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Jesaja  Walvoord Übersicht für Youtube

Jesaja  5 bis 8  John A. Martin

Jesaja Kapitel 5 zusammenfassen:

  1. Weinbergslied: Jesaja singt ein Lied über einen Weinberg.
  2. Gottes Weinberg: Der Weinberg steht für Israel.
  3. Gute Trauben erwartet: Gott erwartete gute Frucht von seinem Weinberg.
  4. Wilde Trauben gebracht: Der Weinberg brachte aber wilde Trauben.
  5. Gericht über den Weinberg: Gottes Gericht über den Weinberg wird angekündigt.
  6. Hecke wird weggerissen: Der Schutz des Weinbergs wird entfernt.
  7. Mauer wird eingerissen: Die Mauer um den Weinberg wird eingerissen.
  8. Verwüstung: Der Weinberg wird verwüstet werden.
  9. Wehe-Rufe: Eine Reihe von "Wehe"-Rufen wird ausgesprochen.
  10. Unrecht: Wehe denen, die Unrecht tun.
  11. Gerechtigkeit verdrehen: Wehe denen, die Gerechtigkeit verdrehen.
  12. Weise in eigenen Augen: Wehe denen, die in ihren eigenen Augen weise sind.
  13. Helden zum Weintrinken: Wehe denen, die Helden im Weintrinken sind.
  14. Gottes Zorn: Gottes Zorn über das Volk.
  15. Fremde Völker: Fremde Völker werden über Israel kommen.

Jesaja Kapitel 6 zusammenfassen:

  1. Usija stirbt: Das Kapitel beginnt mit dem Tod von König Usija.
  2. Vision des Herrn: Jesaja hat eine Vision des Herrn auf einem Thron.
  3. Hoher und erhabener Thron: Der Thron wird als hoch und erhaben beschrieben.
  4. Serafim: Serafim stehen um den Thron herum.
  5. Sechs Flügel: Die Serafim haben jeweils sechs Flügel.
  6. Heilig, heilig, heilig: Die Serafim rufen: "Heilig, heilig, heilig ist der Herr."
  7. Füllung des Tempels: Der Saum des Herrn füllt den Tempel.
  8. Erschrecken Jesajas: Jesaja erschrickt und erkennt seine Unreinheit.
  9. Mann mit unreinen Lippen: Jesaja bezeichnet sich selbst als Mann mit unreinen Lippen.
  10. Glühende Kohle: Einer der Serafim berührt Jesajas Mund mit einer glühenden Kohle.
  11. Altar: Die Kohle wurde vom Altar geholt.
  12. Sündenvergebung: Jesajas Schuld ist weggenommen, seine Sünden sind vergeben.
  13. Berufung Jesajas: Gott fragt, wer gehen soll, und Jesaja antwortet: "Hier bin ich, sende mich."
  14. Auftrag: Jesaja erhält einen Auftrag von Gott.
  15. Verstockung des Volkes: Jesaja soll zu einem Volk predigen, dessen Herzen verstockt werden.


  16. Jesaja Kapitel 7 zusammenfassen:

    1. Ahas: Ahas ist König von Juda.
    2. Rezin und Pekach: Könige von Aram und Israel greifen Juda an.
    3. Kriegsangst: Ahas und das Volk haben Angst vor dem Krieg.
    4. Gottes Botschaft: Jesaja bringt eine Botschaft von Gott an Ahas.
    5. Gottes Zusicherung: Gott versichert, dass die Pläne der Feinde nicht gelingen werden.
    6. Ephraim: Die Prophezeiung gegen Ephraim (Nordreich Israel).
    7. Glaube: Aufforderung an Ahas, an Gott zu glauben.
    8. Zeichen: Gott bietet Ahas an, sich ein Zeichen zu wünschen.
    9. Immanuel: Verheißung des Zeichens von Immanuel.
    10. Jungfrau: Die Geburt Immanuels wird von einer Jungfrau prophezeit (oder jungen Frau).
    11. Gottes Gegenwart: Immanuel bedeutet "Gott mit uns".
    12. Butter und Honig: Erwähnung von Butter und Honig als Nahrung in der Zukunft.
    13. Verlassenes Land: Prophezeiung, dass das Land verlassen sein wird.
    14. Assur: Anspielung auf den König von Assur als kommendes Gericht.
    15. Gericht und Gnade: Das Kapitel beinhaltet sowohl Gerichtsankündigungen als auch Verheißungen von Gnade.

    Jesaja Kapitel 8 zusammenfassen:

    1. Maher-Schalal-Hasch-Bas: Name des Sohnes als Zeichenhandlung.
    2. Schnelle Beute: Der Name bedeutet "Schnelle Beute" oder "Rascher Raub".
    3. Zeugen: Jesaja nimmt zuverlässige Zeugen.
    4. Prophetin: Jesajas Frau wird als Prophetin bezeichnet.
    5. Sohn: Geburt eines Sohnes als Zeichen.
    6. Assyrischer Einfall: Prophezeiung über einen assyrischen Einfall in Juda.
    7. Überflutung: Das Bild einer Überflutung für die Bedrohung durch Assur.
    8. Immanuel: Wiederholung des Immanuel-Motivs.
    9. Gott mit uns: Immanuel bedeutet "Gott mit uns".
    10. Zerschmettert: Die Völker werden zerschmettert werden.
    11. Gottes Gericht: Ankündigung von Gottes Gericht.
    12. Nicht so denken: Warnung, nicht wie die Ungläubigen zu denken.
    13. Finsternis: Es wird eine Zeit der Finsternis geben.
    14. Hoffnungslosigkeit: Es wird ein dunkles Tal der Hoffnungslosigkeit geben.
    15. Vertrauen: Aufforderung, auf Gott zu vertrauen und sich nicht zu fürchten.
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6. Der wertlose Weinberg

( 5,1 - 7 )

 

In der ersten Strophe (V. 1 - 2 ) des Liedes, das Jesaja hier dichtet, singt er über Gottes Fürsorge für seinen Weinberg und den Zustand dieses Weinberges. Die zweite Strophe (V. 3 - 6 ) zeigt, was Gott angesichts dieses Zustandes zu sagen hat. In der dritten Strophe (V. 7 ) schließlich wird gezeigt, wer dieser Weinberg ist. Auch an anderen Stellen benutzt Gott dieses Bild des Weinberges für Israel ( Jes 3,14; Ps 80,9-17; Jer 2,21; 12,10; Hes 15,6-8; Hos 10,1 ).

 

 

Jes 5,1-2

 

In seinem Lied malt Jesaja ein Bild von seinem lieben Freund (d. h. Gott), wie er einen Weinberg auf einem fruchtbaren Hügel pflanzte, die Steine (von denen es in Israel viele gibt) entfernte und nur den besten Wein anpflanzte. Er baute einen Wachtturm , ein Steingebäude, von dem aus man den Weinberg bewachen konnte (vgl. "Häuslein"; Jes 1,8 ). Und er baute eine Weinpresse in Erwartung des guten Weines, der hier wachsen sollte. Aber es wuchsen nur schlechte Trauben an seinen Weinstöcken.

 

 

Jes 5,3-6

 

Die Worte in diesen Versen des Liedes werden von Gott "gesprochen". Er bittet das Volk von Juda, in dieser Situation zu richten . Sie sollten sagen, ob die schlechten Trauben die Schuld des Weinbergbesitzers sind. Gott aber hat alles getan, um den Weinberg fruchtbar zu machen (V. 4 ). Jetzt bleibt nur noch eine Sache, die er tun kann: Er wird zulassen, daß sein Weinberg zerstört wird (V. 5 - 6 ). Er wird den schützenden Zaun und seine Mauern (vermutlich aus Stein) wegreißen. Tiere (auch Füchse, vgl. Hl 2,15 ) dürfen nun hinein und ihn zerstören. Ohne die Pflege des Weinberges werden Dornen wachsen und die Weinstöcke ersticken. Auch Regen wird Gott nicht mehr auf den Weinberg fallen lassen. Diese Vernichtung kommt wegen der sündigen Taten (der schlechten Frucht) des Volkes. Ohne Gottes Schutz wird Juda zerstört werden.

 

 

Jes 5,7

 

Der Weinberg in diesem Lied ist Israel und Juda. Wie auch sonst manchmal bei Jesaja steht "Israel" hier als Synonym für das Südreich ( Neh 1,6; Jes 13,3 ). Gott wollte sich an seinem Volk freuen. Er wollte gute Frucht, Recht und Gerechtigkeit (vgl. die Anmerkungen zu Jes 1,21 ). Statt dessen sah er nur Blutvergießen (vgl. Jes 1,15 ) und hörte Schreie der Bedrängnis. Wegen ihrer "schlechten Frucht" (Ungerechtigkeit) werden die meisten Menschen getötet oder in Gefangenschaft geführt werden. Jesaja benutzt zwei interessante Fälle des Gleichklanges (Ähnlichkeit im Klang der Worte), um den Widerspruch zwischen dem, was Gott von seinem Volk erwartet und was dieses tut, deutlich zu machen. Statt "Recht" ( miSpoF ) herrscht "Blutvergießen" ( miRpoH ) und statt "Gerechtigkeit" ( Q+=DAqCh ) "Bedrängnis" ( Q+ZAqCh ).

 

 

7. Eine Anklage der Sünde

( 5,8 - 30 )

 

Obwohl die Verse 8 - 30 nicht mehr zu dem Lied aus Vers 1 - 7 gehören, ordnen sie sich genau in den Gedankengang Jesajas ein, denn die sechs Anklagen ("Wehe-Rufe") dieser Verse richten sich gegen die "schlechte Frucht", die das Volk hervorgebracht hat. Zwischen der zweiten und der dritten Anklage spricht Gott von den Folgen der Sünde Judas (V. 13 - 17 ). Ähnlich geschieht es auch nach dem sechsten Wehe (V. 24 - 30 ).

 

 

a. Wehe den Materialisten

( 5,8 - 10 )

 

Jes 5,8-10

 

Jede dieser sechs Anklagen wird durch ein Wehe ( hNy , vgl. die Anmerkungen zu Jes 3,9 ) eingeleitet. Manche Menschen haben sich auf Kosten ihrer Mitmenschen viel Land angesammelt (vgl. Mi 2,1-2 ). In einer ummauerten Stadt durfte man laut dem Gesetz Gottes Häuser dauerhaft verkaufen. In Städten ohne Mauern und auf dem Land jedoch durfte ein Haus nur bis zum nächsten Jubeljahr verkauft werden. Dann mußte es seinen Vorbesitzern zurückgegeben werden. Weil Gott dem Volk das Land gegeben hatte, sollte niemand auf Kosten anderer reich werden. Aber die Menschen in Israel haben sich nicht an Gottes Gebot gehalten. Wegen dieser Sünde sollen die großen Häuser und Gehöfte, die die Menschen nun besitzen, einmal leerstehen, weil viele ihrer Bewohner getötet sind und, wie es im mosaischen Bund gesagt wird ( 5Mo 28,20-24 ), die Ernte ausgeblieben ist. Gewöhnlich gab ein großer Weinberg viele Liter Wein. Nun würde es nur noch ein Eimer (etwa 23 Liter) voll sein. Zehn Scheffel ( ein Homer ) Saat würden normalerweise eine große Anzahl von Scheffeln Frucht ergeben. Jetzt würde es nur knapp ein Scheffel sein ( ein Epha , etwa 112 der Saat!).

 

 

b. Wehe den Trunkenbolden

( 5,11 - 12 )

 

Jes 5,11-12

 

Offensichtlich war der übermäßige Genuß von Wein in Jesajas Tagen sehr häufig, denn diese Sünde wird in zwei der sechs Wehe-Rufen erwähnt (vgl. V. 22 ). Die Menschen sind dem Wein so ergeben, daß sie, ganz anders als Trinker gewöhnlich, schon früh am Morgen aufstehen, um zu trinken. Und sie bleiben auch bis spät in die Nacht hinein auf. Bei ihren Gelagen hören sie gerne Musik an ihren Tafeln , aber von den Taten des HERRN wollen sie nichts wissen. Ihre mangelnde Ehrfurcht vor dem Werk seiner Hände hat zur Folge, daß sie andere Menschen, die nach dem Bild Gottes geschaffen waren, mißbrauchen. Sie sorgen sich nur um ihr eigenes Vergnügen, nicht aber um den Herrn oder um andere Menschen.

 

 

c. Folgen von Judas Lebensweise

( 5,13 - 17 )

 

Jes 5,13-17

 

Mehrere Folgen hat diese Lebensweise Judas. Eine davon ist das Exil. Zu ihm gehört Tod durch Hunger und Durst (V. 13 ). Viele werden sterben, sowohl die Edlen wie die Menge , denn der Tod hat keine Ehrfurcht vor dem Rang der Menschen (V. 14 ). Die Zecher ( Übermütige und Fröhliche ), von denen Jesaja gerade gesprochen hat (V. 11 - 12 ), werden ebenso sterben (V. 14 ). Alle Stolzen werden erniedrigt werden (vgl. Jes 2,11-12.17 ), ohne Rücksicht auf ihre Herkunft ( Jes 5,15 ). Die Häuser der Reichen werden zerstört (vgl. V. 8-9 ) und verlassen sein, Lämmer können dort weiden (V. 17 ). Diese Zerstörung des Volkes führt dazu, daß Gottes Gerechtigkeit und Heiligkeit sichtbar wird (V. 16 ). Damit ist nicht gesagt, daß Gott diese Rache gefällt. Vielmehr hält er sich an sein Wort, wie er es im Bundesschluß verkündigt hat. Seine Züchtigung des Volkes zeigt, daß er sein Volk liebt und es eines Tages wieder in seine hervorgehobene Stellung einsetzen wird.

 

 

d. Wehe denen, die an Gott zweifeln

( 5,18 - 19 )

 

Jes 5,18-19

 

Vielleicht spricht Jesaja hier von Menschen, die es ganz grundsätzlich in Frage stellen, ob Gott wirklich die Kontrolle über sein Volk hat. Obwohl sie mit Stricken und Wagenseilen an Sünde und Unrecht gebunden (d. h. tief in Sünde verstrickt) sind, fragen sie sich, ob Gott das Volk retten kann. Offensichtlich wollen sie, daß Gott sie rettet, obwohl sie gleichzeitig ihr sündiges Handeln nicht aufgeben möchten. Sie wollen sehen, wie Gott handelt ( laß ihn sein Werk eilend tun ), ohne sich selbst geistlich zu verändern. Aber die Erlösung, ob persönlich oder kollektiv, geschieht nicht auf diesem Wege. Bevor Gott sein Volk vor der Zerstörung rettet, muß zunächst eine geistliche Änderung eingetreten sein.

 

e. Wehe denen, die Böses gut nennen

( 5,20 )

 

Jes 5,20

 

Manche verführen Menschen durch ihre verkehrten Wertvorstellungen. Böses - z. B. Ehebruch, Götzendienst, Materialismus, Mord und viele andere Sünden, die in der Bibel verboten werden - wird oft als gut bezeichnet. Wer dies tut, steht unter der Gerichtsandrohung (dem Wehe ) Gottes.

 

 

f. Wehe den Betrogenen

( 5,21 )

 

Jes 5,21

 

Manche halten sich selbst für weise und klug und verlassen sich nicht auf Gottes Macht zur Erlösung des Volkes. Sie meinen, sich selbst beschützen zu können.

 

 

g. Wehe den betrunkenen Bestechlichen

( 5,22 - 23 )

 

Jes 5,22-23

 

Viele Führer sind, anstatt Helden und gute Regierungsbeamte zu sein, für ihre Trinkfestigkeit bekannt. Sie lassen sich gern bestechen. Die Menschen, über die sie herrschen, kümmern sie nicht. Sie interessieren sich viel mehr für ihr eigenes Vergnügen als für die Rechte des Unschuldigen . Daher werden sie (diese Führer) gerichtet werden.

 

 

h. Weitere Folgen von Judas Lebensstil

( 5,24 - 30 )

 

Jesaja hat schon von einigen Gerichtsfolgen gesprochen, die durch die Sünde der Menschen über sie kommen werden (V. 13 - 17 ). Nun spricht er erneut von diesen Folgen des Ungehorsams gegenüber den Verpflichtungen des Bundes.

 

 

Jes 5,24-25

 

Diese Menschen, von denen Jesaja geschrieben hat, werden wie Stroh und trockenes Gras verbrennen, und ihre Blumen werden wie Staub auffliegen. Der Grund dafür ist, daß sie Gottes Wort (zu der HERR Zebaoth vgl. die Anmerkungen zu Jes 1,9 zu der Heilige Israels vgl. die Anmerkungen zu Jes 1,4 ) bewußt ungehorsam sind. Wegen dem Zorn des HERRN werden viele in den Straßen von Jerusalem sterben. Seine erhobene Hand (vgl. Jes 14,27 ) deutet an, daß er die Strafe ausführt. Die Berge, die durch Erdbeben erschüttert werden, sprechen von seiner furchtbaren Gegenwart (vgl. 2Mo 19,18; 1Kö 19,11;Jer 4,24; Hab 3,10 ).

 

 

Jes 5,26-30

 

Wenn Gottes Gericht über Juda kommen wird, werden die Völker von Ägypten und Assyrien ( Jes 7,18 ) und später auch Babylon reagieren, als hätte Gott ein Banner , ein Zeichen für den Krieg, errichtet. Jene Völker werden von den Enden der Erde zu kommen scheinen, ein Ausdruck, den Jesaja häufig benutzt, um Menschen von überall her zu bezeichnen ( Jes 5,26; 24,16; 40,28; 41,5.9; 42,10; 43,6; 45,22; 48,20; 49,6; 52,10; 62,11 ). Die Soldaten werden rasch kommen und kräftig ( Jes 5,27 ) und wohlbewaffnet sein. Ihre Kriegswagen sind schnell (V. 28 ). Grausam wie Löwen (V. 29 ) werden sie Juda völlig verwüsten (V. 30 ). Sie werden Juda wie eine Meereswoge überfluten und die Sonne wie mit Wolken auslöschen, ein Bild für Bedrängnis und Dunkel.

 

 

8. Jesajas Berufung

( Jes 6 )

 

Dieses Kapitel gehört zwar einerseits zu den bekanntesten im Buch Jesaja, hat jedoch andererseits unter Auslegern mindestens drei Probleme aufgeworfen.

Das erste Problem ist die chronologische Einordnung von Kapitel 6 , der Berufungsgeschichte Jesajas, im Blick auf die vorhergehenden fünf Kapitel über Gericht und Befreiung. Hat Jesaja eine Zeitlang ohne Berufung gedient, oder ist dieses Kapitel chronologisch falsch, aber logisch richtig hier eingeordnet? Manche meinen, daß Jesaja schon vorher als Prophet gewirkt haben muß ( Jes 1-5 ), denn diese Vision aus Jes 6 geschah "in dem Jahr, in dem König Usija starb" (V. 1 ), und er hat ja nach Jes 1,1 während der Regierungszeit des Usija gewirkt. Es läßt sich jedoch aus Jes 6,1 nur schließen, daß diese Vision irgendwann in den letzten 12 Monaten vor dem Tod Usijas, und damit "während" seiner Regierungszeit, geschehen ist.

Es ist möglich, daß Jesaja, wie manche Ausleger meinen, den sündigen Zustand des Volkes gesehen ( Jes 1-5 ) und sich von diesem Volk abgesetzt hat, bis er die Vision Gottes hatte und erkannte, daß auch er ein Teil dieses Sündenproblemes war. Auch er war "ein Mann unreiner Lippen" ( Jes 6,5 ).

Auf der anderen Seite ist es denkbar, daß die Vision und Berufung von Kapitel 6 geschah, bevor er seine Botschaft, die in Kapitel 1 - 5 enthalten ist, weitergegeben hat. Sein Erlebnis ordnet er hier ein, weil es ein passender, logischer Höhepunkt der Anklagen in diesen Kapiteln ist. Kapitel 6 betont die extreme Verdorbenheit des Volkes und stellt dieser Gottes Heiligkeit gegenüber. Jesaja stellt auch fest, daß den Menschen die geistliche Einsicht fehlt und sie von ihrem sündigen Verhalten nicht umkehren werden.

Ein zweites Problem ist die Frage, wen Jesaja sah. Jesaja "sah den Herrn" (V. 1 ), den er den "Herrn Zebaoth" (V. 3 ) und den "König, der Herr Zebaoth" (V. 5 ) nennt. Weil nun der Apostel Johannes schreibt, daß Jesaja "die Herrlichkeit Jesu" gesehen habe ( Joh 12,41 ), kann es sein, daß er den präexistenten Christus gesehen hat, der Herr ist aufgrund seiner Gottheit. Natürlich hat der Prophet nicht Gott in seinem eigentlichen Wesen gesehen, denn kein Mensch kann ihn sehen ( 2Mo 33,18; Joh 1,18; 1Tim 6,16; 1Joh 4,12 ). Gott ist unsichtbar ( 1Tim 1,17 ). Jesaja hat Gott in einer Erscheinung oder Theophanie gesehen, wie ja auch Hesekiel ( Hes 1,3-28 ), Daniel ( Dan 7,2.9-10 ) und andere.

Ein drittes Problem entsteht daraus, daß Jesajas Vision im Tempel geschah ( Jes 6,1 ). War Jesaja dort, weil er ein Priester war? Jeremia war der Sohn eines Priesters ( Jer 1,1 ), und Hesekiel war ein Priester ( Hes 1,3 ), aber das Buch Jesaja sagt nichts darüber, daß dieser aus einer priesterlichen Linie kommt. Es ist ja auch denkbar, daß er keine priesterlichen Pflichten im Tempel erfüllte, sondern einfach dort anbetete, als er diese himmlische Vision hatte. Oder er war, wie Hesekiel ( Hes 8,1-4 ), nicht leiblich im Tempel, sondern wurde in seiner Vision dorthin versetzt.

 

 

a. Jesajas Vision des Herrn

( 6,1 - 4 )

 

Jes 6,1

 

Da Jesaja während der Regierungszeit von König Usija wirkte ( Jes 1,1 ), muß seine Vision Gottes in dem Jahr, in dem Usija starb, innerhalb der letzten zwölf Monate vor dessen Tod im Jahre 739 v. Chr. geschehen sein. Wenn die Vision vor dem eigentlichen Dienstbeginn Jesajas war, dann war sie folglich auch vor dem Todesjahr des Usija. Wenn die Vision jedoch irgendwann nach dem Dienstbeginn erfolgte - vgl. die Anmerkungen weiter oben unter "8. Jesajas Berufung ( Jes 6 )" - dann könnte Jesaja die Vision innerhalb des Kalenderjahres (739 v. Chr.), kurz vor oder kurz nach dem Tod Usijas gehabt haben.

Diese zeitliche Einordnung weist uns auf einen Gegensatz zwischen dem menschlichen König und Gott selbst, dem göttlichen König, hin und in gewisser Weise auch auf einen Gegensatz zwischen Usija und Jesaja. Während der langen (52 Jahre) und erfolgreichen ( 2Chr 26,1-15 ) Regierungszeit des Usija lebten viele Menschen ohne Gott und in Sünden ( 2Kö 15,1-4 ; Usija wird auch Asarja genannt). Gott dagegen ist heilig ( Jes 6,3 ). In seinem Stolz und Ungehorsam ging Usija in den Tempel (ohne Empfinden für die Sünde, die dies bedeutete) und wurde daraufhin mit Aussatz gestraft ( 2Chr 26,16-20 ), was ihn kultisch unrein machte. Jesaja dagegen hatte ein Empfinden für seine Sünde, denn er sagt, daß er und sein Volk geistlich unrein sind ( Jes 6,5 ). Usija wurde vom Tempel ausgeschlossen ( 2Chr 26,21 ), Jesaja dagegen nicht.

Drei Dinge sind Jesaja in der Vision von Gott besonders wichtig: Er saß auf einem Thron, er war hoch und erhaben, und der Saum seiner Schleppe füllte den Tempel . An dem heiligsten Ort des ganzen Tempels in Jerusalem wurde Gottes Herrlichkeit zwischen den Cherubim auf dem Sühnedeckel der Bundeslade sichtbar. Manche Israeliten könnten daraus vielleicht geschlossen haben, daß Gott relativ klein sei. Salomo dagegen erklärt schon bei seinem Weihegebet für den neuerbauten Tempel, daß weder der Tempel, noch die Himmel aller Himmel Gott fassen können ( 1Kö 8,27 ). Jesaja sieht Gott daher auch nicht auf der Bundeslade, sondern auf einem Thron. Knapp 150 Jahre später ist es Hesekiel, der eine ähnliche Schau bekommt. Er sieht Gott, gezogen auf einem Thron-Wagen von Wesen, die Cherubim genannt werden ( Hes 1 ). Der Thron macht für Jesaja deutlich, daß der Herr wirklich der wahre König Israels ist.

Daß Gott "hoch und erhaben" ist, macht seine Stellung vor dem Volk deutlich. Die Menschen wollen, daß Gott etwas für sie tut ( Jes 5,19 ). Er aber tut es ja schon, was seine erhobene Stellung unter ihnen deutlich macht.

Die lange Schleppe des Herrn spricht von seiner königlichen Majestät. Daß er im Tempel ist, zeigt, daß Gott zwar bloße Religiosität haßt ( Jes 1,11-15 ), aber doch möchte, daß sein Volk den Tempeldienst verrichtet. Der Tempel und die Opfer des Tempels sind ein Bild für das gerechte Handeln des allmächtigen Gottes mit seinem Bundesvolk.

 

 

Jes 6,2-4

 

Serafim , Engelwesen, die über dem Herrn schweben, werden in der Bibel nur hier erwähnt. "Seraf" kommt von dem hebräischen Wort RAraP , "brennen". Vielleicht ist damit der brennende Eifer der Serafim für den Herrn gemeint. Interessant ist auch, daß einer der Serafim eine brennende Kohle nimmt und zu Jesaja bringt (V. 6 ). Sie haben sechs Flügel (die vier Wesen, die Hesekiel sah, haben jeweils vier Flügel; Hes 1,6.11 ). Mit zwei Flügeln bedecken sie ihr Angesicht, was ihre Demut vor Gott deutlich macht. Mit zwei weiteren Flügeln bedecken sie ihre Füße, was vielleicht Dienstbereitschaft für Gott bedeutet, und daß sie flogen, mag andeuten, daß sie fortwährend Gottes Heiligkeit und Herrlichkeit verkündigen.

Die Serafim, deren Anzahl nicht genannt wird, riefen einander zu und verkündigten, daß der HERR Zebaoth heilig ist. Die dreifache Wiederholung des Wortes heilig meint höchste oder vollkommene Heiligkeit. Sie bezieht sich nicht, wie einige Ausleger meinen, auf die Dreieinigkeit. Die Trinität wird auf andere Weise verdeutlicht (vgl. z. B. die Anmerkungen zu Jes 6,8 ). Es ist im AT üblich, ein Wort dreimal zu wiederholen, um seine Bedeutung zu unterstreichen (z. B. Jer 22,29 ). Die Serafim verkündigen auch, daß seine Herrlichkeit die Erde ausfüllt (vgl. 3Mo 14,21 ), so wie seine Schleppe den Tempel erfüllt. Die Leute von Juda dagegen sind unheilig (vgl. Jes 5; 6,5 ), obwohl sie doch eigentlich ein heiliges Volk sein sollen ( 2Mo 22,30; 5Mo 7,6 ).

Als die Serafim rufen, sieht Jesaja den Tempel erzittern, und dann ist er mit Rauch erfüllt ( Jes 6,4 ). Die Grundfesten sind große Grundsteine (vgl. Am 9,1 ), auf denen die Türpfosten ruhen. Das Erzittern (vgl. 2Mo 19,18 ) macht die furchtbare Gegenwart und Macht Gottes deutlich. Der Rauch ist vermutlich ein Bild für die Wolke der Herrlichkeit, die Jesajas Ahnen in der Wüste gesehen haben ( 2Mo 13,21; Jes 16,10 ) und die auch den Priestern zur Zeit Salomos bei der Einweihung des Tempels erschienen war ( 1Kö 8,10-13 ).

 

 

b. Jesajas Reaktion auf die Vision

( 6,5 )

 

Jes 6,5

 

Diese Vision der Majestät, Herrlichkeit und Heiligkeit Gottes läßt Jesaja erkennen, daß er ein Sünder ist. Auch Hesekiel führt die Begegnung mit Gottes Herrlichkeit zur Demütigung. (Vgl. auch die Antworten Hiobs, Hi 42,5-6 ; Petrus, Lk 5,8 ,und des Apostels Johannes, Offb 1,17 .) Jesaja hat dem Volk das "Wehe" Gottes (Androhungen des Gerichtes) verkündigt ( Jes 5,8-23 ). Nun aber erkennt er, daß er selbst unter dem Gericht Gottes steht und sagt: Wehe mir! (vgl. Jes 24,16 ). Er ist unrein. Neben der Reinheit von Gottes Heiligkeit wird die Unreinheit der menschlichen Sünde um so deutlicher. Die unreinen Lippen des Propheten stehen vermutlich sowohl für seine Einstellungen und seine Taten als auch für seine Worte, denn die Worte eines Menschen spiegeln seine Gedanken wider und stehen mit seinen Taten in engster Verbindung. Jesaja identifiziert sich hier mit seinem Volk, das auch sündig ist ( ein Volk unreiner Lippen ).

 

 

c. Jesajas Reinigung und seine Botschaft

( 6,6 - 13 )

 

Jes 6,6-7

 

Als Jesaja seine Unreinheit erkennt, wird er von Gott gereinigt durch das Mittlerwerk eines der Serafim . Es paßt sehr gut, daß ein Seraf (was vermutlich "ein Brennender" bedeutet) Jesajas Lippen mit einer glühenden Kohle von dem Altar berührt . Gemeint ist entweder der Brandopferaltar, auf dem das Feuer immer am Brennen gehalten werden mußte ( 3Mo 6,2 ), oder der Räucheraltar, auf dem jeden Morgen und jeden Abend Räucherwerk geopfert wurde ( 2Mo 30,1.7-8 ). Diese symbolische Handlung steht für die Wegnahme der Schuld und Sünde des Propheten. Natürlich hat die gesamte Nation diese Vergebung nötig. Die Juden müßten wie Jesaja antworten und zugeben, daß auch sie der Reinigung von ihren Sünden bedürfen. Aber die meisten Menschen lehnten es, ganz anders als Jesaja, ab, ihre geistliche Not zuzugeben. Zwar opferten sie durch die Priester Brandopfer im Tempel, aber eigentlich würde ihr Leben die reinigende Wirkung von Gottes "Feuer" benötigen.

 

 

Jes 6,8

 

Die übrigen Verse dieses Kapitels handeln von der Botschaft, die Jesaja dem Volk verkünden soll. Es ist dabei von Bedeutung, daß Jesaja nicht zum Dienst gerufen wird, bevor er gereinigt ist. Nachdem er die Worte des Serafs gehört hat (V. 3.7 ), hört er nun die Stimme des Herrn.

Gott fragt: Wen soll ich senden? Wer will unser Bote sein? Das Wort "uns" in bezug auf Gott ist ein verborgener Hinweis auf die Dreieinigkeit (vgl. 1Mo 1,26; 11,7 ). Diese Lehre ist zwar im AT nicht ausdrücklich so formuliert, dennoch finden sich immer wieder Hinweise darauf, denn Gott ist ja derselbe Gott in den beiden Testamenten.

Die Frage "Wer will unser Bote sein?" bedeutet nicht, daß Gott dies nicht gewußt hat oder daß er gehofft hat, daß irgend jemand antworten wird. Er stellt diese Frage, um Jesaja, der nun gereinigt ist, eine Möglichkeit zum Dienst zu geben. Der Prophet weiß, daß das ganze Volk das gleiche Wissen über Gott und die gleiche Reinigung von den Sünden braucht, wie er dies erlebt hat. So antwortet er, daß er bereit ist, dem Herrn zu dienen ( Hier bin ich ).

 

 

Jes 6,9-10

 

Wahrscheinlich hat Jesaja, als er so auf Gottes Frage antwortete, erwartet, daß sein Dienst für den Herrn zur Reinigung des Volkes führen wird. Der Herr aber läßt ihn wissen, daß seine Botschaft nicht zu einem großen geistlichen Aufbruch führen wird. Die Menschen haben bisher nicht gehört, sie werden auch in Zukunft nicht hören. Der Herr hat keinen Gefallen daran, sein Volk zu richten, aber die Züchtigung ist notwendig wegen ihrem Ungehorsam. Das Volk wird sogar noch verstockter gegen Gott werden, wenn es die Botschaft Jesajas hört. Interessant ist, daß sechs Worte in Vers 10 einen Chiasmus bilden: Herz, Ohren, Augen werden in den Zeilen 1 - 3 erwähnt. In den Zeilen 5 - 7 finden wir dann die umgekehrte Reihenfolge: Augen, Ohren, Herzen . Im Alten Testament geschieht solch eine Anordnung von Aussagen häufig. Vielleicht werden durch diese Anordnung die "Augen", die in der Mitte stehen, besonders betont. Jesus hat einen Teil dieser Verse zitiert, um zu zeigen, daß das Israel seiner Tage nicht glauben konnte , weil es nicht glauben wollte (vgl. den Kommentar zu Joh 12,40 ).

 

Jes 6,11-13

 

Jesajas Antwort auf diese Botschaft macht deutlich, daß er bereit ist zu reden, was immer Gott ihm auftragen wird. Allerdings fragt er sich, wie lange er wohl eine Botschaft des Gerichtes verkündigen muß, gegenüber der die Menschen taub sind. Der Herr antwortet, daß Jesaja diese Botschaft zu verkünden hat, bis sein Gericht kommt, d. h. also, bis das babylonische Exil tatsächlich eintritt und die Menschen aus dem Land deportiert werden (V. 12 ) und ihre zerstörten Städte und Felder zurücklassen müssen (V. 11 ). Zwar erlebte Jesaja dies nicht mehr, aber Gott wollte ihm so zeigen, daß er seine Verkündigung weiterführen soll, selbst wenn er den Fall Judas noch miterleben würde. Der zehnte Teil , der im Land zurückbleiben wird (V. 13 ), bezieht sich auf die Armen, die Nebukadnezar in Juda zurückließ ( 2Kö 24,14 ). Die meisten von ihnen jedoch waren Gesindel ( Jer 41,10-18; 43,4-7 ).

Jesaja war durch solch eine negative Antwort und solch schreckliche Folgen seiner Botschaft vielleicht entmutigt. Deshalb versichert ihm der Herr nun, daß nicht alle verloren seien. Ein Überrest würde bleiben. Gott vergleicht diesen Überrest mit Baumstümpfen von Linden und Eichen . Aus solch einem Stumpf, aus solch einem heiligen Samen eines gläubigen Überrestes, werden andere kommen, die ebenfalls glauben. Gott verheißt hier trotz der fast völligen Auslöschung und Wegführung der Bevölkerung Judas, daß er eine kleine Zahl von Gläubigen im Land zurücklassen wird.

 

 

B. Prophetien der Befreiung

( Jes 7-12 )

 

In diesen Kapiteln richtet der Prophet seine Aufmerksamkeit auf die Befreiung, die Gott dem Volk bringen wird. Judas Befreiung von der aramäisch-israelitischen Allianz ( Jes 7,1-4 ) ist ein Vorbild seiner endgültigen Befreiung. Der Fall des assyrischen Weltreiches ( Jes 10,5-19 ), der zur "Befreiung" Judas führt, ist Vorbild für den Fall aller Heidenvölker, die sich gegen Gott und sein Volk stellen. Jesaja behauptet nicht, daß diese Befreiungen das herrliche, zukünftige Königreich hervorbringen werden. Er kündigt aber dieses herrliche Reich, das Tausendjährige Reich, an ( Jes 11 ). Es wird größer sein als alle bisherigen Reiche. In diesem Reich wird "der heilige Samen" ( Jes 6,13 ), der gläubige Überrest ( Jes 10,20-21 ), ein Lied des Dankes singen ( Jes 12 ).

 

 

1. Die Geburt des Immanuel

( Jes 7 )

 

Jesaja weissagt von einem Kind, das geboren wird und etwas mit der Befreiung des Volkes zu tun hat. Die Geburt des Kindes, das Immanuel genannt werden wird, hat große Bedeutung für die Linie Davids.

 

 

a. Die historische Situation

( 7,1 - 2 )

 

Jes 7,1-2

 

Rezin , der König von Aram , nordöstlich von Israel, und Pekach, König von Israel (752 - 732), hatten einen Bund miteinander geschlossen. Rezin hatte den Thron von Aram vielleicht durch einen Umsturz erhalten, von Pekach jedenfalls wissen wir dies genau. Rezin war der letzte König der Aramäer und Pekach war Israels vorletzter König. Nachdem Jerobeam II. (793 - 753) gestorben war, wurde das Nordreich zunehmend schwächer. Rezin überzeugte Pekach, ihn gegen seinen südlichen Nachbarn Juda zu unterstützen ( 2Kö 15,37; 16,5 ). Sie bedrohten daher nun Juda und wollten König Ahas durch einen Strohkönig, den "Sohn Tabeals", ersetzen ( Jes 7,6 ). Tabeal war vielleicht ein Bezirk oder auch eine Person in Aram. Die Aussicht, solch furchtbare Feinde wie Aram und Israel gegen sich zu haben, flößte vielen Menschen in Juda Angst ein. Das Haus Davids (V. 2 ) bezieht sich auf König Ahas, der aus dieser königlichen Linie stammt. Ahas war sehr erschrocken, als er von dieser aramäisch-israelitischen Allianz hörte. Ephraim , Israels größter Stamm, steht hier stellvertretend für die gesamte Nation (vgl. auch das Buch Hosea; z. B. Hos 4,17; 5,3.5.9-14 ). Das Ganze ereignete sich im Jahr 734 v. Chr. Vielleicht dachte Ahas, er könne den assyrischen König Tiglat-Pileser III. (745 - 727) zu seiner Hilfe rufen und die aramäisch-israelitische Allianz angreifen.

 

 

b. Die Gewissheit, dass Juda nicht zerstört wird

( 7,3 - 9 )

 

Jes 7,3

 

Gott weist Jesaja an, mit seinem Sohn loszugehen und König Ahas am Ende der Wasserleitung des oberen Teiches zu treffen . Dieser Teich war ein Wasserspeicher, in den das Wasser der Gihon-Quelle, nahe bei Jerusalem, floß. ( Jes 22,9 bezieht sich auf einen tiefer gelegeneren Teich.) Vielleicht befand sich Ahas dort, um die Wasserversorgung Jerusalems zu kontrollieren für den Fall eines aramäisch-israelitischen Angriffes. Die Wasserleitung war nahe der Straße zu dem Walker-Feld , gerade außerhalb der Stadtmauern Jerusalems. Von hier aus würde knapp 33 Jahre später Sanheribs Sprecher seine Herausforderung an die Einwohner der Stadt richten ( Jes 36,2 ). Der Name von Jesajas Sohn, Schear-Jaschub (was bedeutet: "ein Rest wird zurückkehren"; vgl. Jes 10,21 ), macht die Botschaft des Propheten deutlich. Das Volk von Juda wird durch diese aramäisch-israelitische Allianz nicht zerstört werden.

 

 

Jes 7,4-6

 

Jesaja überbringt Ahas die Nachricht, daß er sich vor Rezin und Pekach nicht fürchten soll, denn sie sind nur rauchende Holzscheite . Ihr Leben wird bald enden. Wie Feuerholz wird es verbrennen und zu Ende sein. Beide Männer starben zwei Jahre später (732 v. Chr.). Aram und Israel bedrohen Juda, wollten es erobern, zwischen den beiden Siegermächten aufteilen und einen Strohkönig einsetzen.

 

Jes 7,7-9

 

Aber der allmächtige Herr hat eine Antwort auf diese Bedrohung durch Aram und Israel: Er (der Angriff) wird nicht geschehen . Der Grund dafür ist, daß beide Völker nur von Menschen (V. 8 - 9 ) geführt werden. Es ist ein Stück Ironie, daß Jesaja Pekach nur ein einziges Mal beim Namen nennt (V. 1 ). Daneben nennt er ihn noch viermal den "Sohn von Remalja" oder Remaljas Sohn (V. 4 - 5.9 ; Jes 8,6 ). Er und Rezin können Gottes Plan nicht durchkreuzen.

Jesaja spricht dann die erstaunliche Prophetie aus, daß innerhalb von 65 Jahren Israel nicht mehr länger ein Volk sein wird, weil es so zerstreut ist ( Jes 7,8 ). Jesaja gab diese Prophetie im Jahr 734 v. Chr.; 65 Jahre später wäre also das Jahr 669. Als Assyrien Israel im Jahr 722 eroberte, wurden viele Israeliten in andere Länder weggeführt und Fremde kamen in das Land Samarien ( 2Kö 17,24 ). Aber 669 wurden noch viel mehr Ausländer nach Samarien gebracht durch Asenappar ( Esr 4,10 ), König von Assyrien (669 - 626). Israel wurde auf diese Weise "zerstreut", so daß es unmöglich wurde, wieder zu einem vereinigten Volk zu werden.

Der zweite Satz in Jes 7,9 wurde schon auf verschiedenste Weise übersetzt. Ganz offensichtlich war er eine Herausforderung an Ahas, zu glauben, was Jesaja ihm sagte. 65 Jahre später war Ahas natürlich nicht mehr am Leben. Aber er konnte es glauben, daß Gott beide Vorhersagen erfüllen würde: daß Israel 65 Jahre später zerstreut sein würde und daß in seinen Tagen die nördliche Allianz (Aram und Israel) Juda nicht überwältigen würde. Wenn er diesen Verheißungen jedoch nicht glaubte, dann würde auch er fallen.

 

 

c. Ahas lehnt ein Zeichen ab

( 7,10 - 12 )

 

Jes 7,10-12

 

Um seinen Glauben zu stärken, soll Ahas den HERRN um ein Zeichen bitten , ein bestätigendes Wunder, das Gottes Wort bekräftigt. Der König kann sich dabei jedes denkbare Wunder aussuchen, von der tiefsten Tiefe bis zur höchsten Höhe . Durch diese Art der Umschreibung, bei der zwei Extreme genannt werden, soll deutlich werden, daß alles zwischen diesen beiden Eckpunkten dazugehört. Ahas steht also ein Wunder zur Verfügung. Er muß es nur erbitten. Dann hat er die sichtbare Bestätigung, daß Jesajas Worte (V. 7 - 9 ) wirklich von Gott kommen. Ahas kann sich darauf verlassen, daß die Nord-Allianz Juda nicht besiegen wird.

Aber Ahas lehnt es ab, um ein Zeichen zu bitten. Er behauptet, er wolle Gott nicht auf die Probe stellen (vgl. 5Mo 6,16 ). Diese Antwort klingt sehr fromm, aber wahrscheinlich hat bereits der Ton, mit der er sie Jesaja gegeben hat, gezeigt, daß sie nicht ernst gemeint ist. Er glaubt Jesaja nicht. Vielleicht will er auch Jesaja nicht glauben, der ja auch von der schließlichen Zerstörung Judas geweissagt hat, wenn die Menschen nicht zu dem Herrn zurückkehrten.

 

 

d. Die Antwort des Herrn

( 7,13 - 25 )

 

Jes 7,13

 

Ahas wies nicht nur das Angebot eines Zeichens durch Gottes Boten zurück, sondern damit eigentlich den Einen, der den Propheten gesandt hatte. Das Haus Davids (vgl. V. 2 ) bezieht sich nicht auf alle Nachkommen Davids, sondern auf Ahas und jene Könige von Juda, die von ihm abstammen. Die Antwort von Ahas bezeugt sein gottloses Wesen. Er sagt zwar, er wolle Gott nicht versuchen, aber indem er es ablehnt, Gottes Anweisung zu folgen und sich ein bestätigendes Zeichen zu erbitten, versucht er ja die Geduld Gottes (und auch die menschliche Geduld).

 

 

Jes 7,14-16

 

Obwohl Ahas ein Zeichen ablehnt, das Jesajas Botschaft bestätigt hätte, erklärt ihm der Prophet, daß Gott ihm trotzdem ein Zeichen geben wird. Dieses Zeichen ist ein Junge mit Namen Immanuel . Drei Elemente prägen das Zeichen: (1) Der Junge wird von einer Jungfrau geboren (V. 14 ). (2) Er wird aufwachsen in einer Zeit des nationalen Elends (V. 15 ; zu Butter und Honig vgl. die Anmerkungen zu V. 22 ). (3) Während er noch ein junges Kind ist, wird die Allianz der zwei Könige zerbrechen (V. 16 ). Das Wort "Jungfrau" übersetzt das hebräische Wort ZalmCh , das zur Bezeichnung einer unverheirateten Frau im heiratsfähigen Alter benutzt wird. Es bezieht sich auf jemanden, der sexuell reif ist. Im AT kommt es nur noch vor in 1Mo 24,43; 2Mo 2,8; Ps 68,26; Spr 30,19 und Hl 1,3 und Hl 6,8 .Außerdem finden wir es noch in 1Chr 15,20 ( alamoth ) und in der Überschrift zu Ps 46 (hier könnte alamoth auch ein musikalischer Ausdruck sein). Der Name des Kindes, Immanuel, bedeutet "Gott (ist) mit uns".

Unter Auslegern gibt es hauptsächlich drei Ansichten über die Jungfrau aus Jes 7,14-16 :

1) Der Junge, von dem Jesaja schreibt, wurde, kurz nachdem Jesaja diese Botschaft ausgesprochen hatte, empfangen. Eine junge Frau, eine Jungfrau, heiratete und bekam ein Baby. Bevor dieses alt genug war, um den Unterschied zwischen Gut und Böse zu kennen, wurde die nördliche Allianz zwischen Aram und Israel zerstört. Nach dieser Sicht war die Frau zwar eine Jungfrau, als Jesaja seine Prophetie aussprach, nicht aber, als der Junge geboren wurde. Er wurde durch die sexuelle Gemeinschaft zwischen Mann und Frau empfangen. Manche meinen, dieses Kind sei Jesaja geboren worden ( Jes 8,3-4 ). Sie behaupten, daß zwischen Jes 8,1-4 und Jes 7,14-17 mehrere Gemeinsamkeiten bestehen. Dies jedoch muß abgelehnt werden, denn (a) Jesajas Frau hatte bereits ein Kind (Schear-Jaschub, V. 3 ), war also keine Jungfrau mehr, und (b) das zweite Kind von Jesaja wurde nicht Immanuel genannt ( Jes 8,3 ). Wenn diese erste Sicht von Jes 7,14-16 zutrifft, dann hätte Ahas diese Frau gekannt und von der Geburt des Kindes und seinem Namen Immanuel gehört und so gewußt, daß Jesajas Weissagungen zutreffend sind.

2) Eine zweite Gruppe von Auslegern sieht die verheißene Geburt als ausschließlich messianisch an und identifiziert die Jungfrau mit Maria, der Mutter Jesu. Es wird dabei argumentiert, daß nach Jes 7,14 die Jungfrau schwanger ist. Außerdem hat Matthäus bestätigt, daß die Geburt Jesu die Erfüllung dieser Prophetie Jesajas ist ( Mt 1,21-23 ), und so die Tatsache unterstrichen, daß die Ehe von Josef und Maria erst nach der Geburt Jesu vollzogen wurde ( Mt 1,18.25 ).

Vertreter dieser Sicht weisen darauf hin, daß Jesaja seine Prophetie ja an das Haus Davids gerichtet habe ( Jes 7,13 ), nicht nur an Ahas alleine.

Das Zeichen sei also nicht nur dem König, sondern der ganzen königlichen Linie und dem gesamten Volk gegeben worden.

Aber wenn die Erfüllung erst zur Zeit von Josef und Maria eintrat, wo ist dann der Zusammenhang mit Jesajas Behauptung zu sehen, daß die aramäisch-israelitische Allianz bald besiegt werden würde?

Und was hat die Geburt des Herrn Jesus mit dem Essen von Butter und Honig zu tun (V. 15 ) und dem Bruch der Allianz, bevor der Junge alt genug ist, Gut und Böse zu unterscheiden (V. 16 )? Vertreter dieser Sicht antworten, daß die Zeit vergleichbar ist:

Die zwei Jahre des Babystadiums Jesu (bevor er zwischen richtig und falsch unterscheiden konnte) weisen auf den gleichen Zeitabschnitt von zwei Jahren hin, innerhalb dessen die aramäisch-israelitische Bedrohung vorbei sein würde.

3) Eine dritte Sicht stellt eine Kombination dieser beiden Meinungen dar.

Sie sieht die Prophetie zunächst einmal an Ahas gerichtet und den Bruch der Allianz andeutend.

Die ZalmCh war eine Jungfrau, als Jesaja seine Botschaft verkündigte.

Dann heiratete sie und bekam ein Baby. Als der Bund zwischen Aram und Israel zerbrach, war dieses Kind noch ein kleiner Junge.

Jahrhunderte später ließ der heilige Geist Matthäus diese Stelle aus Jes 7,14 zitieren als eine Aussage, die auch von der Jungfrauengeburt spricht (d. h. die Geburt eines Kindes von einer Frau, die noch Jungfrau ist).

Damit wäre dies die erste von vielen Prophezeiungen Jesajas über den Messias. (Vgl. auch die Tabelle "Messianische Prophezeiungen im Buch Jesaja".) 

 

Das Zeichen muß eine bestimmte Bedeutung für die historische Situation, in der es gegeben wurde, gehabt haben.

Es spricht nicht nur von der Geburt eines Kindes und dessen Namen (Immanuel, "Gott [ist] mit uns", sollte den Menschen Gottes Gegenwart versichern), sondern auch von einer festgelegten Zeit: Bevor der Knabe alt genug ist, um das Böse zu verwerfen und das Rechte zu wählen, wird das Land der beiden Könige verwüstet liegen.

Innerhalb von drei Jahren (neun Monate Schwangerschaft und zwei Jahre, bis der Knabe den Unterschied zwischen Gut und Böse kennt) wird das Bündnis zerbrechen. Es zerbrach 732 v. Chr., als Tiglat-Pileser III. Damaskus zerstörte. Nachdem Tiglat-Pileser Aram besiegt und Rezin dem Tod überantwortet hatte, ging Ahas nach Damaskus, um den assyrischen König zu treffen ( 2Kö 16,7-10 ). Einer der Altäre in Damaskus gefiel Ahas besonders gut.

Er ließ ein Bild davon anfertigen, um einen ähnlichen Altar in Jerusalem zu errichten. Es ist nicht verwunderlich, daß Jesaja und auch Gott über Ahas zornig waren. Auch nachdem die feindliche Allianz durch Tiglat-Pileser zerbrochen war, hatte Juda keinen Frieden. Zwar besiegte Assyrien Juda nicht, aber es mußte Assyrien große Mengen an Tribut zahlen. Jesaja kündigt diese Folgen der Haltung von Ahas an ( Jes 7,17-25 ).

 

 

Jes 7,17-19

 

Gott verkündet, daß er den König von Assyrien nach Juda schicken wird. Dies wird der schlimmste feindliche Angriff sein, seit die zehn nördlichen Stämme (hier Ephraim genannt; vgl. die Anmerkungen zu V. 2 ) sich von den zwei Süd-Stämmen lösten (931 v. Chr.). Von den Tagen des Ahas an wurde Juda durch das assyrische Weltreich bedrängt, dem es große Mengen an Zoll zu bezahlen hatte. Ahas wandte sich an Tiglat-Pileser, ihn von Aram und Israel zu befreien, was dieser gerne tat. Aber Tiglat-Pileser brachte Ahas Schwierigkeiten, keine Hilfe ( 2Chr 28,20-21 ). Dann, während der Regierungszeit des Hiskia, überfiel der assyrische König Sanherib Juda, das Ägypten um Hilfe bat ( Jes 30,1-5 ), und hätte es beinahe erobert, als im Jahr 701 v. Chr. Gott auf wunderbare Weise Jerusalem rettete ( Jes 36-37 ). In all dem sehen wir Gottes Hand. Denn er wird die Fliegen aus Ägypten pfeifen (d. h. ägyptische Soldaten, die so zahlreich und lästig wie Fliegen sind) und die Bienen von Assyrien (d. h. assyrische Soldaten, die so bösartig wie Bienen sind).

 

 

Jes 7,20-25

 

Juda wird Verlust und Demütigung erleben. Assyrien wird wie ein Schermesser Judas Haare abschneiden . Im Nahen Osten jener Zeit war es ein Zeichen der Demütigung, wenn man jemandem Haare und Bart abschnitt (vgl. Hi 1,20; Jes 15,2; Jer 47,5; 48,37; Hes 7,18; Am 8,10; Mi 1,16 ). Der Überfluß an Milch war kein gutes, sondern ein schlechtes Zeichen. Da so viele Tiere sterben werden, haben die junge Kuh und zwei Ziegen eines Landwirtes keine Jungen mehr, die sie ernähren müssen, und so haben die Menschen einen Überfluß an Milch (und daher auch Butter). Auch Honig gibt es im Überfluß, denn in den verlassenen Feldern wachsen wilde Blumen und die Bienenschwärme nehmen immer mehr zu. All dies wird das Zeichen erfüllen, das Jesaja Ahas gegeben hat ( Jes 7,15 ): Er wird Butter und Honig essen . Die Landwirte werden keine Ernte haben, weil das Land verwüstet ist. Die Weingärten werden ebenso wüst liegen wie das Ackerland, und nur Dornen und Disteln (dreimal in V. 23 - 25 erwähnt) werden wachsen. Das Land ist nur noch für Vieh und Schafe geeignet.

Zu der Zeit (V. 21 ) spricht von einer Zeit des Gerichts über das Volk von Juda. Oft bezieht sich diese Formulierung (wie z. B. in Jes 4,2 ) in eschatologischer Weise auf die letzte Gerichtszeit der großen Trübsal, kurz bevor der Messias wiederkommt, um sein Tausendjähriges Reich zu errichten. An manchen Stellen aber, wie auch hier ( Jes 7,21 ), meint sie ein Gericht, das bald über das Volk kommen wird. Dieses nahe Gericht ist ein Abbild des letzten Gerichtes, das am Ende der Zeiten kommen wird.

 

 

2. Der kommende Befreier

( 8,1 - 9,6 )

 

Dieser Abschnitt steht in engem Zusammenhang mit dem vorherigen Kapitel. Es geht hier um das gleiche Ereignis, die Befreiung von der aramäisch-israelitischen Allianz und die nachfolgende assyrische Invasion, die schließlich auch Juda erreichen wird. In Kapitel 7 fanden wir mehrere "negative" Aussagen: Ahas weist das Wort Gottes durch Jesaja zurück, Ahas lebt fortgesetzt im Ungehorsam, und es werden schwierige Zeiten für Juda kommen. Dieser Abschnitt hier ist eher positiv: Das Volk wird befreit werden, und diese Befreiung ist das Abbild eines noch größeren Befreiers, der eine noch größere Befreiung bringen wird.

 

 

a. Der kommende Fall von Israel und Aram

( 8,1 - 4 )

 

Jesaja hatte schon den Fall der aramäisch-israelitischen Allianz vorhergesagt ( Jes 7,4-17 ). Nun gibt er eine erneute Prophezeiung dieses Ereignisses. Auch diese Weissagung bringt, wie in Kapitel 7 , die Geburt eines Babys mit sich, dieses Mal für Jesaja und seine Frau, die Prophetin war. Es gibt Ausleger, die die Geburt dieses Kindes für die Erfüllung der Weissagung aus Kapitel 7,14 halten. Aber zwischen beiden gibt es doch wesentliche Unterschiede. Das Kind in Jes 8,1-4 wird nicht Immanuel genannt (vgl. Jes 7,14 ). Es wird Jesajas Frau geboren. Diese aber ist keine Jungfrau mehr, da Jesaja bereits mindestens einen Sohn hat ( Jes 7,3 ), es sei denn, die Frau in Jes 8,3 ist die zweite Frau Jesajas. Dies jedoch scheint unwahrscheinlich. Vermutlich ereignete sich diese Geburt erst einige Zeit nach der Prophezeiung in Jes 7,14 ,denn nach Jes 8,4 wird der Fall der Allianz sehr bald geschehen - bevor das Kind auch nur "lieber Vater" oder "liebe Mutter" sagen kann. Die meisten Kinder können dies jedoch schon kurz bevor oder nachdem sie ein Jahr alt geworden sind. Offensichtlich gab Gott Juda in seiner Gnade diese zweite Vorankündigung der assyrischen Zerstörung von Aram. Diese Prophezeiung wurde von mehreren wichtigen Personen beobachtet, um der Nation erneut zu beweisen, daß Jesaja für den Herrn spricht und daß seine Worte wahr sind.

 

 

Jes 8,1

 

Jesaja soll ein sichtbares Hilfsmittel benutzen, um die Weissagung in den Köpfen der Menschen wirklich zu verankern. Auf einer großen Tafel soll er den Namen eines Sohnes notieren, der ihm bald geboren werden wird. Der Name des Kindes soll schon angekündigt werden, bevor er empfangen wird, so daß die Gewißheit seiner Geburt deutlich wird. Sein Name, Maher-Schalal-Hasch-Bas , der längste Eigenname in der Bibel, bedeutet "schnell zum Plündern, geschwind zum Raub" (in den meisten deutschen Übersetzungen: "Raubebald-Eilebeute"). Diese Worte riefen sich die Soldaten zu, wenn sie ihre Gegner besiegt hatten und nun ausraubten. Jesajas Zuhörer, die sich an seine Weissagung über den Fall der aramäisch-israelitischen Allianz erinnerten ( Jes 7,4-17 ), werden die Bedeutung dieses Namens verstehen, wenn sie nun seinen weiteren Prophezeiungen des drohenden Gerichtes für Aram und Israel zuhören.

 

 

Jes 8,2

 

Gott sagt, daß Jesaja sich zwei treue Zeugen nehmen soll ( 4Mo 35,30; 5Mo 17,6; 19,15 ), die die Wahrheit seiner Worte bestätigen. Uria, der Priester, wird später in einem weniger guten Licht erwähnt (vgl. 2Kö 16, 10-16 ), als er mit Ahas bei der Änderung des Tempeldienstes, nachdem die aramäisch-israelitische Allianz zerbrochen war, zusammenarbeitete. Offensichtlich war er ein einflußreicher Priester. Secharja, der Sohn Jeberechjas, wird sonst in der Bibel mit diesem ausführlichen Namen nicht mehr erwähnt. Er könnte ein Prophet zur Zeit des Usija gewesen sein ( 2Chr 26,5 ) oder ein Levit, der bei der Tempelreinigung in den Tagen Hiskias half ( 2Chr 29,12-13 ).

 

Jes 8,3-4

 

Die Prophetin , Jesajas Frau, wird nicht mit Namen genannt. Sie wird entweder Prophetin genannt, weil sie mit einem Propheten verheiratet war oder weil auch sie die von Gott gegebene Fähigkeit, zu weissagen, besaß. Letzteres ist eher wahrscheinlich. Jesajas Sohn, Raubebald-Eilebeute , ist das Zeichen des kommenden Bruches in der aramäisch-israelitischen Allianz gegen Juda. In etwa einem Jahr und neun Monaten (neun Monate für die Schwangerschaft und bis das Kind etwa ein Jahr ist) wird Assyrien Damaskus (Arams Hauptstadt) und Samaria (Israels Hauptstadt) plündern. Dies geschah im Jahr 732 v. Chr., woraus sich für die Prophezeiung Jesajas das Jahr 734 ergibt. Wenn Damaskus und Samaria fallen, dann soll Juda zu Gott umkehren, wie Jesaja es ihnen verkündigt hat. Leider folgte Uria, einer der beiden Zeugen (V. 2 ), nach dem Fall im Jahr 732 dem Befehl des Ahas und änderte den Tempeldienst um, so daß er dem heidnischen Götzendienst in Damaskus entsprach.

 

 

b. Der kommende Überfall durch Assyrien

( 8,5 - 8 )

 

Jes 8,5-6

 

Dies Volk bezieht sich wohl auf das Nordreich Israel, denn Israel hatte das Volk Juda auf Kosten einer Allianz mit Aram unter dessen König Rezin verachtet (vgl. Jes 7,1 ). Die sanft fließenden Wasser von Siloah , auch Siloam genannt, sind dann ein Bild für die Stadt Jerusalem. Diese Wasser waren eine Quelle, die einen kleinen Wasserspeicher innerhalb von Jerusalems Mauern speiste. Das sanft fließende Wasser steht im schroffen Gegensatz zu der mächtigen Flut ( Jes 8,7 ), die das Volk zerstören wird. Zu dem Sohn Remaljas vgl. die Anmerkungen zu Jes 7,4 .Andere Ausleger verstehen "dies Volk" als Bezeichnung für Juda (das Haus von Ahas und seinen Leuten). Sie hatten Gott zurückgewiesen ("die still dahinfließenden Wasser"), und deshalb wird nun die mächtige Flut (Assyrien) über sie hereinbrechen und sie einschließen. Dann wäre die Erfüllung dieser Weissagung 701 v. Chr. geschehen, als die Assyrer Juda überfielen.

 

 

Jes 8,7-8

 

Weil Israel mit Aram ein Bündnis eingegangen war, wird es durch die mächtige Flut des Flusses hinweggeschwemmt werden. "Der Strom" ist eine übliche Bezeichnung für den Euphrat, der durch das assyrische Reich floß. Der König von Assyrien (vgl. Jes 7,17 ) wird das Nordreich überfluten , wie ein Fluß bei Hochwasser seine Ufer überflutet. Diese "Flut", Assyrien, wird dann auch hinein in das Land von Juda dringen (701 v. Chr.). Assyrien wird Juda bis zum Halse stehen , Juda wird also beinahe ebenfalls ertrinken.

Nun ändert Jesaja sein Bild und sieht Assyrien wie einen riesigen Vogel, dessen Flügel das ganze Land bedecken , bereit, es zu verschlingen.

Diese Botschaft wird Immanuel ("Gott [ist] mit uns") gegeben. Jesaja hatte diesen Namen benutzt ( Jes 7,14 ), als er Ahas den Jungen ankündigte, der bald geboren werden sollte als ein Zeichen, daß das Volk nicht durch die Hände von Aram und Israel untergehen wird. Nun würden die Assyrer versuchen, das Land Juda zu "ertränken". Aber das Wort Immanuel versichert den Zuhörern, daß Gott sein Bundesvolk nicht vergessen hat und bei ihnen sein wird (vgl. Jes 8,10 ). Diese Tatsache finden wir in den nächsten Versen näher beleuchtet (V. 9 - 15 ).

 

 

c. Der kommende Sieg durch Gott

( 8,9 - 15 )

 

Zwar wird Juda durch die assyrische Invasion beinahe besiegt werden (V. 1 - 8 ), aber dennoch mahnt Jesaja, daß Juda sich nicht fürchten soll, denn es wird den Sieg erleben.

 

 

Jes 8,9-10

 

Die große Wahrheit in Kapitel 7 - 9 sagt aus, daß Gott mit Juda ist. Jesaja beendet Vers 10 mit dieser Aussage - Immanuel, Gott ist mit uns. Auch wenn die Völker ein Kriegsgeschrei erheben und sich für den Kampf gegen Juda vorbereiten, werden sie nicht zu ihrem Ziel kommen. Sie werden fliehen müssen, eine Tatsache, die in Vers 9 dreimal wiederholt wird, um sie zu betonen. Obwohl sie eine sorgfältige Strategie und einen Plan für den Kampf ausarbeiten, werden sie nicht siegen, denn Gott ist mit Juda (hebr.: "Immanuel"; vgl. Jes 7,14; 8,8 ). Diese erhabene Wahrheit unterscheidet Juda von allen anderen Völkern dieser Erde. Weil Gott versprochen hat, bei seinem Volk zu sein, sollen sie nun auch den Glauben an ihn haben, wie schwierig die Umstände auch sein mögen. Er wird sie nicht verlassen. Gott und Jesaja werden auf diese Weise bestätigt und Ahas wegen seines mangelnden Glaubens getadelt (vgl. Jes 7,9 ) werden.

 

 

Jes 8,11-15

 

Der Herr hat versprochen, mit seinem Volk zu sein (V. 10 ), aber viele lehnen es in Israel wie in Juda ab, zu glauben, daß er sein Versprechen hält. Der Herr warnt Jesaja, nicht wie jene Menschen zu sein (V. 11 ). Dann unterstreicht Jesaja erneut, daß sich die Bevölkerung von Juda nicht vor der aramäisch-israelitischen Allianz oder der assyrischen Bedrohung, die schon am Horziont erscheint, fürchten soll (V. 12 ). Fürchten sollen sie vielmehr den Herrn Zebaoth. Er ist der Eine, dem sie mit Furcht und Schrecken (V. 13 ; vgl. die Anmerkungen zu "Furcht" in 5Mo 4,10 ) begegnen müssen. Der Herr wird für die, die an ihn glauben, ein Heiligtum sein , ein Ort der Sicherheit. Aber für jene, die nicht an ihn glauben, wird er Zerstörung bedeuten ( ein Stein des Anstoßes, ein Fels des Ärgernisses, ein Fallstrick und eine Schlinge ). Petrus zitiert einen Teil von Jes 8,14 ( 1Pet 2,8 ) und wendet es auf jene an, die Jesus Christus abweisen. Jesajas Botschaft entspricht einer Grundwahrheit des Alten Testaments. Gott verheißt, daß alle, die an ihn glauben und ihm gehorchen, gesegnet werden. Wer es dagegen ablehnt, an ihn zu glauben und ihm zu gehorchen, muß gestraft werden.

 

d. Die Namen, die Gottes kommende Hilfe bestätigen

( 8,16 - 18 )

 

Jes 8,16-18

 

Jesaja, der von Gott gewarnt wurde, nicht den Weg dieses Volkes zu gehen (V. 11 ), bekräftigt seine Abhängigkeit von Gott. Indem er die Offenbarung verschließt und die Weisung versiegelt, schreibt Jesaja sie fest in die Herzen der Jünger des Herrn. Da Jes 8,18 in Hebr 2,13 als Ausspruch Christi verstanden wird, meinen manche Ausleger, dies gelte für den gesamten Abschnitt 8,16-18 . Ganz sicher drückt sich in diesen Versen eine Haltung aus, die der von Jesus Christus völlig entspricht. Aber im Kontext von Jes 7-9 sind diese Worte zunächst einmal Worte des Jesaja (die der Schreiber des Hebräerbriefes dann auch auf Christus anwendet). Wir finden hier die Haltung des Propheten trotz des ganzen Widerspruches, den er um sich herum erlebt. Zweimal wird Jesajas Zuversicht in Jes 8,17 ausgedrückt. Ich will hoffen auf den HERRN , und Ich will auf ihn harren . Daß der Herr sein Gesicht verbirgt (seine Segnungen zurückhält), ist für die Menschen des Glaubens keine Überraschung. Gott zieht sich zurück, weil die meisten Juden ihm nicht folgen. Jesaja aber hat dennoch Vertrauen zu Gott. Er weiß, daß er und seine Kinder Zeichen und Symbole der souveränen Herrschaft des Herrn auf dem Berg Zion (Jerusalem; vgl. Jes 2,3 ) sind.

In welcher Hinsicht sind sie diese Zeichen und Symbole? Jeder von ihnen trägt einen Namen, der für die Zukunft des Volkes von Bedeutung ist. Jesajas Name, "Jahwe ist Rettung", erinnert daran, daß Gott sein Volk am Ende retten wird. Raubebald-Eilebeute erinnert das Volk daran, daß die aramäisch-israelitische Allianz durch die Assyrer, die diese beiden Völker besiegen werden, zerbrechen wird. Der Name Schear-Jaschub schließlich hält den Menschen die Wahrheit vor Augen, daß ein gläubiger Überrest aus der Gefangenschaft zurückkehren wird (vgl. Jes 10,21-22 ).

 

 

e. Die kommende Befreiung Judas durch Gottes Wort

( 8,19 - 22 )

 

Jes 8,19-22

 

Wieder spricht Jesaja gegen die sündigen Neigungen der Menschen. Die meisten Menschen möchten die Zukunft kennen. Selbst in Juda gab es Menschen, die sich auf heidnische Praktiken einließen und zu Medien und Spiritisten gingen, die sich darauf spezialisiert hatten, zu versuchen, Kontakt zu den Toten herzustellen (vgl. die Anmerkungen zu 5Mo 18,10-12 ). Jesaja wendet sich dagegen, zu den Toten zu gehen, um die Zukunft zu erfahren, statt den lebendigen Gott zu fragen. Das Gesetz und die Weisung (vgl. Jes 8,16 ) vielmehr sind der Ort, wo alles enthalten ist, was das Volk über seine Zukunft zu wissen braucht. Wenn ein Mensch Gottes Wort nicht beachtet, zeigt dies, daß er kein geistliches Licht besitzt (vgl. Joh 3,19-20 ). Spiritisten, Medien und jene, die bei ihnen Rat suchen, werden schließlich von Gott gerichtet werden ( Jes 8,21-22 ). In ihrer Not werden sie zu Gott aufschauen und ihn verfluchen und auf die Erde schauen, wo nur Bedrängnis auf sie wartet, und dann werden sie in die Finsternis geworfen (vgl. 2Pet 2,17 ). Wer also die Toten befragt, wird schließlich zu ihnen gehören!

 

 

f. Die zukünftige Befreiung des Volkes

( 8,23 - 9,7 )

 

In diesen Versen geht es um den kommenden Befreier, der in dem Volk jene Veränderungen hervorbringen wird, von denen Jesaja gesprochen hat. Das Kommen des Messias wird die Nation zu Freude und Wohlstand führen, die ihr lange Jahre gefehlt hat. Sein Kommen wird die Verheißungen an Abraham und David über den Reichtum des Königtums erfüllen. Auch hier taucht das Motiv des "Kindes" wieder auf (V. 5 ; vgl. Jes 7,14-16; 8,1-4.18 ). Dieses Kind wird aufwachsen und zu dem Befreier werden ( Jes 9,6 ); nicht zum Zeichen ( Jes 8,18 ) der Befreiung, sondern zum Befreier selbst. Er wird die Veränderungen hervorrufen, die für Wohlstand und geistliches Leben im ganzen Volk notwendig sind.

 

 

Jes 8,23

 

Es wird eine Zeit kommen, in der Trübsal und Finsternis ( Jes 8,22 ) eine Sache der Vergangenheit sein werden. Das Dunkel im Norden Israels war eine Folge der Zurechtweisung Gottes. Gott brachte für eine bestimmte Zeit Schmach über Sebulon und Naftali . Jesaja will mit diesen beiden Stämmen wahrscheinlich das ganze Nordreich Israel ansprechen. Dennoch ist es bemerkenswert, daß Jesus hauptsächlich in genau dieser Gegend am See Genezareth aufgewachsen ist, und auch sein anfänglicher Wirkungskreis lag hier. Seine Gegenwart "ehrte" diese Gegend ohne Zweifel. 732 v. Chr. wurde dieser nördliche Teil Israels eine assyrische Provinz unter Tiglat-Pileser III. So wurden die Menschen hier gedemütigt und in Dunkelheit geführt. Unter der heidnischen Vorherrschaft wurde diese Gegend auch das Galiläa der Heiden genannt.

Der Weg am Meer meint eine große, internationale Straßenverbindung, die durch diese Region führte. Nur an dieser Stelle benutzt die Bibel diesen Ausdruck, während er in assyrischen und ägyptischen Berichten häufig auftaucht. Die angreifenden assyrischen Soldaten kamen auf diesem Weg, als sie das Nordreich überfielen. Aus dieser Gegend wird der Messias kommen. Er wird Dunkelheit und Finsternis, die durch die heidnische Vorherrschaft gekommen sind, hinwegtun.