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Matthäus Evangelium Kp 22-25  Walvoord Louis A. Barbieri Jr.



Mt 22,1-7

 

(3) Das Gleichnis von der königlichen Hochzeit ( Mt 22,1-14; Lk 14,15-24 )

 

In einem dritten Gleichnis, das ebenfalls für die religiösen Führer bestimmt war (vgl. die anderen Gleichnisse; Mt 21,28-32 und Mt 21,33-44 ), variierte Jesus nochmals das Thema vom Himmelreich , das Gott den Menschen anbietet. Er verwendete diesmal das Bild der Hochzeit, das hier für das Tausendjährige Reich steht (vgl. Mt 9,15; Jes 25,6; Lk 14,16 ). Der König im Gleichnis wollte seinem Sohn die Hochzeit ausrichten. Er sandte seine Knechte aus, die Gäste zur Hochzeit zu laden , doch diese ignorierten die Einladung und wollten nicht kommen. Er bekräftigte seine Einladung durch eine zweite Botschaft, doch mit demselben negativen Resultat. Die Geladenen gingen sogar soweit, die Gesandten des Königs zu verhöhnen und teilweise zu töten. Da wurde der König zornig und schickte seine Heere aus und brachte diese Mörder um und zündete ihre Stadt an .

Es ging Jesus wieder um die Folgen, die die Ablehnung seiner Person durch das Volk haben würde. Gott wollte das Tausendjährige Reich seines Sohnes errichten und hatte die Menschen zu diesem Reich eingeladen. Doch die Predigten des Täufers und auch die Botschaft Jesu und seiner Jünger waren weitgehend ungehört verhallt. Am Ende würde das Volk sogar die Abgesandten, die Gottes Einladung überbrachten, töten. Im Jahre 70 n. Chr. aber würde das römische Heer kommen, den größten Teil der Bevölkerung Jerusalems töten und den Tempel zerstören.

 

 

Mt 22,8-14

 

Da die Hochzeitsmahlzeit schon fertig vorbereitet war und die ursprünglichen Gäste es abgelehnt hatten zu kommen, wurde das Fest gewissermaßen "einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht" und ganz andere Gäste gebeten. Auch wenn diese Einladung sich auf Böse und Gute erstreckte, wurde doch auch von ihnen eine gewisse Vorbereitung erwartet. Einer der Gäste hatte das versäumt - er trug kein hochzeitliches Gewand . (Offensichtlich gab der König allen bei der Ankunft Hochzeitskleider, denn sie kamen von den Straßen [V. 10 ]. Man muß nicht nur äußerlich richtig reagieren, es kommt auch auf das richtige innere Vehältnis zu Gott, dem König, an, indem man alles, was der König für einen bereithält, annimmt und schätzt.) Der nachlässige Gast wurde deshalb hinausgestoßen in die Finsternis , wo Einsamkeit und Leiden herrschen. (Zu der Wendung "Heulen und Zähneklappern" vgl. den Kommentar zu Mt 13,42 .) Das Himmelreich steht nun zwar Menschen aller ethischen Gruppen und gesellschaftlichen Schichten offen ( viele sind berufen ), doch es wird auch jetzt noch eine Auswahl getroffen ( wenige sind auserwählt ), und noch immer ist die individuelle Antwort jedes einzelnen entscheidend.

 

 

2. Die Konfrontation mit den Pharisäern und den Anhängern des Herodes ( Mt 22,15-22 ) ( Mk 12,13-17; Lk 20,20-26 )

 

Mt 22,15-17

 

Der folgende Zwischenfall macht deutlich, wie gemeinsame Opposition oft die seltsamsten Bundesgenossen zusammenführt. Die religiösen Führer Israels hatten nur ein Ziel: Jesus von Nazareth loszuwerden. Dazu war ihnen jedes Mittel recht, selbst die Kooperation mit ihren schlimmsten Feinden. Die Pharisäer waren die Puristen des Volkes. Sie widersetzten sich Rom und allen Versuchen der Römer, den jüdischen Lebensstil zu unterwandern, radikal. Die Anhänger des Herodes dagegen unterstützten die Herrschaft Herodes des Großen aktiv und waren dafür, sich dem Wandel der Zeit, wie er von Rom diktiert wurde, anzupassen. Diese Gegensätze traten jedoch vor dem dringenden Wunsch, Jesus auf irgendeine Weise mundtot zu machen, völlig in den Hintergrund. Die verfeindeten Parteien sandten deshalb eine gemeinsame Abordnung zu Jesus, um ihn in eine Falle zu locken.

Sie sagten Jesus zunächst viel Schmeichelhaftes, doch es war nur allzu klar, daß das geheuchelt war, da sie ja nicht an ihn glaubten. Dann stellten sie ihre Fangfrage: "Ist's recht, daß man dem Kaiser Steuern zahlt oder nicht?" Auf dieses augeklügelte Problem schien es keine klare Antwort zu geben, und sie dachten, nun hätten sie Jesus in der Falle. Denn wenn er antwortete, daß es richtig sei, dem Kaiser Steuern zu zahlen, stellte er sich damit auf die Seite der Römer, gegen Israel, und die meisten Juden, einschließlich der Pharisäer, hielten ihn für einen Verräter. Wenn er jedoch sagte, es sei falsch, die Steuern zu zahlen, konnte er als Rebell, der sich gegen die Autorität Roms auflehnte, angeklagt werden, und die Herodianer wären gegen ihn.

 

 

Mt 22,18-22

 

Jesus wußte, daß da Heuchler vor ihm standen. Auch über die Implikationen der möglichen Antworten war er sich im klaren. Er beantwortete ihre Frage daher mit einer kleinen Demonstration, anhand derer er deutlich machte, daß der Staat im Leben jedes einzelnen einen gewissen Stellenwert einnimmt und daß man ihm und Gott durchaus auch gleichzeitig untertan sein kann. Er bat die Umstehenden, ihm eine Steuermünze zu geben. Diese, ein römischer Silbergroschen mit dem Bild des Cäsar, des römischen Kaisers, war selbst ein anschauliches Zeichen für die Oberherrschaft und die Steuerhoheit der Römer in Israel. (Eine Münzinschrift lautete: "Tiberius Caesar Augustus, Sohn des göttlichen Augustus".) Die Steuern müssen also gezahlt werden, getreu dem Grundsatz: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist.

Doch Jesus ermahnte sie zugleich auch, den Machtbereich Gottes nicht zu vergessen: Gebt Gott, was Gottes ist . Die Menschen müssen auch seiner Autorität gehorchen; sie haben eine politische und eine geistliche Verantwortung. Verwundert über seine Antwort, wußten die Pharisäer und die Anhänger des Herodes nichts mehr zu sagen.

 

 

3. Die Konfrontation mit den Sadduzäern

( 22,23-33 ) ( Mk 12,18-27; Lk 20,27-40 )

 

Mt 22,23-28

 

Die nächste religiöse Gruppe, die versuchte, Jesus und sein Amt in Verruf zu bringen, waren die Sadduzäer . Sie waren zu ihrer Zeit so etwas wie "religiöse Liberale", denn sie sagten, es gebe keine Auferstehung , keine Engel und keine Geister ( Apg 23,8 ). Ihre Frage galt denn auch der Lehre von der Auferstehung und ihren Implikationen in einem speziellen Fall. Sie trugen die Geschichte einer Frau vor, die geheiratet hatte und deren Mann starb . Gemäß dem leviratischen Gesetz ( 5Mo 25,5-10 ) nahm der Bruder ihres Ehemanns sie zur Frau (um die Familie seines toten Bruders nicht aussterben zu lassen). Doch kurz darauf starb auch er. Das geschah siebenmal, mit sieben Brüdern . Die Frage der Sadduzäer lautete nun: "In der Auferstehung: wessen Frau wird sie sein von diesen sieben? Sie haben sie ja alle gehabt." Sie gingen davon aus, daß die Dinge des irdischen Lebens, die die Menschen am meisten erfreuen, wie z. B. die Ehe, im Himmel einfach fortgesetzt werden. Doch wenn diese Frau sieben Ehemänner hatte, wie und mit welchem der Brüder konnte dann ihre Ehe weiterbestehen? Die Sadduzäer versuchten auf diese Weise, die Auferstehung lächerlich zu machen.

 

 

Mt 22,29-33

 

Nach den Worten Jesu konnten sie auf ein solches Problem nur verfallen, weil sie weder die Schrift noch die Kraft Gottes kannten. Das war "starker Tobak" für die religiösen Führer, die ja eigentlich mehr als alle anderen Gottes Wort und Macht hätten kennen müssen. Gottes Wort aber lehrt die Auferstehung, und er hat die Macht, Menschen wieder zum Leben zu erwecken. Jesus korrigierte in seiner Entgegnung zwei irrige Vorstellungen der Sadduzäer: 1. Der Himmel, so sagte er, sei keine Fortsetzung der Annehmlichkeiten, derer sich die Menschen auf Erden erfreuen. In der Ewigkeit wird die Ehe überflüssig. Wenn die Menschen verklärt sind, sind sie unsterblich. Die Zeugung neuen Lebens, ein Hauptzweck der Ehe, ist dann nicht mehr nötig. Die verklärten Gläubigen werden wie die Engel im Himmel sein, die sich nicht fortpflanzen. (Er sagte jedoch nicht , daß die Menschen Engel würden.) Jesus beantwortete nicht alle Fragen über die Ewigkeit und die Beziehung der Ehepartner im Himmel, sondern hielt sich an die besondere Frage, die die Sadduzäer ihm vorgelegt hatten.

2. Wichtiger war die Frage der Sadduzäer jedoch im Kontext der Auferstehung ganz allgemein. Wenn sie die Schriften des Alten Testaments gelesen und verstanden hätten, so hätten sie erkannt, daß es ein zukünftiges Leben gibt und daß ein Mensch, der stirbt, weiterexistiert. Für die Sadduzäer war die Auferstehung jedoch lächerlich; sie glaubten, daß der Mensch mit seinem Tod aufhöre zu existieren. Doch Jesus hielt ihnen entgegen, was Gott zu Mose aus dem Feuerbusch sprach: "Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs" ( 2Mo 3,6 ). Wenn die Sadduzäer recht hatten und Abraham, Isaak und Jakob gestorben wären und es sie nicht mehr gäbe, hätte er sagen müssen: "Ich war der Gott ..." Die Verwendung des Präsens impliziert jedoch, daß Gott noch immer der Gott dieser Patriarchen ist, daß sie mit ihm leben und schließlich zusammen mit den Gerechten auferstehen werden. Als das Volk all das hörte, entsetzten sie sich ( exeplEssonto ; vgl. den Kommentar zu Mt 7,28; vgl. auch ethaumasan in Mt 22,22 ) noch mehr über seine Lehre . Jesus hatte also alle Fragen stichhaltig beantwortet und den religiösen "Experten" Israels damit eine Niederlage bereitet.

 

 

4. Die Konfrontation mit den Pharisäern

( 22,34 - 46 ) ( Mk 12,28-37; Lk 10,25-28 )

 

a. Die Befragung Jesu durch die Pharisäer

( 22,34 - 40 )

 

Mt 22,34-40

 

Als aber die Pharisäer hörten, daß Jesus den Sadduzäern das Maul gestopft hatte , schickten sie rasch einen Vertreter ihrer eigenen Gruppierung, einen versierten Schriftgelehrten , der besonders in den Gesetzestexten bewandert war, zu ihm mit der Frage: "Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz?" Dieses Thema war zwischen den verschiedenen theologischen Richtungen der damaligen Zeit heiß umstritten, wobei jede Richtung andere Gebote als die wichtigsten ansah. Jesu Antwort faßte den gesamten Dekalog in zwei Sätzen zusammen: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt" (vgl. 5Mo 6,5 ), das ist das höchste Gebot überhaupt. Ihm zur Seite gestellt ist das zweite Gebot: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" (vgl. 3Mo 19,18 ). Der erste der beiden Sätze gibt den Inhalt der ersten Gesetzestafel, der zweite den der zweiten wieder. Nach den Worten Jesu hängt an diesen beiden Geboten das ganze Gesetz und die Propheten . Das ganze Alte Testament ist im Grunde nichts anderes als eine Entwicklung und Entfaltung dieser beiden entscheidenden Punkte: Liebe zu Gott und Liebe zum Nächsten, dem Ebenbild Gottes.

Dem Bericht des Markusevangeliums zufolge stimmte der Schriftgelehrte Jesus zu und betätigte, daß die Liebe zu Gott und zum Nächsten wichtiger sei als alle Brandopfer und Schlachtopfer ( Mk 12,32-33 ). Ein Licht war in sein Herz gefallen. Er war, wie Jesus sagte, "nicht fern vom Reich Gottes". Markus fügt hinzu: "Und niemand wagte mehr, ihn zu fragen" ( Mk 12,34 ). Der Grund liegt auf der Hand. Jesus antwortete ihnen, wie es noch niemand je zuvor getan hatte. In diesem letzten Fall war der Fragesteller sogar nahe daran, von den Pharisäern zu Jesus überzulaufen. Vielleicht wurde ihnen klar, daß sie aufhören mußten, Jesus auf diese Weise herauszufordern, bevor sie immer mehr Menschen an ihn verloren.

 

 

b. Die Befragung der Pharisäer durch Jesus

( 22,41-46 ) ( Mk 12,35-37; Lk 20,41-44 )

 

Mt 22,41-46

 

Da die Pharisäer Jesus keine weiteren Fragen stellten, ergriff er die Offensive und befragte sie seinerseits. Seine Frage bezog sich auf ihre Haltung zum Messias: "Was denkt ihr von dem Christus? Wessen Sohn ist er?" Ihre Antwort kam rasch, schließlich wußten sie, daß der Messias aus dem Geschlecht Davids kommen sollte. Jesu Entgegnung (V. 43-45 ) zeigte jedoch, daß der Messias mehr sein mußte als einfach ein menschlicher Sohn Davids , wie damals viele glaubten. Wenn er nur das wäre, warum schrieb David ihm dann Göttlichkeit zu? Jesus zitierte in diesem Zusammenhang aus einem messianischen Psalm ( Ps 110,1 ), in dem David den Messias als "mein Herr" ansprach. "Herr" ist die Übersetzung des hebräischen Wortes " ?XDOnAy ", das sich ausschließlich auf Gott bezieht (z. B. 1Mo 18,27; Hi 28,28 ). Wenn David diesen Nachkommen seines Geschlechts "Herr" nannte, so mußte er mit Sicherheit mehr sein als ein Mensch.

Die Komplexität dieser theologischen Erörterung war zuviel für die Pharisäer, die nicht bereit waren, die Gottheit des Davidsohnes anzuerkennen. Niemand wagte es , seine Frage zu beantworten oder andere praktische oder theologische Probleme mit Jesus zu diskutieren. Alle seine Widersacher waren verstummt, die Hohenpriester und die Ältesten ( Mt 21,23-27 ), die Pharisäer zusammen mit den Anhängern des Herodes ( Mt 22,15-22 ), die Sadduzäer (V. 23-33 ) und die pharisäischen Gesetzeslehrer (V. 34 - 46 ).

 

 

C. Abrechnung mit den Pharisäern und dem Volk

( Mt 23 ) ( Mk 12,38-40; Lk 11,37-52;20,45-47 )

 

1. Jesu Warnung an die Menge

( 23,1 - 12 )

 

Mt 23,1-12

 

Die Heuchelei und der Unglaube der religiösen Führer des Volkes, der in Kapitel 22 zutage trat, veranlaßte Jesus zu einer strengen Mahnung. Er wandte sich an das Volk und an seine Jünger, die im Tempel waren und seinen Debatten mit den Gelehrten zugehört hatten, und warnte sie vor der Lehre ihrer Führer. Ihre geistliche Autorität war zwar nach wie vor anzuerkennen (sie sitzen auf dem Stuhl des Mose , d. h. sie lehren das Gesetz), doch das heuchlerische Gebaren, das sie aus ihrem theologischen Wissen ableiteten, konnte keinesfalls als Vorbild dienen. Sie legten den Menschen schwere Bürden auf und waren dabei selbst nicht gerecht ( Mt 23,4 ). Alle ihre Werke taten sie, um von den Leuten gesehen zu werden . Ihre Gebetsriemen , Lederbänder mit kleinen Lederbeutelchen, die Pergamentstreifen mit Versen aus dem Alten Testament enthielten und die sie um den linken Arm und vor der Stirn trugen ( 2Mo 13,9.16; 5Mo 6,8; 5Mo 11,18 ), waren breit und auffallend. Die Quasten an ihren Kleidern ( 4Mo 15,38 ) waren ebenfalls groß und gut sichtbar. Sie liebten Ehrenplätze bei Tisch und ließen sich gern von den Leuten Rabbi nennen, als ob sie Gelehrte wären. So sollten sich die Nachfolger Jesu gerade nicht verhalten. Sie sollten nicht nach Titeln (wie Rabbi, Vater, Lehrer ) und gesellschaftlicher Stellung streben, sondern untereinander wie Brüder sein ( Mt 23,8 ).

Jesus sagte nicht, daß es keine Autorität unter den Jüngern geben sollte. Doch er betonte, daß der Dienst für ihn - den einen Meister ( didaskalos , wörtlich: "Lehrer") und einen Lehrer ( kathEgEtEs , ein bevollmächtigter Führer"; das Wort steht nur an dieser einen Stelle im Neuen Testament) - wichtiger war als irdische Ehrentitel. Die Jünger sollten nie von sich aus oder als Selbstzweck nach Führungspositionen streben, sondern sie stets als Möglichkeit sehen, anderen zu dienen. Die Pharisäer, die sich selbst erhöhten , würden erniedrigt werden ; die Menschen, die Jesus folgten und sich selbst erniedrigten , indem sie dienten, sollten eines Tages erhöht werden .

 

 

2. Jesu Warnungen an die Führer

( 23,13 - 39 )

 

Mt 23,13

 

Jesus warnte auch die Schriftgelehrten und Pharisäer , daß sie am Ende der Zeit unweigerlich verloren seien, wenn sie auf ihrem jetzigen Weg weitergingen. Im Rahmen dieser Warnung sprach er sieben Urteilssprüche aus, die alle mit der Wendung "Weh euch" beginnen. "Im Gegensatz zu den Seligpreisungen brandmarken diese Weherufe die falsche Religiosität als einen Abscheu für Gott und als Grund für schwerste Bestrafung" (Walvoord, Matthew, Thy Kingdom Come , S. 171). In sechs der sieben Weherufe nannte Jesus die Führer Heuchler .

Die erste Verurteilung betrifft die Tatsache, daß die Pharisäer andere daran hinderten, in das Himmelreich zu gelangen. Ihre Feindseligkeit gegenüber Jesus hatte viele fromme Juden, die sich an ihrer geistlichen Obrigkeit orientierten, dazu gebracht, sich von ihm abzuwenden. Ihre Weigerung, Jesus als den Messias zu akzeptieren, war für viele ihrer Landsleute zum Stein des Anstoßes und damit zum Verhängnis geworden. Dadurch hatten sie sich schuldig gemacht.

 

 

Mt 23,14

 

Dieser Vers fehlt in manchen griechischen Handschriften. Er wurde vielleicht in Übereinstimmung mit Mk 12,40 und Lk 20,47 eingefügt. Falls er authentisch ist, hat das Kapitel acht Weherufe. Dieses "Wehe" bezieht sich auf die Inkonsequenz der religiösen Führer, die lange Gebete verrichten , um die Menschen zu beeindrucken, und gleichzeitig die Witwen, denen sie helfen sollten, unterdrücken.

 

Mt 23,15

 

Das folgende "Wehe" richtet sich gegen den fanatischen Eifer der religiösen Führer, die Land und Meer durchzogen, um auch nur einen einzigen "Judengenossen" ( prosElyton , "Proselyten") zu gewinnen, d. h. einen Menschen zum Judentum zu bekehren. Das Problem dabei war, daß sie damit viele Menschen zur ewigen Verdammnis verurteilten, denn indem sie ihren Konvertiten die äußerlichen Einschränkungen der rabbinischen Tradition aufzwangen, hinderten sie sie daran, die eigentliche Wahrheit zu erkennen. Ein solcher Bekehrter wurde ein doppelt so schlimmes Kind der Hölle , wie sie es waren, d. h., er wurde pharisäischer als die Pharisäer selbst! "Ein Kind der Hölle" (wörtlich: "der Gehenna"; vgl. V. 33 ), war jemand, der der ewigen Strafe anheimfallen sollte.

 

 

Mt 23,16-22

 

Im dritten "Weheruf" geht Jesus auf den betrügerischen Charakter der Pharisäer und Schriftgelehrten ein. (In den beiden ersten Weherufen sprach er von ihrem negativen Einfluß auf andere; in den letzten fünf stehen sie selbst und ihre Werke im Vordergrund.) Wenn sie beispielsweise Gelübde ablegten, bauten sie raffinierte Vorbehalte mit ein, so daß sie ihre Schwüre nach Belieben für ungültig erklären konnten. Bei dem Tempel oder bei dem Altar zu schwören, bedeutete nichts für sie. Sie schienen so nach außen hin ein bindendes Gelübde abzulegen, hatten jedoch innerlich gar nicht die Absicht, es zu halten. Ein Schwur bei dem Gold des Tempels oder bei dem Opfer auf dem Altar dagegen galt bei ihnen als bindend. Jesus sagte jedoch, daß sie Unrecht taten, wenn sie die Menschen glauben machten, daß das Gold mehr sei als der Tempel und ein Opfer mehr als der Altar. Jeder Schwur, der am Tempel oder den Dingen darin festgemacht war, war bindend, denn hinter dem Tempel stand der, der darin wohnt . Dasselbe galt für einen Eid bei dem Thron Gottes , weil er bei dem, der darauf sitzt , geleistet wurde. Jesus verurteilte deshalb all die spitzfindigen Unterscheidungen der religiösen Führer als unredlich und irreführend. Er nannte die Pharisäer und Schriftgelehrten "verblendete Führer" (V. 16 ), "Narren und Blinde" (V. 17 ) und "Blinde" (V. 19 ; vgl. V. 24.26 ).

 

 

Mt 23,23-24

 

Der vierte Weheruf bezog sich auf die Praxis der Pharisäer, von allem, was sie hatten, ganz genau den Zehnten zu geben. Sie entrichteten diese Abgaben sogar von solchen Kleinigkeiten wie Gewürzen: von Minze, Dill und Kümmel . Während sie das Gesetz also in dieser Hinsicht übergenau befolgten ( 3Mo 27,30 ), fand sich bei ihnen weder das Recht noch die Barmherzigkeit und der Glaube , die vom Gesetz doch mindestens ebenso gefordert wurden. Sie machten viel Wirbel um Nichtigkeiten, sie siebten Mücken aus , doch sie übersahen das Wichtige, sie verschluckten Kamele . Sie waren so mit Details beschäftigt, daß sie nie dazu kamen, sich mit dem Wesentlichen auseinanderzusetzen. Jesus sagte nicht, daß die Abgaben überhaupt unwichtig seien; er machte nur deutlich, daß die Pharisäer das eine auf Kosten des anderen völlig vernachlässigten. Das Gesetz verlangte jedoch beides, und da sie das nicht erfüllten, waren sie verblendete Führer .

 

 

Mt 23,25-26

 

Der fünfte Weheruf wandte sich erneut gegen die Heuchelei der Pharisäer. Sie achteten ängstlich auf die äußerliche Reinheit, z. B. auf die Reinigung der Becher und Schüsseln , aus denen sie aßen, doch in ihren Herzen waren Raub und Gier . Ihre Reinigungsrituale zielten hauptsächlich darauf ab, von den Menschen gesehen zu werden, das hielt sie jedoch in ihrem Privatleben nicht von Raub und Exzessen ab. Wenn sie dagegen statt dessen ihr Inneres reinigten, so würde auch das Äußere rein.

 

 

Mt 23,27-28

 

Im sechsten Weheruf greift Jesus den Gedanken der äußeren Reinigung wieder auf. War zuvor hauptsächlich von den Werken der Pharisäer die Rede, so konzentrierte er sich nun auf ihr Erscheinungsbild nach außen. Er bezeichnete die Schriftgelehrten und Pharisäer als übertünchte Gräber . Damals war es üblich, Gräber außen weiß zu tünchen, damit sie hübsch aussahen, doch in ihrem Innern lagen Totengebeine und lauter Unrat . Ähnlich adrett und ordentlich nach außen wirkten auch die Pharisäer durch ihre religiöse Pflichttreue, während sie zugleich innen korrupt und faul, voller Heuchelei und Unrecht ( anomias , "Gesetzlosigkeit") waren.

 

 

Mt 23,29-32

 

Auch der letzte Weheruf befaßt sich mit der Heuchelei der religiösen Führer. Sie verbrachten viel Zeit damit, Grabmäler zu bauen und die Gräber der Gerechten zu schmücken. Sie waren auch rasch mit der Behauptung bei der Hand, daß sie, hätten sie zu Zeiten der Väter gelebt, nicht am Blut der Propheten schuldig geworden wären . Dabei wußte Jesus, daß sie bereits seinen Tod planten, womit sie bewiesen, daß sie genau wie die früheren Generationen waren, die die Propheten getötet hatten. Indem sie Jesus, "den Propheten", verwarfen, traten sie in die Fußstapfen ihrer Vorväter und machten das Maß der Sünden ihrer Väter voll .

 

 

Mt 23,33-36

 

Jesus gebrauchte harte Worte für die religiösen Führer, er nannte sie Schlangen und Otternbrut , deren ewige Bestimmung die höllische Verdammnis (wörtlich: "Gehenna"), der Ort der ewigen Strafe (vgl. V. 15 ; vgl. auch den Kommentar zu "Gehenna" in Mt 5,22 ), sei. Sie würden sich diese Strafe selbst zuziehen, weil sie die Wahrheit auch weiterhin verwerfen würden. Der Herr versprach, Propheten und Weise und Schriftgelehrte zu ihnen zu schicken, doch sie würden ihre Worte nicht hören wollen und manche von ihnen sogar töten , andere geißeln oder verfolgen . Diese Reaktion auf die ihnen verkündete Wahrheit rechtfertigte das Gericht über sie. Der erste gerechte Märtyrer, von dem in den hebräischen Schriften die Rede ist ( 1Mo 4,8 ), war Abel; Secharja ( 2Chr 24,20-22 ) war der letzte. (Die zweite Chronik war das letzte Buch der hebräischen Bibel; damit bestätigte Jesus den Kanon des Alten Testaments.) In 2Chr 24,20 wird Secharja als "Sohn des Jojada " bezeichnet, während bei Matthäus "Sohn des Berechja " steht. "Sohn" bedeutet in diesem Fall jedoch häufig einfach "Nachkomme". Es wäre also gut möglich, daß Jojada, ein Priester, Secharjas Großvater war. Über dieses Geschlecht ( genean ), das sich schuldig machte, weil es seinen völlig verblendeten ( Mt 23,16-17.19.24.26 ) Führern folgte, sollte das Gericht kommen, weil es unschuldiges Blut vergoß. Der Herr sah bereits voraus, daß die Menschen das Evangelium, das die Jünger nach seinem Tod verkündigen würden, weiterhin nicht akzeptieren würden. Diese starre Ablehnung des Messias durch sein eigenes Volk würde schließlich zur Zerstörung des Tempels im Jahre 70 n. Chr. führen.

 

 

Mt 23,37-39

 

( Lk 13,34-35 ) In einer abschließenden Klage über die Stadt Jerusalem brachte Jesus seine Liebe zu seinem Volk und seine Trauer über die Zurückweisung dieser Liebe zum Ausdruck. Jerusalem, die Hauptstadt, repräsentierte das ganze Volk. Die Menschen dort hatten die Propheten getötet und diejenigen gesteinigt , die zu ihnen gesandt wurden (vgl. Mt 23,34;21,35 ). Jesus hatte das Volk sammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken versammelt unter ihre Flügel . Doch die Menschen lehnten es, anders als Küken, die sich in Gefahr zu ihrer Mutter flüchten, bewußt ab ( ihr habt nicht gewollt ), sich zum Herrn zu wenden. Sie hatten aus freien Stücken die Verdammnis gewählt. Deshalb sollte ihr Haus wüst und verlassen werden. "Haus" könnte hier Stadt bedeuten; so ist jedenfalls die gängige Lesart. Möglich ist auch, daß Jesus dabei an den Tempel oder an die davidische Dynastie dachte - oder daß alle drei Aspekte in seiner Äußerung anklangen.

Doch Jesus war noch nicht fertig mit dem Volk und der Stadt Jerusalem. Auch wenn er nun bald fort sein würde ( Joh 13,33 ), würde er doch wiederkommen ( Sach 12,10 ). Dann würden die Menschen ihn endlich annehmen, und das Volk würde an diesem Tag zu ihm sagen: "Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn" , ein Zitat aus Ps 118,26 .Jesus sprach hier offensichtlich von seiner Wiederkunft bei der Errichtung des Tausendjährigen Reiches. Seine Aussagen in diesem Zusammenhang führten zu einer Diskussion mit den Jüngern.

 

 

D. Rede über die Endzeit

( Mt 24-25 )

 

1. Fragen zur Endzeit

( 24,1 - 3 ) ( Mk 13,1-4; Lk 21,5-7 )

 

Mt 24,1-3

 

Nach den Auseinandersetzungen und Debatten mit den Pharisäern und Schriftgelehrten ging Jesus aus dem Tempel fort und kehrte über den Ölberg nach Betanien (vgl. Mt 26,6 ) zurück. Seine Worte klangen den Jüngern noch drohend in den Ohren. Er hatte das Volk öffentlich verurteilt und gesagt, das ganze Land solle "wüst" werden ( Mt 23,38 ). Doch wenn Jerusalem und der Tempel zerstört würden, worüber sollte der Messias dann noch herrschen? Seine Jünger zeigten ihm die Gebäude des Tempels , wie um ihm ihre Großartigkeit vor Augen zu führen. Was konnte solchen beeindruckenden Bauten, was konnte dem Haus Gottesselbst schon geschehen? Jesu Antwort bestürzte sie: "Es wird hier nicht ein Stein auf dem andern bleiben, der nicht zerbrochen werde." Der Tempel sollte zerstört werden und Jerusalem mit ihm. Angesichts dieser Zukunftsvision drängte es die Jünger vor allem zu wissen, wann das geschehen werde. Als Jesus auf seinem Weg nach Betanien den Ölberg erreicht hatte und sich setzte, traten die Jünger deshalb zu ihm . Vier von ihnen - Petrus, Jakobus, Johannes und Andreas ( Mk 13,3 ) stellten ihm zwei direkte Fragen: 1. "Wann wird das geschehen?" Mit anderen Worten, wann soll der Tempel zerstört werden und nicht ein Stein auf dem anderen bleiben? 2. "Was wird das Zeichen sein für dein Kommen und für das Ende der Welt?"

Diese beiden Fragen beantwortete Jesus in der nun folgenden Rede über die Endzeit ( Mt 24-25 ). Die Fragen bezogen sich auf die Zerstörung des Tempels und Jerusalems und auf das Zeichen für das Kommen des Herrn und das Ende der Welt. Sie haben nichts mit der Kirche zu tun, die Jesus errichten wollte ( Mt 16,18 ). Es geht also in den Kap. 24; 25 nirgends um die Kirche, sondern einzig und allein um Jerusalem, Israel und das zweite Kommen des Herrn in Herrlichkeit zur Errichtung seines Reiches. Matthäus überlieferte allerdings Jesu Antwort auf die erste Frage nicht, wohl aber Lukas ( Lk 21,20 ). Die Jünger wußten, daß die Zerstörung Jerusalems, von der Jesus gesprochen hatte, ein Vorbote für das Kommen des Reichs sein werde. Sie dachten dabei zweifellos an Sach 14,1-2 . (Die Zerstörung, von der Jesus in Mt 23,38 spricht, fand jedoch bereits im Jahre 70 n. Chr. statt; sie hatte nichts mit der endgültigen Zerstörung, von der in Sach 14 die Rede ist, zu tun.)

 

Matthäus

 

2. Die kommende Notzeit

( 24,4 - 26 )

 

Mt 24,4-8

 

( Mk 13,5-8; Lk 21,8-11 ) Jesus begann nun, die Ereignisse, die zu seiner Rückkehr in Herrlichkeit führen sollten, und die Vorzeichen seiner Wiederkunft zu beschreiben. Zunächst (in Mt 24,4-8 ) sprach er über die erste Hälfte der sieben Jahre, die seinem zweiten Kommen vorangehen. Diese Zeitspanne wird die "siebzigste Woche" Daniels ( Dan 9,24-27 ) genannt. (Über die genaue Zuordnung der Zeiten herrscht jedoch Uneinigkeit. Manche glauben, daß Christus in Mt 24,4-8 von allgemeinen Zeichen im gegenwärtigen Kirchenzeitalter sprach und ab V. 9 von der Zeit der Not. Andere setzen die Zäsur noch später und beziehen erst Vers 15 folgende auf die Zeit der Trübsal.) Die in Mt 24,4-8 beschriebenen Geschehnisse entsprechen bis zu einem gewissen Grad den sieben Siegeln in Offb 6 . (Walvoord vertritt allerdings die These, daß alle sieben Siegel des Gerichts in der zweiten Hälfte der sieben Jahre geöffnet werden; vgl. den Kommentar zu Offb 6 .)

Diese Zeit wird gekennzeichnet sein durch (a) das Auftreten von Leuten, die sich fälschlich als Christus ausgeben ( Mt 24,4-5; vgl. Offb 6,1-2; das erste Siegel ist der Antichrist), (b) Kriege und Kriegsgeschrei (V. 6 ; vgl. Offb 6,3-4; das zweite Siegel ist der Krieg), in denen sich weltweit ein Volk gegen das andere erheben wird, und durch ungewöhnliche Naturereignisse wie Hungersnöte (V. 7 ; vgl. Offb 6,5-6; das dritte Siegel ist der Hunger; das vierte und fünfte sind Tod und Martyrium [ Offb 6,7-11 ]) und Erdbeben ( Mt 24,7; vgl. Offb 6,12-14; das sechste Siegel ist ein Erdbeben). Das alles ist nach den Worten Jesu der Anfang der Wehen . Wie die Wehen bei einer Schwangeren ein Zeichen sind, daß sie bald gebären wird, so werden diese universalen Konflikte und Katastrophen das Ende der Zeit zwischen den beiden Kommen des Messias einläuten.

 

 

Mt 24,9-14

 

( Mk 13,9-13; Lk 21,12-19 ) Jesus begann seine Rede ( Mt 24,9 ) mit einem Zeitwort: "dann" . In der Mitte der sieben Jahre, die Christi zweitem Kommen vorausgehen, wird Israel in große Bedrängnis geraten. Der Antichrist, der zu dieser Zeit die Welt beherrscht und mit Israel ein Schutzbündnis abgeschlossen hat, wird seinen Vertrag brechen ( Dan 9,27 ). Er wird die Juden schweren Verfolgungen aussetzen ( Dan 7,25 ) und sich selbst im Tempel in Jerusalem einen Altar errichten ( 2Thes 2,3-4 ). Viele Juden werden dabei getötet werden (V. 9 ), und viele werden vom Glauben abfallen . Die Gläubigen werden von den Ungläubigen verraten werden (V. 10 ), und viele werden sich von falschen Propheten (vgl. V. 5 ; Offb 13,11-15 ) täuschen lassen. Die Ungerechtigkeit wird überhand nehmen, und die Liebe (zum Herrn) wird in vielen erkalten .

"Wer aber beharrt bis ans Ende, der wird selig werden" (V. 13 ). Das bezieht sich nicht auf eine persönliche Anstrengung, auf das Ausharren, das zur ewigen Rettung führt, sondern auf die leibliche Erlösung derer, die in der Zeit der Trübsal auf den Retter vertrauen. Sie werden lebendig in das Reich eingehen.

"Und es wird gepredigt werden dies Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zum Zeugnis für alle Völker..." Obwohl es eine schreckliche Zeit voller Verfolgung sein wird, wird der Herr Diener haben, die die gute Nachricht von Christus und seinem nahe bevorstehenden Reich bezeugen und verbreiten. Ihre Botschaft wird der, die Johannes der Täufer, Jesus und die Jünger am Anfang des Matthäusevangeliums predigten, ähnlich sein, doch diesmal wird sie Jesus ganz eindeutig in seinem wahren Wesen als kommender Messias enthüllen. Sie weicht darin etwas von dem, was die Kirche heute verkündet, ab. Zwar riefen bzw. rufen beide Botschaften die Menschen auf, sich dem Retter zuzuwenden. In der Zeit der Trübsal wird die Betonung jedoch vor allem auf dem kommenden Reich liegen, und die, die sich um Rettung an den Herrn wenden (nach Offb 7,9-10 werden das nicht wenige sein), werden in das Reich eingehen.

 

 

Mt 24,15-26

 

( Mk 13,14-23; Lk 21,20-26 ) Nach diesem kurzen Überblick über die schwere Zeit vor seinem zweiten Kommen sprach Jesus von dem größten Zeichen, das in dieser Zeit zu sehen sein wird, von dem Greuelbild der Verwüstung . Auch davon hatte bereits der Prophet Daniel berichtet ( Dan 9,27 ). Mit diesem Bild war die Abschaffung des jüdischen Gottesdienstes in der Zeit der Trübsal ( Dan 12,11 ) und die an seine Stelle gesetzte Anbetung des Herrschers der Welt, des Antichristen, gemeint. Er wird den Tempel zu einem Greuel (und daher "wüst") machen, indem er sein Bild dort aufrichten und verehren läßt ( 2Thes 2,4; Offb 13,14-15 ). All das wird für jedermann klar erkennbar sein.

Wenn es dazu kommt, dann "fliehe auf die Berge, wer in Judäa ist." Die Menschen sollen auf die Flucht nichts mitnehmen und auch nicht vom Feld zurückkehren, um etwas Vergessenes zu holen, nicht einmal einen Mantel. Die Zeit, die diesem Ereignis folgen wird, wird eine Zeit großer Bedrängnis sein, wie sie nicht gewesen ist vom Anfang der Welt bis jetzt und auch nicht wieder werden wird ( Jer 30,7 ), eine Zeit unvorstellbaren Schreckens. Deshalb wies Jesus besonders darauf hin, wie schwierig sie gerade für die Schwangeren und Stillenden sein würde ( Mt 24,19 ). Er riet den Menschen, darum zu bitten, daß ihre Flucht wenigstens nicht im Winter erfolgen müßte, wenn es besonders schwierig wäre zu reisen, oder am Sabbat , wenn der Reiseverkehr eingeschränkt wäre.

Der Herr tröstete und ermutigte sie aber auch, denn er kündigte an, daß diese Tage verkürzt würden (V. 22 ). Das heißt nicht, daß die Tage weniger als 24 Stunden haben werden, sondern daß diese Zeit nicht endlos sein wird. Wenn sie nicht abgekürzt würde, so würde kein Mensch selig werden. Aber um der Auserwählten willen , die aus der Trübsal erlöst werden und in das Reich eingehen, wird diese schreckliche Periode ein Ende haben. (Die Auserwählten des Kirchenzeitalters dagegen werden bereits vor der Trübsal entrückt.) Menschen, die sich als der Messias ausgeben, und falsche Propheten werden erscheinen und Irrtümer verbreiten (V. 23 - 24 ). Sie werden die Rettung verkünden und Zeichen und Wunder tun, um sogar die Auserwählten zu verführen . Jesus warnte die Jünger deshalb vorher, sich nicht von solchen Dingen täuschen zu lassen.

 

 

3. Das Kommen des Menschensohnes

( 24,27 - 31 ) ( Mk 13,24-27; Lk 21,25-28 )

 

Mt 24,27-31

 

Der Herr wird zu jener Zeit nicht leibhaftig in der Welt sein, doch er wird auf die Erde zurückkehren. Sein Kommen wird sein, wie der Blitz ausgeht vom Osten und leuchtet bis zum Westen - also ein großartiges, allen sichtbares Ereignis. Wo immer das Aas (physische Verderbnis) ist, da sammeln sich die Geier zum Fraß . In gleicher Weise wird auch der spirituellen Verderbnis, die dann überhandnimmt, das Gericht folgen. Die Welt wird in dieser schrecklichen Zeit von dem Boten des Teufels, dem Antichristen, dem Gesetzlosen, regiert ( 2Thes 2,8 ), und viele Menschen werden durch falsche Propheten zum Abfall verführt werden ( Mt 24,24 ). Doch der Menschensohn wird rascher kommen, als sie denken, und sie richten (V. 27 ).

Sogleich nach der Bedrängnis dieser Zeit wird der Herr wiederkommen. Sein Kommen wird von ungewöhnlichen Erscheinungen (V. 29 ; vgl. Jes 13,10; 34,4; Joe 3,4; 4,15.16 ) und von seinem "Zeichen" am Himmel ( Mt 24,30 ) begleitet sein. Beim Sichtbarwerden des Zeichens werden alle Geschlechter auf Erden wehklagen (vgl. Offb 1,7 ), wahrscheinlich, weil sie wissen, daß nun die Zeit des Gerichts für sie gekommen ist.

Was das Zeichen des Menschensohns genau sein wird, wissen wir nicht. Das Zeichen, daß Gott das Volk Israel verlassen hat, war das Weggehen der Herrlichkeit des Herrn aus dem Tempel ( Hes 10,4.18;11,23 ) - vielleicht wird dies auch das Zeichen der Rückkehr des Herrn sein. Manche Forscher sind der Ansicht, daß die himmlische Stadt, das Neue Jerusalem, zu jener Zeit herabkommen und im Tausendjährigen Reich als Satellitenstadt über dem irdischen Jerusalem schweben wird ( Offb 21,2-3 ). Das Zeichen kann aber auch der Blitz oder sogar die Erscheinung des Herrn selbst sein. In jedem Fall wird es für alle Menschen sichtbar sein, denn der Herr wird kommen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit (vgl. Dan 7,13 ). Und er wird seine Engel senden mit hellen Posaunen, und sie werden seine Auserwählten sammeln von den vier Winden (damit ist die ganze Erde gemeint; vgl. Mk 13,27 ), von einem Ende des Himmels bis zum andern . Dazu gehört auch das Sammeln derer, die in der siebzigsten Woche der Vision des Propheten Daniel noch zum Glauben gefunden haben und während der Verfolgungen (vgl. V. 16 ) über die ganze Welt zerstreut wurden. Auch alle Heiligen des Alten Testaments, die dann auferstehen, werden gesammelt werden und in das Reich des Messias eingehen ( Dan 12,2.13 ).

 

 

4. Die Bestätigung von Jesu Rede über die Endzeit durch Gleichnisse

( 24,32 - 51 )

 

Im ersten Teil seiner Endzeitrede ( Mt 24,4-31 ) hatte Jesus direkt über seine Rückkehr auf die Erde gesprochen. Im Anschluß daran gab er einige praktische Verhaltensmaßregeln und Anweisungen in bezug auf sein zweites Kommen. Wenn man die folgenden Gleichnisse liest, sollte man immer bedenken, daß sie in erster Linie für jene zukünftige Generation bestimmt sind, die die Zeit der Trübsal und die unmittelbar bevorstehende Wiederkunft des Königs in Herrlichkeit miterleben wird. Doch in zweiter Linie richten sie sich natürlich auch, wie vieles in der Heiligen Schrift, an die Gläubigen der heutigen Zeit, die den Leib Christi, die Kirche, bilden. Von der Kirche selbst ist in diesem Abschnitt zwar nicht die Rede. Aber wenn den Menschen in der Zukunft geraten wird, bereit, wachsam und treu zu sein, so gilt das sicherlich in gleichem Maße auch für die heutigen Christen.

 

 

a. Der Feigenbaum

( Mt 24,32-44 )

 

Mt 24,32-35

 

( Mk 13,28-31; Lk 21,29-33 ) Jesu Worte, "lernt ein Gleichnis" , zeigen, daß er nun anzuwenden begann, was er gelehrt hatte. Wenn die Zweige des Feigenbaums saftig werden und Blätter treiben , ist das ein sicheres Zeichen, daß der Sommer nahe ist (vgl. Mt 21,18-20 ). So wie der Feigenbaum ein Bote des Sommers ist, sind die Zeichen ( Mt 24,4-28 ), von denen Jesus sprach, ein Hinweis, daß sein Kommen unmittelbar bevorsteht. Er betonte dabei vor allem die Tatsache, daß das alles erfüllt sein muß. Es gab in der Geschichte immer wieder Ereignisse, die man für die Erfüllung dieser Prophezeiung hielt, doch nie traten sämtliche von Jesus genannten Vorzeichen (die mit der Zeit der Trübsal verbunden sind) gleichzeitig auf. Ein solches Zusammentreffen liegt noch in der Zukunft. Jesus bezog seine Worte in diesem Zusammenhang nicht auf das Geschlecht ( genea ), dem seine Zuhörerschaft angehörte, denn diesem war, wie er bereits gesagt hatte, die Verheißung des Reiches genommen worden ( Mt 21,43 ). Die Generation des ersten Jahrhunderts würde allenfalls das Gericht erfahren. Doch die, die in jener Zeit leben, wenn die Zeichen am Himmel erscheinen, werden die Periode der Trübsal erleben und den Herrn als den König der Herrlichkeit kommen sehen. Diese Verheißung ist unerschütterlich, denn eher werden Himmel und Erde vergehen als die Worte Christi (vgl. Mt 5,18 ).

 

 

Mt 24,36-41

 

( Mk 13,32; Lk 17,26-36 ) Den genauen Zeitpunkt der Rückkehr des Herrn weiß niemand, ihn kennt nach den Worten Jesu allein der Vater . Christus sprach hier offensichtlich als Mensch (vgl. Lk 2,52 ), nicht als allwissender Gott. Die Zeit vor seinem Kommen aber wird sein, wie es in den Tagen Noahs war . Die Menschen werden ganz normal ihrem Leben nachgehen und nichts von dem bevorstehenden Gericht ahnen. Auch für die Menschen in Noahs Tagen ging das Leben seinen gewohnten Gang, sie aßen, sie tranken, sie heirateten und ließen sich heiraten, bis die Sintflut kam und raffte sie alle dahin... Die Flut kam unverhofft, und die Menschen waren nicht auf sie vorbereitet.

Ebenso wird es auch sein beim Kommen des Menschensohns. Dann werden zwei auf dem Felde sein; der eine wird angenommen, der andere wird preisgegeben. Zwei Frauen werden mahlen mit der Mühle; die eine wird angenommen, die andere wird preisgegeben. Wie zur Zeit Noahs werden die schlechten und verdorbenen Menschen "preisgegeben" und kommen unter Gottes Gericht (vgl. Lk 17,37 ). Die "Angenommenen" sind Gläubige, die das Vorrecht haben, lebendig in das Reich des Messias einzugehen. Wie in der Sintflut die Bösen vom Erdboden vertilgt wurden und Noah als einziger Gerechter zurückblieb, so werden bei Christi Wiederkunft die Schlechten verurteilt und verschwinden, die Gerechten aber werden übrigbleiben und Untertanen in seinem Reich werden.

Es ist relativ klar, daß mit diesen Äußerungen nicht die Kirche, der Leib Christi, gemeint ist. Der Herr beschrieb hier sicherlich nicht die Entrückung der Gläubigen, denn die Aufhebung der Kirche wird nicht die Züge eines Gerichts über die Kirche tragen. Wenn an dieser Stelle tatsächlich von der Entrückung die Rede wäre, wie einige Kommentatoren annehmen, so müßte diese erst nach der Zeit der Trübsal stattfinden, denn das hier geschilderte Ereignis geht der Rückkehr des Herrn in Herrlichkeit unmittelbar voraus. Das stünde jedoch in Widerspruch zu einer Reihe von Schriftstellen und brächte auch andere Probleme mit sich, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann (vgl. dazu u. a. den Kommentar zu 1Thes 4,13-18 und Offb 3,10 ). Die Warnung des Herrn sollte die Menschen dazu bringen, sich bereit zu halten, denn das Gericht wird zu einem Zeitpunkt kommen, an dem man am wenigsten damit rechnet.

 

 

Mt 24,42-44

 

Jesus ermahnte seine Jünger zu wachen ( grEgoreite ), denn ihr wißt nicht, an welchem Tag der Herr kommt (vgl. Mt 25,13 ). Die siebzigste Woche des Daniel wird einen bestimmten Anfang und ein genau festgesetztes Ende haben. Doch nur Gott kennt beide; die Menschen, die dann leben, werden sie nur ahnen können. Daher ist es wichtig, wachsam zu sein. Wenn jemand auch nur ungefähr die Stunde wüßte, in der der Dieb kommt , so würde er sich vorsehen und Vorbereitungen treffen. Dieselbe Grundhaltung sollen sich die Gläubigen in der Zeit der Bedrängnis zu eigen machen, wenn sie auf das Kommen des Herrn der Herrlichkeit warten. Sie werden zwar aufgrund der Zeichen am Himmel wissen, daß die Zeit da ist, doch der genaue Zeitpunkt der Rückkehr wird ihnen nicht bekannt sein.

 

 

b. Der treue Knecht

( 24,45 - 51 ) ( Mk 13,34-37; Lk 12,41-48 )

 

Mt 24,45-51

 

Wenn Christus zurückkehrt, wird er seine Knechte prüfen. Wie der Herr in der Geschichte, die Jesus erzählte, alle seine Besitztümer seinem Knecht anvertraut hatte, so hat Gott die Sorge für alle Dinge auf Erden seinen Knechten übergeben. Die innere Einstellung der Knechte äußert sich darin, wie sie mit der ihnen übertragenen Aufgabe umgehen. Der Herr wünscht sich Knechte, die seinen Willen gewissenhaft ausführen, ähnlich wie jener erste Knecht im Gleichnis (V. 45 - 46 ). Ein solcher Knecht wird bei der Rückkehr des Herrn für seine Treue belohnt werden (V. 47 ). Doch ein Knecht, der das ihm Anvertraute veruntreut und seine Arbeit vernachlässigt, wird streng bestraft werden. Er denkt möglicherweise bei sich selbst, "mein Herr kommt noch lange nicht" , behandelt seine Mitknechte schlecht ( fängt an sie zu schlagen ) und führt einen schlechten Lebenswandel ( ißt und trinkt mit den Betrunkenen ). Wie die bösen Menschen in Noahs Tagen (V. 37-39 ) soll er keine Vorahnung des Gerichtes haben (V. 50 ). Doch das Gericht wird kommen und mit jenem wird verfahren werden wie mit einem Heuchler - denn das ist ein nicht vertrauenswürdiger Knecht im Grunde. Sein Herr wird ihn verstoßen und der ewigen Verdammnis überantworten ( Heulen und Zähneklappern ; vgl. den Kommentar zu Mt 13,42 ). Genauso aber wird das Gericht bei der Wiederkunft Christi die Bösen auf ewig von Gott scheiden.

 

 

5. Das kommende Gericht über Israel

( 25,1 - 30 )

 

Mt 25,1-13

 

Christi Wiederkunft in Herrlichkeit wird aber auch noch andere Scheidungen zwischen Wachsamen und Achtlosen mit sich bringen, wie das Gleichnis von den zehn Jungfrauen anschaulich macht. Es gibt zahllose ganz verschiedene Auslegungen zu diesem Gleichnis. Vom Kontext her ( Mt 24,3.14.27.30.39.44.51 ) scheint es am plausibelsten, es als Bild für das Gericht über die Juden, die nach der Rückkehr des Herrn noch am Leben sind, zu verstehen. Beim Erscheinen des Herrn wird ein Gericht über die Heiden (die Trennung von Schafen und Böcken; vgl. Mt 25,31-46 ) stattfinden, aber auch das Volk Israel wird gerichtet werden ( Hes 20,33-44; Sach 13,1 ).

Israel wird durch zehn Jungfrauen dargestellt, die auf die Rückkehr des Bräutigams warten. Nach den jüdischen Heiratsbräuchen zur Zeit Jesu war es üblich, daß der Bräutigam aus dem Haus der Braut in einer Prozession zu seinem eigenen Haus zurückkehrte, wo dann ein Hochzeitsmahl abgehalten wurde. So wird in diesem Gleichnis Jesus als König mit seiner Braut, der Kirche, aus dem Himmel zurückkehren, um die Herrschaft über das Tausendjährige Reich anzutreten. Die Juden, die die schreckliche Zeit der Trübsal erlebt haben, werden zu den geladenen Gästen dieser Hochzeitsfeier gehören.

Auf ein solches Fest muß man sich jedoch vorbereiten. In dem Gleichnis hatten fünf der Jungfrauen die entsprechenden Vorkehrungen getroffen und außer den erforderlichen Lampen noch einen gewissen Ölvorrat in Gefäßen ( Mt 25,4 ) mitgenommen. Die anderen fünf hatten nur ihre Lampen dabei. Als der Bräutigam um Mitternacht ankam, waren die Lampen der fünf, die kein zusätzliches Öl besaßen, am Verlöschen . Da sie sich nun erst einmal Öl besorgenmußten, versäumten sie die Ankunft des Bräutigams . Als sie zurückkehrten und feststellten, daß das Hochzeitsfest bereits begonnen hatte, baten sie, eingelassen zu werden, doch der Zutritt wurde ihnen verwehrt (V. 10 - 12 ).

In der Zeit der Bedrängnis wird Israel wissen, daß das Kommen des Messias nahe bevorsteht, doch nicht alle Juden werden innerlich darauf vorbereitet sein. Der Bräutigam wird plötzlich und unerwartet kommen ( Mt 24,27.39.50 ). Obwohl die Bedeutung des Öls in dieser Passage nicht explizit erklärt wird, sehen die meisten Exegeten es als Symbol für den Heiligen Geist und sein Erlösungswerk. Zum Erlöstsein gehört mehr als das bloße Bekenntnis, es erfordert eine wirkliche Erneuerung durch den Geist. Diejenigen, die lediglich bekennen, gerettet zu sein, ohne den Geist zu besitzen, werden von dem Fest, d. h. vom Reich Gottes, ausgeschlossen werden. Wer nicht bereit ist, wenn der König kommt, kann nicht in sein Reich eingehen. Da aber der Tag und die Stunde seiner Rückkehr unbekannt sind, sollten die Gläubigen in der Zeit der Trübsal wachen ( grEgoreite ), d. h. wachsam und vorbereitet sein (vgl. Mt 24,42 ).

 

 

Mt 25,14-30

 

( Lk 19,11-27 ): In einem anderen Gleichnis über die Pflichttreue erzählte Jesus die Geschichte eines Herrn und seiner drei Knechte. Als der Herr außer Landes ging, gab er jedem von ihnen eine bestimmte Summe Geld. Es handelte sich dabei um Talente, Silbergeld ( Mt 25,18 : argyrion , d. h. Silber); ein Talent wog etwa 40 Kilogramm. Der Herr vertraute seinen Knechten also beträchtliche Summen an, wobei er sich nach den Fähigkeiten der einzelnen richtete.

Zwei der Knechte erwiesen sich als treu im Umgang mit dem Geld ihres Herrn (V. 16 - 17 ) und wurden sowohl finanziell als auch durch die Übertragung größerer Verantwortung und nicht zuletzt durch die Freude ihres Herrn belohnt (V. 20-23 ). Der dritte Knecht jedoch, der einen Zentner Silber erhalten hatte, spekulierte darauf, daß sein Herr überhaupt nicht mehr zurückkehren würde. Wenn er eines Tages doch käme, könnte er ihm den einen Zentner zurückgeben ohne Verlust durch Fehlinvestitionen (V. 25 ). Wenn er aber nicht mehr heimkehrte, wollte er das Geld einfach für sich behalten. Aus diesem Grund wollte er es nirgendwo hinterlegen, wo möglicherweise irgendwie festgehalten worden wäre, daß es seinem Herrn gehörte (V. 27 ). Diese berechnende Einstellung zeigt, daß er seinem Herrn nicht vertraute. Er erwies sich als unnützer Knecht , verlor auch das wenige, was er hatte (V. 29 ; vgl. Mt 13,12 ), und wurde dem Gericht überantwortet. Wie der untreue Knecht im anderen Gleichnis ( Mt 24,48-51 ) war auch er auf ewig von Gott getrennt (zu der Wendung Heulen und Zähneklappern vgl. den Kommentar zu Mt 13,42 ). Während das Gleichnis von den zehn Jungfrauen ( Mt 25,1-13 ) die Notwendigkeit des Bereitseins für die Rückkehr des Messias verdeutlicht, betont das Gleichnis von den anvertrauten Zentnern, wie wichtig es ist, dem Herrn treu zu dienen, während er abwesend ist.

 

 

6. Das kommende Gericht über die Heiden

( 25,31 - 46 )

 

Wenn der Herr "in seiner Herrlichkeit" zurückkehren wird, wird er nicht nur das Volk Israel richten (wie im Gleichnis von den zehn Jungfrauen [V. 1 - 13 ] und von den anvertrauten Zentnern [V. 14 - 30 ]), sondern auch die Heiden. Dieses Ereignis ist nicht identisch mit dem Gericht vor dem großen weißen Thron nach dem Tausendjährigen Reich, bei dem nur die Bösen gerichtet werden ( Offb 20,13-15 ). Das Gericht über die Heiden wird vielmehr tausend Jahre früher stattfinden und festlegen, wer in das Reich eingehen wird und wer nicht.

Mt 25,31-33

 

Die Wendung "die Völker" ( ta ethnE ) ist hier mit "die Heiden" zu übersetzen. Damit sind alle Völker gemeint, die außer den Juden noch die Zeit der Trübsal erleben (vgl. Joe 4,1.2.12 ). Die Angehörigen der verschiedenen Volksgruppen werden mit Schafen und Böcken verglichen, die der Herr voneinander trennen wird. Die Menschen werden jedoch jeweils einzeln und nicht nach nationaler Zugehörigkeit zusammen gerichtet.

 

 

Mt 25,34-40

 

Der König "auf dem Thron" (V. 31 ) wird die zu seiner Rechten - die Schafe - einladen, in das Reich, das Gott von Anbeginn der Welt für sie bereitet hat , einzugehen. Ihr Zugang gründet sich auf das Gute, das sie getan haben, denn sie haben dem Herrn zu essen und zu trinken gegeben und ihn aufgenommen (V. 35 - 36 ). Die "Schafe" selbst werden sich überhaupt nicht erinnern, dem Herrn je so unmittelbar gedient zu haben (V. 37 - 39 ), doch der König erklärt ihnen: "Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan" (V. 40 ).

Der Ausdruck "diese Brüder" muß sich auf eine dritte Gruppe beziehen, die weder zu den Schafen noch zu den Böcken gehört. Dabei kann es sich nur um die Juden, die leiblichen Brüder des Herrn, handeln. Denn in der Zeit der Trübsal wird das Leben aller gläubigen Juden schwer bedroht sein (vgl. Mt 24,15-21 ). Die Schergen des Diktators der Welt werden alles tun, um sie zu vernichten (vgl. Offb 12,17 ). Ein Heide, der in dieser Zeit einem Juden hilft, beweist damit, daß er während der Trübsal zum Glauben an Jesus Christus gekommen ist. Er setzt mit dieser Einstellung und Handlungsweise sein Leben aufs Spiel. Seine Werke werden ihn zwar nicht retten, aber sie werden zeigen, daß er erlöst ist.

 

 

Mt 25,41-46

 

Über die Böcke zu seiner Linken (vgl. V. 33 ) wird der Herr das Gericht verkünden. Ihnen wird gesagt: "Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln" (vgl. "das Reich, das ... bereitet ist"; V. 34 ). Sie werden verurteilt, weil sie dem kleinen Rest der gläubigen Juden in der Zeit der Trübsal keinerlei Erbarmen entgegenbrachten. Sie haben sich nicht um diese Geringsten gekümmert (V. 42 - 44 ; vgl. V. 35 - 36 ), sondern mit dem Diktator der Welt sympathisiert und ihn unterstützt. Dafür werden sie von der Erde vertilgt und in das "ewige Feuer" geworfen (V. 41 ) und müssen dort die ewige Strafe erleiden (V. 46 ). Wenn so nach den verschiedenen Stufen des Gerichts beim zweiten Advent des Herrn alles Böse ausgerottet ist, dann wird das Gottesreich auf Erden beginnen, das nur die Erlösten in leibhaftiger Gestalt bevölkern werden. Auch die verherrlichten Heiligen aus dem Alten Testament und die Kirche, die Braut Christi, werden an der Herrschaft des Königs der Könige teilnehmen.

In dieser langen prophetischen Rede beantwortete Jesus die Fragen der Jünger nach seinem zweiten Kommen und nach dem Ende der Zeit ( Mt 24,4-31 ). Zugleich gab er aber auch denen, die in dieser Zeit leben werden, Richtlinien an die Hand, nach denen sie ihr Verhalten ausrichten können ( Mt 24,32-51 ), und ermahnte sie zu Treue, Wachsamkeit und zum Bereitsein. Im Grunde gelten diese Lehren für die Gläubigen aller Zeiten. Jesus schloß seine Rede mit einer Beschreibung der Errichtung des Reichs und der Schilderung des Gerichts über die Juden ( Mt 25,1-30 ) und die Heiden (V. 31 - 46 ).