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Johannesevangelium Walvoord  Edwin A. Blum

Johannes Kapitel  20

Johannes 20 zusammenfassen:

  1. Leeres Grab: Das Grab Jesu wird leer gefunden.
  2. Maria Magdalena: Maria Magdalena entdeckt das leere Grab.
  3. Petrus und Johannes: Petrus und der andere Jünger laufen zum Grab.
  4. Leinentücher: Die Leinentücher liegen im Grab.
  5. Auferstehung: Jesus ist auferstanden.
  6. Maria weint: Maria Magdalena weint am Grab.
  7. Zwei Engel: Zwei Engel erscheinen Maria.
  8. Jesus erscheint Maria: Jesus erscheint Maria Magdalena.
  9. "Rabbuni": Maria erkennt Jesus und nennt ihn "Rabbuni" (Meister).
  10. Jünger: Jesus beauftragt Maria, den Jüngern die Botschaft zu bringen.
  11. Jesus erscheint den Jüngern: Jesus erscheint den Jüngern am Abend.
  12. Frieden: Jesus wünscht den Jüngern Frieden.
  13. Heiliger Geist: Jesus haucht die Jünger an und sagt: "Empfangt den Heiligen Geist."
  14. Thomas: Thomas ist nicht bei den Jüngern, als Jesus erscheint.
  15. Jesus erscheint Thomas: Jesus erscheint Thomas eine Woche später.


F. Das leere Grab

( 20,1 - 9 )

 

Das Johannesevangelium schließt mit der Verkündigung von Jesu Sieg über den Tod ( Joh 20 ). Danach folgt ein Epilog ( Joh 21 ). Auch hier betonte jeder Evangelist einen anderen Aspekt der Geschehnisse. Johannes berichtet zunächst, wie ihm persönlich die Bedeutung des offenen, leeren Grabes klar wurde und er zum Glauben an die Auferstehung fand.

 

 

Joh 20,1-2

 

Am ersten Tag der Woche , Sonntag, kamen Maria von Magdala (an anderer Stelle, Mt 28,1; Mk 16,1.9; Lk 24,10 ,"Maria Magdalena" genannt) und einige andere Frauen (vgl. das wir in V. 2 ) zum Grab. Marias Treue zu Jesus im Leben und im Tode gründete sich auf ihre Dankbarkeit, weil er sie aus der Knechtschaft des Satans erlöst hatte. Sie hatte das Geschehen am Kreuz beobachtet und war jetzt die erste, die zu seinem Grab kam. Das Grab war mit einem großen Stein verschlossen ( Mk 16,3-4 ) und von der römischen Obrigkeit, das heißt mit dem Siegel des römischen Statthalters Pontius Pilatus, versiegelt worden ( Mt 27,65-66 ). Umso erstaunter waren die Frauen, als sie es offen und anscheinend leer vorfanden. Sie liefen zurück und erzählten Petrus und dem andern Jünger, den Jesus lieb hatte (vgl. Joh 19,26 ), daß etwas Schreckliches geschehen sei, denn sie nahmen an, daß Grabräuber das Grab geschändet hatten.

 

 

Joh 20,3-9

 

Daraufhin eilten Petrus und Johannes ebenfalls zum Grab . Johannes kam als erster an und sah hinein. Es war nicht ganz leer, die Leinentücher lagen noch darin. Sein erster Gedanke war vermutlich, daß die Frauen sich geirrt hatten. Er schaut ( blepei ) hinein ..., ging aber nicht hinein , vielleicht aus Furcht, sich zu verunreinigen. Petrus jedoch, der kurz nach ihm ankam, ging sofort in das Grab hinein und sah ( theOrei , "aufmerksam anschauen") die Leinentücher und daneben das Schweißtuch . Er muß vor Erstaunen über das, was er sah, wie angewurzelt stehengeblieben sein. Denn nach einer Weile ging Johannes ihm nach und sah ebenfalls ( eiden , "wahrnehmen" - das dritte griechische Wort für "sehen" in diesem Vers) und glaubte . Petrus suchte vielleicht noch nach einer Erklärung, warum ein Grabschänder die Kleider liegen lassen und den Leichnam mitnehmen sollte, doch Johannes war sofort klar, daß die fehlende Leiche und die Anordnung der Grabtücher - sie müssen so dagelegen sein, als ob der Leichnam sich noch darin befände - nicht auf Räuber zurückzuführen waren. Er begriff, daß Jesus von den Toten auferstanden war und die Tücher, in die er eingewickelt gewesen war, zurückgelassen hatte. Das Grab stand nicht etwa offen, weil er es durch den Eingang verlassen hatte, sondern damit die Jünger und die übrige Welt hineingehen und sich überzeugen konnten, daß er tatsächlich auferstanden war.

Der Bericht des Johannesevangeliums ( Joh 20,1-9 ) über die Entdeckung des leeren Grabes ist ganz eindeutig die Darstellung eines Augenzeugen, die sich dem Leser, der nur ein klein wenig Gespür dafür hat, unausweichlich als psychologisch und historisch wahr einprägt. Johannes fügt auch hier nochmals an (V. 9 ), daß die Jünger die Schrift, daß er von den Toten auferstehen müßte, noch immer nicht verstanden , obwohl nun genau das Ereignis eingetreten war, von dem Jesus wieder und wieder zu ihnen gesprochen hatte (vgl. Ps 16,10-11;110,1.4; Jes 53,11-12 ).

 

 

G. Jesu Erscheinen vor Maria

( 20,10 - 18 )

 

Joh 20,10-14

 

Als erstes erschien Jesus nach seiner Auferstehung Maria von Magdala, die er von sieben Dämonen befreit hatte ( Lk 8,2 ). (Zu einer Liste der Erscheinungen des Auferstandenen vgl. Mt 28 .). Die Jünger kehrten wieder heim, doch Maria blieb draußen vor dem Grab stehen und weinte . Johannes hatte ihr anscheinend noch nicht erzählt, daß er glaubte, daß Jesus auferstanden war. Wahrscheinlich war er zu überwältigt und bewegt, um überhaupt irgend etwas zu sagen oder mit jemandem zu reden. Als Maria nun selbst in das Grab schaute, sah sie zwei Engel in weißen Gewändern . In der Bibel erschienen die Engel den Menschen stets in Menschengestalt; sie hatten keine Heiligenscheine und auch keine Flügel (in bestimmten Visionen tauchten zwar auch geflügelte Wesen auf, z. B. Jes 6 ,doch das war eine Ausnahme).

Doch Maria war so verzweifelt, daß sie nichts Ungewöhnliches an der Erscheinung fand. Die Frage der Engel und ihre Antwort bildeten das Vorspiel für die berühmteste "Erkennungsszene" der Geschichte (die zweitgrößte ist vielleicht die, in der Josef sich seinen Brüdern in Ägypten zu erkennen gab; 1Mo 45,1-3 ). Die Erscheinung Jesu kam für sie so unerwartet, daß sie nicht wußte, daß es Jesus war . Die Tatsache, daß er Maria und nicht Pilatus oder Kaiphas oder einem seiner Jünger erschien, ist sehr wichtig. Daß ausgerechnet eine Frau ihn als erste sah, ist ebensosehr ein Beweis dafür, daß Jesus vorurteilsfrei liebte, wie für die Historizität dieses Berichts. Kein jüdischer Autor der Alten Welt hätte eine Geschichte erfunden, in der eine Frau die erste Zeugin eines so wichtigen Ereignisses gewesen wäre. Darüber hinaus offenbarte Jesus sich wohl als erstes Maria, weil sie so verzweifelt nach ihm gesucht hatte. Sie war am Kreuz gewesen, als er starb ( Joh 19,25 ), und sie war früh am Sonntagmorgen als erste zu seinem Grab gekommen.

 

 

Joh 20,15-16

 

Maria sprach sogar mit Jesus, doch sie erkannte ihn noch immer nicht. Manche Forscher sind der Ansicht, daß Jesus ihr in veränderter Gestalt erschien; andere sagen, sie sei, wie die Jünger auf der Straße nach Emmaus, deren "Augen gehalten wurden, daß sie ihn nicht erkannten" ( Lk 24,16 ), von einer zeitweiligen "Blindheit" befallen gewesen. Wieder andere vertreten die These, daß sie so sehr weinte, daß sie ihn nicht richtig sehen konnte.

Doch als Jesus, der gute Hirte, Maria beim Namen nannte (vgl. Joh 10,3 und Joh 10,4 : "die Schafe kennen seine Stimme"), erkannte sie ihn sofort und antwortete mit dem Ruf: Rabbuni!, das heißt: Meister!

 

 

Joh 20,17-18

 

Sie hätte ihn vielleicht auch umarmt, doch der Herr fuhr fort: Rühre mich nicht an! denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen .... Diese Worte verweisen auf eine ganz neue Beziehung, auf eine neue Verwandtschaft und eine neue Verantwortung. Die Übersetzung "rühre mich nicht an" hat viele Exegeten verwundert fragen lassen, warum Jesus nicht berührt werden durfte; er war ja nicht "unberührbar" (vgl. Mt 28,9; Joh 20,27 ). Die Übersetzung "halte mich nicht fest" wäre hier also glücklicher, denn das war es, was sich viele Menschen wünschten. Maria hatte Jesus kurz zuvor (bei der Kreuzigung) verloren, und es war ganz natürlich, daß sie sich nun vor einem erneuten Verlust fürchtete.

Jesus wollte sagen, daß die Gemeinschaft zwischen ihm und seiner Kirche nicht physischer Natur sei. Mit seiner Himmelfahrt und dem Geschenk des Heiligen Geistes an die Kirche sollte eine neue Beziehung zwischen den Gläubigen und ihm beginnen. Er erklärte diese neue Verwandtschaft auch: Er nannte seine Jünger Brüder. Früher hatte er sie als seine Freunde bezeichnet: "Ich sage hinfort nicht, daß ihr Knechte seid ... euch aber habe ich gesagt, daß ihr Freunde seid" ( Joh 15,15 ). Wer an Jesus glaubt, wird ein Teil seiner Familie und hat Gott zum Vater (vgl. Röm 8,15-17.29; Gal 3,26; Hebr 2,11-12 ). Marias neue Verantwortung aber war, daß sie Zeugnis geben mußte von seiner Auferstehung. Ihr wurde dreifache Gnade zuteil: sie sah die Engel; sie war die erste, die den auferstandenen Jesus lebendig sah; und sie sollte die gute Nachricht verkündigen. Auch den heutigen Christen wurde eine besondere Gnade zuteil: Auch sie haben diese neue Verantwortung, vor der Welt Zeugnis abzulegen (vgl. Mt 28,18-20 ).

Jesu Worte "ich fahre auf zu meinem Vater" sind abermals ein Zeugnis für seine Sohnschaft. Maria und die anderen Frauen verkündigten den Jüngern die Nachricht über die Auferstehung, doch nach Lukas glaubten sie ihr und den anderen nicht, "und es erschienen ihnen diese Worte, als wär's Geschwätz" ( Lk 24,11; vgl. Lk 24,23 ).

 

 

H. Jesu Erscheinen vor seinen Jüngern

( 20,19 - 23 )

 

Joh 20,19-20

 

Die Jünger waren in Gefahr gewesen, mit Jesus zusammen verhaftet zu werden. Weil sie sich vor den Juden (d. h. den jüdischen Machthabern) fürchteten , trafen sie sich im geheimen, bei Nacht, voller Furcht und hinter verschlossenen Türen. (Welch ein Kontrast zu ihrer Kühnheit sieben Wochen später an Pfingsten!) Doch Jesus kam durch die verschlossenen Türen und trat mitten unter sie (vgl. V. 26 ) - ein Beweis für die besonderen Eigenschaften seines neuen, auferstandenen Körpers. Er zeigte sich ihnen jedoch in der Gestalt, die er vor der Kreuzigung hatte (vgl. V. 27 ). Seine ersten Worte "Friede sei mit euch!" waren ein konventioneller Gruß, ähnlich dem hebräischen SAlNm , doch sie besaßen nun eine tiefere Bedeutung (vgl. Joh 14,27;16,33; Röm 5,1; Phil 4,7 ).

Als die Jünger die Wunden an seinen durchstoßenen Händen und seine Seite sahen, waren sie außer sich vor Freude (wenn sie auch zuerst erschraken, wie Lukas berichtet; Lk 24,37-38 ). Welch eine Wandlung aus der Furcht und Verzagtheit!

 

 

Joh 20,21-23

 

Dann gab Jesus seinen Jüngern ihren Auftrag als Apostel: Er sandte sie aus als seine Stellvertreter, wie der Vater ihn gesandt hatte (vgl. Joh 17,18 ). Sie erhielten seine Vollmacht, um zu predigen, zu lehren und Wunder zu tun ( Mt 28,16-20; Lk 24,47-49 ). Für ihren neuen Auftrag brauchten sie die Kraft des Geistes. Daher blies er sie an und sprach: Nehmt hin den Heiligen Geist! Das Bild des "Anblasens" erinnert an Gottes schöpferisches Tun bei der Erschaffung Adams ( 1Mo 2,7 ). Auch Jesu "Anblasen" nach der Auferstehung war ein - neues - schöpferisches Werk, denn bald sollten sie neue Geschöpfe werden ( 2Kor 5,17; Eph 2,8-10 ). Dieses Empfangen des Geistes war eine Vorwegnahme von Pfingsten und sollte als zeitlich begrenzte Gabe von Weisheit, Erkenntnis und Vollmacht bis Pfingsten, 50 Tage später, verstanden werden.

Die Vergebung der Sünden ist eine der größten Segnungen des Todes Jesu. Sie ist das Wesen des Neuen Bundes (vgl. Jer 31,31-34; Mt 26,28 ). Die Verkündigung der Vergebung der Sünden ist denn auch das hervorstechendste Merkmal der Predigt der Apostel in der Apostelgeschichte. Jesus gab den Aposteln (und damit auch der Kirche) das Vorrecht, den Menschen zu sagen, wie sie Vergebung für ihre Sünden erlangen können. Ein Christ hat das Recht, einem Menschen, wenn er an Jesus glaubt, die Sünden zu erlassen . Wenn er Jesu Opfer jedoch verwirft, kann er ihm sagen, daß seine Sünden behalten sind.

 

 

I. Jesu Erscheinen vor Thomas

( 20,24 - 29 )

 

Joh 20,24-29

 

Johannes hat in seinem Evangelium den Weg des Unglaubens nachgezeichnet, der seine äußerste Steigerung in der Kreuzigung Jesu durch seine Feinde fand. Gleichsam als Kontrapunkt dazu beschrieb er aber auch den Weg der Bekehrung der Jünger zum Glauben, dessen End- und Höhepunkt nun in Thomas sichtbar wurde. Die Jünger hatten Thomas versichert, daß Jesus auferstanden sei ( sagten in V. 25 heißt im Griechischen elegon , ein Imperfekt, das anzeigt, daß sie fortgesetzt auf ihn einredeten), doch es gelang ihnen nicht, ihn zu überzeugen. Er wollte mit eigenen Augen Jesu auferstandenen Körper sehen. Das Erscheinen Jesu nach acht Tagen gab ihm dann Gelegenheit dazu. Abermals kam Jesus auf wunderbare Weise in einen Raum, dessen Türen verschlossen waren (vgl. V. 19 ). Er forderte Thomas auf, ihn zu berühren (vgl. "zeigte" in V. 20 ) und nicht mehr ungläubig, sondern gläubig zu sein. Das war ein ganz direkter Aufruf zu persönlicher Treue.

Thomas' Antwort "mein Herr und mein Gott" ist der Höhepunkt des Johannesevangeliums. Hier war ein skeptischer Mann, der mit dem Beweis von Jesu Auferstehung konfrontiert wurde. Er bestätigte mit seinem Ausruf, daß Jesus, der Mann aus Galiläa, Gott sei, der sich im Fleisch offenbart hatte. So spiegelte sich die Wahrheit, die im ersten Kapitel ausgesprochen wird, im Begreifen dieses Apostels wider ( Joh 1,1.14.18 ). Die Auferstehung bewies (a), daß das, was Jesus über seine Auferweckung gesagt hatte, wahr war ( Mk 8,31;9,9.31;10,34; Joh 2,19 ) und (b), daß Jesus der Sohn Gottes ( Röm 1,4 ) und von Gott gesandt war ("gerechtfertigt im Geist"; 1Tim 3,16 ), sie bezeugte (c) den Erfolg seines Heilsauftrags ( Röm 4,25 ), (d) verherrlichte Jesus ( 1Pet 1,11 ) und (e) verkündete ihn ein für allemal als "den Herrn" ( Apg 2,36 ).

Dann sprach Jesus einen Segen über alle, die ohne die Hilfe einer sichtbaren, körperlichen Manifestation zum Glauben finden ( Joh 20,29; vgl. 1Pet 1,8 ), d. h., aufgrund der Verkündigung des Evangeliums und der Beweise für seine Wahrheit glauben. Die Gläubigen von heute sind nicht etwa benachteiligt, weil sie Jesus nicht sehen; sie sind vielmehr Empfänger seines besonderen Segens: Selig sind die, die nicht sehen und doch glauben!

 

J. Der Zweck des Buches

( 20,30 - 31 )

 

Joh 20,30-31

 

Im folgenden ging Johannes dann noch auf den Grund ein, der ihn zur Abfassung seines Evangeliums veranlaßt hatte: Er wollte, daß die Menschen die theologische Bedeutung der Wunder ( sEmeia , "Zeichen") Jesusahen und richtig verstanden. Viele Menschen heutzutage ignorieren oder leugnen Jesu Wunder oder versuchen, sie rational zu erklären. Zur Zeit Jesu schrieben manche sie Gott, manche aber auch Satan zu ( Joh 3,2;9,33; Mt 12,24 ). Sie damals zu ignorieren, zu leugnen oder rational zu erklären, war unmöglich, weil sie so zahlreich und so beeindruckend waren. Johannes' Hinweis "noch viele andere Zeichen tat Jesus" zeigt, daß er die synoptischen Evangelien, in denen noch 35 andere Wunder erzählt werden (vgl. die Liste bei Joh 2,1-11 ), sehr wohl kannte. Er selbst hatte sieben ausgewählt, die seines Erachtens besonders geeignet waren, die Menschen dazu zu bringen, daß sie glaubten, daß Jesus der Christus ist , der verheißene Messias und der Sohn Gottes .