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Matthäus Evangelium Kp 26-28 Walvoord
Louis A. Barbieri Jr.
Die Worte "als Jesus alle diese Reden vollendet hatte" bilden den
letzten der fünf Wendepunkte des Matthäusevangeliums (vgl. Mt
7,28;11,1;13,53;19,1 ). Unmittelbar nach Beendigung seiner Rede auf dem
Ölberg erinnerte Jesus die Jünger daran, daß das Passafest in zwei
Tagen bevorstand und daß er dann überantwortet und gekreuzigt werde. Die
Ereignisse in Kapitel 26,1 - 16 fanden an einem Mittwoch statt. Über die
Reaktion der Jünger auf die Ankündigung des Herrn ist nichts
überliefert. Matthäus berichtet als nächstes von der Verschwörung, die
sich unter den religiösen Führern anbahnte, mit dem Ziel, Jesus zu
töten. Im Palast des Hohenpriesters Kaiphas wurde der Plan ausgeheckt,
ihn mit List zu ergreifen , allerdings erst nach dem Fest. Man hatte vor
zu warten, bis die vielen Pilger, die zum Passafest nach Jerusalem
gekommen waren, die Stadt wieder verlassen hatten. Danach wollte man
Jesus ohne Aufsehen von der Bildfläche verschwinden lassen. Der Zeitplan
der Pharisäer entsprach jedoch nicht dem Plan Gottes. Daß die
nachfolgenden Ereignisse etwas rascher ins Rollen kamen, als sie
beabsichtigten, war nicht zuletzt auf die Bereitwilligkeit von Judas
Iskariot zurückzuführen, der den Herrn freiwillig verriet.
b. Die Salbung in Betanien
( 26,6 - 13 ) ( Mk 14,3-9; Joh 12,1-8 )
Mt 26,6-9
In der letzten Woche seines Lebens übernachtete der Herr in Betanien ,
das östlich von Jerusalem am Fuße des Ölbergs lag. Eines Abends kam es
hier im Hause Simons des Aussätzigen zu einem Vorfall, der im
Johannesevangelium wesentlich detaillierter wiederkehrt ( Joh 12,1-8 ).
So nennt Johannes unter anderem auch die Namen der Beteiligten: Die
Frau, die das Salböl auf Jesu Haupt goß, war Maria ( Joh 12,3 ), und der
Jünger, der als erster Einspruch gegen ihre Handlung erhob, war Judas
Iskariot ( Joh 12,4 ). Das Salböl war sehr kostbar ( Mt 26,7 ), sein
Wert betrug den Lohn eines Jahres ( Joh 12,5; wörtlich: "dreihundert
Silbergroschen"). Maria ließ sich dieses Werk der Liebe offensichtlich
etwas kosten.
Mt 26,10-13
Der Herr wußte, was für Gedanken ("Wozu diese Vergeudung?"; V. 8 ) und
Gefühle ("sie wurden unwillig"; V. 8 ; vgl. Mt 20,24;21,15 ) den
Äußerungen der Jünger eigentlich zugrunde lagen. Judas Iskariot war
keineswegs von Sorge für die Armen getrieben ( Joh 12,6 ); er war ein
Dieb und hätte es lieber gesehen, daß das Geld in die gemeinsame Kasse
eingezahlt worden wäre, die er verwaltete. Jesus erinnerte sie alle
daran, daß sie die Armen immer bei sich hätten und ihnen Gutes erweisen
könnten, er selbst aber nicht allezeit bei ihnen sein würde.
Marias gutes Werk ( Mk 14,6 ) bereitete seinen Körper für das Begräbnis
vor ( Mt 26,12 ). Jesus hatte immer wieder von seinem bevorstehenden Tod
gesprochen (z. B. Mt 16,21;17,22;20,18 ), doch die Jünger schienen ihm
nicht zu glauben. Maria aber glaubte; ihre Handlungsweise war ein Beweis
ihrer Liebe. Was sie tat, wird denn auch in der ganzen Welt verkündet.
Vielleicht war es gerade diese Handlung und die Tatsache, daß der Herr
sie guthieß, die Judas dazu veranlaßte, Jesus zu verraten, denn
unmittelbar danach ging er zu den Hohenpriestern und bot ihnen an, Jesus
auszuliefern.
c. Der Verrat des Judas
( 26,14 - 16 ) ( Mk 14,10-11; Lk 22,3-6 )
Mt 26,14-16
Judas Iskariot muß für die Pharisäer die Antwort auf ihre Gebete gewesen
sein. Daß er dieses Angebot ausgerechnet den Hohenpriestern machte, war
weit mehr, als wenn er ihn der Polizeigewalt ausgeliefert hätte. Judas
erklärte sich - gegen eine eventuell sofort ausbezahlte Summe - bereit,
als Zeuge gegen Jesus auszusagen, wenn er vor Gericht gestellt würde. Er
hätte alles für Geld getan (vgl. Joh 12,6 ). Dreißig Silberlinge waren
der Ablösepreis für einen Sklaven ( 2Mo 21,32 ). Dieselbe Summe wurde in
der Prophetie als Lohn für den Guten Hirten festgesetzt ( Sach 11,12 ).
Ihr genauer Wert läßt sich heute nicht mehr bestimmen, da die
Münzwährung, um die es sich dabei handelte, nicht angegeben wird - es
ist einfach von "Silber" die Rede ( argyria ; vgl. Mt 25,18 ). Doch es
kann sich durchaus um eine beträchtliche Summe gehandelt haben. Der
Handel war damit perfekt, und von nun war Judas für die religiösen
Führer der Mann, der sie von ihrem größten Problem, Jesus von Nazareth,
befreien sollte. Er wußte, daß es für ihn kein Zurück mehr gab, denn er
hatte sein Wort verpfändet und war bereits bezahlt worden.
d. Das Abendmahl
( 26,17 - 30 )
Mt 26,17-19
( Mk 14,12-16; Lk 22,7-13 ) Die meisten Bibelforscher stimmen überein,
daß die Ereignisse, von denen in Mt 26,17-30 die Rede ist, am Donnerstag
der Karwoche stattfanden, denn das war der erste Tag
des einwöchigen Festes der Ungesäuerten Brote , der Tag, an dem die
Passalämmer geopfert wurden ( Mk 14,12 ). Das Fest der Ungesäuerten
Brote folgte unmittelbar auf das Passafest; die ganze, achttägige Feier
wurde manchmal die Passawoche genannt (vgl. Lk 2,41; 22,1.7; Apg
12,3-4; s. auch den Kommentar zu Lk 22,7 ).
Die Jünger, die ausgeschickt wurden, um Vorbereitungen für das Passamahl
zu treffen, waren Petrus und Johannes ( Lk 22,8 ). Der Ort, an dem Jesus
das Passa feierte, wird in keinem der Evangelien genauer angegeben, fest
steht jedoch, daß es in der Stadt, d. h. in Jerusalem, war ( Mt 26,18 ),
wahrscheinlich im Hause irgendeines Mannes, der Jesus als den Messias
anerkannte. Daß er ihm so bereitwillig sein Haus zur Verfügung stellte,
zeigt, daß er sich über Jesus und seinen Anspruch im klaren war. Nachdem
sie den Ort gefunden hatten, bereiteten die Jünger auch
das Passalamm vor, d. h., sie kauften das Lamm und bereiteten es zu,
wofür sie wahrscheinlich fast den ganzen Tag brauchten.
Mt 26,20-25
( Mk 14,17-21; Lk 22,14-23; Joh 13,21-30 ): Am Abend betrat Jesus den
vorbereiteten Raum, einen "Saal" ( Lk 22,12 ) im oberen Stockwerk, und
nahm das Passamahl mit den Zwölfen ein. Während der Feier sagte Jesus,
daß einer von denen, die mit ihm zu Tisch saßen, ihn verraten würde -
ein Zeichen für seine Allwissenheit (vgl. Joh 2,25;4,29 ).
Überraschenderweise klagten sich die Jünger daraufhin nicht gegenseitig
an, sondern wurden sehr betrübt und fingen an, jeder einzeln, ihn zu
fragen: "Herr, bin ich's?" Jesus fügte hinzu, daß der, der ihn verraten
würde, sehr engen Umgang mit ihm hatte - sie hatten aus derselben
Schüssel gegessen. Er selbst, der Menschensohn , werde dahingehen (d. h.
sterben), wie von ihm bei den Propheten geschrieben steht (z. B. Jes
53,4-8; vgl. Mt 26,56 ). "Doch weh dem Menschen, durch den der
Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er
nie geboren wäre." Jesus wies Judas damit nochmals auf die Konsequenzen
seines Verrats hin, denn der hatte zwar bereits das Geld genommen, seine
Tat jedoch noch nicht ausgeführt. Als Judas den Herrn fragte: "Bin
ich's, Rabbi?" , antwortete Jesus: "Du sagst es" , eine ganz klare
Antwort, daß er der Verräter sein würde. Es ist an dieser Stelle nicht
überraschend, daß Judas ihn "Rabbi" und nicht "Herr" nannte, wie es die
anderen Jünger taten (V. 22 ; vgl. V. 49 ).
Nach Darstellung des Johannesevangeliums konnten die übrigen Jünger
diese Worte des Herrn nicht hören ( Joh 13,28-29 ). Wenn sie sie
verstanden hätten, hätten sie Judas wahrscheinlich nicht mehr erlaubt,
den Raum zu verlassen. Da sie es jedoch nicht hörten, ging Judas hinaus
( Joh 13,30 ).
Mt 26,26-30
( Mk 14,22-26; Lk 22,19-20 ): Im weiteren Verlauf des Mahls tat Jesus
etwas, das nicht zum überlieferten Brauchtum des Passafestes gehörte.
Als sie aßen, nahm er das Brot und dann den Kelch mit Wein und verlieh
dieser Handlung durch seine Worte eine ganz besondere Bedeutung. Er
sagte, das Brot sei sein Leib ( Mt 26,26 ) und der Wein sei sein Blut
des neuen Bundes (V. 28 ). Die Christen sind sich nicht ganz einig, was
er mit diesenWorten sagen wollte, doch es scheint so, als ob Jesus diese
beiden Elemente als sichtbare Erinnerungszeichen an das, was nun
geschehen sollte, einsetzte.
Das Brot und der Wein standen für seinen Leib und sein Blut, das bald
vergossen werden sollte für viele (vgl. Mt 20,28 ) zur Vergebung der
Sünden . Damit sollte die Schuld der Menschen getilgt werden, wie es im
Neuen Bund verheißen war ( Jer 31,31-37 ), einem Bund, der den alten
mosaischen Bund ablöste ( Jer 32,37-40; Hes 34,25-31;36,26-28 ). In der
christlichen Kirche wurde dieses überlieferte Geschehen aus dem
Passamahl aufgenommen und unter der Bezeichnung "Abendmahl" oder
"Kommunion" weitergeführt. Jesus trug der Kirche auf, diesen Ritus als
ständige Erinnerung an sein Rettungswerk zu feiern, bis er wiederkommt
( 1Kor 11,23-26 ). Er sagte den Jüngern, er werde dieses Mahl nicht mehr
mit ihnen feiern, bis an den Tag, an dem er seines Vaters Reich auf
Erden errichten werde. Nach dem Passamahl sangen Jesus und seine Jünger
den Lobgesang miteinander und gingen dann hinaus an den Ölberg.
e. Die Nacht in Gethsemane
( 26,31-46 )
Mt 26,31-35
( Mk 14,27-31; Lk 22,31-34; Joh 13,36-38 ) Auf dem Weg zum Ölberg machte
Jesus den Jüngern bewußt, daß sie alle ihn bald im Stich lassen würden.
Damit würden die Worte des Propheten Sacharja vom geschlagenen
Hirten und den zerstreuten Schafen in Erfüllung gehen ( Sach 13,7 ).
Dies ist eine der zahlreichen Stellen, bei denen Matthäus das Buch
Sacharja zitiert oder darauf anspielt. Aber Jesus verhieß seinen Jüngern
auch, daß er den Tod besiegen und von den Toten auferstehen werde, und
versprach ihnen, er werde vor ihnen hingehen nach Galiläa ( Mt
26,32; vgl. 28,7 ). Alle seine Jünger stammten aus Galiläa und hatten
mit Jesus zusammen dort unter den Juden gepredigt.
Ob Petrus die Worte des Herrn über die Auferstehung hörte, wissen wir
nicht. Auf jeden Fall wehrte er sich heftig gegen die Vorstellung, daß
er an Jesus Ärgernis nehmen sollte. Er versicherte, er werde den Herrn
niemals verleugnen, selbst dann nicht, wenn alle anderen es täten. Doch
Jesus sagte ihm voraus, daß er ihn in dieser Nacht, ehe der Hahn kräht,
dreimal verleugnen werde. Petrus konnte das nicht glauben, er
versicherte Jesus erneut seiner Liebe, selbst wenn er dafür sterben
müsse ( Mt 26,35 ). Dasselbe beteuerten auch alle anderen Jünger; sie
alle konnten nicht fassen, daß sie den Herrn verleugnen sollten. Sie
würden ihn nicht verraten (V. 22 ), warum also sollten sie ihn
verleugnen?
Mt 26,36-46
( Mk 14,32-42; Lk 22,39-46; Joh 18,1 ): Dann ging Jesus mit ihnen zu
einem Garten ( Joh 18,1 ) , der hieß Gethsemane , das bedeutet
"Ölpresse". Solche Ölpressen standen in Olivenhainen und wurden zur
Gewinnung des Öls aus den Früchten benutzt. Dort ließ Jesus seine Jünger
- außer Petrus und den zwei Söhnen des Zebedäus (Johannes und
Jakobus; Mt 4,21 ), die mit ihm gingen - zurück und fing an zu beten .
Er war in großer Angst und Traurigkeit ( lypeisthai , "sehr betrübt
sein"; vgl. Mt 14,9;17,23;18,31;19,22 ), wie er sie noch nie in seinem
Leben gespürt hatte, und bat die drei Jünger: "Bleibt hier und wacht mit
mir" ( Mt 26,38 ). In dieser Stunde seiner größten Not wünschte sich der
Herr, daß die Menschen, die ihn liebten und verstanden, mit ihm beteten.
Er entfernte sich ein Stück von den Dreien und betete: "Mein Vater,
ist's möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber." Mit "Kelch" meinte
er wahrscheinlich seinen unmittelbar bevorstehenden Tod. Vielleicht
wußte er auch, daß auch sein Vater ihn verlassen würde ( Mt 27,46 ) und
er erstmals mit der Sünde in Berührung kommen sollte, weil er für die
Menschheit zur Sünde werden sollte ( 2Kor 5,21 ). Der Kelch ist im Alten
Testament das Sinnbild für Zorn. Entscheidend an diesem Gebet war
jedoch, daß der Herr auch an dieser Stelle seinen eigenen Willen dem
Willen seines Vaters unterwarf ( Mt 26,39 ).
Als Jesus zu den Jüngern zurückkehrte, fand er sie schlafend. Er weckte
sie auf und tadelte Petrus (nicht alle drei), weil er nicht mit ihm im
Gebet ausgeharrt hatte. Kurz zuvor hatte Petrus ihm zweimal versichert,
er werde ihn nie verlassen (V. 33.35 ), und nun konnte er ihm nicht
einmal in der größten Not im Gebet beistehen. Jesus ermahnte sie
nochmals alle, zu wachen und zu beten, doch er wußte auch um die
menschliche Schwäche (V. 41 ).
Als Jesus zum zweiten Mal . betete, erkannte er, daß es wohl unmöglich
sein werde, daß der Kelch an ihm vorübergehe , ohne daß er ihn "trank",
und erklärte von neuem, daß Gottes Wille erfüllt werden müsse, wie hoch
auch immer der Preis sei (V. 42 ; vgl. V. 39 ). Er kehrte zurück und
fand die drei Jünger abermals schlafend , doch diesmal weckte er sie
nicht auf.
Noch ein drittes Mal . betete er dieselben Worte , während die Jünger
schliefen. Ihr Schlafen und Ruhen stand in schroffem Gegensatz zu seiner
Qual (V. 37 ), seinem Beten bis zur Erschöpfung und seinem Angstschweiß.
Er war in diesem Augenblick völlig einsam, denn obwohl die Jünger ihm
ganz nahe waren, waren sie ihm keinerlei Hilfe. Und doch zeigte er auch
jetzt unerschütterlichen Gehorsam - die feste Entschlossenheit, dem
Willen des Vaters zu folgen, was auch geschehen möge. Als Jesus zum
dritten Mal zu den Jüngern zurückkehrte, weckte er sie mit der Nachricht
auf, daß sein Verräter gekommen sei und sie ihm entgegengehen wollten.
2. Jesu Gefangennahme
( 26,47 - 56 ) ( Mk 14,43-50; Lk 22,47-53; Joh 18,2-12 )
Mt 26,47-56
Während Jesus noch sprach, kam Judas am Garten Gethsemane an. Er wurde
von einer großen Schar römischer Soldaten ( Joh 18,3 ) und von jüdischen
Tempelwächtern ( Lk 22,52 ) begleitet, die die Hohenpriester und
Ältesten geschickt hatten. Die Soldaten trugen Schwerter und
Stangen ( Mt 26,47; Mk 14,43 ) sowie Fackeln und Lampen ( Joh 18,3 ).
Man hatte es für nötig gehalten, so viele zu schicken, um ganz sicher zu
gehen, daß Jesus nicht entkommen konnte. Vielleicht befürchteten die
jüdischen Führer auch, daß die Pilger, die sich in der Stadt aufhielten,
um das Passafest zu feiern, die Verhaftung zu verhindern suchen würden.
Judas hatte mit den Beamten ein Zeichen ausgemacht: Der, den er küssen
wollte, war der, den sie ergreifen sollten. Als er zu Jesus trat, sagte
er: "Sei gegrüßt, Rabbi!" (vgl. Mt 26,25 ) und küßte ihn . Jesu Antwort
zeigte, daß er ihn noch immer liebte, denn er redete ihn
mit "Freund" ( hetaire , "Kamerad, Genosse"; das Wort steht nur dreimal
im Neuen Testament, und zwar nur bei Matthäus: Mt 20,13;22,12;26,50 )
an. Dann stießen die Soldaten Judas wohl beiseite und bemächtigten sich
Jesu.
Petrus wollte in dieser Situation nicht sofort klein beigeben. (Nur
Johannes erwähnt ihn in diesem Zusammenhang mit Namen; Joh 18,10 .) Er
war soeben erwacht und wußte im Augenblick noch nicht so recht, was vor
sich ging, daher zog er sein Schwert und versuchte, Jesus zu
verteidigen, indem er auf einen der Angreifer einhieb. Er traf Malchus,
den Knecht des Hohenpriesters ( Joh 18,10 ), am Ohr.
Der Herr untersagte jedoch sofort jede Gewalttätigkeit und tadelte
Petrus. Er hatte keine Hilfe nötig; sein Vater würde ihm, wenn er es
wollte, auf der Stelle zwölf Legionen Engel schicken, die ihn
verteidigten. Eine römische Legion umfaßte 6 000 Soldaten. Von über 72
000 Engeln umgeben, hätte Jesus leicht jeden Angriff abwehren können.
Doch es war nicht Gottes Wille, daß Jesus freikam; Jesus wurde
gefangengenommen, weil Gott es zuließ. Matthäus schreibt nichts darüber,
doch Lukas, der Arzt, berichtet, daß Jesus den Verletzten wieder heilte
( Lk 22,51 ).
Nach Matthäus sprach Jesus kurz mit seinen Häschern. Er fragte sie,
warum sie auf diese Weise gekommen waren, um ihn zu fangen, wo er doch
jeden Tag bei ihnen gesessen und im Tempel gelehrt hatte, sie ihn also
jederzeit hätten gefangennehmen können. Offensichtlich hatten die
religiösen Führer jedoch die Sympathie des Volkes für Jesus gefürchtet.
Doch auch so erfüllte sich der Wille des Vaters und die Schriften der
Propheten , die von seinem Tod sprachen.
Da verließen ihn alle Jünger und flohen in die Nacht - obwohl sie
geschworen hatten, ihn nie zu verlassen ( Mt 26,33.35 ). Die Schafe
zerstreuten sich (V. 31 ).
3. Die Gerichtsverhandlungen Jesu
( 26,57 - 27,26 )
a. Jesus vor dem Hohen Rat
( 26,57 - 27,10 )
Mt 26,57-58
( Mk 14,53-54; Lk 22,54; Joh 18,15-16 ) Nachdem Jesus in Gethsemane
gefangenommen worden war, führten ihn die Soldaten vor Kaiphas , den
Hohenpriester (vgl. die Tabelle zu den sechs Gerichtsverhandlungen
Jesu). Zuvor fand jedoch noch eine kurze Vorverhandlung vor dem früheren
Hohenpriester, Hannas, Kaiphas' Schwiegervater, statt (vgl. den
Kommentar zu Joh 18,12-13.19-24; vgl. auch die Tabelle bei Apg 4,1 ).
Diese Verzögerungstaktik gab Kaiphas offensichtlich Zeit, rasch den
Hohen Rat einzuberufen ( Mt 26,59; vgl. Apg 4,15 zu einem Kommentar zu
dem "Hohen Rat"). Petrus aber folgte dem Herrn von ferne bis zum Palast
des Hohenpriesters, um zu sehen, worauf es hinauslaufen würde.
Mt 26,59-68
( Mk 14,55-65; Lk 22,63-65 ) Die Gerichtsverhandlungen gegen Jesus
dienten einzig und allein dem Zweck, einen legalen Grund zu finden, der
ein Todesurteil rechtfertigen könnte. Vor allem Judas war als Zeuge
wichtig, doch er konnte nirgends gefunden werden. Daher versuchte man,
andere Zeugen gegen Jesus aufzutreiben - ein sehr ungewöhnliches
Verfahren - um irgendeinen Vorwand zu finden, aufgrund dessen man ihn
zum Tode verurteilen konnte. Doch obwohl die Hohenpriester viele falsche
Zeugen beibrachten, konnte keiner etwas gegen ihn aussagen ( Mt 26,60 ).
Schließlich bestätigten zwei Zeugen, daß Jesus einmal gesagt hatte, "Ich
kann den Tempel Gottes abbrechen und in drei Tagen aufbauen" . Jesus
hatte diese Äußerung zu Beginn seines Wirkens, etwa drei Jahre zuvor,
gemacht ( Joh 2,19 ), sie hatte sich jedoch nicht auf das Tempelgebäude,
sondern auf seinen Leib bezogen. Interessanterweise wird diese Aussage
hier, kurz vor seiner Kreuzigung und Auferstehung, wieder aufgegriffen.
Jesus weigerte sich, auch nur auf eine der Beschuldigungen, die gegen
ihn vorgebracht wurden, zu antworten, da ihm offiziell keinerlei
Vergehen zur Last gelegt werden konnte.
Der Hohepriester versuchte, Jesus dazu zu bringen, zu den gegen ihn
erhobenen Anklagen Stellung zu nehmen ( Mt 26,62 ). Doch Jesus schwieg,
bis er unter dem heiligen Schwur aufgefordert wurde, zu sprechen.
Nachdem der Hohepriester ihn bei dem lebendigen Gott beschworen hatte,
mußte er wahrheitsgemäß antworten. Kaiphas bestand darauf, daß er die
Frage beantwortete, ob er der Christus (der Messias), der Sohn
Gottes sei (V. 63 ). Jesus bejahte und sagte weiter, daß er in der
Zukunft zur Rechten der Kraft (vgl. Mt 25,31 ) sitzen und auf den Wolken
des Himmels zurückkehren werde (vgl. Mt 24,30 ). Das war eine ganz klare
Aussage über seine Gottheit, die der Hohepriester auch genauso auffaßte.
Er zerriß daraufhin seine Kleider - was ihm vom Gesetz her verboten war
( 3Mo 21,10 ) - und erklärte, daß Jesus Gott gelästert habe ( Mt
26,65 ). Seiner Ansicht nach bedurfte es keiner weiteren Zeugen, denn er
habe durch seine Aussage seine Schuld selbst offenkundig gemacht.
Dem Volk blieben nur zwei Möglichkeiten. Es konnte zugeben, daß Jesus
die Wahrheit gesprochen hatte, niederfallen und ihn als Messias anbeten.
Oder es konnte ihn als Gotteslästerer verwerfen und zum Tode
verurteilen. Die Menschen wählten das letztere und besiegelten damit
endgültig ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Mann, der als ihr
Messias-König gekommen war.
Damit war die Beweisführung vorerst abgeschlossen. Niemand trat für
Jesus ein oder wies auf all das Gute hin, das er in den vergangenen drei
Jahren getan hatte. Es hatte ganz den Anschein, daß der Hohe Rat Jesus
nun endlich da hatte, wo er ihn haben wollte. Er hatte soeben vor aller
Ohren Gott gelästert. Entgegen allen jüdischen und römischen Gesetzen
nahmen sie die Bestrafung des Angeklagten selbst in die Hand und ließen
ihn quälen. Sie spien ihm ins Angesicht, schlugen ihn mit Fäusten und
ins Angesicht , und forderten ihn dabei auf, ihnen zu "weissagen" , wer
ihn soeben geschlagen hatte. Das taten sie eine ganze Weile und hatten
offensichtlich ihre Freude daran. Der Herr aber schwieg während dieser
Peinigungen und unterwarf sich damit dem Willen des Vaters (vgl. Jes
53,7; 1Pet 2,23 ).
Mt 26,69-75
( Mk 14,66-72; Lk 22,55-62; Joh 18,17-18.25-27 ): Während Jesus vor dem
Hohen Rat stand, hatte auch Petrus eine Prüfung zu bestehen. Er war dem
Herrn gefolgt, hatte sich Zutritt zum Haus des Hohenpriesters verschafft
( Joh 18,15-16 ) und saß draußen im Hof ( Mt 26,58 ), um den Ausgang des
Prozesses abzuwarten. Dabei hätte er dreimal die Gelegenheit gehabt, für
seinen Herrn einzustehen. Doch alle drei Male leugnete er, den
Angeklagten auch nur zu kennen oder in irgendeiner Weise mit ihm in
Verbindung zu stehen. Das erste Mal verleugnete er ihn, als eine
Magd vor den anderen sagte, daß er zu den Leuten gehöre, die mit Jesus
zusammengewesen seien (V. 69 ). In der Torhalle dann deutete eine andere
direkt auf ihn und sagte ebenfalls, daß er zu Jesu Gefolgsleuten gehöre
(V. 71 ). Schließlich traten einige der Herumstehenden hinzu und
beschuldigten Petrus, einer von denen zu sein, die mit Jesus gewesen
waren, denn seine Sprache , sein galiläischer Akzent, verriet ihn
(V. 73 ). Bei der dritten Anklage fing Petrus an, sich zu verfluchen und
zu schwören (V. 74 ). Sich selbst zu verfluchen war ein üblicher Weg,
seine Unschuld zu versichern; wenn die Unglücksfälle dann nicht
eintraten, wurde man für unschuldig gehalten (vgl. Hi 31 ).
Unmittelbar nachdem er den Herrn zum dritten Mal öffentlich verleugnet
hatte, krähte der Hahn . Das rief ihm die Worte des Herrn in
Erinnerung: "Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen" ( Mt
26,34 ). Petrus wußte sofort, daß er den Herrn im Stich gelassen hatte.
Obwohl er ihm noch vor kurzem versichert hatte, daß er ihn nie
verleugnen werde, hatte er genau das nun öffentlich und mehrmals getan.
Voller Scham und Kummer verließ er den Hof und weinte bitterlich . Seine
Tränen entsprangen echter Reue, daß er den, den er liebte, verraten
hatte.
Mt 27,1-2
( Mk 15,1 ): Die ersten Gerichtsverhandlungen gegen Jesus vor einem
jüdischen Tribunal fanden imSchutz der Dunkelheit statt. Da das jüdische
Gesetz jedoch vorschrieb, daß Prozesse am Tage abgehalten wurden, mußten
der Hohepriester und die Ältesten einsehen, daß sie Jesus noch eine
offizielle Verhandlung gewähren mußten. Der kurze Prozeß, von dem Mt
27,1 berichtet, diente einfach dazu, offiziell zu bestätigen, was zuvor
geschehen war. Das Gericht entschied, Jesus zu töten, war jedoch nicht
bevollmächtigt, diesen Beschluß auszuführen ( Joh 18,31 ). Bevor das
Todesurteil vollstreckt werden konnte, mußten sie den Fall vor
den Statthalter Pilatus , der von 26 - 36 n. Chr. Procurator von Judäa
und Samaria war (vgl. Lk 3,1 ), bringen. Jesus wurde also gebunden und
zu Pilatus geschleppt. Dessen Amtssitz befand sich eigentlich in
Cäsarea, doch zu Festzeiten hielt er sich in seinem Stadtpalast in
Jerusalem auf.
Mt 27,3-10
Als Judas Iskariot von dem Urteil erfuhr, reute es ihn und er ging
zurück zu den Beamten. Er hatte nicht gedacht, daß sein Verrat solche
Konsequenzen haben würde; was er sich eigentlich von seiner Tat
versprochen hatte, ist im Text nicht überliefert. Jedenfalls wußte er,
daß er unschuldiges Blut verraten hatte und daß Jesus nicht des Todes
schuldig war. Als er das auch den Hohenpriestern und Ältesten sagte,
zeigten sie wenig Mitgefühl. Sie wiesen ihn darauf hin, daß das sein
Problem sei und nicht das ihre. Judas aber wollte nun das Geld, das er
für den Verrat erhalten hatte, unbedingt loswerden, da es ihn wohl
ständig an das erinnerte, was er getan hatte, und ihn der Sünde
überführte. So ging er und warf die Silberlinge in den Tempel ( naos ,
das Heilige selbst, nicht die Vorräume des Tempels). Im Gegensatz zu
Petrus hatten Judas' Gewissensbisse jedoch keine heilsame Reue zur
Folge, denn er ging fort und erhängte sich . (Lukas geht genauer auf die
Umstände dieser Tat ein; Apg 1,18-19 .)
Daß Judas das Geld in den Tempel warf, brachte die religiösen Führer in
eine gewisse Verlegenheit. Sie empfanden es als unpassend, das Geld dem
Tempelschatz einzuverleiben, denn es war immerhin Blutgeld , mit dem der
Tod eines Menschen erkauft worden war. Vorher, als sie Judas das Geld
für seine Tat anboten, waren sie allerdings nicht von derartigen
Skrupeln geplagt worden ( Mt 26,15 ). Sie beschlossen daher, ein Stück
Land davon zu kaufen (anscheinend auf Judas' Namen; Apg 1,18 ), auf dem
sie Fremde begraben wollten. Diese Parzelle, ein Töpferacker , wo die
Töpfer Lehm für ihre Arbeit herholten, wurde als Blutacker ( Mt 27,8 )
bzw. aramäisch Hakeldamach ( Apg 1,19 ) bekannt.
Für Matthäus waren diese Ereignisse die Erfüllung einer Prophezeiung von
Jeremia. Das Zitat, das er in diesem Zusammenhang anführt, stammt jedoch
wahrscheinlich nicht von Jeremia, sondern von Sacharja; jedenfalls
besteht eine enge Beziehung zwischen Mt 27,9-10 und Sach 11,12-13 . Doch
es finden sich auch Parallelen zwischen Matthäus' Worten und den
Gedanken in Jer 19,1.4.6.11 .Warum aber führt Matthäus nur Jeremia an?
Die Lösung dieses Problems könnte sein, daß er zwar an beide Propheten
dachte, aber nur den Namen des "größeren" erwähnte. (Eine ähnliche
Situation liegt bei Mk 1,2-3 vor, wo Markus nur den Propheten Jesaja
nennt, doch sowohl Jesaja als auch Maleachi zitiert.) Es wäre auch
möglich, daß Jeremia im babylonischen Talmud ( Baba Bathra 14 b) von
allen Propheten an erster Stelle steht und sein Buch deshalb
stellvertretend für alle anderen prophetischen Bücher genannt wird.
b. Die Verhandlung vor der römischen Obrigkeit
( 27,11-26 )
Mt 27,11-14
( Mk 15,2-5; Lk 23,1-5; Joh 18,28-38 ): Im Vergleich mit den übrigen
Evangelien ist Matthäus' Bericht über Jesu Prozeß vor Pilatus recht
kurz. Lukas erwähnt sogar, daß Pilatus Jesus noch zu Herodes schickte,
als er erfuhr, daß er Galiläer war. Diese Geste trug dazu bei, das
Verhältnis zwischen Pilatus und Herodes, das vorhernicht allzu
freundschaftlich gewesen war, zu entspannen ( Lk 23,6-12 ). Matthäus
dagegen konzentriert sich auf den einen Prozeß vor Pilatus und die eine
"Anklage", die sich auf die Behauptung Jesu gründete, der König der
Juden zu sein. Das Königtum Jesu war ohnehin ein Hauptanliegen des
Evangelisten. Als Pilatus Jesus fragte: "Bist du der König der Juden?" ,
bejahte Jesus. Johannes weist jedoch darauf hin, daß Jesu Königreich zu
diesem Zeitpunkt kein politisches Reich war, das Rom Konkurrenz hätte
machen können ( Joh 18,33-37 ). Jesus war keine Bedrohung für die
römische Herrschaft. Pilatus erkannte das wohl und versuchte, darauf
hinzuwirken, daß Jesus freigelassen würde.
Auf die anderen Anklagen des Hohenpriesters und der Ältesten antwortete
Jesus zur Überraschung des Pilatus ( thaumazein , "verwundert sein")
nicht. Da es im Grunde nicht um diese Anschuldigungen ging, bestand für
Jesus überhaupt keine Notwendigkeit, auf sie einzugehen. Der Grund,
weshalb er vor Gericht stand, lag darin, daß ihm vorgeworfen wurde, er
erhebe Anspruch darauf, der König der Juden, der Messias, zu sein ( Mt
26,63-64 ). Da Pilatus nun jedoch seine Unschuld festgestellt hatte,
hatte er keinen Anlaß, auf die anderen Beschuldigungen zu antworten.
Mt 27,15-23
( Mk 15,6-14; Lk 23,13-23; Joh 18,39-40 ): Pilatus war von seiner
Frau gewarnt worden, sich in bezug auf diesen Gefangenen ( diesen
Gerechten ) vorsichtig zu verhalten ( Mt 27,19 ). Sie hatte viel
erlitten im Traum um seinetwillen und gab ihrem Mann daher den Rat, sich
aus dieser Sache herauszuhalten. Weitere Spekulationen über ihren Traum
sind allerdings sinnlos, der Text gibt nichts weiter her. Da Pilatus
Jesus für unschuldig hielt, versuchte er, seine Freilassung
durchzusetzen. Es war damals Brauch, daß der Statthalter dem jüdischen
Volk jedes Jahr zum Passafest einen Gefangenen losgab , um die Gunst des
Volkes zu erringen. In der Absicht, diesmal Jesus zu begnadigen, stellte
Pilatus ihm einen berüchtigten Gefangenen, Barabbas , einen Räuber ( Joh
18,40 ) und Mörder ( Mk 15,7 ), gegenüber. Pilatus ging davon aus, daß
das Volk seinen König, Jesus, ganz sicher liebte und daß nur die
religiösen Führer eifersüchtig auf ihn und seine Geltung im Volk waren
( Mt 27,18 ). Er dachte, daß das Volk, wenn es die Wahl hätte, mit
Sicherheit Jesus, und nicht den berüchtigten Barabbas, frei sehen
wollte.
Er unterschätzte dabei jedoch die Entschlossenheit der religiösen
Führer, sich Jesu ein für allemal zu entledigen: Sie überredeten das
Volk, daß sie um Barabbas bitten, Jesus aber umbringen sollten . Als
Pilatus die Menge nun fragte, was er mit Jesus, von dem gesagt wird, er
sei der Christus, machen solle, antworteten alle: "Laß ihn
kreuzigen!" Im Griechischen wird deutlich, daß sie nur ein Wort schrien:
"Kreuzige" ( staurOthEtO ). Man kann sich die Szene beinahe vorstellen,
es ist wie in einem Fußballstadium, wenn die ganze Menge "Tor!" brüllt.
So schrien die Menschen hier: "Kreuzige, kreuzige!" Als Pilatus wissen
wollte, warum sie diese Strafe verlangten, schrien sie nur noch
mehr: "Laß ihn kreuzigen!"
Mt 27,24-26
( Mk 15,15; Lk 23,23-25; Joh 19,6-16 ) : Pilatus sah nun, daß er nichts
ausrichtete , und ihre Drohung, den Fall dem Kaiser vorzutragen ( Joh
19,12 ), beunruhigte ihn.
Er hatte kein besonders gutes Verhältnis zum Kaiser und wollte nicht,
daß ihm die Kunde von einem Nebenbuhler zu Ohren käme, vor allem nicht,
daß er diesen König freigelassen hatte.
Daher nahm er Wasser und wusch sich die Hände vor dem Volk und gab damit
symbolisch seinem Bedürfnis Ausdruck, sich selbst von der Schuld, einen
Unschuldigen zum Tode verurteilt zu haben, freizusprechen ( 5Mo
21,6-9 ).
Doch seine Worte, "Ich bin unschuldig an seinem Blut" , nahmen ihm die
Verantwortung für seine Handlungsweise nicht ab (vgl. Apg 4,27 ) und
hoben nicht die Schuld auf, die er mit diesem Hohn auf jede
Gerechtigkeit auf sich geladen hatte.
Die Juden waren jedoch gern bereit, Pilatus die Verantwortung abzunehmen
( Mt 27,24 ).
Sie sagten: "Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!"
Diese Worte sollten traurige Wirklichkeit werden, als das Gericht Gottes
im Jahre 70 n. Chr. über viele von ihnen und ihre Kinder kam und die
Römer das Volk vernichteten und den Tempel zerstörten.
Trotzdem Pilatus viermal erklärt hatte, daß Jesus unschuldig sei ( Lk
23,14.20.22; Joh 19,4 ), erfüllte er seine Verpflichtung gegenüber den
Juden, ließ Barabbas frei und übergab ihnen Jesus, nachdem er ihn zuvor
noch hatte auspeitschen lassen, zur Kreuzigung.
4. Die Kreuzigung des Königs ( 27,27 - 56 )
Mt 27,27-31
( Mk 15,16-20; Joh 19,1-5 ): Jesus wurde in das Prätorium , einen
Versammlungshof, in dem sich zahlreiche römische Soldaten aufhielten,
gebracht.
Das Prätorium befand sich wahrscheinlich in der Residenz des Pilatus,
der Festung Antonia.
Einige Forscher sind auch der Ansicht, es habe beim Palast des Herodes
gelegen.
Es muß sich um ein großes Gelände gehandelt haben, denn etwa 600
Soldaten hielten sich dort auf ("eine Abteilung Soldaten" heißt wörtlich
"Kohorte", d. i. ein Zehntel einer Legion).
Dort zogen sie ihn aus und verhöhnten ihn, indem sie ihm einen
Purpurmantel , das Gewand eines Königs, anlegten, eine Dornenkrone aufs
Haupt setzten und ihm ein Rohr als "Zepter" in seine rechte Hand gaben.
Sie beugten die Knie vor ihm und verspotteten ihn und sprachen:
"Gegrüßet seist du, der Juden König!" Was für eine tragische Gestalt war
Jesus in diesem Augenblick!
Die Soldaten demütigten ihn noch weiter, spien ihn an und nahmen das
Rohr und schlugen damit immer wieder auf sein Haupt .
Sie wußten nicht, daß sie damit Jesajas Prophezeiung über die
Verunstaltung des Retters erfüllten ( Jes 52,14 ).
Bei der berüchtigten Grausamkeit der römischen Soldaten kann man davon
ausgehen, daß Jesus so geschlagen wurde, daß man ihn kaum noch
wiedererkennen konnte.
Und doch ertrug er schweigend diese ungerechten Mißhandlungen und
unterwarf sich dem Willen des Vaters (vgl. 1Pet 2,23 ).
Als die Soldaten ihren Spaß gehabt hatten, zogen sie ihm seine Kleider
wieder an und führten ihn ab, um ihn zu kreuzigen .
Mt 27,32-38
( Mk 15,21-28; Lk 23,26-34; Joh 19,17-27 ): Matthäus berichtet nur wenig
von den Vorgängen, die sich auf dem Weg zum Hinrichtungsort abspielten.
Ein Mann namens Simon aus Kyrene , einer Stadt in Nordafrika, in der
viele Juden lebten, wurde gezwungen, das Kreuz (den Querbalken) zu
tragen, als Jesus, von den Schlägen geschwächt, zusammenbrach.
Schließlich gelangte die Prozession an einen Hügel, der unter dem
Namen Golgatha , aramäisch Schädelstätte , bekannt war. Der Ort hieß
nicht etwa so, weil er ein Friedhof oder eine Hinrichtungsstätte war,
sondern weil seine Form entfernt an einen Schädel erinnerte. Dieser
Hügel lag entweder an der Stelle der heutigen Grabeskirche, d. h., er
befand sich außerhalb der damaligen Stadtmauern Jerusalems, oder bei
"Gordons Kalvanienberg Golgatha)".
Dann gaben sie Jesus Wein zu trinken mit Galle vermischt , eine Mixtur,
die das Schmerzempfinden betäuben und die Qualen der Kreuzigung etwas
erleichtern sollte. Jesus aber wollte es nicht trinken, er wollte auch
am Kreuz bei vollem Bewußtsein bleiben. Die eigentliche Kreuzigung
streift Matthäus nur kurz. Er beschreibt nicht, wie dem Herrn die Nägel
in Hände und Füße getrieben wurden, sondern erwähnt erst wieder, daß die
Soldaten, die ihn kreuzigten, das Los um seine Kleider warfen und sie
unter sich verteilten. Einige griechische Handschriften ergänzen bei
(Vers 35 , daß sich in diesem Vorgang die Worte von Ps 22,19 erfüllten.
Es handelt sich dabei höchstwahrscheinlich um eine nachträgliche
Anfügung, die nicht im Originaltext stand, doch immerhin weist Johannes
auf die gleiche prophetische Aussage hin ( Joh 19,24 ).
Über dem Haupt eines Menschen, der gekreuzigt wurde, wurde im
allgemeinen eine Inschrift mit der Ursache, die zu seiner Bestrafung
geführt hatte, angebracht. Am Kreuz Jesu war zu lesen: "DIES IST JESUS,
DER JUDEN KÖNIG" , denn diese Anschuldigung war der eigentliche Grund
für seinen Tod. Da die Inschrift in jedem der vier Evangelien etwas
anders wiedergegeben wird, kann man davon ausgehen, daß der wirkliche
Wortlaut eine Kombination aller vier Varianten war. Sie lautete wohl:
"Dies ist Jesus von Nazareth, der König der Juden." Johannes schreibt,
daß Pilatus die Inschrift in Hebräisch, Lateinisch und Griechisch hatte
anbringen lassen ( Joh 19,20 ). Die Worte "der Juden König" riefen den
Unwillen der Hohenpriester hervor, doch Pilatus weigerte sich, das
einmal Geschriebene noch ändern zu lassen ( Joh 19,21-22 ). Jesus wurde
zwischen zwei Räubern ( Mt 27,38 ) gekreuzigt; Lukas spricht von
"Übeltätern" ( Lk 23,32.33 ).
Mt 27,39-44
( Mk 15,29-32; Lk 23,35-43 ): Während Jesus am Kreuz hing, war er den
fortgesetzten Schmähungen der Vorübergehenden ausgesetzt. Spöttisch
wiederholten sie, was Jesus früher über die Zerstörung des Tempels und
seinen Wiederaufbau in drei Tagen gesagt hatte ( Joh 2,19; vgl. Mt
26,61 ). Ihrer Ansicht nach war er ganz einfach ein Schwindler, denn wo
war nun seine angebliche Macht, den Tempel zu zerstören, geblieben? Wenn
er wirklich Gottes Sohn wäre, so müßte er in der Lage sein, ein Wunder
zu vollbringen und vom Kreuz herabzusteigen . Daß er das nicht konnte,
bewies in ihren Augen, daß sein Anspruch ungerechtfertigt war. Er hatte
früher anderen geholfen und konnte nun sich selber nicht helfen - auch
das sprach gegen ihn. Sie sagten, wenn er vom Kreuz herabstiege, wollten
sie an ihn glauben. Wahrscheinlich hätten sie aber nicht einmal einer
solchen Tat geglaubt. Gott solle ihn nun erlösen, wenn er wirklich
Gottes Sohn sei, so hielten sie ihm höhnisch vor.
Außer den Vorübergehenden ( Mt 27,39-40 ) und den religiösen Führern
(V. 41 - 43 ) beschimpften ihn auch die Räuber, die mit ihm gekreuzigt
waren (V. 44 ). Lukas berichtet allerdings, daß in einem der beiden
Verbrecher eine Sinnesänderung vorging ( Lk 23,39-43 ). Die Ironie der
ganzen Szene liegt darin, daß Jesus die Dinge, die die Menge von ihm
verlangte, hätte tun können. Er hätte durchaus vom Kreuz herabsteigen
und sein Leben retten können. Er besaß die Macht, sich zu befreien. Doch
das war nicht der Wille des Vaters. Es war nötig, daß der Sohn Gottes
für die anderen starb. Daher ertrug er geduldig ihre Schmähreden.
Mt 27,45-50
( Mk 15,33-37; Lk 23,44-46; Joh 19,28-30 ): Matthäus macht keine Angaben
darüber, wann die Kreuzigung begann, doch nach Markus war es um die
"dritte Stunde" ( Mk 15,25 ), also neun Uhr vormittags. Matthäus
schreibt nur, daß von der sechsten Stunde , also von zwölf Uhr
mittags, bis zur neunten Stunde , drei Uhr nachmittags, eine Finsternis
über das ganze Land kam. Während dieser Zeit der Dunkelheit wurde Jesus
das Sühneopfer für die Welt ( Joh 1,29; Röm 5,8; 2Kor 5,21; 1Pet
2,24;3,18 ) und als solches vom Vater verlassen. Gegen Ende konnte Jesus
die Trennung nicht länger ertragen und schrie laut: "Eli, Eli, lama
asabtani?" Diese aramäischen Worte bedeuten: "Mein Gott, mein Gott,
warum hast du mich verlassen?" (ein Zitat aus Ps 22,2 ). Jesus hatte ein
Gefühl des Verstoßenseins vom Vater, das er nie zuvor kennengelernt
hatte, denn der Vater mußte sich als Richter vom Sohn abwenden, als
dieser zur Sünde wurde ( Röm 3,25-26 ).
Einige aber, die in der Nähe des Kreuzes standen, verstanden seine Worte
falsch. Sie hörten "Eli" und glaubten, daß Jesus nach Elia rufe ( Mt
27,47 ). Da sie dachten, seine Lippen und seine Kehle seien trocken
geworden, boten sie ihm Essig an, damit er klarer sprechen könne. Andere
aber wollten, daß man abwarte, ob Elia komme und ihm helfe . Ihr Hohn
richtete sich offensichtlich immer noch gegen Jesus.
Jesus aber schrie abermals laut ("Vater, ich befehle meinen Geist in
deine Hände" ; Lk 23,46 ) und verschied . Er war vollkommen Herr über
sein Leben und starb genau in dem Moment, den er bestimmte, indem er
seinen Geist aufgab. Wie er gesagt hatte, nahm ihm niemand das Leben
( Joh 10,11.15.17-18 ). Gottes Willen erfüllend legte er es nieder und
nahm es bei seiner Auferstehung wieder auf.
Mt 27,51-53
( Mk 15,38; Lk 23,45 ): Zum Zeitpunkt von Jesu Tod geschahen drei
bedeutsame Dinge. Zuerst zerriß der Vorhang im Tempel in zwei Stücke von
oben bis unten . Dieser Vorhang trennte das Allerheiligste vom übrigen
Tempelraum ab ( Hebr 9,2-3 ). Die Tatsache, daß er von oben nach unten
entzweiriß, war ein Zeichen, daß Gott ihn zerrissen hatte; wäre er von
Menschenhand zerrissen worden, hätte der Riß unten eingesetzt. Gott
zeigte damit, daß von nun an jeder Zugang zu ihm hatte, nicht mehr nur
die Hohenpriester des Alten Testaments ( Hebr 4,14-16;10,19-22 ).
Zweitens gab es beim Tod Jesu ein starkes Erdbeben, bei dem sogar Felsen
zerrissen ( Mt 27,52 ). Der Tod Christi war ein ungeheuerliches,
welterschütterndes Ereignis, dessen Widerhall die ganze Schöpfung in
Aufruhr versetzte. Das dritte Ereignis wird nur bei Matthäus
berichtet: Die Gräber taten sich auf, und viele Leiber der entschlafenen
Heiligen (Gerechten) standen auf (V. 52 ) - wahrscheinlich von einer
Begräbnisstätte in Jerusalem. Manche Bibelübersetzungen legen die
Deutung nahe, daß diese Heiligen auferweckt wurden, als Jesus starb, und
nach Jesu Auferstehung nach Jerusalem gingen. Eine Reihe von Exegeten
stimmen dem zu. Viele andere sagen jedoch, daß die Heiligen
erst nach Jesu Auferstehung auferweckt wurden, denn Christus ist ja
der Erstling unter den Toten ( 1Kor 15,23 ). In diesem Fall würde die
Wendung "nach seiner Auferstehung" zu den Worten "standen auf und gingen
aus den Gräbern" gehören. Das ist vom Griechischen her möglich und wurde
in manchen Ausgaben auch so übersetzt. Die Gräber taten sich demnach bei
Christi Tod, wahrscheinlich bei dem Erdbeben, auf und verkündeten
bereits seinen Triumph über den Tod, doch die Leiber der Toten erstanden
erst, als Christus auferstanden war.
Die Heiligen kehrten nach Jerusalem ( in die heilige Stadt ) zurück, wo
sie von Freunden und Familienangehörigen erkannt wurden. Wie Lazarus
( Joh 11,43-44 ), Jarus' Tochter ( Lk 8,52-56 ) und der Sohn der Witwe
aus Nain ( Lk 7,13-15 ) wurden sie wieder zu leiblichem Leben erweckt.
Manche Forscher vertreten allerdings auch die These, daß sie, wie der
Herr, mit verklärtem Leib auferstanden. Nach Walvoord war dieses
Ereignis "die Erfüllung des Festes der Erstlinge der Ernte, von dem
in 3Mo 23,10-14 die Rede ist. Zu diesem Anlaß brachten die Menschen den
Priestern eine Handvoll Korn als Zeichen der kommenden Ernte. Die
Auferstehung dieser Heiligen nach der Auferstehung Jesu ist ein Zeichen
der kommenden Ernte, bei der alle Heiligen auferweckt werden" (Walvoord,
Matthäus: Thy Kingdom Come , S. 236).
Mt 27,54-56
( Mk 15,39-41; Lk 23,47-49 ): Ein römischer Hauptmann (vgl. Mt
8,5; genauere Ausführungen über die Hauptleute s. Lk 7,2 ) und andere
römische Wachen waren beeindruckt und erschrocken durch die
ungewöhnlichen, auf etwas Großes hindeutenden Geschehnisse beim Tod
dieses Mannes, denn solche Begleiterscheinungen waren bei früheren
Kreuzigungen nie beobachtet worden. Sie reagierten darauf mit Furcht und
mit einer Art von Bekenntnis: "Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn
gewesen!"
Auch viele Frauen waren da, die von ferne dem Tod Jesu zugesehen hatten.
Sie waren Jesus aus Galiläa nachgefolgt und hatten für ihn gesorgt. Zu
ihnen gehörten Maria von Magdala (vgl. Mt 28,1; Mk 16,9; Joh
20,18 ), Maria, die Mutter des Jakobus und Josef (vielleicht identisch
mit Maria, der Frau des Klopas) und die Mutter der Söhne des Zebedäus ,
Jakobus und Johannes ( Mt 4,21;10,2 ). Johannes schreibt, daß auch
Maria, die Mutter Jesu, und deren Schwester am Fuß des Kreuzes standen
( Joh 19,25-27 ). Matthäus berichtet nicht, was die Frauen sprachen oder
fühlten, doch es muß ihnen das Herz gebrochen haben, als sie den Tod
ihres Herrn beobachteten, den sie liebten und dem sie gedient hatten.
Bei Einbruch der Nacht gingen sie anscheinend in die Stadt zurück und
übernachteten dort, denn nach ein paar Tagen wollten sie Jesu Körper für
das Begräbnis vorbereiten ( Mt 28,1; Mk 16,1-3; Lk 24,1 ).
5. Das Begräbnis des Königs
( 27,57-66 )
Mt 27,57-61
( Mk 15,42-47; Lk 23,50-56; Joh 19,38-42 ): Für Jesu Begräbnis waren
keinerlei Vorbereitungen getroffen worden, denn normalerweise wurde die
Leiche eines gekreuzigten Verbrechers ohne Feier einfach verscharrt. Ein
reicher Mann aus Arimathäa (eine Stadt östlich von Joppe), der Josef
hieß , bat Pilatus jedoch um den Leib Jesu . Er war Mitglied des Hohen
Rats und war mit der Entscheidung, Jesus zu kreuzigen, nicht
einverstanden gewesen ( Lk 23,51 ), denn er glaubte an Jesus und hatte
auf das Reich Gottes gewartet. Pilatus, überrascht, daß Jesus bereits
tot war ( Mk 15,44-45 ), erfüllte seine Bitte. In einem anderen Bericht
steht, daß Josef bei der Begräbnisprozedur von Nikodemus ( Joh
19,39; vgl. Joh 3,1-21 ) unterstützt wurde. Die beiden Männer nahmen den
Leib Jesu ab und wickelten ihn in ein Leinentuch, in das sie Myrrhe und
Aloe, Kräuter, die bei Begräbnissen verwendet wurden, taten ( Joh
19,40; vgl. Mt 2,11 ). Sie beeilten sich dabei, um fertig zu sein, bevor
mit dem Abend der Sabbat anbrach. Josef legte den eingewickelten Leib in
sein eigenes neues Grab, das er in einen Felsen hatte hauen lassen ,
nahe beim Ort der Kreuzigung. Warum Josef aus Arimathäa ein Grab in
Jerusalem besaß, können wir heute nicht mehr feststellen. Möglicherweise
hatte Jesus es schon vorher so mit ihm abgesprochen, und er hatte das
Grab ausdrücklich zu diesem Zweck gekauft. Josef und Nikodemus wälzten
einen großen Stein vor die Tür des Grabes und gingen davon .
Matthäus berichtet, daß Maria von Magdala und die andere Maria dem Grab
gegenübersaßen ( Mt 27,61 ), zweifellos, um zu trauern. Diese Frauen
begleiteten den Leib Jesu also, bis er begraben wurde, wohingegen die
Jünger ihn alle verlassen hatten ( 26,56 ).
Mt 27,62-66
Man ist ein bißchen überrascht, wenn man hört, daß ausgerechnet eine
Gruppe Ungläubiger sich an Jesu Vorhersage erinnert, daß er nach drei
Tagen auferstehen werde, während die Gläubigen es anscheinend vergaßen.
Gleich am nächsten Tag nach seinem Tod, d. h. am Sabbat, kamen die
Hohenpriester mit den Pharisäern zu Pilatus und erzählten ihm von Jesu
Worten. Sie glaubten zwar nicht an Jesus (den sie blasphemisch "diesen
Verführer" nannten), argwöhnten aber, daß seine Jünger kommen und ihn
stehlen könnten, um dann Lügen über seine Auferstehung zu verbreiten.
Wenn es dazu käme, wäre der Betrug ärger als alles, was Jesus in seinem
Leben vollbracht hatte. Die Befürchtungen der Führer richteten sich nun
ganz auf die Auferstehung, und daher schlugen sie vor, daß man das Grab
bewache bis zum dritten Tag .
Pilatus stimmte ihrem Vorschlag zu und stellte eine Wache für das Grab
ab, um es so gut wie möglich zu sichern. Die römische
Wache versiegelte nicht nur das Grab (wahrscheinlich mit dem offiziellen
römischen Siegel sowie mit Schnur und Wachs, damit man feststellen
konnte, ob sich ein Unbefugter daran zu schaffen gemacht hatte), sondern
wachte auch vor Ort, so daß es praktisch unmöglich war, den Leichnam zu
stehlen.
VII. Jesu Auferstehung
( Mt 28 )
A. Das leere Grab
( 28,1 - 8 ) ( Mk 16,1-8; Lk 24,1-12; Joh 20,1-15 )
1. Das Ereignis
( 28,1 - 4 )
Mt 28,1-4
Als der erste Tag der Woche anbrach , kamen mehrere Frauen, um nach dem
Grab Jesu zu sehen. Sie wußten, wo der Leichnam hingelegt worden war,
denn sie hatten gesehen, wie Josef und Nikodemus den Stein vor die Tür
des Eingangs rollten ( Mt 27,60 ). Die Frauen kehrten am Sonntagmorgen
zum Grab zurück, als der Sabbat vorüber war , um den Leib Jesu
einzubalsamieren ( Mk 16,1 ). Doch plötzlich geschah ein großes
Erdbeben , und der Engel des Herrn kam vom Himmel herab und trat hinzu
und wälzte den Stein weg. Die Gestalt des Engels war wie der Blitz und
sein Gewand weiß wie der Schnee . Die römischen Soldaten, die das Grab
bewachten, erschraken bei seinem Anblick so sehr, daß sie "wurden, als
wären sie tot" , d. h., sie fielen wahrscheinlich in Ohnmacht. Sie
hatten den Auftrag, das Grab zu versiegeln und zu bewachen, doch vor
diesem Engelsboten wurde ihre Macht zunichte.
Matthäus
2. Die Verkündigung
( 28,5 - 8 )
Mt 28,5-8
Die Soldaten fürchteten sich, doch für die Frauen hatte der Engel eine
besondere Botschaft. Ihnen verkündigte er die Auferstehung: Der, den sie
suchten, war nicht mehr da, er war vielmehr auferstanden, wie er gesagt
hatte . Jesus hatte mehrere Male davon gesprochen, daß er am dritten Tag
auferstehen werde ( Mt 16,21;17,23;20,19 ).Ohne die Auferstehung wäre er
wirklich ein Betrüger und ihrer weiteren Liebe nicht wert gewesen. Ein
erster Beweis dafür, daß er tatsächlich auferstanden war, war das leere
Grab. Der Engel forderte die Frauen auf, zu kommen und die Stätte, wo
der Herr gelegen hatte, zu sehen. Dann gebot er ihnen, eilends
umzukehren und den Jüngern zu sagen, daß Jesus von den Toten
auferstanden sei und vor ihnen nach Galiläa gehen werde , wie er es
ihnen angekündigt hatte ( Mt 26,32 ). Dort würden sie ihn sehen. Die
Jünger sollten Jesus also in Galiläa treffen, und so war es auch ( Mt
28,16-20; Joh 21,1-23 ). Doch er erschien ihnen auch noch zu anderen
Gelegenheiten, z. B. später an demselben Tag ( Joh 20,19-25 ). Die
Frauen gehorchten dem Engel; sie gingen eilends weg vom Grabe , um die
Jünger zu suchen und ihnen die gute Nachricht zu verkündigen. Sie waren
voll großer Freude über die Auferstehung, doch zugleich auch
voller Furcht , denn sie konnten die volle Bedeutung dieses Ereignisses
noch gar nicht ganz fassen.
B. Das persönliche Erscheinen
( 28,9 - 10 )
Mt 28,9-10
Als die Frauen liefen, um den Jüngern zu erzählen, was geschehen
war, begegenete ihnen plötzlich Jesus . Sie hörten seinen Gruß,
erkannten ihn sofort, fielen vor ihm nieder und umfaßten seine Füße .
Durch dieses Erscheinen nahm Jesus ihnen die Furcht; er wiederholte die
Botschaft, die sie bereits von dem Engel gehört hatten: "Fürchtet euch
nicht!" (V. 10 ; vgl. V. 5 ). Er gebot ihnen, den Jüngern (meinen
Brüdern) zu verkündigen, daß sie nach Galiläa gehen sollten und daß er
ihnen dort erscheinen wolle. Das Wirken Jesu in Galiläa hat im
Matthäusevangelium eine Vorrangstellung, so war es ganz natürlich, daß
Jesus die Jünger dort traf. Sie stammten außerdem alle aus Galiläa und
wollten nach dem Fest dorthin zurückkehren.
C. Die "offizielle" Version der Ereignisse
( 28,11 - 15 )
Mt 28,11-15
Während die Frauen noch hingingen, um die Jünger zu suchen und ihnen von
der Auferstehung zu erzählen, war bereits eine andere Gruppe unterwegs,
um die Verbreitung der Wahrheit zu verhindern. Einige der Wachen, die
beim Grab gewesen waren, überwanden ihre Furcht, gingen in die Stadt und
verkündigten den Hohenpriestern alles, was geschehen war . Diese mußten
nun dringend eine Erklärung finden, die die Wahrheit verschleierte. Nach
sorgfältiger Überlegung heckten die Hohenpriester und Ältesten erneut
einen Plan aus. Sie gaben den Soldaten , die das Grab bewacht
hatten, viel Geld und schärften ihnen genau ein, was sie ihren
Vorgesetzten über das Geschehene berichten sollten. Die Geschichte, die
sie sich ausgedacht hatten, lief darauf hinaus, daß die Jünger Jesu in
der Nacht gekommen seien und den Leichnam gestohlen hätten, während die
Wächter schliefen. Ein solcher Rapport wäre allerdings von den römischen
Offizieren nicht sehr günstig aufgenommen worden - ein Soldat, der auf
der Wache einschlief, wurde zum Tode verurteilt ( Apg 12,19 ). Das
wußten auch die jüdischen Führer, doch sie versprachen, die Offiziere
zugunsten der Soldaten zu beeinflussen und den Statthalter, wenn es ihm
zu Ohren kommen sollte, zu beschwichtigen und dafür zu sorgen, daß die
Soldaten sicher waren. Dabei kalkulierten sie offensichtlich die Zahlung
einer weiteren großen Bestechungssumme ein. Die Soldaten nahmen das
Geld, das ihnen angeboten wurde, und taten, wie sie angewiesen worden
waren.
So kam es, daß diese Version des Geschehens am Auferstehungstag bei den
Juden bis auf den heutigen Tag zum Gerede wurde und viele tatsächlich
glaubten, daß die Jünger den Leichnam Jesu gestohlen hätten. Dabei fehlt
dieser Erklärung jede Logik. Wenn die Soldaten schliefen, wie hätten sie
dann wissen können, was mit dem Leib Jesu geschehen war? Und warum
sollten sie zugeben, daß sie eingeschlafen waren? Außerdem hätten die
Jünger zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht den Mut gehabt, einen solchen
Plan auszuführen. Sie waren verängstigt und hatten sich zerstreut, als
Jesus gefangengenommen wurde. Den Leichnam Jesu zu stehlen, hätte ihre
Entschlußkraft bei weitem überfordert. Doch die Wahrheit ist manchmal
schwerer zu glauben als eine Lüge, die denn auch viele bis heute
geschluckt haben.
D. Der Missionsauftrag
( 28,16 - 20 ) ( Lk 24,36-49 )
Mt 28,16-20
Matthäus berichtet nichts über die Begegnung zwischen Jesus und zehn
Jüngern noch an demselben Tag ( Joh 20,19-23 ) oder über sein Erscheinen
vor den elf Jüngern acht Tage später ( Joh 20,26-29 ). Er erwähnt jedoch
eine Zusammenkunft einige Zeit später in Galiläa, auf einem Berg ( Mt
26,32; vgl. Mt 28,7.10 ). Um welchen Berg es sich handelte, wissen wir
nicht. Als Jesus vor den Jüngern erschien, fielen sie vor ihm nieder;
einige aber zweifelten . Da der Herr ihnen bereits zuvor begegnet war
und sich ihnen zu erkennen gegeben hatte, zweifelten sie bei dieser
Gelegenheit sicher nicht an der Auferstehung. Wahrscheinlich tauschten
sie nur einige erstaunte Bemerkungen darüber, ob es wirklich Jesus war,
der ihnen hier erschien. Es gab keinen Hinweis, daß mit diesem Auftreten
irgend etwas Wunderbares verbunden war, wie bei seinen vorherigen
Besuchen, und daher wunderten sie sich wohl.
Ihre Zweifel wurden jedoch rasch zerstreut, denn Jesus sprach zu ihnen
und sagte: "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden." Diese
Autorität ( exousia , "offizielles Recht oder Macht") war Jesus vom
Vater gegeben worden, und kraft dieser Macht wies er nun die Jünger
an, hinzugehen und zu missionieren. Ihr Aufgabenfeld erstreckte sich
auf alle Völker , nicht nur auf Israel (vgl. den Kommentar zu Mt
10,5-6 ). Sie sollten allen Menschen die Wahrheit über Jesus verkünden
und sie zu Jüngern machen . Die, die zum Glauben kamen, sollten sie mit
Wasser auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes
taufen . Durch diese Handlung würde der Gläubige mit der Person Jesu
Christi und mit dem dreieinigen Gott, dem die Apostel dienten, Vater,
Sohn und Heiliger Geist, verbunden werden. Wer an Jesus glaubte, sollte
auch in die Wahrheiten, die ihnen der Herr ganz persönlich mitgeteilt
hatte, eingeweiht werden. Die Jünger verbreiteten zwar nicht alles, was
sie von Jesus gehört hatten, doch bei ihrem Wirken im Ausland trugen sie
durch ihre Lehre Entscheidendes zum Aufbau der Kirche bei und spielten
eine wichtige Rolle beim Beginn des neuen Zeitalters der Kirche. Jesu
Auftrag, der allen galt, die ihm nachfolgten, enthielt den einen Befehl:
"Machet zu Jüngern." Diesem Auftrag sind im Griechischen drei
Partizipien beigegeben: "hingehend", "taufend" und "lehrend" . Die letzten Worte des Herrn, die Matthäus berichtet, waren das Versprechen: "Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende." Der Herr blieb zwar nicht physisch bei den Elfen, doch geistlich war er gegenwärtig, bis ihre Aufgabe auf Erden erfüllt war. Diese letzten Worte des Herrn wurden von den Aposteln in die Welt getragen, als sie umherreisten und überall die Geschichte von ihrem Messias, Jesus Christus, dem König der Juden, verkündeten. |