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Ueberrest  aus:  Im Glauben Leben

Schear-Jaschub, der Sohn Jesajas

Symbolische Namen

Jesaja hatte zwei Söhne, deren Namen uns zwar nicht ganz so leicht von der Zunge gehen, die aber eine wichtige Bedeutung tragen:

  • Der ältere Sohn Jesajas hießSchear-Jaschub, was so viel bedeutet wie „der Überrest wird umkehren“ (Jes 7,3).
  • Seinen jüngeren Sohn nannte Jesaja – auf Gottes ausdrückliches Gebot hin – Maher-Schalal-Chasch-Bas. Dieser Zungenbrecher bedeutet so viel wie „Es eilt der Raub, bald kommt die Beute“ (Jes 8,3).

Wer schon ahnt, dass hinter diesen beiden Namen ein tieferer Sinn steckt, liegt richtig. Etwas später sagt Jesaja:

„Siehe, ich und die Kinder, die der HERR mir gegeben hat, wir sind zu Zeichen und zu Wundern in Israel …“ (Jes 8,18).

Schear-Jaschub und sein Bruder waren also „zu Zeichen und zu Wundern“ in Israel. In der Fußnote¹ wird für „Wunder“ auch „Vorbilder“ angegeben. Die beiden Söhne Jesajas und ihre Namen haben eine symbolische, vorbildliche Bedeutung.

In dieser kurzen Artikelreihe befassen wir uns in erster Linie mit der Bedeutung von „Schear-Jaschub“ – obwohl der Name seines Bruders auch hin und wieder anklingen wird.

Ein wichtiger Mosaikstein

Es gibt Mosaiksteine, die – für sich allein genommen – nicht besonders interessant aussehen. Aber wenn sie fehlen, kommen andere Steine des Mosaiks nicht mehr richtig zur Geltung und das Gesamtbild ist zerstört.

Der „Überrest“, von dem „Schear-Jaschub“ spricht, ist ein solcher Mosaikstein der biblischen Wahrheit. Unkenntnis über diesen „Überrest“ hat fatale Folgen für unser Bibelverständnis.

Es geht dabei um eine Personengruppe, die – obwohl sie einen weiten Raum in vielen Büchern der Bibel einnimmt – oft übersehen wird. Das hat nicht selten zu einer heilsgeschichtlichen Schief­lage geführt, durch die nicht nur eine wichtige Epoche völlig übersehen wird, sondern auch Fehlschlüsse gezogen werden, die uns als Christen direkt betreffen.

Kein Phantasieprodukt

Diese Gruppe von Menschen ist weder Phantasieprodukt noch eine Erfindung bestimmter Ausleger. Wir kennen sie auch nicht nur durch die symbolisch-prophetische Bedeutung des Namens von Schear-Jaschub, sondern die Bibel macht ganz klar, dass es diesen Überrest geben wird: Eine Gruppe treuer gläubiger Juden, die in größter Not sein werden, die darin auf Christus vertrauen und schließlich von Ihm gerettet werden, wenn Er kommt, um sein Reich aufzurichten.

Wenn wir den Unterschied aus dem Auge verlieren zwischen den Juden in der Zukunft und den Christen in der Gegenwart, wird uns die Wahrheit – und besonders die christliche Hoffnung – durch die Hände rinnen wie feiner Sand.

Wenn wir dagegen zu Herzen nehmen, was Gottes Wort darüber sagt, werden wir über beides staunen – den Segen der christlichen Zeit und die Weisheit Gottes in seinen Wegen in der Zukunft.

Eine Bemerkung zum Sprachgebrauch

Weil diese treuen Leute vollkommen im Kontrast zur Masse des ungläubigen Volkes Israel stehen, werden sie oft als „Überrest“ des Volkes Israel bezeichnet. Dieser Ausdruck klingt ein wenig technisch und ist vielen Christen nicht besonders geläufig. Dennoch wird er hier beibehalten, und zwar aus folgenden Gründen:

  • Die Bezeichnung „Überrest“ – auch in diesem Zusammenhang – ist biblisch² (siehe Jes 10,20.21.22; 11,11.16; Jer 31,7; Röm 9,27 etc.). Der Ausdruck ist sogar in einem Eigennamen (Schear-Jaschub) ver-
    ankert.
  • Die Bezeichnung „Überrest“ ist treffend: Ein Überrest im biblischen Sinn ist Teil des Ganzen und trägt den ursprünglichen Charakter des Ganzen.

Es hat auch zu anderen Zeiten (zum Beispiel zur Zeit Hiskias) Personen gegeben, die als „Überrest“ bezeichnet wurden. Aber in erster Linie befassen wir uns hier mit einem „Überrest“, den es einmal in der Zukunft geben wird.

Paulus spricht vom Überrest

Der erste Eindruck täuscht, dass dieser „Überrest“ nur in wenigen, schwer zu durchblickenden Bibelstellen zu finden sei. Es gibt eine ganze Reihe von Bibelstellen, die sich direkt und ausdrücklich auf ihn beziehen. Dazu gibt es viele Passagen, im Neuen und im Alten Testament, die von ihm handeln, ohne den Ausdruck „Überrest“ zu verwenden.

Der Apostel Paulus erwähnt diesen Überrest in seinem Brief an die Römer:

„Jesaja aber ruft über Israel: ‚Wäre die Zahl der Söhne Israels wie der Sand des Meeres, nur der Überrest wird errettet werden‘“ (Röm 9,27).

Dieser Vers zeigt schon, dass es sich bei dem Überrest um einen Teil des Volkes Israels handelt, der im Kontrast zur Masse des (ungläubigen) Volkes Israel steht.

Jesaja spricht vom Überrest

Noch genauer sieht man das, wenn man das Jesaja-Zitat anschaut, das Paulus hier benutzt:

„Und es wird geschehen an jenem Tag, da wird der Überrest Israels und das Entronnene des Hauses Jakob sich nicht mehr stützen auf den, der es schlägt; sondern es wird sich stützen auf den HERRN, den Heiligen Israels, in Wahrheit“ (Jes 10,20).

Die Personen, die den Überrest ausmachen werden, gehören also zu Israel, sie sind aus dem „Haus Jakobs“. Sie kennen Gott als den „Heiligen Israels“ (nicht als Vater). Dieser Überrest besteht aus Leuten, die akuter Gefahr entkommen sind („Entronnene“). Er wird sich durch das Gottvertrauen auszeichnen, das Israel als Nation so oft hatte vermissen lassen. Endlich wird es „Übriggebliebene“ geben, die sich auf den HERRN stützen.

Das wirft die Frage auf, wann und wie es dazu kommen wird, dass es einen solchen Überrest gibt. Darauf kommen wir noch ausführlicher zu sprechen. Aber einen Teil der Antwort liefert schon der nächste Vers:

„Der Überrest wird umkehren, der Überrest Jakobs zu dem starken Gott“ (Jes 10,21).

Es wird also eine Minderheit innerhalb des Volkes Israel geben, die zu Gott umkehren wird – genau wie es der Name Schear-Jaschub aussagt.

Strafe für die Mehrheit des Volkes

Was wird mit dem Rest der Nation geschehen, also mit denen, die nicht zu Gott umkehren? Wieder gibt der folgende Vers die Antwort. Die ungläubige Masse des Volkes wird von Gott gerichtet werden:

„Denn wenn auch dein Volk, Israel, wie der Sand des Meeres wäre, nur ein Überrest davon wird umkehren. Vertilgung ist fest beschlossen, sie bringt einherflutend Gerechtigkeit“ (Jes 10,22).

Das entspricht der Botschaft, die in dem Namen des jüngeren Sohnes Jesajas steckt: „Es eilt der Raub, bald kommt die Beute“. Einerseits würde Gott das Volk dem Assyrer zum Raub und zur Beute geben (Jes 10,5.6) und andererseits wird der ungläubige Teil des Volkes von Gott gerichtet werden. Jesaja bezeichnet diese Konsequenz als „Festbeschlossenes“ (V. 23).

Viele andere Bücher sprechen vom Überrest

Natürlich reicht das Zeugnis von Paulus und Jesaja vollkommen aus. Aber viele andere biblische Bücher behandeln dieses Thema (das Matthäusevangelium, die Offenbarung, weite Teile des prophetischen Wortes und der Psalmen und – wenn man symbolische Darstellungen des Überrests dazu nimmt – sogar viele geschichtliche Bücher). Mehr dazu später.

Warum damit befassen?

Warum lohnt es sich für Christen, sich mit diesem jüdischen Überrest zu befassen? Warum hat das Übersehen dieser Gruppe von Gläubigen fatale Folgen? Ganz einfach deshalb, weil es dazu führt, dass man Stellen auf Christen bezieht, die nicht von Christen sprechen. Zwei Beispiele dazu:

  • Das Verständnis der Psalmen: Wer nichts vom jüdischen Überrest weiß und daher die Psalmen als Ausdruck christlicher Gefühle und Perspektive liest, kommt unweigerlich zu Fehlschlüssen. Natürlich thematisieren die Psalmen Erfahrungen, die auch von Christen gemacht werden (Not, Gottvertrauen, Erhörung, etc.). Die entsprechenden Verse lassen sich gut auf Christen anwenden. Aber viele Abschnitte in den Psalmen passen gar nicht zur christlichen Lebensperspektive – wie beispielsweise die „Rache-Psalmen“ (siehe Ps 5,11; 69,28.29; 79,6; 109,7-16). Wer nicht heilsgeschichtliche Epochen und Personengruppen unterscheidet, kann diese Verse nicht erklären – und doch sind sie Gottes Wort! Hinzu kommt, dass elementare christliche Themen in den Psalmen komplett fehlen: die christliche Hoffnung, die Beziehung zum Vater, der Leib Christi etc. Stattdessen spricht eine irdische Hoffnung aus den Psalmen (ein langes Leben auf der Erde) und die Psalmdichter benutzen für Gott Namen, die nichts von der christlichen Offenbarung Gottes als Vater erkennen lassen.
  • Die Frage „Wer sind die Gläubigen in der Drangsalszeit?“ kann nicht mehr biblisch beantwortet werden, wenn man den jüdischen Überrest nicht kennt und von Christen unterscheidet. Denn dann wird man – wie es häufig geschieht – Stellen wie Matthäus 24 und Offenbarung 11-13 auf Christen beziehen und zu dem Schluss kommen, dass Christen „die Drangsalszeit“ erleben werden.

Fatale Folgen

Das Schlimme daran ist, dass man zwei Personengruppen miteinander verwechselt, die vollkommen unterschiedliche Hoffnungen, Grundsätze und Beziehungen zu Christus haben:

  • Der Überrest istjüdisch, hat irdischeHoffnungen und er ist unterGesetz. Die Versammlung istchristlich und hat eine himmlische Hoffnung und besteht aus Menschen, die nicht unter Gesetzsind.
  • Der Überrest erwartet Christus als Messias als Befreierausden Gerichten und als Helfer in einer massiven militärischen Auseinandersetzung; die Versammlung erwartet Christus als Bräutigam (vor den Gerichten), als Heiland aus dem Himmel (Phil 3,20).
  • Der Überrest wird gerade inder Zeit der Drangsal auf der Erde leben, Christen werdenvodieser Zeit entrückt, um bei Christus zu sein.
  • Der Überrest lebt im Bewusstsein seiner Schuld und hat noch keine Gewissheit der Vergebung (Ps 6,2; 38,2; 60,3), Christen erfreuen sich einer vollständigen Vergebung.

In der Schusslinie: der christliche Reichtum

Mit anderen Worten: Wer den Überrest übersieht oder ignoriert, wird das Judentum und das Christentum miteinander vermischen und daher wichtige christliche Wahrheiten und die christliche Lebensperspektive verlieren. So geraten wichtige Teile des „einmal überlieferten Glaubens“ in die Schusslinie:

  • Die christliche Hoffnung (Entrückung vor der Drangsal).
  • Die himmlische Berufung.
  • Die christlichen Segnungen (bewusste Vergebung, Befreiung, die Gunst Gottes, die Kenntnis Gottes als Vater, etc.).

Gefährdet sind also gerade Teile der Wahrheit, die unseren Reichtum als Christen betreffen. So viel zu der Frage, warum es sich lohnt, sich (doch) einmal mit dem Thema Überrest zu befassen.

Fazit

Es wird eine Minderheit innerhalb des Volkes Israel geben, die zu Gott umkehrt und Ihm vertraut. Es handelt sich also um Gläubige – aber nicht um Christen. In vieler Hinsicht stehen sie sogar in krassem Gegensatz zu Christen: Ihre Hoffnungen, Segnungen und Beziehungen zu Gott sind vollkommen andere.

Wann und wie es dazu kommen wird, dass dieser gläubige jüdische Überrest entsteht – und warum das erst nach der Entrückung geschehen kann – untersucht der nächste Artikel dieser Serie.


FN 1: Elberfelder Übersetzung, Edition CSV.

FN 2: Elberfelder Übersetzung, Edition CSV. Manche sprechen auch von den „Übriggebliebenen“ (vgl. Jer 24,8).

 

Michael Hardt