Darf ein Christ richten?
Antwort:
Richten darf ein Christ und richten darf ein Christ wiederum nicht.
Das Wort "Richten" muss differenziert betrachtet werden, denn sonst würde sich der Herr, Paulus und die übrigen Aposteln (im überwiegenden Kontext des NT) selbst widersprechen.
Was darf nun ein Christ?
Er darf richten im Sinne von: >>B<<eurteilen, ermahnen, tadeln, (vor allen/streng) zurechtweisen, drohen, überführen, kennzeichnen, prüfen, entscheiden, bewerten und aufdecken
>> im positiven Sinne (vgl. Spr. 9,8f.; Spr. 27,6; Mt. 18,15; Lk. 7,43; Lk. 12,57; Joh. 7,24; 1. Kor. 2,15; 1. Kor. 5,12; 1. Kor. 10,15; Eph. 5,10; 1. Tim. 5,20; 2. Tim. 4,2; 2. Thess. 3,14f.; Hebr. 3,13; Ti. 1,13; 1. Joh. 4,1; Off. 2,2 etc.).
Was darf ein Christ nicht?
Er darf nicht richten im Sinne von:
>>Verurteilen, mit böser Absicht richten, pharisäisch, heuchlerisch und lieblos handeln, über Streitthemen oder Nichtigem jemanden zurechtweisen
>> im negativen Sinne (vgl. Mt. 7,1-5; Mt. 9,11; Lk. 6,37; Joh. 7,24; Röm. 2,1; Röm. 14,3f.; Röm. 14,13; Kol. 2,16f.).
Das legitime Richten gilt primär den neugeborenen Menschen, sprich den Christi, sprich dem Volk Gottes, sprich der Gemeinde.
Die, die außerhalb der Gemeinde sind, wird Gott richten (vgl. 1. Kor. 5,12).
Diesen Menschen, die außerhalb der Gemeinde sind, sprich nicht neugeborenen Menschen, sprich Kindern der Finsternis, gilt es zunächst das Evangelium Jesu Christi in Liebe und Wahrheit mitzuteilen.
Ein Ermahnen und Beurteilen und Anspornen zu guten Werken im positiven Sinne würde hierbei weniger Sinn ergeben, da das Fundament fehlt.
Doch ein übergeordnetes Ermahnen und Überführen im Sinne einer Möglichkeit das Evangelium näher zu bringen, macht da schon eher Sinn.
Es gilt auch in jedem Fall falsche Propheten, Lügnenredner, Irrlehrer und Wölfe im Schafspelz zu erkennen, zu prüfen, zu erwähnen und aufzudecken, wie es auch Paulus tat, aufgrund von Präventionsgründen.
Sprüche 9,7-9:
Wer einen Spötter züchtigt, holt sich Beschimpfung, und wer einen Gesetzlosen zurechtweist, der holt sich Schmach. Weise nicht den Spötter zurecht, damit er dich nicht hasst; weise den Weisen zurecht, und er wird dich lieben!
Gib dem Weisen, so wird er noch weiser werden; belehre den Gerechten, so wird er noch mehr lernen!
Immer und immer und immer wieder beobachte ich auf sozialen Netzwerken, wie Facebook, aber auch auf YouTube und seltener von Angesicht zu Angesicht, dass Christen ein völlig falsches Verständnis über das Thema "Richten" haben.
Man reißt sich beliebig Verse aus dem Kontext, ja man glaubt, dass Matthäus 7,1-5 die einzige Grundlage des Richtens bilde und erkennt gar nicht,
dass der Herr erstens diese Art von Richten in einem gewissen Zusammenhang (im negativen Sinne von Verurteilen) benutzt hat und zweitens (im gleichen Evangelium) sogar zum Zurechtweisen aufruft.
Aufgrund der eigenen Begierde und dem empfindlichen Gemütszustand neigt man dazu Bibelverse zu missbrauchen. Bitte benutzt die hermeneutischen Grundregeln eines Bibelstudiums.
Dem Gott und Vater allen Trostes, der sich in Christus Jesus geoffenbart hat, kommt es auf unsere Motive an. Die Frucht des Geistes, wie die Liebe, Freude, Friede, Freundlichkeit, Güte, Treue, Langmut, Sanftmut und Selbstbeherrschung (vgl. Gal. 5,22)
sind nur auf Grundlage der Wahrheit auszuleben. Liebe ohne Wahrheit gibt es nicht. Demütigt euch vor dem Herrn (vgl. Jak. 4,10; 1. Petr. 5,6). Trauert und weint (vgl. Jak. 4,9).
Bittet um Weisheit und darum das Wort des lebendigen Gottes völlig auszurichten bzw. recht zu teilen (vgl. 2. Tim. 2,15). Ich empfehle jedem die Sprüche zu lesen.
Die Gnade und der Friede Gottes, des Vaters und des Herrn Jesus Christus, dem Sohn des Vaters, sei mit euch allen in Liebe und in Wahrheit! Amen.
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Aus: "Die Bergpredigt" Arens Remmers, CSV
28. Der Richtgeist (Matthäus 7,1–5)
Das Thema von Matthäus 7,1–6 ist das Verhältnis des Jüngers zu seinem Nächsten. Zunächst spricht
der Herr Jesus vom falschen Richten (V. 1–5), dann vom Urteilsvermögen (V. 6).
Notwendiges Richten
„Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“ (V. 1). Ein wohlbekannter Vers! Er trägt wie so
manche andere nahezu sprichwörtlichen Charakter. Aberleider wird er manchmal auch von gläubigen
Christen falsch verstanden und angewandt.
Der Herr Jesus verbietet seinen Jüngern nämlich durchaus nicht, ein gesundes geistliches Urteil
zu haben. Im Gegenteil, in seinen folgenden Worten (V. 6) setzt Er voraus, dass sie fähig sind, zu
beurteilen, was sie tun oder unterlassen sollen. Auch der Apostel Paulus forderte seine Leser auf, zu
beurteilen, was er ihnen schrieb (1. Kor 10,15).
Nun könnte man einwenden, dass beurteilen und richten doch nicht dasselbe seien. Das zugrunde
liegende griechische Wort (krinein) hat jedoch nicht nur diese, sondern noch weitere Bedeutungen.
Die Skala geht von „(unter)scheiden“ über „urteilen“ und „richten“ bis „verurteilen“.
Als Jünger des Herrn sollen wir nicht nur uns selbst im Licht Gottes beurteilen und nötigenfalls
richten (Röm 14,13; 1. Kor 11,31), sondern auch das, was auf geistlichem Gebiet auf uns zukommt
(1. Kor 12,10; 1. Joh 4,1). Darüber hinaus trägt die Versammlung Gottes die Verantwortung, Böses
in aller Entschiedenheit zu verurteilen und diejenigen, die in einer offenbar bösen Gesinnung
oder einem bösen Zustand verharren, zu richten: „Ihr, richtet ihr nicht die, die drinnen sind? Die aber
draußen sind, richtet Gott; tut den Bösen von euch selbst hinaus“ (1. Kor 5,12.13).
Diese Arten des „Gerichts“ sind im Leben und in der Gemeinschaft der Gläubigen absolut notwendig,
und zwar um der Ehre und Heiligkeit Gottes willen, aber auch zu unserem eigenen geistlichen
Wohlergehen und Wachstum. Sie sind daher unerlässliche und hilfreiche Stützen des Glaubenslebens.
Wo dieses biblische Richten fehlt, wird der Gleichgültigkeit und der Weltförmigkeit Tür und Tor geöffnet.
Falscher Richtgeist
Aber diese an sich so unerfreuliche Beschäftigung mit dem Bösen muss dennoch im Geist der Liebe,
Gnade und Demut geschehen, denn das erste Ziel ist, dass Herz und Gewissen erreicht und gewonnen
werden. Wenn Brüder, die sich mit jemand unterhalten und beschäftigen müssen, der gesündigt hat,
dies nicht in solch einer Haltung tun, sondern mit einem Richtgeist, dann können sie keine Hilfe sein,
sondern nur die Lage verschlimmern. Das Endergebnis ist dann oft Verbitterung und Verhärtung
Wie wir in einem solchen Fall handeln sollen, lesen wir in Galater 6,1: „Brüder, wenn auch ein Mensch
von einem Fehltritt übereilt würde, so bringt ihr, die Geistlichen, einen solchen wieder zurecht im
Geist der Sanftmut, wobei du auf dich selbst siehst, dass nicht auch du versucht werdest“ (vgl. auch
Mt 18,15–18).
Das im rechten Geist und in der rechten Haltung durchgeführte Richten der Sünde ist somit nicht
gemeint, wenn der Herr Jesus sagt: „Richtet nicht . . . “ Er verurteilt hier etwas ganz anderes, nämlich
den Richtgeist, die pharisäische Neigung, uns über andere zu stellen und nicht nur ihr Tun, sondern
auch ihre Motive in einem negativen Licht zu sehen und in liebloser Weise abzuurteilen.
Dieser Richtgeist offenbart:
• Unbesonnenheit, weil man urteilt, bevor man die Zusammenhänge genau kennt;
• Ungerechtigkeit, weil man die Motive des anderen nicht kennen kann, ohne mit ihm in brüderlicher Liebe gesprochen zu haben;
• Hochmut, weil der so Richtende sich über den Bruder stellt;
• Heuchelei, weil man Liebe und Eifer für den Herrn als Deckmantel für das eigene Ansehen nimmt;
• Unbarmherzigkeit, weil oenbare Schwachheiten nur zu leicht als „Böses“ ausgelegt werden.
Vor diesen Gefahren warnt uns der Herr hier in aller Eindringlichkeit. Auch der Apostel Paulus
warnt die Korinther vor vorzeitigem Richten (1. Kor 4,5) und die Römer vor engherzigem Richtgeist
(Röm 14,3.10.13); letztere fordert er zugleich zum Selbstgericht auf