dass es Wunder waren, selbst wenn sie ihrer Art nach noch überraschender gewesen wären. Es ging nicht um die Wunder um der Wunder willen, sondern darum, dass sie das waren, wovon Gott in der Heiligen Schrift, z. B. in Jes 29:18; Jes 35:5.6; Jes 42:7, geredet hatte. Der Herr berief sich auf eben diese Schriftstellen als seine Beglaubigung in der Antwort an Johannes den Täufer.

 

Als Jahwe "durch die, die es gehört haben," redete, war es ebenso. Gott gab auch ihnen durch noch mehr Zeichen Zeugnis, dass er sie gesandt hatte, und dass sie die Worte sagten, die er ihnen aufgetragen hatte, und dass sie als seine Botschafter in seinem Namen sprachen.

 

Im Neuen Testament werden mehrere verschiedene Wörter für solche Zeichen verwendet, und alle stehen hier in diesem einen Vers zusammen. Es ist die einzige Stelle, wo das der Fall ist (ein "Wunder" für sich!). Bevor wir weitergehen, müssen wir uns klares Verständnis über alle diese Wörter verschaffen, die die verschiedenen Arten dieses göttlichen Zeugnisses beschreiben. Jedes hat nämlich seine besondere Bedeutung und Anwendung, die aber unglücklicherweise in der A.V. für den englischen Leser nicht unterschieden werden.

 

Zeichen, Wunder und Machttaten

Wir behandeln sie in der Reihenfolge ihres Auftretens in diesem Vers:

 

1. Zunächst "Zeichen": Das ist der Plural von griech. gemeion und heißt einfach Zeichen und weiter nichts. Wenn es für ein Wunder verwendet wird, dann hat es immer etwas mit dessen Sinn und Bedeutung zu tun. Es kommt in den vier Evangelien achtundvierzigmal vor (dreizehnmal bei Matthäus, siebenmal bei Markus, elfmal bei Lukas und siebzehnmal bei Johannes). Es wird meist mit "Zeichen" übersetzt: Bei Matthäus und Markus jedes mal, bei Lukas zehnmal (und einmal mit "Wunder" in Lk 13:8), aber von den siebzehn Fällen bei Johannes wird es mit "Wunder" dreizehnmal und mit "Zeichen" nur viermal wiedergegeben. Bei Johannes steht im griechischen Text kein anderes Wort für "Wunder" als gemeion. Wo also im Johannesevangelium das Wort "Wunder" steht, können unsere Leser es ausstreichen und durch "Zeichen" ersetzen.

 

2. Das zweite Wort ist "Wunder": Das ist der Plural vom griechischen Wort teras. Das hängt natürlich mit denen zusammen, die diese mächtigen Taten bezeugten. Es kommt nur dreimal in den Evangelien vor (Mt 24:24; Mk 13:22; Joh 4:48), aber neunmal in der Apostelgeschichte und je einmal in Röm 15:19; 2Kor 12:12; 2Thes 2:9 und Hebr 2:4.

 

3. Das dritte Wort ist "Machttaten": Das ist der Plural vom griech. dynamis, aber das bedeutet nicht "Wunder" und sollte deshalb auch nicht so übersetzt werden, denn das engl. Wort "miracle" (Wunder) kommt vom lateinischen miraculum, das "Wunder" bedeutet und deshalb zur Übersetzung von teras vorbehalten bleiben sollte.

 

Dieses dritte Wort, dynamis, bedeutet "(innewohnende) Macht" (Dynamo usw. Es ist von kratos zu unterscheiden, das auch Macht heißt. Aber kratos ist Macht, die man zeigen und in Aktion sehen kann, und zwar speziell in der Regierung. Das zeigt sich in unseren Fremdwörtern wie z. B. Aristokratie, Theokratie und Demokratie). Als Wort für ein Wunder zeigt es die innewohnende Macht an, durch die es vollbracht wird. Wenn es sich auf Wunder bezieht, dann wird es allgemein mit "Tat" oder "Machttat" (mighty work) wiedergegeben (sechsmal bei Matthäus, dreimal bei Markus, zweimal bei Lukas); "mighty deeds" (2Kor 12:12); "wonderful work" (Mt 7:22); "miracle" (Mk 9:39; Apg 2:22; Apg 8:13; Apg 19:11; 1Kor 7:10.28.29; Gal 3:5 und hier, Hebr 2:4).

 

4. Das vierte wird in "Gaben des heiligen Geistes" genannt. Die Bedeutung des Griechischen Ausdrucks pneuma hagion ist genau (Austeilung) heiligen Geistes. Und davon wird gesagt, "nach seinem (Gottes) Willen" (wie in 1Kor 12:11), oder "wie er gewollt hat" (1Kor 12:18).

 

Die Gaben des Heiligen Geistes

Man beachte nun, dass dieses "Austeilen" nicht "den Heiligen Geist" betraf. Eine Person kann nicht ausgeteilt werden, aber bei "Gaben" kann das geschehen, so waren das also "Gaben heiligen Geistes" (pneuma hagion) wobei der Artikel fehlt. Um die eigentliche Wortbedeutung zu verstehen, müssen wir sorgfältig studieren und die Anwendungen zusammentragen. Es wird grundsätzlich in zwei Arten angewandt: mit oder ohne Artikel.

 

Wo der Ausdruck ohne Artikel gebraucht ist "pneuma hagion" wird er (in der King-James-Bibel) vierundfünfzigmal, und meist wenig glücklich mit "the Holy Ghost" oder "the Holy Spirit" (beides 'der heilige Geist') übersetzt. Infolgedessen bleibt keine genauere Übersetzung mehr für

 

to pneuma to hagion

 

der Geist, der heilige.

 

Obwohl das ein ganz anderer Ausdruck ist, werden beide ganz gleich übersetzt. So ist der englische Leser um sein Recht betrogen, genau zu wissen, was zu seiner Lehre offenbart ist, und er kann es wegen dieser so sehr bedauerlichen Verwirrung nicht erfahren.

 

Es ist völlig klar, dass es mit einem Artikel oder beiden "the Holy Spirit" (den Heiligen Geist) bedeutet und ohne die Artikel, einfach als pneuma hagion, sollte es in der Übersetzung als "holy spirit" (heiliger Geist), ohne Artikel und ohne Großschreibung wiedergegeben werden. Dieser Ausdruck erscheint dreiundfünfzigmal und wir führen die Schriftstellen in der Fußnote* an, so dass unsere Leser alle Tatsachen verfügbar haben, auf denen unsere Lehre beruht. Aber das allein hilft uns nicht viel weiter. Wir müssen noch wissen, was mit "Austeilungen heiligen Geistes" (pneuma hagion) gemeint ist.

 

* Das sind die dreiundfünfzig Schriftstellen, in denen pneuma hagion mit "heiligem Geist" übersetzt werden müsste: Mt 1:18.20; Mt 3:11; Mk 1:8; Lk 1:15.35.41.67; Lk 2:25; Lk 3:16; Lk 4:1a; Lk 11:13; Joh 1:33b; Joh 7:39b; Joh 20:22; Apg 1:2.5; Apg 2:4a; Apg 4:8.31; Apg 6:3.5; Apg 7:55; Apg 8:15.17.18 (hier gibt es unterschiedliche Texte).19; Apg 9:17; Apg 10:38; Apg 11:16.24; Apg 13:9.52; Apg 19:2; Röm 5:5; Röm 9:1; Röm 14:17; Röm 15:13.16; 1Kor 2:13; 1Kor 6:19; 1Kor 7:3b; 2Kor 6:6; 1Thes 1:5.6; 2Tim 1:14; Tit 3:5; Hebr 2:4; Hebr 6:4; 1Petr 1:12; 2Petr 1:21; Jud 1:20.

Was war das, was während der Phase der Apostelgeschichte als Teil des göttlichen Zeugnisses ausgeteilt wurde? Wir werden über die Bedeutung von pneuma hagion nicht ohne echte Anleitung gelassen und werden uns zurechtfinden, wenn wir die folgenden Tatsachen berücksichtigen:

In Apg 1:4 befahl der Herr den Aposteln "Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, die ihr, so sprach er, von mit gehört habt."

Sie hatten von ihm in Lk 24:49 gehört, als er ihnen sagte: "Und siehe, ich will auf euch herabsenden, was mein Vater verheißen hat. Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr ausgerüstet werdet mit Kraft aus der Höhe. In diesen beiden Stellen wird den Aposteln jeweils befohlen, in Jerusalem zu warten. Und worauf sie warten sollten, das war die Erfüllung der Verheißung, die der Vater gegeben hatte.

Diese Verheißung war, wie der Herr selbst in Apg 1:5 nach seiner Auferstehung erklärt hatte, die "Taufe mit pneuma hagion." "Denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit pneuma hagion getauft werden, nicht lange nach diesen Tagen" (nach nicht vielen dieser Tage).

Daraus wird deutlich, dass, während der Herr in Apg 1:5 die "Verheißung" pneuma hagion nennt, er es in Lk 24:49 als "Kraft aus der Höhe" bezeichnet.

Wir sind alle mit der alten und grundlegenden Regel vertraut, dass zwei Größen, die einer dritten gleichen, auch untereinander gleich sind. Deshalb ist es selbstverständlich, dass der Ausdruck "pneuma hagion" die Bedeutung "Kraft aus der Höhe" haben muss; und diese Kraft war die oben erläuterte innewohnende Kraft (dynamis). Es war also Kraft, die "Zeichen und Wunder und mancherlei mächtige Taten" aus dem Satzteil vorher in Hebr 2:4 auszuführen.

 

Die Erfüllung der "Verheißung des Vaters" fand "nach nicht vielen dieser Tage" am Tag des Pfingstereignisses statt, und wie es in Erfüllung ging, ist so beschrieben: "... sie wurden alle erfüllt mit pneuma hagion (Kraft aus der Höhe) und fingen an, zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist (to pneuma) ihnen GAB auszusprechen" (Apg 2:4).

 

Hier ist die Unterscheidung zwischen dem Heiligen Geist (to pneuma), als dem Geber, und der Gabe, mit der sie erfüllt wurden (pneuma hagion), unmissverständlich und unbestreitbar klar.

 

So ist es auch bei einem anderen Gebrauch des Ausdrucks in Apg 6:3, wo die Worte der Zwölf an die Menge der Jünger stehen:

 

"Darum, ihr lieben Brüder, seht euch um nach sieben Männern in eurer Mitte, die einen guten Ruf haben und voll heiligen Geistes und Weisheit sind, die wir bestellen wollen zu diesem Dienst."

 

Sicher ist, wenn diese Männer erfüllt gewesen wären von "dem Heiligen Geist," der "der Geist der Weisheit" genannt wird, dann hätten sie bereits "Weisheit" gehabt. Aber nein, Weisheit wird hinzugefügt als etwas Zusätzliches zu pneuma hagion. Offensichtlich könnten sie die Gabe des pneuma haigon haben und doch der Weisheit ermangeln. Es könnte sein, dass es "geistliche Menschen" wären, aber keine "Geschäftsleute." Sie könnten gewohnt sein zu beten und doch nicht verstanden haben, wie sie beten sollten! Und das hier war eine Art soziale Aufgabe, die "Weisheit" und geistliche Gaben erforderte.

 

Durch diese falschen Übersetzungen sind diese Schriftstellen, die sich auf pneuma hagion beziehen, insgesamt falsch verstanden worden, und die Lehre von Hebr 2:4 ist dadurch verloren gegangen.

 

Die Taten der Apostel

Diese geistlichen Gaben von pneuma hagion waren Teil von Gottes Zeugnis, das er zum Zeugnis derer gab, "die es gehört haben" und seine Worte während dieser speziellen Phase in der Zeit der Apostelgeschichte bekräftigten. Diese Zeichen, Wunder, Machttaten und Gaben von pneuma hagion sind die "Taten," von denen die Apostelgeschichte "The Acts of the Apostels" (die Taten der Apostel) als Buch ihren Namen hat.

 

Es ist die Absicht dieses Buches, diese "Taten" festzuhalten. Und seltsamerweise berichtet der Heilige Geist selbst davon in einer Weise, die uns nötigt, die "Taten" des Petrus und die "Taten" des Paulus zu vergleichen diese beiden bilden das Thema der beiden großen Teile, aus denen das Buch besteht.

 

Diese beiden Teile haben wir bereits im Aufbau des ganzen Buches im Abschnitt 19 dargestellt. Nicht nur in sich ist der Aufbau vollkommen, sondern Art, Anzahl und Charakter dieser "Taten" sind in siebenfältiger Aufzählung gegeben, sowohl die von Petrus als auch die von Paulus. Tatsächlich macht Paulus eben diesen Vergleich und stellt ihn kategorisch fest.

 

In Gal 2:8 haben wir die allgemeine Erklärung der ganzen Angelegenheit:

 

"... der in Petrus wirksam gewesen ist zum Apostelamt unter den Juden, der ist auch in mir wirksam gewesen unter den Heiden...“

 

Hier haben wir eine einfache Aussage, die uns eindeutig auffordert, zu prüfen, "ob sich's so verhielte" (Apg 17:11). Wir wollen es daher halten wie die Beröer dort.

 

Petrus' erstes Wunder war die Heilung eines Mannes, der von Mutterleib an gelähmt war (Apg 3:1 f.). Bei Paulus war es das Gleiche; er heilte einen Mann der "schwache Füße" hatte, auch "von Mutterleib an" (Apg 14:8). Wer hat diese übereinstimmende Wortwahl getroffen, wenn nicht der Heilige Geist selber? Und wozu hätte er das getan, wenn nicht dazu, unsere Aufmerksamkeit auf eben diese Parallelität der beiden Wunder von Petrus und Paulus zu lenken, und uns auf die Suche nach anderen Entsprechungen zu schicken und damit wir weiter nach der gleichen göttlichen Inspiration forschen sollten?

Petrus' zweites Wunder war ein Gerichtswunder, das Ananias und Saphira mit plötzlichem Tode traf (Apg 5:1-11). Als sie die ernsten Worte hörten, die Petrus sprach, fielen sie zu Boden und gaben den Geist auf. Die Folge war, "es kam eine große Furcht über die ganze Gemeinde und über alle, die das hörten." Bei Paulus war das entsprechende Wunder eine plötzliche Blindheit als Gericht für den Zauberer Elymas, der ihm widersprochen hatte (Apg 13:8-11). Nachdem er ihn angeprangert hatte, ähnlich wie Petrus, schloss er mit den Worten: "Und nun, siehe, die Hand des Herrn kommt über dich, und du sollst blind sein und die Sonne eine Zeit lang nicht sehen! Auf der Stelle fiel Dunkelheit und Finsternis auf ihn, und er ging umher und suchte jemanden, der ihn an der Hand führte" (Apg 13:11). In diesem Fall wird eine ähnliche Auswirkung berichtet: "Als der Statthalter sah, was geschehen war, wurde er gläubig und verwunderte sich über die Lehre des Herrn" (V. 12).

Der dritte Bericht von Wundern ist bei Petrus allgemeiner Art und steht in Apg 5:14-16: "Desto mehr aber wuchs die Zahl derer, die an den Herrn glaubten eine Menge Männer und Frauen, so dass sie die Kranken sogar auf die Straße hinaustrugen und sie auf Betten und Bahren legten, damit, wenn Petrus käme, wenigstens sein Schatten auf einige von ihnen fiele. Es kamen auch viele aus den Städten rings um Jerusalem und brachten Kranke und solche, die von unreinen Geistern geplagt waren; und alle wurden gesund." Ganz ähnlich ist der Bericht von einer Anzahl Wunder, die Paulus vollbrachte, in Apg 19:11.12: "Und Gott wirkte nicht geringe Taten durch die Hände des Paulus. So hielten sie auch die Schweißtücher und andere Tücher, die er auf seiner Haut getragen hatte, über die Kranken, und die Krankheiten wichen von ihnen, und die bösen Geister fuhren aus." Das ist die gleiche Art von Wundern. Der "Schatten" von Petrus, die "Schweißtücher" von Paulus. Das waren die "Werke," von denen der Herr gesagt hatte, dass die Apostel "größere" tun sollten (Joh 14:12). Sie waren "größer" als die Werke, die Christus getan hatte, wobei das ähnlichste das war, bei dem eine Frau nur sein Gewand berührt hatte (Mt 9:20-22).

Das vierte Wunder, das von Petrus berichtet wird, geschah an Äneas, der seit acht Jahren gelähmt ans Bett gebunden war. Apg 9:33.34). Paulus bewirkte ein ähnliches Wunder am Vater des Publius, als der an Fieber und Ruhr darniederlag. (Apg 28:8).

Petrus' fünftes Wunder geschah an einer Jüngerin, Tabita, auch Dorcas genannt, "die tat viele gute Werke und gab reichlich Almosen." Diese gutherzige Frau wurde krank und starb. Als Petrus angekommen war und gebetet hatte, wurde sie wieder zum Leben erweckt und vor "die Heiligen und die Witwen" gestellt (Apg 9:36-41). Durch Paulus geschah ein ähnliches Wunder an einem jungen Mann, der vom Tode erweckt wurde. Auch sein Name wird genannt: Eutychus. Er war Zuhörer und zweifellos glaubte er das, was er von Paulus hörte. Er stürzte schlafend aus dem dritten Stock und wurde tot aufgehoben. Paulus ging hinunter und umfing ihn, und dann war, wie Paulus gesagt hatte, Leben in ihm. Später, als Paulus wieder hinaufgegangen war, heißt es: "Sie brachten aber den jungen Mann lebend herein und wurden nicht wenig getröstet" (Apg 20:9-12).

Das sechste wunderbare Ereignis bei Petrus ist eine Vision. Diese Vision geschah in Joppe und betraf direkt seinen besonderen Dienst. Davon wird in Apg 10:11-16 ausführlich berichtet, es muss hier nicht angeführt werden. Diese Vision steht im Zusammenhang mit einer andern, die Kornelius sah, und bei der es um das gleiche Ereignis ging (Apg 10:3-6).

Es genügt, festzuhalten, dass Paulus verschiedentlich Visionen gewährt wurden, die ebenfalls seinen besonderen Dienst betrafen. Sie erinnern alle sofort an die Vision des auferstandenen Herrn, die ihm vor Damaskus gewährt wurde, als er unterwegs war, um in den Gläubigen eigentlich den Herrn selber zu verfolgen (Apg 9:3-11).

 

Weitere Visionen, die ihm gewährt wurden, sind:

 

Apg 9:12: "... hat in einer Erscheinung einen Mann gesehen mit Namen Hananias, der zu ihm hereinkam und die Hand auf ihn legte, damit er wieder sehend werde."

Die Vision in Troas von dem Mann aus Mazedonien, der sprach: "Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!" (Apg 14:9.10).

Die Vision, durch die der Herr zu Paulus in Korinth sprach: "Fürchte dich nicht, sondern rede und schweige nicht! Denn ich bin mit dir, und niemand soll sich unterstehen, dir zu schaden; denn ich habe ein großes Volk in dieser Stadt" (Apg 18:9.10).

Die Vision des Herrn, als er im Tempel zu Jerusalem war und in Verzückung geriet: "Da sprach er zu mir: Eile und mache dich schnell auf aus Jerusalem; denn dein Zeugnis von mir werden sie nicht annehmen." Das Zwiegespräch mit dem Herrn ist vollständig wiedergegeben (Apg 22:17-21).

Die Vision in der nächsten Nacht, als der Herr zu ihm sprach. "Sei getrost, denn wie du für mich in Jerusalem Zeuge warst, so musst du auch in Rom Zeuge sein" (Apg 23:11).

 

Die Vision an Bord des Schiffes, als er zu der Mannschaft sagte: "Denn diese Nacht trat zu mir der Engel des Gottes, dem ich gehöre und dem ich diene, und sprach: Fürchte dich nicht, Paulus, du musst vor den Kaiser gestellt werden; und siehe, Gott hat dir geschenkt alle, die mit dir fahren" (Apg 27:23.24).

 

Ist es Zufall oder Absicht, dass wir sieben Berichte von diesen Zeichen und Wundern haben, die Gott als Zeugnis in der Apostelgeschichte gab? Wir brauchen wohl nicht mehr davon zu sagen, als dass ein inspirierter Bericht eine solche Vollendung in Anzahl und Parallelen aufweisen kann.

 

An solchen Visionen und Offenbarungen waren Paulus sieben gewährt worden. Ja, und noch eine (eine achte acht ist die Zahl der Auferstehung) offenbart Dinge, die sich auf Geheimnisse nach der Auferstehung bezogen und nicht ausgesprochen werden konnten (2Kor 12:1). Es ist auch bemerkenswert, dass es die einzige Erwähnung dieser "Visionen" außerhalb der Apostelgeschichte ist, und zwar in einem der früheren Paulinischen Briefe.

 

Das führt uns zu unserer letzten Anmerkung über den Charakter des vierfachen göttlichen Zeugnisses, das aus "Zeichen, Wundern, mancherlei Machttaten und Austeilung von pneuma hagion" bestand.

 

Es handelt sich darum, dass kein einziges Mal eins dieser Wörter in den späteren Paulinischen Briefen erscheint, die nach dem Abschluss der Apostelgeschichte geschrieben wurden. Vergeblich suchen wir "Zeichen" (semeion) oder "Wunder" (teras), "Machttaten" (dynamis) oder "geistliche Gaben" (Austeilung von heiligem Geist pneuma hagion). Keiner von diesen Ausdrücken findet sich in den späteren paulinischen Briefen, die nach Apg 28:25.26 geschrieben wurden. Sie stehen alle oft in der ganzen Apostelgeschichte und finden sich in den früheren Paulinischen Briefen (Röm 1:1; Röm 15:19; 1Kor 1:7; 1Kor 7:7; 1Kor 12:1.4.9.10.28.29.30.31; 1Kor 13:2; 1Kor 14:1.12.22; 2Kor 12:12; Gal 3:5). In der Offenbarung, wenn der Teufel, das Tier und der falsche Prophet ihren Anspruch durchzusetzen versuchen, sehen wir diese Dinge wieder, aber sonst nirgends (siehe Offb 12:1; Offb 13:13.14; Offb 15:1; Offb 16:14; Offb 19:20; vgl. 2Thes 2:9).

 

Gewiss ist das eine höchst bedeutende Tatsache. Wenn es diese Dinge gegeben hätte, warum wären sie dann nicht erwähnt worden? Warum dieses plötzliche Schweigen von so wunderbaren Werken, wenn sie weiterhin geschehen wären? Aber das ist noch nicht das Ende dieses wunderbaren Phänomens.

 

Wir müssen jetzt noch einen anderen Aspekt davon in den abschließenden Versen des Markus- Evangeliums betrachten.

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

1 4. Phase der mitfolgenden Zeichen

1.1 Die Bedeutung der Zeichen

1.1.1 Geistliche Gaben

1.1.2 Aufhören der Gaben

1.1.3 Das Enden der Zeichen

1.2 Zuordnung der Zeichen heute

4. Phase der mitfolgenden Zeichen

Eine Phase, die durch "mitfolgende Zeichen" charakterisiert ist. Wir haben gezeigt, dass die Aussage von Hebr 2:4 gänzlich zu der Zeitspanne gehört, von der die Apostelgeschichte berichtet. Sie beschreibt Gottes Zeugnis, das er so wunderbar zu dem verbalen Zeugnis derer gab, "die es gehört haben," und bekräftigten, was der Herr Jesus von Anfang an über dieses "so große Heil" gepredigt hatte.

 

Aber bereits als der Herr dieses "so große Heil" verkündete, verhieß er auch das göttliche Zeugnis, das seinen Aposteln gegeben werden sollte, um ihr Zeugnis zu bestätigen. Diese Verheißung machte er bei dem zweiten seiner letzten drei* Befehle. Darüber wird in Mk 16:15-18 berichtet. Der Befehl wurde unverzüglich ausgeführt ( Mk 16:20), und die Verheißung fand in der Zeitspanne, von der die Apostelgeschichte berichtet, ihre Erfüllung.

* Dass es drei Befehle waren, die er bei verschiedenen Anlässen nach seiner Auferstehung erteilte, geht aus den Berichten der drei synoptischen Evangelien klar hervor. Den ersten erteilte er in Lk 24:47, am Tag der Auferstehung, und der wurde von Petrus und denen, die ihn gehört hatten, ausgeführt. Den zweiten erteilte er in Mk 16:15-18 den Elf, als sie beim Mahl saßen, und er wurde von ihnen und von denen, "die es gehört haben," ausgeführt. Es geschah, wie in der Apostelgeschichte berichtet wird, sofort. Den dritten erteilte er in Mt 28:19.20 in Galiläa, nachdem er Jerusalem verlassen hatte.

Es wird notwendig sein, das sorgfältig zu prüfen, denn von den ersten Tagen dieser heilsgeschichtlichen Phase an bis heute sucht der Feind mit verschiedenen Mitteln, diese große Wahrheit zu verschleiern. Seit diese große Verheißung gemacht wurde, sucht er Zweifel über ihre Echtheit zu säen und heute ist es sein Ziel, ihre Interpretation zu verdrehen und ihre Anwendung zu pervertieren.

 

Bis zur Herausgabe der R.V. 1880 bekam ein Bibelleser aus dem gebräuchlichen Text keine Information über den ersten Angriff des Feindes auf diese Schriftstelle (Mk 16:9-20). "Nach den ältesten Textzeugen endet das Markusevangelium mit Vers 8. Die Verse Mk 16:9-20 sind im 2. Jahrhundert hinzugefügt worden, vermutlich um dem Markusevangelium einen den andern Evangelien entsprechenden Abschluss zu geben" (Bemerkung in der Lutherbibel).

 

Das müssen wir aber ablehnen, wie wir hier kurz begründen wollen:

 

Nur die zwei Handschriften, Vaticanus B, jetzt in Rom, und Sinaiticus aleph, jetzt in Leningrad, haben diese Verse nicht. Alle anderen achtzehn unzialen (in Majuskeln, alten Großbuchstaben geschriebenen) und etwa sechshundert kursiven (in Minuskeln, zusammenhängenden Kleinbuchstaben geschriebenen) Handschriften, die das Markus-Evangelium enthalten, haben diese Verse. Keins lässt diese zwölf Verse weg.

Von den alten Versionen, die alle älter sind als jede Handschrift, sind diese zwölf Verse enthalten in Ancient Version und Revised Version. 3. Was die "Kirchenväter“ betrifft, ihre Bedeutung für die Dogmatik mag unterschiedlich beurteilt werden, so kann ihr Tatsachenmaterial, also die Angaben, ob diese Verse damals vorhanden waren oder nicht, doch nicht bezweifelt werden. Und der späte Dean Burgon nennt in seinem Werk zu diesem Thema fast hundert kirchliche Autoren (alle älter als die ältesten erhaltenen griechischen Handschriften) und gibt Hinweise auf deren Werke, wo sie einen oder mehrere dieser zwölf Verse zitieren. Das bestätigt abschließend, dass diese Verse im originalen Evangelium des Markus gestanden haben müssen.

Wir werden unten eine eigene Begründung nennen, warum die Zweifel über die Echtheit der Verse überhaupt aufgekommen sind, aber es muss anderen überlassen bleiben, zu erklären, warum die Revisoren nach ihrem Gutdünken solche Zweifel darauf gehäuft haben, ohne die erdrückenden Indizien festzustellen, oder auch nur darauf hinzuweisen.

 

Für unser Thema beschränken wir uns jetzt auf die Verse Mk 16:17.18:

 

"Die Zeichen aber, die folgen werden denen, die da glauben, sind diese:

 

in meinem Namen werden sie böse Geister austreiben,

in neuen (Tregellus lässt das Wort 'neu' aus) Zungen reden,

Schlangen mit den Händen (Tregellus fügt den Ausdruck 'mit den Händen' hinzu der in der K.J. ausgelassen ist) hochheben,

und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird's ihnen nicht schaden;

auf Kranke werden sie die Hände legen, so wird's besser mit ihnen werden.

Die Apostelgeschichte ist ein Bericht von der Erfüllung der Verheißung dieser fünf "Zeichen."

 

"Sie aber (die Apostel) zogen aus und predigten (die frohe Botschaft) an allen Orten. Und der Herr bekräftigte das Wort durch die mitfolgenden Zeichen" (Mk 16:20).

 

Zu diesen bestätigenden Zeichen lese man die folgenden Schriftstellen:

 

Zur Austreibung von Dämonen: Apg 5:16; Apg 8:7; Apg 16:18; Apg 19:12.

Zum zweiten Zeichen, dem Reden in Zungen: Apg 2:4.11; Apg 10:46; Apg 19:6; 1Kor 12:10.28.30; 1Kor 13:1.8; [1Kor 14:2].5.6.9.13.14.18.22.23.26.39.

Zu dem dritten Zeichen, dem Aufheben von Schlangen: Apg 28:3-5; vgl. auch Lk 10:19.

Zum vierten Zeichen, dem Trinken tödlicher Gifte, sind in der Schrift keine Beispiele berichtet, obwohl wir sicher sein können, dass es solche Fälle gegeben haben muss.

Zum fünften Zeichen, der Krankenheilung durch Handauflegung: Apg 9:7; Apg 20:10; Apg 28:8.9; vgl. auch Mt 9:18; Mk 5:23; Mk 6:6; Lk 4:40; Lk 13:13; Hebr 6:2.

Das sind Berichte von Beispielen, wie der Herr seine Verheißung von Mk 16:17.18 erfüllt hat und von Gottes Zeugnis in Hebr 2:4. Es gab zweifellos noch viele mehr, die nicht berichtet sind. So ist es auch mit denen, die der Herr gewirkt hat, wie in Joh 20:30.31 und Joh 21:24.25 geschrieben ist. Aber die berichtet sind, genügen vollauf, um das Zeugnis derer, "die es gehört haben" zu bestätigen. Über den Unglauben derer, die solche Zeichen erlebten und trotzdem ungehorsam blieben, kann man nur staunen.

 

Die Bedeutung der Zeichen

"Zeichen" werden sie genannt, weil sie die große Bedeutung der Botschaft anzeigen, für die sie gegeben wurden. Sie bekundeten das "Zeugnis" Jahwes, des Gottes Israels, der seine Anwesenheit und Macht schon die ganze Geschichte Israels hindurch gezeigt hatte, indem er seinen ausgewählten Knechten, die er in seinem Namen zu predigen ausgesandt hatte, solches Zeugnis gab.

 

Nachdem die Oberhäupter der Juden in der Diaspora in Rom Jahwes Boten abgelehnt hatte, gab es für solche "Zeichen" keine Notwendigkeit mehr, denn Christi Verheißung endete mit denen, denen sie gegeben wurde, und Gottes Zeugnis endete mit denen, die gehört hatten, was der Sohn geredet hatte. Das Ende der "Zeichen und Wunder" war vorgezeichnet, ja es war sogar ausdrücklich geweissagt.

 

Im ersten Brief des Paulus an die Versammlung in Korinth, wo diese Zeichen und geistlichen Gaben (pneuma hagion) am reichlichsten gewährt wurden, haben wir den ausführlichsten Bericht darüber, und er enthält auch eine formelle Erklärung zu diesem Thema. Zweifellos gab es diese Gaben während der Apostelgeschichte in allen Versammlungen, aber in 1Kor wird am meisten von ihnen berichtet.

 

Paulus schreibt an die Gemeinde in Rom von seinem Wunsch, sie zu sehen, und fügt hinzu, "damit ich euch etwas mitteile an geistlicher Gabe, um euch zu stärken" (Röm 1:11 vgl. auch Röm 12:6-8). In seinem Brief an hebräische Gläubige erinnert er daran, dass sie "geschmeckt haben die himmlische Gabe" (Hebr 6:4).

 

Auch Jakobus spricht von den Gaben (Jak 1:17) und Petrus erwähnt sie (1Petr 4:10). Aber im ersten Brief an die Korinther finden wir eine förmliche und ausgedehnte Instruktion über sie und ihren Gebrauch. In 1Kor 1:7 ermahnt er die Leser, "dass ihr keinen Mangel habt an irgendeiner Gabe und wartet nur auf die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus." In 1Kor 12:1 schreibt er über "die Gaben des Geistes" und in 1Kor 12:4-11 beschreibt er deren Verschiedenheit "des Dienstes" und "des Wirkens" (1Kor 12:6 K) und hebt hervor, dass sie zwar in ihrer Art verschieden, aber vom selben Heiligen Geist gegeben sind gewährt "wie er will" (1Kor 12:11).

 

Geistliche Gaben

Es waren neun solche geistliche Gaben:

 

Das "Wort der Weisheit," wie man bei Stephanus gesehen hatte (Apg 6:3.10); der war auch "voller Gnade und Kraft, tat große Wunder und Zeichen unter dem Volk"

Das "Wort der Erkenntnis" (bei Stephanus in Apg 7 zu sehen).

"einem anderweitigen aber Glauben in demselben Geiste" (V. 9).

"einem anderen aber Gnadengaben des Heilens in dem Einen Geiste."

"Einem andern aber Wirken von Machttaten" (griech.: dynamis, V. 10).

"einem andern aber Prophetenwort,"

"einem andern aber Unterscheidung des Geister,"

"einem anderweitigen aber Arten von Zungen,"

"einem andern aber Übersetzung der Zungen."

Dann schließt Paulus mit der Ermahnung:

 

"Strebt aber nach den größeren Gaben! Und ich will euch einen noch besseren Weg zeigen!" (1Kor 12:31 Luther).

 

Und er zeigt, dass der bessere Weg "Liebe" ist (1Kor 13), gerade wie er in Röm 12 nachdem er in Röm 12:6-8 von verschiedenen "Gaben" gesprochen hat, in Röm 12:9 hinzufügt: "Die Liebe sei ohne Falsch."

 

Die "größeren Gaben," so erfahren wir in 1Kor 13:13, sind "Glaube, Hoffnung, Liebe." Diese drei unterscheiden sich von allen andern insofern, als sie nicht nur "Gaben" waren, sondern diese drei als die "größeren Gaben" sollten "bleiben," denn sie würden nicht aufhören. Alle anderen Gaben waren auf Zeit gegeben, und zwar für diese Phase bestimmt; aber "diese drei" waren auf Dauer gegeben: "Glaube" würde im Schauen enden, das den König in seiner Schönheit sehen wird und nicht verblasst. "Hoffnung" würde in Erfüllung münden, die niemals vergeht, und "Liebe hört niemals auf" (1Kor 13:13 8), denn sie hat mit dem zu tun, "was man nicht sieht" (Hebr 11:1). "Was aber unsichtbar ist, das ist ewig" (2Kor 4:18).

 

Nachdem Paulus in 1Kor 13:1-7 diese "größte" der "größeren Gaben" gerühmt hat, spricht er aus, was der Gipfel aller Erkenntnis ist:

 

"Die Liebe hört niemals auf."

 

Aufhören der Gaben

Nachdem er erklärt hat, worin diese Größe besteht, hebt er sie noch stärker hervor, indem er den Korinthern sagt, dass jene "geistlichen Gaben" alle im Begriff seien, zu vergehen. Er greift drei davon heraus:

 

die Gabe der Prophetie (1Kor 13:12.10),

die Gabe zu Zungenrede (1Kor 13:12.10)

und die Gabe der Erkenntnis ((1Kor 13:12.8),

sie alle sind Stückwerk und werden aufhören.

Es ist zu bedauern, dass das eine Verb (katargeo), das in den Versen 8, 10 und 11 viermal vorkommt, in der A.V. viermal verschieden übersetzt ist. Die R.V. übersetzt es dreimal mit done away 'hinweg tun' und einmal put away 'weglegen'. So bleibt der eigentliche Sinn dieses ganzen Abschnitts dem englischen Leser verborgen, und seine eigentliche Aussage geht verloren (Luther: V. 8 zweimal 'aufhören', V. 10 'aufhören', V. 11 'abtun'. Bei der Zungenrede in V. 8 steht ein anderes griechisches Verb: pauo).

 

Es wird klarer werden, und die starke Betonung erkennbar, wenn wir den ganzen Abschnitt hier in der (deutschen) konkordanten Übersetzung anführen:

 

 

1Kor 13:8-13:

 

"Die Liebe wird niemals aufhören, es seien aber Prophetenworte, sie werden abgetan, oder Zungen, sie werden aufhören, oder Erkenntnis, sie wird abgetan.

 

Denn aus einem Bruchteil erkennen wir und aus einem Bruchteil prophezeien wir.

 

Wenn aber das Vollkommene kommt, wird das aus dem Bruchteil abgetan werden.

 

Als ich ein Unmündiger war, da sprach ich wie ein Unmündiger, ich war gesonnen wie ein Unmündiger, ich rechnete wie ein Unmündiger.

 

Als ich aber ein Mann ward, habe ich abgetan, was da ist des Unmündigen. Denn wir erkennen jetzt durch einen Spiegel in Dunkeldeutung, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich aus einem Bruchteil, dann aber werde ich erkennen, so wie auch ich erkannt bin.

 

Nun aber bleiben Glaube, Erwartung, Liebe, diese drei. Die größere aber von diesen ist die Liebe."

 

 

Hier ist es klar dargelegt, dass diese geistlichen Gaben abgetan werden, und das ist auch geschehen, im Gegensatz zu den drei bleibenden Dingen. Wir können deshalb gewiss sein, dass die Zeit, von der die Apostelgeschichte berichtet, die Zeitspanne war, die hier als Kindheit charakterisiert wird. Wären die Bedingungen des Wachstums erhalten geblieben, dann hätte es sich zu Mannhaftigkeit entwickelt. Das ist das normale Ende der Kindheit.

 

Was war es, das diese normale Entwicklung bei Israel verhindert hat?

 

Das Enden der Zeichen

Warum wurde Israel nicht zum Segen für alle Völker?

 

Warum mündete das Sehnen der seufzenden Kreatur nicht in die Herrlichkeit, die im Begriff stand, offenbart zu werden?

 

Es gibt nur eine Antwort darauf. Es ist die Unbußfertigkeit Israels, der Ungehorsam, der es ablehnte, auf den Ruf zu hören, der das Schlüsselwort der ganzen Apostelgeschichte ist: "Tut Buße" (Apg 2:38; Apg 3:19). Eine andere Ursache gibt es nicht als die wir in der Apostelgeschichte finden genau dort, wo wir danach zu suchen haben im letzten Kapitel.

 

Wenn ein weiterer Beweis gebraucht wird, dann haben wir ihn in der ungewöhnlichen Tatsache, dass keiner von diesen Ausdrücken, Zeichen, Wunder, geistliche Gaben (statt Machttaten?) und pneuma hagion in den späteren Briefen des Paulus, die nach Apg 28 geschrieben wurden, zu finden ist. Wir würden hinterher vergeblich nach einem von ihnen suchen. Andererseits haben wir sicheren Beweis, dass die Zeichen an diesem Wendepunkt endeten; denn Paulus selbst hat hinterher nie wieder eins von ihnen angewandt.

 

Was lesen wir bei den Schlussworten seines allerletzten Briefes? "Throphimus aber ließ ich krank in Milet" (2Tim 4:20).

 

Und im gleichen Kapitel:

 

"Lukas ('der Arzt, der Geliebte' Kol 4:14) ist allein bei mir" (2Tim 4:11).

 

Was lesen wir in einem der Gefangenschaftsbriefe über Epaphroditus, seinen "Bruder" und "Mitarbeiter" und "Mitstreiter"?

 

"... er hatte nach euch allen Verlangen und war tief bekümmert, weil ihr gehört hattet, dass er krank geworden war. Und er war auch todkrank, aber Gott hat sich über ihn erbarmt; nicht allein aber über ihn, sondern auch über mich, damit ich nicht eine Traurigkeit zu der anderen hätte" (Phil 2:25-27).

 

Ist das derselbe Paulus, der seine Hände auf Kranke legte und sie gesund machte?

 

Ist das derselbe große Apostel, von dem geschrieben steht:

 

"Und Gott wirkte nicht geringe Taten durch die Hände des Paulus. So hielten sie auch die Schweißtücher und andere Tücher (griech.: chros), die er auf seiner Haut (griech.: simikinthion; dieses Wort kommt sonst im Neuen Testament nirgends vor) getragen hatte, über die Kranken, und die Krankheiten wichen von ihnen" (Apg 19:11.12)?

 

Ist es derselbe Apostel, der an Timotheus schreibt:

 

"Trinke nicht mehr nur Wasser, sondern nimm ein wenig Wein dazu um des Magens willen, und weil du oft krank (griech.: asthenia. Dasselbe Wort steht bei der tödlichen Krankheit des Lazarus, Joh 11:4, und bei den Krankheiten, die Paulus auf der Insel Malta heilte, Apg 28:9) bist" (K: 'häufige Hinfälligkeit'; 1Tim 5:23)?

 

Ist es derselbe Apostel Paulus, von dem wir im letzten Kapitel der Apostelgeschichte, unmittelbar vor der Entscheidung, lesen: "Es geschah aber, dass der Vater des Publius am Fieber und an der Ruhr darnieder lag. Zu dem ging Paulus hinein und betete und legte die Hände auf ihn und machte ihn gesund. Als das geschehen war, kamen auch die anderen Kranken (K: die Gebrechen hatten) der Insel herbei und ließen sich gesund machen" (Apg 28:8.9)?

 

Ja, es war derselbe Apostel, aber es war nicht dieselbe heilsgeschichtliche Phase. Paulus ist derselbe geblieben, aber er ist hat jetzt ein ganz anderes Amt zu verwalten. Das ist der Grund, warum wir kein einziges von diesen "Zeichen und Wundern" mehr sehen, und nach dem Abschluss der Apostelgeschichte nicht einmal mehr eins dieser Wörter finden, mit denen sie benannt werden. Die ganze Phase hindurch waren sie im Überfluss vorhanden, wie der Herr es verheißen hatte, und im letzten der früheren Briefe, weist der Apostel auf sie als die Ausweise seines Apostolats, wenn er schreibt:

 

"Denn es sind ja Zeichen eines Apostels unter euch geschehen in aller Geduld, mit Zeichen und mit Wundern und mit Taten" (2Kor 12:12).

 

Nochmals, der Herr hatte ausdrücklich gesagt:

 

"Die Zeichen aber, die folgen werden denen, die da glauben" (Mk 16:17).

 

Die Verheißung war den Glaubenden gemacht, nicht nur den Aposteln und Ältesten.

 

Wenn die gegenwärtige Phase der Heilsgeschichte von Pfingsten an datieren würde oder sonst von irgendwo aus der Apostelgeschichte, oder von einem Zeitpunkt in dieser Phase, dann wäre diese feierliche und erhabene Verheißung des Herrn Jesus Christus unser unbestreitbares Geburtsrecht in allen Einzelheiten. Dann müssten diese "Gaben" diese ganze jetzige Phase hindurch sichtbar gewesen sein auch heute überall als unanfechtbares Zeugnis der Tatsache, dass wir "Gläubige" sind. Sie würden in diesem Falle das Prüfsiegel der "Gläubigen" darstellen.

 

Wenn das wahrhaftig die "Zeichen" wären, "die folgen werden denen, die da glauben," dann bliebe nur der logische und unbestreitbare Schluss, dass diejenigen, die diese "Zeichen" nicht haben, Ungläubige sein müssten. Aber erleben wir nicht die Schmerzen und Nöte in den Häusern vieler treu und demütig Glaubenden heute und in den letzten sechzig Generationen? Krankheit und Leiden schreiten unbehelligt von solchen himmlischen Zeichen über die Erde. Unsere geachtetsten Lieben fallen wie Blumen vor der unentrinnbaren Sense des Todes und welken wie Gras auf dem Felde. Das erstickte Schluchzen gebrochener Herzen und die qualvollen Gebete reichen nicht mehr aus, Wangen wieder blühen zu machen, die des Todes Macht erbleichen ließ.

 

Zuordnung der Zeichen heute

Die einzigen "Zeichen," die wir weltweit sich ausbreiten sehen unter "denen, die da glauben," sind Versammlungen, hingerissen von leidenschaftlichen Reden und erregender Musik. Aber das sind nicht die Zeichen, die der Herr in seiner Verheißung genannt hat. Das zusammenhanglose Kauderwelsch, von erregten Versammlungen in verdunkelten Räumen hervorgebracht, manchmal mit Gotteslästerung vermischt, auch wenn es die "Gabe der Zungenrede" nachahmt, weist die so Betrogenen nicht als Gläubige aus, die diese "Zeichen" haben, "die folgen sollen."

 

Die "mitfolgenden Zeichen" der Gläubigen während jener kurzen Phase waren für ALLE. Heute sind alle Gemeinden so gut wie ganz ohne solche Gaben, die der Herr namentlich verheißen hat. Haben wir daraus zu folgern, dass es keine wahrhaft Gläubigen gibt, denen diese Zeichen folgen könnten? Die vereinzelten Fälle, wo auf die pfingstlichen "Rechte" mit großem Mut Anspruch erhoben wird, zeigen nicht im geringsten die "Zeichen," die der Herr als allen Glaubenden folgend aufgezählt hat.

 

Wieviel besser ist es, dem Beispiel der Gläubigen aus Beröa zu folgen. Die "forschten täglich in der Schrift, ob sich's so verhielte." So können wir sehen, ob diese Zeichen tatsächlich für uns in unserer jetzigen Phase gelten. Wir haben gesehen, dass selbst Paulus nach Abschluss der Phase der Apostelgeschichte kein solches Zeichen mehr zeigte. Das wird unseres Wissens auch von denen nicht bestritten, die anscheinend wünschen es wäre anders. Die bestehen darauf, sie würden nur für Ungläubige gewirkt, um sie zu überzeugen. Darauf gibt es zwei Antworten:

 

Bei dem größten von allen, als Petrus Tabita vom Tode erweckte und sie ihren Mitgläubigen vorstellte, war das nicht der Fall (Apg 9:36-41); und auch nicht, als Paulus Eutychus vom Tode erweckte und die Gläubigen getröstet wurden (Apg 20:9-12).

Sie wurden hauptsächlich von den Gläubigen selbst und in ihren Gemeinden und Gottesdiensten gewirkt.

Aber wir wollen diese Frage nach dem Konzept der Beröer untersuchen und an der Schrift prüfen.

 

Dasselbe Wort, das die "Zeichen" verheißt, weissagt auch, dass sie "abgetan werden" sollen; und das ist ein sehr starker Ausdruck.

 

Er wird bei Luther an den folgenden Stellen so übersetzt:

 

Röm 6:6: vernichten

1Kor 1:28: zunichte machen

1Kor 6:13: zunichte machen

1Kor 15:24: vernichten

1Kor 15:26: vernichten

2Kor 3:13: aufhören

Eph 2:15: abtun

2Thes 2:8: ein Ende machen

2Tim 1:10: die Macht nehmen

Hebr 2:14: die Macht nehmen

und so weiter.

 

Wer darauf beharrt, dass diese Zeichen fortbestehen oder fortbestehen sollten, widerspricht direkt den eindeutigen Aussagen in 1Kor 13. Von der Wahrheit des Wortes beurteilt, ist es sofort offensichtlich, dass solche Menschen betrogen sind vom großen Feind des Wortes Gottes, oder sich selbst betrogen haben, oder Betrüger sind.

 

Es bleiben noch zwei weitere Punkte, mit denen wir uns befassen müssen:

 

Die Bedeutung der Zeichen für Israels heilsgeschichtliche Position und für den Dienst des Apostels unter den Heiden.

Die Erklärung der Bemerkung zu Mk 16:17.18 in der R.V., als Ursache der sogenannten "Zungen-Bewegung" unserer Tage.

 

 

1 5. Von den Zeichen, die aufhören

1.1 Heilsgeschichtlicher Einschub

1.1.1 Die Phase der Nacht Israels

1.1.2 Die Verheißungen zurückgestellt

1.1.3 Bedeutung der Zeichen heute

5. Von den Zeichen, die aufhören

Die heilsgeschichtliche Lehre von den Zeichen, die aufhören: Wir haben noch das Erscheinen der "Zeichen und Wunder" der Zeit, von der die Apostelgeschichte berichtet, zu betrachten, und wie sie aufhörten. Wir wollen das vom Römerbrief her beleuchten, den der Apostel in der Übergangszeit schrieb, gerade als der Wechsel der heilsgeschichtlichen Phasen kam.

 

Der Brief an die Römer ist der letzte von den früheren Briefen und steht praktisch zwischen den früheren und den späteren. Die Finsternis der nahenden Nacht Israels senkt sich schon hernieder. Als dem Apostel die Worte von Gott eingegeben wurden, sah er, seinem überraschten Herzen offenbart, was für Folgen die Herzensverhärtung und der fortdauernde Ungehorsam für sein geliebtes Israel haben würden. In dem heilsgeschichtlichen Einschub der Röm 9-11 erinnert er an die Größe von Israels Vergangenheit in der Geschichte, und an die Herrlichkeit von Israels Zukunft in den Offenbarungen der Propheten. Er denkt an die Menschen seines Volkes, "die Israeliten sind, denen die Kindschaft gehört und die Herrlichkeit und der Bund... und die Verheißungen," mit Gaben ohne Zahl, und sein Herz zerreißt (wie vorzeiten Mose) vor persönlichem und unüberwindlichem Schmerz.

 

Heilsgeschichtlicher Einschub

Er beginnt diesen heilsgeschichtlichen Einschub: "... dass ich große Traurigkeit und Schmerzen ohne Unterlass in meinem Herzen habe. Ich selber wünschte, verflucht und von Christus getrennt zu sein für meine Brüder, die meine Stammverwandten sind nach dem Fleisch" (Röm 9:2.3).

 

Als ihm zur Gewissheit wurde, welche Folge Israels Ungehorsam gegenüber dem Ruf zur Buße haben würde, müssen wohl bittere Tränen das Angesicht des Apostels genetzt haben. Er hatte viel um seines Volkes willen erlitten, dafür zeugen seine große Mühe, die zahllosen Striemen, die häufigen Gefangenschaften und Todesnöte, die Schläge, die Steinigung, der dreimalige Schiffbruch und das Treiben auf dem tiefen Meer einen Tag und eine Nacht lang, die acht Gefahren, die Müdigkeit, die Schmerzen, der Hunger, die Kälte, die Blöße. Alles war vergeblich, soweit er es dazu ertragen hatte, um sein Volk zur Buße zu führen.

 

Alle diese Leiden um Israels willen traten ihm vor die Augen, als er, von der Kraft von pneuma hagion geleitet, getreulich schrieb und dem tiefen Dunkel nachspürte, der langen Nacht, die vor der Erfüllung jener Prophetie kommen sollte, die besagt:

 

"Aber für Zion wird er als Erlöser kommen und für die in Jakob, die sich von der Sünde abwenden" (Jes 59:20).

 

Und die Verkündigung fährt fort:

 

"Mache dich auf, werde licht, denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir!" (Jes 60:1).

 

Denn die gleiche Prophetie besagte auch:

 

"Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker" (Jes 60:2).

 

Die Dunkelheit über Israel hatte lange angehalten, als der Messias kam. Dann war erfüllt:

 

"Das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen; und denen, die saßen am Ort und im Schatten des Todes, ist ein Licht aufgegangen" (Mt 4:16).

 

"Seit der Zeit fing Jesus an, zu predigen: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!" (Mt 4:17).

 

Aber das Ergebnis von dem Aufgehen des Lichts ist in dem kurzen Wort zusammengefasst:

 

"Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf" (Joh 1:11).

 

"Und er sandte seine Knechte aus, die Gäste zur Hochzeit zu laden; doch sie wollten nicht kommen" (Mt 22:3). Das ist wie eine Kurzfassung der Evangelien.

 

"Abermals sandte er andere Knechte aus... aber sie verachteten das und gingen weg, einer auf seinen Acker, der andere an sein Geschäft. Einige aber ergriffen seine Knechte, verhöhnten und töteten sie" (Mt 22:4-6). Der Inhalt der Apostelgeschichte.

 

Und nun war die Weissagung Jesajas erfüllt, die nicht nur Finsternis, sondern Blindheit verkündet hatte; nicht nur tiefe Dunkelheit, sondern Verstockung. Denn er sagt diesen israelitischen Gläubigen in Rom (Röm 11:25.26):

 

"Ich will euch, liebe Brüder, dieses Geheimnis (das ist das Geheimnis, von dem in Mt 13:11 der Rede ist) nicht verhehlen, damit ihr euch nicht selbst für klug haltet: Verstockung ist einem Teil Israels widerfahren, so lange, bis die Fülle (pleroma) der Heiden zum Heil gelangt ist; und so wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben steht:

 

a -es wird kommen aus Zion der Erlöser,

b - der abwenden wird alle Gottlosigkeit von Jakob.

a - Und das ist mein Bund mit ihnen (Jes 59:20; Jes 27:9),

b - wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde" (Jer 31:33.34).

Diese Verstockung und diese Dunkelheit sind nicht mehr "zum Teil", sie ergreifen das Ganze und bedecken die Erde.

 

Es gehört hier nicht zu unserm Thema, näher auf die Herrlichkeit von Israels Morgen einzugehen, wenn das geschieht: "Euch... soll aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit und Heil unter ihren Flügeln" (Mal 3:20). Wenn er das zerstreute Israel sammeln wird aus allen Völkern, wohin er sie verstoßen hatte, und sein Volk in das Land Israel zurückbringt.

 

Wir erwähnen das hier nur, weil wir die Tatsache hervorheben möchten, dass die Dunkelheit sich ausbreitete, als der Apostel nach Rom kam. Der Augenblick war nahe, dass das Ende vom Gleichnis des Herrn verwirklicht würde, wovon die Apostelgeschichte schweigt:

 

Die Phase der Nacht Israels

"Da wurde der König zornig und schickte seine Heere aus und brachte diese Mörder um und zündete ihre Stadt an" (Mt 22:7). Das war die Zerstörung Jerusalems.

 

Aber das ist jetzt nicht unser Thema. Wir reden hier von der Phase der Nacht Israels, und davon, dass die Worte Jahwes durch seinen Propheten Hesekiel über das Feld voller Totengebeine (Hes 37) in Erfüllung gingen, als Israel tatsächlich "lo ammi" (nicht mein Volk) wurde. Das ist es, was Israels Charakter in der gegenwärtigen Phase kennzeichnet.

 

Israel ist beiseite gesetzt und das so völlig, dass es in Hes 37:11 so geschildert wird:

 

"Du Menschenkind, diese Gebeine sind das ganze (diese Sprachfigur (epizeuxis) wird verwendet, um die Vollständigkeit "des Ganzen", das gemeint ist, stark zu betonen) Haus Israel. Siehe, jetzt sprechen sie: Unsere Gebeine sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren, und es ist aus mit uns."

 

Weil dieses ganze Haus Israel in Gottes Augen "tot" ist ("getötet“ Hes 37:9), ist Israel mit all seinen "Zeichen" nicht mehr vor ihm.

 

Die Verheißungen und Segnungen der Heiden, gleichfalls in den Schriften der Propheten geweissagt, sind alle von Israels "Licht" abhängig, wenn sie "zum Licht der Heiden gemacht" werden, "dass du seist mein Heil bis ans Ende der Erde" (Jes 42:6; Jes 49:6). Wenn die Zeit dafür kommt (und möge sie rasch kommen!), wenn Jahwe wieder spricht und sagt, "über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir" ([Jes 60:2]), dann werden die Worte für die Nationen erfüllt: "Die Heiden werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht" (Jes 60:3).

 

Wir hören nicht auf, die sich anschließenden Details zu betrachten, die die kommende Herrlichkeit für die Heiden betreffen, aber wir betonen mit Nachdruck die Tatsache, dass Israel als Volk vor Gott "tot" ist. Seine Gebeine sind "vertrocknet." Der Feigenbaum ist "verdorrt."

 

Die Verheißungen des Alten Testaments für die Heiden sind mit Israel zu Grabe getragen (denn sie sind von Israels Aufstieg abhängig). Sie sind außer Kraft gesetzt, bis Israels herrlicher Morgen dämmert. Ist es möglich, dass die moderne Theorie vom Fortbestand Israels in der angelsächsischen Rasse im Licht solcher Prophezeiungen bestehen kann? Wir können verstehen, warum so viele schließlich gegen die sogenannte spirituelle Interpretation jener Prophezeiungen rebellierten. Wir beteiligen uns an diesem Aufstand und nehmen diese Prophezeiungen buchstäblich, aber wir interpretieren sie auf die Zukunft Israels, das Gott wiederbeleben wird; jenes Israel, das seine Früchte bringen wird, was das alte Israel versäumt hat, womit es solche verheerenden Folgen auf sich zog (Mt 21:43), und nicht auf irgendeine andere "Rasse," die jetzt auf der Erde lebt.

 

Andererseits fragen wir, angesichts der alten und allgemein akzeptierten Meinung, dass die (sogenannte) "Kirche" Israels Position vor Gott eingenommen habe: Kann man glauben, dass achtzehn Jahrhunderte "Kirchengeschichte" mit ihren "dunklen Zeitaltern", ihren Verfälschungen, ihren vereinzelten Reformationen, ihren zahllosen Spaltungen, ihren mörderischen Fehden und letztlich mit ihrem geweissagten Höhepunkt im "großen Abfall" so bar des Glaubens, der den Heiligen einst gegeben wurde, dass der Herr selbst erklärt:

 

"Denn wie es in den Tagen Noahs war, so wird auch sein das Kommen des Menschensohns..." (Mt 24:36-39).

 

Kann man glauben, dass dies von der Erfüllung der Verheißungen des Alten Testaments spricht? Das mit all dem kecken Optimismus der "Kirchen" zu bejahen, verrät eine völlige Missachtung dessen, "was geschrieben steht," aber es passt zum fortgeschrittenen Abfall vom Glauben.

 

Die Verheißungen zurückgestellt

Die Verheißungen für Israel sind leider(!) vorläufig zurückgestellt; und die Segnungen für die Heiden, abhängig von Israel, sind mit Israel begraben. Beide sind gleichermaßen ausgesetzt, bis der Tag der nationalen Buße Israels kommt. Deshalb haben die "Zeichen und Wunder" der Phase der Apostelgeschichte mit Apg 28 aufgehört. Diese "Zeichen" waren das Geburtsrecht Israels und haben nie "der Kirche" gehört oder "den Kirchen" irgendeiner Form und Prägung. Sie wurden mit dem Volk geboren. Schon Moses Berufung, Israel zu einem Volk zu machen und aus der Gefangenschaft in Ägypten zu führen, war mit einem "Zeichen" verbunden (2Mo 3:12).

 

Diese "Zeichen" hatten eine Bedeutung. Sie sprachen. Denn ehe Jahwe Mose sandte, gab er ihm zwei weitere Zeichen und riet ihm:

 

"Wenn sie dir nun nicht glauben und nicht auf dich hören werden bei dem einen Zeichen (Interlinear: auf die Stimme des Zeichens, des ersten), so werden sie dir doch glauben bei dem andern Zeichen (Interlinear: der Stimme des Zeichens, des folgenden)" (2Mo 4:8).

 

Unsere Leser brauchen nur eine Konkordanz zur Hand zu nehmen, um zu sehen, dass das Volk tatsächlich mit "Zeichen" erzogen wurde.

 

Als wegen seiner Abtrünnigkeit die Zeichen abgesetzt wurden, klagte das Volk und sagte:

 

"Unsere Zeichen sehen wir nicht, kein Prophet ist mehr da" (Ps 74:9).

 

Und als der verheißene Messias kam, war es nicht zu verwundern, dass sie von ihm ständig "Zeichen" verlangten, und dass er ihnen antwortete und sprach:

 

"Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt ihr nicht" (Joh 4:48).

 

Es ist nicht zu verwundern, dass das Wirken des Herrn von "Zeichen" begleitet war, und dass die acht Zeichen im Evangelium des Johannes das Unvermögen Israels und die Herrlichkeit des Messias so überaus klar aufzeigen.

 

Es ist nichts Erstaunliches, dass das Zeugnis derer, "die es gehört haben," von einer Vielzahl von "Zeichen und Wundern" unterstützt wurde.

 

Es ist nichts Erstaunliches, dass diese "Zeichen und Wunder" mit Israels nationaler Existenz aufhörten.

 

Es bestand nämlich keine Notwendigkeit mehr dafür. Deshalb wurden sie mit Israel begraben - bis die Zeit kommt, wenn sie das größte aller "Zeichen" sehen werden:

 

"Und dann wird erscheinen das Zeichen des Menschensohns am Himmel. Und dann werden wehklagen alle Geschlechter auf Erden und werden sehen den Menschensohn kommen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit" (Mt 24:30).

 

Es war immer das Werk des großen Feindes des Wortes Gottes und des Volkes Gottes, ihre Augen zu verblenden für die Wahrheit des geschriebenen Wortes und die Herrlichkeit des lebendigen Wortes; sie speziell dafür blind zu machen, dass sie "das Wort der Wahrheit recht teilen," wohl wissend, dass die Wahrheit nie gefunden, gelernt, verstanden oder befolgt werden kann, ohne dass es geteilt wird, recht geteilt nach seinen Themen und Zeiten oder Phasen.

 

Nun zu unserm letzten Punkt über diese "mitfolgenden Zeichen." Warum wurde so viel Verwirrung auf diese letzten zwölf Verse des Markus-Evangeliums gehäuft? Wie kam es zu der langen Bemerkung darüber in der R.V.?

 

Über die Verwirrung selbst brauchen wir nicht zu sprechen; und über ihre Grundlosigkeit nicht mehr, als wir schon gesagt haben. Aber über die Ursache der Zweifel der daraus folgenden Verwirrung müssen wir unsere eigene Erklärung darlegen. Dazu sehen wir uns veranlasst durch das, was wir bereits über diese "Zeichen und Wunder" gesagt haben.

 

Als Israel beiseite gesetzt und Jerusalem zerstört worden war, kurz nach dem Abschluss der Apostelgeschichte (Mt 22:7), gab es keinen Grund mehr für die Bestätigung des Zeugnisses des Herrn durch die, "die es gehört haben," (Hebr 2:3); und folglich gab es keine Notwendigkeit mehr für ein göttliches Zeugnis, das durch "Zeichen und Wunder" dieser Bestätigung hinzugefügt wurde (Hebr 2:4). Von da an reichlich fünfzig Jahre lang besteht eine gänzliche Lücke in der Kirchengeschichte.

 

Nun sind die ältesten griechischen Handschriften nicht vor dem vierten Jahrhundert geschrieben worden. Dem stimmen alle modernen Textkritiker zu. Wir können gut verstehen, dass ein Transkribent eines solchen Manuskripts, als er ans Ende des Markus-Evangeliums kam, sich umgesehen hat, aber nirgends solche Zeichen und Wunder entdecken konnte, die den Glaubenden folgen sollten. Und weil er seinen eigenen Augen nicht misstrauen konnte, misstraute er natürlich der Genauigkeit des Textes, den er gerade wiedergab. Er konnte wohl annehmen, dass an dieser Stelle ein Fehler des älteren Schreibers sein musste, dessen Schrift er gerade wiedergab. Er hätte sicher geglaubt, was er las, wenn er irgend ein Anzeichen dafür gesehen hätte, dass es zutraf. Folglich mag er vermerkt haben, dass die Echtheit zweifelhaft oder die Genauigkeit fragwürdig sei, oder er mag es ganz ausgelassen haben.

 

Wir schlagen das als Erklärung der Bemerkung der Revisoren zu Mk 16:9 vor, die wir hier wiederholen (deutsch aus Luther, rev. 1984):

 

"Nach den ältesten Textzeugen endet das Markusevangelium mit Vers 8. Die Verse Mk 16:9-20 sind im 2. Jahrhundert hinzugefügt worden, vermutlich um dem Markusevangelium einen den andern Evangelien entsprechenden Abschluss zu geben."

 

Gewisse Christen (mehr oder weniger gefühlsbetont in ihrer Art), die voll und ernst an die Wahrheit des Wortes Gottes glauben, lesen diese letzten zwölf Verse des Markusevangeliums. Jetzt sind sie an der Reihe, keine dieser "Zeichen" zu sehen, "die folgen sollen denen, die da glauben." Wie diese alten Schreiber haben auch sie ihre Zweifel. Aber im Unterschied zu denen zweifeln sie nicht an der Genauigkeit des Wortes, sondern an der Echtheit ihres eigenen Glaubens.

 

Bedeutung der Zeichen heute

Es muss doch etwas falsch sein an ihnen und den Gläubigen allgemein: Sie glauben dem Wort, aber sie wissen nicht, wie es recht geteilt werden muss, und daher kommen sie zu dem Schluss, dass sie diese "mitfolgenden Zeichen" eigentlich haben müssten. Zuletzt behauptet man dann, man hätte sie. So wird man zur leichten Beute für den großen Feind, dessen Ziel es ist, allen Gläubigen die Augen zu verblenden, dass sie nicht Christus, das lebendige Wort sehen, der nur durch die Wahrheit des geschriebene Wortes offenbart ist.

 

Zu diesem Zweck (das sagten wir bereits) beschäftigt der Feind den Sinn des Sünders mit seiner Sünde, den Reuigen mit seiner Reue, den Glaubenden mit seinem Glauben, den Diener mit seinem Dienst, den Heiligen mit seiner Heiligkeit alles, um ihn mit sich selber beschäftigt zu halten, anstatt mit Christus, denn von ihm allein geht Kraft aus, deren Fluss sozusagen gehemmt wird durch den Schleier, der dazwischenkommt. Es mag der schmutzige Lumpen des Sünders oder der schöne Schleier des Heiligen sein, die Wirkung ist gleich. So ist es mit denen, die nach Zeichen suchen. Sie sind beschäftigt mit "Gaben des Geistes" Gottes, anstatt mit Christus, dem Sohn Gottes; und mit "Zeichen," die doch ihre Bedeutung verloren haben.

 

Wir hören von "Zungenrede," aber nicht davon, dass jemand Schlangen anfassen würde; von "Heilung," aber nicht davon, dass jemand vom Tode auferweckt würde, von abgelehnten Medikamenten, aber nicht davon, dass jemand ungestraft Gift getrunken hätte. Anstatt Dämonen auszutreiben, zieht man es vor, von ihnen besessen zu werden. Satan kann einige der "Zeichen" nachahmen, wie Jannes und Jambres die "Zeichen" Gottes nachahmten, die durch Mose und Aaron geschahen. Wir kennen keine der vielen falschen Religionen, in denen "Heilung" nicht in irgendeiner Form als ein Hauptpunkt im Programm vorkäme. Wie immer sie sich sonst voneinander unterscheiden, darin gleichen sie sich alle, vom Babismus im Osten bis zum Dowieismus im Westen; die Wanderprediger der "Christian Science" (Christliche Wissenschaft) bis zur "Stille" des allerletzten Kults; von der "Ordnung des Morgensterns" und bis zur "Mystischen Ordnung der inneren Sonne."

 

Diese letzteren wissen nichts vom Wort Gottes selbst, während die vorher Genannten nicht instruiert sind über das rechte Teilen nach heilsgeschichtlicher Wahrheit und Lehre. Alles führt hin zu dem großen Irrglauben, der schnell kommt und bereitwillig als Licht angenommen wird. Gottes Wort hat es uns schon gesagt, dass die "Zeichen und Wunder" der Apostelgeschichte "abgetan" würden, die für diese Phase charakteristisch waren. Wer immer diese göttliche Aussage ablehnt, wird auf die falschen Aussagen anderer hereinfallen.

 

Es gibt so etwas wie einen

 

"Krieg gegen die Heiligen,"

 

und nur, was "gut" zu sein scheint, wird Gläubige täuschen. Was offensichtlich böse ist, würde vom Bösen vergeblich als Schlinge gebraucht. Es muss besser scheinen als das, was die Gläubigen schon haben. Das ist die Schlinge.

 

Wir wissen ganz genau, dass die sogenannte Erweckung in Wales der Prüfung durch das Wort nicht standgehalten hat, denn das besagt, "Gott ist nicht ein Gott der Unordnung" (1Kor 14:33). Aber wir wagten damals nicht, unsere Meinung darzulegen, da wir von allen Seiten verurteilt worden wären.

 

Ein Spiritist hatte uns schwer geschadet, indem er einen falschen Bericht über ein "Interview" im Magazin der Spiritisten mit dem Titel "Light" (Licht) veröffentlicht hatte. Er kam aus Wales herauf, um sich zu rechtfertigen und sein Bekenntnis abzulegen. Er erzählte uns, er hätte seinen Spiritismus aufgeben müssen, da der seine Gesundheit ruinierte, und er sei hinunter nach Wales gegangen, um die "Erweckung" zu sehen. Er war ganz überwältigt, als wir ihm sagten, er habe nur eine Form des Spiritismus mit einer anderen vertauscht! Aber er war schnell überzeugt.

 

Und nun ist die Wahrheit herausgekommen, und das Buch mit dem Titel "War on the Saints" (Krieg gegen die Heiligen), das viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, wird jeden Leser davon überzeugen, dass es wahr ist, und sollte eine bleibende Warnung davor sein, in dieser gegenwärtigen Phase nach "Zeichen und Wundern“ auszuschau

 

 

 

 

 

1 IV. Bereiche der zukünftigen Herrlichkeit

1.1 Das irdische Königreich

1.2 Das himmlische Königreich

1.3 Die Gemeinde Gottes

1.4 Das Geheimnis Gottes

IV. Bereiche der zukünftigen Herrlichkeit

Es gibt noch etwas zu lernen über die heilsgeschichtlichen Phasen, bevor wir die einzigartige Stellung und wunderbare Lehre der späteren paulinischen Briefe, die er aus der Gefangenschaft in Rom geschrieben hat, richtig verstehen können.

 

Allgemein spricht man von zwei solchen Phasen, einer alten und einer neuen, aber wir müssen auch das, wie alles, anhand des geschriebenen Wortes prüfen und beurteilen. Dann werden wir sehen, ob wir von Menschen oder von Gott gelehrt sind, aus Tradition oder Offenbarung. Bis zu einem gewissen Grad werden wir alle übereinstimmen.

 

1. Wir stimmen alle darin überein, dass ein wiederhergestelltes Israel und eine neugeschaffene Erde (Mt 19:28) das große Thema der Prophetie des Alten Testaments bilden. Es ist gewiss nicht notwendig, die vielen Weissagungen zu zitieren, die von der Zeit reden, wenn die Erde voll Erkenntnis und Ehre des Herrn sein wird, wie Wasser das Meer bedeckt (4Mo 14:21; Ps 72:19; Jes 6:3; Jes 11:9; Hebr 2:14).

 

Wir sind uns mit unsern Lesern einig, diese Weissagungen wörtlich zu verstehen, und nicht zu versuchen, sie zu erklären oder sie durch spirituelle Interpretation, die sie all ihrer Kraft und Wahrheit beraubt, zu zerpflücken, bis nichts davon übrig bleibt.

 

Wir schauen auch alle nach der Zeit aus, wenn er, "der Israel zerstreut hat," es auch wieder sammeln wird (Jer 31:10); wenn sie "alle von Gott gelehrt sein" werden (Joh 6:45; Jes 54:10); wenn "die Reiche der Welt unseres Herrn und seines Christus" sein werden (Offb 11:15); und wenn das irdische Jerusalem in größerer Pracht wiederhergestellt sein wird, als es in alten Zeiten hatte.

 

Das irdische Königreich

Das Königreich und sein Bereich von Segnung und Herrlichkeit wird auf der Erde sein, und das neue Israel, mit Herzen von Fleisch anstatt von Stein und mit einem neuen Geist, wird "die Früchte der Gerechtigkeit" hervorbringen (Hes 36:24-36; Mt 21:43). Das wird die Wiedergeburt (oder palingenesia) sein, wenn die Apostel "sitzen auf zwölf Thronen und richten die zwölf Stämme Israels" (Mt 19:28). Das wird der erste und unterste Bereich der Segnung sein, auf der Erde und unter dem ganzen Himmel. Das ist das "Volk der Heiligen des Höchsten" (Dan 7:27). Alle Völker der Erde werden teilhaben an dieser Segnung, gemäß Gottes ursprünglicher Verheißung an Abraham (1Mo 12:3.4; 1Mo 17:4; Ps 22:27.28; Ps 67:4; Jes 2:4; Jes 11:10.12; Jes 42:1.6; Jes 49:22; Jes 53:11; Jes 55:5; Jes 60:3.5.11; Jes 66:12 usw. Man beachte aber die Anmerkung des Herausgebers der engl. Neuausgabe am Ende dieses Kapitels).

 

 

Das himmlische Königreich

2. Aber Abraham und sein geistlicher Same sind "die Heiligen des Höchsten" und sind zu unterscheiden von "dem Volk (dieser Heiligen) auf der Erde ([Dan 7:18].22.25). Sie nehmen einen anderen Platz im himmlischen Bereich desselben Königreichs ein. Diese sind, nach dem Wort des Herrn in Lk 20:34-36 "gleich den Engeln" und "Kinder der Auferstehung," die auferstanden sind in der "ersten Auferstehung," vor den tausend Jahren der Segnung für Israel und die Nationen "unter dem ganzen Himmel" (5Mo 4:19; Offb 20:4-6). Sie gehören zu dem "himmlischen Jerusalem," das Johannes "herniederkommen" sah, " aus dem Himmel von Gott," und "ihr Licht war gleich dem alleredelsten Stein". Dieses "heilige Jerusalem" wird in Offb 21:9-27 ausführlich beschreiben. Es ist die Stadt, "die einen festen Grund hat," auf die schon Abraham zu warten gelehrt worden war (Hebr 11:10), als er "des Herrn Tag sah und sich freute" (Joh 8:56); denn da "der Glaube aus dem Hören kommt," muss Abraham gehört haben, und dieses Hören muss aus dem (gesprochenen) Wort Gottes gekommen sein (Röm 10:17).

 

Das ist das "Erbe," von dem Petrus den Gläubigen in der Diaspora schreibt, "die mit uns denselben teuren Glauben empfangen haben" 2Petr 1:1. Dieses "Erbe" ist unvergänglich und unbefleckt und unverwelklich und wird aufbewahrt im Himmel für euch (1Petr 1:4). Das Griechische betont durch die Sprachfigur homoioteleuton dieses "Erbe" als nicht irdisch, sondern aphtharton, amianton, amaranton (1Petr 1:4). Die Einwohner dieser himmlischen Stadt werden "die Braut, das Weib des Lämmleins" genannt (Offb 21:9 K).

 

Seit der Berufung Abrahams gab es immer diese beiden Samen, den irdischen und den himmlischen. Der eine wurde von Jahwe mit dem "Staub der Erde" oder dem "Sand am Meer" verglichen (1Mo 13:16; 1Mo 22:17), der andere mit den "Sternen des Himmels" (Hebr 11:12; 1Mo 15:5). Beide Ausdrücke deuten auf die große Menge, aber der erstere ist speziell mit irdischen Segnungen verbunden, der letztere dagegen weist auf die, die "teilhaben an der himmlischen Berufung" (Hebr 3:1). Das sind diejenigen, die wie ihr Vater Abraham auf einen Anteil am Himmel und auf himmlische Segnung warteten, und auf die Stadt, die den "festen Grund" hat (siehe die Anmerkung des Herausgebers der engl. Neuausgabe am Ende dieses Kapitels.)

 

"Diese alle sind gestorben im Glauben und haben das Verheißene nicht erlangt, sondern es nur von ferne gesehen und gegrüßt und haben bekannt, dass sie Gäste und Fremdlinge auf Erden sind. Wenn sie aber solches sagen, geben sie zu verstehen, dass sie ein Vaterland suchen. Und wenn sie das Land gemeint hätten, von dem sie ausgezogen waren, hätten sie ja Zeit gehabt, wieder umzukehren. Nun aber sehnen sie sich nach einem besseren Vaterland, nämlich dem himmlischen. Darum schämt sich Gott ihrer nicht, ihr Gott zu heißen; denn er hat ihnen eine Stadt gebaut" (Hebr 11:13-16).

 

Was sonst hätte diese Stadt sein sollen, wenn nicht die Stadt, die Johannes gezeigt wurde "herniederkommen aus dem Himmel von Gott," deren Grundmauern in Offb 21:19.20 speziell beschrieben werden? Durch alle Zeitalter, von Abrahams Tagen bis heute, kann man diese "Teilhaber der himmlischen Berufung," den gläubigen Überrest finden. Sie bildeten die "Gemeinde des Herrn" und werden noch immer so bezeichnet.

 

Nicht ganz Israel bestand aus Leuten, die regelmäßig in Stiftshütte und Tempel anbeteten. Nicht alle lebten nach dem Gesetz Moses oder opferten die vorgeschriebenen Opfer, besuchten "die Feste Jahwes" oder hielten die befohlenen Riten ein. Die sich zum verordneten Dienst Jahwes hielten (wahrscheinlich die Minderheit, wie wir heute sehen), werden "die Versammlung" oder "die Herausgerufenen" genannt.

 

Das hebräische Wort für "Herausgerufene" kommt von kahal (von dem zweifellos das englische Wort call rufen stammt). Das Wort bedeutet rufen, zusammen-berufen, versammeln, und das Substantiv wird für jede Versammlung verwendet, die so zusammengerufen wird. Siebzigmal ist es in der Septuaginta, der griechischen Form des Alten Testaments, mit ekklesia (das Wort für "Gemeinde" im Neuen Testament) übersetzt.

 

Die Gemeinde Gottes

Vor allem findet es sich in dem Ausdruck "die ekklesia (oder Gemeinde) der Herrn" in 5Mo 23:2.3.4.9; 1Chr 28:8; Mi 2:5. In Neh 13:1 ist es "die ekklesia (oder Gemeinde) Gottes." Diese ekklesia (Gemeinde oder Versammlung), kommt vor in Ps 22:23; Ps 26:12; Ps 35:18; Ps 40:10.11; Ps 68:27. In Ps 22:25 wird sie die große ekklesia oder Gemeinde genannt, und in Ps 149:1 "die ekklesia der Heiligen." Das ist es, was David meint, wenn er in Ps 22:23 sagt:

 

"Ich will dich in der Gemeinde rühmen," und in Ps 22:26: "Dich will ich preisen in der großen Gemeinde."

 

In den Evangelien wird das Wort ebenso verwendet, wenn der Herr sagt: "auf diesen Felsen will ich meine ekklesia bauen."

 

Als er das zu Israeliten sagte, gebrauchte er das Wort nicht in dem neuen, exklusiven und speziellen Sinn, in dem es später, in der Offenbarung "des Geheimnisses" in den Gefangenschaftsbriefen, gebraucht wird, sondern in dem größeren, weiteren alttestamentlichen Sinn, den seine Zuhörer verstehen konnten; die ganze Versammlung der Gläubigen und Anbeter Jahwes umfassend, "die teilhaben an der himmlischen Berufung" (Hebr 3:1).

 

Wenn der Geist bei Stephanus von der "ekklesia in der Wüste" spricht (Apg 7:38), meint er diese Versammlung gläubiger Anbeter. Das sind die, die sicher bewahrt wurden "unter dem Schatten des Allmächtigen" während der achtunddreißig Jahre der als Strafe verfügten Wanderung in der Wüste (siehe Ps 90 und Ps 91).

 

Als der Herr nach Pfingsten zur ekklesia hinzufügte, "die gerettet wurden" (Apg 2:47), da fügte er sie zu den Einhundertzwanzig, die sich vor Pfingsten in dem Obergemach versammelten, und von denen es heißt:

 

"Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel (brachten aber nicht mehr Opfer dar und nahmen nicht mehr an den dort gebotenen Mahlzeiten Teil) und brachen das Brot (oder aßen, wie in Lk 24:30.35 und Apg 27:35) hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen und lobten Gott und fanden Wohlwollen bei dem ganzen Volk.

 

Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde (ekklesia) hinzu, die gerettet wurden" (Apg 2:46.47).

 

Es stimmt, dass die Wörter "zur Gemeinde" (griech.: ekklesia) im Apg 2:47 von allen Textkritikern (auch den konservativsten und am wenigsten "modernen"), Lachmann, Tischendorf, Tregelles, Alford, Westcott und Hort und von der R.V. weggelassen wird, aber wir wollen hier diese Auslassung nicht überbewerten, denn auch wenn es dasteht, ist es in dem alttestamentlichen Sinn von "Gemeinde des Herrn" gebraucht, und nicht in dem späteren Sinn, wie in dem Brief an die Epheser; denn sie hätten es damals nicht verstanden (wir heute auch nicht, wenn wir diesen späteren Brief nie gesehen hätten).

 

Wenn Paulus sagt, "... weil ich die ekklesia Gottes verfolgt habe" (1Kor 15:9), dann verwendet er das Wort nicht in einem Sinn, von dem er zu dieser Zeit noch nie gehört hatte, oder auch nur die entfernteste Idee davon hatte. Seine Worte müssen in demselben Sinn verstanden werden, in dem er sie damals gebraucht hat, und wir dürfen in eine Schriftstelle nicht hineinlesen, was der Gegenstand einer späteren Offenbarung war, besonders wenn der Sinn so völlig eindeutig und klar ist wie hier.

 

Wir müssen das Wort ekklesia in den Evangelien, der Apostelgeschichte und den früheren Paulinischen Briefen im Sinne des Alten Testaments (Septuaginta) verstehen, wo es einfach Gemeinde oder Versammlung von Jahwe anbetenden Leuten heißt, "die teilhaben an der himmlischen Berufung," die eine himmlische Hoffnung, einen himmlischen Bereich der Segnung haben, und die auf ihr Teil an der "Auferstehung zum Leben" warten.

 

Es war seit alters her prophezeit, dass es eine Auferstehung geben werde (siehe Hi 19:25-27; Hos 13:14; Joh 11:24), aber es war später auch offenbart worden, dass es zwei Auferstehungen geben werde - eine zum Leben und eine zum Gericht. Paulus zeugte von der früheren, dass sie die Hoffnung der Anbeter Gottes sei (Apg 24:14.15); David hoffte darauf (Ps 16:9-11 Obwohl der Psalm sich auf den Messias bezieht Apg 2:27-31; Apg 13:35, dürfen wir David selber nicht ausschließen, obwohl seine Erwartung nicht in naher Zukunft ist (s. Ps 49:15). Ebenso war es bei Daniel (Dan 12:1-3).

 

Der Herr nannte die erstere ausdrücklich "die Auferstehung der Gerechten" (Lk 14:14) und "die Auferstehung des Lebens" (Joh 5:29). "Durch das Wort des Herrn" war eine weitere Hoffnung offenbart worden, oder eigentlich eine Formulierung der Hoffnung (Joh 11:25.26). Es gab nicht nur die Hoffnung für die, die an der "ersten Auferstehung" teilhaben, sondern für die, "die leben und übrig bleiben," wenn dieses Ereignis stattfindet. Das "Wort des Herrn" hat es zuerst erwähnt, und der Heilige Geist hat es dann durch Paulus in 1Thes 4:16.17 ausgeweitet.

 

Es geht um den Herrn, der nicht nur "die Auferstehung" ist, sondern auch "das Leben." Er sagt:

 

c - "Ich bin die Auferstehung

d - und das Leben.

c - Wer an mich glaubt, der wird (wieder) leben, auch wenn er stirbt (für ihn bin ich die Auferstehung);

d - und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben (für ihn bin ich das Leben)."

Das war und ist die Hoffnung für alle, die "teilhaben an der himmlischen Berufung" (Hebr 3:1). Es gab viele von ihnen, als der Messias kam.

 

Das waren die, von denen es heißt:

 

die "auf den Trost Israels warteten" (Lk 2:25),

die "auf die Erlösung Israels warteten" (Lk 2:38),

die "auf das Reich Gottes warteten" (Mk 15:43; Lk 23:51),

"wie viele ihn aber aufnahmen" (Joh 1:12),

"die das Wort bereitwillig aufnahmen" am Pfingsttag und später (Apg 2:41; Apg 8:14; Apg 11:1; Apg 17:11),

"und habt das Wort aufgenommen in großer Bedrängnis" (1Thes 1:6),

"dass ihr das Wort der göttlichen Predigt, das ihr von uns empfangen habt, nicht als Menschenwort aufgenommen habt, sondern als das, was es in Wahrheit ist, als Gottes Wort, das in euch wirkt, die ihr glaubt" (1Thes 2:13).

Sie haben "nicht erlangt, was verheißen war" (Hebr 11:39) aber sie glaubten und haben es im Glauben empfangen.

Wer von uns hatte nie Schwierigkeiten damit, dass von den "Heiligen des Alten Testaments" gesprochen wird? Hier sehen wir sie das ganze Alte Testament hindurch als "die Gemeinde (oder Versammlung) Gottes," als die "teilhaben an der himmlischen Berufung," die eine Himmlische Erwartung haben und nach dem Bereich der himmlischen Segnung Ausschau halten.

 

Das Geheimnis Gottes

3. Das bringt uns zu einem andern Bereich der Segnung, dem höchsten an Herrlichkeit, der "seit ewigen Zeiten verschwiegen war." Es ist der ewige "Vorsatz" Gottes, der bestand "ehe der Welt Grund gelegt war," und der nun "kundgemacht ist durch die Schriften der Propheten" (Röm 16:26). Er betraf als Geheimnis nicht das Israel auf der Erde, auch nicht die, "die teilhaben an der himmlischen Berufung," sondern Christus und die auserwählten Glieder seines Leibes.

 

Auch im irdischen Wirken Christi gehörte das zu den Dingen, die er nicht einmal den zwölf Aposteln in der Vertrautheit des Obergemachs nach seinem letzten Abendmahl offenbaren konnte. Er konnte ihnen diese Dinge damals nicht nur nicht sagen, sondern die Apostel ihrerseits wären gar nicht fähig gewesen, sie aufzunehmen.

 

Und da der Herr in den Evangelien nicht davon gesprochen hatte, konnten die Apostel sie auch nachher, in der Apostelgeschichte nicht "bekräftigen." Es sind die Ereignisse und Wahrheiten Christi, die in einer besonderen Beziehung zu ihm stehen, und die sich auf die ganze Wahrheit beziehen, die ohne sie nicht vollständig wäre. Sie waren notwendigerweise dem "Geist der Wahrheit" zur Offenbarung vorbehalten. "Er wird euch in alle Wahrheit leiten." Die kostbaren "Reichtümer der Gnade" und der Herrlichkeit das waren die Lehren, die die Tatsachen der Sendung Christi zur Grundlage hatten, die damals nicht stattgefunden hatten; obwohl sie damals alle nahe bevor standen.

 

Diese Ereignisse im Leben Christi auf Erden waren die Grundlage der Lehren, die auf ihnen errichtet wurden, und ohne sie hätte man die Lehren nicht kennen können. Wie hätten die Lehren von Eph 2:5.6 vor dem Leiden und Sterben, vor Auferstehung und Himmelfahrt offenbart und gelehrt werden können, worauf sie doch beruhen?

 

Aber dieses besondere Kommen, Wirken und Leiten des "Geistes der Wahrheit" müssen wir uns für den nächsten Abschnitt vorbehalten, denn wir müssen diese letzte Phase dessen, was "Jahwe geredet hat" unbedingt betrachten, bevor unsere Betrachtungen zu den Gefangenschaftsbriefen beginnen. Denn darin und nur darin finden wir die "Reichtümer" der Gnade und Herrlichkeit, in die der Heilige Geist sie leiten sollte. Die gute Nachricht davon war dazu bestimmt, die lange Ära von Israels Blindheit und dunkler (geistlicher ) Nacht des Volkes auszufüllen (Jes 60:1-3).

 

Die Gefangenschaftsbriefe, die unmittelbar auf die Verkündung des Urteils der Verblendung und Verstockung Israels folgten (festgehalten in Apg 28:25.26), haben ihr eigentliches Thema in der Offenbarung des letzten Bereichs von Segnung und Herrlichkeit, der besonders mit Christus und seiner Gemeinde zusammenhängt.

 

Dieser Bereich ist nicht irdisch.

 

Er ist nicht überirdisch.

 

Er ist in den höchsten Himmeln.

 

Daher hat er mit irdischen "Zeichen und Wundern" nichts zu tun, die denen folgen sollten, die in frohem Gehorsam glaubten, was dort geschrieben ist. Solche unerreicht erhabene Sprache ist von menschlichen Gläubigen niemals vorher oder nachher gesprochen worden. Die Herrlichkeit dieses Bereichs verträgt sich nicht mit irdischen Zeichen oder Erweisungen, wie wunderbar sie auch immer sein mögen, oder mit Verordnungen, so wichtig die einst waren (es mag sogar sein, dass sie denen zugehören, die "teilhaben an der himmlischen Berufung," obwohl sie für die undenkbar sind, die ihre Position so wahrnehmen, wie in Kol 1:12-14 und Kol 2:20 beschrieben). Diese Briefe kennen den, der an sie glaubt, nicht an "mitfolgenden Zeichen," sondern kennen sie als "tot" für die Welt und alle irdischen Verbindungen und Beziehungen, und als mit-gestorben, mit-auferstanden und mit Christus in den höchsten Himmeln sitzend. Selbst das Dichten und Trachten ist nicht mehr mit Irdischem behaftet, sondern auf die erhabenen Dinge gerichtet, wo Christus ist, sitzend zur Rechten Hand Gottes.

 

Daher lesen wir in diesen Briefen nichts vom Kommen Christi auf die Erde, vielmehr von unserer Hinwegnahme, damit wir seien, wo er ist; nichts von seiner parousia oder Gegenwart auf der Erde oder "in der Luft," dafür von unserer Gegenwart und Darstellung mit ihm in seiner Herrlichkeit. Wir lesen nichts von anastasis oder Auferstehung (die das Thema der früheren paulinischen Briefe ist) sondern von "ex-anastasis" (Phil 3:11) und "Berufung in die Himmel" (Phil 3:14 Es ist völlig unkorrekt, das griechische ano mit 'hoch' zu übersetzen, so als wäre es ein Adjektiv, das den Charakter dieses "Rufes" bezeichnet, denn es ist ein Adverb, das die Richtung angibt), die das Thema der späteren Briefe ist; nichts von irgendwelcher persönlichen Glückseligkeit, aber von Christi persönlicher Herrlichkeit, die zu teilen wir das unfassbare Privileg haben.

 

In diesem Zusammenhang möchten wir auf ein Wort aufmerksam machen, das unseres Erachtens das eigentliche Schlüsselwort der Gefangenschaftsbriefe ist und zum höchsten Bereich gehört. Es ist ein bemerkenswertes Wort, das wir in dieser Form im Neuen Testament nur hier finden. Es kommt einmal in Röm 13:9 vor, aber dort in der passiven Form der Gegenwart (anakephalaioutai) und bedeutet "aufhaupten für sich" (gipfelt). Aber in Eph 1:10 ist der Aorist Infinitiv der Mittelform (zwischen Aktiv und Passiv) (anakephalaiosasthai). Dieser Unterschied wird von der autorisierten und der revidierten Version (A.V. und R.V. der englischen Bibel) ignoriert, die Eph 1:10 die Mittelform wiedergeben, als wäre sie im Aktiv. Das ist im Interesse der gewöhnlichen Bibelleser, die doch zweifellos ein Recht auf eine grammatikalisch richtige Übersetzung einer solchen Stelle haben ein beinahe unverzeihliches Versehen.

 

Richtig übersetzt heben das Wort und der ganze Abschnitt die grundlegende Tatsache hervor, dass in allen Dingen, die dort offenbart sind, unser himmlischer Vater bei sich selbst beschlossen hat, was hier festgestellt ist:

 

"Gott hat uns wissen lassen das Geheimnis seines Willens nach seinem Ratschluss, den er zuvor in Christus gefasst hatte, um ihn auszuführen, wenn die Zeit erfüllt wäre, dass das All aufgehauptet würde für sich in Christus, was im Himmel und auf Erden ist. In ihm sind auch wir zu Erben eingesetzt worden, die wir dazu vorherbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Ratschluss seines Willens; damit wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit, die wir zuvor auf Christus gehofft haben" (Eph 1:9-12).

 

Das wird genügen, um uns zu zeigen, dass der Kosmos, wie in Kol 1:15.16 gezeigt, größer, höher und erhabener ist als die irdische Herrlichkeit oder jene Herrlichkeit, die denen vorbehalten ist, "die teilhaben an der himmlischen Berufung."

 

Das Alte Testament, die Apostelgeschichte und die früheren paulinischen Briefe befassen sich mit dem niedrigeren Bereich der Herrlichkeit, aber die späteren Briefe offenbaren einen Bereich von Erbschaft und Herrschaft über der Erde und den Himmeln. 1Kor 15:40 spricht von irdischer und himmlischer Herrlichkeit, die sich voneinander unterscheiden. Aber es gibt einen Bereich kosmischer Herrlichkeit (wenn wir dieses Wort in diesem Zusammenhang gebrauchen dürfen), hoch über allem geschaffenen Sein, über alle Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was sonst einen Namen hat (auch ohne Benennung oder Erklärung) in Eph 1:21 und Kol 1:16 auf Christus bezogen, der das Haupt ist über alles." Das schließt die Unterwerfung aller Feinde ein, zuletzt gar das Zertreten des Kopfes "der alten Schlange", die der Teufel ist.

 

Deshalb ist es jetzt das große Bestreben des Feindes, die Sinne der Menschen zu verblenden, "dass sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi" (2Kor 4:4). Und das ist es, warum wir, die wir Gott gehorchen, indem wir an diese, seine größte und herrlichste Offenbarung glauben, das hochhalten sollten als unsere gewisse Hoffnung und ständiges Thema; und nicht in Unkenntnis über Satans Absicht bleiben, zumal uns gesagt ist, worin seine Bedrohung besteht, so dass wir wissen, wohin sich unsere Verteidigung richten muss.

 

Mit anderen Worten, wir müssen arbeiten, um "den Reichtum seiner Herrlichkeit" bekannt zu machen, der mit dem dritten und höchsten Bereich an Segnung und Herrlichkeit und Ehre für "Christus und seine Gemeinde" verbunden ist.

 

Anmerkung des Herausgebers der englischen Neuausgabe:

 

'Der als Zitat ausgewählte Abschnitt ist Dan 7:27, wo erklärt wird, "das Volk" bezieht sich auf den Samen, der das irdische Königreich ererben soll, "die Heiligen" auf die "in die Himmel Berufenen." Aber die Worte scheinen ursprünglich nichts weiter zu bedeuten, als "das heilige Volk," was oft für Israel als Volk verwendet wird. Der Leser möge die Verse Dan 7:18.21.22.25 des gleichen Kapitels beachten, in denen "das Volk" als "die Heiligen" bezeichnet wird, und dazu Dan 8:24 und Dan 12:1.7, verglichen mit der Septuaginta und unter Berücksichtigung der Ausführungen von Gesenius über den chaldäischen Ausdruck. Siehe auch Röm 9:5 und Röm 11:5 und 1Kor 10:5. Es trifft zu, dass nicht alle das Gesetz eingehalten haben, das durch Mose gegeben war, aber wer sich absichtlich für den Unglauben entschied, wer das Gesetz Moses missachtete, hatte gar keine irdischen Segnungen, weder Königreich noch Land; für die gab es nur das Sterben ohne Erbarmen (siehe Hebr 10:28). Das Kapitel wurde trotzdem beibehalten, damit die Leser den treuen Rat von Dr. Bullinger befolgen mögen, sich selbst ein Urteil zu bilden, besonders da es sich hierbei um ein Randthema handelt, und das Hauptthema der heilsgeschichtlichen Entfaltungslehre nicht beeinträchtigt.‘

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

1 V. Gott redet durch den Geist der Wahrheit

1.1 Johannes der Täufer verkündet

1.2 Petrus verkündet dem Haus Israel

1.3 Paulus wendet sich von den Juden ab

V. Gott redet durch den Geist der Wahrheit

"Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, wird er euch in alle Wahrheit leiten" (Joh 16:13).

 

Die einleitenden Worte des Briefs an die Hebräer erzählen uns von der wunderbaren Tatsache, dass Gott "vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise" geredet hat. Gemeint ist das Reden

 

durch die Propheten,

durch den Sohn,

durch die, die es gehört haben.

Aber wir wollen jetzt betrachten, wann und wie er zum letzten Mal redete, und wo wir diese Worte finden. Es wird gut sein, wenn wir zunächst festhalten, zu wem dieses Reden Gottes geschah. Wir werden darüber nicht im Zweifel gelassen, denn in Hebr 1:1 wird uns klar gesagt, "zu den Vätern." Das heißt, zu Hebräern; seit damals, als er zu Abraham redete. Zu ihnen redete er durch die Propheten; aber sie (die Väter) hörten nicht auf ihn. Zu demselben hebräischen Volk redete er "durch den Sohn." Er kam in sein Eigentum; aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Zu denselben "Männern von Juda" und "Männern von Israel" (Apg 2:14.22) und zu dem ganzen "Haus Israel“ (Apg 2:36) redete er "durch die, die es gehört haben" - was der Sohn gesagt hatte (Hebr 2:3). In Apg 2 ist es Petrus, durch den Gott redet. Petrus hatte gehört, was der Herr "von Anfang an" (Joh 15:27) gesagt hatte, und er führte fort, was der Herr begonnen hatte, und forderte zur Buße auf, "denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung, und allen, die fern sind..." (den Zerstreuten Israels).

 

Die ganze Apostelgeschichte berichtet die Worte derer, "die es gehört haben," was der Herr geredet hatte, und ihre Worte richteten sich an Hebräer vom Hause Israel; denn die Weissagung aus Jes 6:9.10 war noch nicht erfüllt, und die neuerliche Verkündigung des Königreichs durch Petrus in Apg 3:19-26 war noch nicht abgelehnt; noch stand alles offen.

 

Als Jesaja zuerst diese ernste Weissagung von der Blindheit als Gericht hörte, fragte er sofort: "Herr, wie lange?" (Jes 6:10.11). Die Antwort an Jesaja sollte man sorgfältig studieren, denn die Frage bezog sich auf Zeit und Stunde. Die gleiche Frage erhebt sich natürlich bei allen, die es angeht.

 

Als der Herr mit den Aposteln "vom Reich Gottes" sprach (Apg 1:3) fragten sie sofort: "Herr, wirst du IN DIESER ZEIT wieder aufrichten das Reich für Israel?" (Apg 1:6). Er muss von diesem Königreich Israels als Bestandteil des weiteren und größeren Bereichs von Gottes Herrschaft, die "das Reich Gottes" genannt wird, gesprochen haben (Apg 1:3).

 

Der Herr antwortete deshalb: "Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat; aber ihr werdet die Kraft (das ist die 'Kraft aus der Höhe' in Lk 24:49) des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und WERDET MEINE ZEUGEN SEIN (das ist die Lesart in allen besten Manuskripten) in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde." Für dieses Zeugnis brauchten und erhielten die Apostel göttliche Kraft und Macht.

 

In und mit dieser Kraft haben sie, die es gehört hatten, bekräftigt und bezeugt, "was seinen Anfang nahm mit der Predigt des Herrn" (Hebr 2:3). "Uns" (Hebräern; Lu.: 'bei uns') gab Gott Zeugnis (zusammen mit ihnen) durch Zeichen, Wunder und mancherlei Taten und geistliche Gaben (Hebr 2:4).

 

Johannes der Täufer verkündet

Dieses "große Heil" war das gleiche, das Johannes der Täufer verkündete. Es war das Thema seines Vaters Zacharias, als er, von pneuma hagion (oder Kraft aus der Höhe) erfüllt, prophezeite:

 

"Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk und hat uns aufgerichtet eine Macht des Heils im Hause seines Dieners David" (Lk 1:68.69).

 

Der Messias war dieses "große Heil," aus Davids Samen entsprossen Sohn Davids und Herr, zugleich "die Wurzel und das Geschlecht Davids" (Offb 2:16).

 

Und von Johannes dem Täufer sagte Zacharias:

 

"Und du, Kindlein, wirst ein Prophet des Höchsten heißen.

 

Denn du wirst dem Herrn vorangehen, dass du seinen Weg bereitest,

 

und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk in der Vergebung ihrer Sünden" (Lk 1:76.77).

 

Gott hatte davon bereits gesprochen, durch die Propheten seit alters, durch Johannes den Täufer und durch den Sohn. Seinem Volk Israel war es gesagt und angekündigt. Deshalb ist die Frage sehr nahliegend: "Wie wollen wir (Hebräer) entrinnen, wenn wir ein so großes Heil nicht achten" (Hebr 2:3) von dem der Herr zu uns geredet hat?

 

Die Frage wird in Hebr 10:28.29 wiederholt: "Wenn jemand das Gesetz des Mose bricht, muss er sterben ohne Erbarmen auf zwei oder drei Zeugen hin. Eine wieviel härtere Strafe, meint ihr, wird der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das Blut des Bundes für unrein hält, durch das er doch geheiligt wurde, und den Geist der Gnade schmäht?"

 

Petrus verkündet dem Haus Israel

Diese ernste Warnung klingt ganz entsprechend und bleibt im gleichen Zusammenhang. Es ist genau das, was Petrus dem "ganzen Haus Israel" (Apg 2:36) sagte. "Auch mit vielen anderen Worten bezeugte er das und ermahnte sie und sprach: Lasst euch erretten von diesem verkehrten (griech.: skalios; zur Bedeutung dieses Wortes vgl. 5Mo 32:5; Phil 2:15) Geschlecht," also von der Generation, die schuldig war, das Blut des Messias vergossen und seine Erlösung verschmäht zu haben.

 

Wir finden diese Warnung noch einmal in Hebr 12:25: "Seht zu, dass ihr den nicht abweist, der da redet. Denn wenn jene nicht entronnen sind, die den abwiesen, der auf Erden redete, wieviel weniger werden wir entrinnen, wenn wir den abweisen, der vom Himmel redet."

 

Wir haben über diesen Punkt bereits ausführlich gesprochen, um es völlig klar zu machen, dass die heilsgeschichtliche Phase der Apostelgeschichte nicht die jetzige Phase des Geheimnisses ist, in der uns der Geist der Wahrheit selber durch das Wort der Wahrheit leitet.

 

Wie viele Gläubige quälen sich mit diesen hier zitierten Schriftstellen Hebr 10:28.29 und Hebr 12:25, weil sie die Zeit nicht richtig teilen, in der sie gesprochen wurden, und die Personen, an die sie gerichtet waren. In diesem Zusammenhang müssen wir noch Hebr 6:1-8 hinzufügen, wo diese Hebräer ermahnt werden, den Anfang (arche) der Lehre über Christus zu lassen ohne die Grundlage umzureißen, die richtig und wahrhaftig für die damalige Zeit gelegt worden war, aber sie dahinten lassend, an dem Platz, wohin sie gehört, und voranzuschreiten: "Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung in Christus Jesus" (Phil 3:13.14).

 

Diese "Grundlage", die anfangs gelegt wurde (das Wort arche in Hebr 2:3 "Anfang," ist dasselbe wie "Anfang" in Hebr 6:1), darf nicht umgerissen werden, sonst würden wir nicht verstehen, was für ein Unterschied besteht zwischen dem, was der Herr während seines Wirkens sagen konnte, und was er nicht sagen konnte, weil die Zeit dafür noch nicht gekommen war.

 

Diese Dinge, die zur Zeit des "Vollkommenen" gehörten, konnten nicht offenbart werden, bevor das Stückwerk abgetan war; bevor die geistlichen Gaben, die richtig in diese Phase gehörten, geendet hatten und "abgetan" waren.

 

Paulus wendet sich von den Juden ab

Die Frage, die jetzt noch zu beantworten bleibt, wird leicht verstanden werden, wenn wir sehen, dass die Verkündigung durch Petrus (Apg 3:19-27), von dem König, der bereit ist zu kommen, und von dem Königreich, das bereit ist, errichtet zu werden, zunächst von Israel im Land abgelehnt worden war, und dann von der Diaspora in Rom endgültig abgewiesen wurde, als es durch Paulus in Apg 28:17-28 zur Entscheidung kam.

 

Einmal und später noch einmal hatte sich Paulus von den Juden weg und mit seinem Zeugnis an die Heiden gewandt, die mit Israel gesegnet wurden, wie Gott es ursprünglich Abraham verheißen hatte (1Mo 12:3); aber das war rein lokal und bei vorübergehenden Gelegenheiten; denn Paulus wandte sich dann gleich wieder an die Juden.

 

Aber in Apg 28 war es formell und endgültig. Die große heilsgeschichtliche Prophetie von Jes 6 war endgültig erfüllt, und nun, aber nicht vorher, konnte er sagen:

 

"So sei es euch kundgetan, dass den Heiden dies Heil Gottes gesandt ist; und sie werden es hören. Und als er das gesagt hatte, gingen die Juden weg und stritten heftig untereinander" (Apg 28:28.29)

 

*Apg 28:29 wird als Randbemerkung eines Schreibers betrachtet, die in den Text einiger Manuskripte geraten sei. Er ist in den älteren Codices, in den griechischen Texten von Lachmann, Tischendorf, Tregelles, Westcott und Hort sowie der R.V. nicht enthalten. Wenn die Worte nicht inspirierte Schrift sind, berichten sie doch eine Wahrheit; denn sie blieben und sind noch heute in der Zerstreuung und ihre Einstellung hat sich nicht geändert).

Als die heilsgeschichtliche Phase der Apostelgeschichte beendet war, war die Zeit für die Erfüllung der Verheißung unseres Herrn in Joh 16:13 gekommen: und nun ist die Frage: Wie wurde sie vom Geist der Wahrheit erfüllt?

 

Wir haben gesehen, dass sie bis heute nicht erfüllt wurde als Leiten von Individuen in das, was man "Wahrheit" nennt, denn man sieht an verschiedenen Personen das genaue Gegenteil. Nein! Er hat uns alle in die gegenwärtige Phase geleitet, in die "Schriften der Wahrheit." Er hat veranlasst, dass all die Wahrheit geschrieben wurde, dass die Worte, die Gott durch die Propheten und durch seinen Sohn redete, geschrieben wurden. Zu uns kommt die Wahrheit nicht mündlich oder durch Überlieferung, sondern geschrieben (deshalb hat Paulus zuletzt Timotheus eingeschärft, ihm "die Pergamente" zu bringen; "besonders die Pergamente" schrieb er 2Tim 4:13). Das Geheimnis wurde durch die "Schriften der Propheten" (griech.: = graphon prophetikon, übersetzt mit "Schriften der Propheten," aber das Wort ist ein Adjektiv, kein Substantiv) bekanntgemacht (Röm 16:26).

 

Diese Schriften, die der Geist der Wahrheit gegeben hat, sind vollständig. Nichts darf mehr hinzugefügt werden. Wenn uns irgendetwas vor Augen kommt, das angeblich eine spätere zusätzliche Offenbarung sein soll, müssen wir es sofort zurückweisen. Wir dürfen keine Nachsicht damit üben. Wir müssen sagen "anathema" (Gal 1:8), ob es Joe Smith ist oder Swedenborg, "Die fliegende Schriftrolle" oder ein angeblicher Christ, der sich von bösen Geistern täuschen lässt, der "Falschmünzerei" oder "automatisches Schreiben" anwendet, um satanische Lehren bei uns einzuschmuggeln. Wir dürfen uns mit ihnen überhaupt nicht einlassen. Es ist eine tödliche Gefahr, die jene bedroht, die "schwach im Glauben" sind (oder im Verstand), und unsere Korrespondenz zeigt uns, dass es viele davon gibt.

 

Nein! Wir haben ALLES, was der "Geist der Wahrheit" uns in den "Schriften der Wahrheit" geschrieben hat. Nur dort müssen wir die spezielle Wahrheit suchen, die Dinge über Christus, die Dinge, die Christus auf der Erde nicht sagen konnte, die uns aber nun offenbart sind, wie er es uns verheißen hat.

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

1 VI. Gott redet durch Paulus

2 Das Vollkommene ist gekommen

2.1 Offenbart durch den Heiligen Geist

2.2 Zeugnis des Paulus verworfen

VI. Gott redet durch Paulus

Gott redet durch Paulus, den Gefangenen Jesu Christi:

 

"Darum schäme dich nicht des Zeugnisses von unserm Herrn noch meiner, der ich sein Gefangener bin" (2Tim 1:8).

 

Diese Worte bringen uns zur letzten Frage darüber, wie und wo und wann die Verheißung Christi in Joh 16:12-15 erfüllt wurde.

 

Wir haben gesehen, dass sie durch den Geist der Wahrheit für uns niedergeschrieben wurden. Wir sind nicht den Gedanken oder Einsichten von Menschen ausgeliefert, oder den "Traditionen der Väter"; wir sind insgesamt von Menschen befreit alten und modernen. Wir sind in einen geistlichen Bereich gekommen, wo der Mensch keinen Platz, keinen Standpunkt und keine Autorität hat; wo auf seine Stimme nicht gehört werden soll, wenn er uns nicht hilft, besser zu verstehen, was Gott geredet hat.

 

Wir sind in eine neue heilsgeschichtliche Phase gekommen, wo die alten Dinge vergangen sind, wo alles neu geworden ist, wo alles von Gott ist. Das Vollkommene ist gekommen (vgl. 1Kor 1:10). "Zeichen und Wunder und mancherlei Machttaten und geistliche Gaben" haben hier keinen Platz. Die Gabe der prophetischen Rede hat aufgehört, wie in 1Kor 13:8 geweissagt ist.

 

Das Vollkommene ist gekommen

Die Gabe der Zungenrede hat aufgehört; Erkenntnis (gnosis) der Geheimnisse hat keinen Platz (1Kor 13:8; vgl. 1Kor 13:2 u. 1Kor 14:2). Was Stückwerk war und unvollkommen, ist abgetan.

 

Diesen allen war in der Phase, zu der sie gehörten, Platz und Aufgabe zugewiesen. Sie sollten erstrebt, angewandt und geprüft werden; aber wir sind jetzt in einer Phase, in der alles vollendet ist. Das Wort "vollendet" heißt, dass wir zu einem Ende oder zu der letzten Phase gekommen sind. Die Griechen schrieben das Wort Telos am Ende ihrer Bücher, die Lateiner schrieben Finis, und wir schreiben Ende. Wir blättern um, und dann hört Offenbarung auf.

 

Ebenso ist es in der Phase, in der der Geist der Wahrheit die Dinge Christi offenbart hat. Deshalb ist "das Vollkommene" gekommen. Über Christus können wir nicht hinaus gelangen. Wir haben ein unverletztes Gewissen, denn wir haben ihn als vollendetes Opfer (Hebr 10:1.2). Wir sind zum Ende allen Sehnens des Herzens gelangt, denn wir haben Christus (Phil 3:10). Unser einziges Sehnen ist es jetzt, ihn zu erkennen.

 

Anstatt uns anzustrengen, die Vollkommenheit zu erlangen, wissen wir, dass wir in Christus Jesus schon vollkommen sind (Kol 1:28), und im Fleisch nie Vollkommenheit erreichen können (Gal 3:3). Anstatt uns anzustrengen, in die Gegenwart Gottes zu gelangen, hören wir nicht auf zu danken, denn er hat selbst schon alles getan. Er hat uns mit seiner Tüchtigkeit tüchtig gemacht hat in Christus zu dem Erbteil der Heiligen im Licht (Kol 1:12). Wir sind nicht in Anspruch genommen von endlosen Auseinandersetzungen über Verordnungen, weil wir "vollkommen sind in ihm" und wissen, dass nichts, das von Hand gemacht ist, dem hinzugefügt werden kann, was schon vollkommen ist (Kol 2:10-20).

 

Das alles sind die "Dinge Christi" die der Geist der Wahrheit verkündigen sollte (Joh 16:15). Das sind die "zukünftigen Dinge," die er offenbaren sollte, denn sie waren in der Zeit des Menschensohns und in der Zeit der Apostelgeschichte noch nicht gekommen. Aber - Gott sei Dank! - unser Los ist in eine Zeit gefallen, in der "das Vollkommene" gekommen ist. Aber wie hat er das gezeigt? Wo sollen wir es sehen?

 

Diese Fragen sind zum Teil bereits in den oben angeführten Schriftstellen beantwortet. Sie stammen alle aus diesen Briefen, die der Apostel Paulus in der Gefangenschaft in Rom geschrieben hat. Er war der Gefangene Jesu Christi für uns Heiden, denen die gute Nachricht von Gottes Erlösung gesandt wurde, nachdem sie von Israel formell verworfen worden war. (Apg 28:17-28).

 

Diese Briefe (Epheser, Philipper, Kolosser und 2. Timotheus) gehören in besonderer Weise zu dieser gegenwärtigen Phase der Heilsgeschichte, der Phase des Geheimnisses. Sie enthalten "alle Wahrheit," in die der "Geist der Wahrheit" leiten sollte. Es gibt nichts von diesen "Dingen Christi" "das Meine"' aus Joh 16:15: "von dem Meinen wird er's nehmen" in den vier Evangelien oder in der Apostelgeschichte. Der Herr hat selber erklärt, dass er damals nicht davon sprechen konnte. Hier und nur hier werden sie uns gezeigt.

 

Offenbart durch den Heiligen Geist

Sie sind offenbart, nicht durch Propheten des Alten Testaments, nicht durch den Sohn, nicht durch die, "die es gehört haben" und seine Worte bekräftigten, sondern durch den Geist der Wahrheit und durch sein besonderes Instrument, das Gott dazu berufen hatte, eben den gefangenen Paulus, den Gott "durch Offenbarung" das Geheimnis und die Phase der Gnade Gottes wissen ließ, die ihm für uns gegeben waren (Eph 3:2.3).

 

Ihm und den Propheten des Neuen Testaments (eine Ordnung, die speziell zu diesem Zweck eingesetzt wurde Eph 4:11 Diese waren nach seiner Auferstehung eingesetzt worden Eph 4:8) offenbarte der Heilige Geist diese "Dinge Christi," und durch ihn wurden sie niedergeschrieben für uns zur Lehre.

 

Der Apostel Paulus mag von dem großen Geheimnis vorher gewusst haben. Er mag es sogar "im Geheimnis" (1Kor 2:7, griech.: en musterio) erwähnt haben, aber es war noch ein Geheimnis, und unter denen, die eingeweiht waren (denn das ist die Bedeutung des Wortes "Vollkommene" in 1Kor 2:6), aber er war noch nicht formell beauftragt, es zu schreiben und bekanntzumachen, um "den Gehorsam des Glaubens aufzurichten unter allen Heiden" (Röm 16:26; 1Tim 3:16).

 

Er übergab den Dienst an Timotheus, seinen eigenen Sohn im Glauben. Er vertraute ihm an, wie ihn dieser Dienst in große Nöte gebracht hatte mit denen, die das Geheimnis nicht empfangen hatten, das er ihnen zu verkünden beauftragt war. Daher warnt er Timotheus, sich nicht zu schämen, keine "Menschenfurcht" (denn das ist die Bedeutung des Wortes deilia, Ängstlichkeit, die sich aus der Furcht vor Menschen ergibt (2Tim 1:7) zu haben in dieser Sache, denn "ich schäme mich dessen nicht" sagt er (2Tim 1:12).

 

In diesem Kontext stellt Paulus nachdrücklich fest, dass er als Prediger und Apostel und Lehrer der Heiden (einige Manuskripte lassen das Wort "der Heiden" aus. So Tischendorf, Westcott und Hort, auch die R.V.) bestellt ist. Und noch einmal sagt er ausdrücklich, "aus diesem Grund leide ich dies alles" (2Tim 1:11). Aber der wichtigste Teil dieser Aussage ist im Vers (2Tim 1:8), wo er sein eigenes Zeugnis auf dieselbe Stufe stellt, wie das Zeugnis unseres Herrn, wenn es hieße: "... noch meines Zeugnisses." aber so stehen hier nebeneinander: Verkündigung und Person des Paulus. Er sagt: "Darum schäme dich nicht des Zeugnisses unseres Herrn

 

noch meiner, der ich sein Gefangener bin."

 

Er konnte das sagen, weil derselbe Gott, der durch seinen Sohn sprach, "durch den Geist der Wahrheit" auch durch Paulus sprach. Ihr Zeugnis hat dieselbe göttliche Quelle, und beide kommen zu uns mit derselben göttlichen Autorität. Christus konnte sagen: "Meine Lehre ist nicht von mir, sondern von dem, der mich gesandt hat" (Joh 7:16). Und Paulus konnte genau dasselbe sagen.

 

Diese Tatsache ist es, die diesen paulinischen Briefen ihre große Bedeutung gibt. Einige, die es ablehnen, die Phase des Geheimnisses anzuerkennen, verdunkeln das Licht, das aus den Briefen leuchtet. Tatsächlich ist das der eigentliche Grund, warum der große Feind diese besondere Wahrheit hasst. Er liegt in der Grundlage des "Evangeliums (oder der guten Nachricht) von der Herrlichkeit Christi." Diese Feindseligkeit zeigt sich in der neuen Bewegung der modernen religiösen Welt, die sich anstrengt, herauszuheben, was sie "die Lehre Jesu" nennt unter Ausschluss alles übrigen. Nicht der Wunsch, diese Lehre zu kennen ist falsch, aber dass sie pflücken und auswählen, was sie selber herausnehmen können (ohne den Kontext), und was sie verwerfen. Das hat den gleichen Grund, aus dem die Juden ihn zu steinigen suchten, und aus dem viele seiner Jünger sich von ihm abwandten.

 

Nein! Es ist Satans Plan, das zu schmälern, was sie dann die Lehre des Paulus nennen. Sie geben vor, anzunehmen, was Gott durch den Sohn redete, während sie leugnen, dass derselbe Gott durch Paulus redete. Dieser Vers (2Tim 2:8) ist insofern von größter Bedeutung, als er uns hilft, die verschiedenen Phasen zu unterscheiden.

 

Zeugnis des Paulus verworfen

Man möge beachten, dass die sogenannten "Pastoralbriefe" Teile von beiden Phasen behandeln. Während der Apostelgeschichte entstanden an verschiedenen Orten Gemeinden, die Anweisungen über die Ämter, die Mitarbeiter, sowie deren Charakter, Qualifikation und Aufgaben brauchten. Niemand kann sagen, wie sich das alles entwickelt hätte, wenn das Zeugnis derer, die den Herrn reden gehört hatten, angenommen, und das wunderbare Zeugnis des Heiligen Geistes beachtet worden wäre. Wir haben festzuhalten: So wie die Juden das Zeugnis des Heiligen Geistes verworfen haben, ebenso haben die Heiden das Zeugnis des Paulus von dem Geheimnis verworfen.

 

Innerhalb der Lebenszeit des Apostels hat sich die Gemeinde, die am stärksten geistlich ausgerichtet war (Ephesus) "von ihm abgewandt." Manche wollen uns raten, zu den ersten drei Jahrhunderten zurückzukehren, um das reine Christentum wiederzufinden. In unsern Tagen nennt man "die ersten sechs Jahrhunderte," so steil ist das Gefälle! Aber unsere Antwort ist, dass wir nicht zum ersten Jahrhundert zurückkehren können, denn gerade die Gemeinde, in der Paulus am längsten gedient hat (drei Jahre), "so dass alle, die in der Provinz Asien wohnten, das Wort des Herrn hörten" (Apg 19:10), war die erste, die sich von ihm und seiner Lehre abwandte.

 

Es ist nicht zu verwundern, dass er von seinem Leiden spricht und davon, dass er "für das Evangelium" leidet (2Tim 1:8), und von der Gnade, die Menschenfurcht überwindet und ihn zu einem untadeligen Arbeiter Gottes macht. (2Tim 2:15).

 

All das zeigt uns, wie wichtig es ist, das Wort der Wahrheit recht zu teilen. Es ist in der "Schrift der Wahrheit" gegeben, und ohne dem Gebot zu gehorchen, werden wir die Wahrheit nicht sehen, die Gott uns zeigt. Wir dürfen die Briefe, die in der Phase der Apostelgeschichte geschrieben wurden (1. u. 2. Thessalonicher, 1. u. 2. Korinther, Galater und Römer), nicht nehmen und in die gegenwärtige Phase hineininterpretieren, jedenfalls nicht mit ihren Gesetzen und Vorschriften, wo Juden und Heiden als getrennt betrachtet werden.

 

In der gegenwärtigen Phase des Geheimnisses ist die Trennwand niedergerissen und fortgenommen und Juden und Heiden sind eins in Christus Jesus. Wahr ist, dass der Römerbrief unmittelbar vor den Ereignissen von Apg 28 geschrieben wurde, am Ende jener Phase, deshalb finden wir darin die Grundlage der Lehre des Geheimnisses gut und getreulich geschaffen, während die Schlussverse uns geradewegs zu den Briefen hinführen, wo uns dann die Offenbarung durch den "Geist der Wahrheit" ausführlich und deutlich dargelegt wird.

 

So wie wir die Briefe aus der Phase der Apostelgeschichte nicht in die gegenwärtige Phase des Geheimnisses hineinlesen dürfen, sowenig dürfen wir auch die Gefangenschaftsbriefe in jene oder eine noch frühere Phase hinein übertragen. Zumindest können wir das nicht ohne unlösbare Verwirrung tun. Wir würden wie jene, die immer lernen, aber die Wahrheit nie erkennen können. Wir würden zur Beute neuer Lehren aller Richtungen, die aufkommen, oder würden von jedem Anschlag, uns von der Wahrheit abzulenken, aus der Bahn geworfen. Wir kämen in andauernde Widersprüche über Gemeinden oder Einrichtungen oder Menschen und ihre verschiedenen oder widersprüchlichen Lehren.

 

Andererseits, wenn wir Klarheit haben über die großartigen Fundamente der heilsgeschichtlichen Wahrheit und Lehre, werden unsere Füße wie auf einem Felsen stehen, und wir werden sicher und gewiss sein und standhaft gegen all die Veränderungen, die um uns stattfinden. Ja, wir werden leiden, wie Paulus zu leiden hatte; wir werden etwas vom Leiden um das Evangelium erfahren; aber gleich ihm werden wir nicht zuschanden, den wir kennen den, an den wir glauben, und sind gewiss er wird den herrlichen "Schatz", den er unserm Glauben anvertraut hat, sicher bewahren.

 

EWB