Jesaja Kapitel 1 zusammenfassen:
Jesaja Kapitel 4 zusammenfassen:
Jes 1,1
Jesajas Weissagungen zentrieren sich
auf Juda und Jerusalem. Sein Buch wird eine Offenbarung genannt, was
bedeutet, daß der Prophet etwas geistig und geistlich "geschaut" hat
(vgl. Jes 2,1 ) und daß er gehört hat, wie Gott zu ihm spricht. Dieses
Wort "Offenbarung" (andere übersetzen "Vision" oder "Schau") leitet auch
die Weissagungen von Obadja, Micha und Nahum ein.
Jesaja kannte die Stadt Jerusalem,
ihren Tempel und den königlichen Hof. Zu seiner Zeit waren die letzten
Jahre des Nordreiches (Israel) angebrochen. Das Nordreich fiel 722 v.
Chr. an die Assyrer, die damals versuchten, das gesamte
syrisch-palästinensische Gebiet zu erobern. Jesaja schrieb an das
Südreich, das etwas mehr als 100 Jahre später (586 v. Chr.) in die Hand
des babylonischen Weltreiches fallen wird.
Zu Jesaja, Sohn des Amoz , und der
Zeit des Dienstes von Jesaja (in der Regierungszeit von Usija, Jotam,
Ahas und Hiskia ) vgl. "Autor und Entstehungszeit" in der Einführung .
2. Der Rechtshandel des Herrn gegen
das Volk
( 1,2 - 31 )
Diese Verse stehen in der Form eines
Bündnis-Gerichtsverfahrens gegen Juda. Im Grunde sind sie eine Art
Mikrokosmos der Kapitel Jes 1-39 . Der Herr klagt sein Bundesvolk durch
seinen Boten Jesaja an, den mosaischen Bund gebrochen zu haben, und
bietet all jenen völlige Vergebung an, die umkehren. Wer jedoch
weiterhin gegen Gott rebelliert, wird das Gericht erleben.
In Jes6,9-13 zeigt Gott Jesaja allerdings, daß der größte Teil des
Volkes nicht umkehren wird.
a. Der Herr beschuldigt sein Volk,
den Bund gebrochen zu haben
( 1,2 - 9 )
Jes 1,2 a
Jesaja, der hier für den Herrn
spricht, ruft Himmel und Erde auf, die folgenden Anschuldigungen gegen
sein Volk zu hören. Diese Anrufung von Himmel und Erde soll dem Volk
zeigen, daß die gesamte Schöpfung mit dem übereinstimmen wird, was Gott
zu sagen hat.
Jes 1,2-3 (Jes 1,2b-3)
Bei dieser Art von
Gerichtsverhandlung macht der Ankläger zunächst seine eigene Unschuld an
der ganzen Sache deutlich. Der Herr tut dies wie ein Elternteil, indem
er zeigt, daß sich seine Kinder (Juda, vgl. V. 4 ) gegen ihn, der an
dieser Sache unschuldig ist, aufgelehnt haben. Das hebräische Wort, das
mit "abgefallen" wiedergegeben wird ( pASaZ ), wurde gewöhnlich in
Verträgen benutzt, um den Abfall eines Vasallen-Staates von der Nation,
mit der dieser Vertrag geschlossen wurde, zu bezeichnen. P ASaZ wird
noch einmal in Jes 66,24 ,dem Schlußvers des Buches, benutzt.
Selbst Tiere kennen ihren Herrn, aber
das Volk Israel kennt und versteht seinen Gott, seinen Herrn, nicht.
(Das Wort "Israel", das sich oft auf das Nordreich bezieht, wird
manchmal - wie hier - für das gesamte Volk der 12 Stämme, zu dem dann
auch Juda gehört, benutzt.) Ein Ochse ist außergewöhnlich unterwürfig,
ein Esel war schon in biblischer Zeit für seine Dummheit bekannt. Die
Aussage, daß Israel noch unwissender als diese Haustiere sei, war also
eine deutliche Betonung seiner Dummheit. Diese Tiere kannten ihre Herren
und die, die für sie sorgten ( Krippe ist das Wort für den Futtertrog
der Tiere), besser als Gottes Volk seinen Herrn. Israel kannte Gott
nicht und wußte nicht, daß er für es sorgte. Durch seinen "Abfall" ( Jes
1,2 b) war es Gottes Anordnungen gegenüber ungehorsam und bewies
dadurch, daß es Gott nicht wirklich "verstanden" hatte.
Jes 1,4
In seiner Anklage macht Gott nun das
sündige Wesen der Nation deutlich. Der Gedanke, daß die Nation sündig
( HAFA? ) ist, taucht mehrmals im Buch Jesaja auf (z. B. Jes 42,24;
43,27 und Jes 64,4 ).
Jesaja spricht von den "Sünden"
( HXFA?Im ) der Menschen ( Jes 1,18 ) und weist darauf hin, daß der
leidende Gottesknecht kommen wird, um "die Sünde ( HEF? ) von vielen" im
Volk wegzunehmen ( Jes 53,12 ). Die Menschen stehen wegen ihrer Sünde
schuldig vor Gott (vgl. Röm 3,9.19 ). Weil sie Übeltäter waren, waren
sie verdorben (vgl. Röm 3,10-18 und das Wort "verderbt" in 1Mo 6,12 ).
Ihre bewußt ablehnende Haltung gegen Gott wird durch die
Worte verlassen, lästern und abgefallen deutlich gemacht.
Wie schon in der Einführung gesagt,
wird der Ausdruck der Heilige Israels 25mal von Jesaja benutzt. Dieser
Titel macht ganz besonders den weiten Abstand zwischen der Sünde der
Menschen und der Heiligkeit Gottes deutlich.
Obwohl die Menschen Gott den Rücken
gekehrt haben, wird Gott einmal seinen Rücken den Sünden Israels
zukehren und ihm vergeben. Hiskia wendet diese Ausdrucksweise ebenfalls
an, als er nach seiner Heilung vom Krankenbett Gott dafür lobt, daß er
seine (Hiskias) Sünden hinter seinen (Gottes) Rücken geworfen hat ( Jes
38,17 ).
Jes 1,5-7
Als das Bundesvolk Gott den Rücken
zuwandte (V. 4 ), hatte dies Konsequenzen (vgl. 5Mo 28,15-68 ). Jesaja
zählt auf, was ihm widerfährt, um ihm zu helfen, seine gegenwärtigen
Schwierigkeiten als Folge seines Ungehorsams zu sehen. Zunächst benutzt
er das Bild eines Menschen, der geschlagen wurde und an seinem ganzen
Körper krank ist ( Jes 1,5-6 ). Diese unverbundenen Beulen, Striemen und
frischen Wunden sind ein Bild für den geistlichen Zustand der Menschen,
machen aber zugleich auch seine militärische Situation deutlich. Von
allen Seiten ist es von feindlichen Mächten belagert und verliert einen
Teil seines Landes an fremde Nationen (V. 7 ). Es hätte erkennen müssen,
daß diese furchtbaren Probleme ihren Grund in seinem geistlichen Zustand
hat. Ob Jesaja hier die kurz bevorstehende Situation im Nordreich
beschreibt, die durch die assyrische Invasion (722 v. Chr.) entstand
oder ob er prophetisch von der kommenden Zerstörung Judas spricht (586
v. Chr.), muß offen bleiben. Es scheint jedoch wahrscheinlicher, daß er
von Juda spricht. Die Worte verlassen, verbrannt und verwüstet klingen,
als wäre die Verwüstung bereits eingetreten. Auf diese Weise macht
Jesaja die Sicherheit des kommenden Gerichtes deutlich.
Jes 1,8-9
Jesaja beschreibt dann die Einwohner
Jerusalems ( die Tochter Zion ; vgl. Jer 4,31; Kl 1,6; 2,13; Mi 1,13;
4,8; Sach 9,9 siehe auch die Anmerkungen zu Kl 2,1 und Sach 8,3 )
als Häuslein im Weinberg und Nachthütte im Gurkenfeld . Diese Gebäude
waren einfach errichtete Hütten, schattenspendend gegen die Sonne. Sie
dienten den Wächtern, die die Ernte gegen Diebe und wilde Tiere bewachen
mußten. Gewöhnlich standen sie recht "einsam" im Feld und konnten daher
leicht angegriffen werden. Juda wäre längst verwüstet wie Sodom und
Gomorra , wenn nicht Gottes Gnade einen geringen Rest übriggelassen
hätte. (Jahrhunderte später zitiert Paulus diese Verse in Röm 9,29 .)
Ja, Juda war im Hinblick auf seine Sünde sogar wie diese beiden
verdorbenen Städte. (Vgl. die Erwähnung beider Städte in Jes 1,10 und
von Sodom in Jes 3,9; Hes 16,46.48-49 .) Ganz sicher wurden einige
Bewohner Judas durch die Erwähnung der beiden Städte an 5Mo
29,22 erinnert, wo Gott diese als Bild für sein Gericht über das sündige
Israel benutzt.
b. Der Herr macht deutlich, wie das
Volk mit seiner Schuld umgehen soll
( 1,10 - 20 )
Jes 1,10
Aufbauend auf seiner Erwähnung von
Sodom und Gomorra in Vers 9 vergleicht Jesaja nun die Herrscher und die
Menschen von Juda mit diesen verdorbenen Städten. Sowohl die Führer als
auch die Bevölkerung - und zwar in allen Schichten der Gesellschaft -
sollen Gottes Wort hören (vgl. V. 2 ).
Jes 1,11-15
Der Herr weist den Versuch der
Menschen, durch verschiedene Aspekte religiöser Rituale - wozu
das Tieropfer (V. 11 ), Speiseopfer (V. 13 a), Feste und Feierlichkeiten
(V. 12.13 b. 14 ) und Gebet (V. 15 ) gehören - ihre Schuld zu sühnen,
zurück.
Manche haben (aus V. 11 )
fälschlicherweise den Schluß gezogen, daß Gott das Opfersystem nicht
eingesetzt habe. Dies ist jedoch nicht richtig. Jesaja wendet sich
vielmehr dagegen, daß die Menschen meinen, sie würden einfach durch das
Opfern von Tieren am Altar rein vor Gott. Selbst vielfaches Opfer ist
bedeutungslos (V. 13 ) und gefällt Gott daher nicht, wenn der Mensch,
der diesen "Gottesdienst" verrichtet, sein Leben nicht in
Übereinstimmung mit Gottes Willen bringt. Auch das sorgfältige Beachten
regelmäßiger, monatlicher Opfergaben (Neumonde ; vgl. 4Mo 28,11-14 ) und
das Halten des Sabbates (sowohl wöchentlich als auch im Hinblick auf die
jährlichen Sabbate am Versöhnungstag und beim Laubhüttenfest; 3Mo 16,31;
23,34.39 ) sind für Gott bedeutungslos, wenn sie nicht mit der richtigen
inneren Haltung geschehen. Das Gleiche gilt für ihre Versammlungen am
Sabbat ( 3Mo 23,3 ) und die Feste und Feiern , zu denen das Passafest
( 3Mo 23,4-7 ) ebenso gehört wie das Fest der Wochen ( 3Mo 23,15-21 ),
das Fest der Posaunen ( 3Mo 23,24 ), der große Versöhnungstag ( 3Mo
23,26-27 ) und das Laubhüttenfest ( 3Mo 23,34 ).
Gott nennt das äußere Beachten
solcher Gottesdienstformen böse , weil es heuchlerisch geschieht, mit
sündigem Herzen (vgl. Jes 1,4 ). Diese kollektiven Feste gefallen Gott
daher nicht, sie sind ihm vielmehr eine abscheuliche Last (V. 14 ).
Aber auch die vielen Gebete der
Menschen sind ohne Erfolg aufgrund ihrer Schuld (V. 15 ). Die
Worte breitet eure Arme aus bezeichnen eine Bitte um Hilfe (vgl. 1Kö
8,22; Kl 1,17 ). Diese Hände jedoch sind voller Blut ( Jes 1,15 ). Indem
Menschen die Bedürftigen ungerecht behandeln (vgl. V. 16-17 ), werden
sie mit Mördern verglichen, die dann ihre blutbefleckten Hände zu Gott
im Gebet ausstrecken. Dieser geistliche Zustand ließ die religiösen
Rituale Judas absurd werden. Ganz offensichtlich wird Gott niemals auf
solche Gebete hören (d. h. sie erhören; vgl. Ps 66,18 )! Die innere
Gerechtigkeit muß das äußere Rituale begleiten, wenn dieses Ritual vor
Gott irgendeine Bedeutung haben soll.
Jes 1,16-20
Gott bietet jenen, die umkehren,
völlige Vergebung an, aber er kündigt auch das Gericht für die an, die
sich weiter gegen ihn auflehnen und ihn abweisen. Die Menschen hatten
die falsche Vorstellung, daß sie leben könnten, wie es ihnen gefiel,
solange sie sich nur durch das Opfersystem immer wieder Vergebung
holten. Anstatt jedoch auf ein religiöses Ritual zu vertrauen
(V. 10-15 ), sollen die Menschen Gott gehorchen und die richtige
Herzenseinstellung zu ihm sowie das richtige Verhalten gegen ihre
Mitmenschen haben.
Die Menschen müssen innerlich rein
werden (auch ein Mörder wird nicht durch das Waschen seiner Hände rein).
Sie müssen ihre bösen Taten (vgl. V. 13 ) durch rechtes Handeln
ersetzen. Wie es schon der mosaische Bund festlegt, müssen sie ihr
Vertrauen zu Gott und ihren Gehorsam dadurch sichtbar werden lassen, daß
sie bedürftigen Menschen helfen - den Unterdrückten, den Waisen und den
Witwen (vgl. V. 23 ; Jes 10,1-2; 5Mo 24,17.19-21; 26,12; 27,19 ).
Gott fordert das sündige Volk nun
auf, verständig zu werden ( Jes 1,18 ) und seine falschen inneren
Einstellungen und sein falsches Tun zuzugeben. Die Einladung Kommt nun
und laßt uns miteinander rechten ist mehr als der Ruf zu Verhandlungen
zwischen dem Volk und Gott. Das Wort "rechten" ( yAKaH ) ist ein
Ausdruck aus der Gerichtssprache, mit dem man das Darlegen, Überzeugen
oder Entscheiden eines Falles vor Gericht bezeichnete. Die Menschen
sollen durch ihr Argumentieren mit Gott davon überzeugt werden, daß er
im Recht ist und sie im Unrecht. (Es kommen in diesem Kapitel noch
weitere Gerichtsfachbegriffe vor: nach Recht trachten und Recht
schaffen ; V. 17 .) Wenn sie das wirkliche Ausmaß ihrer Sünde zugeben -
daß ihre Vergehen nämlich wie blutrote Flecken auf ihrer Seele sind
( Scharlach ist ein rotes Färbemittel, das aus einem Wurm gewonnen wird)
- dann wird Gott in seiner Gnade sie reinigen und geistlich weiß machen
wie Schnee oder Wolle . Aber das Bekennen der Sünde muß dieser Reinigung
vorausgehen. Auch heute ist dies nicht anders.
Der Gehorsame wird das Beste des
Landes essen, d. h. er wird reiche Ernten haben, wie es im Mose-Bund
verheißen ist ( 5Mo 28,3-6.11 ). Wer es dagegen ablehnt, zu Gott
umzukehren (Abtrünnige; vgl. Jes 1,23.28 ), wird von den Feinden besiegt
( vom Schwert gefressen ; V. 20 ; 5Mo 28,45-57 ). Dies ist sicher und
steht fest, denn der Mund des HERRN sagt es (vgl. Jes 40,5; 58,14 ).
c. Die Klage des Herrn über Jerusalem
( 1,21 - 23 )
Jes 1,21
Der Gegensatz zwischen dem früheren
Zustand von Jerusalem unter David und auch noch in den Anfangsjahren der
Herrschaft Salomos und dem jetzigen Zustand der Menschen in den Tagen
Jesajas ist groß. Jerusalem war einmal treu wie eine gute Ehefrau. Nun
aber ist die Stadt eine Hure . Das Bild der Prostitution taucht in den
prophetischen Büchern oft auf (bes. bei Jer. und Hos). Es soll die
Tatsache deutlich machen, daß eine Ehe, wie auch das Verhältnis zwischen
Gott und Israel, auf einem geschlossenen Bund beruht. Wenn ein Mensch
zum Prostituierten wird, dann bricht er oder sie den Ehebund. Wenn ein
Israelit den wahren Gott verläßt und Götzen folgt, dann bricht er den
Bund mit dem Herrn.
Jerusalem war einmal für sein Recht
und seine Gerechtigkeit bekannt gewesen. "Recht" meint die Tatsache
einwandfreier Gerichtsverhandlungen, und "Gerechtigkeit" bezieht sich
auf das Verhalten jener, die diesen Zustand herbeizuführen suchen. (Vgl.
den Gebrauch dieser beiden Worte in Spr 8,20; Jes 5,7; 28,17; Am
5,7 ). Aber jetzt sind Mörder da, statt daß Gerechtigkeit "wohnt".
"Mörder" kann hier auch jene meinen, die sich selbst auf Kosten der
Armen bereichern (vgl. Jes 1,23 und die Anmerkungen zu V. 15 ).
Jes 1,22-23
Früher einmal war ihr Silber und ihr
Wein wertvoll. Nun sind sie wertlos geworden: Schlacke und mit Wasser
gepanschter Wein. "Schlacke" ist der Rückstand, der nach dem
Schmelzprozeß zurückbleibt, wenn das reine Silber entfernt worden ist.
Das Volk wird "weggeworfen" werden wie wertlose Schlacke. Die Menschen
werden ins Exil geführt werden, wenn sie nicht Buße tun und zum Herrn
zurückkehren.
Die abtrünnigen Fürsten in der Stadt
führen die Menschen durch Diebstahl, Bestechung und Ungerechtigkeit
gegenüber den Hilflosen in den Untergang (vgl. die Anmerkungen zu
V. 17 ). Die Waisen und Witwen werden nicht einmal angehört, da sie kein
Geld haben, um die Fürsten zu bestechen. Dies ist Gott besonders
verhaßt, denn sein Bundesvolk ist an ihn gebunden und daher auch
aufeinander angewiesen. Aber es interessiert sich nicht für die Armut
und die Nöte der anderen.
d. Der Herr spricht das Urteil
( 1,24 - 31 )
Gottes Gerichtsverhandlung endet,
indem er das Urteil über die schuldige Nation spricht. Gott wird hier
nicht nur als einer der beiden Teilnehmer an der Gerichtsverhandlung
gesehen, sondern er ist zugleich auch der oberste Richter, der
entscheidet, was mit dem Schuldigen zu tun ist. Wer abtrünnig ist und es
ablehnt umzukehren, wird gerichtet werden, wer Buße tut, erlangt
Versöhnung.
Jes 1,24-26
Gottes Gericht wird ihm Trost
schaffen von dem Ärger, der durch seine Widersacher (Feinde innerhalb
der Bundesgemeinschaft) hervorgerufen wurde. Es wird sein wie ein
Reinigungsprozeß. Die Schlacken (V. 25 ; vgl. V. 22 ) werden beseitigt,
so daß nur das reine Silber zurückbleibt. Die Rache dient jedoch nicht
dazu, mit den untreuen Menschen "abzurechnen". Es geht Gott vielmehr
darum, das Verhältnis zwischen dem Volk und sich wieder in Ordnung zu
bringen. Der Herr wird darauf achten, daß die rechte Art
von Richtern wieder eingesetzt wird, wie sie vormals waren (zur Zeit der
Herrschaft von David und Salomo). Jerusalem wird wieder die Stadt der
Gerechtigkeit genannt werden und die treue Stadt heißen (V. 26 ). Dieser
Hinweis auf "die treue Stadt" (V. 21.26 ) dient als
das inclusio genannte Stilmittel, das diese beiden Verse miteinander
verbindet.
Jes 1,27-31
Der Gegensatz zwischen dem Schicksal
des Überrestes und dem der Gottlosen wird in diesen Versen näher
ausgeführt. Der Überrest wird in der neuen, erlösten Stadt Jerusalem
wohnen ( Zion ; vgl. V. 8 ), wo Gottes Gerechtigkeit herrscht (vgl.
V. 26 ). Die Übertreter (vgl. V. 20.23 ) werden vernichtet werden. Zuvor
soll ihnen die Schande vor Augen geführt werden, daß sie überhaupt am
Götzendienst an heiligen Eichen (vgl. Jes 57,5 ) und in Gärten (vgl. Jes
65,3; 66,17 ) teilgenommen haben. Sie, die diese Götzendienste
(wahrscheinlich wurde auch Baal angebetet) in jener herrlichen Umgebung
gefeiert haben, sollen nun selbst wie verdorrte Eichen und vertrocknete
Gärten werden. Einmal waren sie stark (wie ein mächtiger Mann ) und
lehnten Gott ab. Nun wird der Ungerechte und sein Werk
verbrennen. Dieses unlöschbare Feuer bezieht sich vermutlich auf die
Zerstörung durch das babylonische Heer und auch auf das ewige Gericht.
3. Eine Bestätigung der
Wiederherstellung
( 2,1 - 5 )
Unmittelbar nach dieser stichhaltigen
Anklage (in Form einer Gerichtsverhandlung) des sündigen Lebens des
Volkes ( Jes 1,2-31 ) kommt Jesaja zu einem Gedanken, der zu den
zentralen Aussagen seiner Prophetie gehört. Es wird eine Zeit kommen, in
der Jerusalem an der Spitze der ganzen Welt steht. Mi 4,1-3 ist fast
identisch mit Jes 2,1-4 .
Jes 2,1-2 a
Die Botschaft dieses Abschnittes ist,
was Jesaja sah über Juda und Jerusalem (vgl. Jes 1,1 ). Die Propheten
wurden in Israel früher einmal "Seher" genannt. Damit wurde ihre von
Gott gegebene Macht bezeichnet, zu "sehen" oder vorauszusagen, was
geschehen wird ( 1Sam 9,9 ). Hier verkündigt Jesaja die Zukunft von
Jerusalem und Juda. Jesaja hat bei den Weissagungen über die zukünftige
Wiederherstellung keine genauen Zeitangaben gemacht (vielleicht wußte er
es nicht; vgl. 1Pet 1,10-11 ). Hier spricht er einfach von den letzten
Tagen . Andere Bibelstellen machen deutlich, daß diese Verse im
Tausendjährigen Reich erfüllt werden, der 1000 Jahre dauernden
Herrschaft Christi auf dieser Erde. Aufgrund von Gottes Bundeszusagen an
Abraham, Mose und David wußte Jesaja, daß Israel wieder in sein Land
zurückkommen und die Vorherrschaft über alle Nationen haben wird.
Der Berg, wo des HERRN Haus ist ,
bezieht sich auf den Berg, auf dem der Tempel erbaut war (und wo der
Tempel im Tausendjährigen Reich wieder sein wird; vgl. Hes 40-43 ). In
der Bibel bezeichnet das Wort Berge oft Regierungs-Autoritäten ( Dan
2,35; Am 4,1 ). Hier wird Gottes Herrschaft vom Tempel aus über allem
stehen (höher sein). Dieser Gedanke der Vorherrschaft des Tempelberges
in Jerusalem wird in den Prophetien von Jesaja mehrfach wiederholt ( Jes
11,9; 25,6-7; 27,13; 30,29; 56,7; 57,13; 65,11.25; 66,20 ). Jesaja
möchte, daß seine Leser sich bewußt sind, daß Gott sein Bundesvolk trotz
seiner geistlichen Unempfänglichkeit und selbst durch seine kommende
Gefangenschaft hindurch beschützen wird.
Jes 2,2.3 (Jes 2,2b.3)
Wenn diese Ereignisse eintreten,
werden viele Völker zu Jerusalem (vgl. Jes 14,1; 27,13; 66,23; Sach
8,23; 14,16 ) und zu Gottes Haus (dem Tempel, Jes 2,2 a) hingezogen
werden. Diese Anziehung besteht darin, daß Gottes Wege, Pfade, Gesetz
und Wort ihnen von hier aus bekannt gemacht werden. Ja, der Herr selbst
wird dieses Gesetz erlassen ( Jes 51,4 ). (Zion, das Jesaja über ein
Dutzend Mal erwähnt, mehr als jeder andere biblische Autor, steht hier
synonym zu Jerusalem; vgl. Jes 4,3; 40,9; 52,1; 62,1 vgl. auch den
Kommentar zu Sach 8,3 ). Im Tausendjährigen Reich werden die Menschen
auf der ganzen Erde erkennen, daß Gottes Offenbarung für ihr Leben
grundlegend ist. Sie werden sie kennen ( Er wird uns lehren ) und nach
ihr leben ( darin wandeln ) wollen.
Jes 2,4
Dieser Vers gehört zu den
bekanntesten Stellen des Buches Jesaja. Gott wird weltweit unter den
Völkern richten und ihre Streitigkeiten schlichten. Er wird von Nationen
und Völkern verlangen, daß sie sich überall von kriegerischen Handlungen
fernhalten. Weltweiter Friede wird herrschen ohne militärische Konflikte
oder auch nur Ausbildung, da sämtliches Kriegsgerät ( Schwerter und
Spieße ) zu Ackergerät ( Pflugscharen und Sicheln ; vgl. Joe 3,10 )
umgeschmiedet wird. In dieser Zeit des weltweiten Friedens werden die
Nationen nach Jerusalem gehen, um dort von Gott zu lernen ( Jes 2,2 ).
Der Friede wird nicht durch menschliche Anstrengungen, sondern durch
Gottes Gegenwart und sein Wirken in Jerusalem entstehen. Zu dieser Zeit
wird Israel mit Gottes Geist erfüllt ( Hes 36,24-30 ) und seine Sünden
werden vergeben werden ( Jer 31,31-34 ).
Jes 2,5
Diesen kurzen Abschnitt beendet
Jesaja mit einer Ermahnung an seine Leser, im Licht des HERRN zu
wandeln (leben).
Der Prophet nennt Israel das Haus
Jakob , ein Hinweis auf Israels Erzvater Jakob. Dieser Ausdruck findet
sich bei Jesaja achtmal (V. 5-6 ; Jes 8,17; 10,20; 14,1; 29,22; 46,3;
48,1 ). Bei allen anderen Propheten zusammen wird er nur insgesamt
neunmal benutzt. Wenn wir in der Bibel große Wahrheiten über die Zukunft
erfahren, dann werden wir auch oft erinnert, wie wir in der Gegenwart
leben sollen (z. B. 1Thes 4,13-18; 5,1-8; 2Pet 3,10-14; 1Joh 3,2-3 ).
Angesichts der Tatsache, daß im Tausendjährigen Reich alle Nationen nach
Jerusalem strömen werden, um dort Gottes Wort zu hören, wäre es für
Israel, das Gottes Gesetz ja schon kennt, nur vernünftig, ihm auch zu
folgen (in seinem "Licht" zu wandeln), bis der Herr sein wunderbares
Königreich errichtet.
4. Der gegenwärtige Zustand und die
Konsequenzen für die Zukunft
( 2,6 - 4,1 )
Judas gegenwärtiger Zustand ( Jes
2,6-11 ) steht im Gegensatz zu dem herrlichen Königreich, das Jesaja
gerade beschrieben hat ( Jes 2,1-5 ). Wie so oft in der Geschichte
Israels gehorchen die Menschen dem Herrn nicht und müssen daher von ihm
gezüchtigt werden.
a. Juda ist den Heidenvölkern gleich
( 2,6 - 11 )
Jes 2,6-9
Gott hat sein Volk (zu Haus Jakobs
vgl. die Anmerkungen zu V. 5 ) nicht deshalb verstoßen , weil er es
nicht mehr länger liebt, sondern weil es wie die Heiden um es herum
geworden ist. Das Volk von Juda ist so überheblich geworden wie das Volk
im Osten. Es hat die Lebensweise des assyrischen Reiches (mit deren
Wahrsagerei) übernommen, die damals auf das gesamte
syrisch-palästinensische Gebiet übergriff. (Vielleicht sind unter dem
Volk aus "dem Osten" auch die Aramäer zu verstehen; vgl. Jes 9,11 .)
Zugleich ist es wie die Philister Zeichendeuter geworden. Die Philister
wohnten zu jener Zeit im Südwesten Kanaans und versuchten immer wieder,
Israel zu beherrschen. Israel war also von verschiedenen Seiten durch
heidnische Praktiken beeinflußt. Daß die Philister Zeichendeuterei
betrieben, wird auch aus 1Sam 6,2 und 2Kö 1,2 deutlich. "Zeichendeuten"
(von ZAnan , "Zauberei betreiben"; vgl. 3Mo 19,26; 5Mo 18,10.14;2Kö
21,6; Mi 5,11 "Verwünschungen aussprechen") ist der Versuch, Menschen
oder Umstände zu beherrschen oder die Zukunft durch Kräfte zu erkennen
versuchen, die durch böse Geister (Dämonen) verliehen werden.
Jesaja spricht hier mit viel Ironie,
denn Juda hätte eigentlich aufgrund des Wortes Gottes wissen müssen, wie
seine Zukunft aussehen wird. Und doch benutzt es heidnische Mittel, um
diese Zukunft zu entschlüsseln. So ist es nicht verwunderlich, daß
Jesaja Gott bittet, dem Volk nicht zu vergeben ( Jes 2,9 ). Juda besaß
großen materiellen Reichtum ( Silber und Gold ) und militärische Stärke
( Pferde und Wagen ), die es ohne Zweifel für den Erfolg
seines Götzendienstes hielt. Vermutlich führte dies auch zu Stolz und
Selbstvertrauen, denn Gott sagt, daß es erniedrigt und gedemütigt werden
soll (V. 9 ; vgl. V. 11 - 12.17 ). Sein sündiges Leben ließ das Gericht
unausweichlich werden.
Jes 2,10-11
Letztlich wird nur Einer
verherrlicht. Dieser Eine ist der Herr allein (V. 11 ; vgl. V. 17 ).
Wenn der Herr zum Gericht kommt, dann werden die Menschen vor diesem
Gericht zu fliehen versuchen, indem sie sich in Gräbern verstecken (vgl.
V. 19.21 ; Offb 6,16 ). Sie werden seine Herrlichkeit fürchten (vgl. Jes
2,19.21 ) und erkennen, daß ihr Hochmut (V. 11 ; vgl. V. 17 ) und ihr
Reichtum (V. 7 - 8 ) sie nicht erretten können. In diesem Abschnitt
( Jes 2,6- Jes 4,1 ) und auch in vielen anderen im Buch Jesaja finden
wir ein interessantes Zusammenspiel zwischen dem Gericht, das der Herr
durch die assyrische und babylonische Gefangenschaft ausüben wird, und
dem Gericht in den "letzten Tagen", das kurz vor dem Tausendjährigen
Reich über Israel und die ganze Welt hereinbrechen wird. Wahrscheinlich
hatten Jesaja und die anderen Propheten keine Vorstellung von der Länge
der Zeitspanne, die zwischen diesen Wegführungen und den letzten Tagen
des Gerichts herrschen würde. Zwar haben sich viele der Voraussagen
in Jes 2,10-21 erfüllt, als Assyrien und später Babylon Israel und Juda
angriffen, aber der Abschnitt weist doch darüber hinaus auf jenes
endgültige Gericht über die ganze Erde ("wenn er sich aufmachen wird, zu
schrecken die Erde"; V. 19.21 ).
b. Der Tag der Vergeltung des Herrn
( 2,12 - 22 )
Wenn der Herr kommt, um auf der Erde
Gerechtigkeit zu errichten, dann werden menschliche Wertvorstellungen
umgekehrt werden. Was die Menschen bisher für wertvoll hielten, wird nun
unwichtig sein, und einige Dinge, die bisher für nebensächlich gehalten
wurden, erhalten hohen Wert.
Jes 2,12-18
Gott hat einen Tag (vgl. "Tag" in
V. 17 ) vorgesehen , eine Zeit, in der er mit den Sündern abrechnen
wird. Der HERR Zebaoth ( Jahwe Q+=BA?NT ) ist ein Name, der im Buch
Jesaja 62mal für Gott benutzt wird. 52mal steht er alleine und zehnmal
in dem Titel "der Herr ( ?XDOnAy ), der Herr Zebaoth". Mit diesem
Ausdruck wird die militärische Macht und Kraft Gottes deutlich gemacht.
Wenn dieser allmächtige Herr der Heerscharen (Zebaoth) kommen wird, dann
kann sich ihm nichts entgegenstellen. Stolze Menschen werden
erniedrigt (vgl. V. 9.11.17 ), und selbst die großen Zedernbäume in den
Wäldern des Libanon und die Eichen (vgl. Jes 1,29 ) in Baschan (was
übersetzt "fruchtbares Land" bedeutet), östlich des Sees Kinneret
(später galiläisches Meer genannt), stellen für den Herrn kein Hindernis
dar. Berge, was sich vielleicht auf Regierungen (vgl. die Anmerkung
zu Jes 2,3 ) und ihre militärischen Verteidigungsanstrengungen bezieht,
die durch Türme und befestigte Mauern sichtbar werden, können sich ihm
nicht entgegenstellen (V. 14 - 15 ). Er wird aber auch die menschlichen
Handelsanstrengungen zunichte machen, die durch die Handelsschiffe,
deren Hafen in Tyrus, nördlich von Israel, lag (V. 16 ), ihren
sichtbaren Ausdruck fanden. Alles, was dem Menschen in
seinem Hochmut als beständig und sicher erschien, wird er
wegwischen. Der HERR allein wird verherrlicht werden (vgl. V. 11 ), wenn
er die Götzen Judas niederreißt (vgl. V. 8 ). Dies mag sich auf die Zeit
beziehen, als die Babylonier im Jahre 586 Juda eroberten, aber das
endgültige Gericht wird sich erst in der Zukunft, beim zweiten Kommen
Christi, ereignen.
Jes 2,19-22
Wenn die Rache des Herrn kommt, dann
werden die Menschen versuchen, vor ihr in die Gräber zu entfliehen (vgl.
V. 10.21 ). Sie werden voller Angst sein, denn Gott wird die Erde
erschüttern (vgl. den Kommentar zu Hag 2,6-7 ). Wenn sie ihre Götzen aus
Silber und Gold (vgl. Jes 2,7 ) mit sich nehmen würden, dann würde dies
ihre Flucht hindern. Also werden die Menschen sie wegwerfen zu
den Maulwürfen und Fledermäusen (V. 20 ). Wieder sehen wir, wie sehr
Jesaja hier mit Ironie arbeitet: Dinge, die einmal für sehr wertvoll
geachtet wurden, werden nun zu verabscheuten und von den Menschen
gehaßten Kreaturen weggeworfen. In Vers 21 spricht Jesaja dann noch
einmal davon, daß sich die Menschen in Gräbern vor dem Schreckensgericht
Gottes verstecken werden (vgl. V. 10.19 a), wenn Er die Erde
erschüttern wird (vgl. V. 19 b).
Dann ruft der Prophet Juda auf, sich
nicht länger auf Menschen zu verlassen (V. 22 ; vgl. Ps 118,8.9 ). Der
Mensch ist nicht mehr als ein Hauch. Sein Atem kann schnell ausgehaucht
sein. Auf ihn zu vertrauen ist unvernünftig, denn mit dem Menschen ist
es so schnell zu Ende ( Jes 2,9.11-12.17 ). Gerade angesichts des
kommenden Gottesgerichtes sollte Juda heute schon beginnen, zu ihm
umzukehren. Gottes Herrlichkeit sollte sie dazu führen, heilig zu leben
und so seinem ernsten Gericht zu entkommen.
c. Das Gericht über Juda für seine
Taten
( 3,1 - 15 )
Jesaja zählt nun, nachdem er das kommende Gericht ausführlich angekündigt hat ( Jes 2,9-21 ), Beispiele für die Sünden der Menschen auf, die das Gericht Gottes unausweichlich machen.
Jes 3,1-7
Gott wird von Juda gute Regierungen
in jeder Form wegnehmen und ihm statt dessen das Gefühl der Nichtigkeit
geben. Wegen seiner Sünde wird der Herr alle Vorräte und auch die
Menschen, auf die es sich verlassen hat, wegnehmen: Speise und Wasser
(V. 1 ), Soldaten (V. 2 ), staatliche (Richter) und religiöse
(Propheten) Führer (V. 2 ), weise Menschen (V. 2 ), militärische Führer
(V. 3 a) und begabte Arbeiter (V. 3 b). Daß Jesaja auch die Wahrsager
(V. 2 ), Zauberer und Beschwörer (V. 3 ) in dieser Liste aufführt,
bedeutet nicht, daß er diese Dinge für gut hält. Vielmehr spricht er
hier von all denen, auf die sich das Volk verläßt, wenn es um Überleben
und Sicherheit geht. Der mosaische Bund verbietet Wahrsagen und Zauberei
( 5Mo 18,10-14 ). Jesaja selbst schreibt ja darüber, daß Babylon auf
solche Dinge vertraut ( Jes 47,12 ).
An Stelle dieser Leute, die man für
weise und mächtig hält, wird der Herr törichte, schwache Führer
einsetzen. Unerfahrene Jungen und Kinder ( Jes 3,4 vgl. Pred 10,16 )
können Unterdrückung und Streitigkeiten nicht beenden ( Jes 3,5 ). Wenn
einer auch nur einen Mantel besitzt, dann wird man ihn schon in eine
verantwortliche Position setzen (V. 6 ). Aber er wird über nichts
herrschen als über einen Haufen von Trümmern. Die Führer werden keine
Lösung für die Mängel haben, mit denen die Leute zu tun haben (V. 7 ).
Jesaja spricht hier von der kommenden Verwüstung Judas durch die
babylonischen Streitkräfte.
Jes 3,8-9
Diese Verwüstung wird über Juda
kommen (V. 1 ), weil alles, was das Volk sagt und tut, gegen seinen
Bundesgott gerichtet ist. Die Menschen fordern Gott heraus und sündigen
öffentlich, genauso wie die Menschen von Sodom (vgl. 1Mo 18,20;
19,1-11 siehe auch die Anmerkungen zu Jes 1,9-10 ). Das
kommende Unheil wird also von ihnen selbst auf sie gebracht.
Wehe ( ?Ny ) ist ein Ausruf des Kummers oder der Bedrohung angesichts
eines gegenwärtigen oder kommenden Unheils. Jesaja benutzt dieses Wort
(oder das parallele hNy ) insgesamt 22mal in seinem Buch, mehr als jeder
andere Prophet der Bibel.
Jes 3,10-12
Wenn Gott richtet, dann müssen sich
die Gerechten nicht fürchten. Sie werden für ihre Taten gerechten Lohn
empfangen. Aber den Gottlosen werden ihre Taten vergolten
( zurückbezahlt ) werden (vgl. die Anmerkungen zu Röm 3,7-11 ). Gottes
Gericht ist immer gerecht. Die Gottlosen meinen oft, daß sündig zu leben
die einzige Art ist, im Leben voranzukommen. Jesaja jedoch schreibt, daß
es für einen Menschen weit besser ist, gerecht zu leben. Die Führer
führen das Volk weg von dem richtigen Weg ( Jes 3,12 ). Kinder bezieht
sich entweder auf junge Menschen oder auf Erwachsene, die einfältig wie
die Jungen sind. Die Erwähnung der Frauen kann bedeuten, daß Ehefrauen
ihre Männer, die Führer sind, beeinflussen oder daß den männlichen
Führern die Tatkraft fehlt.
Jes 3,13-15
Jesaja beschreibt nun den Herrn, wie
er in einem Gerichtssaal sitzt und bereit ist, die Menschen und ganz
besonders die Führer zu richten. Wenn Jesaja sagt, daß er zum Gericht
steht , dann bedeutet dies, daß Gott, der die Autorität dazu besitzt,
das Gerichtsurteil nun sprechen wird. Zwei Anklagen werden den Führern
vorgehalten. Die erste lautet, daß sie Gottes Weinberg verdorben haben
(V. 14 ), also Gottes Volk ( Jes 5,1.7 vgl. Ps 80,9-17; Jer 2,21; 12,10;
Hes 15,6-8; Hos 10,1 ). Wie Landwirte für einen Weinberg sorgen, so
sollten sich eigentlich die Führer um das Volk kümmern. Aber sie haben
die Menschen verdorben, indem sie sie unterdrückt ( zertreten ; Jes
3,15 ) haben. Die zweite Anklage lautet, daß sie den Armen (V. 14.15 )
ausgenutzt haben, indem sie ihn beraubt (gestohlen, was er besaß) und
sein Gesicht zerschlagen haben. Dies ist ein klarer Bruch der Gesetze in
5.Mose, wo eine Unterdrückung anderer verboten wird. Besonders die
Witwen, die Waisen und die Armen werden dabei genannt.Auch im Neuen
Testament wird die Sorge für die Armen betont und durch Beispiele
verdeutlicht ( Apg 9,36; 10,4.31; 24,17; Jak 1,27; 2,1-9 ). Ein
materialistisches, unterdrückendes Denken ist symptomatisch für den
Egoismus der Führer des Volkes. Statt ihre Führungsrolle als Möglichkeit
zum Dienst zu nützen, sahen sie darin ein Mittel, auf Kosten anderer zu
Geld zu kommen.
d. Judas Fall nach ihrem Stolz
( 3,16 - 4,1 )
Judas Stolz wird durch die Frauen in
der gesellschaftlichen Oberschicht von Jerusalem verdeutlicht. Jesaja
setzt ihrem gegenwärtigen Aussehen entgegen, wie sie nach Gottes Gericht
aussehen werden.
Jes 3,16
Die hochmütigen und reichen Frauen
von Zion (Jerusalem) versuchten, Aufmerksamkeit zu erregen durch die
Art, wie sie gingen (stolz, mit aufgerecktem Hals ), flirteten,
herumtrippelten und sich anzogen. Jesaja will damit vielleicht andeuten,
daß die ganze Nation voller Stolz war.
Jes 3,17-4,1
Im Gegensatz zu ihrem Stolz, ihrem
Reichtum und ihrer Schönheit werden die Frauen von Zion (vgl. Jes 3,16 )
in große Bedrängnis kommen. Ihr Kopf wird voller Wunden und kahl sein.
Diese Kahlheit mag bedeuten, daß sie ihren Kopf entweder aus Trauer oder
aus medizinischen Gründen, wegen der Wunden auf ihrem Kopf, scheren
werden. Ihre Not wird so tief sein, daß es sie nicht kümmert, wie sie
aussehen. Der Herr wird die babylonischen Soldaten dazu bringen, ihnen
all ihren feinen Schmuck und ihre kostbaren Kleider wegzunehmen (V. 19 -
23 ). Statt Wohlgeruch werden sie von Gestank umgeben sein (V. 24 ),
vielleicht von dem ihrer eigenen Wunden (V. 17 ). Wenn sie von den
Babyloniern gefangengenommen worden sind, werden die Frauen von
einem Strick gezogen werden und Sackleinen tragen; schwarze, grobe
Kleider, die aus dem Fell von Ziegen hergestellt wurden und ein Symbol
für Trauer und Leid waren (vgl. 1Mo 37,34;1Kö 21,27; Neh 9,1; Est 4,1;
Jes 15,3; 22,12; 32,11; 37,1-2; Kl 2,10; Hes 27,31; Dan 9,3 ).
Ihre Schönheit wird durch schmerzhafte Brandmale , die ihnen von den
Eroberern beigebracht wurden, entstellt sein. Die Frauen werden
wehklagen wegen ihrer Männer (Ehemänner, Brüder und Freunde), die im
Kampf fallen werden ( Jes 3,25 ). Die Stadt wird so verlassen von
Männern sein und die Frauen so entwürdigt, daß sie miteinander
wetteifern werden, um einen Ehemann zu bekommen. Jesajas Bild von den
angesehenen Frauen Jerusalems und ihrem Verhalten könnte fast
humoristisch wirken, wenn es nicht so erschütternd und realistisch wäre.
Jahre später schreibt Jeremia, daß die Frauen während der Belagerung der
Stadt als letzten Ausweg ihre eigenen Kinder gegessen haben ( Kl 2,20;
4,10 vgl. 3Mo 26,27-29; 5Mo 28,53-57; Jer 19,9 ).
5. Die heiligen Geretteten
( 4,2 - 6 )
Nach Gottes erster Anklage oder
seinem "Rechtshandel" ( Jes 1,2-31 ) gab er eine Verheißung der
Wiederherstellung ( Jes 2,1-5 ). Nun, nach der eindringlichen
Wiederholung des kommenden Gerichtes ( Jes 2,6-4,1 ), folgt wieder ein
Abschnitt des Trostes ( Jes 4,2-6 ). Trotz des schrecklichen Geschehens,
das das Volk wegen seiner Sünden treffen wird, wird es einige
Überlebende geben. Jesajas damalige Zuhörerschaft hat vermutlich
gedacht, es gehe dabei um jene, die das Exil überleben würden. Im Licht
von Mt 24,4-30 jedoch wird deutlich, daß es sich auf jene bezieht, die
die große Trübsal, kurz vor der Wiederkunft des Herrn Jesus Christus zur
Aufrichtung seines Reiches, überleben werden.
Jes 4,2
Trotz des bevorstehenden Gerichts
wird letztlich der göttliche Segen kommen. Manchmal bezieht sich der
Ausdruck an jenem Tag auf den babylonischen Angriff gegen Jerusalem (z.
B. Jes 3,7.18; 4,1 ). Hier jedoch (vgl. die Aussagen in V. 2.5 ) ist,
wie in Jes 2,11-12.17 ,die Herrschaft Christi im Tausendjährigen Reich
gemeint.
Manche Ausleger sagen, daß der Zweig
des HERRN, der schön und herrlich ist , sich auf den gläubigen Überrest
bezieht. Es scheint jedoch besser, den Ausdruck "Zweig" als Hinweis auf
den Messias anzusehen, da dies auch in Jer 23,5; 33,15 und Sach 3,8 so
ist. Der Ausdruck "Zweig" ist ein treffendes Bild für den Messias, denn
er ist ja ein "Sproß" aus der Linie Davids ( Jer 33,15 ) und wird Frucht
tragen. So wie sich Menschen über die Frucht ihres Feldes freuen, werden
sich die Überlebenden am Messias, der Frucht des Landes , freuen. Dieses
Bild erinnert auch an Jesu Worte, daß er der Weinstock ist ( Joh 15,1 ).
Jes 4,3-4
Was das überlebende Israel
auszeichnen wird, ist die Heiligkeit, nicht ihr Reichtum oder Ansehen.
Ihre Sünden werden vergeben sein. Wieder spricht Jesaja von den Frauen
Zions (vgl. Jes 3,16-4,1 ). Sie stehen hier anstelle des ganzen
Volkes. Sie werden durch einen Geist des Gerichts und einen Geist des
Feuers gereinigt werden . Das Gericht wird wie ein Feuer sein, das den
unerwünschten Dreck (Sünde) des Volkes hinwegbrennen wird. Nicht
menschliche Anstrengungen, sondern allein das souveräne Handeln des
Herrn wird in der Lage sein, das Volk zu reinigen (vgl. Jes 1,25 ).
Johannes der Täufer sagte, Jesus werde "mit Feuer taufen" ( Mt 3,11 ),
er werde also das Volk durch einen Akt des Gerichtes reinigen (vgl. Mal
3,2-5 ).
Jes 4,5-6
In dieser noch zukünftigen Zeit des
Segens für das erlöste Israel wird die Herrlichkeit Gottes in Jerusalem
( Berg Zion ) sichtbar werden. So wie Gottes Herrlichkeit für Israel
während des Auszugs aus Ägypten in einer Wolke bei Tag und durch Feuer
bei Nacht ( 2Mo 13,21-22; 40,34-38 vgl. 2Mo 16,10 ) zu sehen war, so
wird seine Herrlichkeit auch sichtbar sein, wenn das erlöste Volk wieder
in seinem verheißenen Land wohnen wird. Gottes Herrlichkeit wird, wie
ein Zelt, Sicherheit und Frieden schaffen.
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