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Hesekiel (Charles H. Dyer)

Übersicht  Literatur zum Propheten Hesekiel    Hesekiel auf  Elberfelder 2023   Walvoord

Hesekiel Walvoord Hesekiel (Charles H. Dyer)

Übersicht  Literatur zum Propheten Hesekiel    Hesekiel auf  Elberfelder 2023

Hesekiel Kapitel 22 und 23
d. Die drei Botschaften der Verunreinigung und des Gerichtes über Jerusalem

( Hes 22 )

(1) Der Grund für das Gericht ( Hes 22,1-16 )

Hes 22,1-5

Gott fragte Hesekiel: Willst du sie richten? Willst du diese Stadt des Blutvergießens richten? Diese Frage ähnelt der vom Beginn dieses Abschnittes über die Sünde Jerusalems (vgl. Hes 20,4 ). Wenn Hesekiel als Ankläger oder Richter auftreten sollte, dann mußte er die Tatsachen der Anklage darstellen. Er mußte Jerusalem all seine schändlichen Taten zeigen.

Gott gab Hesekiel zwei Anklagepunkte gegen die Stadt: Blutvergießen und Götzenmachen . Hesekiel sprach in dieser Botschaft siebenmal vom Blut oder Blutvergießen und machte so die ungeheure Gewalttätigkeit der Stadt deutlich (vgl. "Gewalt" in Hes 7,23; Hes 8,17; Hes 12,19 ). Diese beiden Sünden widersprachen den Anordnungen des mosaischen Gesetzes über das Verhältnis Israels zu Gott und den Mit-Israeliten (vgl. Mt 22,34-40 ). Statt Gott zu lieben, hatte es sich dem Götzendienst zugewandt. Statt der Liebe zu den Mit-Israeliten herrschte der Verrat.

Jerusalems Sünde würde bestraft werden - das Ende seiner Jahre war gekommen . Wenn Jerusalem fiele, würden seine Nachbarn über es spotten. Der Stolz dieser ehrlosen Stadt würde sich in Scham verwandeln, wenn ihre Sünde vor anderen offenbar werden würde.

Hes 22,6-12

Hesekiel erwähnte Sünden, die in besonderer Weise gegen die zehn Gebote verstoßen (vgl. 2Mo 20,1-17 ): soziale Ungerechtigkeit ( Hes 22,7 ), Abfall (V. 8 ), Götzendienst (V. 9 ), Unzucht (V. 10 - 11 ) und Habgier (V. 12 ). Diese Liste schloß mit einer anderen Sünde, der Wurzel aller anderen: Du hast mich vergessen (vgl. Hes 23,35 ).

 

Hes 22,13-16

 Gott würde seine Hände voller Verachtung gegen Jerusalem zusammenschlagen (vgl. Hes 6,11; Hes 21,19.22 ). Die stolzen und überheblichen Menschen, die Gottes Gebote leichtfertig übergingen, würden seinem Gericht nicht entkommen. Ihr Mut würde verschwinden, wenn Gott sie unter die Völker zerstreute . Mose hatte Israel gewarnt, daß der nationale Ungehorsam es schließlich in die Zerstreuung führen werde (vgl. 3Mo 26,27-39; 5Mo 28,64-68 ). Israel hatte Gottes Gesetz entweiht, nun wird es selbst in den Augen der Heiden entweiht werden. Nachdem das Volk zerstreut worden war, würde es das Wesen des Gottes verstehen, den es verhöhnt und vergessen hatte: Du wirst wissen, daß ich der HERR bin .

 

Hes 22,17-19

 (2) Die Werkzeuge des Gerichts ( Hes 22,17-22 )

 Hesekiels zweite Botschaft machte deutlich, daß Jerusalem ein Ofen des Leides werden würde - ein Schmelzofen des Gerichtes, der jene, die in ihr übrig geblieben waren, schmelzen würde.

Israel war für Gott wertlos geworden, denn es war Schlacke für ihn - wie die Schlacke von Kupfer, Zinn, Eisen und Blei, die in einem Schmelzofen bleibt . Das Behandeln von Metallen war im Nahen Osten jener Zeit bereits eine hochentwickelte Kunst (vgl. Hi 28,1-11 ). Wenn Metalle in einem Schmelzofen erhitzt werden, bleibt, nachdem das reine Metall ausgegossen worden ist, die Schlacke zurück. Für Gott war Israel wie Schlacke - wertlos geworden durch seine Sünde.

 Hes 22,20-22

 Die Schlacke war das Nebenprodukt des Schmelzvorganges, Gott aber würde die Schlacke noch einmal schmelzen. So wie Metalle in einem Ofen geschmolzen werden, würde Gott die Menschen in der Stadt sammeln und sie schmelzen . Dieser Gedanke wird dreimal erwähnt (V. 20 - 22 ). Juda zog sich nach Jerusalem zurück, als Nebukadnezar das Land eroberte. Die Stadt wurde zum Schmelztiegel, als Gottes feuriger Sturm des Zornes und Gerichtes die Menschen traf. Gottes Gericht und Vernichtung zwang die Menschen, ihn anzuerkennen: Und du wirst erkennen, daß ich, der HERR, meinen Zorn über dich ausgegossen habe.

  Hes 22,23-24

 (3) Die Empfänger des Gerichtes ( Hes 22,23-31 )

 In dieser Botschaft werden die Empfänger des Gerichtes genannt: Fürsten (V. 25 ), Priester (V. 26 - 27 ), Propheten (V. 28 ) und das Volk (V. 29 ).

In Vers 24 folgen manche Übersetzungen der Septuaginta, die Regen statt "gereinigt" hat, da "Regen" besser zu " benetzen " paßt als "gereinigt". Es gibt jedoch keinen zwingenden Grund, hier nicht dem hebräischen "gereinigt" zu folgen. Wegen seines Ungehorsams hatte Israel keine Reinigung (von der Sünde) empfangen und keine Benetzung (Segen) an dem Tag, an dem Gott seinen Zorn schickte.

 Hes 22,25

 Die Sünden seiner Fürsten (man könnte hier mit manchen Übersetzungen auch "Propheten" lesen) wurden zuerst erwähnt. Die "Fürsten" waren vermutlich die gesamte königliche Familie, einschließlich König Zedekia (vgl. Hes 12,10-12; 19,1; 21,30 ). Die Führer hatten ihre Macht benutzt, um sich selbst Vorteile zu verschaffen, und unter den Menschen wie ein Löwe gewütet (vgl. Hes 19,1-9 ). In ihrer Habsucht hatten sie Schätze und wertvolle Dinge genommen. Sie hatten gemordet und viele Frauen zu Witwen gemacht. Statt Vorbilder zu sein für die Menschen, waren die Führer korrupte Despoten gewesen.

 Hes 22,26-27

 Die religiösen Führer waren nicht besser als die Fürsten. S eine Priester tun meinem Gesetz Gewalt an und entheiligen meine heiligen Dinge (vgl. Zeph 3,4 ). Sie unterwiesen das Volk nicht in den Wegen Gottes oder bekräftigten auch die Aussagen des Gesetzes nicht. Sie schlossen sogar ihre Augen vor dem Halten von Gottes Sabbaten (vgl. Hes 20,16.21.24 ). Indem sie Gottes Anweisungen verwarfen, ließen sie die Sünde unter dem Volk ungehindert wachsen.

Hes 22,28-29

Die Propheten hätten eigentlich Gottes Sprecher sein sollen und dieses gottlose Tun anprangern. Aber auch die Propheten (einmal abgesehen von einzelnen wie Hesekiel oder Jeremia) ließen diese Sünden unbeachtet und gaben den Menschen falsche Gesichte und wahrsagten Lügen . Sie behaupteten, im Namen Gottes zu sprechen, wenn der HERR nicht gesprochen hatte .

Schließlich sprach Hesekiel von dem Volk, dem gemeinen Mann, der dem Vorbild seiner Führer folgte. Auch die Bevölkerung war von Erpressung und Raub und von Unterdrückung der Armen durchsetzt (vgl. V. 25.27 ). Die Herrscher unterdrückten also das gemeine Volk und das gemeine Volk die Hilflosen.

Hes 22,30-31

Die Korruption war so vollständig, daß Gott, als er nach einem Mann suchte, der sich gegen die Flut der nationalen Zerstörung stellen könnte ( die Mauer aufrichten und in den Riß treten), niemand finden konnte. Keiner von denen, die in Israel in einer verantwortlichen Stellung waren, hatte die moralischen Qualitäten, das Volk recht zu leiten. Offensichtlich besaß Jeremia diese Qualitäten, aber ihm fehlte die Autorität, das Volk von der Klippe der Zerstörung wegzuführen.

Israels immer stärker werdender Zerfall machte das Gericht unabweichlich. Gott beschloß diese Botschaft gegen Jerusalem, indem er schwor, daß er seinen Zorn ausgießen und die Menschen mit seinem feurigen Grimm verschlingen würde (vgl. Hes 21,31 ).

Israel würde wegen seiner Sünden leiden müssen. Es hatte sich gegen Gottes Gnade aufgelehnt, nun würde es Gottes Zorn zu spüren bekommen.

 e. Das Gleichnis von den zwei ehebrecherischen Schwestern

( Hes 23 )

 Hesekiel schilderte in einem weiteren Gleichnis die Untreue Israels und die Gewißheit seiner Bestrafung. Kapitel 23 scheint das Gleichnis in Kapitel 16 erneut aufzugreifen, da beide Kapitel von der Untreue Judas seinem Gott gegenüber sprechen. Aber in Kapitel 16 sprach Hesekiel stärker von dem Götzendienst Judas, während in Kapitel 23 die unrechten Allianzen Judas mit ausländischen Mächten, die zu dem Götzendienst hinzukommen, im Mittelpunkt standen. In Kapitel 16 vertraute Juda auf andere Götter, in Kapitel 23 auf andere Völker.

(1) Der Ehebruch der Schwestern ( Hes 23,1-21 )

 Hes 23,1-3

 Hesekiel sprach von zwei Schwestern, die die gleiche moralische Schande trugen, denn sie wurden Huren in Ägypten, sie hurten schon in ihrer Jugend . Hesekiels Erwähnung von Ägypten sollte natürlich an die Ursprünge des Volkes Israel in Ägypten erinnern (vgl. Hes 20,4-12 ).

 Hes 23,4

 Nachdem er ihr Wesen beschrieben hatte, gab Hesekiel ihnen Namen. Die ältere wurde Ohola genannt, und ihre Schwester war Oholiba . Diese Namen kommen von dem hebräischen Wort für "Zelt" ( ?Ohel ). Der erste Name bedeutet "ihr Zelt", der zweite "mein Zelt ist in ihr". Auch wenn man immer vorsichtig sein muß und den Einzelheiten eines Gleichnisses nicht zu viel Gewicht beimessen darf, haben diese Namen wohl eine Bedeutung. Das Wort "Zelt" meint einen Wohnort oder ein Heiligtum. Es wird oft benutzt, um Gottes Heiligtum unter den Israeliten (vgl. 2Mo 29,4.10-11.30 ) zu bezeichnen. Der Name Ohola ("ihr Zelt") könnte bedeuten, daß das Heiligtum dieser Schwester von ihr selbst gemacht worden ist. Der Name Oholiba ("mein Zelt ist in ihr") dagegen würde dann aussagen, daß Gottes Heiligtum in ihr ist.

Ohola stellte Samaria dar, Oholiba war ein Bild für Jerusalem . Diese beiden "Schwestern", die Hauptstädte der Königreiche von Israel und Juda, standen für die Menschen in diesen beiden Reichen.

Ich nahm sie zu Frauen, und sie gebaren Söhne und Töchter . Der Gott der Gnade verschwendete seine Liebe an diese unwürdigen Schwestern.

 Hes 23,5-10

 Die Sünde von Ohola, der älteren Schwester, war sein (Samarias) Bündnis mit den Assyrern. Samarias Allianz mit Assyrien führte letztlich in seinen Untergang.

Israels Beziehungen zu Assyrien sind gut dokumentiert. Der schwarze Obelisk des assyrischen Königs Salmanassar III. (ungefähr aus dem Jahr 841 V. Chr.) erwähnt "Jehu, Sohn des Omri" und stellt ihn dar, wie er sich vor dem assyrischen Monarchen verbeugt. Dies wird in der Bibel nicht erwähnt, ist aber vermutlich das Ergebnis der syrischen Bedrohung gegen Israel. Syrien dehnte seine Herrschaft in israelitisches Gebiet in Transjordanien hinein während der Regierungszeit von Jehu aus ( 2Kö 10,32-34 ). Um dieser Bedrohung begegnen zu können, verbündete sich Jehu mit Assyrien und unterwarf sich diesem als Vasall. Der Obelisk zeigt uns Jehu und seine Diener, wie sie dem assyrischen König Tribut bringen. Menahem und Hoschea, zwei spätere Könige Israels, bezahlten ebenfalls Tribut an Assyrien ( 2Kö 15,19-20; 17,3-4 ). Der Prophet Hosea (ca. 760 - 720 V. Chr.) tadelt Israel wegen seiner Abhängigkeit von Assyrien statt von dem Herrn (vgl. Hos 5,13-14; 7,11; 8,9; 12,2 ).

Nachdem Israel ein Vasall Assyriens geworden war, konnte es sich nicht mehr selbst befreien. Als es schließlich versuchte, aus diesem Verhältnis zu entkommen, indem es ein Bündnis mit Syrien und Ägypten einging (vgl. 2Kö 17,4; Jes 7,1 ), bekam es Assyriens Zorn zu spüren. Eben jenes Volk, an das sich Samaria um Hilfe gewandt hatte, zerstörte es nun. Gott gab ganz Israel, auch Samaria, in die Hände seiner Liebhaber, der Assyrer, nach denen es es gelüstet hatte und die es mit dem Schwert töteten. Im Jahr 722 V. Chr. fiel Samaria den Assyrern in die Hände (vgl. 2Kö 17,5-6.18-20 ).

 Hes 23,11-18

 Das Gericht der älteren Schwester Ohola (Samaria) hätte eigentlich eine Warnung für die jüngere Schwester Oholiba (Jerusalem) sein müssen. Leider aber hörte sie nicht auf die Warnung. Sie war vielmehr noch verdorbener als ihre Schwester.

Jerusalem ging den unmoralischen Weg, den ihre Schwester ihr vorangegangen war: Auch sie entbrannte für die Assyrer . Juda schmeichelte sich bei Assyrien ein, statt sich auf Gott zu verlassen. Vielleicht dachte Hesekiel an den folgenschweren politischen Schachzug von König Ahas von Juda, der bereitwillig Juda zum Vasallen Assyriens machte. Israel und Syrien hatten sich verbündet, um gegen Assyrien vorzugehen, und sie wollten auch Juda in dieses Bündnis aufnehmen. Als Ahas jedoch ablehnte, griffen sie Juda in der Hoffnung an, Ahas vom Thron stoßen zu können und durch einen König zu ersetzen, der ihr Vorhaben unterstützen würde. Statt aber nun auf Gottes Rettung zu vertrauen (wozu der Prophet Jesaja ihn aufforderte), schickte Ahas Boten nach Assyrien mit der Bitte um Hilfe und Schutz. Dadurch wurde Juda für das nächste Jahrhundert zu einem Vasallenstaat von Assyrien (vgl. 2Kö 16,5-9; Jes 7 ).

Aber Jerusalems politische Intrigen hörten hier nicht auf. Es hurte noch mehr . Nachdem es bei Assyrien Hilfe gesucht hatte, wandte sich Jerusalem an Babylon. Hesekiel beschrieb recht detailiert die Kleidung der babylonischen Soldaten, für die Jerusalem entbrannt war ( Hes 23,15 ).

Jerusalem schickte Boten zu ihnen nach Chaldäa . Da kamen die Babylonier zu ihm, zu dem Bett der Liebe, und mit ihrer Lust verunreinigten sie es. Jerusalems Ruhepause vor der assyrischen Herrschaft war nur von kurzer Dauer. König Josia schuf ein Stück Unabhängigkeit, aber er wurde im Kampf getötet, als er versuchte, einen ägyptischen Einfall in sein Land zu verhindern (vgl. 2Kö 23,29-30 ). Juda wurde vier Jahre lang zum Vasallenstaat Ägyptens. Vermutlich während dieser Zeit nahm König Jojakim Kontakt mit Babylon auf und bat um Hilfe. Als Babylon die Ägypter 605 V. Chr. bei Karkemisch besiegte, wechselte Jojakim das Bündnis und wurde zum Vasall Nebukadnezars ( 2Kö 24,1 ).

Aber als Babylon kam, stellte Jerusalem fest, daß die Liebhaber, für die es entbrannt war, grausam waren. Nachdem es durch sie verunreinigt war, wandte es sich voller Ekel von ihnen ab . Babylon war ein schlimmerer Zuchtmeister als Assyrien oder Ägypten, und Jerusalem versuchte, der babylonischen Herrschaft zu entkommen.

Als sich Jerusalem von Babylon abwandte, wandte sich auch Gott von Jerusalem ab. Jerusalem blieb in den Wegen ihrer Schwester und war sogar noch schlimmer in ihrer Untreue als Samaria. Gott hatte Samaria wegen ihrer Taten verworfen. Nun verwarf er Jerusalem.

 Hes 23,19-21

 Jerusalems Untreue brachte es um den einzig wirklichen Schutz, den es jemals gehabt hatte. Aber statt von ihren Sünden umzukehren, suchte die Stadt weitere menschliche Hilfe und wurde so mehr und mehr ehebrecherisch . Der Teufelskreis der Sünde brachte sie zurück zu eben jenem Volk, mit dem sie sich anfänglich verunreinigt hatte und das sie einstmals versklavt hatte - Ägypten (V. 3.19. 21 ).

Um seine völlige Abscheu vor diesem Handeln zu zeigen, benutzte Hesekiel eine derbe Sprache (V. 20 ), nicht um vulgär zu sein, sondern um so die äußerste geistliche Verkommenheit deutlich zu machen, in die Juda gefallen war.

In den letzten 14 Jahren der Geschichte Judas (600 - 586 V. Chr.) versuchte es, die Hilfe Ägyptens für seine Revolte gegen Babylon zu gewinnen. König Jojakim rebellierte 600 V. Chr. gegen Babylon, nachdem Ägypten Babylon besiegt hatte ( 2Kö 24,1 ). Juda griff nur zu gerne nach den leeren Versprechungen der ägyptischen Hilfe. Zedekias endgültiger Abfall von Babylon im Jahre 588 V. Chr. fiel mit dem Versprechen Ägyptens zusammen, ihm zu helfen ( 2Kö 25,1; Jer 37,5-8; Hes 29,6-7 ).

 Hes 23,22-27

 (2) Die Bestrafung der Schwestern ( Hes 23,22-35 )

 Hier gab Hesekiel nun vier Weissagungen, von denen jede mit den Worten beginnt: So spricht Gott, der HERR (V. 22.28.32.35 ). Alle vier sprachen von dem Gericht über Jerusalem. Diejenigen, die Jerusalem verworfen hatte, würden die Stadt auch bestrafen. Gott würde ihre Liebhaber gegen sie bringen, die Babylonier, die Männer von Pekod und Schoa und Koa und alle Assyrier . Vielleicht waren Pekod, Schoa und Koa drei aramäische Stämme (P uqUdU , S utU und Q utU ), die an der Mündung des Flusses Tigris lebten. Diese drei Stämme gehörten neben den Assyrern zu dem babylonischen Weltreich und schickten ihre Männer in das babylonische Heer. Hesekiel sagte also, daß die vereinigte Armee von Babylon und ihre Alliierten über Jerusalem kommen würde.

Wenn die Babylonier Jerusalem mit militärischen Hauptleuten, Waffen und wohlgeschützten Soldaten angreifen würden, würde die Stadt keinen Ausweg mehr haben. Die Strafe, die Gott in seinem Zorn ihr durch Babylon auferlegte, würde wie eine Verstümmelung sein. Sie werden deine Nasen und deine Ohren abschneiden, und jene, die übrig sind, werden durch das Schwert fallen . In Mesopotamien war die Verstümmelung des Gesichtes eine häufig angewandte Strafe für Ehebruch. Eine schuldige Frau wurde so sehr entstellt, daß sie für immer für jeden Mann abstoßend wirken mußte. Sie wurde so gezwungen, ihre Schande und Schuld öffentlich zu tragen. Auf gleiche Weise würde auch Jerusalem abstoßend gemacht werden für irgendeinen weiteren Liebhaber.

Auch würden einige von Israels Kindern als Sklaven weggeführt werden, andere würden durch Feuer verbrannt und ihr Besitz ( Kleider und Edelsteine ) ihnen abgenommen werden. Gottes Gericht würde Judas Lust auslöschen. Ägypten würde nicht länger die ersehnte Hilfe sein.

Hes 23,28-31

Diese zweite Weissagung wiederholt einige der Aussagen aus Vers 22 - 27 (und unterstreicht sie so) und fügt hinzu, daß Jerusalem, wenn die Babylonier mit der Stadt fertig waren, nackt und bloß zurückgelassen werden würde. Dieses schändliche Gericht käme wegen ihrer Hurerei über sie, indem sie Hilfe von anderen Völkern suchte und von deren Götzen verdorben würde. Da sie wie ihre Schwester gesündigt hatte, würde sie auch auf ähnliche Weise bestraft werden ( ich werde ihren Kelch in deine Hand geben ; vgl. die Anmerkungen zu V. 32 - 34 ): durch Schwert und Wegführung.

Hes 23,32-34

Die dritte Weissagung des Gerichtes gegen Jerusalem unterscheidet sich von den anderen beiden darin, daß sie ein Gedicht ist. Das Gedicht, das man mit "Der Becher des Gerichtes Gottes" überschreiben könnte, spricht davon, daß Jerusalem an dem Gericht Samarias teilhat, weil die Stadt auch an der Sünde Samarias teilgenommen hat. Gott sagte: Du wirst den Becher deiner Schwester trinken (vgl. V. 31 ), einen großen und tiefen Becher; er wird dir Hohn und Spott bringen, denn es ist so viel darin.

Das Bild des Gerichtsbechers, der getrunken werden muß, taucht mehrmals in der Bibel auf (vgl. Ps 75,9 f; Jes 51,17-23; Jer 25,15-19; 51,7; Hab 2,16; Offb 17,3-4; 18,6 ). Der "Inhalt" dieses Bechers bestand aus den katastrophalen Folgen der Sünde - Leid, Untergang und Verwüstung -, die das Volk angesammelt hat.

Hes 23,35

 Die vierte Weissagung schließlich zeigt uns den Hauptgrund für das Gericht über Jerusalem. Die Stadt hatte Gott vergessen (vgl. Hes 22,12 ) und ihn hinter sich geworfen . Jerusalems unerlaubte Beziehungen zu anderen Völkern kamen, nachdem es vergessen hatte, wer sein eigentlicher Schutz war, und nachdem es Gott öffentlich verworfen hatte. Wegen dieser Verwerfung mußte es die Folgen seiner Unzucht tragen .

 Hes 23,36-39

 (3) Schlußfolgerungen ( Hes 23,36-49 )

 Im letzten Abschnitt dieses Kapitels gab Hesekiel noch einmal einen Überblick über Sünde und Gericht von Samaria und Jerusalem. Die Geschichte und das Gericht von beiden Ländern wurden einzeln dargestellt (V. 1 - 35 ). Nun wurden sie noch einmal miteinander verglichen. Die Sünde beider Völker war ihr Götzendienst (V. 36 - 39 ) und ihre Bündnisse mit fremden Völkern (V. 40 - 44 ), und auch ihr Gericht war das gleiche (V. 45 - 49 ).

 Obwohl der Götzendienst nicht das Thema von Vers 1 - 35 ist, war er doch in Israel und Juda weit verbreitet. Die Spitze ihrer geistlichen Hurerei war das Kindesopfer: Sie opferten sogar ihre Kinder, die sie mir geboren hatten . Dies war eine der verabscheuungswürdigsten Praktiken der kanaanitischen Religion, die sowohl Israel als auch Juda übernommen hatten (vgl. die Anmerkungen zu Hes 16,20-22 ). Die Menschen waren durch die Sünde so verhärtet, daß sie an demselben Tag, an dem sie ihre Kinder den Götzen opferten, auch den Tempel betraten, während noch das Blut ihrer Kinder an ihren Händen und der Geruch von verbranntem Fleisch in ihren Kleidern hing. Ihre Gegenwart im Tempel machte das Haus Gottes unrein und entheiligte es!

 Hes 23,40-44

 Das Maß der geistlichen Hurerei der beiden Völker wurde nur noch von ihrer politischen Hurerei erreicht. Beide Länder lockten ausländische Nationen in gesetzeswidrige Bündnisse. Hesekiel malte ein lebendiges Bild der beiden Schwestern, wie sie sich selbst für ihre Liebhaber vorbereiteten (d. h. andere Völker anlockten, ihnen zu helfen). Die Hurenschwestern schickten nach Männern, und als sie kamen, badeten sich die Mädchen für sie, malten ihre Augen und legten Schmuck an (vgl. Spr 7,6-21 ).

Das Werben der beiden Schwestern lockte eine sorglose Menge von Sabäern von der Wüste und Männer aus dem Pöbel an . Das Wort "Sabäer" ( sABA?Im ) könnte auch mit "Betrunkene" übersetzt werden (von sABA? , "trinken, saufen"). Es kann auch sein, daß Hesekiel dieses Wort bewußt um seiner Doppeldeutigkeit willen wählte. Der wilde, nomadische Stamm der Sabäer benahm sich vielleicht wie Betrunkene. Der Ruf der beiden Schwestern war so schlecht, daß selbst niedere Elemente der Gesellschaft wußten, wo sie zu finden waren. Hesekiel benutzte zwei ähnlich lautende Worte, um diese niederen Elemente zu bezeichnen, die von den Frauen angezogen wurden. Sie brachten herbei ( mUBA?Im ) "Sabäer/Betrunkene" ( sABA?Im ).

Die Schwestern benutzten ihren Charme, um bei anderen beliebt zu sein. Deshalb erniedrigte Gott sie zu Huren (vgl. Hes 23,3 ). Dies war ein zutreffendes Bild für Israel und Juda, die sich heidnischen Nationen zugewandt hatten, um bei ihnen Hilfe zu finden.

Hes 23,45-49

Gott kündigte an, daß gerechte Männer die Strafe über sie sprechen werden, die ihr Ehebruch verdiente. Wer waren diese "gerechten Männer"? Ganz sicher waren damit nicht die Völker gemeint, die schließlich die beiden Schwestern vernichtet hatten, denn diese Völker hatten ja vorher mit ihnen Ehebruch betrieben. Wahrscheinlich waren die "gerechten Männer" die Propheten Gottes, die Gott kommen ließ, damit sie die Sünde aufdeckten und das Gericht ankündigten. Sie nahmen damit die Funktion der Ältesten ein, die darüber zu entscheiden hatten, was geschehen sollte, wenn jemand der Unzucht angeklagt war (vgl. 5Mo 22,13-21 ).

Die Strafe für Ehebruch war der Tod ( 3Mo 20,10 ), in der Regel durch Steinigung (vgl. 3Mo 20,27; Joh 8,3-5 ). Die Strafe für den Götzendienst einer Stadt war Schwert und Feuer ( 5Mo 13,13-17 ). Diese Strafen würden gegen die "Schwestern" verhängt. Der Pöbel - eine verächtliche Weise, von den heidnischen Völkern zu reden - würde sie steinigen und mit Schwertern niederschlagen , und Flammen würden ihre Häuser umgeben. Dies waren die gleichen Strafen, die Hesekiel schon früher angekündigt hatte ( Hes 16,40-41 ). Sie würden als Warnung für andere Völker dienen.