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Jeremia  Wallvoord für Youtube  
Verfasser: 
Charles H. Dyer
Jeremia Kp 29 & 30 & 31


 

3. Der Konflikt mit den falschen Propheten im Exil

( Jer 29 )

 

a. Jeremias erster Brief an die Weggeführten

( 29,1 - 23 )

 

(1) Die Einleitung ( Jer 29,1-3 )

 

 

Jer 29,1-3

 

Jeremia fügte nun die Worte des Briefes ein, den er an jene gesandt hatte, die von Jerusalem nach Babel weggeführt worden waren. Diese Wegführung hatte sich zugetragen, nachdem König Jechonja und die Königinmutter ihres Amtes enthoben worden waren (vgl. 2Kö 24,8-17;Jer 13,18; 22,24-27; Dan 1,1-2 ). Sie erfolgte im Jahre 597 V. Chr. Jeremia muß seinen Brief also nach diesem Zeitpunkt geschrieben haben.

 

 

Jer 29,4-9

 

(2) Eine lange Zeit der Gefangenschaft wird angekündigt ( Jer 29,4-14 )

 

Gott ließ den Weggeführten sagen, daß sie sich auf einen langen Aufenthalt in Babel einrichten sollten. Sie sollten Häuser bauen und darin wohnen. Sie sollten Gärten anpflanzen, um während dieser Zeit versorgt zu sein. Das Leben würde weitergehen wie gewohnt. Die Menschen sollten heiraten und Söhne und Töchter bekommen. Statt darauf zu hoffen, daß Babylon bald untergehen würde, sollten sie der Stadt Bestes (d. h. Frieden und Wohlstand für die Stadt) suchen. Jeremia sagte ihnen sogar, daß sie für Babel beten sollten! Die Propheten und Wahrsager (vgl. Jer 27,9 ), die eine baldige Rückkehr nach Juda vorhersagten, weissagten nur Lüge. Sie waren nicht von Gott gesandt.

 

 

Jer 29,10-14

 

Die Rückführung der Weggeführten nach Juda würde erst erfolgen, wenn Gottes siebzig Jahre des Gerichtes voll waren (vgl. Jer 25,11-12 ). Dann würde Gott sein gnädiges Wort erfüllen und die Weggeführten wieder in ihr Land bringen. Die siebzigjährige Gefangenschaft war ein Teil des Planes Gottes. Juda sollte wieder Zukunft und Hoffnung bekommen. Das Gericht würde die Weggeführten dazu bringen, Gott von ganzem Herzen zu suchen (vgl. Dan 9,2-3.15-19 ). Wenn sie wieder zu ihrem Gott umgekehrt wären, würde er sie aus allen Völkern, wohin sie verstoßen worden waren, wieder sammeln und in ihr Land zurückführen. Der eigentliche Zweck der Gefangenschaft war, Israel wieder zu seinem Gott zurückzubringen (vgl. 5Mo 30,1-10 ).

 

 

Jer 29,15-19

 

(3) Die Warnung gegen die falschen Propheten ( Jer 29,15-23 )

 

Die Menschen glaubten der Botschaft Jeremias nicht, weil er darin den falschen jüdischen Propheten in Babel widersprach. Diese Propheten versprachen offenbar die Sicherheit Jerusalems und die baldige Heimkehr der Weggeführten (vgl. Jer 28,2-4 ). Jeremia machte ihre optimistischen Voraussagen zunichte, indem er sagte, daß auf jene, die nicht in die Gefangenschaft geführt worden seien, Schwert, Hunger und Pest warteten (vgl. die Anmerkungen zu Jer 14,12 ). Er berichtete den Weggeführten von seiner Vision der beiden Feigenkörbe (vgl. Jer 24,1-2 ). Wer in Jerusalem zurückgeblieben war, war wie jene schlechten Feigen , die weggeworfen werden mußten. Gott würde sie dafür richten, daß sie seinen Worten der Warnung nicht gehorchen wollten (vgl. Jer 24,8-9 ). Leider hatten auch die Weggeführten sich geweigert, auf Gottes warnendes Wort zu hören.

 

Jer 29,20-23

 

Jeremia griff zwei Männer heraus, die offenbar zur Führungsschicht jener falschen Propheten in Babylon gehörten: Ahab, den Sohn Kolajas und Zedekia, den Sohn Maasejas . Über diese beiden Männer wissen wir nichts, außer daß sie offensichtlich Lügen weissagten (V. 21 ) und Ehebruch trieben mit den Frauen ihrer Nächsten (V. 23 ). Diese unverschämten Lügen und dieses sündige Tun sollten nicht unbestraft bleiben.

Gott würde diese falschen Propheten richten, indem er sie Nebukadnezar übergab. Offenbar sagten sie den Fall Nebukadnezars und Babylons voraus (vgl. Jer 28,2 ). Nebukadnezar würde diese verräterischen Aussagen hören. Er würde sie totschlagen lassen vor den Augen der Weggeführten, um diesen eine deutliche Lektion darüber zu erteilen, welche Gefahr ein Widerstand gegen ihn mit sich bringen würde. Sie würden getötet, indem sie im Feuer verbrannt ( qAlCh ; wörtl.: "rösten") würden, eine Form der Strafe, die in Babylon häufig angewandt wurde (vgl. Dan 3,6.11.15.17.19-23 ). Ihr Tod im Feuer würde der Ursprung eines Fluches sein, den die Weggeführten aussprechen würden. Dieser Fluch entstand vermutlich aufgrund eines Wortspieles, denn das Wort für "Fluch" ( q+=lAlCh ) ist dem für "rösten" ( qAlCh ) ähnlich.

 

 

b. Jeremias zweiter Brief an die Weggeführten

( 29,24 - 32 )

 

(2) Der Bericht über den Brief Schemajas nach Jerusalem ( Jer 29,24-29 )

 

 

Jer 29,24-29

 

Die Reihenfolge der Ereignisse ist hier nicht klar. Offenbar hatte ein anderer Prophet in Babylon, Schemaja, nach dem ersten Brief Jeremias an die Weggeführten (V. 1 - 23 ) an die Führer in Jerusalem geschrieben und sie aufgefordert, Jeremia zu bestrafen (V. 25 - 28 ). Dieser Brief wurde jedoch Jeremia vorgelesen (V. 29 ), der dann einen zweiten Brief an die Weggeführten schrieb. In diesem Brief zitierte er den Brief Schemajas (V. 24 - 28 ) und verkündete Gottes Gerichtswort gegen den falschen Propheten (V. 29 - 32 ).

Schemaja schickte unter seinem Namen Briefe an Zefanja, den Sohn Maasejas , der zum Priester bestellt worden war als Aufseher im Tempel. Dieser Zefanja war vielleicht sogar ein Bruder des falschen Propheten Zedekia, der sich in Babylon befand (vorausgesetzt, der Name Maaseja bezieht sich auf denselben Mann; vgl. V. 21 ). Schemaja forderte Zefanja als Aufseher des Tempelbezirkes auf, alle Wahnsinnigen und Weissager (hier meinte er Jeremia) in Block und Eisen zu legen (vgl. Jer 20,1-3 ). Schemaja war aufgebracht darüber, daß Zefanja Jeremia noch nicht dafür gestraft hatte, daß dieser sich als Prophet ausgegeben hatte. Als Beweis dafür, daß Jeremia bestraft werden müsse, zitierte er den Inhalt des ersten Briefes Jeremias an die Weggeführten in Babylon. Aber statt nun Jeremia anzugreifen, las Zefanja ihm den Brief Schemajas vor. Offenbar hatte Zefanja zu diesem Zeitpunkt Jeremias Autorität als Prophet erkannt. Später befragte er Jeremia zweimal im Auftrag König Zedekias (vgl. Jer 21,1; 37,3 ). Zefanja wurde nach dem Untergang Jerusalems gefangengenommen und durch Nebukadnezar getötet ( Jer 52,24-27 ).

 

 

Jer 29,30-32

 

(2) Die Verurteilung von Schemaja ( Jer 29,30-32 )

 

Auf Gottes Anordnung hin schickte Jeremia eine zweite Botschaft an die Weggeführten (vgl. V. 1 ). Dieser Brief enthielt auch das Gerichtsurteil des Herrn über Schemaja, der ja behauptet hatte, sein Prophet zu sein. Gott würde Schemaja samt seinen Nachkommen bestrafen. Weder er noch seine Familie würden am Leben bleiben und das Gute sehen, das Gott seinem Volk tun wollte. Dieses "Gute" wird in Kapitel 30 - 33 näher erklärt. Schemaja aber hatte sein Recht, an diesen Segnungen teilzuhaben, verwirkt, weil er die Menschen in Jerusalem aufgefordert hatte, gegen Jeremia vorzugehen. Er hatte sie mit seiner Rede vom HERRN abgewendet.

 

C. Der zukünftige Trost für Israel und Juda

( Jer 30-33 )

 

Gott hatte Juda das Gericht angedroht, weil es ungehorsam war, aber das Volk wollte seine Wege nicht ändern. Nun war alles vorbereitet für den letzten Akt der Geschichte Judas als Volk. Aber bevor diese traurige Szene des Leides ausgebreitet wurde, fügte Jeremia "das Buch des Trostes" ein, eine Sammlung von Weissagungen, die Hoffnung in Zeiten der Verzweiflung verkündeten. Diese Weissagungen schauten weit über Judas bevorstehenden Zusammenbruch hinaus und wiesen hin auf ein neues Zeitalter, in dem Israel und Juda wieder als Volk in ihr Land und zu ihrem Gott zurückkehren würden.

 

 

1. Die Wiederherstellung Israels und Judas wird verkündigt

( Jer 30-31 )

 

a. Die physische Befreiung des Volkes

( 30,1 - 11 )

 

(1) Das Volk wird in sein Land zurückkehren ( Jer 30,1-3 )

 

 

Jer 30,1-3

 

Der Herr sagte Jeremia, daß er seine Verheißungen des Trostes in ein Buch schreiben solle, damit sie die Weggeführten nach dem Fall Jerusalems lesen könnten. Dieses Buch sollte die Hoffnung verkünden, daß die Zeit (wörtlich: "die Tage") käme, da Gott sein Volk wieder in das Land bringen würde. Es ist bedeutsam, daß Jeremia von "den Tagen" sprach, denn er beschrieb damit zwei verschiedene Zeitperioden. Der erste "Tag", auf den Jeremia hinwies, war ein Tag der Zerstörung, an dem Gott Juda für seine Sünde richten würde (vgl. Jer 5,18; Jer 7,32; Jer 9,25; Jer 19,6 ). Dieser Tag hatte sich erfüllt, als Juda von Babylon erobert wurde. Mit dem zweiten "Tag" jedoch, von dem Jeremia sprach, war die Zeit der Wiederherstellung gemeint, in der Gott mit den Völkern Judas und Israels eine neue Beziehung eingehen und mit den heidnischen Völkern abrechnen würde (vgl. Jer 3,16.18; 16,14; 23,5.7.20; 30,3.24; 31,27.29.31.33.38; 33,14-16; 48,12.47; 49,2.39; 50,4.20; 51,47.52 ). Dieser "Tag" hat eine eschatologische Dimension.

Es ist der Tag, an dem Gott die Verheißung der Wiederherstellung erfüllen wird, die er in 5Mo 30,1-10 gegeben hat. Wie bei allen prophetischen Verkündigungen muß natürlich auch hier das Prinzip der "Verkürzung" beachtet werden. Obwohl Jeremia alle seine Weissagungen als eine kontinuierliche Folge von Ereignissen betrachtete, wurden sie über einen langen Zeitraum hin erfüllt und immer wieder durch bestimmte Zeitintervalle unterbrochen. So finden wir z. B. Weissagungen über den leidenden und den herrschenden Messias nebeneinander, obwohl sie sich auf zwei verschiedene Ereignisse beziehen (vgl. z. B. Jes 9,5-6; 61,1-2 ). Ebenso folgt die Beschreibung der Wiederherstellung Judas nach der babylonischen Gefangenschaft und die der noch in der Zukunft liegenden Wiederherstellung Judas an einigen Stellen unmittelbar aufeinander. Bei der Auslegung dieser Stellen, an denen Jeremia über "die kommenden Tage" spricht, sollte man also sehr behutsam vorgehen.

Gottes erste Verheißung war, das Volk von Israel und Juda aus der Gefangenschaft zurückzubringen . Gott versprach, es in das Land zu führen, das er ihm gegeben hatte (vgl. 5Mo 30,3-5 ). Die Verheißung der Wiederherstellung sowohl des Nordreiches als auch des Südreiches, die dieses Kapitel einleitet, sollte jenen Hoffnung geben, die schon bald aus ihrem Land weggeführt würden.

 

 

Jer 30,4-7

 

(2) Das Unglück des Volkes ( Jer 30,4-7 )

 

Vor der Rückkehr der Bewohner von Israel und Juda in ihr Land würde es eine Zeit der Not für das ganze Volk geben. Ein Geschrei des Schreckens würde man unter den Gefangenen hören, nicht Jubelrufe über den Frieden. Jeremia verglich die verzweifelte Not der Menschen mit der von Frauen in Kindsnöten (vgl. Jer 4,31; 6,24; 13,21; 22,23; 49,24; 50,43 ). Dieser kommende Tag würde so schrecklich sein, daß seinesgleichen nicht gewesen wäre. Jeremia nannte diese Zeit eine Zeit der Angst . Und doch würde nicht alles verloren sein, denn Gott versprach, daß dem Volk daraus geholfen würde. Gott würde sein Volk aus der Mitte seiner Not heraus befreien.

Von welcher "Zeit der Angst" sprach Jeremia hier? Manche Ausleger beziehen dies auf die bevorstehende Eroberung Judas durch die Babylonier oder auf die spätere Eroberung Babylons durch das Medo-Persische Reich. In beiden Fällen aber war das Nordreich Israel nicht betroffen. Es war ja bereits in die Gefangenschaft geführt worden (722 V. Chr.). Viel wahrscheinlicher ist, daß Jeremia hier von der noch nie dagewesenen Trübsal sprach, die der Überrest Israels und Judas in Zukunft erleben würde ( Dan 9,27;12,1; Mt 24,15-22 ). Diese Zeit der Trübsal wird erst dann enden, wenn Christus wiederkommt, um seine Auserwählten zu sammeln ( Röm 11,26 ) und sein Königreich zu errichten ( Mt 24,30-31; 25,31-46; Offb 19,11-21; 20,4-6 ).

 

 

Jer 30,8-9

 

(3) Die Befreiung durch den Herrn ( Jer 30,8-11 )

 

Wenn Gott erscheint, um das Volk zu befreien, dann wird er das Joch der Knechtschaft zerbrechen, das er auf seinen Nacken gelegt hat. Diese Befreiung kam nicht zu jenem Zeitpunkt, den die falschen Propheten genannt hatten (vgl. Jer 28,2.10-11.14 ). Aber sie wird kommen ( zu dieser Zeit ). Das Volk wird dann wieder dem Herrn dienen, nicht fremden Mächten. Die Menschen werden sich der Autorität König Davids unterwerfen, den Gott ihnen erwecken wird. Viele Ausleger sehen darin einen Hinweis auf Christus, der ja aus der Linie Davids stammt. Allerdings könnte dieser Hinweis Jeremias auch durchaus wörtlich gemeint sein (vgl. die Anmerkungen zu Hes 34,23-24 ). Auch an anderen Stellen, die von einer zukünftigen Wiederherstellung eines vereinten Israel sprechen, wird der Name David genannt (vgl. Hes 34,23-24;37,24-25; Hos 3,5 ).

 

 

Jer 30,10-11

 

Gottes Verheißung der Wiederherstellung sollte Israel Hoffnung geben. Israel sollte sich nicht fürchten und sich nicht entsetzen, denn Gott versprach, es zu erretten aus fernen Landen . Kein Land würde für Gott zu weit entfernt sein, als daß er sein Volk nicht erreichen und es retten könnte. Wenn er es in sein Land zurückbrachte, dann würde es Frieden und Sicherheit haben, wie es sie zur Zeit Jeremias nicht gab (vgl. Jer 8,11 ). Gott würde mit allen Völkern ein Ende machen , unter die Israel und Juda zerstreut waren. Zwar würde er Israel und Juda züchtigen, aber, so versprach er, er würde mit ihnen kein Ende machen. Jedes seiner Gerichte würde mit Maßen ausgeführt werden (vgl. Jer 10,24; 46,28 ), so daß Gottes Bestrafung für sein auserwähltes Volk nicht allzu hart sein würde.

 

b. Die geistliche Heilung des Volkes

( 30,12 - 17 )

 

(1) Israels Sünde verursachte ihm Wunden ( Jer 30,12-15 )

 

 

Jer 30,12-15

 

Israels Zustand war kritisch. Seine Wunden schienen unheilbar zu sein (vgl. die Anmerkungen zu Jer 6,14 ), und es gab niemanden, der es heilen konnte. Die Liebhaber , auf die das Volk solch große Hoffnung gesetzt hatte, hatten es vergessen. Selbst Gott hatte es geschlagen wie einen Feind und wegen seiner Schuld bestraft.

 

 

Jer 30,16-17

 

(2) Gott wird Israels Wunden heilen ( Jer 30,16-17 )

 

Israels Zustand erschien hoffnungslos. Aber Gott versprach, dieses Unheil zu wenden. Diejenigen, die das Volk beraubten, sollten selbst von Gott beraubt werden. Er würde die Feinde Israels gefangen wegführen und jene plündern, die Israel geplündert hatten. Zugleich versprach Gott, Israel wieder geistliche Gesundheit zu bringen. Er würde sich für sein Volk (" die Verstoßene ") einsetzen.

 

c. Der materielle Segen des Volkes

( 30,18 - 22 )

 

Jer 30,18-22

 

Was wird also nach der Wiederkunft Christi geschehen? Gottes Eingreifen wird zu einer physischen Erneuerung führen. (Daß das Geschick Judas gewendet wird, finden wir auch in Jer 32,44; 33,11.26 ; vgl. 5Mo 30,3 .) Die Stadt Jerusalem soll wieder auf ihre Hügel gebaut werden , wozu auch die Burg des Königs zählt. Der Lob- und Freudengesang , der durch Babylon zum Verstummen gebracht worden war (vgl. Jer 7,34; 16,19; 25,10 ), wird wieder in der Stadt zu hören sein, und Gott wird Juda zahlenmäßig wachsen lassen (vgl. 5Mo 30,5 ). Das Volk wird sicher und vor Gott fest gegründet sein, und er wird jeden heimsuchen, der versucht, es zu bedrängen.

Der Fürst von Israel wird wieder aus der Mitte des Volkes kommen, statt aus dem Ausland zu stammen (vgl. Jer 30,9 ). Dieser Herrscher soll Gott nahen, wenn er ihn in seinen Dienst nimmt. Erst dann, wenn die Stadt, ihre Einwohner und ihr Fürst von Gott wiederhergestellt sein werden, wird Israel wirklich Gottes Volk und er Israels Gott sein. Von diesem idealen Verhältnis zwischen Israel und seinem Gott wird an vielen Stellen des Alten Testaments gesprochen (vgl. 3Mo 26,12; 5Mo 7,6; 26,16-19; Jer 7,23; 11,4; 24,7; 31,1.33; Hes 11,20; 14,11; 34,30; 36,28; 37,23.27; Hos 2,25; Sach 8,8; 13,9 ). Israel wird dann die Beziehung zu Gott haben, die Gott immer gewollt hat.

 

 

d. Das Gericht über die Gottlosen

( 30,23 - 31,1 )

 

Jer 30,23-24

 

Jeremia wiederholte noch einmal mit kleineren Veränderungen die Worte aus Jer 23,19-20 .Bevor Gottes Segen erlebt werden konnte, mußte Gott die Sünde richten. Sein Grimm würde über den Gottlosen niedergehen . Auch wenn diese Worte sich in Jer 23,19-20 auf die falschen Propheten beziehen, könnte es sein, daß Jeremia sie hier benutzte, um von Gottes Gericht über die gottlosen Völker zu sprechen, die Israel feindlich gegenüberstanden (vgl. Jer30,16-20 ). Gottes grimmiger Zorn , der über Juda ausgegossen worden war, würde nicht ablassen , bis er auch die anderen Völker der Erde erfaßt hatte.

 

 

Jer 31,1

 

Dieser Vers darf nicht von der Aussage in Jer 30,23-24 getrennt werden. Er erklärt die Ergebnisse des Gerichtes Gottes über die Erde, dient aber auch als Einleitung für den nun folgenden Abschnitt über die nationale Erneuerung. Gott verhieß, daß er Israel zu sich zurückbringen werde, wenn er die Welt für ihre Sünden richtete. Die Menschen aller Geschlechter Israels , nicht nur der Stamm Juda, würden dann Gottes Volk sein (vgl. Jer 30,22 ).

 

 

e. Gott erneuert das Volk

( 31,2 - 40 )

 

(1) Die nationale Erneuerung Israels ( Jer 31,2-22 )

 

 

Jer 31,2-6

 

Gott verhieß dem Nordreich, daß er es wiederherstellen werde. Diejenigen, die das Schwert (vermutlich die assyrische Zerstörung Israels) überlebt hatten, würden nun Gottes Gnade erfahren, wenn er sie zu einem neuen Exodus in die Wüste führte (vgl. Jer 16,14-15; Jer 23,7-8; Hos 2,16-17 ). Das Leid der langen Jahre ihrer Gefangenschaft würde enden, wenn Gott eingriff und dem Volk Israel Ruhe gab.

Der Grund für Gottes Plan, dereinst sein Volk wiederherzustellen, waren seine ewige Liebe ( ?ahXBCh ), die er seinem Volk reichlich zuteil werden ließ (vgl. Hos 11,4; 14,1; Zeph 3,17 ), und seine liebevolle Güte ( HeseD ; vgl. Jer 9,23; 32,18; Kl 3,32; Dan 9,4 ). Gott hatte mit Abraham ( 1Mo 15,7-21 ) und dann mit dem ganzen Volk Israel ( 2Mo 19,3-8; 3Mo 26; 5Mo 28,1-30,10 ) einen Bund geschlossen, und er versprach, seinen Zusagen treu zu bleiben. Israel würde Gottes Segen erleben.

Drei Bilder zeichnete Jeremia mit seinen Worten, um die Wiederherstellung Israels zu beschreiben. Erstens würde dies eine Zeit der erneuerten Freude sein. Israel würde wieder seine Tamburine schlagen und herausgehen zum Tanz . Die Zeit der Trauer würde enden, wenn die Gefangenschaft endete (vgl. Ps 137,1-4; Jer 16,8-9; Jer 25,10-11 ). Zweitens würde es eine Zeit des Friedens und Wohlstandes sein, wenn die Menschen ihre Weinberge an den Bergen Samarias pflanzen würden. Ohne äußere Bedrohungen würden sie ihre Früchte genießen können (vgl. 3Mo 26,16; 5Mo 28,33; Mi 4,4; Sach 3,9-10 ). Drittens würde es eine Zeit der erneuerten Hingabe an den Herrn sein. Die Wächter auf dem Gebirge Ephraim würden die Menschen aufrufen, hinaufzuziehen nach Zion, um dem Herrn zu dienen.

 

 

Jer 31,7-9

 

Gottes Wiederherstellung Israels wird von Liedern der Freude und des Lobes wegen seiner Befreiung begleitet sein. Niemand wird zu weit entfernt sein, als daß der Herr ihn nicht wiederbringen könnte. Gott wird sein Volk sammeln von den Enden der Erde . Niemand wird für den Herrn zu unbedeutend sein. Gott wird auch Blinde und Lahme, Schwangere und junge Mütter wiederbringen. Wenn Gott diese Menschen in einem neuen Exodus nach Israel führt, dann wird er für alle ihre Bedürfnisse sorgen. Er wird die Menschen zu Wasserbächen führen (vgl. 2Mo 15,22-25; 4Mo 20,2-13; Ps 23,2 ), und sie werden auf ebenem Wege gehen, so daß sie nicht zu Fall kommen . Gott wird all dies tun, weil er ein besonderes Verhältnis zu Israel hat. Er ist Israels Vater ( 5Mo 32,6 ), und Ephraim (hiermit sind vor allem die nördlichen Stämme Israels gemeint) ist sein erstgeborener Sohn (vgl. 2Mo 4,22 ). Das Bild des Vater-Sohn-Verhältnisses soll Gottes tiefe Liebe zu seinem Volk zeigen (vgl. Hos 11,1.8 ).

 

 

Jer 31,10-14

 

Israels Sammlung (wie die einer Schafherde; vgl. Jer 23,3; Mi 2,12; 5,4; 7,14 ) wird von einer Erneuerung der materiellen Segnungen Gottes begleitet sein. Die in das Land Zurückgeführten werden sich freuen über die Fülle der Ernte (vgl. Jer 31,5 ) und der Herden. Israels materieller Reichtum wird mit einem gut bewässerten Garten verglichen, der eine Fülle von Früchten hervorbringt (vgl. 5Mo 30,5.9 ). Diese Ausgießung des Segens wird Freude bringen und die Menschen trösten (vgl. Jer 31,4.7 ).

 

 

Jer 31,15-20

 

Die Zukunftshoffnung des Volkes stand in krassem Gegensatz zu seiner damaligen Not. Aus Rama ertönte Klagegeschrei und bitteres Weinen . Jeremia sah Rahel weinen über ihre Kinder . Was wollte Jeremia mit diesem Bild aussagen? Rama war eine Stadt, die etwa acht Kilometer nördlich von Jerusalem lag, und Rahel war die Mutter Josefs und Benjamins. Josef wiederum war der Vater von Benjamin und Manasse, den beiden wichtigsten Stämmen des Nordreiches Israel. Jeremia sprach also vom Weinen der Frauen im Nordreich, die zusehen mußten, wie ihre Kinder im Jahre 722 V. Chr. in die Gefangenschaft geführt wurden. Jeremia könnte jedoch auch die Wegführung Judas im Jahre 586 V. Chr. im Auge gehabt haben, denn Rama war der Ausgangspunkt für die Deportation durch Nebukadnezar (vgl. Jer 40,1 ). Sehr wahrscheinlich weinten diese Frauen, weil sie ihre Kinder niemals wiedersehen würden. Aber während sie noch über ihre weggeführten Kinder klagten, schenkte Gott ihnen ein Wort des Trostes. Es gab ihnen Hoffnung für ihre Zukunft, denn ihre Söhne würden wieder in ihre Heimat kommen . Gott würde dies veranlassen.

War die Ermordung der kleinen Kinder durch Herodes ( Mt 2,17-18 ) eine "Erfüllung" von Jer 31,15 ? Jeremia sprach von einer alttestamentlichen Wegführung von Kindern aus einer Stadt nördlich von Jerusalem. Matthäus nun benutzte diese Stelle, um die neutestamentliche Ermordung von Kindern in einer Stadt südlich von Jerusalem zu erläutern. Die Antwort auf diese Frage hängt mit dem Gebrauch des Wortes "erfüllt" ( plEroO ) zusammen. Matthäus benutzte dieses Wort zwar auch, um tatsächliche Erfüllungen einer alttestamentlichen Weissagung zu benennen (vgl. z. B. Mt 21,4-5 mit Sach 9,9 ), aber er verstand es auch in dem Sinne, daß das volle Maß von etwas erreicht war, das im Alten Testament bereits vorgezeichnet worden war (vgl. Mt 3,15; 5,17 ). In diesem letzteren Sinne besitzt das Wort "erfüllt" keine prophetische Bedeutung. Matthäus benutzte es in diesem Sinne, um den Mord in Bethlehem mit der Trauer in Rama zu verknüpfen. Durch Jer 31,15 wollte er die Traurigkeit der Mütter von Bethlehem deutlich machen. Der Schmerz jener Mütter von Rama, die zusehen mußten, wie ihre Söhne in die Gefangenschaft geführt wurden, erreichte sein volles Maß in den Schreien der Mütter von Bethlehem, die in ihren Armen die leblosen Körper ihrer kleinen Kinder hielten.

Jeremia beendete diesen Abschnitt mit einem Seufzer der Buße, den Israel bei seiner Rückkehr in sein Land ausstoßen würde. Israel war abgewichen, aber es würde umkehren ( Jer 31,19 ). Wenn es zu Gott zurückkehrte, würde es zuschanden und schamrot sein wegen seiner Sünde. Gott aber würde seine große Güte gegen das abtrünnige, aber nun umgekehrte Volk zeigen (vgl. Hos 2,16-23 ).

 

 

Jer 31,21-22

 

Gott rief die Gefangenen auf, während ihres Zuges nach Babylon überall Wegzeichen und Steinmale aufzurichten und sich die Straße zu merken, auf der sie gingen. Diese Informationen würden sie brauchen, wenn er sie befreite, damit sie wieder zu diesen Städten zurückkehren könnten. Diese Zeit der verheißenen Wiederbringung würde eine so große Bedeutung haben, daß es wäre, als würde Gott ein Neues im Lande schaffen . Dieses Neue wird sprichwörtlich ausgedrückt durch den Satz: Das Weib wird den Mann umgeben . Dies ist vermutlich der schwierigste Vers im ganzen Buch Jeremia. Eine der möglichen Erklärungen ist, daß eine Frau einen Mann suchen, um ihn werben würde. In jener Kultur war es undenkbar, daß eine Frau um einen Mann warb. Dies bedeutete also etwas äußerst Ungewöhnliches. Mit der Frau war Israel gemeint (V. 21 ). Sie war abtrünnig gewesen, aber in Zukunft würde sie ihren Gott suchen und darum bitten, mit ihm vereint zu sein.

 

 

Jer 31,23-26

 

(2) Die nationale Wiederherstellung Judas ( Jer 31,23-26 )

 

Wenn Gott das Volk Israel wiederherstellt, wird er auch das Geschick Judas wenden. Die Menschen, die im Lande Juda wohnen, werden wieder Gottes Segen über Jerusalem (Gottes Wohnung der Gerechtigkeit ) und das Tempelgebiet (hier heiliger Berg genannt; vgl. Ps 2,6; 43,3; Jes 66,20 ) erbitten. Das Land selbst wird wieder bevölkert werden, und Gott wird allen Mangel ausgleichen.

 

 

Jer 31,27-30

 

(3) Die Errichtung eines neuen Verhältnisses zu Israel und Juda ( Jer 31,27-40 )

 

Der Rest dieses Kapitels handelt von einer neuen Beziehung, die Gott zu seinem Volk herstellen wird. Jeremia benutzte für jeden der drei Abschnitte, die zusammen eine Einheit bilden, den gleichen hebräischen Ausdruck. Jeder Abschnitt beginnt mit hinnEh yAmIm bA?Im (wörtl.: "Siehe, Tage kommen", V. 27.31.38 ; vgl. die Anmerkungen zu Jer 33,14 ). Beim dritten Mal fehlt das Wort "kommen", aber Jeremia erwartete offensichtlich, daß der Leser es voraussetzte. Drei Aspekte des neuen Verhältnisses zwischen dem Herrn und seinem Volk werden in diesen drei Abschnitten deutlich.

 

Gott wird für sein Bundesvolk einen neuen Auftrag schaffen. In diesem neuen Zeitalter wird Gott die Völker von Israel und Juda besäen mit Menschen und mit Vieh . Wieder benutzte Jeremia Bilder aus der Landwirtschaft und vom Häuserbauen, um Gottes Werk deutlich zu machen (vgl. die Anmerkungen zu Jer 1,10 ). Gott hatte Juda für seine Sünde gerichtet. Aber nun würde er dieses Gericht umkehren.

Dieses Handeln Gottes an seinem Volk würde ein Sprichwort widerlegen, das in den Tagen Jeremias sehr bekannt war (vgl. die Anmerkungen zu Hes 18,2-4 ). Diejenigen, die sich in Jeremias Tagen dem Gericht Gottes gegenübersahen, meinten, daß sie ungerechtfertigterweise für die Sünden ihrer Vorväter bestraft würden. Die Väter hatten saure Trauben gegessen , aber die Kinder mußten die Folgen tragen; ihre Zähne waren stumpf geworden . Dieses Sprichwort war falsch, denn es stellte Gott als ungerecht dar. Gottes Gerechtigkeit würde dafür sorgen, daß jeder Schuldige nur um seiner Schuld willen sterben würde.

 

 

Jer 31,31-37

 

Neben dem neuen Anfang versprach Gott, einen neuen Bund mit seinem Volk zu schließen. Dieser neue Bund galt ausdrücklich für das Haus Israel (das Nordreich) und das Haus Juda (das Südreich). Er würde nicht wie der Bund sein, den Gott mit den Vätern Israels bei deren Auszug aus Ägypten geschlossen hatte, denn diesen Bund hatten die Menschen gebrochen (vgl. Jer 11,1-8 ). Der frühere Bund, auf den Gott sich bezog, war der mosaische Bund, der in 2. bis 5.Mose beschrieben wird. Zweimal hatte Gott darin eine Reihe von Bestrafungen oder "Flüchen" genannt, die über jene kommen würden, die dieses Gesetz brachen ( 3Mo 26; 5Mo 28 ). Das letzte der Gerichte würde eine physische Wegführung aus dem Land Israel sein. Mit der Zerstörung Jerusalems im Jahre 586 V. Chr. hatte sich dieser letzte "Fluch" erfüllt. Gott hatte den Menschen einen heiligen Maßstab für ihr Verhalten gegeben, aber wegen ihrer sündigen Herzen konnten sie diesem Maßstab nicht gerecht werden. Eine Veränderung war notwendig.

Gottes neuer Bund würde zu einer Verinnerlichung seines Gesetzes führen. Er würde sein Gesetz in ihr Herz und in ihren Sinn schreiben , nicht nur auf steinerne Tafeln ( 2Mo 34,1 ). Es würde dann nicht mehr nötig sein, die Menschen zu ermahnen, den Herrn zu erkennen, denn sie würden ihn alle erkennen (vgl. Jes 11,9; Hab 2,14 ). Gottes neuer Bund würde Israel die innere Fähigkeit geben, seinem Maßstab der Gerechtigkeit zu entsprechen und so seinen Segen zu erfahren. Hesekiel zeigte, daß diese Veränderung dadurch zustandekommen würde, daß Gott seinen Heiligen Geist über jene Gläubigen brachte (vgl. Hes 36,24-32 ). Zur Zeit des Alten Testamentes wohnte der Heilige Geist nicht in allen Gläubigen. Ein entscheidender Aspekt des Neuen Bundes sollte also die Innewohnung des Heiligen Geistes in allen Gläubigen sein (vgl. Joe 2,28-32 ).

Ein zweiter Aspekt des neuen Bundes würde Gottes Umgang mit der Sünde sein. Die Sünden der Menschen führten zu den Flüchen des Alten Bundes. Ein Bestandteil des Neuen Bundes dagegen sollte sein, daß Gott den Israeliten ihre Missetat vergeben und an ihre Sünde nimmermehr gedenken würde. Wie aber konnte ein heiliger Gott über die Sünde hinwegsehen? Die Antwort darauf lautet, daß Gott die Sünde nicht "übersah" - die Strafe für die Sünde wurde vielmehr durch einen

Stellvertreter bezahlt (vgl. Jes 53,4-6 ). Bei der Einsetzung des Abendmahles verkündete Jesus, daß der neue Bund durch das Vergießen seines Blutes eingesetzt werde (vgl. Mt 26,27-28; Lk 22,20 ). Die Vergebung der Sünde war nur deshalb ein Teil des neuen Bundes, weil Gott einen Stellvertreter schickte, der die Strafe für die Sünde der Menschen trug.

Um die Beständigkeit Israels aufgrund des neuen Bundes zu unterstreichen, verglich Jeremia dessen Existenz mit der des Himmels und der Erde. So wie Gott die Sonne eingesetzt hatte, um am Tage zu scheinen, und den Mond und die Sterne der Nacht gegeben hatte (vgl. 1Mo 1,14-19 ), so hatte er Israel zu seinem auserwählten Volk berufen. Um Israel dazu zu bringen, aufzuhören, ein Volk zu sein vor Gott, wäre eine Kraftanstrengung nötig, als wollte man diese Ordnungen der Natur ins Wanken bringen. Die gleiche Macht, durch die Gott das Universum schuf, hat auch Israel als Volk erhalten. Während der gesamten Geschichte haben Menschen vergeblich versucht, Israel zu zerstören. Aber es ist ihnen nicht gelungen - und wird ihnen nie gelingen.

Welchen Platz hat die Gemeinde in diesem neuen Bund? Ist dieser Bund heute in der Gemeinde erfüllt? Der neue Bund wird seine letzte Erfüllung während des Tausendjährigen Reiches finden, wenn Israel zu seinem Gott zurückkehren wird. Der neue Bund wurde ebenso mit Israel geschlossen ( Jer 31,31.33 ) wie der mosaische Bund (V. 32 ). Eines der Schlüsselelemente dieses neuen Bundes ist die Bewahrung Israels als Volk (V. 35 - 37 ). Aber wenn auch die letzte Erfüllung dieses Bundes noch auf die Errichtung der tausendjährigen Herrschaft Christi wartet, hat doch die Gemeinde bereits heute an einigen Segnungen dieses Bundes teil. Dieser Bund wurde durch den Tod Christi eingesetzt ( Mt 26,27-28; Lk 22,20 ), und die Gemeinde nimmt durch ihre Einheit mit Christus an vielen der Segnungen teil, die Israel versprochen worden sind (vgl. Röm 11,11-27; Eph 2,11-22 ). Sie gehört in diesen neuen Bund hinein ( 2Kor 3,6; Hebr 8,6-13; 9,15; 15,22-24 ). Aber wenn auch die Gemeinde am neuen Bund teilhat, so bedeutet dies noch nicht die eigentliche Erfüllung der Verheißungen Gottes. Obwohl die Gläubigen heute die geistlichen Segnungen des neuen Bundes erfahren (Vergebung der Sünden und Innewohnung des Heiligen Geistes), heißt dies nicht , daß Israel nicht eines Tages die geistlichen und die physischen Segnungen erfahren wird. Vorher muß jedoch der Tag kommen, an dem Israel seine Sünde erkennen, zum Messias umkehren und bei ihm Vergebung suchen wird ( Sach 12,10-13,1 ). Einige Ausleger vertreten eine etwas andere Auffassung. Sie sehen einen Bund (den Bund der Gnade), den Gott im Tausendjährigen Reich auf Israel anwenden wird und der heute für die Gemeinde gilt. In beiden Fällen wurde der neue Bund durch das Blut Christi möglich gemacht.

 

 

Jer 31,38-40

 

Der dritte Aspekt des neuen Verhältnisses zu Gott sollte die Errichtung einer neuen Stadt für sein Volk sein. Jerusalem, die Stadt, die Gottes Verhältnis zu seinem Volk symbolisierte, wurde durch Babylon zerstört. Aber noch vor diesem Ereignis verhieß Gott, daß die Stadt wieder aufgebaut werden würde. Der Turm Hananel war die nordöstliche Ecke der Stadt (vgl. Neh 3,1; 12,39; Sach 14,10 ), während das Ecktor vermutlich im Nordwesten zu finden war (vgl. 2Kö 14,13; 2Chr 26,9; Sach 14,10 ). Die Nordmauer würde also wieder aufgerichtet werden. Wo der Hügel Gareb und Goa zu suchen sind, ist unbekannt. Aber da Jer 31,38 die nördliche Grenze und Vers 40 die südliche und östliche Grenze beschreibt, könnten Gareb und Goa Eckpunkte der westlichen Grenze der Stadt gewesen sein. Vielleicht bezieht sich "Gareb" auf den Hügel im Westen des Tyropeon-Tales, der heute als Berg Zion bekannt ist. Die südwestliche und südliche Grenze wird das Tal sein, in das Leichen und Asche geworfen wurden. Diese Grenze würde sich bis zu der Ecke am Roßtor im südöstlichen Winkel der Stadt hinziehen, wo das Kidrontal und das Tal Hinnom zusammenliefen.

Zwei charakteristische Eigenschaften der neuen Stadt nannte Gott. Erstens würde sie dem HERRN heilig sein (vgl. Sach 14,20-21 ). Die Stadt und ihre Einwohner würden Gott gehören, der in ihrer Mitte wohnte ( Hes 48,35 ). Zweitens würde sie nie wieder eingerissen und abgebrochen werden. In dieser neuen Stadt würden Krieg und Elend keinen Platz haben. Diese Verse haben sich nicht erfüllt, als die babylonische Gefangenschaft zu Ende ging. Die nachexilische Zeit ließ sehr deutlich erkennen, daß Heiligkeit nicht das Hauptmerkmal der Menschen in Jerusalem und Juda war (vgl. Mal 1,6-14 ), und so wurde die Stadt im Jahre 70 n. Chr. erneut zerstört, diesmal von den Römern. Die Verheißungen in Jer 31,31-40 werden erst im Tausendjährigen Reich ihre Erfüllung finden.