Home    Forum     Begriffserklärungen  Syngrammata  Lehre auf Youtube 
Neben der Schrift Fakten zur Bibel
Youtube komplett Übersicht    

Logo    

Johannesevangelium Walvoord  Edwin A. Blum

Johannes Kapitel 15

Johannes 15 Zusammenfassung

  1. Weinstock: Jesus als der wahre Weinstock.
  2. Reben: Die Jünger als die Reben, die in Jesus bleiben sollen.
  3. Frucht: Die Notwendigkeit, Frucht zu bringen, die Gott ehrt.
  4. Bleiben: Die zentrale Bedeutung des Bleibens in Jesus.
  5. Liebe: Das Gebot, einander zu lieben, wie Jesus geliebt hat.
  6. Freundschaft: Die besondere Beziehung, die Jesus mit seinen Jüngern teilt.
  7. Gebot: Das Gebot der Liebe als zentrales Gebot.
  8. Welt: Die feindliche Haltung der Welt gegenüber Jesus und seinen Jüngern.
  9. Hass: Der Hass der Welt als Folge der Nachfolge Jesu.
  10. Verfolgung: Die Vorhersage von Verfolgung für die Jünger.
  11. Auserwählung: Die Tatsache, dass Jesus die Jünger erwählt hat.
  12. Freude: Die Freude, die aus dem Bleiben in Jesus kommt.
  13. Reinigung: Die Reinigung der Jünger durch das Wort Jesu.
  14. Heiliger Geist: Der Heilige Geist als Beistand und Zeuge.
  15. Zeugnis: Die Rolle der Jünger als Zeugen für Jesus.

 



E. Der Weinstock und die Reben

( 15,1 - 10 )

 

Jesus belehrte die Jünger im Hinblick auf drei für ihr Glaubensleben entscheidende Beziehungen: Sie sollten ein richtiges Verhältnis zu Jesus (V. 1 - 10 ), zueinander (V. 11 - 17 ) und zur Welt (V. 18 - Joh 16,4 ) finden. Er gab ihnen drei Aufgaben: (in Jesus) zu bleiben, einander zu lieben und Zeugnis zu geben.

Joh 15,1

 

Ich bin der wahre Weinstock (vgl. V. 5 ). Das ist die letzte der sieben großen "Ich-bin"-Aussagen im Johannesevangelium (vgl. den Kommentar zu Joh 6,35 ). Israel war Gottes auserwählter Weinstock, auf den er viel Fürsorge und Aufmerksamkeit verwandt hatte ( Ps 80,9; Jes 5,1-7; Jer 2,3;6,9; Hes 15;17,5-10;19,10-14; Hos 10,1;14,8 ). Er wünschte sich Früchte, doch der Weinstock (Israel) verdarb und brachte nur verdorbene Frucht hervor. Daher erfüllte nun Jesus, der "wahre Weinstock", Gottes Plan mit Isreal. Der Vater ist der Weingärtner , der den Weinstock pflegt und schützt.

 

 

Joh 15,2

 

Er (d. h. der Gärtner, der Vater) will Frucht an seinem Weinstock sehen - eine Aussage, die achtmal in diesem Kapitel vorkommt (V. 2 [dreimal], V. 4 , Vers 5 , Vers 8 und Vers 16 ). Dabei ist eine Steigerung festzustellen: Frucht (V. 2 ), mehr Frucht (V. 2 ) und "viel Frucht" (V. 5 und 8 ). Die Frucht, die Gott sich von Israel wünschte, war liebender Gehorsam und Gerechtigkeit ( Jes 6,1-7 ). Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen . Die Wendung "an mir" bedeutet nicht dasselbe wie die paulinische Formel "in Christus". Hier ist sie Teil der Metapher des Weinstocks und heißt wahrscheinlich "nicht jeder, der bekennt, mein Jünger zu sein (eine "Rebe"), ist zwangsläufig auch ein wahrer Jünger." Eine Rebe, die keine Frucht bringt , ist tot, daher wird sie, wie Judas, abgeschnitten. (Vgl. den Kommentar zu Joh 15,6 .) Jedes Jahr beschneiden die Gärtner in Palästina ihre Weinstöcke. Sie schneiden die toten Äste ab, damit die lebenden um so größere Erträge bringen.

 

 

Joh 15,3

 

Die Jünger waren durch Jesus und seine Botschaft gereinigt worden - mit einer Ausnahme: Judas (vgl. 10 - 11 ).

 

 

Joh 15,4

 

"Früchte" tragen diejenigen Jünger, die in ihrem Leben dem Leben Christi auf Erden nacheifern. Ihre Aufgabe ist es zu bleiben . Das Wort bleiben , ein Schlüsselwort in der Theologie des Johannesevangeliums, im Griechischen menO , steht elfmal in diesem Kapitel, vierzigmal im ganzen Johannesevangelium und siebenundzwanzigmal in den Johannesbriefen. Möglich sind folgende Bedeutungen. Erstens: Jesus als Retter zu akzeptieren (vgl Joh 6,54.56 ). Zweitens: im Glauben zu bleiben ( Joh 8,31; 1Joh 2,19.24;4,15 ). Drittens: in Glauben und Liebe zu gehorchen ( Joh 15,9-10 ). Ohne Glauben wird keiner das Leben Gottes erhalten. Ohne das Leben Gottes kann es keine Frucht geben: Auch ihr könnt keine Frucht bringen, wenn ihr nicht in mir bleibt.

 

 

Joh 15,5-6

 

Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht (vgl. V. 8 ). Doch wer nicht glaubt, wird verloren sein. Eine Rebe ohne Leben ist tot und wird entfernt (V. 2 ). Sie ist nutzlos und wird ins Feuer geworfen und verbrannt. Was meinte Jesus mit seinen symbolischen Worten über die Reben, die verbrannt werden? Sie sind auf mindestens drei Arten gedeutet worden: (1) Die "verbrannten" Reben sind Christen, die ihre Rettung verloren haben. (Das widerspricht jedoch vielen anderen Textstellen, z. B. Joh 3,16.36;5,24;10,28-29; Röm 8,1 .) (2) Die "verbrannten" Reben sind Christen, die im Jüngsten Gericht zwar die Belohnungen, nicht jedoch die Rettung verlieren werden ( 1Kor 3,15 ). (Doch Jesus sprach hier von toten Reben, die weggeworfen werden und verdorren .) (3) Die "verbrannten" Reben beziehen sich auf Christen, die sich zwar zu Jesus bekennen, doch, wie Judas, nicht gerettet sind und daher gerichtet werden. Wie eine tote Rebe ist ein Mensch ohne Christus geistlich tot und wird mit dem ewigen Feuer bestraft werden (vgl. Mt 25,46 ). Judas lebte bei Jesus; er schien eine "Rebe" zu sein. Doch er hatte nicht das Leben Gottes in sich; daher verließ Gott ihn, und er erlitt dasselbe Schicksal wie ein toter, abgestorbener Zweig.

 

 

Joh 15,7-8

 

Im Gegensatz zu Vers 6 enthalten diese Verse eine positive Aussage: in Jesus bleiben und viel Frucht bringen. Ein Gebet, das erhört wird, kommt aus dem Glauben an Christus und dem Vertrauen auf seine Worte, die in den Gläubigen bleiben. Sie stärken und bewahren die Gläubigen und lassen sie zu einer vollkommenen Übereinstimmung mit dem Willen des Vaters kommen. Wo dies aber der Fall ist, ist der Erfolg des Gebets gewiß - es wird euch widerfahren ( 1Joh 5,14-15 ). Erfüllte Gebete verherrlichen den Vater, weil die Jünger, wie Jesus selbst, damit den Willen des himmlischen Vaters tun (vgl. "dein Reich komme, dein Wille geschehe"; Mt 6,10 ).

 

 

Joh 15,9-10

 

Ein Gläubiger lebt durch das Wunder der Liebe Jesu, die der Liebe des Vaters gleicht. Der Ausspruch "bleibt in meiner Liebe" scheint vielleicht etwas mystisch, doch Jesus meinte ihn ganz wörtlich. Wie Jesus den Geboten des Vaters gehorcht, so sollen die Jünger seinen Geboten gehorchen (vgl. Joh 14,15.21.23; 1Joh 2,3;3,22.24;5,3 ). Aktive Abhängigkeit und liebender Gehorsam sind der richtige Weg für alle Kinder Gottes.

 

 

F. Jesu Freunde

( 15,11 - 17 )

 

Joh 15,11

 

Jesus hatte große Freude daran, dem Vater durch ein fruchtbringendes Leben zu gefallen (vgl. Hebr 12,2 ). Der Zweck seiner Lehre war es, den Menschen ein volles, erfülltes Leben, nicht etwa eine freudlose Existenz, zu geben ( Joh 10,10 ). Auch die Anweisungen an die Jünger waren lediglich dazu gedacht, ihre Freude vollkommen werden zu lassen (vgl. Joh 17,13 ).

 

 

Joh 15,12

 

Ein vorrangiges Gebot hatte Jesus seinen Jüngern gegeben: sie sollten sich untereinander lieben (wiederholt in V. 17 ). Die Christen wachsen durch ihre gegenseitige Fürsorge. Das Vorbild für diese Liebe ist Christi demütiges, aufopferungsvolles Dienen: wie ich euch liebe .

 

 

Joh 15,13-14

 

Das größte, was ein Mensch für seinen Freund tun kann, ist, für ihn zu sterben; ein solcher Tod ist der eindeutige Beweis seiner Liebe. Jesus demonstrierte seine Liebe (V. 12 )b, indem er für seine Freunde - die, die ihm gehorchen - starb. Im Alten Testament wurde Abraham Gottes "Freund" genannt ( 2Chr 20,7; Jes 41,8 ), weil er ihm gehorchte. Abraham unterhielt sich mit Gott wie mit einem engen Freund (vgl. 1Mo 18,17 ).

 

 

Joh 15,15-17

 

Ein Knecht (wörtlich: "Sklave") hat keine enge Beziehung zu seinem Herrn, wie es etwa unter Freunden üblich ist. Er tut, was ihm gesagt wird, ohne seinen Herrn unbedingt zu verstehen. Da Jesus sich jedoch seinen Jüngern offenbart hatte, wurde der Titel "Sklave" ihrer Beziehung nicht gerecht. (Wenn Paulus von sich selbst als "Knecht [wörtlich: "Sklave"] Gottes" sprach [ Röm 1,1 ], hatte er ebenfalls etwas anderes im Sinn. Er wollte damit sagen, daß er Gott bereitwillig und demütig diente und gehorchte.) Jesus nannte seine Jünger Freunde, weil er ihnen die Offenbarung seines Vaters enthüllt hatte.

Dann erinnerte er sie daran, daß er sie selbst auserwählt hatte ( Joh 15,19 ) - im Gegensatz zu dem üblichen Verfahren, nach dem die Jünger sich einen Lehrer suchten. Er hatte sie gewählt,damit sie bleibende Frucht brächten. Er hatte sie für einen Auftrag ausersehen, und sein Vater würde ihre Bitten erhören, damit dieser Auftrag erfüllt werden konnte ( wenn ihr den Vater bittet in meinem Namen, wird er's euch geben ; vgl. V. 7 ; vgl. "in meinem Namen", Joh 14,13-14;16,23-24.26 ). Zur Freundschaft mit Jesus gehört immer auch die Liebe zu anderen Menschen: daß ihr euch untereinander liebt (vgl. Joh 15,12 ).

 

 

G. Der Haß der Welt

( 15,18 - 16,4 )

 

Joh 15,18

 

Wer Freundschaft mit Gott hat, muß den Haß der Welt erdulden. Umgekehrt bedeutet Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ( Jak 4,4 ). Jesus machte seine Jünger darauf aufmerksam, daß die Welt sie hassen würde. Die Welt ist im Johannesevangelium das gesamte System der organisierten, Gott feindlich gesonnenen Gesellschaft, die unter dem Einfluß Satans steht ( Joh 14,30 ). Diese Feindschaft mag für die Gläubigen manchmal unerwartet sein ( 1Pet 4,12-13 ), doch sie sollten sich daran erinnern, daß auch Jesus vom Zeitpunkt seiner Geburt an (als Herodes der Große versuchte, ihn zu töten) bis zu seinem Tod am Kreuz gehaßt wurde.

 

 

Joh 15,19

 

Der Grund dafür, daß die Welt die Christen haßt, liegt in ihrem Anderssein (vgl. 1Pet 4,4; Röm 12,2 ). Ein Gläubiger, der das Reich der Finsternis verlassen hat und im Reich der Kinder Gottes lebt ( Kol 1,13 ), hat eine andere Freude, ein anderes Ziel, eine andere Hoffnung und eine andere Liebe. Er besitzt Gewißheit, Wahrheit und einen Maßstab im Leben. Die Christen sind durch Christus aus der Welt erwählt (vgl. Joh 15,16 ) und gehören zu ihm. Da sie nicht mehr von der Welt sind, haßt sie die Welt .

 

 

Joh 15,20-21

 

Jesus erinnerte seine Jünger an eine kurz zuvor gemachte Aussage: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr (vgl. Joh 13,16 ). Damals bezog sich Jesus auf die Notwendigkeit, daß die Jünger sich sein demütiges Dienen zum Vorbild nahmen. Doch der Satz hat auch noch andere Konsequenzen. Die Christen sind so eng mit Jesus verbunden, daß sie auch seine Leiden teilen ( sie werden auch euch verfolgen ). Es gab zwar immer Menschen, die Jesus nachfolgten und sein Wort hielten und deshalb für die Botschaft der Apostel empfänglich waren. Im allgemeinen aber haßt die Welt die Jünger. Die Wurzel ihres Hasses ist die Identifikation der Jünger mit Jesus. Jesus aber hassen die Menschen, weil sie Gott, der ihn gesandt hat, nicht kennen .

 

Joh 15,22-23

 

Jesus kam als die Offenbarung Gottes. Wenn er nicht gekommen wäre, wäre die Sünde der Menschen nicht so groß gewesen. Die Aussage "so hätten sie keine Sünde" (vgl. V. 24 ) darf, wie Joh 16,9 zeigt, nicht absolut genommen werden (vgl. Joh 3,19;9,41 ). Vor Jesu Kommen konnten sich die Menschen vielleicht mit ihrer Unwissenheit herausreden (vgl. Apg 17,30 ). Doch nun, nachdem das Licht gekommen ist, können die, die dieses Licht bewußt ablehnen, nichts vorbringen, um ihre Sünde zu entschuldigen . Die Offenbarung des Sohnes ist so stark mit dem Vater verknüpft, daß Jesus hassen bedeutet, Gott zu hassen (vgl. Joh 15,24 b).

 

 

Joh 15,24-25

 

Im folgenden werden die Gedanken von Vers 22 - 23 noch weiter ausgeführt. Die Bedeutung von Jesu Werken war eigentlich unmißverständlich. Auf sie hin hätte das ganze jüdische Volk bekennen müssen: "Niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm" ( Joh 3,2 ). Doch das Volk verwarf sowohl Jesus als auch den Vater, weil es in seiner Sünde die Finsternis mehr liebte als das Licht ( Joh 3,19 ). Die Menschen glaubten sogar, Gott zu dienen, indem sie Jesus verwarfen ( Joh 16,2-3 ), doch in Wirklichkeit dienten sie dem Satan ( Joh 8,44 ). Die Sünde ist ihrem Wesen nach irrational. Der Haß der Menschen Jesus gegenüber hatte keinerlei vernünftigen Grund, ebensowenig wie der Haß des Ungerechten gegen den Gerechten - wie man an denen sieht, die David haßten ( Ps 35,19;69,5;109,3 ).

 

 

Joh 15,26-27

 

Angesichts des Widerstands und des Hasses der Welt ist der Gläubige unter Umständen versucht, der Welt zu entfliehen oder zu schweigen. Mönchtum, auch in extremen Formen, und mangelndes Zeugnis sind in der Kirchengeschichte nur allzu häufig anzutreffen.

Doch Jesus ermutigte seine Jünger durch die Verheißung des Geistes, in der Welt zu wirken. Wie es die Aufgabe Jesu war, für den Vater und nicht für sich selbst zu zeugen, so gibt der Geist Zeugnis von Jesus als dem Messias ( er wird Zeugnis geben von mir ). Was er sagt, ist wahr, weil er der Geist der Wahrheit ist (vgl. Joh 16,13 ). Als der Tröster (vgl. Joh 14,26;16,7 ) bringt er die Wahrheit in die Welt. Er geht vom Vater aus (vgl. Joh 14,26 ), wie auch der Sohn vom Vater gesandt war. Doch das geheimnisvolle Wirken des Geistes findet nicht außerhalb der Kirche statt. Die Apostel sollten von dem Kunde geben, der zu ihnen gesagt hatte: Auch ihr seid meine Zeugen . Durch ihr Zeugnis und die Überzeugungskraft des Geistes würden die Menschen gerettet. Diese Verbindung von menschlichem Gehorsam gegenüber den Geboten Gottes ( Apg 1,8 ) und dem Wirken des Heiligen Geistes ist immer wieder aufs neue notwendig.