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Matthäues Evangelium Kp 6-8  Walvoord Louis A. Barbieri Jr.

 


 

b. Die neue religiöse Praxis

( 6,1-7,6 )

 

Nachdem er ihre Lehren kritisiert hatte, nahm Jesus nun die heuchlerische Praxis der Pharisäer unter die Lupe.

Mt 6,1-4

 

Er tadelte zunächst ihre Art, Almosen zu geben. Gerechtigkeit ist nicht in erster Linie eine Sache zwischen Menschen, sondern zwischen einer Person und Gott. Daher sollte man seine Frömmigkeit nicht vor anderen zur Schau stellen, denn dann erhält man auch seinen Lohn nur von den Menschen (V. 1-2 ). Die Pharisäer machten aus ihren Gaben an die Armen eine große Show in den Synagogen und auf den Gassen und dachten, auf diese Weise unter Beweis zu stellen, was für gerechte Leute sie doch seien. Jesus jedoch sagte, wenn du aber Almosen gibst, so laß deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut , d. h., es sollte so verborgen geschehen, daß der Geber sofort wieder vergißt, was er gegeben hat. Auf diese Art zeigt er wahre Gerechtigkeit vor Gott, nicht vor den Menschen, und Gott wird es ihm vergelten . Man kann nicht, wie die Pharisäer annahmen, von den Menschen und von Gott belohnt werden.

 

 

Mt 6,5-15

 

( Lk 11,2-4 ) Dann sprach Jesus über das Beten, das die Pharisäer ebenfalls gern zu einer öffentlichen Angelegenheit machten. Statt das Gebet zu einer Sache zwischen dem einzelnen und Gott zu machen, wollten sie von den Leuten gesehen werden , um auch hier ihre angebliche Gerechtigkeit zu demonstrieren. Ihre Gebete galten eigentlich nicht Gott, sondern den anderen Menschen, vor denen sie mit ihrer Frömmigkeit prahlen wollten, und setzten sich im Grunde nur aus langen, ständig wiederholten Phrasen zusammen ( Mt 6,7 ).

Jesus verurteilte das "Gemachte" solcher Praktiken. Das Gebet der Gläubigen sollte sich an den Vater, der im Verborgenen ist (vgl. Joh 1,18; 1Tim 1,17 ) und der weiß, was ihr bedürft , richten ( Mt 6,8 ), und es sollte auch nicht in aller Öffentlichkeit, vor den Leuten, gesprochen werden. Jesus gab seinen Jüngern sogar ein "Muster" für ein Gebet, das sogenannte "Vaterunser", eigentlich das "Gebet der Jünger". Dieses von vielen Christen übernommene Gebet enthält bestimmte Elemente, die eigentlich in jedem Gebet vorkommen sollten: 1. Das Gebet sollte mit der Anbetung beginnen. Gott wird dabei als "Unser Vater im Himmel" angesprochen. Die Anbetung ist der Kern allen Betens. (In den Versen 1-18 verwendete Jesus zehnmal das Wort "Vater"! Nur wer die wahre innere Gerechtigkeit besitzt, kann Gott auf diese Weise anbeten und ansprechen.) 2. Ein weiteres Element des Gebetes ist die Ehrfurcht vor Gott - denn Gottes Name ist geheiligt ( hagiasthEtO ). 3. Die Sehnsucht nach dem Gottesreich - dein Reich komme . Sie stützt sich auf die Zusicherung, daß Gott alle in seinem Bund gegebenen Verheißungen für sein Volk erfüllen wird. 4. Das Gebet soll die Bitte enthalten, daß sein Wille auf Erden so vollständig und gerne geschehe wie im Himmel . 5. Auch die Bitte um das, was man zum täglichen Leben braucht, wie z. B. Nahrung, gehört in ein Gebet. "Täglich" ( epiousion , ein Wort, das im Neuen Testament nur an dieser Stelle steht) bedeutet "ausreichend für heute".

6. Daneben stehen Bitten um geistliche Gaben wie Vergebung. Dabei sollte der Bittende selbst dem, der ihm Unrecht getan hat, vergeben haben. Sünden (vgl. Lk 11,4 ) wie moralische Schuld enthüllen die persönlichen Versäumnisse vor Gott. 7. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Gebetes des Gläubigen ist schließlich die Erkenntnis der eigenen geistlichen Unvollkommenheit und die Bitte um Erlösung aus der Versuchung und von dem Bösen (vgl. Jak 1,13-14 ).

 

 

Mt 6,14-15

 

ist eine Entfaltung der Aussage über die Sündenvergebung in Vers 12 . Auch wenn Gottes Vergebung nicht von der Vergebung der Menschen untereinander abhängt, so basiert doch umgekehrt die Fähigkeit der Christen, ihren Feinden zu vergeben, darauf, daß sie wissen, daß ihnen vergeben ist (vgl. Eph 4,32 ). Es geht in diesen Versen um die persönliche Gemeinschaft des einzelnen mit Gott (nicht um die Rettung von der Sünde). Man kann nicht Gemeinschaft mit Gott haben, wenn man den Menschen nicht vergibt .

 

 

Mt 6,16-18

 

Auch der Umgang mit dem Fasten war ein Beispiel für die scheinbare "Gerechtigkeit" der Pharisäer. Sie fasteten nach Möglichkeit so, daß es anderen auffiel und man sie für besonders fromm hielt. Fasten ist eigentlich eine Sache der Verleugnung des Fleisches, die Pharisäer jedoch verherrlichten ihr Fleisch, indem sie die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Wieder wies Jesus darauf hin, daß solche Handlungen im Verborgenen vor Gott geschehen sollten. Wenig nachahmenswert war daher auch der Brauch der Pharisäer, sich während des Fastens das Haupt nicht zu salben , denn nur Gott allein sollte um dieses Tun wissen und würde es den Menschen auch entsprechend vergelten.

Jesus bezeichnete die Pharisäer in allen drei Beispielen - dem Almosengeben (V. 1-4 ), dem Beten (V. 5-15 ) und dem Fasten (V. 16-18 ) - als Heuchler (V. 2.5.16 ), die mit ihrer Frömmigkeit öffentlich großtun (V. 1-2.5.16 ) und damit ihren Lohn schon von den Menschen gehabt haben ( 2.5.16 ). Diejenigen aber, die im Verborgenen handeln (V. 4.6.18 ), werden vom Vater, der sie sieht und "weiß", was sie tun, belohnt werden (V. 4.6.8.18 ).

 

 

Mt 6,19-24

 

( Lk 12,33-34; 11,34-36; 16,13 ) Auch die Haltung zum Reichtum ist ein Barometer für die Gerechtigkeit. Die Pharisäer glaubten, daß der Herr es denen, die er liebte, materiell gutgehen ließ. Sie wollten unbedingt große Schätze auf Erden ansammeln. Doch diese irdischen Schätze sind vergänglich (die Motten fressen die Kleider, und der Rost zerstört Metall; vgl. Jak 5,2-3 ) und können geraubt werden, wohingegen Schätze im Himmel nie verlorengehen.

Die irrige Auffassung der Pharisäer rührte daher, daß ihre geistlichen Augen böse waren ( Mt 6,23 ). Sie sahen nur auf Geld und Reichtum und lebten dadurch in geistlicher Finsternis . Sie waren so sehr Sklaven ihrer Geldgier, daß sie ihren wahren Herrn, Gott , darüber vergaßen. Das Wort "Mammon" kommt von dem aramäischen Wort für "Reichtum oder Eigentum", mamOna .

 

 

Mt 6,25-34

 

( Lk 12,22-34 ) Wenn sich jemand Gott, dem wahren Herrn, widmet, wie soll er dann für seine alltäglichen Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung und Schutz aufkommen? Die Pharisäer hatten in ihrem Bestreben, materielle Reichtümer anzuhäufen, nie gelernt, aus dem Glauben heraus zu leben. Jesus sagte ihnen (und auch uns heute), daß sie sich um solche Dinge nicht sorgen sollten, denn das Leben ist mehr als die Befriedigung physischer Grundbedürfnisse. Zur Verdeutlichung nannte er mehrere Beispiele. Die Vögel unter dem Himmel werden von ihrem himmlischen Vater ernährt , und die Kleidung der Lilien auf dem Feld ist herrlicher als die Salomos . Damit wollte Jesus sagen, daß Gott in seiner Schöpfung auch die Mittel vorgesehen hat, durch die alle Lebewesen erhalten werden. Die Vögel werden satt, weil sie täglich fleißig nach Nahrung suchen. Sie sammeln keine großen Vorräte an, sondern sorgen jeden Tag für ihren Bedarf. Wieviel mehr wert sind Gott im Vergleich zu den Vögeln seine Gläubigen! Auch die Lilien wachsen ganz von selbst. Der Mensch sollte sich deshalb keine Existenzsorgen machen ( Mt 6,31 ), die doch seines Lebens Länge nicht eine Spanne zusetzen können . Statt sich wie die Heiden um ihre körperlichen Bedürfnisse zu sorgen, sollen die Jünger nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit streben. Gott wird für sie sorgen und ihnen all das geben, wenn sie ein Leben im Glauben führen. Es nützt also nichts, sich zu sorgen - die Wendung "sorgt nicht" wird dreimal wiederholt (V. 25. 31.34 ; vgl. V. 27-28 ) - oder sich um morgen zu kümmern, denn jeder Tag hat seine eigene Plage . Sich zu sorgen zeugt von einem Mangel an Vertrauen auf Gott (V. 30 ; vgl. "ihr Kleingläubigen" in Mt 8,26; 14,31; 16,8 ). Wie ein Jünger sich jeden Tag um die Dinge kümmert, die Gott ihm anvertraut hat, so wird Gott, sein himmlischer Vater ( Mt 6,26.32 ), für seine täglichen Bedürfnisse sorgen.

 

 

Mt 7,1-6

 

( Lk 6,41-42 ) Die letzte Kritik Jesu an den Pharisäern wandte sich gegen ihren "Richtgeist". Die Pharisäer richteten am Ende über Christus und kamen zu dem Urteil, daß er nicht der Messias sei. Das Reich, von dem er sprach, hatte nichts mit dem Reich zu tun, das sie erwarteten, und er fragte auch nicht nach der Gerechtigkeit, die sie zur Schau stellten. Daher lehnten sie ihn ab. Jesus warnte sie deshalb vor heuchlerischen Wertungen.

Diese Textstelle sollte sicherlich nicht dahingehend verstanden werden, daß man überhaupt nicht richten soll; Mt 7,5 spricht durchaus davon, den Splitter in deines Bruders Auge zu entfernen. Es ging Jesus vielmehr darum, daß niemand aus Kritiksucht einen anderen für diesen Splitter in seinem Auge verurteilen oder verdammen sollte, während er selbst einen Balken - eine Übertreibung um der Wirkung willen - im Auge hat. Ein solches Verhalten ist heuchlerisch ("du Heuchler", V. 5 ; vgl. "Heuchler" in Mt 6,2.5.16 ). Es mag zwar manchmal die Notwendigkeit bestehen, einen Urteilsspruch zu fällen, doch in jedem Fall sollten sich diejenigen, die dabei entscheiden müssen ( krinO bedeutet "unterscheiden" und daher "entscheiden"), zunächst einmal um ihr eigenes Leben kümmern.

Außerdem sollte man, wenn man anderen helfen möchte, sorgsam mit seinen Wohltaten umgehen. Man darf das Heilige nicht unheiligen Menschen ( Hunden , vgl. "Hunde" in Phil 3,2 ) anvertrauen oder Perlen vor die Säue werfen . Hunde und Schweine waren in damaliger Zeit verachtete Tiere.

 

 

4. Weisungen für die Hörer

( 7,7-29 )

 

Mt 7,7-11

 

( Lk 11,9-13 ) Jesus hatte seinen Jüngern im Laufe seiner Predigt bereits vorgemacht, wie sie beten sollten ( Mt 6,9-13 ). Jetzt versicherte er ihnen, daß Beten Gott wohlgefällig sei und daß sie sich immer und überall an ihn wenden sollten. Diese Aussage wird durch die Verwendung des Präsens in den Verben "bittet", "suchet", "klopfet an" ( Mt 7,7 ), noch betont. Warum? Weil euer Vater im Himmel (V. 11 ) denen, die ihn darum bitten, gerne Gutes (vgl. Jak 1,17 ) erweist. (Lukas schreibt statt "Gutes" "den heiligen Geist"; Lk 11,13 ). Kein normaler Vater würde seinem Sohn einen Stein statt eines ähnlich aussehenden runden Laibes Brot oder eine Schlange statt eines Fisches geben. Wenn nun ein menschlicher Vater, der doch sündig ( böse ) ist, Freude daran hat, seinen Kindern Gutes zu tun, ist es doch selbstverständlich, daß der himmlische Vater seine Kinder auf ihr Bitten hin noch weit reichlicher mit geistlichen Gaben beschenken wird.

 

 

 

 

Mt 7,12

 

Dieser Vers wird allgemein als "goldene Regel" bezeichnet. Der Grundgedanke ist, daß die Menschen selbst für die Leute genau das tun sollen, was sie umgekehrt auch von ihnen erwarten. Dieser Satz vereinigt die wesentlichen Aussagen des Gesetzes und der Propheten in sich. Kein normaler Mensch kann jedoch ein solches Prinzip ständig durchhalten. Nur ein Gerechter ist dazu imstande und ist damit ein lebender Beweis für die geistliche Veränderung, die er erfahren hat. Wer so leben kann, besitzt offensichtlich jene Gerechtigkeit, die Jesus forderte ( Mt 5,20 ). Ein solcher Mensch wird zwar nicht durch seine gerechten Werke gerettet, doch eben weil er gerettet ist, kann er nun auch anderen gegenüber als Gerechter handeln.

 

 

Mt 7,13-14

 

( Lk 13,24 ) In den weiteren Ausführungen zur goldenen Regel beschrieb Jesus, wie man zu der Gerechtigkeit, die er verlangte ( Mt 5,20 ), finden kann. Der Pfad dorthin führt nicht durch die weite Pforte und nicht über den breiten Weg , sondern durch die enge Pforte und den schmalen Weg . Aus dem Gesamtzusammenhang der Predigt war klar zu erkennen, daß Jesus die weite Pforte und den breiten Weg mit der äußerlichen Rechtschaffenheit der Pharisäer gleichsetzte. Wenn seine Zuhörer den Lehren der Pharisäer folgten, führte ihr Weg in die Verdammnis ( apOleian , "das Verderben"). Die enge Pforte und der schmale Weg dagegen bezogen sich auf die Lehre Jesu, in der nicht irgendwelche Äußerlichkeiten, sondern die echte innere Verwandlung im Vordergrund stand. Selbst Jesus räumte allerdings ein, daß nur wenige den wahren Weg, den Weg, der zum Leben (d. h. in den Himmel, im Gegensatz zur Vernichtung in der Hölle) führt, finden .

 

 

Mt 7,15-23

 

( Lk 6,43-44;13,25-27 ) Nachdem er den wahren Weg in sein verheißenes Königreich aufgezeigt hatte, warnte Jesus die Menschen vor falschen Propheten . Er bezeichnete diese Verteidiger des breiten Weges als reißende Wölfe in Schafskleidern . Doch woran kann man die falschen Lehrer erkennen? Man muß nur ihre Früchte, d. h. das, was sie leisten, ansehen: Auf Dornen oder Disteln wachsen keine Trauben oder Feigen. Ein guter Baum bringt gute Früchte, ein fauler Baum dagegen bringt schlechte Früchte . Nach Jesu Maßstab brachten die Pharisäer offensichtlich schlechte Früchte. Das einzige, was man mit solchen Bäumen tun kann, ist jedoch, sie abzuhauen . Wenn sie ihren Daseinszweck nicht erfüllen, müssen sie entfernt werden.

Die Leute, die diese Predigt hörten, wunderten sich sicher über diese völlig neue Einschätzung der Pharisäer, die doch durchaus den Eindruck großer Rechtschaffenheit machten und auch über den Messias und sein Reich predigten. Nach den Worten Jesu waren sie jedoch nicht gut, denn sie führten andere in die Irre. Selbst dann, wenn sie Übernatürliches vollbrachten - in Gottes Namen Prophezeiungen aussprachen, böse Geister austrieben und viele Wunder bewirkten - waren sie dem Vater und seinem Willen nicht gehorsam ( Mt 7,21 ). Sie würden nicht in das Himmelreich kommen, weil Jesus keine persönliche Beziehung zu ihnen hatte (V. 21.23 ).

 

 

Mt 7,24-27

 

( Lk 6,47-49 ) Am Schluß wies Jesus seinen Hörern zwei Möglichkeiten, die ihnen nun offenstanden und zwischen denen sie sich entscheiden mußten. Sie konnten zwischen zwei Fundamenten wählen. Das eine verglich er mit dem Fels , das andere mit dem Sand . Die Fundamente eines Gebäudes sind entscheidend dafür, wieweit es den Elementen ( Platzregen und Winde ) standhalten kann. Der Fels nun war ein Sinnbild für den Herrn selbst und die Wahrheiten, die er verkündigt hatte, vor allem über die innere Wandlung. Der Sand dagegen symbolisierte die Gerechtigkeit der Pharisäer, die den Menschen bekannt war und auf die viele von ihnen ihre Hoffnung setzten. Der Fels würde in einem Sturm Halt geben; doch wer sein Haus auf Sand gebaut hatte, würde untergehen. Daher ist es klug , auf Jesu Worte zu hören und sie zu befolgen, und es wäre töricht , das nicht zu tun. Es gibt nur die Entscheidung zwischen diesen zwei Möglichkeiten - zwei Wege und Pforten ( Mt 7,13-14 ), zwei Arten von Bäumen und Früchten (V. 16-20 ), zwei Fundamente und zwei Erbauer (V. 24-27 ).

 

 

Mt 7,28-29

 

Mit der Wendung: Als Jesus diese Rede vollendet hatte" , schließt Matthäus seine Darstellung der Bergpredigt. Dieselbe Formulierung taucht noch weitere vier Male in seinem Evangelium auf (mit den gleichen oder doch fast den gleichen Worten), jedes Mal nach einer Sammlung von Jesusworten ( Mt 11,1;13,53;19,1 und Mt 26,1 ). Sie bezeichnet jeweils einen Wendepunkt.

Bei dem Volk, das Jesus gefolgt war, rief die Predigt größte Verwirrung hervor, die Menschen entsetzten sich über seine Lehre . "Entsetzt" ( exeplEssonto , wörtlich "geschlagen") bedeutet soviel wie "überwältigt". Gemeint ist ein intesives, plötzliches Gefühl des Erstaunens, stärker als es das Wort thaumazO ("staunen" oder "erstaunt sein") wiedergeben kann. Auch den Ausdruck exeplEssomto verwendet Matthäus viermal ( Mt 7,28;13,54;19,25;22,22 ). Immerhin hatte Jesus den Menschen soeben die Unzulänglichkeit des religiösen Systems der Pharisäer vor Augen geführt. Ihre Gerechtigkeit reichte nicht aus, um in das Gottesreich zu kommen. Es war die Vollmacht , mit der Jesus sprach, die die Menschen so in Erstaunen versetzte. Er lehrte nicht wie die Schriftgelehrten seiner Zeit, die nur die Vollmacht des Gesetzes besaßen, sondern als Sprachrohr Gottes. Man kann sich kaum einen größeren Unterschied denken als den zwischen Jesus und den Pharisäern.

 

 

III. Jesu Beweise seiner Gottheit

( 8,1-11,1 )

 

Jesus hatte sich durch seine Worte und Werke als der Messias ausgewiesen ( Mt 3-4 ). In einer langen Predigt legte er dar, welche Bedingungen erfüllt werden müßten, um in sein Reich zu gelangen, und welcher Weg in dieses Reich führte ( Mt 5-7 ). Doch die Juden hatten immer noch Fragen. War dieser Mann möglicherweise wirklich der Messias? Und wenn ja, hatte er die Macht, die Veränderungen herbeizuführen, die notwendig waren, um das Reich zu errichten? Als Beleg dafür, daß Jesus tatsächlich der König Israels war und durchaus die Macht hatte, seine Worte einzulösen, berichtet Matthäus an dieser Stelle von einer Reihe von Wundern, die seine Vollmacht auf verschiedenen Gebieten beweisen.

 

 

A. Seine Macht über die Krankheit

( 8,1-15 )

 

1. Aussatz (Lepra)

( 8,1-4 ) ( Mk 1,40-45; Lk 5,12-16 )

 

Mt 8,1-4

 

Bemerkenswerterweise ist die erste Heilung, von der Matthäus berichtet, die Heilung eines Aussätzigen . Doch auch vorher schon hatte Jesus mehrere Wunder vollbracht (vgl. die Liste über Jesu Wunder bei Joh 2,1-11 ). Der Aussätzige kam zu Jesus, sprach ihn als Herrn an und berief sich so auf seine Autorität (vgl. Mt 7,21;8,6 ). Jesus heilte ihn, indem er ihn anrührte(!) (V. 3 ) und wies ihn dann an: "Geh hin und zeige dich dem Priester und opfere die Gabe, die Mose befohlen hat" , d. h. das Opfer, das für die Reinwerdung von Leprageschwüren vorgeschrieben ist (zwei Vögel, Zedernholz, scharlachfarbene Wolle und Ysop am ersten Tag [ 3Mo 14,4-8 ]; am achten Tag zwei männliche Lämmer, ein einjähriges Schaf, Mehl und Öl [ 3Mo 14,10 ]). Er trug ihm auf, es niemandem zu sagen , bevor er beim Priester gewesen war. Offensichtlich wollte Jesus, daß der Priester als erster die Heilung sah.

Die Heilung des Aussätzigen sollte ein Zeugnis für die Priester sein. Und das war es auch, denn in der ganzen Geschichte Israels war - bis auf Mirjam - noch nie ein Mensch vom Aussatz geheilt worden ( 4Mo 12,10-15 ). Man kann sich gut vorstellen, welch ein Aufsehen der Mann erregte, als er plötzlich im Tempel erschien und den Priestern verkündete, daß er vom Aussatz geheilt sei! Dieses Ereignis hätte eigentlich zu einer Überprüfung der genauen Umstände, unter denen die Heilung erfolgt war, führen müssen. Jesus gab den Priestern damit sozusagen seine "Visitenkarte", und sie hätten seine Behauptungen überprüfen müssen. (Der geheilte Mann gehorchte jedoch den Anweisungen Jesu nicht und fing an, viel davon zu reden [ Mk 1,45 ]. Vermutlich ging er aber am Schluß dann doch noch zum Tempel.)

 

 

2. Lähmungen

( 8,5-13 ) ( Lk 7,1-10 )

 

Mt 8,5-13

 

Auch beim zweiten Wunder, ebenfalls einer Heilung, geht es um Jesu Autorität. Als er nach Kapernaum hineinging, trat ein Hauptmann zu ihm; der bat ihn um Hilfe (weitere Erläuterungen zu den römischen Offizieren bei Lk 7,2 ). Auch dieser Heide nannte Jesus Herr (wie der Aussätzige; Mt 8,2 ) und bat um die Heilung einer seiner Knechte . Lukas schreibt doulos ("Sklave"), bei Matthäus steht pais ("Junge"), was vielleicht darauf hindeutet, daß der Sklave noch sehr jung war. Er war gelähmt und litt große Qualen, ja, er war dem Tode nahe ( Lk 7,2 ).

Als Jesus sagte, er wolle kommen und ihn gesund machen, antwortete der Hauptmann , das sei nicht nötig. Als Mensch, der gewohnt war, Befehle zu geben, war ihm Autorität vertraut. Wer Autorität besitzt, muß bei der Durchführung einer Aufgabe nicht unbedingt anwesend sein; Befehle können auch von anderen ausgeführt werden. Jesus wunderte sich über den großen Glauben des Hauptmanns (vgl. Mt 15,28 ), einen Glauben, den er in Israel vergeblich gesucht hatte. Ein solcher Glaube eröffnete dem Betreffenden den Zugang zum Reich Gottes, ungeachtet seiner nationalen, ethischen oder geographischen Herkunft ( von Osten und von Westen ). (Das Gottesreich wird häufig mit dem Bild eines Festmahls beschrieben, an dem alle teilnehmen, die dieses Reiches würdig sind; vgl. Jes 25,6; Mt 22,1-14; Lk 14,15-24 .) Die jedoch, die so sicher waren, daß sie automatisch in dieses Reich kommen würden, weil sie den richtigen religiösen Hintergrund besaßen (sie hielten sich für " Kinder [wörtlich "Söhne"] des Reichs "), sollten nicht hineingelangen ( Mt 8,12 ), sondern dem Gericht übergeben werden ( hinausgestoßen in die Finsternis ; vgl. Mt 22,13; zur Wendung Heulen und Zähneklappern vgl. Mt 13,42 ). Angesichts des Glaubens dieses Hauptmanns machte Jesus seinen Knecht noch zu derselben Stunde gesund.

 

 

3. Fieber

( 8,14-15 ) ( Mk 1,29-31; Lk 4,38-39 )

 

Mt 8,14-15

 

Als Jesus in das Haus des Petrus in Kapernaum kam, sah er, daß dessen Schwiegermutter zu Bett lag und ein Fieber hatte. Er ergriff ihre Hand , berührte sie also, und heilte sie. Das Wunderbare an diesem Ereignis bestand außer der Heilung vor allem auch darin, daß die Frau sofort die Kraft hatte, aufzustehen und zu arbeiten, d. h., dem Herrn und den vielen Jüngern, die ihm immer noch folgten, aufzuwarten ( diEkonei , "dienen"). Normalerweise ist man, wenn man ein Fieber überstanden hat, noch einige Zeit schwach; doch das war hier nicht der Fall.

 

 

B. Seine Macht über Dämonen

( 8,16-17.28-34 )

 

Jesus konnte nicht nur körperliche Krankheiten heilen, sondern besaß auch Macht über Dämonen.

 

 

Mt 8,16-17

 

( Mk 1,32-34; Lk 4,40-41 ) Während Jesus sich in Petrus' Haus aufhielt, brachten sie viele Besessene zu ihm . Matthäus berichtet ohne Angaben näherer Einzelheiten nur, daß er alle Kranken gesund machte, damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten Jesaja ( Jes 53,4 ): "Er hat unsre Schwachheit ( astheneias ) auf sich genommen und unsre Krankheit ( nosous ) hat er getragen." Die endgültige Erfüllung dieser Worte vollzog sich in seinem Tod am Kreuz. In Vorwegnahme dieses Ereignisses machte Jesus jedoch bereits in der Zeit, die er auf Erden verbrachte, viele Menschen gesund. Durch die Austreibung von Dämonen demonstrierte er seine Macht über den Satan, den Herrscher der dämonischen Welt (vgl. Mt 9,34;12,24 ).

 

 

Mt 8,18-27

 

Auf diese Verse wird später, nach Vers 34 , eingegangen.

 

 

Mt 8,28-34

 

( Mk 5,1-20; Lk 8,26-39 ) Der hier beschriebene Fall vermittelt ein genaueres Bild der Macht Jesu über den Bereich der Dämonen. Jesus kam in die Gegend der Gadarener . Der Name "Gadarener" leitet sich von der Stadt Gadara, der Hauptstadt des Gebietes etwa zwölf Kilometer südöstlich der Südspitze des Sees Genezareth, ab. (Markus und Lukas bezeichnen diesen Landstrich als das Gebiet der "Gerasener" [ Mk 5,1; Lk 8,26 ]. Zu einer Erklärung für diese unterschiedlichen Bezeichnungen vgl. den Kommentar bei Markus und Lukas an den entsprechenden Stellen.) Dort begegnete er zwei Besessenen . Markus und Lukas sprechen von nur einem Besessenen, doch sie sagen nicht ausdrücklich , daß es nur ein Mann war. Vermutlich war der eine der beiden gewalttätiger als der andere.

Die dämonische Besessenheit der beiden Männer trat ganz klar zutage, denn sie waren wild und gefährlich . Man hatte sie aus der Stadt gejagt, und sie lebten nun in den Grabhöhlen vor der Stadt. Die beiden Fragen der bösen Geister zeigen, daß sie Jesu Identität sehr wohl kannten - sie reden ihn mit "du Sohn Gottes" an - und daß sie wußten, daß sein Kommen unweigerlich ihren Untergang bedeuten würde ( Mt 8,29 ). Sie baten ihn, in eine in der Nähe weidende Herde Säue fahren zu dürfen, um keine körperlosen Geisterzu werden. Nach Markus umfaßte die Herde etwa 2 000 Tiere ( Mk 5,13 ).

Sobald die Dämonen in die Schweine fuhren, stürmte die ganze Herde den Abhang hinunter in den See, den See Genezareth, und ertrank. Die erschrockenen Hirten flohen und gingen hin in die Stadt , um diesen unglaublichen Vorfall zu erzählen. Daraufhin ging die ganze Stadt hinaus Jesus entgegen und bat ihn voller Furcht, daß er ihr Gebiet verlasse .

 

 

C. Seine Macht über Menschen

( 8,18-22; 9,1-9 )

 

Hier geht es Matthäus darum zu zeigen, daß der Herr das Recht hat und für sich in Anspruch nimmt, Jünger zu wählen und dabei die Bitten derer, die nicht aus der richtigen Motivation heraus zu ihm kamen, eventuell auch zurückzuweisen.

Mt 8,18-20

 

( Lk 9,57-58 ) Ein Schriftgelehrter trat zu Jesus und platzte mit der unüberlegten Bitte heraus: "Meister, ich will dir folgen, wohin du gehst." Jesus wünschte sich zwar Jünger, die ihm folgten und seine Felder bestellten, indem sie seine Arbeit fortführten, doch er wollte nur die, die wirklich motiviert waren. Seine Antwort auf die Anfrage des Schriftgelehrten zeigt, mit welch armseligen Lebensverhältnissen er sich zufriedengab, denn im Gegensatz zu den Füchsen und Vögeln hatte er nicht einmal ein Plätzchen, wo er nachts sein Haupt betten konnte, er besaß kein Zuhause. Der Herr hatte jedoch offensichtlich in das Herz dieses Menschen gesehen und wußte, daß es ihm nur um den Ruhm ging, zum Kreis eines berühmten Lehrers zu gehören. Das paßte nicht zu dem, was er von seinen Jüngern erwartete. Hier taucht zum ersten Mal die später immer wiederkehrende (29mal bei Matthäus, 14mal bei Markus, 24mal bei Lukas und 13mal bei Johannes) Bezeichnung "Menschensohn" auf, die Jesus selbst verwendet, die aber auch andere gebrauchen. Es handelt sich dabei um einen Messias-Titel (vgl. Dan 7,13-14 ).

 

 

Mt 8,21-22

 

( Lk 9,59-60 ) Ein anderer, der bereits ein Jünger Jesu war, bat um die Erlaubnis, nach Hause zurückkehren zu dürfen, um seinen Vater zu begraben . Der Vater dieses Mannes war jedoch wahrscheinlich überhaupt nicht tot, ja, er lag nicht einmal im Sterben; der junge Mann wollte lediglich nach Hause zurückkehren und warten, bis sein Vater starb - und er ihn beerben konnte - und erst dann mit Jesus ziehen. Seine Bitte zeigte, daß die Nachfolge Jesu in seinen Augen etwas war, das er nach Belieben aufnehmen und unterbrechen konnte. Im Moment waren ihm offensichtlich materielle Dinge wichtiger.

Jesu Antwort, "laß die Toten ihre Toten begraben" , räumte jedoch der Nachfolge absoluten Vorrang ein. Um die physisch Toten sollen sich jene kümmern, die geistlich tot sind.

 

 

Mt 8,23-9,8

 

Auf diese Verse wird nach der Erörterung von Mt 9,9 eingegangen.

 

 

D. Seine Macht über die Natur

( 8,23-27 ) ( Mk 4,35-41; Lk 8,22-25 )

 

Mt 8,23-27 : Auch über die Natur hatte Jesus Macht. Das bewies er, als er und seine Jünger den für seine plötzlich aufkommenden Stürme berüchtigten See Genezareth überquerten. Mitten in einem gewaltigen Sturm (wörtlich "in einem gewaltigen Erdbeben", d. h. während starker Turbulenzen) war Jesus eingeschlafen . Als die Jünger ihn in Todesangst aufweckten, rügte er sie zuerst: "Ihr Kleingläubigen (vgl. Mt 6,30 ), warum seid ihr so furchtsam?" Doch dann bedrohte er den Wind und das Meer. Da wurde es ganz still . Die Jünger, alles erfahrene Fischer, hatten schon so manchen Sturm auf diesem See erlebt, der sich plötzlich legte, doch dabei blieb immer die Wasseroberfläche noch eine Zeitlang aufgewühlt. Kein Wunder, daß sie sich erstaunt fragten, was Jesus eigentlich für ein Mann sei. Sie verwunderten sich ( ethaumasan ; vgl. Mt 9,33 ) über seine übernatürlichen Fähigkeiten, durch die er allein mit seinem Wort die Natur so vollständig beruhigen konnte. Das wird der Messias auch tun, wenn er sein Reich endgültig errichtet, und er tat es bereits damals, als er sich seinen Jüngern offenbarte.

 

 

Mt 8,28-34

 

Zum Kommentar zu diesen Versen vgl. "B. Seine Macht über Dämonen ( Mt 8,16-17.28-34 )".

 

 

Mt 8,28-34

 

( Mk 2,13-14; Lk 5,27-28 ) Während aus den beiden vorhergehenden Beispielen nicht eindeutig hervorgeht, ob die beiden Männer Jesus dann tatsächlich folgten, läßt das dritte Beispiel keinen Zweifel offen. Jesus sah einen Menschen am Zoll sitzen, der hieß Matthäus . Er war Zolleinnehmer im Hafen von Kapernaum. Jesus forderte ihn auf: "Folge mir!" Sofort stand Matthäus auf und folgte ihm . Als MessiasKönig hatte Jesus das unbestreitbare Recht, seine Jünger auszusuchen. Matthäus war zweifellos tief beeindruckt von seiner Person, seiner Lehre und seiner Autorität.