Home    Forum neu    Forum alt   Begriffserklärungen  Syngrammata  Lehre auf Youtube   Mal3.16 Website  Neben der Schrift Fakten zur Bibel


What Love is This?
Dave Hunt
Deutsche Übersetzung des Kapitels 12
von What love is this? (2. Auflage) zur freien Verfügung.
Übersetzung: Martin Dees


Kapitel 12
Vorkenntnis und der Wille des Menschen
Viele Theologen und Philosophen scheinen auch einen Widerspruch zwischen Gottes
Vorkenntnis und dem freien Willen des Menschen festzustellen. Wenn Gott weiß,
was geschehen wird, bevor es geschieht, dann muß es so geschehen, wie Er es
vorhergesehen hat, oder Seine Vorkenntnis wäre falsch. Wenn das der Fall ist, wie
kann dann irgendjemand die Freiheit haben, eine Wahl zu treffen? Um über diese
Frage nachzu denken, müssen wir einige Begriffe definieren.
Die Biblische Lehre von der Vorkenntnis stellt einfach fest, daß Gott alles weiß, was
geschehen wird, bevor es geschieht. Die Aussage des Psalmisten „ja, es ist kein Wort
auf meiner Zunge, das Du, HERR, nicht völlig wüßtest“ (Psalm 139,4), sagt uns, daß
Gott jeden Gedanken und jedes Wort kennt, bevor wir es aussprechen – und es von
Ewigkeit her gewußt hat – aber sie sagt uns nicht, daß Gottes Vorkenntnis diese
Gedanken und Worte verursacht.
Beim Konzil der Apostel und Ältesten in Jerusalem, stellte Jakobus deutlich fest:
„Gott sind alle Seine Werke von Ewigkeit her bekannt“ (Apg. 15,18). Um alles zu
wissen, was Er tun würde, muß Gott jeden Gedanken, jedes Wort und jedes Ereignis
gewußt haben, die je eintreten würden. Diese biblische Wahrheit ist zweifellos
notwendig, wenn Gott allmächtig, allwissend und allgegenwärtig, der Schöpfer und
Erhalter aller Dinge sein soll.
Fraglos muß Gott von Ewigkeit her alles gewußt haben. Das beinhaltet die
Bewegungen der Sterne und der Elektronen und den genauen Aufenthaltsort jedes
Atoms in jeder Nanoskunde und die irdischen Körper, die sie bilden, groß und klein,
belebt und unbelebt. Gott wußte alles, was mit jedem geschehen würde und wie jeder
funktionieren würde. Bevor Er das Universum oder Menschen oder Engel erschuf,
kannte Gott jedes Ereignis, daß je im Himmel oder im physischen Universum
geschehen würde und folglich auch notwendigerweise alle Gedanken, Worte und
Taten jedes Menschen oder Engels, die je existieren würden. Das ist es, was es
ausmacht Gott und daher allwissend zu sein.
Schöpfer und Schöpfung
Diese fundamentale Wahrheit der Bibel wurde von Augustinus treffend dargelegt:
„Denn zu bekennen, daß Gott existiert, und gleichzeitig zu leugnen, daß Er
Vorkenntnis von zukünftigen Dingen hat, ist die offenkundigste Torheit ... aber ...
wir [die wir] den höchsten und wahren Gott selbst bekennen, bekennen Seinen
Willen, Seine allerhöchste Macht und Sein Vorherwissen.“1 Niemand jedoch drückt
Gottes Vorkenntnis vollständiger aus als der vielgeschmähte Arminius:
[Gott] weiß alle Dinge, die möglich sind, ob sie in der Fähigkeit Gottes oder
des Geschöpfes liegen...Vorstellung und Ausdruck...alle Dinge, die Bestand
haben könnten...diejenigen, die zwangsläufig und die, welche zufällig sind,
die guten und die schlechten, die allgemeinen und die speziellen, die
zukünftigen, die gegenwärtigen und die vergangenen, die vorzüglichen und
die schändlichen; Er kennt die wesentlichen und die nebensächlichen Dinge
jeglicher Art; Aktives und Passives, die Weisen und die
Umstände...äußerliche Worte und Taten, innere Gedanken, Überlegungen,
Meinungen und Absichten und die Dinge des Verstandes, ob komplex oder
einfach.2
Der Calvinismus vertritt im Bezug auf die Vorkenntnis bedauerlicherweise eine
völlig andere Ansicht, die tatsächlich sogar Gottes Allwissenheit verunglimpft:
„Wenn Gott nicht alle Dinge vorherbestimmt hat, dann könnte Er nicht die Zukunft
wissen.“3 Ohne biblischen Rückhalt erklärte Calvin, daß Gott „die Dinge, die
geschehen werden, einfach deshalb vorhersieht, weil Er verfügt hat, daß sie so
geschehen sollen...“4 Ein anderer Autor sagt, indem er sogar noch weiter geht, „der
Gedanke, daß Gott die Zukunft weiß, ohne daß Er sie geplant hat und ohne, daß Er
sie kontrolliert, ist der Schrift völlig fremd.“5 Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.
Nirgendwo sagt die Schrift oder impliziert auch nur, daß Gott nur deshalb alles im
Voraus weiß, weil Er es vorherbestimmt und verursacht hat.
Wie kann dann Gott sicher sein, daß das, was Er im Voraus weiß, geschehen wird
und daß nicht irgendetwas dazwischenkommt und die Zukunft ändert? Einfach
darum, weil Er allwissend ist und die Zukunft vor ihm so offen liegt wie die
Vergangenheit. Wenn Gott etwas planen und verursachen oder gar sein Geschehen
kontrollieren müßte, um zu wissen, daß es geschehen würde, wäre Er in Seiner
Vorkenntnis eingeschränkt und daher nicht der unendliche, allwissende Gott, der Er
ist. Wenn die calvinistische Sichtweise richtig ist, dann wäre jede Einzelheit eines
jeglichen Verbrechens und einer jeglichen Krankheit, einer jeglichen Zerstörung an
Eigentum und das menschliche Leid und der von Naturkatastrophen verursachte
Verlust von Leben und Körpergliedern von Gott vorherbestimmt und verursacht.
Andernfalls würde Er dieZukunft nicht kennen.
Es wird uns gesagt, daß „ein Tag bei dem Herrn ist wie tausend Jahre, und tausend
Jahre wie ein Tag“ (2 Petr. 3,8),und „tausend Jahre sind vor dir wie der gestrige Tag,
der vergangen ist, und wie eine Nachtwache“ (Ps. 90,4). Einige haben versucht, eine
verborgene Bedeutung in diesen Aussagen zu finden, aber es gibt keine.
Die Ausdrücke „bei dem Herrn“ und „vor Dir“ sind der Schlüssel zum Verständnis
dieser ziemlich einfachen und direkten Aussage. Die Zeit ist Teil des physischen
Universums, das Gott aus dem Nichts erschaffen hat. Gott selbst existiert daher
außerhalb der Zeit. Das ist die schlichte Wahrheit in diesen beiden Schriftstellen.
Wie ein Wissenschaftler unlängst erklärte, „wird die tatsächliche Existenz von
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Einsteins Relativitätstheorie gefordert.
Der gesamte Raum und die gesamte Zeit bilden ein vierdimensionales Kontinuum
das einfach existiert; die Theorie erlaubt nicht, daß die Zeit als eine Dimension
behandelt wird, in der die Zukunft offen oder unvollständig ist.“ Er erklärte weiter:
Von einem christlichen Standpunkt aus ist es vernünftig zu folgern, daß die
zeitliche und die räumliche Ausdehnung unseres Universums zusammen
erschaffen wurden, und somit die gesamte vierdimensionale Struktur in einer
ewigen Gegenwart vor ihrem [im Blick ihres] Schöpfers liegt. Daher fügt sich
unser modernes wissenschaftliches Verständnis von Natur und Zeit ziemlich
gut in die christliche Tradition, daß Gott Kenntnis über alle Zeit,
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hat: „Ehe Abraham war, bin ich.“6
Beachten Sie, daß Gott nicht sagt: „war ich“ oder „werde ich sein“. Er sagt: „Ich
bin.“. Er ist der, der aus sich selbst heraus existiert, ständig gegenwärtig bei allen
Ereignissen, ob von unserem Blickpunkt aus vergangen, gegenwärtig oder zukünftig.
Gottes fortwährender Schutz
Gott kennt die Zukunft, ohne daß Seine Vorkenntnis sie beeinflußt, da Er sie als ein
Beobachter von außen betrachtet. Gott ist völlig getrennt und verschieden von Raum,
Zeit und Materie. Daher sieht er, genauso wie Er das Universum von außen
betrachtet, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von außen und kennt es alles
zugleich.
Wir sind endlich und Gott ist unendlich; daher können wir unmöglich verstehen, wie
Er die Zukunft kennt. Dennoch hat Er uns genügend Einsicht gegeben um zu
verstehen, daß Er sie kennen muß. Wie David sagte, indem er für die ganze
Menschheit sprach: „Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar, zu hoch, als dass ich sie
fassen könnte“ (Ps. 139,6).
Die Schrift verdeutlicht es genauso, daß Gott kein passiver Beobachter ist, der völlig
desinteressiert an den Geschehnissen ist, die ihren eigenen Gang nehmen. Indem Er
einen wachsamen Blick hat und eine aktive Rolle spielt, erfüllt Er Sein ewiges Ziel
für die ganze Schöpfung. Wie der Psalmist feststellte: „Sprecht zu Gott: Wie
furchtgebietend sind deine Werke...! Kommt her und schaut die Großtaten Gottes,
dessen Tun an den Menschenkindern so furchtgebietend ist!... Er herrscht ewiglich in
Seiner Macht...“ (Ps. 66, 3.5.7).
Gott übt Seinen Einfluß auf Menschen und Ereignisse aus (genau wie Er es von
Ewigkeit her vorauswußte, daß Er es tun würde), um für uns die Zukunft zu schaffen,
die Er wünscht und gewollt hat. Welcher Einfluß oder welches Handeln, die Gott
vorausgewußt hat, auch immer Seinerseits nötig wäre, um Seine Pläne auszuführen,
wäre - angesichts von vorsätzlichen Absichten und Handlungen des Menschen -
offensichtlich auch Teil von Gottes Vorkenntnis – was jegliche Notwendigkeit einer
Anpassung an Notfälle ausschließt.
Gelegentlich hat jeder Christ ein Bewußtsein von Gottes wunderbarem und
gnädigem Eingreifen in seinem Leben. „Im richtigen Moment“-Eingreifen (die Art
wie Gott, aus unserer Perspektive, so oft wirkt) mag wie ein Gedanke und ein
Handeln in letzter Minute von Seiner Seite erscheinen, aber das ist eindeutig nicht
der Fall. Zweifellos ist Seine gütige Hand immer über Seinem Volk, jedoch auf eine
Weise jenseits menschlichen Verständnisses. Wie David wiederum sagt:
Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir... Wo sollte
ich hingehen vor deinem Geist, und wo sollte ich hinfliehen vor deinem
Angesicht? ... Stiege ich hinauf zum Himmel... machte ich das Totenreich zu
meinem Lager... und ließe mich nieder am äußersten Ende des Meeres, so
würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten...
Und wie kostbar sind mir deine Gedanken, o Gott! Wie ist ihre Summe so
gewaltig! Wollte ich sie zählen - sie sind zahlreicher als der Sand. Wenn ich
erwache, so bin ich immer noch bei dir! (Ps. 139, 5-18)
Das Problem des Bösen
Es ist eine unausweichliche Tatsache, daß trotz Gottes Vorkenntnis und Souveränität
im menschlichen Leben das Böse überwiegt. Daß Gott nicht der Urheber des Bösen
ist, wird, wie wir bereits gesehen haben, in der Bibel deutlich festgestellt. Daher
können wir nur folgern, daß Er in Seiner Souveränität dem Menschen moralische
Verantwortung gegeben hat, die in freier Entscheidung ausgeübt wird. Daß die
Menschen die Bosheit wählen, ist nicht, was Gott für die Menscheit will. Die totale
Verdorbenheit, wie sie vom Calvinismus definiert wird, schließt die Befähigung des
Menschen zum freien Willen aus.
Insofern als Adams Nachkommen mit einer sündigen Natur geboren werden,
haben sie nicht die Fähigkeit, daß geistlich Gute oder Böse zu wählen.
Folglich ist der Wille des Menschen nicht mehr frei ... von der Herrschaft der
Sünde ... wie Adams Wille vor dem Sündenfall frei war.7
Die Bibel präsentiert das Böse als das Ergebnis des freien Willen des Menschen, der
sich für sich selbst entscheidet statt für Gott. Der Calvinist jedoch macht, indem er
die menschliche moralische Freiheit leugnet, Gott zur Ursache alles Bösen, indem er
darauf besteht, daß Er (Gott) „genau die Gedanken und Absichten der Seele
erschafft.“ Wie Calvin erklärte:
Der erste Mensch fiel, weil der Herr zu dem Beschluß kam, daß er es
sollte...da Er sah, daß dadurch Seine eigene Herrlichkeit gezeigt würde...Der
Mensch fällt daher, da die Göttliche Vorsehung es so bestimmt, aber er fällt
durch seine eigene Schuld...Ich werde daher nicht zögern, einfach mit
Augustinus zu bekennen...daß auch das Verderben, das sich aus der
Vorherbestimmung ergibt, ebenfalls höchst gerecht ist.
Diese Idee, indessen, ist dem gottgegebenen menschliche Gewissen und
Gerechtigkeitsgefühl so entgegengesetzt, daß Calvin einen großen Teil seiner
„Institutio“ dafür aufwandte, sich erfolglos damit abzumühen, sie zu rechtfertigen.
Calvin gräbt eine Grube, aus der bis zu diesem Tag kein Calvinist zu entkommen
imstande war. Er tut dies, indem er irrational und unbiblisch darauf beharrt, daß Gott
nur vorherwissen kann, was Er vorherbestimmt:
Der Ratschluß ist, wie ich zugebe, schrecklich; und doch ist es unmöglich zu
bestreiten, daß Gott vorherwußte, was das Ende des Menschen sein würde,
bevor Er ihn schuf, und es deshalb vorherwußte, weil Er es durch Seinen
Ratschluß so bestimmt hatte.10
Indem er Gottes Souveränität verteidigt, impliziert ein anderer Calvinist zur gleichen
Zeit, da er bestreitet, daß der Mensch einen freien Willen hat, daß der Wille des
Menschen immerhin doch existieren muß: „Der freie Wille ist die Erfindung des
Menschen, angestiftet vom Teufel.“11 Wie kann der freie Wille die Erfindung des
Menschen durch einen Akt seines Willens sein, wenn sein Wille nicht existiert?
Calvin ringt mit dem Problem des menschlichen Willens und ist gezwungen,
anzuerkennen, daß der Mensch ohne ihn nicht rational ist:
Mir gefällt das wohlbekannte, aus den Schriften von Augustinus entlehnte
Sprichwort, daß die natürlichen Gaben des Menschen durch die Sünde
verdorben und seine übernatürlichen Gaben zurückgezogen wurden...
[Tatsächlich hatte der Mensch, da er ein Geschöpf ist, und nicht der Schöpfer,
nie „übernatürliche“ Gaben.]
Denn obwohl noch [nach Adams Fall] ein gewisser Überrest an Erkenntnis
und Urteilsvermögen als auch Willen vorhanden ist, [da] der Verstand, mit
dem der Mensch zwischen Gut und Böse unterscheidet, ...nicht vollständig
zerstört werden konnte;... eine formlose Ruine ist jedoch alles, was
übrigbleibt...der Wille, da untrennbar vom Wesen des Menschen, ging nicht
unter, wurde aber so von verderbten Begierden versklavt, daß er unfähig zu
einem einzigen gerechten Verlangen ist...
Dem Verstand andauernde Blindheit anzulasten, um ihm keine Erkenntnis
jeglicher Beschreibung zu lassen, ist nicht nur mit dem Wort Gottes
unvereinbar, sondern auch mit der allgemeinen Erfahrung...der menschliche
Sinn [behält] ein gewisses Verlangen, die Wahrheit zu erforschen... [aber er]
scheitert, bevor er das Ziel erreicht... und verfällt in Nichtigkeit...unfähig vor
Beschränktheit, dem richtigen Weg zu folgen...und wird nach verschiedenen
Wanderungen, bei denen er von Zeit zu Zeit stolpert, wie jemand, der im
dunkeln tappt, schließlich so verwirrt...
Dennoch sind die Anstrengungen des Menschen nicht immer so völlig
fruchtlos, als daß sie nicht zu manchen Ergebnissen führen würden...12
Calvin fährt seitenweise in diesem Stil fort. Der Mensch hat etwas Verstand um
„zwischen gut und böse“ zu unterscheiden, aber diese Fähigkeit ist eine „formlose
Ruine...“ Was heißt das? Er kann es uns nicht sagen. Der Wille ging nicht unter,
doch wurde er so versklavt, daß er moralisch nutzlos ist, um das Gute zu wollen, das
er undeutlich wahrnimmt. Der Mensch hat etwas Verlangen nach der Wahrheit, doch
ist er aufgrund von „Beschränktheit“ unfähig, ihr gänzlich nachzustreben, so daß er
„völlig verwirrt“ wird, dennoch sind seine Anstrengungen nicht so „völlig fruchtlos,
als daß sie nicht zu einigen Ergebnissen führen würden...“ jeder Versuch, sich
herauszuwinden, läßt Calvin nur tiefer in den Sumpf seiner eigenen Ideen versinken.
Weit davon entfernt, solche Behauptungen durch sorgfältige Schriftauslegung zu
beweisen, kann Calvin nicht mit einem einzigen Vers aufwarten, der dem, was er als
Theorie aufstellt, auch nur nahekommt. Überhaupt – was behauptet er? Er weicht
aus, schränkt ein und widerspricht sich selbst so oft, daß er wirklich nichts als
nutzlose Doppeldeutigkeiten bietet.
Warum gebietet Gott dem Bösen und dem Leiden nicht Einhalt?
Natürlich müssen der sündhafte Mensch und der rebellische Satan verantwortlich
gemacht werden und Gott, der vollkommen heilig ist, muß entlastet werden - aber
das ist unmöglich, wenn Gott alles vorherbestimmt hat. Viele Seiten, ja sogar Kapitel
der Institutio sind dem Versuch gewidmet, zu beweisen, daß alles, was der Mensch
tut, einschließlich alles Bösen, von Gott vorherbestimmt ist, jedoch der Mensch
nichtsdestoweniger schuldig ist und gerechterweise von Gott dafür bestraft wird, daß
er genau das Böse tut, das Gott bestimmt hat (Siehe z.B. Institutio I: xv-xviii; III:
xxi-xxiv).
Viele der heutigen Calvinisten bestreiten, daß der Calvinismus lehrt, daß Gott das
Böse verursacht. Doch das ist zweifellos, worauf Calvin selbst bestand: „Daß die
Menschen nichts tun außer auf die heimliche Veranlassung Gottes hin, und über
nichts sprechen oder nachsinnen, außer über das, was Er zuvor bei sich selbst verfügt
hat und durch Seine heimliche Führung bewirkt, ist durch zahllose deutliche
Schriftstellen bewiesen.“13 In Wirklichkeit gibt es keine solche Schriftstellen – und
Calvins Beispiele treffen nur auf einige Menschen zu, nicht auf alle.
Könnte nicht der Sünder für seine Sünde und sein ewiges Leiden im Feuersee einen
Gott verantwortlich machen, der ihm nur erlaubt hat, daß Böse zu wählen und nicht
das Gute? Der durch ewigen Ratschluß souverän seine bösen Gedanken geschaffen
hat und seine bösen Taten verursacht hat und ihn dann als Bestrafung für dieses Böse
zur ewigen Qual vorherbestimmt hat? Doch Moment! Besagt nicht Röm. 9,19-22 ,
daß kein Mensch das Recht hat, sich Gott gegenüber zu beschweren? Paulus fragt:
„Spricht auch das Gebilde zu dem, der es geformt hat: Warum hast du mich so
gemacht? Oder hat nicht der Töpfer Macht über den Ton, aus derselben Masse das
eine Gefäß zur Ehre, das andere zur Unehre zu machen?“ Diese wichtige Frage wird
später noch eingehend behandelt.
Warum, wenn Gott souverän und allmächtig ist, greift Er nicht ein und bereitet allem
Bösen ein Ende? Das ist jedoch eine sinnlose Frage wenn (wie behauptet) Gott das
grassierende Böse und das Leiden, die die Menschheit heimsuchen, verordnet hat.
Warum würde Er etwas aufheben sollen, das Er selbst vorherbestimmt hat? Dennoch
beharren Calvinisten darauf, daß Gott alles Böse beenden könnte, wenn Er es wollte,
da Er alles lenkt. Doch wie könnte Gott rückgängig machen, was Er vorherbestimmt
hat? Er kann nicht Seine Meinung ändern oder Sein Wort zurücknehmen. Daher kann
er, wenn Er das Böse vorherbestimmt hat, ihm kein Ende bereiten. Hier decken wir
einen weiteren Widerspruch auf.
Man kann der Frage nicht ausweichen: Warum sollte ein guter Gott, der Liebe ist,
Böses und Leid für Milliarden nicht nur in diesem Leben sondern für die Ewigkeit
im Feuersee verordnen? Diese Frage bringt zumindest einige Calvinisten wie z.B.
R.C. Sproul und John Piper in Verlegenheit, weil es keine vernünftige (und erst recht
keine biblische) Antwort innerhalb dieses theologischen Systems gibt. Dies wurde
von Calvin selbst zugegeben: „Ich frage wiederum, wie es sein kann, daß der
Sündenfall Adams so viele Völker mit ihren kleinen Kindern ohne Gegenmittel in
den ewigen Tod mit einschließt, außer daß es für Gott so passend ist. Hier müssen
die redegewandtesten Zungen verstummen.“14
Es gibt natürlich eine biblische Antwort auf die Frage der Sünde, die das
gottgegebene Gewissen des Menschen zufriedenstellt. Der Mensch hat echte
moralische Verantwortung gegenüber Gott, weil von Adam und Eva an bis in die
Gegenwart „alle...“ aufgrund ihres eigenen freien Willens „...gesündigt haben“, nicht
aufgrund eines auferlegten göttlichen Ratschlusses. Daher würde jegliches souveräne
Eingreifen - abgesehen vom Auslöschen des Menschengeschlechts - nicht das
Problem des Bösen lösen, da das Böse aus dem Herzen des Menschen kommt.
Jesus sagte, daß aus dem menschlichen Herzen selbst „böse Gedanken, Mord,
Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsche Zeugnisse, Lästerungen....“ kommen (Mt.
15,19). Die einzige Lösung außer die Menschheit zu vernichten, wie Gott es mit der
Sintflut fast gemacht hätte, ist das Herz vollständig zu verändern. Der Calvinismus
behauptet, daß Gott dies durch eine souveräne „Wiedergeburt“ jedes einzelnen, bei
dem Er es wünscht, ohne jeglichen Glauben und jegliches Verständnis auf Seiten des
Menschen bewirken könne. Wenn das der Fall wäre, hätte Er so mit Adam und Eva
und der ganzen Menschheit handeln können und damit die Sünde und das Leid in der
gesamten Menschheitsgeschichte beseitigen können. Wenn das Problem der Sünde
ganz und gar Gottes Werk ist, dann könnte Er es genauso rückgängig machen –
jedoch nicht wenn Er es vorherbestimmt hat!
Weil im Gegenteil durch den Menschen, die Sünde in die Welt eingedrungen ist,
findet man die biblische Lösung alleine in dem Menschen Christus Jesus (Röm. 5,12-
21). Nur durch Seinen Tod als Bezahlung der gerechten Strafe für unsere Sünden und
in Seiner Auferstehung um Sein Leben in Gläubigen zu leben, kann dem Menschen
vergeben werden und er kann durch den Heiligen Geist wiedergeboren werden.
Diese wunderbare Errettung kann niemandem aufgezwungen werden, sondern sie ist
Gottes barmherziges Geschenk an alle, die es dadurch annehmen, daß sie an das
Evangelium von Jesus Chistus glauben. Durch Glauben werden wir gerettet und in
Christus Jesus „zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen
wandeln sollen...“ geschaffen (Eph. 2,8-10). Das Evangelium zu glauben und
Christus anzunehmen erfordert die Ausübung einer freien Entscheidung von Seiten
des Menschen, eine Entscheidung, die der Calvinismus nicht gelten läßt. Wie
Professor Andrew Fairbairn aus Oxford erklärt:
Während im Himmel die Freiheit regierte, herrschte auf der Erde
Zwangsläufigkeit; und die Menschen waren nur Schachfiguren in den Händen
des Allmächtigen, der sie hinbewegte, wo immer Er wollte. Dies war das
Prinzip, das Theologien wie die von Augustinus und Calvin gemeinsam
haben... Es machte aus unseren alltäglichsten Erfahrungen Illusionen.15
Praktische Konsequenzen der Ablehnung des freien Willens
Traurigerweise haben viele von denen, die bestreiten, daß Gott dem Menschen
jedwede freie Wahl zugesteht, dazu geneigt, sich wie die Gottheit, an die sie
glaubten, zu verhalten, indem sie denen, die Wahl verweigerten, die anderer
Meinung waren als sie und versuchten, jeden zur Übereinstimmung zu zwingen.
Darin folgten sie Calvin, der „forderte, der Staat müsse sich bereit erklären, der
Diener der Kirche zu sein... Gewissensfreiheit wurde nicht zugestanden. Irrlehrer
und Dissidenten wurden hingerichtet oder verbannt und die Leute wurden durch die
Waffen des Magistrats dazu gezwungen, das zu erfüllen, was man als ihre religiösen
Pflichten ansah.“16
Wie wir bereits sahen, zwangen Calvinisten, indem sie in der Anfangszeit der
Reformation eine Staatskirche errichteten, wann immer möglich, anderen ihre
Ansichten auf. Ein Historiker schreibt: „Eine Mehrheit der Gestalter der neuen
Glaubensbekenntnisse [in England und Schottland] glaubte an das göttliche Recht
des Presbyterianismus. Sie hielten es für eine Pflicht des Staates, Gleichförmigkeit
durchzusetzen und waren nicht bereit, Zugeständnisse irgendeines Gewichts an die
Independenten [d.h. die „Freikirchen“, die das Staatskirchensystem ablehnten] zu
machen. 1648 erließ das Parlament ein Gesetz von extrem intolerantem Charakter.
Acht [theologische] Irrtümer wurden mit der Todesstrafe bedroht.“17
Wie wir ebenfalls bemerkten, wurde die Versammlung von Westminster vom
Parlament einberufen und finanziert und von Presbyterianern kontrolliert; Baptisten
und Independenten wurden als „Todfeinde der Staatskirche“18 ausgeschlossen.
Toleranz für irgendeine andere religiöse Überzeugung als den Calvinismus „wurde
von führenden Mitgliedern der Versammlung [von Westminster] als die ,letzte und
stärkste Bastion Satans’ angeprangert...“ Die Versammlung war entschlossen, ihre
Art von Religion „der gesamten Bevölkerung“19 aufzuzwingen.
Die schrecklichen Konsequenzen der Calvinistischen „Souveränität“
Dieser kleine Ausschnitt aus der Geschichte bietet hunderte von Beispielen von
Männern, die den Herrn von ganzem Herzen liebten und bereit waren, in Seinem
Dienst Gefängnis und Tod zu erleiden und dennoch aufgrund einiger ihrer religiösen
Überzeugungen mit anderen Christen auf sehr unchristliche Weise umgingen.
Samuel Rutherford war solch ein Mann. Seine Briefe aus dem Gefängnis enthielten
solch tiefe geistlichen Einsichten und waren so bewegend, daß schließlich fast 400
Auflagen veröffentlicht wurden. Robert Murray McCheyne sagte, daß „er die Briefe
von Samuel Rutherford oft in der Hand hielt.“ Richard Baxter hatte für diese Briefe
eine solche Hochachtung, daß er sagte, daß, abgesehen von der Bibel, „die Welt
niemals ein Buch wie Herrn Rutherfords Briefe gesehen hat.“ Spurgeon betrachtete
sie als „das der Inspiration am nächsten Kommende, das man in den gesamten
Werken bloßer Menschen finden kann.“20
Historiker beschreiben Rutherford als einen „gütigen und frommen Mann.“ Dennoch
„...lehnte er...“ aufgrund seiner calvinistischen Überzeugungen „...die moralischen
Prinzipien, die der religösen Toleranz zugrundeliegen, absolut ab.“21 Er ging, wobei
er so klang wie die Päpste, die er verachtete, sogar soweit, zu behaupten, daß „es nur
eine wahre Kirche gäbe, und alle die außerhalb von ihr stehen, Irrlehrer sind, die
vernichtet werden müssen!“22
Niemals versuchten Christus oder Seine Apostel oder die frühe Gemeinde
irgendjemanden dazu zu zwingen, an das Evangelium zu glauben. Die Toleranz, die
die frühe Gemeinde im Bezug auf die Gottlosen um sie herum hatte, war nicht die
Billigung ihrer Fehler. Es war die Erkenntnis, daß niemand gegen seinen Willen in
das Reich Gottes hineingezwungen werden konnte. Sie versuchten, die Heiden zu
überzeugen, an das Evangelium zu glauben, doch sie versuchten weder jemals, sie
dazu zu zwingen (wie es der Islam verlangt) – noch glaubten sie an einen Gott, der
dies tun könnte oder tun würde. Das Evangelium ist die gute Nachricht von Gottes
Liebe in Christus und kann nur willentlich von Herzen angenommen werden.
Nachdem der Calvinismus die Notwendigkeit der Wahl bestreitet, war es nur
natürlich, daß dessen Anhänger danach trachteten, ihre Ansichten allen
Andersdenkenden aufzuzwingen.
Roger Williams, zu seiner Zeit einer der bekanntesten Verfechter der
Religionsfreiheit, veröffentlichte eine Protestschrift mit dem Titel Der blutige
Grundsatz der Verfolgung um Fragen und des Gewissens willen Er floh aus England
nach Amerika, wo er von den Puritanern übel behandelt wurde. In England ließ die
Versammlung von Westminster sein Buch öffentlich verbrennen.23 1648 gelang es
den Presbyterianern, das „Knebelgesetz ... um die Baptistens als ,Gotteslästerer und
Irrlehrer’ zu bestrafen...“ zu erlassen. „Aufgrund dieses schändlichen Gesetzes
wurden 400 Baptisten ins Gefängnis geworfen.“24
Tatsächlich hatten Dissidenten schon seit Jahren Verfolgung und Einkerkerung
erlitten – Protestanten, die durch die Hände von ebensolchen Protestanten dafür
litten, daß sie nicht Calvinisten waren. Fast dreißig Jahre vorher war die folgende
Bittschrift mit dem Titel „Ein äußerst demütiges Gesuch von vielen der treuesten
Untertanen seiner Majestät des Königs ... die (nur dafür, in der Religion anderer
Meinung zu sein) entgegen göttlichem und menschlichem Zeugnis verfolgt werden“
aus einem Gefängnis geschmuggelt worden:
Unser Elend sind lange und fortdauernde Einkerkerungen für viele Jahre in
etlichen Grafschaften von England, während welcher viele gestorben sind und
Witwen zurückgelassen haben, viele auch kleine Kinder; die Wegnahme
unseres Hab und Guts ... nicht wegen irgendeiner Untreue gegen Ihre
Majestät, noch wegen eines einem Sterblichen zugefügten Schaden ... sondern
ausschließlich weil es wir nicht wagen, Dingen zuzustimmen und sie in der
Verehrung Gottes auszuüben, an die wir nicht glauben, da es Sünde gegen
den Allerhöchsten ist.25
Viele Calvinisten haben die Verfolgung, die von den frühen Vertretern dieser Lehre
betrieben wurde, bedauert. Sie haben diese Seite der Versammlung von Westminster
nicht gutgeheißen. Dennoch rühmen sie ihr Calvinistisches Glaubensbekenntnis,
scheinbar blind für den Zusammenhang zwischen den beiden. Und sie preisen den
Calvinismus eifrig als „Theologie der Reformation“ an, als ob die Calvinisten die
Reformation allein auf ihren Schultern getragen hätten. Es gab hunderttausende
anderer, die in ihrem Glauben ebenso aufrichtig (und wie wir glauben weit
bibeltreuer) waren, als Calvin und Luther; und sie litten für Christus nicht nur durch
die Hände der römischen Katholiken sondern ebenso durch die der Calvinisten und
Lutheraner.
Liebe: Der fehlende Bestandteil
Gottes Liebe für die Verlorenen und die Liebe der Christen für die Verlorenen – zwei
wichtige zueinander in Beziehung stehende Themen der Schrift – haben im
Calvinismus keinen Platz. Wir wissen, daß viele an dieser Behauptung Anstoß
nehmen würden, die tatsächlich liebevoll um die Verlorenen besorgt sind. Dies ist
jedoch trotz und im Gegensatz zu ihrem Calvinismus und nicht seinetwegen so.
Obwohl ein presbyterianischer Professor der Theologie und ehemaliger Vorsitzender
der „General Assembly“ anerkannte:
Über das Westminster-Bekenntnis könnte berechtigterweise geschrieben
werden: „Das Evangelium nur für die Erwählten“. Dieses Bekenntnis wurde
unter der absoluten Vorherrschaft einer Idee geschrieben: der Lehre von der
Prädestination. Es enthält keine der drei Wahrheiten: Gottes Liebe für eine
verlorene Welt, Christi Erbarmen über eine verlorene Welt und das für ein
verlorene Welt allgemeingültige Evangelium.26
In Calvins gesamter Institutio Christianae Religionis wird Gottes Liebe für die
Verlorenen nicht ein einziges mal erwähnt! Das ist auch nicht überraschend in
Anbetracht der Tatsache, daß Calvins Gott nur die Erwählten liebt.27 Stört das die
heutigen evangelikalen Leiter nicht, die Calvin als den großen Exegeten preisen und
sich selbst Calvinisten nennen?
Überdies ist Calvins Konzept von Liebe mangelhaft. Er sagt, daß Gott „verlangt, daß
die Liebe, die wir ihm entgegenbringen, in der ganzen Menschheit verbreitet werden
soll, so daß unser grundlegendes Prinzip immer sein muß: Sei ein Mensch wie er
auch sein mag, man muß ihn dennoch lieben, weil man Gott liebt.“28 Dies ist eine
von mehreren Stellen, an denen Calvin sagt, der Christ müsse „die ganze
Menschheit“ lieben. Sollte dann nicht Gott, der Liebe ist, ebenfalls alle Menschen
lieben? Calvin sagt dies nie, doch wenigstens hier scheint er eine Zustimmung zu
diesem Grundsatz anzudeuten – wenn auch seine Vorstellung von Gottes Liebe
wirklich seltsam ist.
Er erklärt uns, daß Gottes „grenzenlose Güte“ jedem „gezeigt“ wird, „jedoch nicht
so, daß alle zur Errettung gebracht würden“.29 Wie könnte eine „Güte“, die vor dem,
was sie tun könnte, plötzlich innehält, ernsthaft als „Güte“ bezeichnet werden,
geschweige denn als „grenzenlos“? Diese Güte (trotz des Innehaltens) ist laut Calvin
angeblich „Beweis Seiner [Gottes] Liebe. Wiederum fragen wir, wie es ein Beweis
von Gottes Liebe sein kann, daß Er es unterläßt, all das Gute zu tun, das Er zu tun
fähig ist. Und ein Beweis für wen? Und wie kann man sagen, daß Gott die liebt, die
er, bevor sie geboren waren, zur ewigen Qual vorherbestimmt hat?
Diese verzerrte Sicht von Gottes Liebe wird in Calvins Behauptung offenbart, daß
diese vorgebliche Entfaltung von Gottes „Güte“ nicht dem Zweck dient, der ganzen
Menschheit zu helfen. Gottes Absicht ist es stattdessen, „ein schwereres
Gericht...[auf] die Verworfenen, dafür, daß sie den Beweis Seiner [Gottes] Liebe
ablehnen“, zu bringen.30 Dieses Argument verblüfft. Kann eine „Güte“, die nicht all
das Gute tut, das sie tun könnte, Beweis von Gottes Liebe sein? Wäre sie nicht
stattdessen ein Beweis für einen Mangel an Liebe? Und sollen wir dafür verdammt
werden, daß wir, indem wir unseren Verstand und unser Gewissen benutzen, die Gott
uns gegeben hat, ablehnen, was Calvin irrtümlich als „Beweis von Gottes Liebe“
bezeichnete?
Das Versagen versuchter „Erklärungen“
Folgen Sie Calvins Argumentation: Gott liebt und errettet nur die Auserwählten; Er
unterläßt es, diejenigen, die Er nicht zum Heil erwählt hat, zu erretten.
Unglaublicherweise offenbart Er dadurch, daß Er „das Licht Seines Wortes auf die
Unwürdigen scheinen läßt“, Seine Güte und Liebe, indem Er sie ihnen vorenthält, um
sie um so besser dafür verdammen zu können, daß sie „den Beweis Seiner Liebe
ablehnen“.
Solch eine verzerrte Argumentation ist ein wesentlicher Bestandteil des Calvinismus,
der zu zeigen versucht, daß Gott diejenigen liebt, die Er hätte erretten können, doch
stattdessen verdammt. Hören Sie es vom Pastor und Schriftsteller John Piper, einem
der meistgeachteten Verteidiger des Calvinismus von heute:
Wir bestreiten nicht, daß alle Menschen in einem gewissen Sinn die
beabsichtigten Nutznießer des Kreuzes sind... Was wir bestreiten, ist, daß alle
Menschen in gleicher Weise als Nutznießer des Todes von Christus
beabsichtigt sind. Gottes ganze Barmherzigkeit gegenüber Ungläubigen -
von der aufgehenden Sonne (Mt. 5,45) bis zur weltweiten Predigt des
Evangeliums (Joh. 3,16) – wird wegen des Kreuzes möglich gemacht...
Jedesmal wenn das Evangelium Ungläubigen gepredigt wird, ist es die
Barmherzigkeit Gottes, die diese Gelegenheit zum Heil gibt.31 (Hervorhebung
im Original)
Der Versuch, mit denjenigen, die für solche offensichtlich widersprüchlichen
Darstellungen eintreten, zu diskutieren, hinterläßt ein Gefühl völliger Frustration.
Das Evangelium denen, die Gott zu ewiger Verdammnis vorherbestimmt hat, zu
verkündigen, ist ein Akt von Gottes Barmherzigkeit, durch den Er denjenigen „eine
Gelegenheit zum Heil“ gibt, die nicht errettet werden können?! Und daß das
Evangelium den verdammten Nicht-Erwählten gepredigt wird, stammt von Gottes
„Barmherzigkeit gegenüber den Ungläubigen“ her, die vom Kreuz entspringt?
Worte wie Liebe, Gnade und Barmherzigkeit scheinen ihre einstige Bedeutung
verloren zu haben. Es ist unmöglich, mit denjenigen zu diskutieren, denen das
Obenstehende vernünftig erscheint. Sprechen wir über zwei verschiedene „Götter“
und zwei verschiedene „Evangelien“ – das eine in der Bibel beschrieben, das andere
von Calvin und Augustinus erfunden?
Unterscheidung zwischen Vorauswissen und Vorherbestimmung
Die Sichtweise des Calvinismus von der Prädestination, die für Calvin scheinbar frei
von echter Liebe war, ist ein großer Teil des Problems. Wie wir gesehen haben, sagt
Pink: „Gott weiß voraus, was sein wird, weil Er verordnet hat, was sein soll.“32 Er
folgte damit Calvin, der sagte, daß „Gott vorauswußte, was das Ende des Menschen
sein würde...weil Er es so durch Seinen Ratschluß bestimmt hat.“33 Der Kern dieser
Überzeugung ist die Leugnung dessen, daß Gottes Vorherwissen irgendetwas damit
zu tun hat, etwas im Voraus zu wissen. Stattdessen wird Vorherwissen als
„Vorherbestimmung“ definiert und mit Prädestination gleichgesetzt.
Wenn Paulus schreibt: „Denn die Er zuvor ersehen hat, die hat Er auch
vorherbestimmt“ (Röm 8,28) , bestand daher Calvin darauf, daß gelesen werden
muß: „Denn die Er vorherbestimmt hat, die hat Er auch vorherbestimmt“ – eine
offensichtliche Redundanz. Dies wird eingehender diskutiert werden, wenn wir zur
Prädestination kommen. Es wird hier nur erwähnt, um zu zeigen, warum diese
Sichtweise durch Calvin übernommen wurde – eine Sichtweise, der heute seine
Anhänger treu folgen.
Etwas im Voraus zu wissen, ist nicht dasselbe wie vorher festzulegen, daß es
geschehen wird. Vorherbestimmung und Vorherwissen sind nicht dasselbe, können
sich jedoch überschneiden. Was immer Gott vorherbestimmt hat, davon weiß er, daß
es geschehen wird. Sein Vorherwissen ist jedoch nicht darauf begrenzt, was Er
vorherbestimmt hat. Er muß etwas nicht vorherbestimmen, um zu wissen, daß es
geschehen wird. Wäre dies der Fall, so wäre, wie wir bereits anmerkten, Gott nicht
allwissend.
Eine unbiblische Sichtweise über die Prädestination ist, wie wir später noch
detaillierter sehen werden, grundlegend für den Calvinismus. Arthur W. Pink
behauptet, daß „Gott von aller Ewigkeit her verordnet hat, daß Judas den Herrn Jesus
verraten solle“, da durch Sacharia „Gott verkündete, daß Sein Sohn für ‘dreißig
Silberlinge’ (Sach. 11,12) verkauft werden würde.... In der Prophetie macht Gott
bekannt, was sein wird, und indem Er bekannt macht, was sein wird, offenbart Er uns
nur, wovon Er bestimmt hat, daß es sein solle.“ Pink fährt damit fort, zu behaupten,
daß obwohl alles was er tat, vorherbestimmt war, Judas trotzdem „ein verantwortlich
Handelnder“ bei der Erfüllung dieses Ratschlusses Gottes war.
Pink ist für seine ausgeprägten Ansichten über Gottes Souveränität wohlbekannt,
besonders durch sein Buch Die Souveränität Gottes. Vance zeigt auf, daß „Pinks
Calvinismus einige Calvinisten so sehr bestürzte, daß vom „Banner Of Truth Trust“
ein Versuch unternommen wurde, ihn abzumildern, indem man 1961 eine ´Britische
Revidierte Version` von Die Souveränität Gottes herausgab, bei der drei Kapitel und
die vier Anhänge gestrichen worden waren. Dafür wurden sie von anderen
Calvinisten scharf (und berechtigterweise) kritisiert.“35
Philosophen und Theologen haben lange darüber spekuliert, wie Gott die Zukunft
kennen konnte, ohne die Zukunft zu verursachen. Die Konsequenzen aus der Frage,
ob dies wahr ist, sind schwerwiegend. Wir haben bereits zwei Gründe dafür
angegeben, warum Gottes Vorherwissen um das, was geschehen wird, keinen
Einfluß auf das, was für den Menschen zukünftige Ereignisse sind, haben muß. Sogar
Calvin schrieb: „Ich, für meinen Teil, bin bereit, zuzugeben, daß bloße Vorkenntnis
den Geschöpfen keine Notwendigkeit auferlegt; obgleich einige diesem nicht
zustimmen, sondern meinen, daß sie selbst die Ursache der Dinge ist.“36 Calvins
Begründung war jedoch, daß er Vorherwissen und Vorherbestimmung für ein und
dasselbe hielt: „da Er jedoch die Dinge, die geschehen sollen, einfach deshalb
vorhersieht, weil Er beschlossen hat, daß sie so geschehen sollen, ist es nutzlos, über
Vorherwissen zu debattieren, während es doch klar ist, daß alle Ereignisse aufgrund
Seiner souveränen Festlegung stattfinden.“37
Natürlich muß „alle Ereignisse“ alle bösen Gedanken, Worte und Taten einschließen.
Somit behauptet Calvin hier wiederum – wie an anderer Stelle - klar und deutlich,
daß Gott die Ursache des Bösen ist. Trotzdem leugnen heute sogenannte „gemäßigte
Calvinisten“ angesichts unbestreitbarer Beweise, daß der Calvinismus lehrt, daß Gott
die Ursache und damit der Urheber des Bösen sei. Es besteht offensichtlich ein
weiter Unterschied dazwischen, zu sagen, daß Gott alles, was geschehen wird,
vollständig vorhersieht und vieles erlaubt, das nicht Seinem vollkommenen Willen
entspricht (was Calvin nicht gestattete) und zu sagen, daß Gott alles, was sich
ereignet, vorherbestimmt und somit dessen Ursache ist (worauf Calvin beharrte, daß
es der Fall sei). Die letztgenannte Sichtweise, die die grundlegende Lehre des
Calvinismus darstellt, macht den Menschen zu einem bloßen Roboter und offenbart
Gott als die effektive Ursache, die hinter allem Bösen, aller Gottlosigkeit und aller
Sünde steht. Dadurch wird Gottes heiligem Charakter ein schrecklicher Makel
aufgezwungen.
Wie Calvin behauptet Luther, daß „Gott alle Dinge voraus weiß und will.“ Und er
argumentiert, „wie man dann glauben, vertrauen und sich auf Seine Versprechen
verlassen könne“38 falls dies nicht wahr wäre. Die Antwort ist: „Ganz einfach: Wir
vertrauen auf Gottes Versprechen , weil Er Gott ist, alles weiß und nicht lügen kann.“
Luther ist hier, wie bei vielem anderen auch, schlicht im Irrtum. Die Schrift weist
nirgends darauf hin, daß Gott alle Dinge wollen muß, um sie zu wissen – oder um
Versprechen zu geben und zu halten. Was Gott zu tun verspricht, wird Er tun,
ungeachtet des Willens oder der Handlungen des Menschen oder der Natur, doch
ohne den menschlichen Willen Gewalt anzutun. Daß Er fähig ist, uns zu beschützen
und uns in den Himmel zu bringen erfordert nicht, daß Er jedes Ereignis will, das um
uns herumwirbelt und noch viel weniger, daß Er die direkte Ursache jeder Sünde ist,
die wir begehen oder deren Opfer wir werden könnten.
Vorauswissen als Beweis
Indem sie mehr tut, als einfach nur zu behaupten, daß Gott die Zukunft vorausweiß,
beweist die Heilige Schrift diese Tatsache, indem sie Sein unendliches Vorherwissen
in den hunderten übernatürlichen Prophezeiungen, die in ihr aufgezeichnet sind,
offenbart. Gott sagt die Zukunft durch Seine Propheten aus einer Anzahl von
Gründen vorher, von denen der wichtigste ist, zu beweisen, daß er, im Gegensatz zu
falschen Göttern, der eine wahre Gott ist, und zu beweisen, daß die Bibel ohne Frage,
im Gegensatz zu allen anderen heiligen Büchern der Weltreligionen, Sein einziges
und unfehlbares geschriebenes Wort an die Menschheit ist.
So verkündet Gott:
Siehe, das Frühere ist eingetroffen, und Neues verkündige ich; ehe es eintritt,
lasse ich es euch hören.(Jes. 42,9)
Gedenkt an die Anfänge von der Urzeit her, dass Ich Gott bin und keiner
sonst; ein Gott, dem keiner zu vergleichen ist. Ich verkündige von Anfang an
das Ende, und von der Vorzeit her, was noch nicht geschehen ist. Ich sage:
Mein Ratschluss soll zustandekommen, und alles, was mir gefällt, werde ich
vollbringen. (Jes. 46,9.10)
so habe ich es dir damals angekündigt; ehe es geschah, habe ich es dich hören
lassen, damit du nicht sagen könntest: "Mein Götze hat es gemacht, und mein
geschnitztes oder gegossenes Bild hat es befohlen." (Jes. 48,5)
Aus mindestens zwei Gründen kann man Gottes vollständiges Vorherwissen der
Zukunft nicht bestreiten. Zuallererst würde man Gott so wie Er notwendigerweise ist
und wie ihn die Bibel darstellt, leugnen. Zweitens würde man die absolute Grundlage
des Christentums bestreiten. Die Prophezeiungen des Alten Testamentes beinhalten
den Hauptbeweis, den Gott dem Glauben des Menschen bietet, daß Jesus von
Nazareth der Christus, der Messias Israels ist. Ohne Ihn gibt es kein Christentum. So
vollständig ist dieser Beweis – allein auf der Grundlage zahlreicher deutlicher
Prophezeiungen – daß niemand, der eine sorgfältige Untersuchung anstellt, aufrichtig
bestreiten kann, daß der Herr Jesus Christus der prophezeite Messias ist, der Retter
der Welt.
Der Apostel Paulus verknüpft das Evangelium unserer Errettung in Christus eng mit
Gottes Vorherwissen, das durch Seine Propheten zum Ausdruck gebracht wird:
„...das Evangelium Gottes (das Er zuvor durch Seine Propheten in heiligen Schriften
verheißen hat) über Seinen Sohn,...“ (Röm. 1,1-3).
Paulus untermauert die Gültigkeit des Evangeliums von der Errettung mit dem
Ausdruck „nach der Schrift“, womit er natürlich die Prophezeiungen des Alten
Testamentes meint:
Ich erinnere euch aber, ihr Brüder, an das Evangelium, das ich euch
verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht, ...
,nämlich dass Christus für unsere Sünden gestorben ist, nach den Schriften,
und dass Er begraben worden ist und dass Er auferstanden ist am dritten Tag,
nach den Schriften... (1. Kor 15,1-4, Hervorhebung hinzugefügt).
Wenn nicht Gottes Propheten uns durch Sein Vorherwissen gesagt hätten, wie, wo
und wann der Messias geboren würde, und zu uns über Sein sündloses Leben und
Seine Wunder, über den Verrat an ihm für dreißig Silberstücke durch einen Seiner
Jünger, über Seine Verwerfung durch Sein Volk, die Juden, und über viele andere
besondere Einzelheiten einschließlich Seiner grausamen Kreuzigung und Seiner
ruhmreichen Auferstehung gesprochen hätten, so hätten wir keine Möglichkeit
gehabt, den Messias zu identifizieren, als Er kam. Wären die präzisen Einzelheiten
nicht von Propheten vorhergesagt worden, die sich bereits als von Gott inspiriert
erwiesen hatten, so würden der Verrat an ihm, Seine Verwerfung und Seine
Kreuzigung ausreichen, um uns zu überzeugen (wie die meisten Juden bis zu diesem
Tag überzeugt sind), daß Er nicht der Messias hat sein können. Die genaue
Identifikation läßt denen, die Christus verwerfen, keine Entschuldigung.
Keine der Weltreligionen hat solche prophetischen Beweise für ihre Gültigkeit. Es
gibt keine Prophezeiungen über Buddha, Konfuzius, Mohammed oder irgendeinen
anderen Führer der Religionen der Welt, während es buchstäblich hunderte von
Prophezeiungen gibt, die beweisen, daß Jesus Christus der Messias ist.
Und hier stehen wir einem weiteren seltsamen Widerspruch gegenüber (der den
Rahmen dieses Buches sprengt, den wir jedoch in anderen Schriften behandelt
haben: daß diejenigen mit dem sogenannte reformierten Standpunkt (im
allgemeinen), die solch ein Gewicht auf Vorherwissen und Prädestination legen, die
Entrückung der Gemeinde vor dem Tausendjährigen Reich, die buchstäbliche
tausendjährige Herrschaft des Christus auf dem Thron Davids und die wörtliche
Erfüllung aller Verheißungen Gottes für Sein auserwähltes Volk Israel, neben so
vielem anderen, das für die Zukunft klar prophezeit ist, verworfen haben - womit sie
dem Vorbild Augustinus sogar noch weiter folgen. Stattdessen allegorisieren und
vergeistlichen sie – wie Augustinus – zu ihrem eigenen Schaden diesen gewaltigen
und wesentlichen Teil von Gottes offenbartem Vorherwissen hinweg – genau die
Prophezeiungen über Israel, die die wichtigsten Beweise bilden, die Gott für Seine
Existenz und dafür, daß die Bibel Sein Wort ist, zur Verfügung stellt.
Was ist mit dem Willen des Menschen?
So sicher wie wir erkennen, daß Gott souverän ist, erkennen wir auch, daß wir
zumindest begrenzte Handlungsfreiheit innerhalb irgendwelcher Grenzen haben, die
Er für das menschliche Handeln aufgestellt hat. Diese Erkenntnis scheint durch die
tägliche Erfahrung ständig bestätigt zu werden. Was L. S. Keyser sagt, könnte man
kaum anzweifeln: „Daß der Mensch ein Bewußtsein hat, das zwischen richtig und
falsch unterscheidet, und einen freien Willen, durch den er befähigt ist zwischen den
beiden zu wählen, scheint kaum eine Beweisführung zu erfordern... Seine gesamte
Erfahrung sagt ihm, daß er ein freies, sittliches Wesen ist.“39 Alexander MacLaren,
einer von Englands großen Baptistenpredigern faßte es in ähnliche Worte:
Wenn ich meinem Sinn nicht trauen kann, daß ich etwas tun oder nicht tun
kann, so wie ich es beschließe, dann gibt es gar nichts, dem ich trauen kann.
Der Wille ist die Macht, zu bestimmen, welchen von zwei (oder mehr)
Wegen ich gehen werde... Gott, der unendliche Wille, hat den Menschen, die
Er nach Seinem eigenen Bild geschaffen hat, diese unerklärliche und
schreckliche Macht gegeben, mit Seinen Absichten und Seiner Stimme
übereinzustimmen oder sich ihnen zu widersetzen...40
Es sind nicht nur Calvinisten und Lutheraner, die den freien Willen leugnen,
vielmehr haben seit tausenden von Jahren Atheisten und Skeptiker gegen diese
Überzeugung argumentiert. Sogar Arminius verkündete, daß „der freie Wille des
Menschen hinsichtlich des wahren Guten ... eingekerkert, zerstört und verloren... ist,
... er hat überhaupt keine Kraft, außer solcher, die durch göttliche Gnade
hervorgerufen wird.“41 Natürlich kann der Mensch nicht rational denken, ja noch
nicht einmal atmen, außer durch Gottes Gnade – jedoch denken und atmen wir und
treffen Entscheidungen genauso durch unseren eigenen Willen wie durch Gottes
Gnade.
Es scheint kaum vernünftig, daß unsere Wahrnehmung davon, wie wir
Entscheidungen treffen, mit denen wir manchmal tagelang ringen, schlicht eine
Illusion sein könnte und daß wir nur Marionetten von Gottes Vorherbestimmung
sind. In seinen Confessiones schrieb Augustinus, der vermutliche Urheber der
„absoluten Souveränität“:
„Ich wußte ebenso, daß ich einen Willen hatte, wie daß ich lebte: wenn ich
dann irgendetwas wollte oder nicht wollte, war ich zutiefst sicher, daß
niemand anderer als ich selbst wollte oder nicht wollte: und alles, was ich
sah, war, daß dort die Ursache für meine Sünde lag.“42
Gerade der Umstand, daß Johannes uns sagt, daß die Erlösten „nicht aus dem Willen
des Mannes“ wiedergeboren sind, weist darauf hin, daß es vieles weitere geben muß,
für das der Wille des Menschen verantwortlich gemacht werden muß. Petrus’
Aussage, daß Menschen Gottes Wahrheit „absichtlich übersehen“ (2. Petr. 3,5), weist
darauf hin, daß die Verderbtheit nicht etwas außerhalb der Kontrolle des Menschen,
sondern das Ergebnis seiner willentlichen Entscheidung ist. Daß Gott zu Israel sagt:
„Seid ihr willig und gehorsam...wenn ihr euch aber weigert...“ (Jes. 1,19.20) weist
wiederum darauf hin, daß man mit dem Menschen vernünftig reden kann und daß er
durch einen Akt seines Willens wählen kann, Gott entweder zu gehorchen oder nicht
zu gehorchen. Es gibt zahlreiche Aussagen in der Schrift, die erkennen lassen, daß
Gott dem Menschen einen freien Willen gegeben hat, um moralische und geistliche
Entscheidungen zu treffen, für die er alleine die Verantwortung hat und für die er
verantwortlich zu machen ist.
Während Gott „alles nach [gemäß] dem Willen Seines Ratschlusses wirkt“ (Eph.
1,11), besagt dies nicht, daß Gott alles, was im Universum geschieht, verursacht. Es
ist mit Gottes Souveränität perfekt vereinbar daß Er (durch Seinen eigenen
Ratschluß) dem Menschen gestattet, Ihm nicht zu gehorchen. Ohne freien Willen
könnte der Mensch nicht Gottes Liebe empfangen, Ihn im Gegenzug wieder lieben
und das Geschenk der Errettung empfangen.
Verwirrung wo Klarheit nötig ist
Obwohl der Calvinismus den freien Willen ablehnt, können sich seine Anhänger
nicht darauf einigen, was dies bedeutet. Einige gestehen dem Menschen Freiheit im
Bereich der irdischen Dinge zu und bestreiten ihn nur, wenn es darum geht, an
Christus zu glauben. Palmer definiert „freien Willen“ nicht nur als „die Art Freiheit,
die kein Mensch hat, um an Christus zu glauben oder ihn abzulehnen,“ sondern sogar
als „die Fähigkeit oder Freiheit das Gute oder das Böse zu wählen.“43 Spencer erklärt
weiter, „Völlige Verderbtheit beharrt darauf, daß der Mensch keinen ‚freien Willen’
in dem Sinne hat, daß er frei ist, Jesus Christus als seinem Herrn und Heiland zu
vertrauen.“44 Vance entgegnet, daß „kein Philosoph, der dem Menschen einen freien
Willen versagt, dies auf der Grundlage der Verderbtheit des Menschen tut.“45 Calvin
führte weder eine Schriftstelle an (oder konnte es nicht), um seine undefinierten
Behauptungen zu unterstützen, der Mensch könne einiges Gute wählen, doch nicht
genug Gutes, noch dafür, daß er deshalb unfähig sei, zur Errettung seiner Seele an
Christus zu glauben. Sogar Begriffsdefinitionen entzweien Calvinisten. Charles
Hodge besteht darauf, daß „die [calvinistische] Lehre von der Unfähigkeit des
Menschen daher nicht voraussetzt, daß der Mensch aufgehört hat, ein moralisch
selbstständig Handelnder ist.“46 Pink behauptet indessen, daß „ ‚freies moralisches
Handeln’ ein Ausdruck menschlicher Erfindung ist47 [die leugnet], daß er [der
Mensch] vollständig verdorben ist...48, daß der Wille des Sünders nur in einer
Richtung frei ist, nämlich in der Richtung zum Bösen hin.“49 Spurgeon sagte: „Der
freie Wille ist Unsinn.“ 50 Pink zitiert J. N. Darby mit einem weiteren Trugschluß:
„Wenn Christus kam, um das zu retten, was verloren ist, dann hat der freie Wille
keinen Platz.“51
Andererseits bestehen die gleichermaßen überzeugten Calvinisten Talbot und
Crampton richtigerweise darauf, daß zu leugnen, daß der Mensch „freie moralische
Handlungsfähigkeit hat, gleichbedeutend damit ist, zu behaupten, daß er niemals
über irgendetwas überhaupt eine Entscheidung treffen könnte. Das wäre absurd.“ 52
Ein weiterer Calvinist legt dar, daß „Calvin [dem Menschen] so wenig Willen
zurückbehält..., daß er den moralischen Charakter menschlichen Handelns [bei]
Entscheidungen zwischen Gut und Böse nicht hinreichend erklären kann.“53 Jeder
von uns muß zu seinen eigenen Schlußfolgerungen auf Grundlage der Heiligen
Schrift kommen.
Was die Heilige Schrift über den freien Willen sagt
Die Wörter „Wille“, „freiwillig“, „willig“, zusammen mit verwandten Worten wie
„wählen“ etc. kommen fast 4000 mal in der Schrift vor. Die Erfordernis willentlichen
Gehorsams von Herzen ist ein Thema, daß sich durch die ganze Bibel zieht: „seid ihr
willig und gehorsam...“ (Jes. 1,19), „wenn jemand Seinen [Gottes] Willen tun will...“
(Joh. 7,17), „wenn du von ganzem Herzen glaubst...“ (Apg. 8,37), etc.
Gott will unser Herz, und eben dieses Konzept des „Herzens“, das in der ganzen
Schrift verwendet wird, ist ohne den freien Willen bedeutungslos. Daß „das Herz des
Königs gleich Wasserbächen ist in der Hand des HERRN; Er leitet es, wohin immer
Er will“ (Spr. 21,1), besagt nicht, daß der König keine Entscheidungsfreiheit hat, wie
der Calvinismus behauptet. Mindestens ist dies Salomos Erklärung seiner Ergebung
Gott gegenüber als Israels König, höchstens bedeutet es, daß Gott das Herz jedes
Königs wenden kann, wenn Er dies will. Doch es sagt nicht aus, daß alles, was
irgendein König denkt, sagt oder tut, Gottes Willen entsprechend und gemäß Seiner
Vorherbestimmung ist. Diese Behauptung würde wiederum Gott zum Urheber des
Bösen machen.
Der Begriff „freiwilliges Opfer“ findet sich neunmal (3. Mos. 22,21;23 - 4. Mos.
15,3 – 5. Mos. 16,10; 23,23 – Esra 1,4; 3,5; 7,16; 8,28), und „freiwillige Opfer“
findet sich siebenmal (3. Mos. 22,18;38; 4. Mos. 12,6; 17,2; 2. Chron. 31,14; Ps.
119,108) in der Schrift. Diese Zahlen erzählen allerdings nicht die ganze Geschichte.
Es gab zahllose freiwillige Opfer, wie folgendes zeigt: „Und Kore, der Sohn Jimmas,
der Levit, ... war über die freiwilligen Gaben für Gott gesetzt, um das Hebopfer des
HERRN und die hochheiligen Dinge herauszugeben.“ (2. Chron. 31,14). Der
Ausdruck „(frei-)willig darbrachte“ findet sich fünf mal. Beide Ausdrücke werden
sogar zusammen gebraucht: „..., der dem HERRN freiwillig ein freiwilliges Opfer
darbrachte“ (Esr. 3,5 – deutsche Übersetzung des Textes der KJV, die meisten
deutschen Übersetzungen lassen ein „freiwillig“ weg – „freiwillig“ steht im hebr.
Text). Könnte die Tatsache, daß (und ein Hauptgrund dafür, warum) Gott dem
Menschen einen freien Willen gegeben hat, deutlicher ausgedrückt werden?
Zerstören äußere Einflüsse den freien Willen?
Um die Lehre von der völligen Verderbtheit zu stützen, muß der Calvinist zeigen,
daß der menschliche Wille vollständig durch die Sünde versklavt ist. Das Argument
wurde angeführt, daß keine Entscheidung ohne Einfluß getroffen werden könne.
Natürlich wird jegliche Entscheidung, die man trifft, in gewissem Grade durch
vielfältige Faktoren beeinflußt: Gesundheit oder Gemütsverfassung, das Wetter,
finanzieller Druck, Versuchung, Lust, Zeitpunkt, Gelegenheit und so weiter. Und
viele, wenn nicht alle dieser fast unzähligen Einflüsse wären außerhalb der Kontrolle
des Entscheidenden. Wie kann dann der Wille jemals frei sein?
Talbot und Crampton schreiben, indem sie diesen Punkt nachdrücklich betonen:
„Wenn dieses Arminianische Konzept des freien Willens zu seinem logischen Ende
gefolgert wird, dann wäre es sündhaft, dem gefallenen Menschen das Evangelium zu
predigen. Warum? Weil es ein Versuch wäre, ihn dazu zu bringen, sich Christus
zuzuwenden, was eine Verletzung seines freien Willens wäre“54 In anderen Worten
wäre es falsch, zu versuchen, den Menschen dahingehend zu beeinflussen, daß er an
das Evangelium glaubt, da seine Entscheidung nicht frei getroffen worden wäre.
Dann hatte Paulus unrecht. Er sagte: „suchen wir daher die Menschen zu
überzeugen...“ (2. Kor. 5,11). Was versuchten Jesaja, Jeremia, Hesekiel und die
Propheten anderes, als Israel zu überreden, sich von seiner Bosheit abzuwenden und
sich Gott in vollständiger Reue zuzuwenden?
Indem er das gleiche Argument nachbetet, denkt Pink, er versetzt dem freien Willen
mit der folgenden Breitseite den Todesstoß: „Es gibt etwas, was die Wahl beeinflußt;
etwas, was die Entscheidung bestimmt.“55 So ist es nicht. Einflüsse beeinflussen, sie
bestimmen nicht.
Auch ist der freie Wille kein „arminianisches Konzept“. Über tausende von Jahren
haben viele nichtchristliche Philosophen ausgezeichnete Argumente für den freien
Willen des Menschen vorgebracht. Weiterhin ist eben die Tatsache, daß verschiedene
Einflüsse zum Tragen kommen, während der Mensch zu irgendeiner Entscheidung
gelangt, in sich selbst Beweis dafür, daß der Mensch einen freien Willen hat. Wenn
der Mensch keinen Willen hätte, gäbe es für diese „Einflüsse“ nichts zu beeinflussen.
Einflüsse treffen keine Entscheidungen. Der Wille zieht alle Faktoren in Betracht
und trifft, egal wie zwingend irgendwelche Einflüsse (d.h. Tatsachen, Gründe,
Umstände, Notlagen, Zufälle etc.) gewesen sein mögen, immer noch seine eigene
Entscheidung – oft irrational.
Daß sie zu einem gewissen Grad beeinflußt gewesen sein mag, beweist keineswegs,
daß der Wille nicht alle Faktoren in Betracht gezogen und seine eigene Entscheidung
getroffen hat. Egal wie er zu einem Entschluß gekommen ist, kann nur der Wille
entschieden haben. Obwohl der Calvinist sich bei so vielem an Augustin hält und ihn
so begeistert zum Beweis zitiert, wird Augustin hier wiederum ignoriert, da er im
Bezug auf genau diesen Punkt überzeugend argumentierte:
... wir tun viele Dinge, die wir, wenn wir nicht wollten, sicherlich nicht tun
sollten. Dies ist in erster Linie im Bezug auf den Akt des Wollens selbst wahr
– denn wenn wir wollen, dann ist es so, wenn wir nicht wollen, dann ist es
nicht so – denn wir sollten nicht wollen, wenn wir unwillens wären.
Einflüsse können mächtig sein. Viele der heutigen Prediger wenden absichtlich
psychologische Techniken und Verkaufstechniken an und verführen damit viele zu
einem falschen Bekenntnis des Glaubens. Gott benutzt keine psychologischen
Techniken sondern die Wahrheit um zu überzeugen und zu überreden. Dies ist der
Zweck der Prophetie. Paulus „beunruhigte die Juden,..., indem er bewies, dass dieser
der Christus ist“ (Apg. 9,22). Apollos tat das gleiche, „öffentlich mit großer Kraft,
indem er durch die Schriften bewies, dass Jesus der Christus ist“ (Apg. 18,28). Wir
sollten heute dasselbe tun.
Es gibt offensichtlich eine göttliche Überzeugungskraft, die keine
Täuschungstechniken anwendet. Weiterhin, wäre, wie wir bereits gesehen haben,
Paulus’ Gebrauch von Überzeugung aus anderen Gründen unangebracht, wenn der
Calvinismus wahr wäre: Die Erwählten würden keine Überzeugung benötigen und
die Nicht-Erwählten, völlig verdorben und zur ewigen Verdammnis vorherbestimmt,
könnten nicht überzeugt werden.
Vorkenntnis und der Wille des Menschen
In Anbetracht des oben Gesagten hat eine zentrale Frage Philosophen, Skeptiker und
Theologen über tausende von Jahren debattieren lassen: Wie können Gottes
Vorkenntnis und der freie Wille des Menschen beide wahr sein? Ist nicht, insofern
als Gott weiß, was jeder einzelne jemals denken oder tun wird, alles folglich
vorherbestimmt? Und würde nicht dieser Umstand jede Möglichkeit ausschließen,
daß der Mensch in irgendeiner Beziehung eine freie Entscheidung treffen könnte?
Wir haben bereits gesehen, warum Gottes Vorkenntnis keinen verursachenden
Einfluß auf den freien Willen des Menschen hat. Gott der zeitlos ist, sieht für uns in
der Zukunft liegende Ereignisse von außen, so als ob sie schon geschehen wären.
Somit hat Seine Vorkenntnis keinen Einfluß auf den Willen des Menschen. Es gibt
keinen Grund, warum Gott in Seiner Allwissenheit nicht wissen kann, zu welchem
Tun der Mensch sich entscheidet, bevor er sich dazu entscheidet – und über dieses
Wissen verfügen kann, ohne zu verursachen, daß das Ereignis eintritt.
Es gibt noch eine anderer Frage, die vielen Kummer macht: Wenn der Mensch frei
ist, zwischen Alternativen auszuwählen, würde dies nicht in sich selbst sowohl
Gottes Souveränität als auch Seine Vorkenntnis leugnen? Luther behauptete, diese
Frage sei das innerste Herz der Reformation und des Evangeliums selbst. Tatsächlich
bestand Luther dogmatisch darauf, es sei unmöglich, daß Gott die Zukunft
vorauswisse und gleichzeitig der Mensch ein frei handelndes Wesen ist, so daß er so
handelt, wie er will.
Luther, der fest an die Vorkenntnis Gottes glaubte, schrieb ein ganzes Buch mit dem
Titel „Vom unfreien Willen“ um zu beweisen, daß schon die Idee vom freien Willen
des Menschen ein Trugschluß und eine Illusion ist. Verschiedene Gründe wurden
bereits dafür angeführt, warum Luther an diesem Punkt irrte, und im nächsten
Kapitel wird diese Frage noch weiter behandelt.
Obwohl Calvin, so vieles von Augustinus übernahm, lehnte er - wie Luther -
Augustinus’ Überzeugung ab, daß Gott die Zukunft vorherwissen und der Mensch
gleichzeitig einen freien Willen haben könne. Nach Calvin läßt Vorkenntnis keinerlei
Raum für den freien Willen, da Vorkenntnis dasselbe wie Vorherbestimmung ist:
Wenn Gott menschliche Geschehnisse nur vorhersähe und sie nicht auch nach
Seinem Gefallen festsetzen und lenken würde, könnte Platz dafür sein, die
Frage [vom freien Willen] zu erörtern ... doch da Er die Dinge, die geschehen
sollen, einfach deshalb vorhersieht, weil Er sie verordnet hat, müssen sie so
geschehen, ist es müßig, über Vorkenntnis zu diskutieren...
Wenn diese kühle Erfindung [vom freien Willen] anerkannt wird, wo bleibt
dann die Allmacht Gottes, durch die er, gemäß Seinem geheimen Ratschluß,
von dem alles abhängt, über alles herrscht?57
Calvin verwendet wiederholt solch eine unbiblische und irreführende Argumentation.
Der Calvinist unterstellt einen Widerspruch zwischen Souveränität und freiem
Willen, der gar nicht existiert. Die Tatsache, daß Gott fähig ist, dem Menschen
Entscheidungsfreiheit zuzugestehen, während Er dennoch Seine Ziele ungehindert
erreicht, verherrlicht sogar Seine souveräne Weisheit, Macht und Vorkenntnis um so
mehr.
Augustinus über den freien Willen
Der Calvinist übersieht die Tatsache, daß Augustinus, von dem er so vieles andere
übernimmt, den freien Willen des Menschen deutlich bekräftigte.58 Weiterhin
argumentierte Augustinus, daß keine Unvereinbarkeit zwischen Gottes absoluter
Souveränität und dem freien Willen des Menschen bestünde und daß es „gottlos“
wäre, diese Tatsache – wie es Luthe und Calvin taten - zu leugnen! Augustinus
schreibt überzeugend:
...wir behaupten sowohl, daß Gott alle Dinge weiß, bevor sie geschehen, als
auch, daß wir durch unseren freien Willen alles, wovon wir wissen oder
fühlen, daß wir es tun müssen, nur deshalb tun, weil wir es wollen...
Er, der alle Ursachen der Dinge vorauswußte, würde sicherlich unter all
diesen Ursachen nicht in Unkenntnis unseres Willens gewesen sein...
Weshalb auch unser Wille genau so viel Macht hat, wie Gott wollte und
vorherwußte, daß er sie haben sollte.59
Daher sind wir in keiner Weise gezwungen, entweder, indem wir die
Vorkenntnis Gottes aufrechterhalten, die Freiheit des Willens wegzunehmen,
oder, indem wir die Freiheit des Willens aufrechterhalten, abzustreiten, daß
Er Vorkenntnis über zukünftige Dinge hat, was gottlos ist. Wir bekennen aber
... aufrichtig und ehrlich beides.60
Augustinus hält an der Freiheit des menschlichen Willens sogar bis in den ewigen
Zustand hinein fest: „Und wir sollten auch nicht annehmen, daß, weil die Sünde
keine Macht haben wird, sie zu erfreuen, der freie Wille weggenommen werden muß.
Er wird im Gegenteil um so mehr wahrhaftig frei dazu sein, Freude daran haben,
nicht zu sündigen, da er vom Vergnügen, zu sündigen befreit ist.“61
Wo es um den freien Willen ging, ignorierten Calvin wie Luther Augustinus und, um
ihre Theorien aufrechtzuerhalten, auch viele Bibelstellen.
Nirgends wird das Versäumnis, bei der Schriftauslegung gesunden Verstand
einzusetzen, offensichtlicher als in Luthers Debatte mit Erasmus über den freien
Willen. Dies soll als nächstes erörtert werden.