Hes 46,1-10
Nachdem er von einigen Festen im religiösen Jahr Israels gesprochen
hatte, wandte sich Hesekiel dem täglichen Gottesdienst Israels zu. Dabei
geht es um Anordnungen bezüglich des Sabbat- und des Neumondopfers (V. 1
- 10 ) und um das Verhalten und die Opferungen der Menschen im Tempel
allgemein (V. 11 - 15 ).
Das Osttor vom äußeren Vorhof in den Innenhof hinein wird an sechs Tagen
in der Woche geschlossen sein, aber am Sabbat und am Tag des Neumondes
soll es geöffnet werden . Der Fürst , David, wird an diesem Tag am
Pfosten des Tores stehen , wenn das Opfer, das er für das Volk
darbringt, geopfert wird (vgl. Hes 44,3 ). Er wird die Opfer an den
Sabbaten und den Neumonden und auch zu den großen Festtagen
bereitstellen.
Den Gläubigen im Tempel werden Anweisungen gegeben, wie sie in dieser
Versammlung geordnet vor den Herrn treten können. Es gibt keinen
Westeingang zum Tempel, und das Osttor wird für immer geschlossen sein
(vgl. Hes 44,1-2 ). Deshalb kann man nur vom Norden und Süden in den
Tempel gelangen. Um Unruhe zu vermeiden, werden die Gläubigen auf
festgelegten Wegen durch den Tempel geführt. Wer durch das Nordtor
hineingeht, um anzubeten, der soll durch das Südtor hinausgehen. Und wer
durch das Südtor hineingeht, soll durch das Nordtor hinausgehen. Gott
ist ein Gott der Ordnung, und er möchte, daß in seinen Gottesdiensten
Ordnung herrscht.
Hes 46,16-18
Ein anderer Punkt im Blick auf freiwillige Opfer ist das Jubeljahr. Alle
50 Jahre mußte in Israel der Landbesitz wieder seinen ursprünglichen
Besitzern zurückgegeben werden ( 3Mo 25,10-13 ). Hesekiel sprach von
zwei hypothetischen Fällen, die durch die Großzügigkeit des Fürsten
eintreten könnten, um zu zeigen, daß das Jubeljahr während des
Tausendjährigen Reiches in Kraft sein wird. Wenn der Fürst einen Teil
seines Besitzes einem seiner Söhne geben wird, wird es auch dessen
Nachkommen gehören. Der Grundbesitz, der einem Familienmitglied
geschenkt wird, wird im Jubeljahr nicht zurückgegeben. Aber ein Geschenk
an einen Knecht wird nicht beständig bleiben. Der Knecht kann es
behalten bis zum Jahr der Freilassung . Dann wird es wieder an den
Fürsten zurückgegeben. Weil das Land Gott gehört, wird er es an Israel
als sein Verwalter geben. Diese Anordnung stellt sicher, daß niemand
eine dauerhafte Kontrolle über das Land erlangen kann.
Der Fürst darf kein Land außerhalb seines ihm zugeteilten Erbes
besitzen. Anders als die bösen Fürsten in den Tagen Hesekiels ( Hes
45,8-9 ) wird der Fürst während des Tausendjährigen Reiches die Menschen
nicht unterdrücken und ihren Besitz nicht an sich nehmen.
Hes 46,19-24
Hesekiels Engelführer brachte ihn in die Küchen des Tempelkomplexes.
Zuerst beschrieb er die Küchen der Priester (V. 19 - 20 ), dann die
Küchen für die Opfer des Volkes (V. 21 - 24 ).
Die Küchen für die Priester liegen am Westende der priesterlichen
Kammern, die an den eigentlichen Tempel angrenzen (vgl. die Skizze "Der
Tempel des Tausendjährigen Reiches" zu Hes 40,1-4 ). Dort werden die
Priester die Schuldopfer und Sündopfer kochen , um zu verhindern, daß
sie in den äußeren Vorhof gebracht werden. Die Priester dürfen einen
Teil der Opfer, die zum Tempel gebracht werden, essen.
Die Küchen für die Opfer des Volkes werden in den vier Ecken des äußeren
Vorhofes sein. Wenn die Menschen ihre Dankopfer darbringen, dürfen sie
einen Teil dieses Opfers in einem Gemeinschaftsmahl essen (vgl. 3Mo
7,15-18 ). Offensichtlich werden die Priester in diesen vier Küchen die
Opfer des Volkes kochen. Dieser herrliche Tempel wird ein Ort der
Gemeinschaft und der Anbetung sein.
3. Ein neues Land
( Hes 47-48 )
a. Der Fluss aus dem Tempel
( 47,1-12 )
Im Tausendjährigen Reich wird ein lebenschenkender Fluß aus dem Tempel
herausfließen. Viele Ausleger glauben, daß sich dies nur symbolisch auf
den Segen bezieht, der aus der Gegenwart Gottes fließt. Aber nichts an
dieser Stelle weist darauf hin, daß Hesekiel an irgend etwas anderes
gedacht hat als an einen tatsächlichen Fluß. Die Erwähnung von Details,
wie z. B. die Fischer (V. 10 ) und die salzigen Teiche und Sümpfe
(V. 11 ), verleiht dieser Stelle einen sehr realistischen Klang. Joel
hatte bereits vor der Zeit Hesekiels von diesem Fluß gesprochen
(vgl. Joe 4,18 ), und Sacharja sprach davon, nachdem Israel aus der
babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrt war (vgl. Sach 14,8 ). Im
Tausendjährigen Reich wird dieser Fluß eine weitere sichtbare Erinnerung
an die Gegenwart und den Segen Gottes sein.
Hes 47,1-6 a
Hesekiel wurde von den Küchen im äußeren Vorhof des Tempels zurück in
den Innenhof geführt, an den Eingang des eigentlichen Tempels. Dort sah
er Wasser unter der Schwelle des Tempels herauskommen und nach Osten
fließen . Dieser Wasserstrom, der aus der Gegenwart Gottes kam, floß
nach Osten, südlich am Altar vorbei. Hesekiel verließ den Tempelkomplex
durch das Nordtor und sah, wie das Wasser aus dem Tempel und auf der
Südseite des Osttores in das Kidrontal floß.
Sacharja berichtete, daß dieses Wasser, das von Jerusalem kam, sich
teilt und daß eine Hälfte nach Osten in das Tote Meer und die andere
Hälfte nach Westen in das Mittelmeer fließen wird ( Sach 14,8 ).
Hesekiel spricht nur von dem Strom, der nach Osten fließt.
Das Engelwesen führte Hesekiel nach Osten, entlang dem Flußufer. Nach
ca. 500 Metern (1 000 Ellen) reichte das Wasser bis an die Knöchel .
Nach weiteren 500 Metern war es bis an den Knien . Der Engel maß weitere
500 Meter ab, und das Wasser reichte Hesekiel bis zur Hüfte . Nach einem
vierten Weg von ebenfalls 500 Metern zeigte sich, daß das Wasser
angeschwollen war und tief genug war, um darin zu schwimmen - ein Fluß,
durch den niemand mehr gehen konnte. Vielleicht wird diese zunehmende
Wassertiefe durch andere Ströme kommen, die diesem Fluß zufließen, aber
Hesekiel sprach nicht davon.
Hes 47,6-12 (Hes 47,6b-12)
Hesekiel ging zurück an das Flußufer und sah viele Bäume auf jeder Seite
des Flusses. Dieses Wasser wird eine herrliche Vegetation entlang des
Ufers hervorbringen.
Der Fluß im Tausendjährigen Reich wird in das östliche Gebiet fließen
und hinab zur Araba , wo er in das Meer mündet. "Araba" ist das
Jordantal zwischen dem See Genezareth und dem Toten Meer bzw. dem Golf
von Akaba. Der Fluß im Tausendjährigen Reich wird in den Jordan fließen
und mit ihm in das Nordende des Toten Meeres münden.
Wenn dieser neue Fluß in das Tote Meer fließt, wird das Wasser dort
frisch werden . Das Tote Meer, das heute etwa sechsmal mehr Salz enthält
als das Meer, wird völlig salzfrei werden - ein wahres Wunder durch
Gott! Dieses Wasser, in dem heute keine Tiere leben können, wird dann
voller Leben sein. Wohin der Fluß fließt, wird alles leben . Fischer
werden an den Küsten von En-Gedi bis En-Eglajim stehen (vgl. die Karte
"Die Aufteilung des Landes im Tausendjährigen Reich"), um viele Arten
von Fisch dort zu fangen. "En-Gedi" ist eine Siedlung etwa auf der
Hälfte des westlichen Ufers am Toten Meer. Wo "En-Eglajim" (wörtl.:
"Quelle der zwei Kälber") lag, ist unsicher. Es könnte an der
südwestlichen Küste des Toten Meeres, nahe an Zoar, oder auch auf dem
nordwestlichen Ufer, südlich von Khirbet Qumran, gewesen sein. Diese
letzte Vermutung klingt besonders zutreffend, denn Hesekiel sieht das
Wasser ja am nördlichen Ende des Toten Meeres hineinfließen.
Während das Tote Meer selbst frisches Wasser erhält, werden die Teiche
und Sümpfe nicht frisch werden; aus ihnen wird man Salz gewinnen . Die
Ebenen am Toten Meer werden voller Salz bleiben. Salz gehört wesentlich
zum Leben dazu, und die Gegend des Toten Meeres ist Israels
Hauptsalzquelle. Gott wird für alles sorgen, was Israel braucht.
Eine andere Weise, durch die Gott für Israel sorgen wird, sind die Bäume
am Flußufer, die das ganze Jahr hindurch Frucht tragen werden. Diese
Frucht wird Speise geben, und ihre Blätter werden Heilung bereiten. Wie
die Heilung durch diese Blätter kommen wird, wird nicht deutlich, aber
die Krankheit wird im wesentlichen dadurch beseitigt werden. Gott wird
diese Bäume benutzen, um die physischen Bedürfnisse der Menschen zu
stillen.
b. Die Grenzen des Landes
( 47,13 - 23 )
Hes 47,13-14
Gott versprach Abraham (vgl. 1Mo 13,14-17; 15,17-21 ) und seinen
Nachkommen das Land Palästina. Dieses Versprechen ist nie zurückgenommen
worden. Der Segen über Israel im Land hing ab von seinem Gehorsam ( 5Mo
28 ), aber sein Recht, das Land zu besitzen, war ohne Bedingungen. Wenn
Gott seinen neuen Bund mit Israel einsetzen wird, wird es wieder an
seinen Ort des Segens im Land gebracht werden (vgl. Hes 36-37 ). Um die
Menschen für diese neue Landnahme vorzubereiten, legte er die Grenzen
dieses Landes fest. Er sagte: Weil ich mit erhobener Hand geschworen
habe (eine Geste, die oft mit dem Schwur zusammen einhergeht;vgl. 2Mo
6,8; Neh 9,15; Ps 106,26; Hes 20,5.15.23.42; 36,7; 44,12 ), es euren
Vorvätern zu geben, wird dieses Land euer Erbe werden . Israels Grenzen
werden im Tausendjährigen Reich ähnlich den Grenzen sein, die ihm in der
Zeit Moses verheißen wurden (vgl. 4Mo 34,1-12 ).
Hes 47,15-17
Die nördliche Grenze des Landes wird östlich von dem großen Meer, dem
Mittelmeer, verlaufen. Sie beginnt irgendwo nördlich von Tyrus und Sidon
(genauer: am "Berg Hor"; 4Mo 34,7 ). Die Grenzlinie wird an der Straße
von Hetlon über Hamat hinaus bis Zedad, Berota und Sibrajim verlaufen,
bis hin nach Hazar-Enan an der Grenze nach Hauran . Wo Hetlon lag,
wissen wir nicht, aber viele sehen darin das heutige Heitela,
nordöstlich von Tripolis im heutigen Libanon. Hamat wird häufig mit dem
Hamat am Orontes-Fluß im heutigen Syrien identifiziert. Aber diese
Lokalisierung ist unwahrscheinlich, denn Hamat liegt etwa 160 Kilometer
nördlich der anderen Städte, die Hesekiel erwähnt. Besser ist es, Hamat
mit der heutigen Stadt Al-Labwah im Biqa-Tal zu identifizieren.
Zedad ist vermutlich die Stadt Sadad, etwa 35 Kilometer nördlich von
Damaskus. Wo die Städte Berota und Sibrajim lagen, wissen wir nicht,
aber es heißt, daß sie auf der Grenze zwischen Damskus und Hamat lagen.
Hamat (nicht das Hamat von oben) liegt nördlich von Damaskus. Diese
beiden Städte (Berota und Sibrajim) lagen also nördlich von Damaskus auf
der Grenze zwischen dem Gebiet, das Damaskus, und dem, das Hamat
gehörte, vermutlich in der Nähe der Stadt Zedad.
Hazar-Enan ( Hes 47,16 ) lag auf der Grenze zwischen dem syrischen
Damaskus und der Provinz Hauran. Hauran könnte ein Gebiet östlich des
Sees Genezareth und nördlich des Flusses Yarmuk sein. Manche halten
Hazer-Enan für das heutige Al-Qaryatayn, eine wichtige Wüstenoase
nordöstlich von Damaskus. Die nördliche Grenze wird sich also vom
Mittelmeer aus nach Osten nördlich der heutigen Stadt Tripolis
erstrecken bis hin zu der damaligen Nordgrenze von Syrien.
Hes 47,18
Die Ostgrenze wird zwischen Hauran und Damaskus liegen. Sie wird von
Hazar-Enan an entlang der Südgrenze von Syrien bis dorthin, wo der
Jordan südlich des Sees Genezareth aus dem See fließt, verlaufen. Von
dort wird sie sich entlang des Jordan zwischen Gilead und dem Land
Israel hinziehen, bis an das östliche Meer und bis Tamar . Die östliche
Grenze wird also der Jordan und das Tote Meer sein. Gilead und das
transjordanische Gebiet östlich des Jordan werden nicht zu dem
zukünftigen Erbe Israels gehören. Wo genau Tamar lag, bis zu dem sich
die östliche Grenze hinziehen wird, ist unklar, aber es könnte durchaus
südlich des Toten Meeres gewesen sein.
Hes 47,19
Die Südgrenze des Reiches Israel im Millenium wird sich von Tamar bis zu
dem Meribat-Kadesch erstrecken und dann entlang des Bach Ägyptens bis
zum großen Meer . Da das Haderwasser von Meribat-Kadesch bei
Kadesch-Barnea lag (vgl. 4Mo 27,14 ), wird sich die Südgrenze von Tamar
aus südwärts bis dorthin erstrecken. Von dort wird sie entlang des "Bach
Ägyptens" gehen. Dies ist vermutlich das Wadi el-Arisch (vgl. 4Mo
34,5 ), nicht der Nil.
Hes 47,20
Die westliche Grenze des verheißenen Landes ist das große Meer, das
Mittelmeer. Die Grenze wird sich entlang der Küste vom Wadi el-Arisch
bis zu einem Punkt gegenüber Hamat im Norden erstrecken.
Hes 47,21-23
Das Land wird nach den Stämmen Israels verteilt werden. Dies ist die
Einleitung der Landverteilung ( Hes 48 ). Hesekiel fügte auch
Anweisungen über die Verteilung von Land an Fremde bei, die sich Israel
anschließen möchten. Sie werden als geborene Israeliten betrachtet und
sollten ein Erbteil unter den Stämmen Israels besitzen. Zwar war es
Fremden immer erlaubt gewesen, in Israel zu wohnen (vgl. 3Mo 24,22; 4Mo
15,29 ), aber im Tausendjährigen Reich werden sie auch Privilegien
genießen, die bisher nur den Israeliten zustanden (vgl. Jes 56,3-8 ).
Auch wenn das Tausendjährige Reich vor allem eine Zeit des Segens für
Israel sein wird, werden auch gläubige Heiden den Segen Gottes erfahren. |