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Hesekiel (Charles H. Dyer)
Hesekiel Walvoord Hesekiel (Charles H. Dyer)
( 21,1 - 5 )
Hes 21,1-5
Auf die lange Botschaft Hesekiels ( Hes 20,1-44 ) folgte nun ein kurzes
Gleichnis. Es leitete die vier Botschaften in Kapitel 21 ein. Hesekiel
sollte nach Süden ( tEmAnCh ) blicken und gegen den Süden ( dArNm ) und
das Südland ( neGeB ) predigen . Das erste dieser drei hebräischen Worte
bedeutet wörtlich "das, was auf der rechten Seite ist", während man nach
Osten sieht. Es ist ein poetisches Wort, auch wenn es als Eigenname
(Teman) für eine Stadt in Edom, im Süden Judas, benutzt werden kann
(vgl. Am 1,12; Jer 49,7; Hes 25,13 ). Vielleicht ist in Hes
21,2 gemeint, daß Hesekiel sich nach Teman hin ausrichten sollte (wie
manche deutschen Übersetzungen schreiben). Auch das Wort dArNm ist
poetisch. Hesekiel benutzte es noch weitere zwölf Male, jedesmal im
Zusammenhang mit der Beschreibung des Tempels im Tausendjährigen Reich
(vgl. Hes 40,24 [zweimal], 27 [zweimal], 28 [zweimal], 44-45 ; Hes
41,11; 42,12-13.18 ).
Das dritte Wort, das Hesekiel benutzt ( neGeB , "Südland"), wird
ebenfalls als Eigenname benutzt. Der Negev ist der Name für den
südlichen Teil Palästinas, nahe an Israels Grenze zu Edom (vgl. Jos
15,21 ). Heute ist der Negev eine Steppen-Region, in der nur wenig Regen
fällt und die kaum Wasserquellen besitzt. Aber da Hesekiel vom Wald des
Negev sprach, mußte das Land in jenen Tagen stärker bewachsen gewesen
sein. Zu den größeren Ansiedlungen im Negev gehörten Arad,
Kadesch-Barnea und Beerscheba.
In dieser Weissagung gegen Juda sagte Hesekiel, daß Gott es
durch Feuer (vermutlich ein "Feuer" des Gerichts, kein tatsächliches
Feuer) verwüsten würde.
Die Menschen sahen das, was Hesekiel tat, aber sie wollten es nicht
verstehen. Hesekiel klagte es Gott gegenüber, daß die Menschen
behaupteten, er würde nur in Rätseln reden , in unverständlichen
Bildern. Er kündigte die Zerstörung Judas an, aber die Menschen waren
durch seine Worte nur verwirrt.
c. Die vier Botschaften des Schwertes
( 21,6 - 37 )
Da die Menschen sich weigerten, Hesekiels Botschaft des Feuers über das
Südland zu verstehen (V. 1 - 5 ), erläuterte er in vier Botschaften die
Bedeutung des Gleichnisses. In diesen Botschaften änderte Hesekiel das
Wort "Feuer" in "Schwert" und den "Negev" in Juda und Jerusalem.
(1) Das gezogene Schwert ( Hes 21,6-12 )
Hes 21,6-10
In dem Gleichnis (V. 1 - 5 ) hatte Hesekiel "nach Süden geblickt". Nun
hieß Gott ihn, sein Angesicht gegen Jerusalem zu richten und gegen das
Heiligtum zu predigen und gegen das Land Israel zu weissagen . Gottes
Gericht würde über sein Land, seine heilige Stadt und seinen Wohnort
ergehen.
Gott sagte, daß er durch ein Schwert sowohl den Gerechten als auch den
Gottlosen ausrotten würde. Dies scheint der früheren Botschaft Hesekiels
zu widersprechen ( Hes 18,1-24 ), daß nur der Gottlose sterben,
der Gerechte aber leben wird. Dies verwirrte die Übersetzer der
Septuaginta dermaßen, daß sie aus den "Gerechten" die "Ungerechten"
machten. Eine mögliche Lösung könnte sein, daß der "Gerechte" und der
"Gottlose" aus der Sicht der Menschen verstanden wird. Soweit es die
Menschen sagen konnten, machte das Gericht keine Unterschiede. Es traf
sowohl solche, die öffentlich Götzendienst betrieben, als auch solche,
die behaupteten, Gott nachzufolgen. In Gottes Augen jedoch wurden nur
Gottlose bestraft, denn er hatte versprochen, jene zu retten, die
wahrhaft gerecht waren. Eine andere Lösung ist, daß der Ausdruck
"ausrotten" sich auf die Gefangenschaft bezieht, nicht auf den
physischen Tod. Wie auch immer, jedenfalls unterstrich Hesekiel das
Ausmaß des kommenden Gerichtes.
Das Gericht würde sich vom Süden bis zum Norden erstrecken (was schon in
V. 3 gesagt worden war). Falls irgend jemand das Bild des Waldbrandes
nicht verstanden hatte, wiederholte Hesekiel noch einmal diesen
Ausdruck, um deutlich zu machen, daß ganz Juda gerichtet werden würde.
Wenn das Gericht käme, dann würden die Menschen wissen, daß der HERR
sein Schwert gezogen hatte (vgl. V. 8 ). Auch wenn die Menschen die
Bedeutung des Gleichnisses nicht verstehen wollten (V. 5 ), würden sie
nicht mehr auf ihre Unwissenheit pochen können, wenn Gottes Gericht
beginnen würde.
In der ersten Strophe war Gottes Schwert des Gerichts mit einem
Wetzstein geschärft , damit es eine scharfe Schneide hatte, und poliert,
so daß aller Rost davon verschwunden war und es blinkte und glänzte. So
wie ein Soldat, der sich für den Kampf vorbereitet, hatte Gott seine
Waffe bereit, damit sie ihre Aufgabe erfüllen könnte.
Dieses Schwert würde kommen, weil Israel den Stock und jeden Rat
verworfen hatte. Manche denken, der "Stock" würde von dem königlichen
Zepter reden (vgl. 1Mo 49,9-10 ). Wenn das so ist, dann ist gemeint, daß
die Menschen Gottes Androhung des Gerichts verworfen haben und sich
statt dessen auf seine Zusage einer beständigen Folge von Herrschern für
Juda gestützt haben. Aber diese Auslegung scheint der Stelle fremd zu
sein. Vielleicht bezieht sich "Stock" vielmehr auf die Züchtigungen, mit
denen Gott versucht hatte, Israels Sünde zu bändigen und das Volk zu ihm
zurückzubringen. Ein Stock wurde oft zur Züchtigung benutzt (vgl. Spr
10,13;13,24;23,13 ), und auch Gott verwendete den Stock, um die Seinen
zu erziehen (vgl. 1Sam 7,14; Hi 9,34;21,9 ). Israel hatte also Gottes
frühere Bemühungen, es mit einem Stock zurechtzuweisen, verworfen.
Deshalb benutzte er nun das Schwert. Wenn dies die korrekte Auslegung
dieser Stelle ist, dann ist der Sohn in Hes 21,15 nicht Hesekiel,
sondern Israel und sein König.
Gott sagte Hesekiel, daß er zwei Wege markieren sollte, die das Schwert
des Königs von Babylon nehmen könnte. Als Jerusalem sich im Jahre 588 V.
Chr. gegen Babylon auflehnte, war es eine von drei Städten oder Ländern,
die die Freiheit suchten. Die anderen beiden waren Tyrus und Ammon.
Nebukadnezar führte seine Truppen von Babylon aus nach Nordwesten,
entlang des Euphrat. Als er nach Ribla (nördlich von Damaskus in Syrien)
kam, mußte er sich entscheiden, welches Volk er zuerst angreifen sollte.
Er konnte weiter westlich ziehen in Richtung Küste und Tyrus angreifen,
oder auf einer der beiden "Straßen", die nach Juda und Ammon führten
nach Süden gehen. Tyrus war die Stadt, die von allen dreien am
schwierigsten zu erobern war (vgl. Hes 26; 29,17-20 ). Deshalb entschied
sich Nebukadnezar, sie nicht als erste anzugreifen. Daher mußte er sich
nun entschließen, entweder an der Küstenstraße nach Süden zu ziehen und
Juda und Jerusalem anzugreifen oder die transjordanische Straße zu
nehmen und gegen Ammon und Rabba vorzugehen. "Rabba" war die Hauptstadt
von Ammon. Sie wird gewöhnlich mit der heutigen Stadt Amman in Jordanien
identifiziert.
Der Kriegsrat würde sich in Ribla treffen, an der Wegscheide , um zu
entscheiden, welchen Weg sie nehmen sollten. Offenbar könnten
Nebukadnezar und seine Generäle sich nicht einigen, und so riefen sie
ihre Götter an.
Nebukadnezar würde dabei drei Mittel benutzen, um das zukünftige Tun zu
bestimmen: Er würde das Los mit Pfeilen werfen, seine Götzen anrufen und
die Leber untersuchen. Das Werfen des Loses mit Pfeilen war vermutlich
ähnlich dem heutigen Ziehen von Strohhalmen. Zwei Pfeile wurden in einen
Köcher gesteckt. Auf jedem von ihnen stand der Name einer der Städte,
die zur Debatte standen. Der Pfeil, der als erstes herausgezogen wurde,
zeigte die Stadt, die auch als erstes angegriffen werden sollte. Bei der
Befragung der "Götzen" ( t+rAPIm ) ging es um die jeweiligen Hausgötzen.
Das genaue Vorgehen bei dieser Befragung ist nicht bekannt. Vielleicht
wurden die Götzen benutzt, um auf diesem Wege mit den Geistern
Verstorbener Kontakt aufzunehmen und ihren Rat zu suchen. Die
Untersuchung der Leber schließlich war eine Form des Wahrsagens, auch
als Hepatoskopie bezeichnet. Die Form und das Aussehen der Leber eines
geopferten Tieres wurde von Wahrsagern untersucht, die darin sahen, ob
ein vorgeschlagener Plan günstig war oder nicht.
Diese Praktiken können aus sich selbst zu nichts führen. Aber Gott würde
durch sie wirken, um sein Gericht zu erfüllen. In die rechte Hand
Nebukadnezars würde das Los für Jerusalem fallen. Wenn Nebukadnezar das
Los werfen, die Götzen befragen und die Leber untersuchen würde, dann
würde Gott alle Zeichen so wenden, daß sie auf die Küstenstraße und in
Richtung Jerusalem zeigten. Diesen Weg würde Nebukadnezar wählen.
Die Herrscher von Juda hatten Treue gegen Babylon geschworen, aber ihren
Eid durch die Rebellion gebrochen. Aber selbst wenn Nebukadnezar
seine Belagerung um die Stadt herum aufrichtete, würden die Menschen
sich weigern, an ein Gelingen dieser Eroberung zu glauben. Sie würden
denken, daß seine Wahrsagung trügerisch gewesen sei und sein Vorhaben
mißlingen müsse - aber sie würden sich irren. Da sie ihren Bund mit
Nebukadnezar gebrochen hatten (vgl. Hes 17,11-21 ), würde er sie
gefangennehmen.
Der unheilige und gottlose Fürst in Israel war König Zedekia. Weil er
seinen Eid der Treue gegen Babylon gebrochen hatte, würde er abgesetzt
werden. Zedekia würde seine Macht verlieren (sein Turban und seine Krone
würden entfernt) und geblendet für den Rest seines Lebens in Babylon
gefangengehalten werden ( 2Kö 25,4-7 ). Der einst so stolze König würde
gedemütigt werden ( der Erhöhte wird erniedrigt werden ).
Der Niedrige ("ärmste Mensch im Land"; 2Kö 25,12 ), der zurückbleiben
dürfte, würde seinen Platz einnehmen und das Land für Babylon regieren.
Das Recht, in Israel zu herrschen, würde von Zedekia genommen und das
Land verwüstet werden. Dreimal benutzte Hesekiel das Wort Trümmer und
zeigte so, daß Israels Thron völlig zerstört würde. Er würde nicht
wieder aufgerichtet werden, bis der kommt, dem er rechtlich zusteht. Ihm
wird er gegeben werden. Diese Weissagung erinnert an 1Mo 49,10 ,die von
"dem Zepter" in dem Stamm Juda spricht. Die davidische Königslinie wird
nicht wieder aufgerichtet werden, bis der gerechte, von Gott eingesetzte
König kommt. Bis Christus nach Jerusalem einritt, um seine Herrschaft
anzumelden, gab es keine berechtigten Ansprüche auf den Thron (vgl. Sach
9,9; Mt 21,1-11; Offb 19,11-16; Offb 20,4 ). Christus wird diese
Weissagung Hesekiels erfüllen. Er wird der König Israels sein. Das Schwert, das für Jerusalem poliert war ( Hes 21,14.16 ), würde auch Ammon erreichen. Die Ammoniter dachten, sie seien Nebukadnezars Gericht entkommen, aber sie würden bestraft werden. In Gottes Zorn und grimmiger Wut würde er Ammon an grausame Männer übergeben, Männer, die im Verderben erfahren waren . Diese Menschen werden in Hes 25,4 als "Menschen aus dem Osten" bezeichnet (vgl. die Anmerkungen zu Hi 1,3 ) - vielleicht eine Bezugnahme auf nomadische Angreifer. Das Feuer des Gerichts, das sich gegen Juda gewendet hatte (vgl. Hes 21,1-5 ), würde auch Ammon verzehren. |