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Titus Kapitel 1
A. Duane
Litfin)
Walvoord
AUSLEGUNG
I.
Grußwort
( 1,1-4 )
Tit
1,1
In
der Einleitung zum Titusbrief führt Paulus sich als Knecht Gottes ein, während
er sich sonst - zweifellos unter dem Eindruck des Erlebnisses auf der Straße
nach Damaskus ( Apg 9,1-9 ) meist als "Knecht Jesu Christi" bezeichnet. Der
Zusatz Apostel Jesu Christi fehlt jedoch nie. Beide Titel - "Knecht" und
"Apostel" - haben ihren Anhalt in den beiden entscheidenden Anliegen der
paulinischen Lehre: dem Glauben der Auserwählten Gottes (vgl. Röm 8,33; Kol
3,12 ) und der Erkenntnis der Wahrheit, die dem Glauben gemäß ist (vgl. 1Tim
2,4; 2Tim 2,25;3,7 ). Gott gebraucht Paulus als sein Werkzeug, um sich ein Volk
zu schaffen (z. B. 1Thes 1,2-10 ) und es die Wahrheit zu lehren, die zu einem
gottgefälligen Leben führt (vgl. 1Tim 6,3 ). Der Dienst des Apostels richtet
sich auf beides, die Rettung und die Heiligung der Kinder Gottes.
Tit
1,2-3
Das
griechische epi , "auf", in der Wendung "in der Hoffnung auf das ewige Leben" ,
ist gleich gebraucht wie in Eph 2,10 . Für Paulus ist sein ganzes Amt auf dieses
"ewige Leben" ausgerichtet. Die Hoffnung darauf ist den Auserwählten von
Ewigkeit her ( 2Tim 1,9 ) von dem Gott verheißen, der zu seinem Wort stehen
wird. Doch erst jetzt können die Menschen zu einem vollen Verständnis dieser
Verheißung kommen, und zwar durch die Botschaft, die Gott Paulus zu predigen
aufgetragen hat. Wie so oft in den Pastoralbriefen spricht der Apostel hier von
Gott als dem "Heiland" (vgl. 1Tim 1,1;2,3;4,10; Tit 2,10;3,4 ). Gottes ewiger
Heilsplan ist das Zentrum des paulinischen Wirkens, nicht irgendwelche
innerweltlichen Programme zur Verbesserung sozialer Strukturen oder
Institutionen.
Tit
1,4
Auch wenn der Titusbrief, ähnlich wie der 1. und 2. Timotheusbrief, letztlich
für eine breitere Leserschaft bestimmt ist, so ist er doch zunächst
an Titus gerichtet. Der Apostel nennt ihn seinen rechten Sohn , was
möglicherweise als Hinweis darauf zu werten ist, daß Paulus selbst Titus zum
christlichen Glauben bekehrte. Der Begriff kann aber auch auf eine
Lehrer-Schüler-Beziehung zwischen Paulus und Titus hindeuten - oder beides
beinhalten. Bei Timotheus gebraucht Paulus dieselbe Wendung ( 1Tim 1,2 ). Die
Grußformel Gnade und Friede von Gott, dem Vater, und Christus Jesus, unserm
Heiland ist typisch für die Pastoralbriefe (vgl. 1Tim 1,2; 2Tim 1,2 ).
Allerdings fehlt in den beiden anderen Briefen der letztere Titel, der hier
eingangs auf Gott den Vater bezogen wird ( Tit 1,3 ). Der Apostel verwendet also
im vorliegenden Brief den messianischen Hoheitstitel "Heiland" in gleicher Weise
für die beiden ersten Personen der Trinität (vgl. Tit 2,10.13;3,4.6 ).
II.
Die Qualifikationen der Ältesten und Bischöfe
( 1,5 - 9 )
Tit
1,5
Wie
Timotheus mit der Verantwortung für die Gemeinde in Ephesus betraut wurde ( 1Tim
1,3 ), so hat Paulus Titus mit der Seelsorge für die neugegründete Gemeinde auf
Kreta beauftragt. Er wiederholt hier seine früheren Anweisungen für Titus und
für die Gemeinde. Da Paulus damals schon bald wieder abreisen mußte, war der
Aufbau der Kirche auf Kreta noch keineswegs vollendet. Deshalb soll Titus
nun vollends ausrichten (wörtlich: "in Ordnung bringen"), was noch fehlt, und
überall in den Städten Älteste einsetzen . Titus ist in Abwesenheit von Paulus
praktisch der verlängerte Arm des Apostels (vgl. Apg 14,23 ), und die Autorität,
die er in der kretischen Gemeinde besitzt, leitet sich unmittelbar von der des
Paulus ab. Diese besondere Form der Autorität endete allerdings mit dem
apostolischen Zeitalter.
Tit
1,6
Wie
im 1. Timotheusbrief ( Tit 3,2-7 ) führt Paulus im folgenden genau die
Qualifikationen auf, die die Ältesten der Gemeinde erfüllen müssen (vgl. den
Kommentar zu 1Tim 3,1 ). Während die Liste dort nur fünfzehn Eigenschaften
umfaßt, werden hier sogar siebzehn genannt. Inhaltlich stimmen die beiden Listen
jedoch überein: (1) Die Ältesten müssen untadelig ( anenklEtos ) sein. In 1Tim
3,10 verwendet Paulus dasselbe Wort für die Diakone, und für die Ältesten und
Bischöfe gebraucht er das Wort anepilEmpton ( 1Tim 3,2 ). (2) Ein Ältester
muß Mann einer einzigen Frau sein, d. h. wahrscheinlich, daß er nur einmal
verheiratet sein darf (vgl. den Kommentar zu 1Tim 3,2 ). (3) Außerdem muß er
seinem Haus in rechter Weise vorstehen. Dazu gehört nicht nur eine strenge
Ordnung ( 1Tim 3,4-5 ), sondern auch der positive geistige Einfluß, der vom
Familienoberhaupt ausgehen sollte. Seine Kinder müssen gläubig sein und
dürfen nicht im Ruf stehen, liederlich oder ungehorsam zu sein . Warum diese
Forderung so wichtig ist, hat der Apostel in einem anderen Pastoralbrief
erläutert ( 1Tim 3,5 ).
Tit
1,7
Von
der Amtsbezeichnung "Ältester" ( presbyteros ) geht Paulus nun zu dem
Terminus Bischof ( episkopos ) über. Beide Begriffe sind für den Apostel
offensichtlich austauschbar und beziehen sich auf das gleiche kirchliche Amt.
Daß "Bischof" hier im Singular gebraucht ist, bedeutet sicherlich nicht, daß es
nur einen episkopos in jeder Gemeinde gab. Paulus verwendet das Wort hier
sozusagen als Oberbegriff und hält fest, daß die genannten Eigenschaften von
allen Männern, die ein leitendes Amt bekleiden, zu fordern sind. Erneut hebt er
die "Untadeligkeit" der Person als zwingende Vorbedingung hervor (vgl. V. 6 ).
Diese Eigenschaft ist nicht zuletzt deshalb von so überragender Bedeutung, weil
der Bischof als Haushalter Gottes auftritt. Wo sein Ruf Schaden leidet, fällt es
auf Gottes Ansehen zurück. Paulus erweitert seine Aufzählung um fünf Laster, die
ein Bischof auf gar keinen Fall aufweisen darf: (4) Er darf nicht eigensinnig ,
also arrogant oder selbstgerecht, (5) nicht jähzornig (vgl. Jak 1,19-20 ) und
(6) kein Säufer sein (vgl. zu diesem und dem vorhergehenden Laster 1Tim 3,3 ),
(7) und er darf nicht schändlichen Gewinn suchen (vgl. den Kommentar zu 1Tim
6,5 ).
Tit
1,8
Während Vers 7 feststellt, was ein Bischof oder Ältester nicht sein oder tun
darf, nennt Vers 8 wieder Eigenschaften, die er mitbringen sollte. Der Älteste
muß (9) gastfrei (vgl. 1Tim 3,2 ), (10) gütig (vgl. Ps 15 ), (11) besonnen oder
ausgeglichen und vernünftig ( sOphrona ; vgl. Gal 5,23; 1Tim 3,2; Tit 2,2.5 ),
(12) gerecht ( dikaion ), (13) fromm (die beiden letzteren Eigenschaften sind
zusammen mit der Untadeligkeit Qualitäten, in denen Paulus selbst sich
hervortat, vgl. 1Thes 2,10 ,die jedoch in 1Tim 3 nicht erwähnt werden) und
(14) enthaltsam (vgl. den Gegensatz zu den Lastern in Tit 1,7 ; vgl. auch 1Tim
4,7-8 ) sein.
Tit
1,9
Doch ein Bischof oder Ältester muß nicht nur in seinem Privatleben hohen
moralischen und geistlichen Maßstäben genügen, er muß auch ein verläßlicher Mann
des göttlichen Wortes sein: (15) Er muß sich an das Wort der Lehre, das gewiß
ist , halten. Die zweite Hälfte dieses Satzes, "das gewiß ist", steht im
griechischen Urtext am Anfang und ist damit besonders betont. Nach Paulus ist
ein Ältester ein Bewahrer der Wahrheit, ein Mann, der die Wahrheit verstehen und
an ihr festhalten muß. (16) Er muß imstande sein, andere zu ermahnen mit der
heilsamen Lehre und (17) zurechtzuweisen, die widersprechen . Um für das Amt
eines Bischofs oder Ältesten geeignet zu sein, muß man also unbedingt mit der
göttlichen Wahrheit vertraut sein und sie andern vermitteln können (vgl. den
Kommentar zu 1Tim 3,2 ).
III. Die Kennzeichen der Irrlehrer
( 1,10-16 )
Tit
1,10
Nachdem er die Widersacher des Evangeliums ins Spiel gebracht hat, beschreibt
Paulus sie seinem Stellvertreter genauer und gibt ihm Ratschläge, wie er mit
ihnen umgehen soll. Was am meisten an diesen Leuten auffällt, ist, daß
sie Freche (vgl. Jud 1,8 ), unnütze Schwätzer und Verführer sind. Diese drei
Eigenschaften zeichneten schon die Gegner des Timotheus in Ephesus aus
(vgl. 1Tim 1,3-11;6,3-10; 2Tim 2,14-18 ). Hier auf Kreta kommt jedoch noch ein
jüdisches Element ( besonders die aus den Juden ; vgl. Apg 11,2; Gal 2,12 )
hinzu, das die genannten Merkmale in besonders ausgeprägter Form besitzt.
Tit
1,11
Den
Irrlehrern muß man das Maul stopfen , weil sie den Gemeindegliedern nicht
wiedergutzumachenden Schaden zufügen (vgl. 2Tim 3,6 ). Ohne Zweifel sollte Titus
dabei auf dieselbe Weise vorgehen wie Timotheus: Den falschen Lehrern ist bei
Androhung der Exkommunikation zu untersagen, bestimmte Dinge zu lehren
(vgl. 1Tim 1,3-4; 2Tim 3,5 ). Auch hier verurteilt Paulus wieder die Motive der
Verführer - sie verwirren die Gemeinde um schändlichen Gewinns willen (vgl. den
Kommentar zu 1Tim 6,5 ).
Tit
1,12
Um
seinen Standpunkt noch klarer zu machen, zitiert Paulus einen Satz von
Epimenides, einem kretischen Dichter und Philosophen aus dem 6. Jahrhundert v.
Chr., der weithin als religiöser Prophet galt. Die Äußerung des Epimenides mag
sich ursprünglich auf eine ganz bestimmte Lüge bezogen haben (und zwar, daß Zeus
auf Kreta begraben sei, was besonders jene verletzen mußte, die glaubten, daß
Zeus lebe), in den Tagen des Paulus aber war sie ganz allgemein zu einem
geflügelten Wort für den schlechten Ruf der Kreter geworden. Ja, die Kreter
galten so wenig, daß das Verb crEtizO geradezu ein Synonym für "lügen" war.
Natürlich gab es in den Gemeinden auf Kreta viele ehrenhafte Christen, doch
Paulus scheut sich nicht zu bemerken, daß die falschen Lehrer die den Kretern
pauschal zugeschriebenen negativen Neigungen in besonderem Maße besitzen.
Tit
1,13-14
Wie
die Gemeinden auf diese unverblümte Sprache reagierten, wissen wir nicht. Doch
auf keinen Fall dürfte ihnen der Schlußsatz des Apostels entgangen sein: Dieses
Zeugnis ist wahr . Die Irrlehrer entsprechen genau dem kretischen Stereotyp.
Ihrem Einfluß kann, wenn überhaupt, nur begegnet werden, wenn sie selbst
gerettet werden. Deshalb soll Titus sie scharf zurechtweisen, damit sie
gesund ("heilsam"; vgl. 1Tim 1,10; 6,3 ) werden im Glauben . Das eigentliche
Ziel der Bestrafung ist es immer, den Irrenden der Gemeinschaft wieder
zuzuführen ( Gal 6,1; 2Thes 3,14-15 ). Im vorliegenden Fall hoffte Paulus, daß
die strenge Zurechtweisung durch Titus genügen würde, die falschen Lehrer zur
Umkehr zu bewegen, so daß sie in Zukunft nicht mehr auf die jüdischen Fabeln und
die Gebote von Menschen, die sich von der Wahrheit abwenden , hörten.
Tit
1,15-16
Zu
den "Geboten", von denen in Vers 14 die Rede ist, gehörten - wenn man die
jüdischen und möglicherweise gnostischen Einflüsse der damaligen Zeit in
Rechnung stellt (vgl. Kol 2,20-23; 1Tim 4,1-5 ) - zweifellos bestimmte
asketische Speise- und Reinigungsvorschriften. Paulus spricht diese Problematik
direkt an und ruft seinen Lesern ins Gedächtnis, daß der Herr sie gelehrt hat,
daß Reinheit sehr viel stärker eine innere Einstellung als ein von
Äußerlichkeiten abhängiger Zustand ist (vgl. Mk 7,15; Lk 11,39-41 ). Wer
innerlich rein ist, kann durch nichts Äußeres verunreinigt werden, doch wer
innerlich unrein ist, verunreinigt alles, was er berührt. Was die Irrlehrer so
gefährlich macht, ist, daß ihr Sinn und ihr Gewissen unrein sind. Auch wenn sie
von sich behaupten, Gott zu kennen und ihm nachzufolgen, so strafen ihre
verderbten Handlungen sie doch Lügen (vgl. 1Joh 2,4 ). Ihre innere Unreinheit
macht sie äußerlich zum Greuel für Gott, ihm ungehorsam (vgl. Tit 1,10 ) und zu
allem guten Werk (vgl. 2Tim 3,17 ) untüchtig ( adokimoi ; vgl. 1Kor 9,27 ).
Einmal mehr verknüpft Paulus hier den theologischen Irrtum mit moralischer
Unzulänglichkeit.