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Hesekiel (Charles H. Dyer)

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Hesekiel Walvoord Hesekiel (Charles H. Dyer)


Hesekiel 33 und 34

III. Segen über Israel

( Hes 33-48 )

 

Dieser letzte große Abschnitt des Buches spricht von der Erneuerung des Segens über Israel. Israel würde wegen seiner Sünden ebenso gerichtet werden ( Hes 1-24 ) wie die umliegenden Völker ( Hes 25-32 ). Aber Israel wird nicht für immer unter dem Gericht Gottes bleiben. Gott hat es sich als sein auserwähltes Volk herausgerufen, und er wird seine Verheißungen ihm gegenüber erfüllen.

 

 

A. Neues Leben für Israel

( Hes 33-39 )

 

Der erste Schritt in der Erneuerung Israels wird die Wiederherstellung als Volk sein. Israel als Volk "starb", als es in die Gefangenschaft geführt wurde. Seine Heimat war verloren, sein Tempel zerstört und seine Könige entthront. Die Feinde Israels hatten triumphiert. Seine falschen Führer hatten die Menschen in die Irre geführt, und seine Nachbarn hatten das Land geplündert und ausgenommen. Wenn Israel die Erfahrung des Segens Gottes machen soll, dann muß es als Volk "wiedergeboren" werden. Die falschen Führer werden durch einen wahren Hirten ersetzt werden ( Hes 34 ). Die äußeren Feinde Israels werden gerichtet werden ( Hes 35 ). Die Menschen werden ganz neu sowohl in das Land als auch zu Gott kommen ( Hes 36-37 ), und ihre Sicherheit wird von Gott selbst garantiert werden ( Hes 38-39 ).

 

 

1. Der Wächter Hesekiel wird erneut berufen

( Hes 33 )

 

a. Hesekiels Aufgaben als Wächter

( 33,1 - 20 )

 

Hes 33,1-20

 

Hesekiel war als Gottes Wächter eingesetzt worden, um Israel vor dem kommenden Gericht zu warnen (vgl. die Anmerkungen zu Hes 3,16-27 ). Seine erste Berufung war zu einem Dienst des Gerichtes. Diese Berufung aber ist nun vollendet. Deshalb ernannte Gott Hesekiel nun zum zweiten Mal als Wächter, aber dieses Mal ist seine Botschaft eine andere. Immer noch ging es um die Verantwortung und Verläßlichkeit des einzelnen, aber der Kern der Botschaft war nun die Wiederherstellung Israels durch Gott.

 

 

b. Hesekiels Mund wird geöffnet

( 33,21 - 33 )

 

Hes 33,21-22

 

Hesekiel war auf seinen neuen Dienst vorbereitet worden, als die Nachricht von dem Untergang Jerusalems die Gefangenen in Babylon erreichte. Im zwölften Jahre ihres Exils, im zehnten Monat, am fünften Tag , d. h. am 9. Januar 585 v. Chr., kam die Nachricht des Unterganges durch einen der Überlebenden aus Jerusalem, der mehrere Monate und viele hundert Kilometer gereist war, zu Hesekiel. Jetzt erst wurde die grausame Wirklichkeit der Weissagungen Hesekiels allen bewußt.

Nun, da Hesekiels Botschaft bestätigt worden war, brauchte er nicht mehr zu schweigen. So wurde sein Mund aufgetan in der Nacht, bevor der Bote ankam . Sieben Jahre lang war Hesekiel stumm gewesen und hatte nur reden dürfen, um Gottes Gerichte zu verkündigen (vgl. Hes 3,26-27 ).

 

 

Hes 33,23-29

 

In den verbleibenden Versen von Kapitel 33 sprach Hesekiel zu zwei Gruppen von Leuten. Als erstes verurteilte er jene Israeliten, die im Land Israel geblieben waren und ein baldiges Ende der babylonischen Gefangenschaft erwarteten (V. 23 - 29 ). Dann tadelte er die, die sich versammelten, um ihn in Babylon zu hören (V. 30 - 33 ).

Die Menschen, die in Israel nach dem Fall Jerusalems zurückblieben, weigerten sich, das Gericht Gottes anzuerkennen. Sie verglichen sich selbst mit Abraham und behaupteten, der Überrest zu sein, den Gott zurückgelassen habe, um das Land zu besitzen. Wenn der eine Mann, Abraham, ein Recht auf das Land gehabt hatte, dann, so schlußfolgerten sie, hatten die vielen Israeliten doch ganz sicher dieses Recht.

Aber zwischen Abraham und denen, die nun im Land lebten, gab es einen großen Unterschied. Abraham war gerecht, sie aber gottlos. Sie aßen Fleisch, in dem noch das Blut war (vgl. 3Mo 17,10-14 ), beteten Götzen an ( 2Mo 20,4-6 ) und vergossen Blut (vgl. 2Mo 20,13 ). Das Recht, das Land zu besitzen , war von dem geistlichen Gehorsam abhängig, nicht von der Anzahl der Menschen. Wegen ihrer Sünden hatten diese Menschen ihre Rechte auf das verheißene Land verloren.

Die, die in selbstgefälliger Arroganz meinten, das Land zu besitzen, würden bald die Schmerzen des Gerichts erleben. Die Menschen in den Ruinen der Städte würden durch das Schwert fallen , die Menschen, die auf das Land geflohen waren, würden von wilden Tieren gefressen, und die, die sich in Festungen und Höhlen versteckten, würden durch eine Pest sterben . Genau dies waren auch die Gerichte, die die Menschen von Jerusalem vorher erleben mußten (vgl. Hes 5,17; 14,21 ). Nun würde das Land (Juda) ebenfalls verlassen sein.

 

 

Hes 33,30-33

 

Hesekiel sprach dann zu den in Babylon Gefangenen. Hier gab es eine Gruppe von Anhängern, die ihn als Propheten anerkannten. Sie versammelten sich von Zeit zu Zeit, um seine Botschaften zu hören. Diese Menschen hörten gerne Gottes Wort, aber sie wollten ihm nicht gehorchen (vgl. Jak 1,22-25 ): Sie setzten die Worte des Propheten nicht in die Praxis um. Sie dienten Gott mit ihren Lippen, aber in ihren Herzen folgten sie der Sünde. Mit ihrem Mund drückten sie ihre Hingabe aus, aber ihre Herzen waren habgierig . Hesekiels Worte gefielen den Ohren der Leute so, wie es schöne Liebeslieder auch getan hätten. Aber seine Botschaft kam niemals bis in ihre Herzen.

Aber es würde ein Tag der Abrechnung kommen. Wenn alle seine Worte der Weissagung kamen, dann würden sie erkennen, daß er ein Prophet war. Hesekiel sprach hier nicht von seinen Prophezeihungen über Jerusalems Untergang, denn diese waren ja schon "gekommen" ( Hes 33,21 ). Manche Ausleger glauben, daß er von seiner Weissagung gegen den Überrest in Juda sprach (V. 23 - 29 ), aber es ist zweifelhaft, daß eine Gerichtsbotschaft über den Überrest einen größeren Eindruck auf die in der Gefangenschaft lebenden Juden gemacht hätte als der Untergang der Stadt Jerusalem. Hesekiel sprach vermutlich vielmehr von der Verantwortlichkeit des einzelnen und dem Gericht, das Gott über alle Menschen spricht (vgl. V. 12 - 20 ). Jeder würde für seine Taten und seine Reaktion auf das Wort Gottes Rechenschaft geben müssen. Wenn ihr Tag der Abrechnung käme, würden diese "Hörer des Wortes" ( Jak 1,22 ) gezwungen sein, die prophetische Natur - und damit auch die Wahrheit - der Botschaft Hesekiels anzuerkennen.

 

 

2. Die gegenwärtigen falschen Hirten im Gegensatz zu dem kommenden wahren Hirten

( Hes 34 )

 

a. Die gegenwärtigen falschen Hirten

( 34,1 - 10 )

 

Hes 34,1-6

 

Gott sagte dem Propheten, daß er gegen die Hirten Israels weissagen sollte. Die Führer des Volkes wurden oft mit Hirten verglichen (vgl. Ps 78,70-72; Jes 44,28; 63,11; Jer 23,1-4; 25,34-38 ). Sie sollten starke, fürsorgliche Führer sein, die ihr Volk wie eine Herde behüteten. Hesekiel erläuterte zunächst die Sünden der Hirten ( Hes 34,1-6 ) und verkündete dann das Gericht über sie (V. 7 - 10 ).

Israels Führer dienten ihrer Herde nicht. Ihr erster Fehler war, daß sie ihre eigenen Interessen über die des Volkes setzten (V. 2 - 3 ). Wehe den Hirten Israels, die sich nur um sich selbst kümmern! Israels Könige hatten Reichtum auf Reichtum gehäuft auf Kosten des gemeinen Volkes. Sie sahen die Herde als Quelle des Reichtums an, die man ausbeuten mußte, anstatt als anvertrautes Gut, das beschützt werden sollte.

Der zweite Fehler der Führer war die harte Behandlung, die sie dem Volk zuteil werden ließen. Ein Hirte sollte seine Schafe zur Nahrung führen, vor Angriffen schützen, verletzte Schafe versorgen und verirrte und verlorene suchen. Aber die Hirten Israels kümmerten sich nicht um ihre Leute. Sie regierten hart und grausam.

Der dritte Fehler der Führer war ihre ständige Vernachlässigung der Menschen. Sie ließen zu, daß sie zerstreut wurden, ohne nach ihnen zu sehen (V. 5 - 6 ). Dreimal in den Versen 5 - 6 spricht Hesekiel davon, daß die Schafe zerstreut waren. Die Hauptaufgabe eines Hirten war, solch eine Katastrophe zu verhindern. Hesekiel meinte vermutlich die assyrische und die babylonische Gefangenschaft, durch die Israel und Juda unter den Völkern zerstreut worden waren. Die Hirten konnten nicht verhindern, was zu verhindern doch eigentlich ihre Hauptaufgabe gewesen wäre.

 

 

Hes 34,7-10

 

Die Hirten hatten ihre Aufgabe vernachlässigt, und die Schafe waren zerstreut. Nun war es Zeit, die Hirten für ihre Taten zur Rechenschaft zu rufen. Gott würde die Hirten für seine Herde verantwortlich machen und sie aus ihren Machtpositionen entfernen. Sie würden keine Gelegenheit mehr haben, sich auf Kosten des Volkes zu bereichern. Gott sagte: Ich werde meine Herde aus ihrem Rachen erretten. Sie werden ihnen nicht mehr länger zur Speise dienen . Die Führer würden die Menschen nicht mehr weiter ausbeuten können. Diese Aussage bildet die Brücke zu dem nächsten Abschnitt. Die falschen Hirten hatten Israel in den Ruin geführt. Deshalb würde Gott selbst eingreifen und sein Volk retten.

 

 

b. Der kommende wahre Hirte

( 34,11 - 31 )

 

Was die falschen Hirten durch ihre Habgier nicht schafften (V. 1 - 10 ), würde Gott tun. Er würde sich um seine Herde kümmern (V. 11 - 16 ), zwischen seinen Schafen richten (V. 17 - 24 ) und einen Bund des Friedens errichten (V. 25 - 31 ).

 

 

Hes 34,11-16

 

Die Herde war durch die grausamen und gleichgültigen Hirten zerstreut (V. 2 - 6 ). Wenn die Schafe gerettet und zurückgebracht werden sollten, mußte Gott, der große Hirte, dies selbst tun. Ich selbst werde meine Schafe suchen und nach ihnen sehen . Gott würde persönlich zugunsten von Israel eingreifen.

Gottes erste Aktion würde sein, Israel wieder aus den Völkern herauszuführen und in sein Land einzusetzen. Hier würde er sie wie Schafe auf gutem Weideland weiden. Gott würde tun, was die falschen Hirten nicht getan hatten - hüten, suchen, zurückbringen, stärken und mit Gerechtigkeit weiden. Diese Weissagung wurde nicht erfüllt, als Israel nach der babylonischen Gefangenschaft in sein Land zurückkehrte. Ihre Erfüllung wird erst im Tausendjährigen Reich geschehen.

 

 

Hes 34,17-24

 

In seiner Gerechtigkeit würde Gott auch zwischen den einzelnen Schafen richten: Ich werde richten zwischen einem Schaf und dem anderen und zwischen Widdern und Böcken . Bevor das Tausendjährige Reich beginnt, wird Gott die Gerechten von den Ungerechten trennen (vgl. Mt 25,31-46 ) und nur den Gerechten Zutritt in sein Reich geben.

Wie aber wird Gott den einen von dem anderen trennen? Das Wesen der Schafe wird an ihrem Verhalten sichtbar ( Hes 34,17-21 ). Die gottlosen Schafe sind jene, die ihren früheren Hirten folgen und die schwächeren Schafe unterdrücken. Sie zertraten das Weideland und wühlten sogar die Flüsse auf, so daß den anderen Schafen nur unansehnliche Vegetation und schlechtes Wasser übrig blieb. Diese fetten Schafe hatten Erfolg, wenn sie die schwachen Schafe brutal behandelten. Die gottlosen Schafe stießen sogar alle schwachen Schafe mit ihren Hörnern, um sie wegzutreiben. Gott wird nicht zulassen, daß dies weiter geschieht. Vielmehr wird er die Unterdrückten retten und die Unterdrücker richten. Er wird richten zwischen einem Schaf und dem anderen (V. 22 ; vgl. V. 17 ).

Nachdem er die einzelnen Schafe gerichtet hat, wird Gott seine Führerschaft ausüben, indem er einen neuen Hirten einsetzt (V. 23 - 24 ). Dieser Hirte, so sagte Gott, wird sein Knecht David sein. Viele Ausleger sehen hierin eine Anspielung auf Christus, den guten Hirten (vgl. Joh 10,11-18 ), der aus der Linie Davids stammt und König über Israel ist (vgl. Mt 1,1 ). Aber nichts in Hes 34,23 macht es zwingend , daß Hesekiel hier nicht buchstäblich von König David spricht, der aufersteht, um als Israels gerechter Fürst zu dienen. David wird auch an anderen Stellen der Bibel erwähnt, die von der zukünftigen Wiederherstellung Israels sprechen (vgl. Jer 30,9; Hes 37,24-25; Hos 3,5 ). Auch macht Hesekiel deutlich, daß David der Fürst ( nARI? ) des erneuerten Volkes sein wird. Dieser gleiche "Fürst" wird dann für sich selbst während des Tausendjährigen Reiches Sündopfer bringen ( Hes 45,22; 46,4 ). Dies kann kaum auf den sündlosen Sohn Gottes zutreffen, wohl aber auf David. Er scheint also, daß dies eine wörtlich zu verstehende Stelle ist, die von einem auferweckten David spricht. Anstelle der falschen Hirten wird Gott einen wahren Hirten einsetzen, um seine Schafe zu hüten.

 

 

Hes 34,25-31

 

Gottes Fürsorge und Schutz wird Frieden für sein Volk bringen. Ich werde einen Bund des Friedens mit ihnen machen . Israel wird jenen Frieden erleben, nach dem es sich so lange gesehnt hat. Die Unsicherheiten, die von verlassenen Orten, wilden Tieren, anderen Völkern und unvorhersehbarem Wetter ausgingen, werden beseitigt werden. Das Land wird Frieden und Wohlstand erleben. Bäume werden Frucht tragen, und der Boden wird seine Ernte geben, und die Menschen werden sicher sein in ihrem Land .

Gottes "Bund des Friedens" wartet auf den Segen, den Israel im Tausendjährigen Reich erleben wird. Dieser Bund wird Israel endgültig in sein Land einsetzen mit David als seinem Hirten. Später sagte Hesekiel, daß der Bund des Friedens auch die Erneuerung des Tempels Gottes als sichtbare Erinnerung an seine Gegenwart mit sich bringen wird ( Hes 37,26-28 ).

Gott wird Israel erneuern, weil es ein einzigartiges Verhältnis zu ihm besitzt. Du bist meine Herde, die Herde meiner Weide, bist mein Volk, und ich bin dein Gott.