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Jeremia  Wallvoord für Youtube  
Verfasser: 
Charles H. Dyer
Jeremia Kp  37 & 38 & 39


a. Jeremias Botschaft an Zedekia

( 37,1 - 10 )

 

Jer 37,1-2

 

In diesem Abschnitt geht es um Zedekia, den letzten König im Lande Juda , der von Nebukadnezar als Vasallenkönig auf den Thron gesetzt worden war (vgl. 2Kö 24,15-17 ). In diesen dunklen Tagen hätte Juda einen starken und frommen König gebraucht. Leider war Zedekia weder das eine noch das andere. Vom König bis zum gewöhnlichen Menschen im Volk kümmerte sich niemand um die Worte der Warnung, die Jeremia verkündete, bis es zu spät war.

 

 

Jer 37,3-10

 

Zedekia schickte eine Abordnung zu Jeremia und ließ ihn bitten, für Jerusalem zum Herrn zu beten. Jeremia war noch nicht im Gefängnis , und Babylon hatte gerade seine Belagerung von Jerusalem abgebrochen, weil das Heer des Pharao aus Ägypten aufgebrochen war. Vielleicht hoffte Zedekia, daß die Gebete Jeremias Gott bewegen könnten, den Ägyptern einen großen Sieg zu schenken und so die Babylonier aus Palästina zu vertreiben (vgl. Jer 21,1-7 ,wo eine ähnliche Bitte vorgetragen wird).

Gottes Antwort war anders, als Zedekia es erhofft hatte. Das Heer des Pharao , das ausgezogen war, um Juda zu unterstützen, würde von den Babyloniern zerschlagen und gezwungen werden, wieder heim nach Ägypten zu ziehen . Dann würde die babylonische Armee wiederkommen und Jerusalem belagern. Sie würde es erobern und verbrennen (vgl. Jer 21,10; 32,29; 34,2.22; 37,10; 38,18.23 ). Diejenigen, die auf einen Rückzug der Babylonier hofften, würden sich selbst betrügen. Selbst wenn im Heer Nebukadnezars nur Verwundete wären, würden sie dennoch, so sagte Gott, Jerusalem mit Feuer verbrennen (vgl. Jer 37,8 ).

 

 

b. Jeremias Verhaftung

( 37,11 - 38,28 )

 

(1) Jeremias Verhaftung und sein Aufenthalt in der Zisterne ( Jer 37,11-16 )

 

 

Jer 37,11-16

 

Der Rückzug des babylonischen Heeres zum Kampf gegen die Ägypter ließ Juda wieder etwas aufatmen. Jeremia wollte diese Phase nutzen, um aus Jerusalem herauszugehen und eine kurze Reise ins Land Benjamin zu machen (vgl. Jer 1,1 ). Er beabsichtigte, bei dieser Gelegenheit mit seinen Verwandten ein Erbe zu teilen . Jeremia machte sich also auf den Weg nach Anatot, entweder um sich einen Anteil an einem Grundstück zu sichern oder um ein Stück Land für den Verkauf an andere aufzuteilen. Dieser Landhandel hatte vermutlich nichts mit dem Landkauf in Kapitel 32 zu tun. Als Jeremia den in Kapitel 32 beschriebenen Landkauf tätigte, war er bereits verhaftet und befand sich im Wachthof des Gefängnisses (vgl. Jer 37,4.21; 38,13.28 ). Die Ereignisse des Kap. 37 fanden also vor denen des Kap. 32 statt.

Als Jeremia gerade zum Benjamintor kam, hielt ihn ein Wachhabender namens Jirija fest. Dieser sprach Jeremia an und verdächtigte ihn, zum Feind überlaufen zu wollen. Jeremia leugnete dies, aber der Wachhabende wollte ihn nicht hören . Statt dessen wurde Jeremia zu den Oberen gebracht, die ihn schlagen und ins Gefängnis werfen ließen. Das Gefängnis befand sich im Hause Jonatans, des Schreibers , und zwar in dem überwölbten Raum einer Zisterne (wörtl.: "im Haus der Zisterne, in den überwölbten Räumen"). Vermutlich handelte es sich um einen Komplex großer, unterirdischer Zisternen, die in ein Gefängnis umgewandelt worden waren. Jeremia blieb dort lange Zeit .

 

 

Jer 37,17-20

 

(2) Jeremias erstes Treffen mit Zedekia und seine Überführung in den Wachthof ( Jer 37,17-21 )

 

Die Babylonier kamen nach Jerusalem zurück und begannen erneut mit der Belagerung der Stadt. Zedekia sandte heimlich nach Jeremia und ließ ihn in den Palast holen. Weil Jeremia bei den Menschen so unbeliebt war (vgl. Jer 26,10-11; 37,11-15; 38,4 ), traf Zedekia ihn unter vier Augen und fragte ihn, ob er ein Wort vom HERRN habe. Jeremia verkündete das gleiche wie vor seiner Verhaftung. Jerusalem würde fallen, und Zedekia würde dem König von Babel in die Hände gegeben werden (vgl. Jer 21,3-7 ).

Jeremia benutzte die Gelegenheit dieses Erscheinens vor Zedekia, um seine Unschuld zu beteuern. Er verlangte zu wissen, welches Verbrechen er begangen habe. Die anderen Propheten hatten Lügen geweissagt, indem sie behauptet hatten, die Babylonier würden nicht kommen. Jeremia bat Zedekia, ihn nicht wieder in das Gefängnis bringen zu lassen, aus dem er gekommen war. Jeremia war mit seinen mittlerweile vermutlich über 60 Jahren um seine Gesundheit in diesem feuchten, dunklen Loch besorgt. Wenn er wieder dorthin zurückgebracht würde, dann könnte er dort sterben .

 

Jer 37,21

 

Zedekia erfüllte Jeremia diesen Wunsch und ließ ihn aus der unterirdischen Zisterne in den Wachthof des königlichen Palastes überführen (vgl. Jer 32,2 ). Hier konnte Zedekia ihn besser vor seinen Feinden beschützen - auch wenn er ein schwacher und launischer Beschützer war (vgl. Jer 38,4-10 ). Zedekia sorgte auch dafür, daß Jeremia täglich Brot erhielt, damit er nicht hungern mußte. Dies geschah so lange, bis das letzte Korn unter der Belagerung aufgebraucht und alles Brot in der Stadt aufgezehrt war (vgl. Jer 52,6 ).

 

 

Jer 38,1-3

 

(3) Jeremia wird in die Zisterne geworfen ( Jer 38,1-6 )

 

Da Jeremia in den Wachthof der königlichen Garde verlegt worden war ( Jer 37,21 ), hatte er wieder eine gewisse Freiheit und konnte zu dem Volk sprechen (vgl. Jer 32,1-2.6 ). Er nutzte dies als eine Gelegenheit, Gottes Botschaft jedem zu verkünden, der ihm zuhören wollte. Vier der ranghöchsten Oberen hörten diese Botschaft ebenfalls: Schefatja, der Sohn Mattans (der sonst in der Bibel nicht erwähnt wird), Gedalja, der Sohn Paschhurs (vielleicht ein Sohn jenes Paschhur, der Jeremia geschlagen hatte; Jer 20,1-3 ), Juchal, der Sohn Schelemjas (den Zedekia geschickt hatte, um die Unterbrechung der babylonischen Belagerung zu erkunden; Jer 37,3 ), und Paschhur, der Sohn Malkijas (den Zedekia geschickt hatte, um den ersten Angriff der Babylonier auf Jerusalem zu erkunden; Jer 21,1-2 ). Diese vier mächtigen Hofbeamten hörten, wie Jeremia zu allem Volk sprach.

Der Inhalt der Botschaft Jeremias wird in Jer 38,2-3 zusammengefaßt. Es war die gleiche Botschaft, die Jeremia schon vorher verkündigt hatte ( Jer 21,3-10 ). Wer in Jerusalem bliebe, würde durch Schwert, Hunger und Pest sterben (vgl. die Anmerkungen zu Jer 14,12 ). Nur wer zu den Chaldäern überliefe, würde am Leben bleiben . Die einzige Hoffnung für Jerusalem war die Kapitulation. Jeder Gedanke an Widerstand gegen die babylonische Belagerung war vergeblich, denn Gott hatte gesagt, daß die Stadt an Nebukadnezar übergeben werden würde, der sie einnehmen würde.

 

 

Jer 38,4-6

 

Die Oberen gingen zu Zedekia und verlangten, Jeremia für seine Worte töten zu lassen, denn seine "verräterischen" Gedanken nähmen sowohl den Kriegsleuten als auch dem ganzen Volk den Mut . In ihrer entarteten, nationalistischen Logik glaubten die Oberen, daß Jeremia das Unheil seines Volkes suche, wo er doch genau das Gegenteil wollte (V. 2 ). Zedekias Schwäche wurde in seiner Antwort an diese Oberen ganz besonders deutlich. Kurz zuvor hatte er eingewilligt, Jeremia zu beschützen ( Jer 37,18-21 ), und nun lieferte er ihn denen aus, die ihm nach dem Leben trachteten. Seine schwache Entschuldigung lautete, daß der König nichts wider sie vermöge . Zedekia war eine politische Strohpuppe, unfähig, feste, unabhängige Entschlüsse zu fassen. Er wurde entweder von Nebukadnezar (vgl. 2Kö 24,17 ) oder von den Oberen der Stadt kontrolliert; letztere brachten ihn dazu, gegen Babylon zu rebellieren, und beeinflußten dann alle seine Entscheidungen ( Jer 27,12-15; 38,5.19.24-28 ).

Die Oberen nahmen Jeremia und warfen ihn in Malkijas Zisterne , die im Wachthof war. Eine Zisterne war eine große, in einen Felsen gehauene und mit Mörtel verputzte Grube. In ihr sammelte man im Winter das Regenwasser, um es während des trockenen Sommers zu benutzen (vgl. Jer 2,13 ). Diese Zisterne war so tief, daß man Jeremia an Seilen hinablassen mußte. Wahrscheinlich war aufgrund der langen Dürrezeit (vgl. Jer 14,1-4 ) kein Wasser darin. Nur Schlamm , der vom Regen hereingespült worden war, befand sich auf dem Grund der Zisterne. Jeremia sank daher in den Schlamm hinein. Sein Leben war wirklich bedroht. Wäre das schlammige Wasser in der Zisterne tiefer gewesen, dann wäre er ertrunken oder erstickt. So erwartete ihn der Tod durch Verhungern. Vielleicht warfen manche noch Steine in die Grube in der Hoffnung, Jeremia auf diese Weise sofort zu töten oder bewußtlos zu machen, damit er in dem schlammigen Wasser umkäme (vgl. die Anmerkungen zu Kl 3,52-54 ).

 

 

Jer 38,7-9

 

(4) Jeremia wird aus der Zisterne gerettet ( Jer 38,7-13 )

 

Viele seiner Zeitgenossen wollten Jeremia töten. Der einzige, der sich wirklich für ihn einsetzte, war Ebed-Melech (wörtl.: "Diener des Königs"), ein Mohr (d. h. ein Kuschite) aus der Gegend des oberen Ägypten (dem heutigen Südägypten, Sudan und Nordäthiopien). Er diente als Kämmerer ( sArIs ; wörtl.: "Eunuch") in des Königs Haus . Welche Stellung er im Palast genau innehatte, wissen wir nicht. Auf jeden Fall hatte er Zugang zum König.

Ebed-Melech ging zum Benjamintor (vgl. Jer 20,2; 37,13 ), wo der König gerade saß - entweder in Ausübung seiner Amtsgeschäfte oder, um die Verstärkung der Verteidigungsanlagen Jerusalems zu überwachen, die die Stadt vor den Belagerungstruppen schützen sollten. Er überbrachte dem König die dringende Nachricht, daß die Oberen übel an Jeremia gehandelt hätten, indem sie ihn in die Zisterne geworfen hätten, wo er vor Hunger sterben müsse. Offensichtlich kannte Zedekia die genauen Pläne der Oberen zur Ermordung Jeremias nicht, oder er hatte nicht wirklich geglaubt, daß sie diese Pläne ausführen würden. Nun aber wußte er, daß Jeremia vom Tode bedroht war.

 

Jer 38,10-13

 

Zedekia befahl Ebed-Melech, drei (andere Übers.: "dreißig") Männer von dort - vermutlich Soldaten, die am Tor Wache standen - zu nehmen und Jeremia aus der Zisterne zu ziehen, ehe er stürbe. Diese Männer waren nötig, um Jeremia aus dem Schlamm zu ziehen und gleichzeitig Wache zu halten, damit die Oberen diesen Versuch nicht vereiteln konnten. Ebed-Melech führte die Soldaten in die Kleiderkammer des Palastes und

dann zur Öffnung der Zisterne. Er ließ alte Lumpen zu Jeremia hinab, die er unter seine Achseln um das Seil legen sollte. Dann zogen sie Jeremia an den Stricken herauf und befreiten ihn aus der Zisterne. Wieder wurde er in den Wachthof des Palastes gebracht (vgl. Jer 37,21 ).

 

 

Jer 38,14-16

 

(5) Jeremias zweites Treffen mit Zedekia ( Jer 38,14-28 )

 

Wieder sandte Zedekia nach Jeremia und traf ihn heimlich beim dritten Eingang des Tempels. Dieser Eingang, der sonst nirgends erwähnt wird, könnte ein privater Eingang gewesen sein, der den königlichen Palast mit dem Tempel verband. Zedekia wollte Jeremia etwas fragen , und der Prophet sollte ihm nichts verheimlichen. Jeremia brachte zwei Einwände vor: Wenn er mit einer Botschaft antwortete, die dem König nicht gefiel, gebe es keine Garantie dafür, daß der König ihn nicht tötete. Zweitens sei jeder Rat Jeremias vergeblich, weil der König doch nicht auf ihn hören würde. Zedekia beantwortete den ersten Einwand, nicht jedoch den zweiten. Er versprach, daß er weder Jeremia selbst töten, noch ihn jenen in die Hände geben werde, die ihm nach dem Leben trachteten. Aber der König versprach nicht, der Botschaft Jeremias zu gehorchen.

 

 

Jer 38,17-23

 

Jeremia hatte keine andere Botschaft als die, die er bereits verkündet hatte (vgl. Jer 21,1-10; 37,17; 38,1-3 ). Wenn Zedekia sich den Babyloniern auslieferte, würde sein Leben geschont und die Stadt nicht verbrannt werden. Wenn er sich jedoch nicht auslieferte, würde die Stadt dem babylonischen Heer gegeben und von diesem niedergebrannt werden (vgl. Jer 21,10; 32,29; 34,2.22; 37,8.10; 38,23 ); Zedekia aber würde ihren Händen nicht entrinnen .

Zedekia weigerte sich, auf Jeremias Rat zu hören, weil er Angst hatte. Er fürchtete sich vor den Judäern , die bereits zu den Chaldäern (=Babyloniern) übergelaufen waren, und glaubte, daß die Babylonier ihn diesen Leuten übergeben würden, die seine Widersacher geworden waren. Wenn sie nun die Gelegenheit dazu erhielten, würden sie ihm übel mitspielen, weil er sie in der Vergangenheit schlecht behandelt hatte. Jeremia versuchte, Zedekia davon zu überzeugen, daß dies nicht geschehen würde. Wenn er dem Herrn gehorchte, dann würde sein Leben gerettet werden. Wenn er es aber ablehnte, sich den Babyloniern zu übergeben, dann würde ihm genau jene Demütigung widerfahren, die er zu vermeiden suchte. Die Frauen seines eigenen Palastes (der königliche Harem) würden über Zedekia spotten, wenn sie zu den Oberen von Babel hinausgebracht würden. Ihr Spottlied würde von der Einfältigkeit des Königs handeln, der seinen Ratgebern vertraut hatte und von ihnen, die sich als seine guten Freunde ausgegeben hatten, in den Sumpf geführt worden war. Wenn dann Zedekia im Schlamm Babylons versank ( Jer 38,6 ), würde er sich umschauen und feststellen, daß alle seine Freunde, die ihn hierher gebracht hatten, ihn verlassen hatten. Wenn er sich weigerte, sich den Babyloniern zu ergeben, würde er zusehen müssen, wie seine Frauen und Kinder weggeführt würden (vgl. Jer 39,6 ). Er selbst würde ergriffen werden, und die Stadt Jerusalem würde verbrannt werden (vgl. Jer 38,18 ).

 

 

Jer 38,24-28

 

Zedekia aber weigerte sich, Jeremias Rat zu folgen. Solch ein mutiger Schritt hätte die Fähigkeiten dieses rückgratlosen Monarchen überstiegen. Statt dessen bat er Jeremia, niemanden diese Worte erfahren zu lassen . Wenn etwas davon bekannt würde, dann würden die Oberen versuchen, Jeremia zu töten. Da es überall im Palast Spione gab, verschaffte Zedekia dem Propheten noch ein Alibi für den Fall, daß man ihn ausfragen würde. Wenn die Oberen Jeremia fragten, was er mit dem König geredet habe, dann sollte er ihnen zur Antwort geben, daß er Zedekia gebeten habe, ihn nicht wieder in die Grube in Jonatans Haus führen zu lassen (vgl. Jer 37,15 ). Jeremia hatte diese Bitte während seines ersten Treffens mit Zedekia vorgetragen ( Jer 37,20 ).

Zedekias Vorsorge war nicht unbegründet, denn die Oberen hörten wirklich von diesem Treffen und gingen zu Jeremia, um ihn zu fragen. Jeremia antwortete ihnen mit den Worten, die Zedekia ihm zu sagen geboten hatte. Da sie nichts erfahren konnten , ließen sie Jeremia in Frieden. Jeremia blieb im Wachthof (vgl. Jer 38,13 ) als politischer Gefangener, bis Jerusalem von Nebukadnezar eingenommen wurde.

 

 

c. Jerusalems Zerstörung

( Jer 39 )

 

(1) Das Schicksal der Juden ( Jer 39,1-10 )

 

 

Jer 39,1-4

 

Jeremias Warnungen vor dem Untergang wurden von den Menschen in Jerusalem mißachtet. Seine Rechtfertigung kam, als Gott die Zerstörung Jerusalems genau so geschehen ließ, wie er sie vorausgesagt hatte. Jeremia berichtete ausführlich davon, wie Jerusalem erobert wurde. Der Streit mit Babylon begann im neunten Jahr der Herrschaft Zedekias, und zwar im zehnten Monat . Dieses Ereignis war so schrecklich, daß es noch dreimal im Alten Testament erwähnt wird. Sogar der Tag des Monats wird erwähnt (vgl. 2Kö 25,1; Jer 52,4; Hes 24,1-2 ). Die Belagerung begann am 15. Januar 588 V. Chr. und dauerte bis zum neunten Tag des vierten Monats im elften Jahr Zedekias . Nach westlichem Verständnis würde dies eine Belagerungsdauer von etwa 19 Monaten ergeben (die drei letzten Monate des neunten + die zwölf Monate des zehnten + die vier ersten Monate des elften Jahres). Nach der hebräischen Datierungsweise dauerte die Belagerung jedoch wesentlich länger. Denn die Jahre der Regierungszeit der hebräischen Könige wurden nach einem Kalender gezählt, der von Tischri (September/Oktober) bis Tischri ging, während man die Monate eines Jahres nach einem Kalender zählte, der von Nisan (März/April) bis Nisan ging (vgl. die Anmerkungen zu Jer 36,9 ). Zedekias elftes Jahr dauerte vom 18. Oktober 587 bis zum 6. Oktober 586 V. Chr. Der vierte Monat, ausgehend vom Nisan, der in dieses elfte Jahr fiel, begann am 10. Juli 586 V. Chr. Der neunte Tag dieses Monats war der 18. Juli 586. Die gesamte Belagerung dauerte also etwas über 30 Monate, vom 15. Januar 588 bis zum 18. Juli 586 V. Chr.

Nach dieser dreißigmonatigen Belagerung brachen die Babylonier in die Stadt ein. Die Oberen von Babel zogen in die Stadt hinein und hielten unter dem Mitteltor . Das Mitteltor befand sich vermutlich auf der Nordseite der Stadt (wo die Babylonier die Mauern durchbrachen) in dem Haupttal (dem Tyropeon-Tal), das die beiden Teile der Stadt voneinander trennte. Sie "hielten" bedeutet, daß sie eine Regierung für die Stadt einsetzten und die Gefangenen richteten (vgl. die Anmerkungen zu Jer 38,7 und Hes 11,1 ). Einer dieser Obersten war Nergal-Sarezer, der Fürst von Sin-Magir (oder: "Samgar-Nebu", auch Neriglissar genannt), der Schwiegersohn Nebukadnezars, der im Jahre 560 V. Chr. nach dem Tod von Ewil-Merodach, dem Sohn Nebukadnezars, den Thron in Babylon bestieg (vgl. Jer 52,31 ; siehe auch die Tabelle "Könige des Neubabylonischen Reiches" in der Einführung zu Daniel).

Zedekia und seine Kriegsleute sahen, daß die Stadt gefallen war. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Babylonier südwärts durch die ganze Stadt gezogen kämen und auch sie gefangennehmen würden. Verzweifelt versuchten sie, bei Nacht zur Stadt hinauszufliehen . Sie hatten vor, Jerusalem durch des Königs Garten , der im Süden, nahe bei dem Teich Siloh, lag (vgl. Neh 3,15 ), zu verlassen. Nachdem sie durchs Tor zwischen den beiden Mauern gegangen waren, befanden sich die flüchtenden Soldaten in der steilen Schlucht, in deren Nähe sich das Tal Ben-Hinnom und das Kidrontal vereinigten. Hier stiegen sie über den Ölberg und entwichen zum Jordantal hin . Vermutlich hofften sie, den Fluß überqueren und nach Rabba (dem heutigen Amman in Jordanien) gelangen zu können, der Hauptstadt ihrer Verbündeten, der Ammoniter (vgl. die Anmerkungen zu Hes 21,18-23 ).

 

 

Jer 39,5-7

 

Nachdem sie nun so lange auf ihren Sieg gewartet hatten, wollten die Babylonier natürlich ihre Beute nicht entkommen lassen. Sie verfolgten Zedekia und seine Soldaten und nahmen ihn gefangen im weiten Jordantal von Jericho , in der Nähe des Jordan. Zedekia wurde zu Nebukadnezar gebracht, der sein militärisches Hauptquartier in Ribla im Lande Hamat aufgeschlagen hatte (vgl. die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in der Einführung ). Nebukadnezar sprach das Urteil über Zedekia wegen dessen Rebellion gegen Babylon. Zedekia mußte zusehen, wie die Babylonier seine Söhne und alle Vornehmen Judas vor seinen Augen töteten. Um diesen Anblick des Schreckens für immer in ihm festzuhalten, ließ er dann Zedekia die Augen ausstechen . Schließlich ließ er ihn in Ketten legen, um ihn unter Demütigungen nach Babel zu zerren. Zedekia mußte die Schande, vor der er sich gefürchtet hatte, erleiden, weil er die Warnungen des Herrn mißachtet hatte (vgl. Jer 38,17-23 ).

 

 

Jer 39,8-10

 

Auch Jerusalem erlitt das schmähliche Schicksal, das Jeremia vorausgesagt hatte. Die Babylonier verbrannten das herrliche Haus des Königs und die Häuser der Bürger (vgl. Jer 21,10; 22,6-7; 32,29; 34,2.22; 37,8-10; 38,18.23 ). Auch rissen sie die Mauern Jerusalems nieder, so daß die Stadt ohne Verteidigung zurückblieb (vgl. Kl 2,8-9; Neh 1,3 ). Nebusaradan, der Oberste der königlichen Leibwache ( raBFabbAHIm ; wörtl.: "der Oberste der Schlächter"; vgl. 1Mo 37,36; Dan 2,14 ), nahm alle gefangen, die noch in der Stadt waren (vgl. Jer 13,19; Jer 15,2; Hes 5,8-12 ), sowie jene, die schon vorher aufgegeben hatten (zu ihm übergelaufen waren; vgl. Jer 21,8-9; 38,1-4.17-23 ). Um Loyalität, Stabilität und Produktivität sicherzustellen, ließ der Babylonier von dem niederen Volk, das nichts hatte, etliche im Lande Juda zurück und gab ihnen Weinberge und Felder . Sicherlich glaubte er, diese Menschen würden den Babyloniern für ihren neuerhaltenen Wohlstand dankbar sein und deshalb kaum gegen Babylon rebellieren. Die Babylonier würden dafür Einkommen in Form von Steuern erhalten, die auf die Erträge des Landes erhoben würden.

 

 

Jer 39,11-14

 

(2) Das Schicksal Jeremias ( Jer 39,11-18 )

 

Nebukadnezar hatte offensichtlich von Jeremia gehört - vielleicht durch die Briefe des Propheten nach Babylon (vgl. Jer 29 ) oder durch das Zeugnis derer, die zu den Babyloniern übergelaufen waren ( 21,8-9; 38,1-3 ). Nun erließ Nebukadnezar durch Nebusaradan an seine Soldaten den Befehl, Jeremia zu holen und sich seiner anzunehmen. Sie sollten ihm kein Leid antun, sondern alles für ihn tun, was er begehrte. Jeremia wurde aus dem Wachthof befreit (vgl. Jer 38,28 ) und dem Juden Gedalja übergeben, dem Sohn Ahikams und Enkel Schafans (vgl. die Tabelle "Die Nachkommen Schafans" bei Jer 26,24 ). Gedalja wurde zum Statthalter über die im Land zurückbleibenden Juden eingesetzt ( Jer 40,7 ). Manche Ausleger sind der Meinung, daß der Bericht von der freundlichen Behandlung Jeremias in Jer 39,11-14 der Erwähnung seiner Fesseln in Jer 40,1 widerspricht. Diese beiden Berichte können jedoch ohne Schwierigkeiten in Übereinstimmung gebracht werden. Jeremia wurde zusammen mit den anderen Überlebenden Jerusalems in das etwa acht Kilometer nördlich gelegene Rama gebracht, wo über sie entschieden werden sollte (vgl. Jer 31,15 ). Hier erst wurde der Prophet Gottes identifiziert und befreit ( Jer 40,4-5 ).

 

 

Jer 39,15-18

 

Während Jeremia auf den Untergang der Stadt gewartet hatte, hatte Gott ihm eine Botschaft für Ebed-Melech , den Mohren (vgl. Jer 38,7-13 ), gegeben. Gottes Worte gegen Jerusalem würden vor den Augen Ebed-Melechs erfüllt werden. Gott versprach, daß er Ebed-Melech erretten werde, wenn Jerusalem untergehe, so daß er nicht mit den anderen Oberen getötet werde (vgl. Jer 39,6; 52,10.24-27 ). Er werde entkommen, weil er Gott vertraut hatte, als er Jeremia half.