Home
Forum
Begriffserklärungen
Syngrammata
Lehre
auf Youtube
Neben der Schrift
Fakten zur Bibel
Youtube komplett
Übersicht
Jesaja
Walvoord Übersicht für Youtube
Jesaja 5 bis 8 John A. Martin
Jesaja Kapitel 5 zusammenfassen:
![]()
( 5,1 - 7 )
In der ersten Strophe (V. 1 - 2 ) des
Liedes, das Jesaja hier dichtet, singt er über Gottes Fürsorge für
seinen Weinberg und den Zustand dieses Weinberges. Die zweite Strophe
(V. 3 - 6 ) zeigt, was Gott angesichts dieses Zustandes zu sagen hat. In
der dritten Strophe (V. 7 ) schließlich wird gezeigt, wer dieser
Weinberg ist. Auch an anderen Stellen benutzt Gott dieses Bild des
Weinberges für Israel ( Jes 3,14; Ps 80,9-17; Jer 2,21; 12,10; Hes
15,6-8; Hos 10,1 ).
Jes 5,1-2
In seinem Lied malt Jesaja ein Bild
von seinem lieben Freund (d. h. Gott), wie er einen Weinberg auf einem
fruchtbaren Hügel pflanzte, die Steine (von denen es in Israel viele
gibt) entfernte und nur den besten Wein anpflanzte. Er baute einen
Wachtturm , ein Steingebäude, von dem aus man den Weinberg bewachen
konnte (vgl. "Häuslein"; Jes 1,8 ). Und er baute eine Weinpresse in
Erwartung des guten Weines, der hier wachsen sollte. Aber es wuchsen nur
schlechte Trauben an seinen Weinstöcken.
Jes 5,3-6
Die Worte in diesen Versen des Liedes
werden von Gott "gesprochen". Er bittet das Volk von Juda, in dieser
Situation zu richten . Sie sollten sagen, ob die schlechten Trauben die
Schuld des Weinbergbesitzers sind. Gott aber hat alles getan, um den
Weinberg fruchtbar zu machen (V. 4 ). Jetzt bleibt nur noch eine Sache,
die er tun kann: Er wird zulassen, daß sein Weinberg zerstört wird (V. 5
- 6 ). Er wird den schützenden Zaun und seine Mauern (vermutlich aus
Stein) wegreißen. Tiere (auch Füchse, vgl. Hl 2,15 ) dürfen nun hinein
und ihn zerstören. Ohne die Pflege des Weinberges werden Dornen wachsen
und die Weinstöcke ersticken. Auch Regen wird Gott nicht mehr auf den
Weinberg fallen lassen. Diese Vernichtung kommt wegen der sündigen Taten
(der schlechten Frucht) des Volkes. Ohne Gottes Schutz wird Juda
zerstört werden.
Jes 5,7
Der Weinberg in diesem Lied ist
Israel und Juda. Wie auch sonst manchmal bei Jesaja steht "Israel" hier
als Synonym für das Südreich ( Neh 1,6; Jes 13,3 ). Gott wollte sich an
seinem Volk freuen. Er wollte gute Frucht, Recht und Gerechtigkeit (vgl.
die Anmerkungen zu Jes 1,21 ). Statt dessen sah er
nur Blutvergießen (vgl. Jes 1,15 ) und hörte Schreie der
Bedrängnis. Wegen ihrer "schlechten Frucht" (Ungerechtigkeit) werden die
meisten Menschen getötet oder in Gefangenschaft geführt werden. Jesaja
benutzt zwei interessante Fälle des Gleichklanges (Ähnlichkeit im Klang
der Worte), um den Widerspruch zwischen dem, was Gott von seinem Volk
erwartet und was dieses tut, deutlich zu machen. Statt "Recht"
( miSpoF ) herrscht "Blutvergießen" ( miRpoH ) und statt "Gerechtigkeit"
( Q+=DAqCh ) "Bedrängnis" ( Q+ZAqCh ).
7. Eine Anklage der Sünde
( 5,8 - 30 )
Obwohl die Verse 8 - 30 nicht mehr zu
dem Lied aus Vers 1 - 7 gehören, ordnen sie sich genau in den
Gedankengang Jesajas ein, denn die sechs Anklagen ("Wehe-Rufe") dieser
Verse richten sich gegen die "schlechte Frucht", die das Volk
hervorgebracht hat. Zwischen der zweiten und der dritten Anklage spricht
Gott von den Folgen der Sünde Judas (V. 13 - 17 ). Ähnlich geschieht es
auch nach dem sechsten Wehe (V. 24 - 30 ).
a. Wehe den Materialisten
( 5,8 - 10 )
Jes 5,8-10
Jede dieser sechs Anklagen wird durch
ein Wehe ( hNy , vgl. die Anmerkungen zu Jes 3,9 ) eingeleitet. Manche
Menschen haben sich auf Kosten ihrer Mitmenschen viel Land angesammelt
(vgl. Mi 2,1-2 ). In einer ummauerten Stadt durfte man laut dem Gesetz
Gottes Häuser dauerhaft verkaufen. In Städten ohne Mauern und auf dem
Land jedoch durfte ein Haus nur bis zum nächsten Jubeljahr verkauft
werden. Dann mußte es seinen Vorbesitzern zurückgegeben werden. Weil
Gott dem Volk das Land gegeben hatte, sollte niemand auf Kosten anderer
reich werden. Aber die Menschen in Israel haben sich nicht an Gottes
Gebot gehalten. Wegen dieser Sünde sollen die großen Häuser und Gehöfte,
die die Menschen nun besitzen, einmal leerstehen, weil viele ihrer
Bewohner getötet sind und, wie es im mosaischen Bund gesagt wird ( 5Mo
28,20-24 ), die Ernte ausgeblieben ist. Gewöhnlich gab ein großer
Weinberg viele Liter Wein. Nun würde es nur noch ein Eimer (etwa 23
Liter) voll sein. Zehn Scheffel ( ein Homer ) Saat würden normalerweise
eine große Anzahl von Scheffeln Frucht ergeben. Jetzt würde es nur knapp
ein Scheffel sein ( ein Epha , etwa 112 der Saat!).
b. Wehe den Trunkenbolden
( 5,11 - 12 )
Jes 5,11-12
Offensichtlich war der übermäßige
Genuß von Wein in Jesajas Tagen sehr häufig, denn diese Sünde wird in
zwei der sechs Wehe-Rufen erwähnt (vgl. V. 22 ). Die Menschen sind dem
Wein so ergeben, daß sie, ganz anders als Trinker gewöhnlich, schon früh
am Morgen aufstehen, um zu trinken. Und sie bleiben auch bis spät in die
Nacht hinein auf. Bei ihren Gelagen hören sie gerne Musik an ihren
Tafeln , aber von den Taten des HERRN wollen sie nichts wissen. Ihre
mangelnde Ehrfurcht vor dem Werk seiner Hände hat zur Folge, daß sie
andere Menschen, die nach dem Bild Gottes geschaffen waren, mißbrauchen.
Sie sorgen sich nur um ihr eigenes Vergnügen, nicht aber um den Herrn
oder um andere Menschen.
c. Folgen von Judas Lebensweise
( 5,13 - 17 )
Jes 5,13-17
Mehrere Folgen hat diese Lebensweise
Judas. Eine davon ist das Exil. Zu ihm gehört Tod
durch Hunger und Durst (V. 13 ). Viele werden sterben, sowohl die Edlen
wie die Menge , denn der Tod hat keine Ehrfurcht vor dem Rang der
Menschen (V. 14 ). Die Zecher ( Übermütige und Fröhliche ), von denen
Jesaja gerade gesprochen hat (V. 11 - 12 ), werden ebenso sterben
(V. 14 ). Alle Stolzen werden erniedrigt werden (vgl. Jes 2,11-12.17 ),
ohne Rücksicht auf ihre Herkunft ( Jes 5,15 ). Die Häuser der Reichen
werden zerstört (vgl. V. 8-9 ) und verlassen sein, Lämmer können dort
weiden (V. 17 ). Diese Zerstörung des Volkes führt dazu, daß Gottes
Gerechtigkeit und Heiligkeit sichtbar wird (V. 16 ). Damit ist nicht
gesagt, daß Gott diese Rache gefällt. Vielmehr hält er sich an sein
Wort, wie er es im Bundesschluß verkündigt hat. Seine Züchtigung des
Volkes zeigt, daß er sein Volk liebt und es eines Tages wieder in seine
hervorgehobene Stellung einsetzen wird.
d. Wehe denen, die an Gott zweifeln
( 5,18 - 19 )
Jes 5,18-19
Vielleicht spricht Jesaja hier von
Menschen, die es ganz grundsätzlich in Frage stellen, ob Gott wirklich
die Kontrolle über sein Volk hat. Obwohl sie
mit Stricken und Wagenseilen an Sünde und Unrecht gebunden (d. h. tief
in Sünde verstrickt) sind, fragen sie sich, ob Gott das Volk retten
kann. Offensichtlich wollen sie, daß Gott sie rettet, obwohl sie
gleichzeitig ihr sündiges Handeln nicht aufgeben möchten. Sie wollen
sehen, wie Gott handelt ( laß ihn sein Werk eilend tun ), ohne sich
selbst geistlich zu verändern. Aber die Erlösung, ob persönlich oder
kollektiv, geschieht nicht auf diesem Wege. Bevor Gott sein Volk vor der
Zerstörung rettet, muß zunächst eine geistliche Änderung eingetreten
sein.
e. Wehe denen, die Böses gut nennen
( 5,20 )
Jes 5,20
Manche verführen Menschen durch ihre
verkehrten Wertvorstellungen. Böses - z. B. Ehebruch, Götzendienst,
Materialismus, Mord und viele andere Sünden, die in der Bibel verboten
werden - wird oft als gut bezeichnet. Wer dies tut, steht unter der
Gerichtsandrohung (dem Wehe ) Gottes.
f. Wehe den Betrogenen
( 5,21 )
Jes 5,21
Manche halten sich selbst für
weise und klug und verlassen sich nicht auf Gottes Macht zur Erlösung
des Volkes. Sie meinen, sich selbst beschützen zu können.
g. Wehe den betrunkenen Bestechlichen
( 5,22 - 23 )
Jes 5,22-23
Viele Führer sind, anstatt Helden und
gute Regierungsbeamte zu sein, für ihre Trinkfestigkeit bekannt. Sie
lassen sich gern bestechen. Die Menschen, über die sie herrschen,
kümmern sie nicht. Sie interessieren sich viel mehr für ihr eigenes
Vergnügen als für die Rechte des Unschuldigen . Daher werden sie (diese
Führer) gerichtet werden.
h. Weitere Folgen von Judas
Lebensstil
( 5,24 - 30 )
Jesaja hat schon von einigen
Gerichtsfolgen gesprochen, die durch die Sünde der Menschen über sie
kommen werden (V. 13 - 17 ). Nun spricht er erneut von diesen Folgen des
Ungehorsams gegenüber den Verpflichtungen des Bundes.
Jes 5,24-25
Diese Menschen, von denen Jesaja
geschrieben hat, werden wie Stroh und trockenes Gras verbrennen, und
ihre Blumen werden wie Staub auffliegen. Der Grund dafür ist, daß sie
Gottes Wort (zu der HERR Zebaoth vgl. die Anmerkungen zu Jes 1,9 zu
der Heilige Israels vgl. die Anmerkungen zu Jes 1,4 ) bewußt ungehorsam
sind. Wegen dem Zorn des HERRN werden viele in den Straßen von Jerusalem
sterben. Seine erhobene Hand (vgl. Jes 14,27 ) deutet an, daß er die
Strafe ausführt. Die Berge, die durch Erdbeben erschüttert werden,
sprechen von seiner furchtbaren Gegenwart (vgl. 2Mo 19,18; 1Kö 19,11;Jer
4,24; Hab 3,10 ).
Jes 5,26-30
Wenn Gottes Gericht über Juda kommen
wird, werden die Völker von Ägypten und Assyrien ( Jes 7,18 ) und später
auch Babylon reagieren, als hätte Gott ein Banner , ein Zeichen für den
Krieg, errichtet. Jene Völker werden von den Enden der Erde zu kommen
scheinen, ein Ausdruck, den Jesaja häufig benutzt, um Menschen von
überall her zu bezeichnen ( Jes 5,26; 24,16; 40,28; 41,5.9; 42,10; 43,6;
45,22; 48,20; 49,6; 52,10; 62,11 ). Die Soldaten werden rasch kommen und
kräftig ( Jes 5,27 ) und wohlbewaffnet sein. Ihre Kriegswagen sind
schnell (V. 28 ). Grausam wie Löwen (V. 29 ) werden sie Juda völlig
verwüsten (V. 30 ). Sie werden Juda wie eine Meereswoge überfluten und
die Sonne wie mit Wolken auslöschen, ein Bild für Bedrängnis und Dunkel.
8. Jesajas Berufung
( Jes 6 )
Dieses Kapitel gehört zwar einerseits
zu den bekanntesten im Buch Jesaja, hat jedoch andererseits unter
Auslegern mindestens drei Probleme aufgeworfen.
Das erste Problem ist die
chronologische Einordnung von Kapitel 6 , der Berufungsgeschichte
Jesajas, im Blick auf die vorhergehenden fünf Kapitel über Gericht und
Befreiung. Hat Jesaja eine Zeitlang ohne Berufung gedient, oder ist
dieses Kapitel chronologisch falsch, aber logisch richtig hier
eingeordnet? Manche meinen, daß Jesaja schon vorher als Prophet gewirkt
haben muß ( Jes 1-5 ), denn diese Vision aus Jes 6 geschah "in dem Jahr,
in dem König Usija starb" (V. 1 ), und er hat ja nach Jes
1,1 während der Regierungszeit des Usija gewirkt. Es läßt sich jedoch
aus Jes 6,1 nur schließen, daß diese Vision irgendwann in den letzten 12
Monaten vor dem Tod Usijas, und damit "während" seiner Regierungszeit,
geschehen ist.
Es ist möglich, daß Jesaja, wie
manche Ausleger meinen, den sündigen Zustand des Volkes gesehen ( Jes
1-5 ) und sich von diesem Volk abgesetzt hat, bis er die Vision Gottes
hatte und erkannte, daß auch er ein Teil dieses Sündenproblemes war.
Auch er war "ein Mann unreiner Lippen" ( Jes 6,5 ).
Auf der anderen Seite ist es denkbar,
daß die Vision und Berufung von Kapitel 6 geschah, bevor er seine
Botschaft, die in Kapitel 1 - 5 enthalten ist, weitergegeben hat. Sein
Erlebnis ordnet er hier ein, weil es ein passender, logischer Höhepunkt
der Anklagen in diesen Kapiteln ist. Kapitel 6 betont die extreme
Verdorbenheit des Volkes und stellt dieser Gottes Heiligkeit gegenüber.
Jesaja stellt auch fest, daß den Menschen die geistliche Einsicht fehlt
und sie von ihrem sündigen Verhalten nicht umkehren werden.
Ein zweites Problem ist die Frage,
wen Jesaja sah. Jesaja "sah den Herrn" (V. 1 ), den er den "Herrn
Zebaoth" (V. 3 ) und den "König, der Herr Zebaoth" (V. 5 ) nennt. Weil
nun der Apostel Johannes schreibt, daß Jesaja "die Herrlichkeit Jesu"
gesehen habe ( Joh 12,41 ), kann es sein, daß er den präexistenten
Christus gesehen hat, der Herr ist aufgrund seiner Gottheit. Natürlich
hat der Prophet nicht Gott in seinem eigentlichen Wesen gesehen, denn
kein Mensch kann ihn sehen ( 2Mo 33,18; Joh 1,18; 1Tim 6,16; 1Joh
4,12 ). Gott ist unsichtbar ( 1Tim 1,17 ). Jesaja hat Gott in einer
Erscheinung oder Theophanie gesehen, wie ja auch Hesekiel ( Hes
1,3-28 ), Daniel ( Dan 7,2.9-10 ) und andere.
Ein drittes Problem entsteht daraus,
daß Jesajas Vision im Tempel geschah ( Jes 6,1 ). War Jesaja dort, weil
er ein Priester war? Jeremia war der Sohn eines Priesters ( Jer 1,1 ),
und Hesekiel war ein Priester ( Hes 1,3 ), aber das Buch Jesaja sagt
nichts darüber, daß dieser aus einer priesterlichen Linie kommt. Es ist
ja auch denkbar, daß er keine priesterlichen Pflichten im Tempel
erfüllte, sondern einfach dort anbetete, als er diese himmlische Vision
hatte. Oder er war, wie Hesekiel ( Hes 8,1-4 ), nicht leiblich im
Tempel, sondern wurde in seiner Vision dorthin versetzt.
a. Jesajas Vision des Herrn
( 6,1 - 4 )
Jes 6,1
Da Jesaja während der Regierungszeit
von König Usija wirkte ( Jes 1,1 ), muß seine Vision Gottes in dem Jahr,
in dem Usija starb, innerhalb der letzten zwölf Monate vor dessen Tod im
Jahre 739 v. Chr. geschehen sein. Wenn die Vision vor dem eigentlichen
Dienstbeginn Jesajas war, dann war sie folglich auch vor dem Todesjahr
des Usija. Wenn die Vision jedoch irgendwann nach dem Dienstbeginn
erfolgte - vgl. die Anmerkungen weiter oben unter "8. Jesajas Berufung
( Jes 6 )" - dann könnte Jesaja die Vision innerhalb des Kalenderjahres
(739 v. Chr.), kurz vor oder kurz nach dem Tod Usijas gehabt haben.
Diese zeitliche Einordnung weist uns
auf einen Gegensatz zwischen dem menschlichen König und Gott selbst, dem
göttlichen König, hin und in gewisser Weise auch auf einen Gegensatz
zwischen Usija und Jesaja. Während der langen (52 Jahre) und
erfolgreichen ( 2Chr 26,1-15 ) Regierungszeit des Usija lebten viele
Menschen ohne Gott und in Sünden ( 2Kö 15,1-4 ; Usija wird auch Asarja
genannt). Gott dagegen ist heilig ( Jes 6,3 ). In seinem Stolz und
Ungehorsam ging Usija in den Tempel (ohne Empfinden für die Sünde, die
dies bedeutete) und wurde daraufhin mit Aussatz gestraft ( 2Chr
26,16-20 ), was ihn kultisch unrein machte. Jesaja dagegen hatte ein
Empfinden für seine Sünde, denn er sagt, daß er und sein Volk geistlich
unrein sind ( Jes 6,5 ). Usija wurde vom Tempel ausgeschlossen ( 2Chr
26,21 ), Jesaja dagegen nicht.
Drei Dinge sind Jesaja in der Vision
von Gott besonders wichtig: Er saß auf einem Thron, er war hoch und
erhaben, und der Saum seiner Schleppe füllte den Tempel . An dem
heiligsten Ort des ganzen Tempels in Jerusalem wurde Gottes Herrlichkeit
zwischen den Cherubim auf dem Sühnedeckel der Bundeslade sichtbar.
Manche Israeliten könnten daraus vielleicht geschlossen haben, daß Gott
relativ klein sei. Salomo dagegen erklärt schon bei seinem Weihegebet
für den neuerbauten Tempel, daß weder der Tempel, noch die Himmel aller
Himmel Gott fassen können ( 1Kö 8,27 ). Jesaja sieht Gott daher auch
nicht auf der Bundeslade, sondern auf einem Thron. Knapp 150 Jahre
später ist es Hesekiel, der eine ähnliche Schau bekommt. Er sieht Gott,
gezogen auf einem Thron-Wagen von Wesen, die Cherubim genannt werden
( Hes 1 ). Der Thron macht für Jesaja deutlich, daß der Herr wirklich
der wahre König Israels ist.
Daß Gott "hoch und erhaben" ist,
macht seine Stellung vor dem Volk deutlich. Die Menschen wollen, daß
Gott etwas für sie tut ( Jes 5,19 ). Er aber tut es ja schon, was seine
erhobene Stellung unter ihnen deutlich macht.
Die lange Schleppe des Herrn spricht
von seiner königlichen Majestät. Daß er im Tempel ist, zeigt, daß Gott
zwar bloße Religiosität haßt ( Jes 1,11-15 ), aber doch möchte, daß sein
Volk den Tempeldienst verrichtet. Der Tempel und die Opfer des Tempels
sind ein Bild für das gerechte Handeln des allmächtigen Gottes mit
seinem Bundesvolk.
Jes 6,2-4
Serafim , Engelwesen, die über dem
Herrn schweben, werden in der Bibel nur hier erwähnt. "Seraf" kommt von
dem hebräischen Wort RAraP , "brennen". Vielleicht ist damit der
brennende Eifer der Serafim für den Herrn gemeint. Interessant ist auch,
daß einer der Serafim eine brennende Kohle nimmt und zu Jesaja bringt
(V. 6 ). Sie haben sechs Flügel (die vier Wesen, die Hesekiel sah, haben
jeweils vier Flügel; Hes 1,6.11 ). Mit zwei Flügeln bedecken sie ihr
Angesicht, was ihre Demut vor Gott deutlich macht. Mit zwei weiteren
Flügeln bedecken sie ihre Füße, was vielleicht Dienstbereitschaft für
Gott bedeutet, und daß sie flogen, mag andeuten, daß sie fortwährend
Gottes Heiligkeit und Herrlichkeit verkündigen.
Die Serafim, deren Anzahl nicht
genannt wird, riefen einander zu und verkündigten, daß der HERR Zebaoth
heilig ist. Die dreifache Wiederholung des Wortes heilig meint höchste
oder vollkommene Heiligkeit. Sie bezieht sich nicht, wie einige Ausleger
meinen, auf die Dreieinigkeit. Die Trinität wird auf andere Weise
verdeutlicht (vgl. z. B. die Anmerkungen zu Jes 6,8 ). Es ist im AT
üblich, ein Wort dreimal zu wiederholen, um seine Bedeutung zu
unterstreichen (z. B. Jer 22,29 ). Die Serafim verkündigen auch,
daß seine Herrlichkeit die Erde ausfüllt (vgl. 3Mo 14,21 ), so wie seine
Schleppe den Tempel erfüllt. Die Leute von Juda dagegen sind unheilig
(vgl. Jes 5; 6,5 ), obwohl sie doch eigentlich ein heiliges Volk sein
sollen ( 2Mo 22,30; 5Mo 7,6 ).
Als die Serafim rufen, sieht Jesaja
den Tempel erzittern, und dann ist er mit Rauch erfüllt ( Jes 6,4 ).
Die Grundfesten sind große Grundsteine (vgl. Am 9,1 ), auf denen die
Türpfosten ruhen. Das Erzittern (vgl. 2Mo 19,18 ) macht die furchtbare
Gegenwart und Macht Gottes deutlich. Der Rauch ist vermutlich ein Bild
für die Wolke der Herrlichkeit, die Jesajas Ahnen in der Wüste gesehen
haben ( 2Mo 13,21; Jes 16,10 ) und die auch den Priestern zur Zeit
Salomos bei der Einweihung des Tempels erschienen war ( 1Kö 8,10-13 ).
b. Jesajas Reaktion auf die Vision
( 6,5 )
Jes 6,5
Diese Vision der Majestät,
Herrlichkeit und Heiligkeit Gottes läßt Jesaja erkennen, daß er ein
Sünder ist. Auch Hesekiel führt die Begegnung mit Gottes Herrlichkeit
zur Demütigung. (Vgl. auch die Antworten Hiobs, Hi 42,5-6 ; Petrus, Lk
5,8 ,und des Apostels Johannes, Offb 1,17 .) Jesaja hat dem Volk das
"Wehe" Gottes (Androhungen des Gerichtes) verkündigt ( Jes 5,8-23 ). Nun
aber erkennt er, daß er selbst unter dem Gericht Gottes steht und
sagt: Wehe mir! (vgl. Jes 24,16 ). Er ist unrein. Neben der Reinheit von
Gottes Heiligkeit wird die Unreinheit der menschlichen Sünde um so
deutlicher. Die unreinen Lippen des Propheten stehen vermutlich sowohl
für seine Einstellungen und seine Taten als auch für seine Worte, denn
die Worte eines Menschen spiegeln seine Gedanken wider und stehen mit
seinen Taten in engster Verbindung. Jesaja identifiziert sich hier mit
seinem Volk, das auch sündig ist ( ein Volk unreiner Lippen ).
c. Jesajas Reinigung und seine
Botschaft
( 6,6 - 13 )
Jes 6,6-7
Als Jesaja seine Unreinheit erkennt,
wird er von Gott gereinigt durch das Mittlerwerk eines der Serafim . Es
paßt sehr gut, daß ein Seraf (was vermutlich "ein Brennender" bedeutet)
Jesajas Lippen mit einer glühenden Kohle von dem Altar berührt . Gemeint
ist entweder der Brandopferaltar, auf dem das Feuer immer am Brennen
gehalten werden mußte ( 3Mo 6,2 ), oder der Räucheraltar, auf dem jeden
Morgen und jeden Abend Räucherwerk geopfert wurde ( 2Mo 30,1.7-8 ).
Diese symbolische Handlung steht für die Wegnahme der Schuld und Sünde
des Propheten. Natürlich hat die gesamte Nation diese Vergebung nötig.
Die Juden müßten wie Jesaja antworten und zugeben, daß auch sie der
Reinigung von ihren Sünden bedürfen. Aber die meisten Menschen lehnten
es, ganz anders als Jesaja, ab, ihre geistliche Not zuzugeben. Zwar
opferten sie durch die Priester Brandopfer im Tempel, aber eigentlich
würde ihr Leben die reinigende Wirkung von Gottes "Feuer" benötigen.
Jes 6,8
Die übrigen Verse dieses Kapitels
handeln von der Botschaft, die Jesaja dem Volk verkünden soll. Es ist
dabei von Bedeutung, daß Jesaja nicht zum Dienst gerufen wird, bevor er
gereinigt ist. Nachdem er die Worte des Serafs gehört hat (V. 3.7 ),
hört er nun die Stimme des Herrn.
Gott fragt: Wen soll ich senden? Wer
will unser Bote sein? Das Wort "uns" in bezug auf Gott ist ein
verborgener Hinweis auf die Dreieinigkeit (vgl. 1Mo 1,26; 11,7 ). Diese
Lehre ist zwar im AT nicht ausdrücklich so formuliert, dennoch finden
sich immer wieder Hinweise darauf, denn Gott ist ja derselbe Gott in den
beiden Testamenten.
Die Frage "Wer will unser Bote sein?"
bedeutet nicht, daß Gott dies nicht gewußt hat oder daß er gehofft hat,
daß irgend jemand antworten wird. Er stellt diese Frage, um Jesaja, der
nun gereinigt ist, eine Möglichkeit zum Dienst zu geben. Der Prophet
weiß, daß das ganze Volk das gleiche Wissen über Gott und die gleiche
Reinigung von den Sünden braucht, wie er dies erlebt hat. So antwortet
er, daß er bereit ist, dem Herrn zu dienen ( Hier bin ich ).
Jes 6,9-10
Wahrscheinlich hat Jesaja, als er so
auf Gottes Frage antwortete, erwartet, daß sein Dienst für den Herrn zur
Reinigung des Volkes führen wird. Der Herr aber läßt ihn wissen, daß
seine Botschaft nicht zu einem großen geistlichen Aufbruch führen wird.
Die Menschen haben bisher nicht gehört, sie werden auch in Zukunft nicht
hören. Der Herr hat keinen Gefallen daran, sein Volk zu richten, aber
die Züchtigung ist notwendig wegen ihrem Ungehorsam. Das Volk wird sogar
noch verstockter gegen Gott werden, wenn es die Botschaft Jesajas hört.
Interessant ist, daß sechs Worte in Vers 10 einen Chiasmus bilden: Herz,
Ohren, Augen werden in den Zeilen 1 - 3 erwähnt. In den Zeilen 5 - 7
finden wir dann die umgekehrte Reihenfolge: Augen, Ohren, Herzen . Im
Alten Testament geschieht solch eine Anordnung von Aussagen häufig.
Vielleicht werden durch diese Anordnung die "Augen", die in der Mitte
stehen, besonders betont. Jesus hat einen Teil dieser Verse zitiert, um
zu zeigen, daß das Israel seiner Tage nicht glauben konnte , weil es
nicht glauben wollte (vgl. den Kommentar zu Joh 12,40 ).
Jes 6,11-13
Jesajas Antwort auf diese Botschaft
macht deutlich, daß er bereit ist zu reden, was immer Gott ihm auftragen
wird. Allerdings fragt er sich, wie lange er wohl eine Botschaft des
Gerichtes verkündigen muß, gegenüber der die Menschen taub sind. Der
Herr antwortet, daß Jesaja diese Botschaft zu verkünden hat, bis sein
Gericht kommt, d. h. also, bis das babylonische Exil tatsächlich
eintritt und die Menschen aus dem Land deportiert werden (V. 12 ) und
ihre zerstörten Städte und Felder zurücklassen müssen (V. 11 ). Zwar
erlebte Jesaja dies nicht mehr, aber Gott wollte ihm so zeigen, daß er
seine Verkündigung weiterführen soll, selbst wenn er den Fall Judas noch
miterleben würde. Der zehnte Teil , der im Land zurückbleiben wird
(V. 13 ), bezieht sich auf die Armen, die Nebukadnezar in Juda
zurückließ ( 2Kö 24,14 ). Die meisten von ihnen jedoch waren Gesindel
( Jer 41,10-18; 43,4-7 ).
Jesaja war durch solch eine negative
Antwort und solch schreckliche Folgen seiner Botschaft vielleicht
entmutigt. Deshalb versichert ihm der Herr nun, daß nicht alle verloren
seien. Ein Überrest würde bleiben. Gott vergleicht diesen Überrest
mit Baumstümpfen von Linden und Eichen . Aus solch einem Stumpf, aus
solch einem heiligen Samen eines gläubigen Überrestes, werden andere
kommen, die ebenfalls glauben. Gott verheißt hier trotz der fast
völligen Auslöschung und Wegführung der Bevölkerung Judas, daß er eine
kleine Zahl von Gläubigen im Land zurücklassen wird.
B. Prophetien der Befreiung
( Jes 7-12 )
In diesen Kapiteln richtet der
Prophet seine Aufmerksamkeit auf die Befreiung, die Gott dem Volk
bringen wird. Judas Befreiung von der aramäisch-israelitischen Allianz
( Jes 7,1-4 ) ist ein Vorbild seiner endgültigen Befreiung. Der Fall des
assyrischen Weltreiches ( Jes 10,5-19 ), der zur "Befreiung" Judas
führt, ist Vorbild für den Fall aller Heidenvölker, die sich gegen Gott
und sein Volk stellen. Jesaja behauptet nicht, daß diese Befreiungen das
herrliche, zukünftige Königreich hervorbringen werden. Er kündigt aber
dieses herrliche Reich, das Tausendjährige Reich, an ( Jes 11 ). Es wird
größer sein als alle bisherigen Reiche. In diesem Reich wird "der
heilige Samen" ( Jes 6,13 ), der gläubige Überrest ( Jes 10,20-21 ), ein
Lied des Dankes singen ( Jes 12 ).
1. Die Geburt des Immanuel
( Jes 7 )
Jesaja weissagt von einem Kind, das
geboren wird und etwas mit der Befreiung des Volkes zu tun hat. Die
Geburt des Kindes, das Immanuel genannt werden wird, hat große Bedeutung
für die Linie Davids.
a. Die historische Situation
( 7,1 - 2 )
Jes 7,1-2
Rezin , der König von Aram ,
nordöstlich von Israel, und Pekach, König von Israel (752 - 732), hatten
einen Bund miteinander geschlossen. Rezin hatte den Thron von Aram
vielleicht durch einen Umsturz erhalten, von Pekach jedenfalls wissen
wir dies genau. Rezin war der letzte König der Aramäer und Pekach war
Israels vorletzter König. Nachdem Jerobeam II. (793 - 753) gestorben
war, wurde das Nordreich zunehmend schwächer. Rezin überzeugte Pekach,
ihn gegen seinen südlichen Nachbarn Juda zu unterstützen ( 2Kö 15,37;
16,5 ). Sie bedrohten daher nun Juda und wollten König Ahas durch einen
Strohkönig, den "Sohn Tabeals", ersetzen ( Jes 7,6 ). Tabeal war
vielleicht ein Bezirk oder auch eine Person in Aram. Die Aussicht, solch
furchtbare Feinde wie Aram und Israel gegen sich zu haben, flößte vielen
Menschen in Juda Angst ein. Das Haus Davids (V. 2 ) bezieht sich auf
König Ahas, der aus dieser königlichen Linie stammt. Ahas war sehr
erschrocken, als er von dieser aramäisch-israelitischen Allianz
hörte. Ephraim , Israels größter Stamm, steht hier stellvertretend für
die gesamte Nation (vgl. auch das Buch Hosea; z. B. Hos 4,17;
5,3.5.9-14 ). Das Ganze ereignete sich im Jahr 734 v. Chr. Vielleicht
dachte Ahas, er könne den assyrischen König Tiglat-Pileser III. (745 -
727) zu seiner Hilfe rufen und die aramäisch-israelitische Allianz
angreifen.
b. Die Gewissheit, dass Juda nicht
zerstört wird
( 7,3 - 9 )
Jes 7,3
Gott weist Jesaja an, mit seinem Sohn
loszugehen und König Ahas am Ende der Wasserleitung des oberen Teiches
zu treffen . Dieser Teich war ein Wasserspeicher, in den das Wasser der
Gihon-Quelle, nahe bei Jerusalem, floß. ( Jes 22,9 bezieht sich auf
einen tiefer gelegeneren Teich.) Vielleicht befand sich Ahas dort, um
die Wasserversorgung Jerusalems zu kontrollieren für den Fall eines
aramäisch-israelitischen Angriffes. Die Wasserleitung war nahe
der Straße zu dem Walker-Feld , gerade außerhalb der Stadtmauern
Jerusalems. Von hier aus würde knapp 33 Jahre später Sanheribs Sprecher
seine Herausforderung an die Einwohner der Stadt richten ( Jes 36,2 ).
Der Name von Jesajas Sohn, Schear-Jaschub (was bedeutet: "ein Rest wird
zurückkehren"; vgl. Jes 10,21 ), macht die Botschaft des Propheten
deutlich. Das Volk von Juda wird durch diese aramäisch-israelitische
Allianz nicht zerstört werden.
Jes 7,4-6
Jesaja überbringt Ahas die Nachricht,
daß er sich vor Rezin und Pekach nicht fürchten soll, denn sie sind
nur rauchende Holzscheite . Ihr Leben wird bald enden. Wie Feuerholz
wird es verbrennen und zu Ende sein. Beide Männer starben zwei Jahre
später (732 v. Chr.). Aram und Israel bedrohen Juda, wollten es erobern,
zwischen den beiden Siegermächten aufteilen und
einen Strohkönig einsetzen.
Jes 7,7-9
Aber der allmächtige Herr hat eine
Antwort auf diese Bedrohung durch Aram und Israel: Er (der Angriff) wird
nicht geschehen . Der Grund dafür ist, daß beide Völker nur von Menschen
(V. 8 - 9 ) geführt werden. Es ist ein Stück Ironie, daß Jesaja Pekach
nur ein einziges Mal beim Namen nennt (V. 1 ). Daneben nennt er ihn noch
viermal den "Sohn von Remalja" oder Remaljas Sohn (V. 4 - 5.9 ; Jes
8,6 ). Er und Rezin können Gottes Plan nicht durchkreuzen.
Jesaja spricht dann die erstaunliche
Prophetie aus, daß innerhalb von 65 Jahren Israel nicht mehr länger ein
Volk sein wird, weil es so zerstreut ist ( Jes 7,8 ). Jesaja gab diese
Prophetie im Jahr 734 v. Chr.; 65 Jahre später wäre also das Jahr 669.
Als Assyrien Israel im Jahr 722 eroberte, wurden viele Israeliten in
andere Länder weggeführt und Fremde kamen in das Land Samarien ( 2Kö
17,24 ). Aber 669 wurden noch viel mehr Ausländer nach Samarien gebracht
durch Asenappar ( Esr 4,10 ), König von Assyrien (669 - 626). Israel
wurde auf diese Weise "zerstreut", so daß es unmöglich wurde, wieder zu
einem vereinigten Volk zu werden.
Der zweite Satz in Jes 7,9 wurde
schon auf verschiedenste Weise übersetzt. Ganz offensichtlich war er
eine Herausforderung an Ahas, zu glauben, was Jesaja ihm sagte. 65 Jahre
später war Ahas natürlich nicht mehr am Leben. Aber er konnte es
glauben, daß Gott beide Vorhersagen erfüllen würde: daß Israel 65 Jahre
später zerstreut sein würde und daß in seinen Tagen die nördliche
Allianz (Aram und Israel) Juda nicht überwältigen würde. Wenn er diesen
Verheißungen jedoch nicht glaubte, dann würde auch er fallen.
c. Ahas lehnt ein Zeichen ab
( 7,10 - 12 )
Jes 7,10-12
Um seinen Glauben zu stärken,
soll Ahas den HERRN um ein Zeichen bitten , ein bestätigendes Wunder,
das Gottes Wort bekräftigt. Der König kann sich dabei jedes denkbare
Wunder aussuchen, von der tiefsten Tiefe bis zur höchsten Höhe . Durch
diese Art der Umschreibung, bei der zwei Extreme genannt werden, soll
deutlich werden, daß alles zwischen diesen beiden Eckpunkten dazugehört.
Ahas steht also ein Wunder zur Verfügung. Er muß es nur erbitten. Dann
hat er die sichtbare Bestätigung, daß Jesajas Worte (V. 7 - 9 ) wirklich
von Gott kommen. Ahas kann sich darauf verlassen, daß die Nord-Allianz
Juda nicht besiegen wird.
Aber Ahas lehnt es ab, um ein Zeichen
zu bitten. Er behauptet, er wolle Gott nicht auf die Probe
stellen (vgl. 5Mo 6,16 ). Diese Antwort klingt sehr fromm, aber
wahrscheinlich hat bereits der Ton, mit der er sie Jesaja gegeben hat,
gezeigt, daß sie nicht ernst gemeint ist. Er glaubt Jesaja nicht.
Vielleicht will er auch Jesaja nicht glauben, der ja auch von der
schließlichen Zerstörung Judas geweissagt hat, wenn die Menschen nicht
zu dem Herrn zurückkehrten.
d. Die Antwort des Herrn
( 7,13 - 25 )
Jes 7,13
Ahas wies nicht nur das Angebot eines
Zeichens durch Gottes Boten zurück, sondern damit eigentlich den Einen,
der den Propheten gesandt hatte. Das Haus Davids (vgl. V. 2 ) bezieht
sich nicht auf alle Nachkommen Davids, sondern auf Ahas und jene Könige
von Juda, die von ihm abstammen. Die Antwort von Ahas bezeugt sein
gottloses Wesen. Er sagt zwar, er wolle Gott nicht versuchen, aber indem
er es ablehnt, Gottes Anweisung zu folgen und sich ein bestätigendes
Zeichen zu erbitten, versucht er ja die Geduld Gottes (und auch die
menschliche Geduld).
Jes 7,14-16
Obwohl Ahas ein Zeichen ablehnt, das
Jesajas Botschaft bestätigt hätte, erklärt ihm der Prophet, daß Gott ihm
trotzdem ein Zeichen geben wird. Dieses Zeichen ist ein Junge mit
Namen Immanuel . Drei Elemente prägen das Zeichen: (1) Der Junge wird
von einer Jungfrau geboren (V. 14 ). (2) Er wird aufwachsen in einer
Zeit des nationalen Elends (V. 15 ; zu Butter und Honig vgl. die
Anmerkungen zu V. 22 ). (3) Während er noch ein junges Kind ist, wird
die Allianz der zwei Könige zerbrechen (V. 16 ). Das Wort "Jungfrau"
übersetzt das hebräische Wort ZalmCh , das zur Bezeichnung einer
unverheirateten Frau im heiratsfähigen Alter benutzt wird. Es bezieht
sich auf jemanden, der sexuell reif ist. Im AT kommt es nur noch vor
in 1Mo 24,43; 2Mo 2,8; Ps 68,26; Spr 30,19 und Hl 1,3 und Hl
6,8 .Außerdem finden wir es noch in 1Chr 15,20 ( alamoth ) und in der
Überschrift zu Ps 46 (hier könnte alamoth auch ein musikalischer
Ausdruck sein). Der Name des Kindes, Immanuel, bedeutet "Gott (ist) mit
uns".
Unter Auslegern gibt es hauptsächlich
drei Ansichten über die Jungfrau aus Jes 7,14-16 :
1) Der Junge, von dem Jesaja
schreibt, wurde, kurz nachdem Jesaja diese Botschaft ausgesprochen
hatte, empfangen. Eine junge Frau, eine Jungfrau, heiratete und bekam
ein Baby. Bevor dieses alt genug war, um den Unterschied zwischen Gut
und Böse zu kennen, wurde die nördliche Allianz zwischen Aram und Israel
zerstört. Nach dieser Sicht war die Frau zwar eine Jungfrau, als Jesaja
seine Prophetie aussprach, nicht aber, als der Junge geboren wurde. Er
wurde durch die sexuelle Gemeinschaft zwischen Mann und Frau empfangen.
Manche meinen, dieses Kind sei Jesaja geboren worden ( Jes 8,3-4 ). Sie
behaupten, daß zwischen Jes 8,1-4 und Jes 7,14-17 mehrere
Gemeinsamkeiten bestehen. Dies jedoch muß abgelehnt werden, denn (a)
Jesajas Frau hatte bereits ein Kind (Schear-Jaschub, V. 3 ), war also
keine Jungfrau mehr, und (b) das zweite Kind von Jesaja wurde nicht
Immanuel genannt ( Jes 8,3 ). Wenn diese erste Sicht von Jes
7,14-16 zutrifft, dann hätte Ahas diese Frau gekannt und von der Geburt
des Kindes und seinem Namen Immanuel gehört und so gewußt, daß Jesajas
Weissagungen zutreffend sind.
2) Eine zweite Gruppe von Auslegern
sieht die verheißene Geburt als ausschließlich messianisch an und
identifiziert die Jungfrau mit Maria, der Mutter Jesu. Es wird dabei
argumentiert, daß nach Jes 7,14 die Jungfrau schwanger ist. Außerdem hat
Matthäus bestätigt, daß die Geburt Jesu die Erfüllung dieser Prophetie
Jesajas ist ( Mt 1,21-23 ), und so die Tatsache unterstrichen, daß die
Ehe von Josef und Maria erst nach der Geburt Jesu vollzogen wurde ( Mt
1,18.25 ).
Vertreter dieser Sicht weisen darauf
hin, daß Jesaja seine Prophetie ja an das Haus Davids gerichtet habe
( Jes 7,13 ), nicht nur an Ahas alleine.
Das Zeichen sei also nicht nur dem
König, sondern der ganzen königlichen Linie und dem gesamten Volk
gegeben worden.
Aber wenn die Erfüllung erst zur Zeit
von Josef und Maria eintrat, wo ist dann der Zusammenhang mit Jesajas
Behauptung zu sehen, daß die aramäisch-israelitische Allianz bald
besiegt werden würde?
Und was hat die Geburt des Herrn
Jesus mit dem Essen von Butter und Honig zu tun (V. 15 ) und dem Bruch
der Allianz, bevor der Junge alt genug ist, Gut und Böse zu
unterscheiden (V. 16 )? Vertreter dieser Sicht antworten, daß die Zeit
vergleichbar ist:
Die zwei Jahre des Babystadiums Jesu
(bevor er zwischen richtig und falsch unterscheiden konnte) weisen auf
den gleichen Zeitabschnitt von zwei Jahren hin, innerhalb dessen die
aramäisch-israelitische Bedrohung vorbei sein würde.
3) Eine dritte Sicht stellt eine
Kombination dieser beiden Meinungen dar.
Sie sieht die Prophetie zunächst
einmal an Ahas gerichtet und den Bruch der Allianz andeutend.
Die ZalmCh war eine Jungfrau, als
Jesaja seine Botschaft verkündigte.
Dann heiratete sie und bekam ein
Baby. Als der Bund zwischen Aram und Israel zerbrach, war dieses Kind
noch ein kleiner Junge.
Jahrhunderte später ließ der heilige
Geist Matthäus diese Stelle aus Jes 7,14 zitieren als eine Aussage, die
auch von der Jungfrauengeburt spricht (d. h. die Geburt eines Kindes von
einer Frau, die noch Jungfrau ist).
Damit wäre dies die erste von vielen
Prophezeiungen Jesajas über den Messias. (Vgl. auch die Tabelle
"Messianische Prophezeiungen im Buch Jesaja".)
Das Zeichen muß eine bestimmte
Bedeutung für die historische Situation, in der es gegeben wurde, gehabt
haben.
Es spricht nicht nur von der Geburt
eines Kindes und dessen Namen (Immanuel, "Gott [ist] mit uns", sollte
den Menschen Gottes Gegenwart versichern), sondern auch von einer
festgelegten Zeit: Bevor der Knabe alt genug ist, um das Böse zu
verwerfen und das Rechte zu wählen, wird das Land der beiden Könige
verwüstet liegen.
Innerhalb von drei Jahren (neun
Monate Schwangerschaft und zwei Jahre, bis der Knabe den Unterschied
zwischen Gut und Böse kennt) wird das Bündnis zerbrechen. Es zerbrach
732 v. Chr., als Tiglat-Pileser III. Damaskus zerstörte. Nachdem
Tiglat-Pileser Aram besiegt und Rezin dem Tod überantwortet hatte, ging
Ahas nach Damaskus, um den assyrischen König zu treffen ( 2Kö 16,7-10 ).
Einer der Altäre in Damaskus gefiel Ahas besonders gut.
Er ließ ein Bild davon anfertigen, um
einen ähnlichen Altar in Jerusalem zu errichten. Es ist nicht
verwunderlich, daß Jesaja und auch Gott über Ahas zornig waren. Auch
nachdem die feindliche Allianz durch Tiglat-Pileser zerbrochen war,
hatte Juda keinen Frieden. Zwar besiegte Assyrien Juda nicht, aber es
mußte Assyrien große Mengen an Tribut zahlen. Jesaja kündigt diese
Folgen der Haltung von Ahas an ( Jes 7,17-25 ).
Jes 7,17-19
Gott verkündet, daß er den König von
Assyrien nach Juda schicken wird. Dies wird der schlimmste feindliche
Angriff sein, seit die zehn nördlichen Stämme (hier Ephraim genannt;
vgl. die Anmerkungen zu V. 2 ) sich von den zwei Süd-Stämmen lösten (931
v. Chr.). Von den Tagen des Ahas an wurde Juda durch das assyrische
Weltreich bedrängt, dem es große Mengen an Zoll zu bezahlen hatte. Ahas
wandte sich an Tiglat-Pileser, ihn von Aram und Israel zu befreien, was
dieser gerne tat. Aber Tiglat-Pileser brachte Ahas Schwierigkeiten,
keine Hilfe ( 2Chr 28,20-21 ). Dann, während der Regierungszeit des
Hiskia, überfiel der assyrische König Sanherib Juda, das Ägypten um
Hilfe bat ( Jes 30,1-5 ), und hätte es beinahe erobert, als im Jahr 701
v. Chr. Gott auf wunderbare Weise Jerusalem rettete ( Jes 36-37 ). In
all dem sehen wir Gottes Hand. Denn er wird die Fliegen aus Ägypten
pfeifen (d. h. ägyptische Soldaten, die so zahlreich und lästig wie
Fliegen sind) und die Bienen von Assyrien (d. h. assyrische Soldaten,
die so bösartig wie Bienen sind).
Jes 7,20-25
Juda wird Verlust und Demütigung
erleben. Assyrien wird wie ein Schermesser Judas Haare abschneiden . Im
Nahen Osten jener Zeit war es ein Zeichen der Demütigung, wenn man
jemandem Haare und Bart abschnitt (vgl. Hi 1,20; Jes 15,2; Jer 47,5;
48,37; Hes 7,18; Am 8,10; Mi 1,16 ). Der Überfluß an Milch war kein
gutes, sondern ein schlechtes Zeichen. Da so viele Tiere sterben werden,
haben die junge Kuh und zwei Ziegen eines Landwirtes keine Jungen mehr,
die sie ernähren müssen, und so haben die Menschen einen Überfluß an
Milch (und daher auch Butter). Auch Honig gibt es im Überfluß, denn in
den verlassenen Feldern wachsen wilde Blumen und die Bienenschwärme
nehmen immer mehr zu. All dies wird das Zeichen erfüllen, das Jesaja
Ahas gegeben hat ( Jes 7,15 ): Er wird Butter und Honig essen . Die
Landwirte werden keine Ernte haben, weil das Land verwüstet ist. Die
Weingärten werden ebenso wüst liegen wie das Ackerland, und nur Dornen
und Disteln (dreimal in V. 23 - 25 erwähnt) werden wachsen. Das Land ist
nur noch für Vieh und Schafe geeignet.
Zu der Zeit (V. 21 ) spricht von
einer Zeit des Gerichts über das Volk von Juda. Oft bezieht sich diese
Formulierung (wie z. B. in Jes 4,2 ) in eschatologischer Weise auf die
letzte Gerichtszeit der großen Trübsal, kurz bevor der Messias
wiederkommt, um sein Tausendjähriges Reich zu errichten. An manchen
Stellen aber, wie auch hier ( Jes 7,21 ), meint sie ein Gericht, das
bald über das Volk kommen wird. Dieses nahe Gericht ist ein Abbild des
letzten Gerichtes, das am Ende der Zeiten kommen wird.
2. Der kommende Befreier
( 8,1 - 9,6 )
Dieser Abschnitt steht in engem
Zusammenhang mit dem vorherigen Kapitel. Es geht hier um das gleiche
Ereignis, die Befreiung von der aramäisch-israelitischen Allianz und die
nachfolgende assyrische Invasion, die schließlich auch Juda erreichen
wird. In Kapitel 7 fanden wir mehrere "negative" Aussagen: Ahas weist
das Wort Gottes durch Jesaja zurück, Ahas lebt fortgesetzt im
Ungehorsam, und es werden schwierige Zeiten für Juda kommen. Dieser
Abschnitt hier ist eher positiv: Das Volk wird befreit werden, und diese
Befreiung ist das Abbild eines noch größeren Befreiers, der eine noch
größere Befreiung bringen wird.
a. Der kommende Fall von Israel und
Aram
( 8,1 - 4 )
Jesaja hatte schon den Fall der
aramäisch-israelitischen Allianz vorhergesagt ( Jes 7,4-17 ). Nun gibt
er eine erneute Prophezeiung dieses Ereignisses. Auch diese Weissagung
bringt, wie in Kapitel 7 , die Geburt eines Babys mit sich, dieses Mal
für Jesaja und seine Frau, die Prophetin war. Es gibt Ausleger, die die
Geburt dieses Kindes für die Erfüllung der Weissagung aus Kapitel
7,14 halten. Aber zwischen beiden gibt es doch wesentliche Unterschiede.
Das Kind in Jes 8,1-4 wird nicht Immanuel genannt (vgl. Jes 7,14 ). Es
wird Jesajas Frau geboren. Diese aber ist keine Jungfrau mehr, da Jesaja
bereits mindestens einen Sohn hat ( Jes 7,3 ), es sei denn, die Frau
in Jes 8,3 ist die zweite Frau Jesajas. Dies jedoch scheint
unwahrscheinlich. Vermutlich ereignete sich diese Geburt erst einige
Zeit nach der Prophezeiung in Jes 7,14 ,denn nach Jes 8,4 wird der Fall
der Allianz sehr bald geschehen - bevor das Kind auch nur "lieber Vater"
oder "liebe Mutter" sagen kann. Die meisten Kinder können dies jedoch
schon kurz bevor oder nachdem sie ein Jahr alt geworden sind.
Offensichtlich gab Gott Juda in seiner Gnade diese zweite Vorankündigung
der assyrischen Zerstörung von Aram. Diese Prophezeiung wurde von
mehreren wichtigen Personen beobachtet, um der Nation erneut zu
beweisen, daß Jesaja für den Herrn spricht und daß seine Worte wahr
sind.
Jes 8,1
Jesaja soll ein sichtbares
Hilfsmittel benutzen, um die Weissagung in den Köpfen der Menschen
wirklich zu verankern. Auf einer großen Tafel soll er den Namen eines
Sohnes notieren, der ihm bald geboren werden wird. Der Name des Kindes
soll schon angekündigt werden, bevor er empfangen wird, so daß die
Gewißheit seiner Geburt deutlich wird. Sein
Name, Maher-Schalal-Hasch-Bas , der längste Eigenname in der Bibel,
bedeutet "schnell zum Plündern, geschwind zum Raub" (in den meisten
deutschen Übersetzungen: "Raubebald-Eilebeute"). Diese Worte riefen sich
die Soldaten zu, wenn sie ihre Gegner besiegt hatten und nun ausraubten.
Jesajas Zuhörer, die sich an seine Weissagung über den Fall der
aramäisch-israelitischen Allianz erinnerten ( Jes 7,4-17 ), werden die
Bedeutung dieses Namens verstehen, wenn sie nun seinen weiteren
Prophezeiungen des drohenden Gerichtes für Aram und Israel zuhören.
Jes 8,2
Gott sagt, daß Jesaja sich zwei treue
Zeugen nehmen soll ( 4Mo 35,30; 5Mo 17,6; 19,15 ), die die Wahrheit
seiner Worte bestätigen. Uria, der Priester, wird später in einem
weniger guten Licht erwähnt (vgl. 2Kö 16, 10-16 ), als er mit Ahas bei
der Änderung des Tempeldienstes, nachdem die aramäisch-israelitische
Allianz zerbrochen war, zusammenarbeitete. Offensichtlich war er ein
einflußreicher Priester. Secharja, der Sohn Jeberechjas, wird sonst in
der Bibel mit diesem ausführlichen Namen nicht mehr erwähnt. Er könnte
ein Prophet zur Zeit des Usija gewesen sein ( 2Chr 26,5 ) oder ein
Levit, der bei der Tempelreinigung in den Tagen Hiskias half ( 2Chr
29,12-13 ).
Jes 8,3-4
Die Prophetin , Jesajas Frau, wird
nicht mit Namen genannt. Sie wird entweder Prophetin genannt, weil sie
mit einem Propheten verheiratet war oder weil auch sie die von Gott
gegebene Fähigkeit, zu weissagen, besaß. Letzteres ist eher
wahrscheinlich. Jesajas Sohn, Raubebald-Eilebeute , ist das Zeichen des
kommenden Bruches in der aramäisch-israelitischen Allianz gegen Juda. In
etwa einem Jahr und neun Monaten (neun Monate für die Schwangerschaft
und bis das Kind etwa ein Jahr ist) wird Assyrien Damaskus (Arams
Hauptstadt) und Samaria (Israels Hauptstadt) plündern. Dies geschah im
Jahr 732 v. Chr., woraus sich für die Prophezeiung Jesajas das Jahr 734
ergibt. Wenn Damaskus und Samaria fallen, dann soll Juda zu Gott
umkehren, wie Jesaja es ihnen verkündigt hat. Leider folgte Uria, einer
der beiden Zeugen (V. 2 ), nach dem Fall im Jahr 732 dem Befehl des Ahas
und änderte den Tempeldienst um, so daß er dem heidnischen Götzendienst
in Damaskus entsprach.
b. Der kommende Überfall durch
Assyrien
( 8,5 - 8 )
Jes 8,5-6
Dies Volk bezieht sich wohl auf das
Nordreich Israel, denn Israel hatte das Volk Juda auf Kosten einer
Allianz mit Aram unter dessen König Rezin verachtet (vgl. Jes 7,1 ). Die
sanft fließenden Wasser von Siloah , auch Siloam genannt, sind dann ein
Bild für die Stadt Jerusalem. Diese Wasser waren eine Quelle, die einen
kleinen Wasserspeicher innerhalb von Jerusalems Mauern speiste. Das
sanft fließende Wasser steht im schroffen Gegensatz zu der mächtigen
Flut ( Jes 8,7 ), die das Volk zerstören wird. Zu dem Sohn Remaljas vgl.
die Anmerkungen zu Jes 7,4 .Andere Ausleger verstehen "dies Volk" als
Bezeichnung für Juda (das Haus von Ahas und seinen Leuten). Sie hatten
Gott zurückgewiesen ("die still dahinfließenden Wasser"), und deshalb
wird nun die mächtige Flut (Assyrien) über sie hereinbrechen und sie
einschließen. Dann wäre die Erfüllung dieser Weissagung 701 v. Chr.
geschehen, als die Assyrer Juda überfielen.
Jes 8,7-8
Weil Israel mit Aram ein Bündnis
eingegangen war, wird es durch die mächtige Flut des
Flusses hinweggeschwemmt werden. "Der Strom" ist eine übliche
Bezeichnung für den Euphrat, der durch das assyrische Reich floß. Der
König von Assyrien (vgl. Jes 7,17 ) wird das Nordreich überfluten , wie
ein Fluß bei Hochwasser seine Ufer überflutet. Diese "Flut", Assyrien,
wird dann auch hinein in das Land von Juda dringen (701 v. Chr.).
Assyrien wird Juda bis zum Halse stehen , Juda wird also beinahe
ebenfalls ertrinken.
Nun ändert Jesaja sein Bild und sieht
Assyrien wie einen riesigen Vogel, dessen Flügel das ganze Land
bedecken , bereit, es zu verschlingen.
Diese Botschaft wird Immanuel ("Gott
[ist] mit uns") gegeben. Jesaja hatte diesen Namen benutzt ( Jes 7,14 ),
als er Ahas den Jungen ankündigte, der bald geboren werden sollte als
ein Zeichen, daß das Volk nicht durch die Hände von Aram und Israel
untergehen wird. Nun würden die Assyrer versuchen, das Land Juda zu
"ertränken". Aber das Wort Immanuel versichert den Zuhörern, daß Gott
sein Bundesvolk nicht vergessen hat und bei ihnen sein wird (vgl. Jes
8,10 ). Diese Tatsache finden wir in den nächsten Versen näher
beleuchtet (V. 9 - 15 ).
c. Der kommende Sieg durch Gott
( 8,9 - 15 )
Zwar wird Juda durch die assyrische
Invasion beinahe besiegt werden (V. 1 - 8 ), aber dennoch mahnt Jesaja,
daß Juda sich nicht fürchten soll, denn es wird den Sieg erleben.
Jes 8,9-10
Die große Wahrheit in Kapitel 7 -
9 sagt aus, daß Gott mit Juda ist. Jesaja beendet Vers 10 mit dieser
Aussage - Immanuel, Gott ist mit uns. Auch wenn die Völker
ein Kriegsgeschrei erheben und sich für den Kampf gegen Juda
vorbereiten, werden sie nicht zu ihrem Ziel kommen. Sie werden fliehen
müssen, eine Tatsache, die in Vers 9 dreimal wiederholt wird, um sie zu
betonen. Obwohl sie eine sorgfältige Strategie und einen Plan für den
Kampf ausarbeiten, werden sie nicht siegen, denn Gott ist mit Juda
(hebr.: "Immanuel"; vgl. Jes 7,14; 8,8 ). Diese erhabene Wahrheit
unterscheidet Juda von allen anderen Völkern dieser Erde. Weil Gott
versprochen hat, bei seinem Volk zu sein, sollen sie nun auch den
Glauben an ihn haben, wie schwierig die Umstände auch sein mögen. Er
wird sie nicht verlassen. Gott und Jesaja werden auf diese Weise
bestätigt und Ahas wegen seines mangelnden Glaubens getadelt (vgl. Jes
7,9 ) werden.
Jes 8,11-15
Der Herr hat versprochen, mit seinem
Volk zu sein (V. 10 ), aber viele lehnen es in Israel wie in Juda ab, zu
glauben, daß er sein Versprechen hält. Der Herr warnt Jesaja, nicht wie
jene Menschen zu sein (V. 11 ). Dann unterstreicht Jesaja erneut, daß
sich die Bevölkerung von Juda nicht vor der aramäisch-israelitischen
Allianz oder der assyrischen Bedrohung, die schon am Horziont erscheint,
fürchten soll (V. 12 ). Fürchten sollen sie vielmehr den Herrn Zebaoth.
Er ist der Eine, dem sie mit Furcht und Schrecken (V. 13 ; vgl. die
Anmerkungen zu "Furcht" in 5Mo 4,10 ) begegnen müssen. Der Herr wird für
die, die an ihn glauben, ein Heiligtum sein , ein Ort der Sicherheit.
Aber für jene, die nicht an ihn glauben, wird er Zerstörung bedeuten
( ein Stein des Anstoßes, ein Fels des Ärgernisses, ein Fallstrick und
eine Schlinge ). Petrus zitiert einen Teil von Jes 8,14 ( 1Pet 2,8 ) und
wendet es auf jene an, die Jesus Christus abweisen. Jesajas Botschaft
entspricht einer Grundwahrheit des Alten Testaments. Gott verheißt, daß
alle, die an ihn glauben und ihm gehorchen, gesegnet werden. Wer es
dagegen ablehnt, an ihn zu glauben und ihm zu gehorchen, muß gestraft
werden.
d. Die Namen, die Gottes kommende
Hilfe bestätigen
( 8,16 - 18 )
Jes 8,16-18
Jesaja, der von Gott gewarnt wurde,
nicht den Weg dieses Volkes zu gehen (V. 11 ), bekräftigt seine
Abhängigkeit von Gott. Indem er die Offenbarung verschließt und
die Weisung versiegelt, schreibt Jesaja sie fest in die Herzen
der Jünger des Herrn. Da Jes 8,18 in Hebr 2,13 als Ausspruch Christi
verstanden wird, meinen manche Ausleger, dies gelte für den gesamten
Abschnitt 8,16-18 . Ganz sicher drückt sich in diesen Versen eine
Haltung aus, die der von Jesus Christus völlig entspricht. Aber im
Kontext von Jes 7-9 sind diese Worte zunächst einmal Worte des Jesaja
(die der Schreiber des Hebräerbriefes dann auch auf Christus anwendet).
Wir finden hier die Haltung des Propheten trotz des ganzen
Widerspruches, den er um sich herum erlebt. Zweimal wird Jesajas
Zuversicht in Jes 8,17 ausgedrückt. Ich will hoffen auf den HERRN ,
und Ich will auf ihn harren . Daß der Herr sein Gesicht verbirgt (seine
Segnungen zurückhält), ist für die Menschen des Glaubens keine
Überraschung. Gott zieht sich zurück, weil die meisten Juden ihm nicht
folgen. Jesaja aber hat dennoch Vertrauen zu Gott. Er weiß, daß er und
seine Kinder Zeichen und Symbole der souveränen Herrschaft des Herrn auf
dem Berg Zion (Jerusalem; vgl. Jes 2,3 ) sind.
In welcher Hinsicht sind sie diese
Zeichen und Symbole? Jeder von ihnen trägt einen Namen, der für die
Zukunft des Volkes von Bedeutung ist. Jesajas Name, "Jahwe ist Rettung",
erinnert daran, daß Gott sein Volk am Ende retten wird.
Raubebald-Eilebeute erinnert das Volk daran, daß die
aramäisch-israelitische Allianz durch die Assyrer, die diese beiden
Völker besiegen werden, zerbrechen wird. Der Name Schear-Jaschub
schließlich hält den Menschen die Wahrheit vor Augen, daß ein gläubiger
Überrest aus der Gefangenschaft zurückkehren wird (vgl. Jes 10,21-22 ).
e. Die kommende Befreiung Judas durch
Gottes Wort
( 8,19 - 22 )
Jes 8,19-22
Wieder spricht Jesaja gegen die
sündigen Neigungen der Menschen. Die meisten Menschen möchten die
Zukunft kennen. Selbst in Juda gab es Menschen, die sich auf heidnische
Praktiken einließen und zu Medien und Spiritisten gingen, die sich
darauf spezialisiert hatten, zu versuchen, Kontakt zu den Toten
herzustellen (vgl. die Anmerkungen zu 5Mo 18,10-12 ). Jesaja wendet sich
dagegen, zu den Toten zu gehen, um die Zukunft zu erfahren, statt den
lebendigen Gott zu fragen. Das Gesetz und die Weisung (vgl. Jes 8,16 )
vielmehr sind der Ort, wo alles enthalten ist, was das Volk über seine
Zukunft zu wissen braucht. Wenn ein Mensch Gottes Wort nicht beachtet,
zeigt dies, daß er kein geistliches Licht besitzt (vgl. Joh 3,19-20 ).
Spiritisten, Medien und jene, die bei ihnen Rat suchen, werden
schließlich von Gott gerichtet werden ( Jes 8,21-22 ). In ihrer Not
werden sie zu Gott aufschauen und ihn verfluchen und auf die Erde
schauen, wo nur Bedrängnis auf sie wartet, und dann werden sie in die
Finsternis geworfen (vgl. 2Pet 2,17 ). Wer also die Toten befragt, wird
schließlich zu ihnen gehören!
f. Die zukünftige Befreiung des
Volkes
( 8,23 - 9,7 )
In diesen Versen geht es um den
kommenden Befreier, der in dem Volk jene Veränderungen hervorbringen
wird, von denen Jesaja gesprochen hat. Das Kommen des Messias wird die
Nation zu Freude und Wohlstand führen, die ihr lange Jahre gefehlt hat.
Sein Kommen wird die Verheißungen an Abraham und David über den Reichtum
des Königtums erfüllen. Auch hier taucht das Motiv des "Kindes" wieder
auf (V. 5 ; vgl. Jes 7,14-16; 8,1-4.18 ). Dieses Kind wird aufwachsen
und zu dem Befreier werden ( Jes 9,6 ); nicht zum Zeichen ( Jes 8,18 )
der Befreiung, sondern zum Befreier selbst. Er wird die Veränderungen
hervorrufen, die für Wohlstand und geistliches Leben im ganzen Volk
notwendig sind.
Jes 8,23
Es wird eine Zeit kommen, in
der Trübsal und Finsternis ( Jes 8,22 ) eine Sache der Vergangenheit
sein werden. Das Dunkel im Norden Israels war eine Folge der
Zurechtweisung Gottes. Gott brachte für eine bestimmte Zeit Schmach
über Sebulon und Naftali . Jesaja will mit diesen beiden Stämmen
wahrscheinlich das ganze Nordreich Israel ansprechen. Dennoch ist es
bemerkenswert, daß Jesus hauptsächlich in genau dieser Gegend am See
Genezareth aufgewachsen ist, und auch sein anfänglicher Wirkungskreis
lag hier. Seine Gegenwart "ehrte" diese Gegend ohne Zweifel. 732 v. Chr.
wurde dieser nördliche Teil Israels eine assyrische Provinz unter
Tiglat-Pileser III. So wurden die Menschen hier gedemütigt und in
Dunkelheit geführt. Unter der heidnischen Vorherrschaft wurde diese
Gegend auch das Galiläa der Heiden genannt. Der Weg am Meer meint eine große, internationale Straßenverbindung, die durch diese Region führte. Nur an dieser Stelle benutzt die Bibel diesen Ausdruck, während er in assyrischen und ägyptischen Berichten häufig auftaucht. Die angreifenden assyrischen Soldaten kamen auf diesem Weg, als sie das Nordreich überfielen. Aus dieser Gegend wird der Messias kommen. Er wird Dunkelheit und Finsternis, die durch die heidnische Vorherrschaft gekommen sind, hinwegtun. |