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Hesekiel (Charles H. Dyer)

 

Übersicht   Literatur zum Propheten Hesekiel    Hesekiel auf  Elberfelder 2023

Hesekiel Kapitel 1 AUSLEGUNG

 

 

I. Gericht über Juda

( Hes 1-24 )

 

 

Die erste Hälfte des Buches Hesekiel spricht von Gottes kommendem Gericht über Juda. Gottes Schwert war zum Schlag gezogen, und Hesekiel erhielt den Auftrag, den bereits in der Gefangenschaft befindlichen Menschen zu erklären, was Gottes Gericht mit sich bringt und warum es kommt.

 

 

 

A. Hesekiels Vorbereitung

( Hes 1-3 )

 

 

Der Bericht der Berufung Hesekiels ist die längste unter den Berufungsgeschichten der Bibel (vgl. Jes 6; Jer 1 ). Hesekiel wird, wie Jesaja und Jeremia, für seinen Dienst vorbereitet, indem er eine Vision der Herrlichkeit und Majestät Gottes erhält, bevor er berufen wird, dem Herrn zu dienen.

 

 

 

1. Einleitung

( 1,1 - 3 )

 

 

Hes 1,1-2

 

 

Als Gott Hesekiel erschien, um ihn zum prophetischen Dienst einzusetzen, war dies im dreißigsten Jahr, im vierten Monat, am fünften Tag , was gleichzeitig das fünfte Jahr der Gefangenschaft von König Jojachin war. Wie unter "Autor und Entstehungszeit" in der Einführung geschrieben, war dies vermutlich der 31. Juli 593 V. Chr. "Das dreißigste Jahr" bezieht sich wohl auf das Alter Hesekiels. Als Priester (V. 3 ) war dies das Alter, in dem er normalerweise in den Dienst des Herrn getreten wäre.

 

Hesekiel war mit König Jojachin im März 597 gefangengenommen worden. Er gehörte zu den Weggeführten, die man am Fluß Kebar angesiedelt hatte, einem Kanal aus dem Euphrat, der östlich von Babel vorbeiführte (vgl. "Historischer Hintergrund" in der Einführung ).

 

Ich sah Visionen von Gott ist Hesekiels zusammenfassender Kommentar der Gesichte, die er in Hes 1,4-2,7 im einzelnen beschreibt. Diese Sicht der Herrlichkeit Gottes hat ihn stark beeinflußt.

 

 

 

Hes 1,3

 

 

Das Wort des Herrn weist auf die Quelle der Botschaft Hesekiels hin. Hesekiel empfing die Botschaft, von der Gott wollte, daß er sie weitersagt. Dies führt er später noch näher aus ( Hes 2,8-3,11 ). Die Hand des Herrn bezeichnete Hesekiels Vollmacht für seinen Dienst. Er handelte nicht auf eigene Initiative hin, sondern wurde von Gott zu seinem Dienst berufen, wie er es etwas später deutlich macht ( Hes 3,12-27 ).

 

 

 

2. Die Visionen für sein Wirken

( 1,4 - 2,7 )

 

 

In diesem Abschnitt behandelt Hesekiel im einzelnen die Visionen, die er in Hes 1,1 kurz erwähnt hat. Er beschreibt die Visionen ( Hes 1,4-28 ) und dann ihre Aussage ( Hes 2,1-7 ).

 

 

 

a. Die vier Lebewesen

( 1,4 - 14 )

 

 

Hes 1,4

 

 

Als Hesekiel in Richtung Norden sah, bemerkte er einen herannahenden Wirbelsturm. In dem Sturm waren eine große Wolke , starke Winde und Blitze . Während der Sturm jedoch immer näher kam, verlagerte sich Hesekiels Blick von dem Dunkel des Sturms hin zu dem Licht , das aus seiner Mitte hervorstrahlte. Dieses Licht sah aus wie glühendes Metall . Das hebräische Wort ( HaSmAl ) kommt im AT nur bei Hesekiel (hier und in V. 27 und Hes 8,2 ) vor. Es scheint eine leuchtende Substanz zu meinen. An den beiden anderen Stellen bezieht es sich auf Gottes leuchtenden Glanz.

 

 

 

Hes 1,5-8 a

 

 

In der Mitte des Feuers entdeckte Hesekiel vier Lebewesen . Diese Wesen werden in Kapitel 10 als Cherubim identifiziert, eine besondere Art von Engelswesen. Sie haben besonderen Zugang zu Gott (vgl. Hes 28,14.16 ) und sind Träger von Gottes Thronwagen. Auf der Bundeslade in der Stiftshütte bewachten goldene Statuen von Cherubim mit ausgestreckten Flügeln den Gnadenthron, wo sich die Herrlichkeit des Herrn niederließ ( 2Mo 25,17-22; 4Mo 7,89 ). Gott "thronte über den Cherubim" auf der Bundeslade ( 1Sam 4,4; 6,2; Ps 80,2; 99,1; Jes 37,16 ). Da das irdische Heiligtum und der Tempel ein Abbild der himmlischen Wirklichkeit waren ( Hebr 8,5 ), war diese Vision Hesekiels eine Vision des tatsächlichen Thronwagens Gottes, der von Cherubim getragen wurde.

 

Die allgemeine Erscheinung der Lebewesen war etwa die eines Mannes . Aber man darf sie doch nicht für Menschen halten. Jedes von ihnen hatte vier Gesichter und vier Flügel . (Der Prophet erklärt diese Aussagen in Hes 1,10-11 im einzelnen.) Die Beine der Cherubim waren gerade , das bedeutet, sie standen aufrecht, aber ihre Füße waren wie Stierfüße und wie blinkendes (hochpoliertes) Kupfer . Außerdem läßt Hesekiel uns noch wissen, daß die vier Cherubim Hände wie Menschenhände hatten.

 

 

 

Hes 1,8.9 (Hes 1,8b.9)

 

 

Hesekiel erklärt nun, wie die vier Wesen als Einheit zusammenwirkten. Zwei der vier Flügel jedes Wesens waren ausgestreckt, so daß ihre Flügel einander berührten und ein Viereck bildeten. Da sie vier Gesichter an den vier Seiten ihrer Köpfe hatten und im Viereck miteinander verbunden waren, konnten sie sich in jede Richtung geradeaus bewegen und die Richtung wechseln, ohne sich zu drehen. Deshalb drehten sie sich nicht, als sie vorangingen .

 

 

 

Hes 1,10

 

 

Nun berichtet Hesekiel noch mehr Einzelheiten über die Cherubim (V. 10 - 14 ). Zunächst beschreibt er ihre Gesichter. Vorne hatte jeder Cherub das Gesicht eines Menschen und auf der rechten Seite das Gesicht eines Löwen . Die linke Seite war das Gesicht eines Stieres , das Gesicht eines Adlers befand sich dann offensichtlich auf der Rückseite. Manche Ausleger meinen, daß sich in diesen vier Gesichtern Intelligenz (Mensch), Macht (Löwe), Dienst (Stier) und Schnelligkeit (Adler) ausdrücken. Es ist jedoch eher wahrscheinlich, daß wir hier die höchsten Formen des Lebens haben, die Gott geschaffen hat. Der Mensch wird zuerst erwähnt, weil er der Höhepunkt der Schöpfung Gottes ist. Ihm folgt der Löwe, "König" unter den wilden Tieren, der Stier, eines der stärksten Haustiere, und der Adler, der "Herr" der Vögel.

 

 

 

Hes 1,11

 

 

Hesekiel beschreibt nun die Flügel der Cherubim. Zwei der vier Flügel jedes Cherubs waren nach oben ausgebreitet. Sie streckten sich über den Cherub hinaus und berührten einander. Dies ergab ein großes viereckiges "Gehäuse", bei dem je ein Cherub an einer Ecke stand. Die anderen beiden Flügel benutzten die Cherubim, um ihren Leib zu bedekken . Weil diese Wesen in Gottes heiliger Gegenwart dienten, bedeckten sie in Verehrung ihre Leiber (vgl. Jes 6,1-3 ).

 

 

 

Hes 1,12-14

 

 

Die Cherubim bewegten sich immer vorwärts. Sie konnten in jede Richtung gehen, ohne ihre Gesichter zu drehen . In ihren Bewegungen wurden sie durch den Geist , der wohl Gottes Geist ist, geleitet.

 

Diese Wesen, die bereits als "helles Licht ... glühendes Metall ... blendendes Kuper" (V. 4.7 ) beschrieben wurden, werden auch wie brennende Kohlen im Feuer oder wie Fackeln geschildert. Die glühenden Kohlen wurden von Feuer durchzuckt, das zwischen den Wesen hin und her fuhr . Dies scheint eine Vordeutung auf Hesekiels Botschaft des brennenden Gerichtes Gottes über Juda zu sein.

 

 

b. Die vier Räder

( 1,15 - 21 )

 

 

Unter den Cherubim sah Hesekiel etwas, das Rädern glich. Er beschreibt diese Räder zunächst allgemein (V. 15 -18 ) und sagt dann, wie diese Räder mit den Cherubim in Verbindung standen (V. 19 - 21 ).

 

 

 

Hes 1,15-18

 

 

Auf dem Boden neben jedem Cherub war ein Rad . Jedes Rad funkelte wie Chrysolith ( tarSIS ). Welcher kostbare Stein mit diesem hebräischen Wort gemeint ist, läßt sich nicht genau bestimmen. Es könnte sich umeinen gelben Jaspis oder einen anderen goldfarbigen Stein, einen Beryll, der gewöhnlich blaßgrün ist, oder um einen Chrysolith gehandelt haben, der durchsichtig gelb oder grün ist. Jedenfalls funkelten die Räder mit gelbgrünem Glanz.

 

Die beiden Räder jedes Cherub hatten eine ungewöhnliche Form. Ein Rad griff rechtwinklig in das andere Rad hinein. So konnten sie in vier Richtungen rollen, ohne sich zu wenden, und sich so mit den Cherubim bewegen. Die große, unheimliche (vgl. V. 22 ) Höhe der Räder ließ sie furchteinflößend aussehen. Dieses unheimliche Aussehen wurde noch dadurch verstärkt, daß die Felgen der Räder rundherum voller Augen waren. Dieses ungewöhnliche Merkmal soll vermutlich die göttliche Allwissenheit darstellen (vgl. 2Chr 16,9; Spr 15,3 ), wobei die Augen den alles-sehenden Einen versinnbildlichen, der auf dem Thronwagen saß.

 

 

 

Hes 1,19-21

 

 

Die Aussage, der Geist der Lebewesen war in den Rädern , könnte bedeuten, daß die Räder wie Erweiterungen der Cherubim an Gottes Thronwagen waren. Hesekiel sieht den Gott des Universums auf einer mobilen Plattform. So wie er die Cherubim dirigierte, bewegten sie die Räder und der Wagen zog seinen Weg.

 

 

 

c. Die Ausdehnung

( 1,22 - 24 )

 

 

Hes 1,22-24

 

 

Die ausgestreckten Flügel der Cherubim berührten einander. Über ihren Flügeln war ein Gebiet, das nach Hesekiel wie eine Ausdehnung ( rAqIaZ ) aussah. Es handelt sich hier um keinen leeren Raum. Das gleiche Wort wird benutzt, um die Ausdehnung zu beschreiben, die Gott am zweiten Tag der Schöpfung geschaffen hat ( 1Mo 1,6-7 ). Diese "Ausdehnung" wird dort als etwas Festes gesehen ( rAqIaZ kommt von rAqaZ , "stoßen", "stampfen", "breit schlagen", "ausbreiten"), das die Wasser oberhalb trug.

 

Der leuchtende Glanz der Ausdehnung über den Cherubim erinnerte Hesekiel an Eiskristalle , die im Licht der Sonne glitzern. Interessant ist, daß der Apostel Johannes die Ausdehnung um Gottes Thron herum "klar wie Kristall" sah ( Offb 4,6 ).

 

Wenn die Flügel der Cherubim sich bewegten, hatten sie einen Klang wie Wasserrauschen eines Wassers, das in einem Gebirgsbach fließt; ein Geräusch, das so intensiv war wie die Stimme Gottes (vermutlich eine Anspielung auf den Donner, der hin und wieder als Gottes Stimme gesehen wird; Hi 37,4-5;40,14; Ps 18,14; 104,7 ). Dieser Mißklang erinnerte Hesekiel an das Geräusch eines Heeres im Kampf. Wenn die Cherubim stehenblieben, senkten sie ihre Flügel .

 

 

 

d. Der Thron

( 1,25 - 28 )

 

 

Hes 1,25-28

 

 

Als die Cherubim anhielten und der Klang ihrer Flügel aufhörte, wurde sich Hesekiel eines anderen Geräusches bewußt. Es war eine Stimme von oben , über der Ausdehnung über ihren Köpfen . Dies war die Stimme Gottes, der auf dem Thron saß. Als Hesekiel instinktiv nach oben blickte, sah er über der Ausdehnung etwas, das wie ein Thron aus Saphir aussah. "Saphir" ( ?eBen-sappIr ) oder, was richtiger ist, lapis lazuli ist ein azurblauer Stein, der seit ältesten Zeiten als wertvoll gilt. Er wird geschnitten und poliert und als Schmuck benutzt.

 

Auf diesem blauschimmernden Thron saß einer, der wie ein Mensch aussah. Hesekiels Blick wurde zuerst von dem oberen Teil seines Körpers und dann von dem unteren Teil gefangengenommen. Obwohl Hesekiel die Cherubim sehr detailliert beschreiben konnte, konnte er von Gott nur sagen, daß er aussah wie glühendes Metall und Feuer . Der Glanz seiner Herrlichkeit war so groß, daß Hesekiel nur seine Form sehen konnte, bevor er gezwungen war, niederzuschauen. Dann bemerkte Hesekiel einen Schein um die Gestalt herum, der wie ein Regenbogen aussah. Die bunten Farben des Regenbogens strahlten aus dem hellen Licht der Herrlichkeit Gottes hervor. Der Apostel Johannes beschreibt die gleiche Herrlichkeit in seiner Vision des Thrones Gottes im Himmel ( Offb 4,3 ).

 

Damit nun niemand daran zweifelte, was Hesekiel sah, machte er deutlich, daß es die Erscheinung der Herrlichkeit des HERRN war. Die Herrlichkeit des Herrn wird 16mal im Buch Hesekiel erwähnt ( Hes 1,28; 3,12.23; 8,4; 9,3; 10,4.18-19; 11,22-23; 39,21; 43,2 [zweimal] 43,4-5; 44,4 ; vgl. die Anmerkungen unter "Struktur und Stil" in der Einführung ). Hesekiel sah eine Theophanie, eine Erscheinung Gottes in einer Vision. Durch die Worte "Erscheinung" und "Gleichheit" machte Hesekiel deutlich, daß er Gott nicht direkt gesehen hat. Dies hätte seinen unmittelbaren Tod bedeutet (vgl. 2Mo 33,18-23; Joh 1,18 ).

 

Hesekiel antwortete auf diese Vision durch demütige Unterwerfung, er fiel auf sein Angesicht (vgl. Hes 3,23 ). Als er sich selbst vor Gottes Majestät zu Boden warf, hörte er Gott sprechen. Dies war vermutlich die gleiche Stimme, die bereits in Hes 1,25 erwähnt wird.