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Hesekiel (Charles H. Dyer)

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Hesekiel Walvoord Hesekiel (Charles H. Dyer)

Hesekiel Kapitel 32

6. Das Klagelied über den Pharao

( 32,1 - 16 )

 

Hes 32,1-2 a

 

Hesekiels sechste Prophezeiung gegen Ägypten wurde im zwölften Jahr, im zwölften Monat, am ersten Tag gegeben. Dies war der 3. März 585 v. Chr. - zwei Monate, nachdem die Nachricht vom Untergang Jerusalems die Gefangenen in Babylon erreichte (vgl. Hes 33,21 ). Der Untergang von Ägypten war jetzt so sicher, daß Hesekiel ein Klagelied über den Pharao, den König von Ägypten , anstimmen sollte. Ein Klage- oder Totenlied wurde gewöhnlich gesungen, wenn jemand begraben wurde. (Nähere Informationen über das Klagelied finden sich in den Anmerkungen zu Hes 19 .) Hesekiel hatte bereits Klagelieder über Juda ( Hes 19 ), die Stadt Tyrus ( Hes 26,17-18;27 ) und den König von Tyrus ( Hes 28,12-19 ) geschrieben. Das Klagelied über Ägypten besteht aus drei Teilen ( Hes 32,2 b.3 - 10. 11 - 16). Der zweite und der dritte Teil beginnen jeweils mit den Worten "So spricht Gott, der Herr" (V. 3.11 ).

 

 

Hes 32,2 b

 

Hesekiel verglich den Pharao (Hofra) in seiner großen Macht mit einem Löwen (vgl. die Könige Judas, Hes 19,2-9 ) unter den Völkern und einem Ungeheuer in den Meeren (vgl. Hes 29,2-5 ). Das "Ungeheuer" könnte sich auf ein Krokodil beziehen oder das mythologische Chaosungeheuer, wodurch die Wildheit und scheinbare Unverletzbarkeit des Pharao unterstrichen wird. Vermutlich ist das Krokodil von Hesekiel gemeint, denn Hesekiel sagte, daß der Pharao das sonst ruhige Wasser aufrühre (vgl. Hi 41,23 ). Die Taten des Pharao brachten die internationalen Verhältnisse in Verwirrung, als er versuchte, die Macht Babylons zu brechen.

 

 

Hes 32,3-10

 

Hesekiel sprach dann von dem Gericht über den Pharao. Wenn er ein Krokodil wäre, würde Gott seine Feinde auf eine "Krokodiljagd" führen. Mit einer großen Menge Völker will ich mein Netz über dich werfen, und sie werden dich in meinem Netz heraufholen (vgl. Hes 29,3-5 ). Der Pharao würde von seinen Feinden gefangen und aus seiner Machtstellung entfernt werden. Diese Aussage war erstaunlich, denn in Ägypten dachte man, daß der Pharao ein Krokodil besiegen könne (vgl. die Anmerkungen zu Hi 41 ). Gott würde den Pharao aus seiner Machtstellung herausziehen und ihn auf das Land werfen und auf das offene Feld schleudern . Die Macht des Pharao würde zerbrochen und sein Volk verstreut werden.

Die Zerstörung des Pharao und Ägyptens wurde in Worten beschrieben, die an das Gericht über Ägypten zur Zeit des Auszuges von Israel erinnerten. Gott sagte, daß er das Land mit dem Blut Ägyptens tränken würde ( Hes 32,6 ). Dies erinnerte an die erste Plage, in der Wasser zu Blut wurde ( 2Mo 7,20-24 ). Dieses Mal jedoch würde das Blut von den erschlagenen Ägyptern stammen. Gott würde auch die Sterne, die Sonne und den Mond verdunkeln und so Finsternis über das Land bringen ( Hes 32,7-8 ). Diese kosmischen Zeichen sind zwar auch denen ähnlich, die den Tag des Herrn begleiten werden ( Joe 3,3-4;4,15 ), aber hier schien Hesekiel doch eher an die Finsternis der neunten Plage zu erinnern ( 2Mo 10,21-29 ).

Als Reaktion auf den Untergang Ägyptens würden die umliegenden Völker erschrecken (vgl. Hes 26,16; 27,35; 28,19 ), und ihre Könige würden vor Furcht zittern . Wenn Gott sein heiliges Wesen durch das Gericht über Ägypten offenbarte, würde dies auf die anderen Völker einen tiefen Eindruck machen. Wenn das mächtige Ägypten zerstört werden konnte, dann auch sie.

 

Hes 32,11-16

 

Dieser dritte Abschnitt des Klageliedes verläßt die bildliche Redeweise (V. 3-8 ) und spricht direkt von der Zerstörung Ägyptens durch Babylon. Das Schwert des Königs von Babylon wird über dich kommen . Das Heer Pharaos würde durch die grausamen Babylonier aufgerieben (vgl. Hes 29,17-21; 30,10-12.24 ), und das Land Ägypten würde zerstört werden. Ägyptens Stolz würde zerschlagen, seine Horden getötet (vgl. die Anmerkungen zu "Horden" in Hes 30,10 ) und sein Vieh am Nil und an den anderen Flüssen würde geschlachtet werden. Mensch und Tier würden durch den kommenden Angriff betroffen sein.

Die Wasser, die einst durch den Fuß des Menschen und die Hufe des Viehs aufgerührt waren, würden nun still liegen. Im Bilde gesprochen hatte der Pharao durch seine politischen Intrigen "die Wasser aufgewühlt" ( Hes 32,2 ); buchstäblich wurde der Nil täglich durch die Menschen und Tiere aufgewühlt (V. 13 ). Aber nun würden die Ströme und Flüsse ruhig werden, denn dieses Tun würde durch Tod und Wegführung beendigt werden. Die Ströme werden wie Öl fließen , sanft und ruhig.

Wie professionelle "Sänger" würden die umliegenden Nationen ( Töchter der Völker ; vgl. V. 18 ) als Klageweiber "angestellt", um das Klagelied über den Fall Ägyptens zu singen.

 

 

7. Der Abstieg Ägyptens in den Scheol

( 32,17 - 32 )

 

Hes 32,17-21

 

Die letzte der Prophezeiungen gegen Ägypten geschah im zwölften Jahr, am fünfzehnten Tag des Monats zu Hesekiel. Der Monat selbst wurde nicht genannt. Viele Ausleger glauben, daß es der gleiche Monat war, in dem auch die vorige Prophezeiung kam (V. 1 ). Wenn das richtig ist, dann war dies der 17. März 585 v. Chr., genau zwei Wochen nach der vorhergehenden Prophezeiung. Das Thema der Botschaft ist das Hinabsinken der Menschen von Ägypten in den Scheol. Da die Sprache hier sehr poetisch ist, wollte Hesekiel natürlich keine genaue Beschreibung des Lebens nach dem Tod geben. Aber er machte doch deutlich, daß ein Mensch nach seinem Tod keine Möglichkeit mehr besitzt, seine Bestimmung zu verändern.

In seinem Klagelied für Ägypten zeigte Hesekiel, daß Ägypten dazu bestimmt ist, mit den umliegenden Völkern ( den Töchtern mächtiger Nationen ; vgl. V. 18 ), mit denen, die in die Grube fahren , in den Scheol zu kommen. (Zu "Grube" als Bild für den Tod vgl. die Anmerkungen zu Hes 26,19-21 .) Gottes Gerichtswort war so sicher, daß die Bestimmung Ägyptens für das Grab schon gefallen war.

Hesekiel verhöhnte sowohl den Pharao als auch sein Volk. Bist du berühmter als andere? Geh hinab und lege dich unter die Unbeschnittenen . Der Stolz Ägyptens würde zerschmettert, wenn sein Volk zerstreut würde. Es würde gezwungen sein, seinen Platz im Tod unter den "Unbeschnittenen" einzunehmen. Dieser Ausdruck, der neunmal in Kapitel 32 benutzt wird (V. 19.21.24 - 26.28 - 30.32 ), beschreibt einen Tod der Schande und Niederlage (vgl. die Anmerkungen zu Hes 28,10;31,18 ). Jedesmal, wenn Hesekiel diesen Ausdruck für den Tod benutzte, sprach er von jemandem, der mit dem Schwert durch die Hand seiner Feinde getötet wurde.

Der Abstieg von Ägyptens besiegter Armee und ihren Verbündeten in den Scheol würde von den militärischen Männern, die bereits dort waren, verhöhnt werden. Sie würden merken, daß Ägypten herabkäme, um mit den Unbeschnittenen zu liegen, mit denen, die durch das Schwert getötet worden sind. Ägypten war stolz auf seine militärische Stärke, nun aber, im Tod, würde es gedemütigt werden und seinen Platz unter den anderen besiegten Völkern einnehmen müssen.

 

 

Hes 32,22-32

 

Hesekiel beschrieb die Völker, die neben Ägypten im Scheol sein würden. Die Beschreibungen sind alle ähnlich, denn jedesmal sprach er davon, daß ein Volk mit dem Schwert erschlagen würde und nun im Grab sei. Alle (außer Edom) hatten Schrecken verbreitet unter denen, die sie angegriffen hatten. Assyrien ist dort mit seinem ganzen Heer (V. 22 ; vgl. V. 23 ). Assyrien war schon als Anschauungsunterricht von Hesekiel benutzt worden ( Hes 31 ). Alle assyrischen Soldaten, die im Kampf getötet wurden, lagen ringsumher.

Das zweite Land, das erwähnt wurde, war Elam mit all seinen Horden, ringsumher seine Gräber ( Hes 32,24-25 ). Elam, östlich von Babylon, war eine kriegerische Nation (vgl. 1Mo 14,1-17 ). Obwohl es von Assyrien unterworfen und durch Nebukadnezar erobert worden war ( Jer 49,34-39 ), erhielt Elam dennoch wieder Macht und wurde später zu einem wesentlichen Teil des persischen Weltreiches. Hesekiel sprach hier jedoch nur von den besiegten Elamiten der Vergangenheit, die bereits im Grab waren.

Die dritte Gruppe, die Ägypten im Grab erwartete, waren die Völker von Meschech und Tubal ( Hes 32,26-27 ). "Meschech und Tubal" wurden bereits früher erwähnt ( Hes 27,13 ). Vermutlich lagen sie am nördlichen Rand dessen, was heute Ost- und Zentraltürkei ist. Sie werden noch einmal in Kapitel 38 - 39 als Verbündete von Gog genannt. Meschech und Tubal hatten einen langen Kampf mit den Assyrern um die Herrschaft des Gebietes südlich des Schwarzen Meeres gefochten. Liegen sie nicht bei den anderen unbeschnittenen Kriegern, die gefallen sind? Manche Ausleger verstehen dies als ein weiteres Gericht, das über Meschech und Tubal kommen wird, und übersetzen es als Tatsache ("sie liegen nicht bei ..."). Es scheint jedoch besser, die obige Übersetzung zu benutzen. Meschech und Tubal werden nicht von den anderen Völkern unterschieden, sondern stehen im Gericht neben ihnen. Die einst so grausame Macht dieser Krieger war vergangen. Nun erlitten sie das Gericht, das ihren Sünden entsprach.

Hesekiel fügte kurz ein, warum er von dem Grab sprach. Auch du, o Pharao, wirst zerbrochen und unter den Unbeschnittenen liegen, bei denen, die durch das Schwert getötet worden sind ( Hes 32,28 ). Das Schicksal dieser anderen Völker war ein Beispiel für Ägypten. Wie diese einst so mächtigen Völker, die nun im Grab waren, würde es auch dem Pharao und seiner mächtigen Armee ergehen.

Dann fuhr Hesekiel in seiner Aufzählung der Völker fort. Edom ist dort, seine Könige und alle seine Fürsten (V. 29 ). Edom hatte bereits die Nachricht von Gottes Gericht erfahren (vgl. Hes 25,12-14 ). Seine Führer, die gestorben waren, lagen im Scheol und warteten auf die Ankunft Ägyptens.

Die letzte Gruppe im Grab waren alle die Fürsten des Nordens und alle Sidoniter ( Hes 32,30 ). Diese "Fürsten des Nordens", die mit Sidon in Verbindung standen, waren vermutlich die phönizischen Stadtstaaten. Alle diese großen Mittelmeermächte mußten das gleiche, demütigende Schicksal erleiden: Erschlagen in Unehre trotz des Schreckens, der durch ihre Macht hervorgerufen wurde. Ihre früheren Heldentaten konnten sie nicht vor dem Schrecken des Todes retten. Auch sie erwarteten die Ankunft Ägyptens im Scheol.

Noch einmal kam Hesekiel auf das Schicksal Ägyptens zu sprechen (V. 31 - 32 ). Der Pharao würde in pervertierter Weise getröstet sein, wenn er und seine Horden schließlich im Scheol ankamen, denn er würde sehen, daß er nicht alleine in seiner Schande und Demütigung war.