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Hesekiel Walvoord Hesekiel (Charles H. Dyer) Das Buch Hesekiel ist für Bibelleser gewöhnlich
nur eine verwirrende Ansammlung unzusammenhängender Visionen - ein
Kaleidoskop sich drehender Räder und trockener Knochen, die er weder
einordnen noch deuten kann. Dieser Eindruck hält viele Leser von dem
Studium dieses Buches ab, und so entgeht ihnen eines der literarisch und
geistlich großen Bücher des Alten Testamentes. Autor und Entstehungszeit Der Autor dieses Buches ist "Hesekiel, der
Priester, der Sohn des Busi" ( Hes 1,3 ). Der Name Hesekiel bedeutet
"Gott wird stärken" oder "Gott wird hart machen". Wie Jeremia ( Jer 1,1 ) und Sacharja ( Sach 1,1 ;
vgl. Neh 12,4.16 ) war Hesekiel ein Priester ( Hes 1,3 ). Sein Vater
Busi wird nur in Hes 1,3 erwähnt. Jeremia, Sacharja und Hesekiel sind
die einzigen Priester-Propheten im AT, und alle drei weissagten während
oder nach dem Exil. Hesekiels priesterlicher Hintergrund erklärt zum
Teil sein Interesse für den Tempel in Jerusalem, die Herrlichkeit des
Herrn, die Taten der Priester Jerusalems und Gottes zukünftigen Tempel. Die Zeit der Wirksamkeit Hesekiels läßt sich aus
den chronologischen Anmerkungen in seinem Buch ersehen ( Hes
1,2;8,1;20,1;24,1;29,1.17;30,20;31,1;32,1.17;33,21;40,1 ). Alle Weissagungen Hesekiels (außer den beiden
Weissagungen, die in Hes 29,1.17 eingeleitet werden) sind chronologisch
geordnet (angefangen von "dem fünften Jahr der Gefangenschaft" ( Hes
1,2 ) bis zu "dem fünfundzwanzigsten Jahr unser Gefangenschaft"; Hes
40,1 ). Die beiden Ausnahmen lassen sich durch ihre inhaltliche
Zusammengehörigkeit mit den Weissagungen gegen Ägypten in Kapitel 29 -
32 erklären. Hesekiels Dienst begann "im vierten Monat am
fünften Tag" im "fünften Jahr der Gefangenschaft von König Jojachin"
( Hes 1,1-2 ). Jojachin bestieg den Thron im Dezember 597 V. Chr.,
nachdem Jojakim gestorben war ( 2Kö 24,1-12 ). Nach nur dreimonatiger
Regierungszeit wurde Jojachin durch Nebukadnezar gefangengenommen und
nach Babylon gebracht. Das fünfte Jahr seiner Gefangenschaft war also
593 V. Chr., und der vierte Monat war der Monat Tammuz. Nach Richard A.
Parker und Waldo H. Dubberstein ( Babylonian Chronology: 626 B.C. - A.D.
75. Providence, R.I.: Brown University Press, 1956) begann der Monat
Tammuz (Akk. Duzu ) am 27. Juli 593 V. Chr. Hesekiel begann seine
Wirksamkeit also am 31. Juli 593 V. Chr. (der "fünfte Tag" ist inklusiv
zu verstehen, d. h. der 27. und der 31. Juli werden mitgezählt). Hesekiel sagt aber auch, daß sein Dienst "im
dreißigsten Jahr" begann ( Hes 1,1 ). Unter Auslegern gibt es
Uneinigkeit über die genaue Bedeutung dieser Aussage. Viele halten sie
für einen Hinweis auf das Alter Hesekiels. Wenn das so wäre, dann wurde
er im gleichen Alter zum Propheten berufen, in dem er zur Priesterschaft
zugelassen wurde (vgl. 4Mo 4,3 ). Die letzte datierte Weissagung in Hesekiel
geschah "im siebenundzwanzigsten Jahr, im ersten Monat, am ersten Tag"
( Hes 29,17 ). Da Hesekiel im Jahre 593 zu weissagen begann (dem fünften
Jahr der Gefangenschaft Jojachins; Hes 1,2 ), stammt die letzte
Weissagung aus dem Jahr 571 V. Chr. (26. März). Seine prophetische
Wirksamkeit erstreckte sich also über 22 Jahre (593 - 571 V. Chr.). Wenn
Hesekiel bei Beginn 30 Jahre alt war, dann weissagte er bis ins Alter
von 52. Nur wenige Theologen haben bisher die Einheit,
Autorschaft oder exilische Entstehungszeit des Buches Hesekiel in Frage
gestellt. Argumente, die dies tun, wurden von konservativen Theologen
hinreichend widerlegt (z. B. Gleason L. Archer, Jr., A Survey of Old
Testament Introduction . Überarb. Aufl., Chicago: Moody Press, 1974, S.
368 - 376; und John B. Taylor, Ezekiel: An Introduction and Commentary ,
S. 13 - 20).
Historischer Hintergrund Der historische Hintergrund Judas zur Zeit des
Propheten Hesekiel wird in der Einführung zu Jeremia unter "Historischer
Hintergrund" ausführlich beleuchtet. Das Buch Hesekiel wurde während der Knechtschaft
Judas in Babylon unter der Herrschaft Nebukadnezars geschrieben.
Hesekiel lebte mit einer Gruppe Gefangener in Tel-Abib, das an dem Fluß
Kebar ( Hes 3,15 ) im babylonischen Reich lag. Den genauen Lageort
dieser Siedlung kennen wir nicht, aber der Fluß Kebar war der Große
Kanal (Akk. naru kabaru ) nahe bei Babel. Dieser Kanal zweigte kurz
oberhalb von Babylon vom Euphrat ab und lief östlich der Stadt vorbei
und durch die Stadt Nippur, bis er schließlich wieder in der Nähe von
Uruk (dem biblischen Erech) in den Euphrat mündete. Während der letzten Jahre Judas wirkte Hesekiel
in Babylon und sagte den kommenden Fall Jerusalems voraus. Seine
Botschaft traf auf taube Ohren, bis schließlich die Kunde von der
Zerstörung der Stadt in Babylon verbreitet wurde. Der Untergang der
Stadt führte zu einer Veränderung in Hesekiels prophetischer Botschaft.
Vor dem Fall Jerusalems hatte Hesekiel hauptsächlich von Judas
zukünftiger Zerstörung wegen dessen Sünde gesprochen. Nach Jerusalems
Fall drehte sich seine Botschaft um die zukünftige Wiederherstellung
Judas. Struktur und Stil Struktur und Stil des Buches Hesekiel tragen vier
große Kennzeichen. 1. Die chronologische Anordnung Wie schon unter
"Autor und Entstehungszeit" angemerkt, ist innerhalb des Buches eine
konkrete chronologische Entwicklung sichtbar. Hesekiel ist der einzige
der großen Propheten, der eine solch strikte chronologische Ordnung hat.
Bei den kleinen Propheten haben Haggai und Sacharja ähnliche
Strukturmerkmale. 2. Strukturelle Ausgewogenheit Neben der
chronologischen Anordnung finden wir im Buch Hesekiel auch im Aufbau
eine strukturelle Ordnung und Harmonie. Die ersten 24 Kapitel sprechen
vom Gericht über Juda. Die Kapitel 33 - 48 reden von der
Wiederherstellung Judas. Diese beiden Pole werden von den Kap.
25-32 verbunden, in denen es um Gottes Gericht über andere Völker geht.
Die Herrlichkeit des Herrn verläßt den Tempel im Gericht ( Hes 9,3;
10,4.18-19; 11,22-25 ) und kehrt wieder zum Segen in ihn zurück ( Hes
43,1-5 ). Hesekiel erhielt zunächst den Auftrag, eine Botschaft des
Gerichts zu verkünden ( Hes 2-3 ) und später, eine Botschaft der
Befreiung zu sagen ( Hes 33 ). 3. Die Betonung der Herrlichkeit und des Wesens
Gottes Hesekiel betont die Herrlichkeit und das Wesen Gottes. Bevor er
berufen wurde, empfing er eine Vision der Herrlichkeit Gottes, und im
ganzen Buch spricht er immer wieder von dieser Herrlichkeit ( Hes 1,28;
3,12.23; 8,4; 9,3; 10,4.18-19; 11,22-23; 39,13.21; 43,2-5; 44,4 ). Gottes Wesen bestimmt durch das ganze Buch
hindurch sein Verhalten. Fünfzehnmal erklärt er, daß er um seines Names
willen gehandelt hat, damit sein Name nicht enheiligt werde ( Hes
20,9.14.22.39.44;36,20-23 [zweimal in V. 23 ]; Hes
39,7.25 [zweimal]; Hes 43,7-8 ). Über 60mal sagt Gott, daß er so
gehandelt hat, damit das Volk "erkennt, daß ich der Herr bin" (z. B. Hes
6,7.10.13-14 ). 4. Der Gebrauch literarischer Mittel Hesekiel benutzt einzigartige literarische Mittel, um seine Botschaft einem "verhärteten und widerspenstigen" Volk nahezubrin gen. Hierzu gehören Sprüche ( Hes
12,22-23;16,44;18,2-3 ), Visionen ( Hes 1-3;8-11;37;40-48 ), Gleichnisse
( Hes 17; 24,1-14 ), symbolische Handlungen ( Hes 4-5;12; 24,15-27 ) und
Allegorien ( Hes 16 ). Auf diese verschiedenen Arten verkündet Hesekiel
seine Botschaft dramatisch und kraftvoll, um so die Aufmerksamkeit der
Menschen zu erreichen und sie auf eine Antwort darauf zu bewegen. GLIEDERUNG I. Gericht über Juda ( Kap. 1-24 ) A. Hesekiels Vorbereitung ( Kap. 1-3 ) 1. Einleitung ( 1,1-3 ) 2. Die Visionen für sein Wirken
( 1,4-2,7 ) 3. Dei Botschaft für sein Wirken
( 2,8-3,11 ) 4. die Motivation für sein Wirken
( 3,12-27 ) B. Hesekiels Weissagungen gegen Juda und
Jerusalem ( Kap. 4-24 ) 1. Die Unausweichlichkeit des Gericht
wegen des Ungehorsams ( Kap.4-11 ) 2. Die Nutzlosigkeit eines falsches
Optimismus ( Kap. 12-19 ) 3. Die Gesichte der Verdorbenheit Judas
( Kap. 20-24 ) II. Gericht über heidnische Völker ( Kap. 25-32 ) A. Gericht über Ammon ( 25,1-7 ) B. Gericht über Moab ( 25,8-11 ) C. Gericht über Edom ( 25,12-14 ) D. Gericht über die Philister ( 26,1-28,19 ) 1. Zerstörung der Stadt ( Kap. 26 ) 2. Klagelied über die Stadt ( Kap. 27 ) 3. Untergang des Fürsten der Stadt
( 28,1-19 ) F. Gericht über Sidon ( 28,20-26 ) G. Gericht über Ägypten ( Kap. 29-32 ) 1. Die Sünde Ägyptens ( 29, 1-16 ) 2. Die Niederlage Ägyptens unter die
Babylonier ( 29,17-21 ) 3. Die Zerstörung Ägyptens und seiner
Verbündeten ( 30,1-19 ) 4. Die Zerstreuung Ägyptens
( 30,20-26 ) 5. Die Ähnliechkeit zwischen Ägypten
und Assyrien ( Kap.31 ) 6. Das Klagelied über den Pharao
( 32,1-16 ) 7. Der Abstieg Ägyptens in den Scheol
( 32,17-32 ) III. Segen über Israel ( Kap. 33-48 ) A. Neues Leben für Israel ( Kap. 33-39 ) 1. Der Wächter Hesekiel wird erneut
berufen ( Kap. 33 ) 2. Die gegenwärtigen falsches Hirten im
Gegensatz zu dem kommenden wahren Hirten ( Kap. 34 ) 3. Der Feind (Edom) wird Zerstört
( Kap.35 ) 4. Der Volk wird gesegnet ( Kap.36 ) 5. Die Nation wird wiederhergestellt
( Kap.37 ) 6. Der Angriff durch Gog wird
zurückgeschlagen ( Kap.38-39 ) B. Neue Ordnung für Israel ( Kap.40-48 ) 1. Ein neuer Tempel ( Kap.40-43 ) 2. Ein neuer Gottesdienst ( Kap.47-48 ) 3. Ein neues Land ( Kap. 47-48 ) AUSLEGUNG I. Gericht über Juda ( Hes 1-24 ) Die erste Hälfte des Buches Hesekiel spricht von
Gottes kommendem Gericht über Juda. Gottes Schwert war zum Schlag
gezogen, und Hesekiel erhielt den Auftrag, den bereits in der
Gefangenschaft befindlichen Menschen zu erklären, was Gottes Gericht mit
sich bringt und warum es kommt. A. Hesekiels Vorbereitung ( Hes 1-3 ) Der Bericht der Berufung Hesekiels ist die
längste unter den Berufungsgeschichten der Bibel (vgl. Jes 6; Jer 1 ).
Hesekiel wird, wie Jesaja und Jeremia, für seinen Dienst vorbereitet,
indem er eine Vision der Herrlichkeit und Majestät Gottes erhält, bevor
er berufen wird, dem Herrn zu dienen. 1. Einleitung ( 1,1 - 3 ) Hes 1,1-2 Als Gott Hesekiel erschien, um ihn zum
prophetischen Dienst einzusetzen, war dies im dreißigsten Jahr, im
vierten Monat, am fünften Tag , was gleichzeitig das fünfte Jahr der
Gefangenschaft von König Jojachin war. Wie unter "Autor und
Entstehungszeit" in der Einführung geschrieben, war dies vermutlich der
31. Juli 593 V. Chr. "Das dreißigste Jahr" bezieht sich wohl auf das
Alter Hesekiels. Als Priester (V. 3 ) war dies das Alter, in dem er
normalerweise in den Dienst des Herrn getreten wäre. Hesekiel war mit König Jojachin im März 597
gefangengenommen worden. Er gehörte zu den Weggeführten, die man am Fluß
Kebar angesiedelt hatte, einem Kanal aus dem Euphrat, der östlich von
Babel vorbeiführte (vgl. "Historischer Hintergrund" in der Einführung ). Ich sah Visionen von Gott ist Hesekiels
zusammenfassender Kommentar der Gesichte, die er in Hes 1,4-2,7 im
einzelnen beschreibt. Diese Sicht der Herrlichkeit Gottes hat ihn stark
beeinflußt. Hes 1,3 Das Wort des Herrn weist auf die Quelle der
Botschaft Hesekiels hin. Hesekiel empfing die Botschaft, von der Gott
wollte, daß er sie weitersagt. Dies führt er später noch näher aus ( Hes
2,8-3,11 ). Die Hand des Herrn bezeichnete Hesekiels Vollmacht für
seinen Dienst. Er handelte nicht auf eigene Initiative hin, sondern
wurde von Gott zu seinem Dienst berufen, wie er es etwas später deutlich
macht ( Hes 3,12-27 ). 2. Die Visionen für sein Wirken ( 1,4 - 2,7 ) In diesem Abschnitt behandelt Hesekiel im
einzelnen die Visionen, die er in Hes 1,1 kurz erwähnt hat. Er
beschreibt die Visionen ( Hes 1,4-28 ) und dann ihre Aussage ( Hes
2,1-7 ). a. Die vier Lebewesen ( 1,4 - 14 ) Hes 1,4 Als Hesekiel in Richtung Norden sah, bemerkte er
einen herannahenden Wirbelsturm. In dem Sturm waren eine große Wolke ,
starke Winde und Blitze . Während der Sturm jedoch immer näher kam,
verlagerte sich Hesekiels Blick von dem Dunkel des Sturms hin zu
dem Licht , das aus seiner Mitte hervorstrahlte. Dieses Licht sah aus
wie glühendes Metall . Das hebräische Wort ( HaSmAl ) kommt im AT nur
bei Hesekiel (hier und in V. 27 und Hes 8,2 ) vor. Es scheint eine
leuchtende Substanz zu meinen. An den beiden anderen Stellen bezieht es
sich auf Gottes leuchtenden Glanz. Hes 1,5-8 a In der Mitte des Feuers entdeckte Hesekiel vier
Lebewesen . Diese Wesen werden in Kapitel 10 als Cherubim identifiziert,
eine besondere Art von Engelswesen. Sie haben besonderen Zugang zu Gott
(vgl. Hes 28,14.16 ) und sind Träger von Gottes Thronwagen. Auf der
Bundeslade in der Stiftshütte bewachten goldene Statuen von Cherubim mit
ausgestreckten Flügeln den Gnadenthron, wo sich die Herrlichkeit des
Herrn niederließ ( 2Mo 25,17-22; 4Mo 7,89 ). Gott "thronte über den
Cherubim" auf der Bundeslade ( 1Sam 4,4; 6,2; Ps 80,2; 99,1; Jes
37,16 ). Da das irdische Heiligtum und der Tempel ein Abbild der
himmlischen Wirklichkeit waren ( Hebr 8,5 ), war diese Vision Hesekiels
eine Vision des tatsächlichen Thronwagens Gottes, der von Cherubim
getragen wurde. Die allgemeine Erscheinung der Lebewesen war etwa
die eines Mannes . Aber man darf sie doch nicht für Menschen halten.
Jedes von ihnen hatte vier Gesichter und vier Flügel . (Der Prophet
erklärt diese Aussagen in Hes 1,10-11 im einzelnen.) Die Beine der
Cherubim waren gerade , das bedeutet, sie standen aufrecht, aber ihre
Füße waren wie Stierfüße und wie blinkendes (hochpoliertes) Kupfer .
Außerdem läßt Hesekiel uns noch wissen, daß die vier Cherubim Hände wie
Menschenhände hatten. Hes 1,8.9 (Hes 1,8b.9) Hesekiel erklärt nun, wie die vier Wesen als
Einheit zusammenwirkten. Zwei der vier Flügel jedes Wesens waren
ausgestreckt, so daß ihre Flügel einander berührten und ein Viereck
bildeten. Da sie vier Gesichter an den vier Seiten ihrer Köpfe hatten
und im Viereck miteinander verbunden waren, konnten sie sich in jede
Richtung geradeaus bewegen und die Richtung wechseln, ohne sich zu
drehen. Deshalb drehten sie sich nicht, als sie vorangingen . Hes 1,10 Nun berichtet Hesekiel noch mehr Einzelheiten
über die Cherubim (V. 10 - 14 ). Zunächst beschreibt er ihre Gesichter.
Vorne hatte jeder Cherub das Gesicht eines Menschen und auf der rechten
Seite das Gesicht eines Löwen . Die linke Seite war das Gesicht eines
Stieres , das Gesicht eines Adlers befand sich dann offensichtlich auf
der Rückseite. Manche Ausleger meinen, daß sich in diesen vier
Gesichtern Intelligenz (Mensch), Macht (Löwe), Dienst (Stier) und
Schnelligkeit (Adler) ausdrücken. Es ist jedoch eher wahrscheinlich, daß
wir hier die höchsten Formen des Lebens haben, die Gott geschaffen hat.
Der Mensch wird zuerst erwähnt, weil er der Höhepunkt der Schöpfung
Gottes ist. Ihm folgt der Löwe, "König" unter den wilden Tieren, der
Stier, eines der stärksten Haustiere, und der Adler, der "Herr" der
Vögel. Hes 1,11 Hesekiel beschreibt nun die Flügel der Cherubim.
Zwei der vier Flügel jedes Cherubs waren nach oben ausgebreitet. Sie
streckten sich über den Cherub hinaus und berührten einander. Dies ergab
ein großes viereckiges "Gehäuse", bei dem je ein Cherub an einer Ecke
stand. Die anderen beiden Flügel benutzten die Cherubim, um ihren Leib
zu bedekken . Weil diese Wesen in Gottes heiliger Gegenwart dienten,
bedeckten sie in Verehrung ihre Leiber (vgl. Jes 6,1-3 ). Hes 1,12-14 Die Cherubim bewegten sich immer vorwärts. Sie
konnten in jede Richtung gehen, ohne ihre Gesichter zu drehen . In ihren
Bewegungen wurden sie durch den Geist , der wohl Gottes Geist ist,
geleitet. Diese Wesen, die bereits als "helles Licht ...
glühendes Metall ... blendendes Kuper" (V. 4.7 ) beschrieben wurden,
werden auch wie brennende Kohlen im Feuer oder wie Fackeln geschildert.
Die glühenden Kohlen wurden von Feuer durchzuckt, das zwischen den Wesen
hin und her fuhr . Dies scheint eine Vordeutung auf Hesekiels Botschaft
des brennenden Gerichtes Gottes über Juda zu sein. b. Die vier Räder ( 1,15 - 21 ) Unter den Cherubim sah Hesekiel etwas, das Rädern
glich. Er beschreibt diese Räder zunächst allgemein (V. 15 -18 ) und
sagt dann, wie diese Räder mit den Cherubim in Verbindung standen (V. 19
- 21 ). Hes 1,15-18 Auf dem Boden neben jedem Cherub war ein Rad .
Jedes Rad funkelte wie Chrysolith ( tarSIS ). Welcher kostbare Stein mit
diesem hebräischen Wort gemeint ist, läßt sich nicht genau bestimmen. Es
könnte sich umeinen gelben Jaspis oder einen anderen goldfarbigen Stein,
einen Beryll, der gewöhnlich blaßgrün ist, oder um einen Chrysolith
gehandelt haben, der durchsichtig gelb oder grün ist. Jedenfalls
funkelten die Räder mit gelbgrünem Glanz. Die beiden Räder jedes Cherub hatten eine
ungewöhnliche Form. Ein Rad griff rechtwinklig in das andere Rad hinein.
So konnten sie in vier Richtungen rollen, ohne sich zu wenden, und sich
so mit den Cherubim bewegen. Die große, unheimliche (vgl. V. 22 ) Höhe
der Räder ließ sie furchteinflößend aussehen. Dieses unheimliche
Aussehen wurde noch dadurch verstärkt, daß die Felgen der
Räder rundherum voller Augen waren. Dieses ungewöhnliche Merkmal soll
vermutlich die göttliche Allwissenheit darstellen (vgl. 2Chr 16,9; Spr
15,3 ), wobei die Augen den alles-sehenden Einen versinnbildlichen, der
auf dem Thronwagen saß. Hes 1,19-21 Die Aussage, der Geist der Lebewesen war in den
Rädern , könnte bedeuten, daß die Räder wie Erweiterungen der Cherubim
an Gottes Thronwagen waren. Hesekiel sieht den Gott des Universums auf
einer mobilen Plattform. So wie er die Cherubim dirigierte, bewegten sie
die Räder und der Wagen zog seinen Weg. c. Die Ausdehnung ( 1,22 - 24 ) Hes 1,22-24 Die ausgestreckten Flügel der Cherubim berührten
einander. Über ihren Flügeln war ein Gebiet, das nach Hesekiel wie eine
Ausdehnung ( rAqIaZ ) aussah. Es handelt sich hier um keinen leeren
Raum. Das gleiche Wort wird benutzt, um die Ausdehnung zu beschreiben,
die Gott am zweiten Tag der Schöpfung geschaffen hat ( 1Mo 1,6-7 ).
Diese "Ausdehnung" wird dort als etwas Festes gesehen ( rAqIaZ kommt
von rAqaZ , "stoßen", "stampfen", "breit schlagen", "ausbreiten"), das
die Wasser oberhalb trug. Der leuchtende Glanz der Ausdehnung über den
Cherubim erinnerte Hesekiel an Eiskristalle , die im Licht der Sonne
glitzern. Interessant ist, daß der Apostel Johannes die Ausdehnung um
Gottes Thron herum "klar wie Kristall" sah ( Offb 4,6 ). Wenn die Flügel der Cherubim sich bewegten,
hatten sie einen Klang wie Wasserrauschen eines Wassers, das in einem
Gebirgsbach fließt; ein Geräusch, das so intensiv war wie die Stimme
Gottes (vermutlich eine Anspielung auf den Donner, der hin und wieder
als Gottes Stimme gesehen wird; Hi 37,4-5;40,14; Ps 18,14; 104,7 ).
Dieser Mißklang erinnerte Hesekiel an das Geräusch eines Heeres im
Kampf. Wenn die Cherubim stehenblieben, senkten sie ihre Flügel . d. Der Thron ( 1,25 - 28 ) Hes 1,25-28 Als die Cherubim anhielten und der Klang ihrer
Flügel aufhörte, wurde sich Hesekiel eines anderen Geräusches bewußt. Es
war eine Stimme von oben , über der Ausdehnung über ihren Köpfen . Dies
war die Stimme Gottes, der auf dem Thron saß. Als Hesekiel instinktiv
nach oben blickte, sah er über der Ausdehnung etwas, das wie ein Thron
aus Saphir aussah. "Saphir" ( ?eBen-sappIr ) oder, was richtiger
ist, lapis lazuli ist ein azurblauer Stein, der seit ältesten Zeiten als
wertvoll gilt. Er wird geschnitten und poliert und als Schmuck benutzt. Auf diesem blauschimmernden Thron saß einer,
der wie ein Mensch aussah. Hesekiels Blick wurde zuerst von dem oberen
Teil seines Körpers und dann von dem unteren Teil gefangengenommen.
Obwohl Hesekiel die Cherubim sehr detailliert beschreiben konnte, konnte
er von Gott nur sagen, daß er aussah wie glühendes Metall und Feuer .
Der Glanz seiner Herrlichkeit war so groß, daß Hesekiel nur seine Form
sehen konnte, bevor er gezwungen war, niederzuschauen. Dann bemerkte
Hesekiel einen Schein um die Gestalt herum, der wie
ein Regenbogen aussah. Die bunten Farben des Regenbogens strahlten aus
dem hellen Licht der Herrlichkeit Gottes hervor. Der Apostel Johannes
beschreibt die gleiche Herrlichkeit in seiner Vision des Thrones Gottes
im Himmel ( Offb 4,3 ). Damit nun niemand daran zweifelte, was Hesekiel
sah, machte er deutlich, daß es die Erscheinung der Herrlichkeit des
HERRN war. Die Herrlichkeit des Herrn wird 16mal im Buch Hesekiel
erwähnt ( Hes 1,28; 3,12.23; 8,4; 9,3; 10,4.18-19; 11,22-23; 39,21;
43,2 [zweimal] 43,4-5; 44,4 ; vgl. die Anmerkungen unter "Struktur und
Stil" in der Einführung ). Hesekiel sah eine Theophanie, eine
Erscheinung Gottes in einer Vision. Durch die Worte "Erscheinung" und
"Gleichheit" machte Hesekiel deutlich, daß er Gott nicht direkt gesehen
hat. Dies hätte seinen unmittelbaren Tod bedeutet (vgl. 2Mo 33,18-23;
Joh 1,18 ). Hesekiel antwortete auf diese Vision durch
demütige Unterwerfung, er fiel auf sein Angesicht (vgl. Hes 3,23 ). Als
er sich selbst vor Gottes Majestät zu Boden warf, hörte er Gott
sprechen. Dies war vermutlich die gleiche Stimme, die bereits in Hes
1,25 erwähnt wird. e. Die Aufgabe Hesekiels ( 2,1 - 7 ) Als Gott sprach ( Hes 1,28 ), gab er Hesekiel
Vollmacht ( Hes 2,1-2 ), ließ ihn seine Bestimmung wissen (V. 3 - 5 )
und ermahnte ihn, treu zu sein (V. 6 - 7 ). Hes 2,1-2 Gott sagte Hesekiel, daß er aufstehen und seine
Botschaft empfangen solle. Sohn der Menschen ( ben-?AdAm ) erscheint
93mal im Buch Hesekiel als Bezeichnung des Propheten. Es betont seine
Menschlichkeit vor Gott und scheint die Distanz zwischen Mensch und Gott
zu unterstreichen. Das Wort "Sohn" spricht von einem familiären und
erblichen Verhältnis, übersteigt aber häufig das rein biologische und
meint eine Zugehörigkeit und Identifikation mit jemandem oder etwas
(vgl. "Söhne Gottes"; 1Mo 6,2.4 ; "Söhne des Morgensterns"; Jes 14,12 ).
Durch diesen Titel betonte Gott Hesekiels Zugehörigkeit zum menschlichen
Geschlecht. Als Gott Hesekiel sagte, daß er aufstehen solle,
befähigte er ihn auch durch den Heiligen Geist zu stehen. In
alttestamentlichen Zeiten wohnte der Heilige Geist nicht in allen
Gläubigen, sondern nahm zeitweise von Personen, die für den Dienst
Gottes auserwählt waren, Besitz (vgl. 2Mo 31,1-11; 1Sam 10,9-11; Ps
51,12; Hes 3,24 ). Hes 2,3-5 Hesekiels Aufgabe war schwierig. Seine Botschaft
sollte sich an ein abtrünniges Volk richten ("abtrünnig" kommt in Hes
2 und 3 achtmal und auch im restlichen Buch Hesekiel achtmal vor), an
Menschen, die verhärtet (vgl. Hes 3,7 ) und verstockt waren. Statt
Gottes Gericht anzuerkennen und ihre Sünden zu bekennen, sahen die
jüdischen Weggeführten ihre Gefangenschaft in Babylon als eine zeitlich
begrenzte Sache an, die schon bald durch ihre Rückkehr nach Jerusalem
ein Ende haben würde. Sie wollten ihre Sünde nicht zugeben oder glauben,
daß das Gericht über ihr ungehorsames Volk so bald kommen würde. Hesekiels Aufgabe war, Gottes Wort zu verkünden.
Ob sie darauf eingingen, stand in der Verantwortung der Menschen selbst.
Am Ende aber (wenn die Ereignisse eintraten) würden sie (das abtrünnige
Haus ; vgl. die Anmerkungen zu Hes 3,9 ) wissen, daß ein Prophet in
ihrer Mitte gewesen war. Als Prophet würde
Hesekiel ein Werkzeug für den allmächtigen HERRN ( ?ADOnAy Yahweh )
sein. Hesekiel benutzt diesen Titel Gottes 217mal. An anderen Stellen im
AT kommt er nur 103mal vor ( Theological Dictionary of the Old
Testament . Grand Rapids:
Wm. B. Eerdmans Publishing Co., s. u. ?ADNn , ?ADOnAy , 1:62-63).
Dieser Name betont sowohl Gottes höchste
Autorität als auch seine Bündnistreue. Hes 2,6-7 Dreimal sagte Gott Hesekiel: fürchte dich nicht .
Er brauchte diese Ermutigung, denn die Aufgabe war schwierig ( Gestrüpp
und Dornen sind um dich herum ) und sogar gefährlich ( du lebst unter
Skorpionen ). Hesekiel lernte seine Lektion gut. Nirgendwo im Buch gibt
es einen Hinweis darauf, daß er feige war oder zögerte, Gottes Botschaft
zu verkünden. Gott sagte Hesekiel, daß er seine Worte
sprechen soll. Die Verse 7 - 8 bilden eine Brücke zwischen zwei
Hauptabschnitten. Der erste Abschnitt ( Hes 1,4-2,7 ) berichtet uns die
Vision, während der nächste Abschnitt ( Hes 2,8-3,11 ) die Botschaft
Hesekiels enthält. Dieser Eine, der Hesekiel die Worte gab, die er sagen
sollte, war der allmächtige Herr, den Hesekiel gerade in der Vision
gesehen hatte. 3. Die Botschaft für sein Wirken ( 2,8 - 3,11 ) Hesekiels Vision der Herrlichkeit Gottes bot die
Perspektive und Motivation für seine Aufgabe. Aber er benötigte auch
eine Botschaft, deren Inhalt von Gott stammte (vgl. das "Wort des
Herrn"; Hes 1,3 ). Der Prophet sollte Gottes Wort empfangen ( Hes
2,8-3,3 ) und dann weitersagen ( Hes 3,4-11 ). a. Hesekiel empfängt Gottes Wort ( 2,8 - 3,3 ) Hes 2,8 Israel hatte sich gegen Gottes Anweisungen
gesträubt und sich gegen Gott und sein Wort aufgelehnt (V. 3 ). Aber
Hesekiel sollte seinen Mund auftun und essen , was Gott ihm gab. Er
sollte empfänglich sein und Gottes Wort tun. Hes 2,9-10 Nun wurde Hesekiel die Botschaft selbst
offenbart. Eine Hand (vermutlich die Hand Gottes) streckte sich vom
Thron mit einer Rolle zu ihm aus. Derjenige, der sprach, gab Hesekiel
die Rolle ( Hes 3,2 ). Diese Schriftrolle war auf beiden
Seiten beschrieben. Solche Rollen waren das gewöhnliche Schreibmedium,
auf dem man in Israel Gottes Wort aufschrieb und bewahrte. Blätter aus
Leder, Papyrus oder Pergament wurden zu langen Rollen zusammengefügt.
Man schrieb in vertikalen Spalten. Nur sehr selten wurden beide Seiten
einer Rolle beschrieben (aber vgl. Offb 5,1 ). Es hat schon viele
Auslegungsversuche dazu gegeben, warum hier beide Seiten beschrieben
waren. Die beste und einfachste scheint zu sein, daß Gott soviel zu
sagen hatte, was Hesekiel Israel weitergeben sollte, daß er beide Seiten
beschreiben mußte. Die Botschaft bestand aus Worten von Klage, Ach
und Wehe . Dies trifft sehr genau den Inhalt von Hes 4-32 .Es ist jedoch
nicht mit dem Rest des Buches in Übereinstimmung zu bringen, in dem der
Prophet von der Wiederherstellung Israels spricht. Dies könnte zum Teil
erklären, warum Hesekiel noch einmal berufen wurde ( Hes 33 ) - der
Inhalt seiner Botschaft wurde in seinem Kern geändert, nachdem seine
Botschaft des Wehe erfüllt worden war. Hes 3,1-3 Gott hatte dem Propheten bereits geboten, zu
essen, was er ihm geben werde ( Hes 2,8 ). Nun wiederholte Gott seine
Anordnung und sagte ihm, daß er die Rolle, die er gerade erhalten habe,
essen solle. Der Zweck dieses Tuns war, daß er dann gehen und zu dem
Haus Israel (vgl. die Anmerkungen zu Hes 3,4 über
"Israel") sprechen konnte. Seine Aufgabe als Prophet war, Gottes Wort an
Gottes Volk zu überbringen. Als Hesekiel die Rolle aß, schmeckte sie süß wie
Honig . Obwohl es eine Botschaft des Gerichts war, war sie doch Gottes
Wort. Die Süße kam nicht aus dem Inhalt dieser Worte (Gericht), sondern
aus deren Quelle (Gott). Die gleiche Aussage finden wir bei David ( Ps
19,11 ), Jeremia ( Jer 15,16 ) und dem Apostel Johannes ( Offb
10,9-11 ). b. Hesekiel soll Gottes Wort überbringen ( 3,4 - 11 ) Hes 3,4 Nachdem er Gottes Wort empfangen hatte, erhielt
Hesekiel den Auftrag, es zu verkünden. Der Empfänger dieser Botschaft
sollte das Haus Israel sein. Bezog sich dies auf ganz Israel (auch die,
die noch in Palästina lebten) oder nur auf die Israeliten in der
babylonischen Gefangenschaft? Der parallele Befehl in Vers 11 weist
darauf hin, daß im wesentlichen nur die "in der Wegführung" im Blickfeld
sind. Aber dennoch darf der Ausdruck "Haus Israel" nicht auf sie
eingeschränkt werden. An vielen der 101 Stellen im Buch Hesekiel meint
dieser Ausdruck (oder Abwandlungen desselben) mehr als nur die
Israeliten in der Gefangenschaft (vgl. Hes 6,11; Hes 8,11-12 ).
Hesekiels Botschaft gilt dem gesamten "Haus" (d. h. Volk) Israel, auch
wenn er sie nur einem kleinen Teil dieses Hauses, der in der
Gefangenschaft lebte, direkt überbracht hatte. Gottes besondere Aufgabe für Hesekiel war, seine
(Gottes) Worte zu ihnen (Israel) zu reden . Auf den ersten Blick
scheinen diese Verse 2.3 - 7 zu wiederholen, aber der Blickwinkel hier
ist anders. In Hes2,3-7 war Hesekiel zum Propheten berufen worden,
in Hes 3,4-9 wird er für diese Aufgabe ausgerüstet. Hes 3,5-6 Zu Hesekiels Aufgabe gehörte es nicht,
Sprachbarrieren zu überwinden. Er wurde zu keinem Volk mit unbekannten
Worten und schwieriger Sprache geschickt . Unbekannte (wörtl.: "tiefe")
Worte meinen Worte, die unverständlich oder zumindest schwierig zu
verstehen sind (z. B. die Sprache der Assyrer; Jes 33,19 ). Die
Worte schwierige Sprache (wörtl.: "schwere Zunge") können eine
schwerfällige oder zähe Aussprache meinen. Mose benutzte diesen
Ausdruck, um seine fehlende Redegabe zu umschreiben ( 2Mo 4,10 ). Hier
in Hes. Hes.3,5 ist vermutlich gemeint, daß die Worte aufgrund der
sprachlichen Barriere schwer zu verstehen sind (V. 6 ). Hesekiel mußte
keine solche Schwierigkeiten überwinden. Seine Botschaft galt keinem
fernen Land mit einer exotischen Sprache. Sie galt Israel. Aber obwohl
es wegen des Sprachproblemes schwer gewesen wäre, in eine andere Kultur
und Nation zu gehen, wären die Ergebnisse anderswo lohnender gewesen.
Wäre Hesekiel zu einem anderen Volk gegangen, hätte es auf ihn gehört .
Die nichts von dem wahren Gott des Universums wissen, wären
empfänglicher für seine Worte gewesen als die, die sich nach seinem
Namen nennen. Hes 3,7 Schließlich warnte Gott Hesekiel noch, keine
dramatischen Ergebnisse von seinem Dienst zu erwarten (vgl. Jes 6,8-13;
Jer 1,11-19 ). Anders als bei fremden Nationen, wo Hesekiel offen
empfangen worden wäre, war Israel nicht bereit, auf ihn zu hören. Israel
würde ihn abweisen , weil es Gott abgewiesen hatte. Die Menschen waren
nicht bereit, zu "hören" oder auf Hesekiel einzugehen, weil sie nicht
bereit waren, auf Gott zu hören . Ihre geistliche Taubheit hatten sie
sich über lange Jahre der Begegnung mit und Ablehnung von Gottes Wort
erworben, das ihnen in den Propheten immer wieder begegnet ist. Israels
Antwort auf Gott in der Vergangenheit war ein Vorbote der Antwort, die
auch Hesekiel erwarten konnte. Die Krankheit des Volkes erstreckte sich auf
das ganze Haus Israel . Damit ist nicht gemeint, daß jeder einzelne
Israelit Gott verworfen hatte, denn Habakuk, Jeremia, Hesekiel und
Daniel z. B. dienten ihrem Gott treu. Gott sprach hier von allen Teilen
Israels, nicht von jedem Israeliten. Der Abfall war in das königliche
Haus, den Tempel, die Gerichte und in jede Stadt im ganzen Land
gekommen. Auch wenn hier und da einzelne immer noch zu Gott standen,
hatte sich das Volk als Ganzes von ihm abgewandt. Hes 3,8 Gottes Botschaft des Gerichts einem unbeugsamen
Volk zu bringen, war eine schwere Aufgabe. Gott ermutigte Hesekiel,
indem er ihm die nötige Kraft anbot. Der Prophet brauchte sich nicht vor
der Schwere seiner Aufgabe zu fürchten. Gott versprach, ihn so unbeugsam
und hart zu machen, wie die Menschen es waren. Das Wort für "hart"
( HAzAq ) ist das gleiche Wort, das auch in Hesekiels Namen verwendet
wird - y+=HezqE?l , "Gott wird stärken" oder "Gott wird hart machen".
Jedesmal wenn Hesekiel seinen Namen hörte, wurde er an Gottes verheißene
Kraft erinnert. Hes 3,9 Gott sagte auch, daß er Hesekiels Stirn wie den
härtesten Stein machen würde, härter als Kiesel . Im Bild bedeutet die
"Stirn" einen festen Vorsatz oder ein hartes Vorgehen (vgl. Jes 48,4;
50,7 ; "Gesicht" heißt hier wörtl.: "Stirn"; Jer 3,3 ; "der freche Blick
einer Hure" heißt wörtl.: "die Stirn einer Hure"; Hes 48,45 ). Hesekiels
Entschlossenheit würde nicht wanken, wenn er Widerstand begegnete.
"Kiesel" oder "Feuerstein" ist der härteste Stein in Palästina. Die
Israeliten stellten daraus Messer (vgl. Jos 5,2-3 ) und andere Werkzeuge
her. Hesekiels Stärke und Entschlossenheit, die Gott ihm verliehen
hatte, würde jeder Gegnerschaft widerstehen können (vgl. Jer 1,18 ). Weil Gott Hesekiel Kraft gab, konnte er ihn nun
ermahnen, nicht erschrocken zu sein vor ihnen oder sich vor ihnen zu
entsetzen (vgl. Jer 1,17 ). Obwohl der Widerstand sicher kommen würde,
hatte Hesekiel nichts zu fürchten. Gottes Macht war mehr als
ausreichend, um die erwartete Gegnerschaft zu überwinden. Haus des
Widerspruchs ist ein Ausdruck für Israel, den Hesekiel zwölfmal benutzt
( Hes 2,5-6.8; 3,9.26-27; 12,3.9.25; 17,12; 24,3; 44,6 ), und mit dem er
offensichtlich die Ablehnung der Menschen gegen Gott deutlich machen
will. Hes 3,10-11 Um ein genauer Überbringer von Gottes Offenbarung
zu sein, sollte Hesekiel sorgfältig hören und sich Gottes Wort zu Herzen
nehmen. Die Empfänger seiner Botschaft waren seine Landsleute in der
Gefangenschaft, auch wenn die Breite seiner Ankündigungen über diese
Gruppe hinausging und ganz Israel einschloß. Hesekiel sollte diesen Weggeführten
verkünden: Dies ist, was der Höchste, der HERR, sagt . Mit Worten, die
an Hes 2,4-5 erinnern, wird Hesekiel noch einmal an seine Aufgabe
erinnert. Er mußte Gottes Wort genau verkünden, gleichgültig welche
Reaktionen er darauf erhielt. Einige würden hören, sie würden gehorchen,
andere würden nicht hören, sie würden den Gehorsam verweigern (vgl. Hes
2,5 ). 4. Die Motivation für sein Wirken ( 3,12 - 27 ) Hesekiels Vision der Herrlichkeit Gottes hatte
ihm die nötige Perspektive für seine Aufgabe gegeben ( Hes 1,4-2,7 ).
Auch die Botschaft , die er überbringen sollte, hatte Gott für ihn
bereitet ( Hes 2,8-3,11 ). Nun brauchte er die Motivation , die ihn in
seiner Aufgabe antreiben konnte. Diese Motivation erhielt er durch die
"Hand des Herrn" (vgl. Hes 1,3 ). Zuerst wurde er von dem Geist zu
seinem Dienstort geführt ( Hes 3,12-15 ), dann setzte Gott ihn als
Wächter über Israel in sein Amt ein (V. 16 - 21 ) und schließlich
auferlegte dieser dem Propheten einige physische Beschränkungen (V. 22
-27 ). a. Die Leitung durch den Geist ( 3,12 - 15 ) Hes 3,12-14 a Nachdem er die Vision von Gott geschaut hatte,
wurde Hesekiel durch den heiligen Geist nach Tel-Abib (V. 15 )
zurückgebracht. (Vgl. die Anmerkungen zu Tel-Abib unter "Historischer
Hintergrund" in der Einführung .) Dies geschah, als der Geist ihn
aufhob . Der "Geist", der Hesekiel emporhob, ist der gleiche Geist, der
in ihn gekommen war ( Hes 2,2 ). Dies ist der Heilige Geist, der Gottes
Knechte in alttestamentlicher Zeit göttlich bevollmächtigte. Mehrmals
brachte der Heilige Geist Hesekiel (wohl geistig, nicht körperlich;
vgl. Hes 8,3; 11,1.24; 37,1; 43,5 ) an verschiedene Orte und gab ihm
Informationen. Hesekiel begann, dieses Emporheben durch den
Heiligen Geist zu beschreiben ( Hes 3,12 ), kam aber später nicht mehr
darauf zu sprechen (V. 14 ), weil er durch ein lautes, rauschendes
Getöse abgelenkt wurde. Nach einem eingeschobenen Lobpreis (V. 12 b)
erklärte Hesekiel, daß dieses rauschende Getöse von den Flügeln
der Cherubim kam, die gegeneinander schlugen, und von den Rädern.
Hesekiel wurde durch den Geist auf Gottes Thronwagen hinweggeführt und
war durch das Geräusch, das bei dieser Bewegung entstand, überrascht
(vgl. Hes 1,24 ). In seiner Beschreibung dieses "Transportes" durch
den Geist Gottes fügte Hesekiel ein: " Möge die Herrlichkeit des
HERRN (vgl. die Anmerkungen zu Hes 1,28 ) gepriesen sein in seinem
Wohnort (so V. 12 b in einigen Übersetzungen). Überwältigt von dem
Anblick und dem Geräusch der Herrlichkeit Gottes antwortete er mit
diesem spontanen Lob Gottes. Hes 3,14-15 (Hes 3,14b-15) Als Hesekiel durch den Heiligen Geist
zurückgebracht wurde, war sein eigener Geist grimmig. Er sagte: Ich ging
in Bitterkeit und Ärger meines Geistes . "Bitterkeit" ( mar ) vereinigt
in sich Schmerz ( 1Mo 27,34 ), Unzufriedenheit ( 1Sam 22,2 ) und
wütenden Zorn ( 1Sam 17,8 ). Von diesen drei Bedeutungen ist hier
aufgrund des parallelen "Ärger ( HEmCh , "Hitze", "Wut") meines Geistes"
wohl am stärksten der wütende Zorn Hesekiels gemeint. Als er sich mit
Gott verband, hatte er die gleichen Empfindungen gegenüber der Sünde
Israels wie Gott. Hesekiel wurde in seinem Dienst durch
die mächtige Hand des HERRN geführt. "Die Hand des Herrn" wird auch
in Hes 1,3; 3,22; 8,1; 33,22; 37,1 erwähnt. Die Vorstellung der "Hand
des Herrn" (oder "Gottes") - die fast 190mal im Alten Testament vorkommt
- spricht von Gottes Macht oder Autorität. Hesekiel kehrte zu den Weggeführten in Tel-Abib
nahe dem Flusse Kebar zurück (vgl. Hes 1,3 und siehe den Abschnitt
"Historischer Hintergrund" in der Einführung ). Er saß unter ihnen
sieben Tage lang - überwältigt . Der Charakter der Vision, die er gerade
erlebt hatte, und die Größe der Aufgabe, die vor ihm stand,
überwältigten ihn. Er brauchte Zeit, seine Gedanken zu sammeln und sich
für seinen Dienst vorzubereiten. b. Die Einsetzung als Wächter ( 3,16 - 21 ) Hes 3,16-19 Nach sieben Tagen der Stille wurde Hesekiels
Einsamkeit durch Gottes Worte unterbrochen. Gott ernannte ihn
zum Wächter für das Haus Israel . "Wächter" wird mehrere Male von
Propheten benutzt (vgl. Jes 56,10; Jer 6,17 ). Wächter standen auf den
Stadtmauern, auf Hügelkuppen oder besonderen Wachttürmen. Ein Wächter
mußte auf herannahende Feinde achten und die Bevölkerung der Stadt vor
einem drohenden Angriff warnen. So konnten außerhalb der Stadt wohnende
Menschen in ihr Schutz suchen, und die Menschen in der Stadt hatten
genügend Zeit, ihre Tore zu schließen und die Verteidigung einzurichten. In ähnlicher Weise war Hesekiel als Wächter
Gottes dafür zuständig, Israel vor dem kommenden Gericht zu warnen. Er
sollte sowohl die Gottlosen ( Hes 3,18-19 ) als auch die Gerechten
(V. 20 - 21 ) warnen. Ein Gottloser sollte gewarnt werden, von seinen
bösen Wegen umzukehren, um sein Leben zu retten . Obwohl das AT wie das
NT sehr deutlich die geistlichen Folgen der Sünde aufzeigen, stehen hier
stärker die physischen Folgen im Mittelpunkt. Ein Gottloser, der sich
nicht an Gottes Warnung halten wollte, würde für seine Sünde sterben .
Da alle Menschen von Geburt an geistlich tot sind, geht es hier
offensichtlich um den physischen Tod. Wenn die Armeen Nebukadnezars
kommen würden, erwartete den Gottlosen der Tod durch die Hand der
Feinde. Hes 3,20-21 Der Gerechte mußte ebenfalls gewarnt werden,
damit er sich nicht von seiner Gerechtigkeit abwandte und Böses tat .
Wenn ein Gerechter den Pfad der Gerechtigkeit verließ, dann erwartete
auch ihn der Tod. Damit ist nicht gemeint, daß ein einzelner seine
Errettung verliert. Der "Gerechte", der hier beschrieben wird, ist
jemand, der sich äußerlich an Gottes Anordnungen hält, und der "Tod" ist
hier der physische Tod (vgl. die Anmerkungen zu V. 18 - 19 ). Wer Gottes
Gesetz gehorsam war, würde während dem kommenden Gericht bewahrt werden.
Wer aber das Gesetz brach, würde sterben. Wenn Hesekiel nicht vor der herannahenden Gefahr
warnen würde, würde Gott von seiner Hand das Blut der Menschen fordern .
Das Prinzip der Verantwortung für das Blut anderer wird in 1Mo
9,5-6 aufgerichtet. Wenn Hesekiel die Menschen nicht warnen würde, würde
er als ihr Mörder gelten, so, als hätte er sie selbst getötet. Wenn er
jedoch seine Aufgabe erfüllte, dann würde er sich selbst gerettet
haben ( Hes 3,19.21 ). Das Wort "retten" ( nAQal , "befreien",
"herausreißen", "retten") sollte hier mit "befreien" übersetzt werden,
da es nicht von einer ewigen Errettung spricht. Vielmehr sollte Hesekiel
durch seine Warnung sich selbst von jeder Verantwortung für das kommende
Elend freimachen. Alle Menschen, die auf diese Warnung nicht hören
wollten, waren dann selbst an ihrem Untergang schuld. c. Die physischen Beschränkungen durch den Herrn ( 3,22 - 27 ) Hes 3,22-23 Hesekiel wurde in die Ebene hinausgerufen , um
Gott zu begegnen. "Ebene" ( biqZCh ) bedeutet eigentlich "Tal". Es
bezieht sich auf eines der vielen weiten Täler im mesopotamischen
Stromgebiet (vgl. 1Mo 11,2 ). Wo diese "Ebene" genau lag, auf die
Hesekiel hinausgerufen wurde, wissen wir nicht. In der Ebene sah Hesekiel die Herrlichkeit des
HERRN (vgl. die Anmerkungen zu Hes 1,28 ) zum zweiten Mal Wieder
reagierte er darauf mit demütiger Unterwerfung - er fiel auf sein
Angesicht (vgl. Hes 1,28 ). Hes 3,24 Dann kam der Geist in ihn und ließ ihn aufstehen.
Zur Zeit des AT war die Innewohnung des Heiligen Geistes nicht dauerhaft
(vgl. die Anmerkungen zu Hes 2,2 ). Der Geist fuhr erneut in Hesekiel,
um ihm für seinen Dienst Kraft und Vollmacht zu verleihen. Gott auferlegte dem Propheten nun verschiedene
Beschränkungen. Die erste war, daß er sich in seinem Haus einschließen
sollte. Das bedeutete nicht, daß Hesekiel sein Haus nie verlassen durfte
(vgl. Hes 5,2; 12,3 ), sondern daß er keine öffentliche Gemeinschaft mit
den Menschen haben sollte. Oft kamen die Führer zu ihm in sein Haus, um
dort Gottes Wort zu empfangen (vgl. Hes 8,1; 14,1; 20,1 ). Hes 3,25 Hesekiel würde in seinem Haus bleiben, da ihn
die Leute mit Seilen binden würden, so daß er nicht mehr unter die Leute
gehen konnte. Manche Ausleger schließen daraus, daß Gott Hesekiel aus
der Sorge um seine physische Sicherheit gesagt habe, zuhause zu bleiben,
denn seine Widersacher würden sonst versuchen, ihn physisch von der
Verkündigung des Wortes Gottes abzuhalten. Aber er gibt keinerlei
Hinweis darauf, daß Hesekiel irgendwann einmal physisch gebunden oder
mit Gewalt zurückgehalten wurde. Viel wahrscheinlicher ist, daß es sich
hier um Bildsprache handelt. Hesekiel war gebunden. Er durfte nicht
unter den Menschen leben, sondern war wegen ihrer Feindschaft gegen
seine Botschaft auf sein Haus beschränkt. Es war eine von Gott
auferlegte Beschränkung, die den Menschen ihre Auflehnung zeigen sollte. Hes 3,26 Gott ließ Hesekiel noch von einer anderen
Beschränkung wissen: Seine Zunge würde an seinem Gaumen kleben .
Hesekiel war zeitweise stumm, so daß er nicht mehr zu den Menschen reden
konnte. Dies war jedoch kein Dauerzustand (V. 27 , vgl. Hes 33,22 ). Es
war ein Zeichen für das Haus des Widerspruchs (vgl. Hes 3,27 und die
Anmerkungen zu Hes 2,3 und Hes 3,9 ), für ihre Sünde. Hes 3,27 Manche sehen zwischen Hesekiels Berufung zum
Wächter (V. 16 - 21 ) und seinem Verbot, zu den Menschen zu sprechen
(V. 26 ), einen Widerspruch. Die Lösung dieses Problemes finden wir in
Vers 27 . Hesekiels Schweigen war ihm als Mensch auferlegt. Von nun an
sprach Hesekiel nur noch, wenn Gott es ihm sagte. Gott sagte: Aber wenn
ich zu dir rede, will ich deinen Mund öffnen . Wenn er schwieg, dann
weil Gott nicht gesprochen hatte. Wenn er sprach, dann weil Gott ihm
eine Botschaft gegeben hatte. Als Wächter sollte er seinen Mund öffnen
und sagen: Dies ist, was der Höchste, der HERR, sagt . Der Abschnitt schließt: Wer auch immer hören
will, soll hören, und wer es ablehnt, der soll es ablehnen . Der erste
Teil des Satzes heißt wörtlich: "Laß den Hörer hören" oder "Der, der
hört, wird hören". Gemeint ist, daß die Aufnahme oder Verwerfung der
Botschaft Hesekiels davon bestimmt würde, ob ein Mensch offen war für
Gott oder nicht. Wer für Gott ein offenes Ohr hatte, würde auch die
Botschaft Hesekiels annehmen. Wer dagegen Gott verwarf, würde auch seine
Botschaft verwerfen. Diese Worte sind dem sehr ähnlich, was Christus
während seines Dienstes auf dieser Erde gesagt hat: "Wer Ohren hat zu
hören, der höre" ( Mt 11,15; 13,9.43; Mk 4,9.23; Lk 8,8; 14,35 ). B. Hesekiels Weissagungen gegen Juda und
Jerusalem ( Hes 4-24 ) Hesekiels Dienst begann mit einer persönlichen
Begegnung mit Gott. Dann erschien Gott Hesekiel und gab ihm sein Wort
des Gerichtes für Israel. Er setzte Hesekiel als Wächter ein, der den
Auftrag hatte, Alarm zu schlagen. Die Kapitel 4 - 24 enthalten diesen
Schrei des Wächters. In den Kap. 4 - 11 spricht Hesekiel von der
Notwendigkeit des Gerichtes, das wegen des Ungehorsams des Volkes kommen
mußte. Dann griff der Prophet die Nutzlosigkeit eines falschen
Optimismus an ( Hes 12-19 ) und stellte schließlich dessen gegenwärtigen
Ungehorsam und das zukünftige Gericht in das rechte Licht, indem er die
Geschichte des Verfalls von Juda noch einmal schilderte ( Hes 20-24 ). 1. Die Unausweichlichkeit des Gerichts wegen des
Ungehorsams ( Hes 4-11 ) Hesekiels Aufgabe war, Israel mit seiner Sünde zu
konfrontieren und es vor der drohenden Zerstörung zu warnen (vgl. Hes
3,17 ). Hesekiel benutzte verschiedene Mittel, um zu zeigen, daß das
Gericht unausweichlich geworden war. Dazu gehörten Zeichen ( Hes 4-5 ),
Predigten ( Hes 6-7 ) und Visionen ( Hes 8-11 ). Immer betonte er dabei
die Sünde und das Leiden, das sie mit sich bringt. a. Vier Zeichen des kommenden Gerichts ( Hes 4-5 ) Obwohl Hesekiel in seinem Haus bleiben mußte
( Hes 3,24 ), erwartete Gott dennoch von ihm, daß er seine
Gerichtsbotschaft überbrachte. Um das Interesse zu wecken, benutzte
Hesekiel Gegenstände und Bild-Handlungen, die er vermutlich auf seinem
Hof oder im Eingang seines Hauses den Leuten zeigte. Sie waren Zeichen
der kommenden Belagerung gegen Jerusalem. (1) Das Zeichen des Ziegelsteines ( Hes 4,1-3 ) Hes 4,1 Auf einen Ziegelstein sollte Hesekiel die Umrisse
der Stadt Jerusalem zeichnen. Der "Ziegelstein" ( l+BEnCh ) könnte eine
jener weichen Tontafeln gewesen sein, die von den Babyloniern als
Schreibtafeln benutzt wurden, es könnte jedoch auch einfach ein großer,
in der Sonne gebackener Ziegelstein, der in Babylon zum Hausbau benutzt
wurde (vgl. 1Mo 11,3 ), gewesen sein. Vermutlich handelte es sich um
letzteres, was dem gewöhnlichen Gebrauch dieses Wortes entspricht. Der
Umriß von Jerusalem war so eindeutig, daß Hesekiel ihn mit wenigen
Strichen zeichnen konnte und alle ihn sofort erkannten. Hes 4,2 Dann sollte Hesekiel eine Belagerung um den
Ziegelstein bauen. Weil Jerusalem eine so gut befestigte Stadt war,
würde es Monate dauern, bis Babylon sie eingenommen hatte. Der Zweck
einer Belagerung war, die Feinde auszuhungern und durch die
Unterbrechung des Nachschubes an Nahrung, Hilfsgütern und Waffen zu
zermürben. Vielleicht hatte Hesekiel kleine Holzmodelle oder
auch Lehmklumpen benutzt, um die babylonische Armee darzustellen, die
Jerusalem und belagert. Zuerst sollte er Bollwerke ( dAyEq ) gegen seine
"Stadt" errichten. "Bollwerke" waren Türme oder Wälle aus Erde, die um
ganz Jerusalem herum errichtet wurden (vgl. 2Kö 25,1; Jer 52,4 ). Sie
schützten die angreifenden Truppen vor Pfeilen, die von den Mauern
heruntergeschossen wurden, und gaben den Angreifern zusätzliche Höhe, um
ihre eigenen Pfeile über die Stadtmauern schießen zu können. Dann sollte Hesekiel einen Wall gegen die
Ziegelstein-Stadt bauen. Der "Wall", auch "Rampe" genannt, war eine
relativ sanft ansteigende Erhöhung, über die man Belagerungstürme und
Sturmböcke schieben konnte. Außerdem gab der Wall den Angreifern die
Gelegenheit, über die großen und unbeweglichen Grundsteine der
Stadtmauer zu gelangen und die kleineren und verletzlicheren oberen
Steine mit den Sturmböcken zu erreichen. Um den Nachschub und die Unterstützung in die
Stadt hinein und die Flucht Überlebender aus ihr heraus zu verhindern,
errichtete eine angreifende Armee Heerlager rund um sie herum. Hesekiel
sollte dies an seinem Modell ebenfalls tun. Später umlagerte
Nebukadnezar mit seinem Heer Jerusalem und ließ keinerlei Unterstützung
oder Flucht zu. Als dies nun alles geschehen war, wurden
die Sturmböcke herangebracht, um ihren Angriff zu beginnen. Ihr
ständiges Hämmern schwächte die Mauern der Stadt Schlag für Schlag. Hes 4,3 Wenn Nebukadnezars Belagerung (durch Hesekiel im
Modell dargestellt) seinen Griff um Jerusalem geschlossen hatte, dann
würden die Menschen Gott um Befreiung anrufen. Hesekiel stellte die
Vergeblichkeit dieses Rufens dadurch dar, daß er eine eiserne Pfanne wie
eine eiserne Mauer zwischen sich und die Stadt stellt. Die "Pfanne"
(oder "Platte", maHXBaT ) war vermutlich eine Eisenplatte, die von den
Israeliten benutzt wurde, um Brot oder Kuchen darauf zu backen (vgl. 3Mo
2,5 ). Einige Ausleger meinen, daß die Eisenpfanne aufgestellt werden
sollte, um die Härte oder Unausweichlichkeit der Belagerung deutlich zu
machen, aber die lebendige Schilderung der Belagerung ( Hes 4,2 ) macht
eine solche Annahme unnötig. Wahrscheinlicher ist, daß die Pfanne eine
wegen ihrer Sünde undurchdringliche Grenze darstellte zwischen Gott und
Jerusalem ( Jes 59,2; Kl 3,44 ). Wenn die Belagerung andauerte, würde
Jerusalem um Hilfe schreien, aber Gott würde ihre Gebete nicht erhören. Hes 4,4-8 (2) Das Zeichen von Hesekiel, der auf der Seite
liegt ( Hes 4,4-8 ) Dieses Zeichen ist für die Ausleger das
schwierigste Zeichen im ganzen Buch, teils wegen der Zweideutigkeit des
Textes und teils wegen textkritischer Probleme. Gott sagte Hesekiel, daß er sich auf seine linke
Seite legen und die Sünde des Hauses Israel auf sich selbst nehmen
solle. Wenn Hesekiel sich mit seinem Kopf in Richtung Jerusalem
niederlegte (vgl. Dan 6,10 ), sah er nach Norden, wenn er auf seiner
linken Seite lag (und nach Süden, wenn er auf seiner rechten Seite
lag; Hes 4,6 ). Seine Ausrichtung nach Norden, was Israel, das
Nordreich, versinnbildlichte, sollte 390 Tage dauern. Allerdings blieb
Hesekiel nicht 24 Stunden am Tag in dieser Lage, denn das nächste
Zeichen bereits (V. 9 - 17 ) machte einige Aktionen nötig, die er in
dieser Zeit tun mußte. Vermutlich blieb er an jedem Tag eine bestimmte
Zeit lang in dieser Position. Nachdem er 390 Tage lang auf der linken Seite
gelegen hatte, sollte er sich auf seine rechte Seite legen und die Sünde
des Hauses Juda tragen . Sein Blick nach Süden bedeutet das Südreich
Juda. Es sollte 40 Tage dauern. Um das Eingeschlossensein während der
Belagerung zu verdeutlichen, ließ Gott Hesekiel mit Seilen
binden (V. 8 ). Offenbar war Hesekiel nur während der Zeit des Tages
gebunden, die er auf seiner Seite lag. Die Bedeutung des Tuns von Hesekiel ist nicht
ganz klar. Die Septuaginta (die griech. Übers. des AT) bringt noch mehr
Verwirrung dazu, weil sie aus den 390 Tagen 190 Tage macht (V. 5.9 ).
Diese Veränderung des Textes sollte offenbar diesen sinnvoller machen.
Dies zeigt, daß auch die Übersetzer der Septuaginta mit dem Verständnis
dieser Stelle Schwierigkeiten hatten. Das erste Zeichen (V. 1 - 3 ) machte die kommende
Belagerung Jerusalems sichtbar, das dritte und vierte Zeichen (V. 9 -
17 und Hes 5 ) die Folgen der Belagerung. Deshalb sprach auch dieses
zweite Zeichen vermutlich in irgendeiner Weise von der Belagerung und
Eroberung Jerusalems. Zwei Dinge machen dies zusätzlich wahrscheinlich:
(1) Die 390 Tage und die 40 Tage werden der Tag deiner Belagerung ( Hes
4,8 ) genannt. (2) Im dritten Zeichen rationierte Hesekiel Nahrung und
Wasser während der Zeit, die er auf seiner Seite lag, um den Mangel an
Nahrung und Wasser während der Belagerung zu verdeutlichen (V. 9.16 -
17 ). Aber warum nahm Gott die beiden Zahlen 390 und
40? Die Tage stellen die Jahre deiner Sünde (V. 5 ) dar. Jeder Tag stand
also für ein Jahr in Israels und Judas Geschichte. Aber waren die Jahre
Vergangenheit oder Zukunft? Wenn sie sich auf die Vergangenheit bezogen,
dann zeigten sie die Zahl der Jahre, die Israel und Juda gesündigt
hatten, bevor dieses Gericht über es kam. Wenn sie sich auf die Zukunft
bezogen, wollte Hesekiel die Zahl der Jahre beschreiben, die das Volk
durch Heiden unterdrückt würde, nachdem es unter Babylon gefallen war. Viele Theologen, die der letzten Auslegung
zustimmen, haben versucht, einen Punkt in der Geschichte zu finden, der
dieses Zeichen erfüllt. Andere wiederum verstehen die Zahlen
"symbolisch" als Hinweis auf das Ende der babylonischen Gefangenschaft,
aber die genaue Angabe und ihre Beziehung zu Israel und Juda macht dies
unwahrscheinlich. Wieder andere Ausleger behaupten, die Zahlen
würden von 430 Jahren heidnischer Herrschaft reden, angefangen mit dem
Exil Jojachins im Jahr 597 V. Chr. bis 167 V. Chr., dem Jahr, in dem der
Aufstand der Makkabäer begann. Diese Sicht enthält jedoch mehrere
Schwierigkeiten. Erstens gibt es keinen Grund, warum 597 der
Ausgangspunkt sein sollte und nicht 592 (das Jahr, in dem Hesekiel diese
Weissagung machte) oder 586 (das Jahr, in dem die Stadt tatsächlich
unterging). Zweitens erklärt diese Sicht nicht, warum Israel 390 Jahre
zugeschrieben werden. Es war bereits 125 Jahre vor 597 in die Verbannung
gebracht worden (nach Assyrien; 722 V. Chr.). Drittens ist nicht klar,
ob 167 V. Chr. tatsächlich das Jahr war, das Israel aus dem Joch Syriens
befreite. Dieses Jahr markiert nur den Beginn des Kampfes. Vermutlich ist die beste Möglichkeit, die Zahlen
als Bezugnahme auf die Vergangenheit zu sehen. Die 390 Tage sprechen von
"den Jahren ihrer Sünde" (V. 5 ), nicht den Jahren ihrer Strafe.
Allerdings läßt sich dann kein besonderes Jahr als Ausgangspunkt
festlegen. Aber wenn auch die Einzelheiten unklar sind, ist doch die
Botschaft eindeutig - Babylon würde Jerusalem wegen seiner Sünde
belagern, und die Länge der Belagerung würde in einem Zusammenhang mit
den Jahren ihrer Sünde stehen. Hes 4,9-14 (3) Das Zeichen der unreinen Speise ( Hes
4,9-17 ) Hesekiels drittes Zeichen betonte die Schwere der
Belagerung Jerusalems. Gott sagte ihm, daß er Weizen und Gerste, Bohnen
und Linsen, Hirse und Spelt nehmen solle . Im Speiseplan Israels waren
diese Kornsorten durchaus üblich (vgl. 2Sam 17,27-29 ). Aber daß
Hesekiel sie in einen Behälter tun und sie zu Brot machen sollte, ist
ein Bild für den Mangel an Lebensmitteln. Normalerweise gab es diese
Kornsorten alle im Überfluß. Während der Belagerung jedoch waren sie so
rar, daß man mehrere Sorten miteinander mischen mußte, um genug für eine
Mahlzeit zu haben. Hesekiel sollte das Gemisch während den 390 Tagen
essen, die er auf seiner linken Seite lag . Er sollte sich für jeden Tag
20 Schekel Speise zum Essen abwiegen . Diese tägliche Ration wog etwa
230 Gramm. Außerdem durfte er ein Sechstel einer Kanne (etwa 2/3
Liter) Wasser trinken. Durch diese mageren Rationen sollte der Mangel an
Nahrung und Wasser während der Belagerung in Jerusalem gezeigt werden
(Vgl. Hes 4,16-17 ). Das Zeichen sollte aber auch die Verunreinigung und
Entheiligung zeigen, die das Volk erleben würde. Hesekiel erhielt daher
den Auftrag, sein Brot vor den Leuten zu backen , indem er Menschenkot
als Brennmaterial nahm. Kot nahm man im gesamten Mittleren Osten als
Brennmaterial, da Holz relativ knapp war. Er wurde mit Stroh gemischt,
dann ließ man ihn trocknen. Der getrocknete Kot brannte langsam und gab
einen unangenehmen Geruch ab. Dennoch war der Gebrauch von Tierkot nicht
verboten. Menschlicher Kot jedoch galt als anstößig. Hesekiel verstand, was diese Handlung bedeuten
sollte, aber sie war ihm widerwärtig. Er konnte sich nicht überwinden,
dies zu tun. Er antwortete: Nicht so, HERR HERR! Ich habe mich noch nie
verunreinigt. Hesekiel hatte sich immer an Gottes Speisegebote gehalten
( 5Mo 14 ). Als Priester ( Hes 1,3 ) achtete er darauf, sich selbst rein
zu halten (vgl. 3Mo 22,8; Hes 44,31 ). Zwar verbot das Gesetz den
Gebrauch von menschlichem Kot als Brennmaterial zum Kochen nicht
ausdrücklich, aber die Aussagen über die Beseitigung menschlicher
Exkremente ließen diesen Schluß zu (vgl. 5Mo 23,13-15 ). Der Herr
erklärte die Symbolik des menschlichen Kotes: Das Volk von Israel wird
unreine Speise essen unter den Völkern, unter die ich sie vertreiben
werde ( Hes 4,13 ). Die Belagerung (und schließliche Eroberung) würde
die Israeliten zwingen, unreine Speise zu essen und so kultisch unrein
zu werden. Hes 4,15-17 Dennoch ging Gott auf die Bitte Hesekiels
ein. Ich will dich dein Brot backen lassen auf Kuhdung, statt auf
Menschenkot. Der Gebrauch von Kuhdung galt als weniger anstößig, und so
ließ Gott Hesekiel diesen benutzen. Der Mangel an Nahrung und Wasser während der
babylonischen Belagerung von Jerusalem (vgl. Kl 1,11; 2,11-12.19;
4,4-5.9 ) und die Angst (vgl. Hes 12,19 ) und Auszehrung der Menschen
(vgl. Kl 4,8 ) kamen nur wegen ihrer Sünde (vgl. Kl 4,13;5,16 ). Hes 5,1 (4) Das Zeichen des geschorenen Hauptes und des
geteilten Haares ( Hes 5 ) Gott befahl Hesekiel, sein Haupt und
seinen Bart mit einem scharfen Schwert zu scheren . "Schwert" ( HereB )
ist das übliche Wort für die Waffe, die von den Armeen jener Zeit
benutzt wurde. Hesekiel benutzt dieses Wort 83mal in seinem Buch, wenn
er davon spricht, wie Jerusalem (vgl. Hes 6,11 ), Edom ( Hes 25,13 ),
Tyrus ( Hes 26,6.8 ), Ägypten ( Hes 29,8-9; 30,4 ) und Gog ( Hes 38,21 )
zerstört werden. Das Scheren des Hauptes (und des Bartes) war ein
Zeichen der Trauer ( Hi 1,20; Jes 15,2-3; Jer 7,29; 48,37; Hes 7,18 ),
der Demütigung ( 1Sam 10,4-5 ) und manchmal auch der Umkehr ( Jer
41,5 ). Dies alles stand ohne Zweifel hinter Hesekiels Tun. Nachdem sich Hesekiel die Haare abgeschnitten
hatte, sollte er eine Waage nehmen, das Haar in drei gleiche Teile
aufteilen und ein paar Strähnen übrig lassen. Vermutlich geschah dies
irgendwann gegen Ende der beiden ersten Zeichen. Aber bis zum Ende der
430 Tage seiner symbolischen Belagerung geschah sonst nichts. Hes 5,2 Erst jetzt wurde das Haar, das er zur Seite
gelegt hatte, benutzt. Hesekiel sollte ein Drittel seines Haares in die
Mitte der Stadt tragen und dort verbrennen . Dies sollte, so wird in
Vers 12 erklärt, zeigen, daß ein Drittel der Menschen in Jerusalem durch
Pest oder Hungersnot sterben würde. Als die Truppen Nebukadnezars
schließlich in die Stadt einbrachen, fanden sie eine durch den Hunger
stark dezimierte Bevölkerung vor. Die Lebensmittelknappheit war so groß,
daß die Menschen zum Teil zum Kannibalismus übergingen (V. 10 ). Diese
schreckliche Notlage war durch Mose ( 5Mo 28,52-57 ) bereits
vorausgesagt und ist durch Jeremia bestätigt worden ( Kl 2,20; 4,10 ). Wer die Hungersnot überlebt hatte, den fand das
Schwert. Nachdem Hesekiel das erste Drittel seines Haares verbrannt
hatte, sollte er nun mit dem zweiten Drittel durch die Stadt gehen und
es mit seinem Schwert schlagen. Dies bedeutete, daß ein Drittel der
Bevölkerung Jerusalems durch das Schwert sterben würde ( Hes 5,12 ). Aber auch das letzte Drittel der Bewohner
Jerusalems, das die Belagerung überleben würde, war noch in Gefahr. Dies
zeigte Hesekiel, indem er ein Drittel seines Haares im Wind verstreute.
Wer den Untergang Jerusalems überleben würde, der würde den Babyloniern
in die Hand fallen und in die Gefangenschaft weggeführt werden, wo er in
Furcht und Angst leben mußte. Hes 5,3-4 Nachdem Hesekiel sein Haar verbrannt, mit dem
Schwert geschlagen und verstreut hatte, waren noch ein paar
Strähnen übrig. Gott sagte ihm, daß er sie in die Falten seines Mantels
binden solle. Diese wenigen Haare standen für einen Überrest, den Gott
mitten im Gericht bewahren würde. Der "Mantel" war eine Tunika, ein
langer Umhang, den Männer trugen. Er wurde durch einen Gürtel oder eine
Schärpe zusammengehalten. Man nahm dabei die untere Spitze und steckte
sie in den Gürtel, um so einen Beutel zu haben, in dem man Gegenstände
transportieren konnte. Vermutlich sollte Hesekiel die Haare in diesen
Beutel legen. Die wenigen Haare in Hesekiels Kleidung blieben
aber dennoch nicht ganz verschont. Hesekiel sollte ein paar von ihnen
nehmen und sie ins Feuer werfen. Manche Ausleger meinen, daß sich dies
auf ein reinigendes Gericht bezog, das den Überrest in der
Gefangenschaft reinigte (vgl. Hes 6,8-10 ). Das Feuer ( Hes 5,4 )
jedenfalls schien sich (wie in V. 2 ) auf das Leiden und den Tod zu
beziehen, die diese Menschen erwarteten. Das Gericht galt dem
ganzen Haus Israel . Selbst der Überrest in der Gefangenschaft würde den
Flammen der Unterdrückung nicht entkommen. Hes 5,5-7 Gottes Strafe über Jerusalem entsprang nicht
irgendeiner Willkür. Sie kam wegen der Rebellion des Volkes. Gott hatte
Jerusalem in die Mitte der Völker gestellt und unter die Länder
ringsumher . Aber trotz dieser hervorgehobenen Stellung (die vielleicht
auch die zentrale Lage des Landes im Mittleren Osten meint) hatte sich
Israel gegen die Gebote Gottes aufgelehnt (vgl. Hes 2,3 ) und
es schlimmer als die umliegenden Heiden getrieben. Jerusalem war der
Empfänger des Wortes Gottes, der Wohnort seiner Herrlichkeit und der
Gegenstand seiner Liebe gewesen. Der Glanz seiner Gunst aber ließ die
Finsternis ihrer Taten nur umso deutlicher werden. Statt ihren Gott zu
ehren, rebellierten sie gegen ihn. Ja, Israels Verhalten war schlimmer
als die Ordnungen der heidnischen Völker . Hes 5,8-12 Gottes Zorn richtete sich gegen Jerusalem , die
Haupstadt des Volkes, weil es gesündigt hatte. Die Stadt würde das
Gericht vor den Augen der Nationen erleben. Das Objekt der besonderen
Gunst Gottes würde schon bald zum Objekt seines besonderen Gerichtes
werden. Hes 5,13-17 In drei kurzen Bildern machte Hesekiel deutlich,
daß Gottes Gericht dauern würde, bis der Grimm seines Zorn vergangen
sei. Hesekiel unterstrich die göttliche Herkunft jedes Gerichtes durch
die Worte Gottes: Ich, der HERR, habe gesprochen (V. 13.15.17 ). In der
ersten Aussage (V. 13 ) zeigte Hesekiel, daß Gottes Gericht erst dann
vollendet und zum Ziel gekommen sein würde, wenn er seinen Zorn über
sie ausgegossen hätte. Die zweite Aussage (V. 14 - 15 ) betonte die
Demütigung, die Jerusalem durch das Gericht Gottes erleben würde. Andere
Völker würden sie schmähen und verspotten (vgl. Kl 2,15 ). Aber diese
höhnenden Völker würden über das, was an Jerusalem geschehen würde,
erschrocken sein. Das Blutbad, das über die Stadt kommen würde, war
zugleich eine Warnung für sie. Die dritte Aussage ( Hes 5,16-17 ) zeigt Gott als
Bogenschütze, der seine zerstörerischen Pfeile (vgl. 5Mo 32,23 ) gegen
Jerusalem abschoß. Gottes "Pfeile" des Gerichtes sind z. B. Hungersnot,
wilde Tiere, Pest und das Schwert - Trübsale, die auf einzigartige Weise
mit dem göttlichen Gericht über Gottes ungehorsames Volk verbunden sind
(vgl. 5Mo 32,23-25; Hes 14,21 ). b. Zwei Botschaften des kommenden Gerichts ( Hes 6-7 ) Nachdem er seine vier dramatischen Zeichen
überbracht hatte, erhielt Hesekiel zwei Predigten, die beide mit den
gleichen Worten beginnen: "Das Wort des Herrn geschah zu mir" ( Hes 6,1;
7,1 ). Gott ist die Quelle der Worte, die Hesekiel verkündigte. Die
erste Botschaft ( Hes 6 ) behandelte Israels Götzendienst, den Grund für
das Gericht. Die zweite Botschaft ( Hes 7 ) sprach von der Art des
Gerichts. (1) Der Götzendienst als Grund für das Gericht
( Hes 6 ) Hes 6,1-2 Gott befahl dem Propheten, sein Angesicht gegen
die Berge von Israel zu richten. Die Präposition "gegen" ( ?el ) meint
eine Bewegung auf etwas zu. Der Ausdruck "das Gesicht richten gegen"
wird benutzt, um eine Richtung ( 1Mo 31,21 ; "zog nach"; 4Mo 24,1 ), die
Bestimmung oder den Zweck ( 2Kö 12,18 ; "wandte sich gegen") oder
feindliche Absichten ( 3Mo 17,10; 20,3.5-6 ) zu bezeichnen. Hesekiel
benutzte diesen Ausdruck 14mal ( Hes 4,3.7; 6,2; 13,17; 14,8;
15,7 [zweimal]; Hes 21,2; 21,7; 25,2; 28,21; 29,2; 35,2; 38,2 ).
Jedesmal bedeutete es, sein Angesicht mit feindlicher Absicht gegen
jemanden oder etwas zu richten. Gott richtete das Werkzeug seines
Gerichtes gegen sein Ziel. Interessant ist noch, daß Hesekiel später
noch einmal den "Bergen von Israel" weissagte ( Hes 36,1-15 ). Dort
jedoch ist seine Botschaft eine Prophetie des Segens. Hes 6,3-7 Hesekiel sollte auch gegen Israels Schluchten und
Täler weissagen. Die Bedeutung dieser Aussage kann nur im Licht der
kanaanitischen Religionspraktiken verstanden werden, die von Israel
übernommen wurden (vgl. Jer 2,20-28; 17,1-3; 32,35 ). Israel sollte den
Gott des Himmels nur in seinem Tempel in Jerusalem anbeten, aber das
Volk stellte im ganzen Land falschen Göttern Schreine auf (vgl. 2Kö
21,2-6.10-15 ). Indem sich Hesekiel hier an das Land selbst wandte,
machte er die gottlose Verwendung desselben durch die Menschen deutlich. Gottes Schwert (vgl. Hes 5,1.12 ) würde
Israels Höhen zerstören . Eine "Höhe" ( bAmCh ) war gewöhnlich
(allerdings nicht immer; vgl. 2Kö 23,8 ) ein Ort der Anbetung auf einem
Hügel oder Berg. Die erhöhte Stellung sollte die Menschen näher zu ihren
Göttern bringen. Auf einem solchen Platz konnte zwar auch ein Tempel
stehen ( 1Kö 12,31 ), aber gewöhnlich bestanden Höhen nur aus Altären,
auf denen man opferte. In Kanaan gab es schon Höhen, bevor Israel ins
Land kam, und Gott befahl, diese zu zerstören ( 4Mo 33,52 ). Israel
sollte Gott nur im Heiligtum, das in Silo stand, anbeten (vgl. 5Mo
12,2-14; 1Sam 1,3 ). Nach der Zerstörung von Silo (vermutlich durch die
Philister) und vor dem Bau des Tempels in Jerusalem hatte Israel keinen
zentralen Ort für den Gottesdienst. Der Altar und die Stiftshütte wurden
nach Gibeon gebracht ( 2Chr 1,1-3 ), und die Bundeslade kam nach
Kirjat-Jearim ( 1Sam 6,21-7,1 ). Der Tisch für das Brot der Gegenwart
stand offensichtlich in Nob ( 1Sam 21,2-7 ). Während dieser Zeit ließ
Gott den Gebrauch von Höhen als vorläufige Anbetungsorte zu (vgl. 1Kö
3,2 ). Sowohl Samuel ( 1Sam 9,12-14 ) als auch Salomo ( 1Kö 3,3 )
beteten Gott auf Höhen an. Nachdem der Tempel in Jerusalem vollendet war,
wurde der Gottesdienst auf den Höhen erneut verboten. Die meisten noch
im Land befindlichen Höhen waren falschen Göttern geweiht ( 1Kö
11,7-10 ). Der Konflikt zwischen dem wahren und dem falschen
Gottesdienst zeigte sich oft in der Behandlung dieser Höhen. Die Könige,
die Gott folgten, versuchten, die Höhen zu zerstören (z. B. Hiskia, 2Kö
18,3-4 ; Josia, 2Kö 23,8-9 ), während die Könige, die Gott nicht
folgten, sie wieder aufbauten (z. B. Manasse, 2Kö 21,1-6 ). Zur Zeit Hesekiels gab es wieder überall in Juda
solche Höhen. Dort standen Altäre für das Schlachtopfer von Tieren für
die Götzen, Räucheraltäre für das Opfern von Räucherwerk und Statuen von
Götzen, die die Götter sozusagen physisch repräsentieren sollten ( Hes
6,4 ). Israels hartnäckiger Götzendienst war ein Krebsgeschwür, das
ausgemerzt werden mußte. Gottes Gericht würde schnell und gründlich sein.
Sowohl die falschen Orte der Anbetung als auch ihre Erbauer und die
Menschen, die hier anbeteten, würden vernichtet werden. Gott würde
eingreifen, so daß die Höhen, Altäre, Götzen und Räucheraltäre allesamt
ausgelöscht werden. Die Menschen, die sie gebaut hatten, würden getötet
und ihre toten Körper würden neben die zerschlagenen Götzen und Altäre
gestreut werden (V. 5 ). Dann würde das Volk erkennen, daß diese Götter
falsche Götter gewesen sind. Sie würden, so sagte Gott, wissen, daß ich
der HERR bin . Dieser Ausdruck kommt im Buch Hesekiel 63mal vor. Durch
den Bundesnamen Gottes, Jahwe, richtete Hesekiel die Aufmerksamkeit auf
die Untreue und den Abfall des Volkes. Hes 6,8-10 Inmitten des Gerichts erfolgte nun eine
Verheißung der Barmherzigkeit. Gott würde einige verschonen (vgl. Hes
5,3-5; Hes 12,16 ). Nicht alle Israeliten würden vernichtet werden, denn
einige würden dem Schwert entkommen , wenn Israel unter die
Heiden zerstreut würde. Die drohende Niederlage Israels unter Babylon
war nicht das Ende der Bundesverheißungen Gottes für Israel. Gott wandte
sich nicht von seinen Verheißungen ab. Einige Israeliten in der Gefangenschaft würden
sich an Gott erinnern. Sie würden an sein Wesen denken - wie er über sie
in ihrem Götzendienst bekümmert war. Die Worte ihre ehebrecherischen
Herzen beziehen sich auf ihren Götzendienst, der ein Akt der Untreue
ist, ähnlich dem eines untreuen Ehegatten, der Ehebruch begeht. Sie
würden sich auch an Gottes Treue gegenüber seinen Verheißungen erinnern,
besonders an jene, in denen er versprach, Ungehorsam zu bestrafen. Die Weggeführten in der Gefangenschaft würden
sich vor sich selbst wegen all ihrer verwerflichen Taten ekeln . Die
traurigen Folgen der Sünde würden eine späte, aber notwendige Reue
schaffen. Indem sie ihre Sünde und die Gerechtigkeit ihres Gerichts
anerkannten, würden sie wieder zu Gott zurückgebracht - sie werden
wissen, daß ich der HERR bin . Ihre persönliche Erkenntnis Gottes würde
aus dem Elend der Gefangenschaft stammen. Gott brachte die
Gefangenschaft nicht vergeblich über Israel. Hes 6,11-12 Der letzte Abschnitt (V. 11 - 14 ) dieser Predigt
beginnt, indem Gott Hesekiel anwies, seine Hände zusammenzuschlagen, mit
seinen Füßen zu stampfen und zu rufen: Wehe ! Das Zusammenschlagen der
Hände, klatschen, war ein Zeichen der Freude ( 2Kö11,12 ) oder des
Spottes ( Hi 27,23; Kl 2,15; Hes 21,19.22; 22,13; 25,6; Nah 3,19 ). Hier
ist wohl ein Ausdruck des Spottes gemeint (vgl. Hes 25,6 ). Hesekiel sollte diesen Spott wegen all der
gottlosen und verwerflichen Praktiken des Hauses Israel zeigen.
Zerstörung durch Schwert, Hunger und Pest war die Zusammenfassung des
Gerichtes, das bereits im vierten Zeichen des Propheten ( Hes 5 )
angekündigt worden war. Die Bewohner Jerusalems, die einem der Unheile
entronnen waren, würden durch das nächste getroffen werden ( Hes 6,12 ). Hes 6,13-14 Das Bild in Vers 1 - 7 wiederholte sich hier,
wenn Gott ankündigte, daß er die Leute zwischen ihren Altären , auf
jedem hohen Hügel und unter jedem grünen Baum und allen dichten
Eichen erschlagen würde. Oft wurden auf den Höhen Altäre unter mächtigen
Bäumen aufgebaut, die Wachstum und vielleicht auch Fruchtbarkeit
symbolisierten (vgl. Hos 4,13 ). Die "Eiche" ( ?ElCh ) ist eigentlich
die Terebinthe. Die Terebinthe ist ein Laubbaum, der in Palästina häufig
vorkommt und etwa 10 - 12 Meter hoch wird. Das Tal Ela, wo David Goliat
erschlug, erhielt seinen Namen vermutlich durch die vielen Bäume dieser
Art, die dort wuchsen ( 1Sam 17,2.19 ). Gott hatte Israel ein Land voller "grüner" Bäume
und "dichter" Eichen gegeben, aber die Menschen hatten seine Gabe
verdorben, indem sie diese Bilder seiner Größe und seines Reichtums zu
Orten gemacht hatten, an denen sie all ihren Götzen lieblichen
Opferduft darbrachten. Deshalb würde Gott ihr reiches Land zu Geröll und
Schutt werden lassen - verlassen und öde von der Wüste bis nach Dibla.
Statt "Dibla" lesen einige Manuskripte "Ribla" (siehe auch einige
deutsche Übersetzungen), eine Stadt am Fluß Orontes in Syrien. Wenn
diese Lesart richtig ist, dann spricht Hesekiel von dem ganzen Land, von
der Wüste im Süden bis nach Ribla im Norden. Dies scheint aus zwei
Gründen zu stimmen. Erstens kennen wir keine Stadt namens Dibla in Juda.
(Obwohl dies natürlich ein argumentum e silentio ist, scheint es doch
unwahrscheinlich, daß Hesekiel eine wenig bekannte Stadt benutzt, um das
Ausmaß des Gerichtes Gottes deutlich zu machen.) Zweitens läßt sich die
Änderung von Ribla zu Dibla durch die ähnliche Form der hebräischen
Buchstaben d und r erklären. Ein Abschreiber kann sich hier leicht
geirrt und aus Versehen die beiden Buchstaben verwechselt haben. Zum dritten Mal in diesem Kapitel sagte Hesekiel,
daß es eine Folge des Gerichtes sein würde, daß Israel wissen würde, daß
er der HERR sei (vgl. Hes 6,7.10.14 ), daß Israel also seine höchste
Autorität anerkennen würde. Hes 7,1-4 (2) Das Wesen des Gerichtes ( Hes 7 ) Diese Botschaft beginnt genauso wie die erste
(vgl. Hes 6,1 ): Das Wort des HERRN geschah zu mir . Diesesmal jedoch
geht es nicht um den Götzendienst (wie in Hes 6 ), sondern um das Land,
wobei das Volk gemeint ist, das im Land wohnt. Hesekiels Botschaft war, daß das Ende gekommen
ist über die vier Enden des Landes . Das Wort "Ende" wird fünfmal zu
Anfang dieser Predigt benutzt ( Hes
7,2 [zweimal]<1--BB=Hes--> 7,3.6 [zweimal]). Der Prophet Amos benutzte
dieses Wort auf ähnliche Weise, um den Fall des Nordreiches, 722 V.
Chr., zu bezeichnen ( Am 8,2 ; "das Ende ist gekommen"). Hesekiel
wiederholte die gleiche Botschaft für das Südreich. "Die vier Enden des
Landes" machten deutlich, daß dem Gericht Gottes nichts entkommen würde. Die Ereignisse, die sich über Israel entladen
würden, brachten eine neue Offenbarung des Wesens Gottes mit sich. Die
Menschen würden erkennen, daß Gott, der gerecht ist, Sünde bestraft.
Gott würde seinen Zorn gegen Israel ohne Erbarmen (V. 4 ) entladen ( Hes
7,3 ). Er würde es nach seinem Verhalten richten (vgl. V. 4.8 - 9.27 )
und es für seine verwerflichen Taten bezahlen lassen (vgl. V. 8 - 9 ).
Dies wird zweimal ausgesagt (V. 3 - 4 ), um es zu betonen. Dann würde
Israel wissen, daß Gott der HERR ist . Am Ende der Predigt wird die
gleiche Aussage noch einmal wiederholt. Hes 7,5-6 Der Herr war wie ein Herold, der in die Stadt
gelaufen war, um außer Atem vor dem kommenden Unheil zu warnen (V. 5 -
9 ). Im Hebräischen sind die Sätze kurz und stoßweise, und die Worte
"kommt" oder "kam" tauchen sechsmal in den Versen 5 - 7 auf. Zuerst
verkündete der Wächter: Unheil! Ein noch nie gehörtes Unheil käme . Was
auf Jerusalem zukam, hatte in der Geschichte bisher keine Parallele. Was genau an Unheil über Jerusalem kommen sollte,
zeigt die Wiederholung der Worte das Ende ist gekommen (V. 6 ). Im
Hebräischen werden die beiden Worte im ersten Teil, das Ende ist
gekommen, im zweiten Teil umgekehrt. Hesekiel zeigte in Form eines
Wortspieles: Das Ende hat sich gegen dich erhoben . Die Worte "Ende"
( qEQ und haqqEQ ) und "erhoben" ( hEqIQ ) in Vers 6 klingen so ähnlich,
daß sie die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Das Unheil war durch Micha
bereits über Jerusalem vorausgesagt worden ( Mi 3,12 ), aber diese
Weissagung blieb über 100 Jahre lang unerfüllt. Nun stand das Ende
Jerusalems vor der Tür. Hes 7,7-9 Hesekiel beschrieb die kommende Zerstörung
Jerusalems als eine Zeit des Jammers ( haQQPIrCh ; vgl. V. 10 ). Dieses
Wort kann "Krone" oder "Diadem" bedeuten (vgl. Jes 28,5 ), aber nicht in
diesem Zusammenhang. Ein ähnliches Wort im Aramäischen bedeutet
"Morgen". Diese Bedeutung ist von manchen Übersetzungen übernommen
worden. Sie paßt jedoch ebenfalls nicht in den Zusammenhang, denn
"Morgen" trägt ja auch die Bedeutung des Segens, während der Kontext
eindeutig vom Unheil spricht. Vermutlich ist die Ableitung aus dem
Akkadischen QabAru , "Zerstörung", zutreffend. Wenn der Tag des Gerichtes näherkommen würde,
dann würde er Schrecken und nicht Freude auf den Bergen mit sich
bringen. Die sich bisher an ihrem Götzendienst auf den Höhen (vgl. die
Anmerkungen zu Hes 6,6 ) erfreut hatten, würden nun, wenn das Gericht
über sie kommt, in einen Zustand der Erstarrung versetzt werden.
Hesekiel wiederholte seine Aussage über das drohende Unheil noch einmal
( Hes 7,8-9 ist fast identisch mit V. 3 - 4 ). Die Zerstörung würde wie
vorausgesagt eintreten, so daß die Betroffenen wissen würden, daß
der HERR den Schlag ausgeführt hatte. Dies ist eine Abänderung der
anderen Aussagen über das Kennen des Herrn ( Hes 6,7.10.14; 7,4.27 ).
Diejenigen, die vorgaben, ihn bei seinen anderen Namen zu kennen
(vgl. 1Mo 22,14;33,20; 2Mo 17,15 ), würden ihn nun bei seinem
Namen Yahweh - makkeH , "der Herr, der den Schlag führt", kennenlernen. Hes 7,10 Die Nähe des Tages des Gerichts wurde nun mit
einem blühenden Stock verglichen. Das Verderben ist aufgebrochen ,
der Stock ist aufgeblüht , der Hochmut grünt . Hesekiels Bild könnte von
dem Stab Aarons entlehnt sein, der zu blühen begonnen hatte ( 4Mo 17 ),
oder von Jeremias Bild eines blühenden Mandelbaumes ( Jer 1,11-12 ).
Wenn auf den Stab Aarons angespielt wurde, dann soll damit gesagt
werden, daß genauso, wie dieser blühende Stab Aaron als von Gott zum
Dienst auserwählt zeigte, das Blühen des Stabes Israels nun zeigte, daß
Gott Israel zum Untergang erwählt hatte. Wenn der Prophet auf den
blühenden Mandelbaum Jeremias anspielte, dann sollte durch dieses Blühen
einfach deutlich gemacht werden, daß das Gericht Gottes über Israel mit
Sicherheit kommen würde. Hes 7,11-14 In Vers 10 ist die "Rute" ein Bild für die Blüte
der Gottlosigkeit in Israel. In Vers 11 dagegen wird sie zu einer Rute
des Gerichtes, mit dem das ungehorsame Volk geschlagen wird, ein Stock
zur Strafe für Gottlosigkeit. Gottes Gericht würde ökonomische Folgen haben.
Wenn es zuschlägt, würde keiner aus dem Volk übrig bleiben, keiner aus
diesem Reichtum ("Reichtum", der hier vermutlich spöttisch gemeint ist,
wird in V. 11 - 14 viermal benutzt). Nichts von Wert würde übrigbleiben.
Wegen der Gefangenschaft seien Reichtum und materieller Besitz wertlos.
Jeder Besitz würde beschlagnahmt und die Eigentümer aus ihrem Land
vertrieben und nach Babylon gebracht werden. Hesekiel ermahnte
deshalb: Der Käufer möge sich nicht freuen und der Verkäufer nicht
trauern . Ein Käufer, der sich gewöhnlich über einen guten Kauf freuen
würde, sollte nicht froh sein, weil er das Land, das er gekauft hatte,
nicht besitzen würde. Wer gezwungen wurde, sein Land zu verkaufen,
sollte nicht darüber trauern, denn er hätte es ohnehin verloren. Wenn in Israel Land verkauft wurde, dann galt ein
solcher Handel immer nur für eine bestimmte Zeit. Jedes fünfzigste Jahr
war ein Jubeljahr, in dem der Besitz wieder an seinen ursprünglichen
Eigentümer zurückging ( 3Mo 25,10.13-17 ). Gottes Gericht jedoch wird
alle ursprünglichen Eigentümer daran hindern, ihren Anspruch auf ihr
Land anzumelden, da sie, zusammen mit den Käufern, in Gefangenschaft
sein würden. Keine menschliche Anstrengung konnte Gott davon
abhalten, seinen Plan durchzuführen. Obwohl sie mit
der Trompete Soldaten auf das Schlachtfeld rufen würden, würde niemand
in den Kampf gehen . Jerusalem würde versuchen, sich zu verteidigen,
aber doch ohne großen Widerstand fallen. Hes 7,15-16 Israel würde feststellen, daß es keine
Verteidigungsmöglichkeit gegen das Gericht Gottes besitzt und keine
Fluchtmöglichkeit vor diesem Gericht. Außen würde das Schwert sein,
innen Pest und Hunger (vgl. Hes 5,12 ). Wer versuchte, außerhalb von
Jerusalems Mauern zu entkommen, würde von den babylonischen Truppen
gejagt und ermordet werden. Wer innerhalb der Mauern Schutz suchen
würde, würde sich Hungersnot und Krankheiten gegenübersehen. Die
Mehrheit der Menschen würde sterben, und auch die Überlebenden würden
einen Preis bezahlen müssen. Das elende Heulen derer, die sich in den
Bergen versteckten und die über ihre Sünden und materiellen Verluste
heulten, wird wie jammernde Tauben klingen. Hes 7,17-18 In Vers 17 - 19 sehen wir die Reaktion Israels
auf Gottes Angriff. Die Hände würden herabsinken und die Knie so schwach
wie Wasser werden (vgl. ähnliche Aussagen in Hes 21,7 ; siehe auch Jer
6,24 ). Den Verteidigern der Stadt blieb nichts anderes, als ihren
elenden Zustand zu bejammern ( Hes 7,18 ) und das Hindernis des
Materialismus zu entfernen, das sie zu Fall gebracht hatte (V. 19 -
22 ). Bei ihrer Klage würden sie Sackleinen anziehen und ihre Häupter
scheren . "Sackleinen" war Kleidung aus grobem Stoff, der aus den langen
Haaren von Ziegen oder Kamelen hergestellt wurde. Wegen seiner dunklen
Farbe galt Sackleinen als angemessen für ernste, schwermütige Anlässe.
Sich "Sackleinen anzuziehen" war ein Zeichen für Trauer oder Klage ( 1Mo
37,34; 2Sam 3,31; Hi 16,15; Jer 6,26 ) und Buße ( Jes 58,5; Dan 9,3-4;
Jon 3,5-9; Mt 11,21 ). Hesekiel sprach offensichtlich von einer Trauer,
die mit Schrecken vermischt ist und die Israel erleben würde, wenn der
Feind sein Land zerstören würde. Auch das Scheren des Hauptes ist ein
Bild für Trauer, Demütigung und Reue (vgl. die Anmerkungen zu Hes 5,1 ). l Hes 7,19-20 Die Menschen würden nicht nur ihren Verlust
bejammern, sondern auch die Dinge entfernen, die ihn verursacht hatten
(V. 19 - 22 ). Sie würden ihr Silber auf die Straßen werfen , und
ihr Gold würde wie Unrat sein . Ihre Götzen, die sie aus dem Metall
ihres Schmuckes gemacht hatten, würden ebenfalls wie Unrat sein. Dinge,
die einmal als wertvoll geachtet waren, würden nun verachtet sein. Das
Wort für "Unrat" ( niddCh , "unreine Sache") wurde auch für die
kultische Unreinheit durch die Menstruation ( 3Mo 15,19-33 ) und das
Berühren eines Toten ( 4Mo 19,13-21 ) benutzt. Es zeigt, welch eine
Ablehnung Israel gegenüber seinem eigenen Reichtum empfinden würde. Warum würden die Menschen so plötzlich ihre
materiellen Güter verwerfen? Ein Grund dafür war die Unfähigkeit
von Silber und Gold , ihnen die Sicherheit zu geben, um deretwillen sie
ursprünglich angehäuft worden waren. Reichtum war nicht fähig, sie zu
retten. Gott konnte man nicht "bestechen". Ein anderer Grund für die
plötzliche Ablehnung des Reichtums war, daß Silber und Gold sie nicht in
die Lage versetzten, Nahrung zu kaufen und ihren Hunger während der
Hungersnot zu stillen. Hes 7,21-22 Israels Reichtum war nicht nur machtlos, wenn es
um die Befreiung aus Gottes Gericht ging, er war auch nur vorläufig.
Alles, was die Menschen sich angesammelt hatten, würde nach Babylon
gebracht werden. Sein ganzer Reichtum würde von Fremden geraubt werden. Noch beunruhigender als der Verlust des Reichtums
aber war Gottes Ankündigung über den Tempel: Ich werde mein Angesicht
von ihnen abwenden, und sie werden mein Kleinod entheiligen; Räuber
werden hineingehen und es entheiligen . Viele Israeliten sahen in dem
Tempel Gottes ihre Hoffnung auf Rettung. Sie dachten, daß Gott sein
Heiligtum niemals zerstören lassen würde (vgl. Jer 7,1-5 ). Aber Israels
Sünde war so groß, daß nicht einmal der Tempel dem Gericht Gottes
entgehen würde (vgl. Mi 3,12 ). Hes 7,23-24 Die Menschen, die für ihr Blutvergießen und ihre
Gewalttaten bekannt waren, würden mit Ketten in die Gefangenschaft
geführt werden (vgl. Hes 8,17; 12,19 ). Gottes Plan zum Angriff war zur
Ausführung bereit: Ich werde die gottloseste der Nationen herbeibringen,
um Besitz von ihren Häusern zu ergreifen . Babylon, eine ruchlose und
grausame Nation (vgl. die Anmerkungen zu Hes 28,7 ), war von Gott
auserwählt, um Israel arm zu machen (vgl. Hab 1,5-11 ). Israels
hochmütiger Stolz und seine religiöse Hurerei würde unter den schweren
Stiefeln der babylonischen Armee zertreten werden. Hes 7,25-26 Israels Reaktion auf das Gericht zeigte die
Angst, Furcht und Verzweiflung, die durch die Sünde über das Volk kommen
würden. Israel dachte, daß es niemals fallen werde. Wenn es schließlich
den Schrecken seines Schicksales erkennen würde, dann würde es zu spät
sein. Vergeblich würde es Befreiung und Frieden suchen. Gott
sagte: Elend wird über Elend kommen und Gerücht über Gerücht . Die
Schicksalsschläge würden ohne Pause einer nach dem anderen über das Volk
hereinbrechen. Das Wort für "Elend" ( hOwCh ) wird nur hier und in Jes
47,11 benutzt. Es trägt die Bedeutung des Unterganges oder Unglückes.
Wie bei Hiob (vgl. Hi 1,13-19 ) würde eine Katastrophe noch nicht
verkündet sein, wenn schon die nächste käme. Gerüchte über Verbündete
und Befreier, Revolten und Umstürze in Babylon würden sie in Jerusalem
verbreiten - und jedes Geschwätz dieser Art würde von einem
verschreckten und ängstlichen Volk begierig aufgenommen werden. Neben dem Hören auf die vielen falschen Gerüchte,
die durch die Stadt laufen würden, würden die Menschen auch
die Propheten, Priester und Ältesten aufsuchen, um Anweisungen von Gott
zu erhalten. Aber auch dies würde vergeblich sein. Sie hatten nicht auf
die Warnungen der wahren Zeugen Gottes hören wollen. Wenn sie nun
verzweifelt nach einer Antwort suchen, würde keine mehr gegeben werden. Hes 7,27 Weil Gott ihnen nicht mehr helfen würde, würde
der König, so sagte Hesekiel, klagen, der Fürst würde bekleidet sein mit
Verzweiflung und die Hände der Menschen im Land würden zittern . Wer ist
"der König" und "der Fürst"? Gewöhnlich benutzte Hesekiel das Wort
"Fürst", wenn er Zedekia meinte ( Hes 12,10.12; 21,25 ), und sprach nie
von ihm als "König". Der einzige Israelit, den Hesekiel "König" nannte,
war Jojachin, der als Gefangener in Babylon lebte ( Hes 1,2 ). "König" Jojachin beklagte bereits in der
Gefangenschaft den sicheren Untergang Jerusalems, während "Fürst"
Zedekia in Jerusalem über seine Misere verzweifelt war. Deshalb
zitterten die Menschen vor Furcht über ihr ungewisses Schicksal. Wieder
sagte Gott, daß ihre Strafe nach ihrem Verhalten kommen werde (fünfmal
wird dies in Hes 7 betont [V. 3-4.8-9.27 ]). c. Eine Vision des kommenden Gerichts ( Hes 8-11 ) Wiederholt hatte Hesekiel darauf hingewiesen, daß
das kommende Gericht durch die Sünden des Volkes bedingt war. Aber was
hatten die Menschen von Jerusalem getan, daß sie eine solche Strafe
verdient hatten? Gott nahm Hesekiel in einer Vision mit nach Jerusalem
und zeigte ihm die Gottlosigkeit dort ( Hes 8-11 ). Diese Vision geschah "im sechsten Jahr" (der
Gefangenschaft Jojachins; vgl. die Anmerkungen zu Hes 1,2 ), "im
sechsten Monat, am fünften Tag" ( Hes 8,1 ). Dies war der 17. September
592 V. Chr., genau 14 Monate nach der ersten Vision Hesekiels ( Hes
1,1-2 ). In der Zwischenzeit hatte Hesekiel eine Vision Gottes erlebt
( Hes 1-3 ), vier Zeichen durchgeführt ( Hes 4-5 ) und zwei Botschaften
des Gerichts verkündigt ( Hes 6-7 ). Nun gab Gott ihm erneut eine
Vision. Die Vision, die in Kapitel 8 - 11 berichtet wird,
ist eine geschlossene Einheit, die sich aber in vier Abschnitte
einteilen läßt. Zunächst wurde Hesekiel mit der Gottlosigkeit der
Menschen im Tempel konfrontiert ( Hes 8 ), dann sah er das Blutbad unter
den Menschen Jerusalems ( Hes 9 ). Jerusalem war so gottlos, daß die
Herrlichkeit Gottes den Tempel verließ ( Hes 10 ). Als Gottes
Herrlichkeit die Stadt verließ, wurde das Gericht über die Herrscher der
Stadt verkündet ( Hes 11 ). (1) Die Gottlosigkeit im Tempel ( Hes 8 ) Hes 8,1 Hesekiel nennt das Datum, um zu zeigen, wann die
Hand des HERRN über ihn kam (vgl. Hes 1,3; 3,14.22 ). Es war, als er
in seinem Haus war und die Ältesten von Juda mit ihm dort saßen .
Hesekiels äußere Beweglichkeit war noch immer eingeschränkt (vgl. Hes
3,24 ), so daß die Ältesten der Gemeinschaft zu ihm in sein Haus kommen
mußten. Vermutlich waren sie gekommen, um seinen Rat zu holen,
vielleicht über das Schicksal Jerusalems. Die Vision war Gottes Antwort,
die Hesekiel ihnen übermittelte (vgl. Hes 11,24-25 ). Hes 8,2-6 Als Hesekiel so vor den Ältesten saß, sah er
eine Gestalt wie die eines Mannes . Diese Gestalt war eine Manifestation
Gottes, eine Theophanie, wie die in Hes 1,26 beschriebene Erscheinung
auch. Von seiner Hüfte an abwärts war er wie Feuer , und von dort an
aufwärts war seine Erscheinung so glänzend wie glühendes
Metall (vgl. Hes 1,27 ). Wie in Kapitel 1 ist die Beschreibung, die uns
Hesekiel liefert, bewußt ungenau. Um nicht der Anklage zu verfallen, daß
er sich ein Bild von Gott mache, formulierte Hesekiel unter der Leitung
des Heiligen Geistes seine Beschreibungen äußerst vorsichtig. Gott hat
keinen menschlichen Körper, seine Erscheinung war nur "eine Gestalt wie
die eines Mannes". Er streckte auch nicht eine wirkliche, menschliche
Hand zu Hesekiel aus: Er streckte etwas aus, das wie eine Hand aussah . Was Hesekiel in Kapitel 8 - 11 beschreibt,
ereignete sich in Visionen, d. h. es geschah nicht im physischen
Bereich. Als Hesekiel nach Jerusalem gebracht wurde (vgl. Hes 3,14;
11,1.24; 37,1; 43,5 ), blieb sein physischer Körper in Babylon. Die
Ältesten, die vor ihm saßen, konnten die Theophanie von Gott nicht
sehen. Erst als die Vision Hesekiel verließ ( Hes 11,24 b), beschrieb er
sie den Ältesten. In seiner Vision wurde Hesekiel zwischen Erde und
Himmel emporgehoben und nach Jerusalem gebracht. Nachdem er so von
Babylon nach Jerusalem "geflogen" war, landete der Prophet bei
dem Eingang des Nordtores im inneren Hof (vgl. die Zeichnung "Grundriß
des salomonischen Tempels" zu 1Kö 6 ). Das Nordtor war eines der drei
Tore, die von dem äußeren Hof zu dem inneren Hof führten. Die beiden
anderen Tore lagen auf der Ost- und der Südseite. Da Hesekiel im
"Eingang" des Nordtores stand, befand er sich vermutlich im äußeren Hof
und schaute in Richtung Innenhof. Neben dem Nordeingang zum inneren Hof des Tempels
stand das Bild, das zur Eifersucht reizt . Hesekiel nennt es auch
das Bild, das für den HERRN ein Ärgernis war ( Hes 8,5 ), vermutlich
weil er es als ein Affront gegen Gott ansah. Dieses Bild verletzte das
zweite der zehn Gebote ( 2Mo 20,4 ; vgl. 5Mo 4,23-24 ). Gott wurde zur
Eifersucht gereizt, weil ein fremder Götze die Verehrung erhielt, die
nur ihm alleine zustand. Diese Gottheit wird nicht mit Namen genannt,
aber es könnte Aschera gewesen sein, die kanaanitische
Fruchtbarkeitsgöttin. König Manasse hatte während seiner Regierungszeit
ein geschnitztes Bild der Aschera im Tempel aufstellen lassen ( 2Kö
21,7 ; vgl. 5Mo 16,21 ), aber es später wieder entfernt ( 2Chr
33,13.15 ). Nach dem Tod Manasses wurde erneut eine Säule der Aschera in
den Tempel gebracht und von Josia während seiner Reform wieder entfernt
( 2Kö 23,6 ). Er verbrannte sie im Kidron-Tal außerhalb Jerusalems in
der Hoffnung, diesen Götzendienst dadurch für immer auszurotten. Aber
bald nach dem vorzeitigen Tod Josias kehrte das Volk wieder zu seinem
Götzendienst zurück. Offensichtlich wurde ein neues Bild der Aschera
gemacht und ebenfalls im Tempel aufgestellt. Als Hesekiel auf dieses Bild sah, war plötzlich
neben ihm die Herrlichkeit des Gottes Israels (vgl. die Anmerkungen
zu Hes 1,28 ). Gottes moralische Entrüstung zeigte sich in seiner
rhetorischen Frage an Hesekiel: Siehst du, was sie tun, verwerfliche
Dinge, die mich fern aus meinem Heiligtum treiben werden? Gott würde
seine Herrlichkeit nicht mit einem Götzen teilen (vgl. Jes 42,8 ). Wenn
der Götze im Tempel stand, würde Gott diesen verlassen. Der Schrecken darüber, daß in Gottes Haus ein
Götzenbild stand, mußte Hesekiel in die Glieder gefahren sein. Doch war
dies noch nicht alles, was Israel getan hatte, um Gott zu reizen.
Hesekiel würde Dinge sehen, die noch abscheulicher waren (vgl. Hes
8,13.15 ). Hesekiel Hes 8,7-13 Gott führte Hesekiel nun durch das Tor an den
Eingang des Hofes , vermutlich des inneren Hofes. Hesekiel sah ein Loch
in der Mauer , die diesen Hof umgab. Gott befahl ihm, sich durch die
Mauer zu graben. Als Hesekiel dies tat, sah er eine Tür dort. Hesekiel
ging in die Kammer hinein und blickte sich um. Hier sah er auf allen
Wänden alle Arten von kriechenden Wesen und unreinen Tieren und alle
Götzen des Hauses Israel gemalt . Die Ausleger streiten sich darüber, ob
das die Götter Ägyptens, Kanaans oder Babylons waren. Vielleicht waren
alle diese Länder in diesem Pantheon des Götzendienstes vertreten. Siebzig Älteste und Jaasanja, der Sohn Schafans ,
standen hier mit Räucherwerk auf ihren Schalen vor den Bildern an der
Wand. Diese 70 Ältesten waren nicht der Sanhedrin, der in Israel nach
der babylonischen Gefangenschaft regierte, sondern stellten die
führenden Männer Jerusalems dar. Als Mose sich Helfer aus dem Volk
auswählte, um die Menschen zu leiten, ordnete Gott die Zahl 70 an ( 4Mo
11,16-17 ). Vielleicht hatte sich diese Tradition erhalten und die 70
Ältesten, die Hesekiel sah, waren die Männer der Stadt, die zur
offiziellen Führungsschicht gehörten. Unter diesen 70 Ältesten erkannte Hesekiel
Jaasanja, einen Mann, dessen Verwandte in den Angelegenheiten des
Staates während der letzten Jahre Judas eine wichtige Rolle spielten
(vgl. die Tabelle "Die Nachkommen Schafans" zu Jer 26,24 ). Jaasanjas
Gegenwart überraschte Hesekiel sehr, denn alle anderen
Familienmitglieder in Jaasanjas Familie waren dem Herrn treu geblieben. Räucherwerk diente manchmal dazu, die Gläubigen
vor der Gegenwart Gottes zu schützen (vgl. 3Mo 16,12-13 ). Bei anderen
Gelegenheiten war es ein Bild für die Gebete der Gläubigen, die zu Gott
emporstiegen (vgl. Offb 5,8 ). Was auch immer hier der Grund für das
Räucheropfer war, jedenfalls hatten die Führer Israels den wahren Gott
verlassen und beteten Götzen an - jeder in der Kammer seines eigenen
Bildes . Offenbar hatten die Ältesten jeweils ihre eigenen
Lieblingsgötter. Gott, der die Herzen kennt, erklärte Hesekiel,
daß die Ältesten ihre Sünde zu rechtfertigen suchten, indem sie
sagten: Der HERR sieht uns nicht; der HERR hat das Land verlassen . Die
Ältesten waren der Ansicht, daß alles, was sie in ihrer dunklen Kammer
taten, vor Gott verborgen bliebe. Sie hielten ihn für einen
unbedeutenden Gott, der sein Volk verlassen hatte. Deshalb verehrten sie
nun andere Götter, die ihnen helfen sollten. Die Einstellung dieser
Ältesten übertrug sich schnell auf das ganze Volk (vgl. Hes 9,9 ). Der fortschreitende Götzendienst im Volk ging von
der öffentlichen Zurschaustellung der Götzen bis zur geheimen Anbetung,
direkt unter dem Schatten des Allmächtigen. Doch auch dies war noch
nicht das ganze Ausmaß der Gottlosigkeit Israels, denn sie taten Dinge,
die noch abscheulicher waren (vgl. Hes 8,6.15 ). Hes 8,14-15 Hesekiel wurde hinaus zu dem Eingang des
Nordtores des Tempels gebracht. Vermutlich war dies der Zugang zu dem
äußeren Hof des Tempels. Neben diesem Tor sah Hesekiel Frauen um Tammus
klagen . "Tammus" ist die hebräische Form des Namens für den sumerischen
Gott Dumusi, der Gottheit der Vegetation im Frühling. Der
offensichtliche Tod aller Vegetation im Mittleren Osten während der
heißen, trockenen Sommermonate wurde in der Mythologie durch das Sterben
von Tammus und seinen Abstieg in die Unterwelt erklärt. Im Frühjahr
erhob sich dann Tammus mächtig aus der Unterwelt hervor und brachte
seinen lebensschaffenden Regen. Zur Anbetung des Gottes Tammus gehörten
auch bestimmte Fruchtbarkeitsriten. Die Anbetung der wahren Quelle aller
Fruchtbarkeit und des Regens war durch die verdorbene Anbetung einer
heidnischen Gottheit ersetzt worden. Die Anbetung des Schöpfers war
durch die Anbetung des Kreislaufes in der Schöpfung, den er doch
geschaffen hatte, ersetzt worden. Doch Hesekiel würde Dinge sehen,
die noch abscheulicher waren als diese (vgl. V. 6.13 ). Hes 8,16 Als Gott Hesekiel wieder in den inneren
Hof führte, sah dieser am Eingang des Tempels, zwischen der Vorhalle und
dem Altar, etwa fünfundzwanzig Männer . Sie waren zwischen der Vorhalle,
dem überdachten Eingang des Tempelgebäudes (vgl. 1Kö 6,2-3 ) und dem
bronzenen Altar in der Mitte des Tempelhofes, auf dem die Opfer
dargebracht wurden. Hier sollten die Priester Gottes sein und zu Gott um
Gnade und Barmherzigkeit wegen ihrer Sünde schreien und weinen (vgl. Joe
2,17 ). Wer waren diese 25 Männer? Später werden sie
"Älteste" genannt ( Hes 9,6 ), ein Ausdruck, der sowohl politische, als
auch religiöse Führer bezeichnen konnte. Weil sie sich hier im Tempel
befanden, waren es vermutlich Priester. Die Menschen des Volkes durften
zwar zum Altar kommen, aber sie konnten sich Gott vom Altar an bis zum
Allerheiligsten nur durch die Vermittlung der Priester nähern. Diese Priester sollten eigentlich als Mittler für
Israel fungieren und zu Gott um Barmherzigkeit schreien. Aber statt
dessen beugten sie sich vor der Sonne im Osten . Der Eingang in den
Tempel Gottes lag nach Osten hin, so daß jemand, der am Altar stand und
zum Tempel hinsah, nach Westen blickte. Diese Priester aber sahen nach
Osten! Sie hatten Gott ihren Rücken zugewandt und verbeugten sich in
Demut und Anbetung vor der Sonne. Dies zeigt ihre Verachtung für den
Gott Israels und ihren Ungehorsam gegen ihn. Offen und direkt verletzten
sie Gottes Gesetz ( 5Mo 4,19 ). Hes 8,17-18 Was Hesekiel an furchtbaren Dingen im Tempel
Gottes gesehen hatte, war schlimm. Und doch war das Böse nicht nur hier
zu finden. Die Gottlosigkeit, die im Tempel von den Priestern und den
anderen Menschen praktiziert wurde, zog sich durch das ganze Volk.
Gewalt erfüllte die Nation und reizte Gott beständig zum Zorn . Die Menschen hielten sich gar den Zweig an ihre
Nase . Manche Ausleger meinen, daß dies von einem rituellen Akt spricht,
der zum Götzendienst gewisser anderer Götter gehörte. Von einem solchen
Ritual wissen wir nichts, auch wenn einige bildliche Darstellungen auf
assyrischen Reliefs entdeckt worden sind, die als Hinweis darauf
interpretiert werden können. Die frühen jüdischen Kommentatoren
übersetzten statt "Zweig" "Gestank". Manche Ausleger glauben, daß "ihre"
ein späterer Abschreibfehler für das eigentliche "meine" ist. Dann würde
diese Aussage heißen "bringen den Gestank an meine Nase". Gemeint wäre,
daß der Götzendienst ein fauler, ekelhafter Gestank für Gott war. Ob
diese Auslegung richtig ist, läßt sich natürlich nicht mit Sicherheit
sagen. Jedenfalls ist klar: Das, was die Menschen taten, war für Gott
eine einzige Beleidigung. Gott antwortete darauf ganz entschieden: Ich
werde mit ihnen in Zorn handeln und nicht mit Erbarmen . Gott würde
nicht zulassen, daß solch eine offene Rebellion weiterging. Auch wenn
sie in letzter Minute versuchen sollten, Gott dazu zu bewegen, ihr Rufen
zu hören, würde ihnen dies nicht gelingen. Die Zeit war reif für das
Gericht. Hes 9,1-2 (2) Das Blutbad in Jerusalem ( Hes 9 ) Der zweite Teil der Vision Hesekiels zeigt die
Ausführung des Gerichtes Gottes (das in Hes 8,18 angekündigt ist) über
die Bewohner Jerusalems. Gott rief die Aufseher der Stadt zusammen,
jeden mit einer Waffe in seiner Hand . "Aufseher" kommt von dem Verb
"besuchen", "aufsuchen", "mustern", "ernennen". Manche Übersetzungen
geben es mit "Heimsucher" wieder, was jedoch zu stark ist. Hesekiel
benutzt das gleiche Wort noch einmal in Hes 44,11 ("beauftragt sein"),
wo es sich auf die Leviten bezieht, die als Türhüter im Tempel des
Tausendjährigen Reiches dienen werden. Die "Aufseher" in Hes 9,1 sind vermutlich
Engelwesen, die Gott um seine Stadt herum aufstellte. Jeder von ihnen
trug eine tödliche Waffe - vermutlich ein Schwert oder eine Keule. Die Aufseher kamen in den inneren Hof aus der
Richtung des oberen Tores, das nach Norden hin weist . Um zu Hesekiel zu
kommen, mußten sie an den vier in Kapitel 8 erwähnten Gruppen vorbei.
Bei den sechs Aufsehern war ein siebter Mann, angezogen mit Leinen, der
ein Schreibzeug hatte . Das Leinenkleid spricht von Würde, Reinheit oder
göttlicher Herkunft (vgl. Dan 10,5;12,6-7; Offb 15,6 ). Das
"Schreibzeug" ist wörtlich ein "Kasten für den Schreiber". Das
hebräische Wort für "Kasten" ist ein Lehnwort aus dem Ägyptischen und
meint einen Kasten, in dem die Schreiber ihr Schreibwerkzeug aus
Schilfrohr samt einem Tintengefäß aufbewahrten. Hes 9,3-7 Als die Aufseher und der Schreiber durch den
Tempel kamen, erhob sich die Vision der Herrlichkeit Gottes (vgl. die
Anmerkungen zu Hes 1,28 ) von den Cherubim, wo sie gewesen war, über die
Schwelle des Tempels . Ähnliche Worte in Hes 10,4 zeigen auf bildliche
Weise Gottes Weggang aus Jerusalem. Weil es sich hier um eine Vision
handelte, konnten Ereignisse in einer sonst ungewöhnlichen Abfolge
geschehen. So führte Gott in einer Minute Hesekiel persönlich durch den
Tempel und konnte in der nächsten Minute auf den Cherubim im
Allerheiligsten oder auf seinem Thronwagen sitzen. Gott sagte dem Schreiber, der in Leinen gekleidet
war: Geh durch Jerusalem und mache ein Zeichen auf die Stirn derer, die
über die schändlichen Dinge trauern und klagen, die in der Stadt
geschehen . Gott kennt jene, die ihm treu geblieben sind, und wird sie
in seinem Gericht verschonen (vgl. die Versiegelung der 144 000 zur
Bewahrung während der großen Trübsal; Offb 7,3-4 ). Gott sagte nun den Aufsehern, daß sie
dem Schreiber durch die Stadt folgen und ohne Barmherzigkeit zu zeigen
töten sollen . Alle, die kein Zeichen erhielten, sollten getötet werden.
Sie sollten keinen Unterschied machen nach Alter oder Geschlecht. Das
Gericht wird über die Alten und Jungen, die Männer, Frauen und Kinder
kommen. Dann befahl Gott den Aufsehern: Fangt an bei dem
Heiligtum . Es ist von Bedeutung, daß das Gericht zuerst am Haus Gottes
begann (vgl. 1Pet 4,17 ). Da sich das Böse vom Tempel aus durch das
ganze Land ausgebreitet hatte ( Hes 8 ), würde auch das Gericht diesen
Weg gehen. Deshalb begannen die Aufseher mit den Ältesten , den
Priestern, die Gott den Rücken zugewandt hatten. Ihr Tod würde den
Tempel entweihen und die Tempelhöfe mit den Erschlagenen erfüllen . Aber
der Tempel war ja bereits durch ihre götzendienerischen Praktiken
entweiht worden. Die historische Erfüllung dieser Vision lesen wir
in 2Chr 36,17-19 . Hes 9,8-10 Überwältigt durch die Größe dieses Gerichtes,
schrie Hesekiel aus: Wirst du den ganzen Überrest von Israel
vernichten? (vgl. Hes 11,13 ). Hesekiel ist ein Mann des Mitleids, der
sich um sein Volk sorgte (vgl. Abrahams Eintreten für Sodom, 1Mo
18,20-33 ,und Amos, der für Israel betete, Am 7,1-9 ). Obwohl der Ausruf Hesekiels seine Sorge für
Israel deutlich machte, war die Sünde des Volkes doch zu weit
fortgeschritten, als daß das Unheil noch abgewendet werden konnte. Gott
hatte Israel und Juda genügend Zeit zur Umkehr von ihrer Sünde gegeben,
aber die Menschen hatten sie nur dazu benutzt, auf ihren Wegen des
Blutvergießens (vgl. "Gewalt" in Hes 8,17 ) und des Unrechts noch
schlimmer zu werden. Die ganze Zeit hatten sie gedacht, daß der Herr
sich nicht mehr um sie kümmern oder sie sehen würde (vgl. Hes 8,12 ).
Ohne Barmherzigkeit (vgl. Hes 7,4.9; 8,18; 24,14 ) würde er ihnen nun
geben, was sie verdient hatten. Hes 9,11 Dann kehrte der Engelsschreiber mit seinem
Bericht zurück: Ich habe getan, wie du befohlen hast (vgl. V. 4 ). Alle,
die gerecht waren und deren Herzen über die Sünde des Volkes traurig
waren, hatten Gottes Zeichen des Schutzes erhalten. Sie würden verschont
bleiben. Die Ungerechten aber, die Gott verworfen und das Böse geliebt
hatten, erhielten dieses Zeichen des Schutzes nicht. Sie würden getötet
werden. Die Bestimmung eines jeden war durch sein eigenes Wesen
festgelegt. Hes 10,1-2 (3) Gottes Herrlichkeit verläßt den Tempel ( Hes
10 ) Gott würde seinen Wohnort niemals mit anderen
"Göttern" teilen, und sein Heiligtum durfte nicht mit Götzendienst
verunreinigt werden. Das Zentrum der Anbetung Gottes in Silo wurde, kurz
nachdem seine Herrlichkeit von dort gewichen war, von dort entfernt
( 1Sam 4,1-4.10-11.19-23; Jer 7,12-14 ). Das gleiche Schicksal würde dem
Tempel von Jerusalem widerfahren. Hesekiel, noch immer neben dem Altar stehend,
blickte auf das Heiligtum und sah etwas wie einen Thron aus Saphir über
dem Raum, der über den Köpfen der Cherubim war . Dies war der azurblaue
Thron Gottes, der auch auf seinem Thronwagen gewesen war (vgl. die
Anmerkungen zu Hes 1,26 ). Gott selbst war im Eingang des Heiligtums,
aber sein Thronwagen war "auf der Südseite des Tempels" ( Hes 10,3 ). Gott sagte dem Engelsschreiber: Geh zwischen die
Räder unter den Cherubim und nimm brennende Kohlen und verstreue sie
über die Stadt . Die "brennenden Kohlen" unter den Cherubim hatte
Hesekiel bereits vorher gesehen ( Hes 1,13 ; vgl. Jes 6,6 ). Nun
benutzte Gott solche Kohlen, um seine "heilige" Stadt zu reinigen. Hes 10,3-5 Hesekiels Aufmerksamkeit wandte sich wieder dem
Thronwagen Gottes zu, der neben dem Heiligtum stand. Eine Wolke füllte
den inneren Hof und machte Gottes Gegenwart auf der Schwelle des
Heiligtums deutlich (vgl. 2Mo 33,9-10; 1Kö 8,10-11; Jes 6,1-4 ).
Hesekiel erwähnte noch einmal, daß sich die Herrlichkeit des HERRN von
dem Thronwagen zur Schwelle begab ( Hes 10,4 ; vgl. Hes 9,3 ). Als die
Wolke den Tempel erfüllte, war der Hof voll des Glanzes der
Herrlichkeit (vgl. die Anmerkungen zu Hes 1,28 ) des HERRN . Die
Manifestation der Herrlichkeit Gottes schien durch die Wolke hindurch,
um den Platz zu erleuchten, auf dem Hesekiel stand. Neben dieser
blendenden Helligkeit vernahm Hesekiel das Geräusch der Flügel der
Cherubim, das so laut war, daß man es im äußeren Hof hören konnte
(vgl. Hes 1,24 ). Hes 10,6-7 Hesekiel kehrte von seiner kurzzeitigen
Abschweifung zurück, um weiter von dem Mann in Leinen zu berichten. Der
Bote ging zu dem Thronwagen Gottes und stand neben einem seiner vier
Räder und dem Cherubim (vgl. Hes 1,15-18 ). Einer der Cherubim nun nahm
von dem Feuer und legte es in die Hände des Mannes in Leinen . Auf diese
Weise wurde die göttliche Reinigung von Jerusalem ins Werk gesetzt. Gottes Gericht als ein Feuer , das über Jerusalem
verstreut würde, ist angesichts des Schicksals der Stadt sehr
interessant. Denn die babylonische Armee zerstörte die Stadt später
tatsächlich durch Feuer (vgl. 2Kö 25,8-9 ). Der Mann in Leinen nahm das
Feuer und ging hinaus. Hesekiel berichtet zwar nicht, wie er das Feuer
über Jerusalem ausstreute; es kann aber aus dem Gesagten geschlossen
werden. Wahrscheinlich waren die Augen des Propheten noch immer auf den
Thronwagen Gottes gerichtet. Hes 10,8-13 Erneut beschrieb Hesekiel die Cherubim und Räder
(V. 8 - 11 , vgl. Hes 1,15-21 ). Allerdings fügte er noch einige
zusätzliche Details hinzu ( Hes 10,12-13 ). Ihr ganzer Körper war völlig
mit Augen bedeckt . Diese Augen versinnbildlichen wahrscheinlich die
göttliche Allwissenheit ebenso wie die Augen der Räder (vgl. die
Anmerkungen zu Hes 1,15-18 ). Auch die vier Wesen, die Johannes um den
Thron Gottes herum sah, waren mit Augen bedeckt ( Offb 4,8 ). Dann hörte Hesekiel die Räder, die auch drehende
Räder genannt werden. "Drehende Räder" ( hagalgal ) bedeutet rollen oder
rotieren. Die Räder wurden also nach ihrer Funktion benannt: sie
bewegten den Thronwagen Gottes, indem sie rollten. Die Benennung der
Räder scheint hier auf ihr Wegziehen vorzubereiten (das in Hes
10,15-19 beschrieben wird). Die Herrlichkeit Gottes wird nun auf "den
drehenden Rädern" aus seinem Tempel ziehen. Hes 10,14 Hesekiel beschrieb nun die Gesichter der Cherubim
noch einmal (vgl. die Anmerkungen zu Hes 1,10 ). Aber zwischen diesen
beiden Beschreibungen besteht eine offensichtliche Diskrepanz.
In Kapitel 1 haben die Cherubim die Gesichter eines Menschen, eines
Löwen, eines Adlers und eines Stieres. Hier, in Kapitel 10 , jedoch sind
ihre Gesichter ein Cherub , ein Mensch , ein Löwe und ein Adler . Manche
meinten, daß ein späterer Abschreiber versehentlich statt "Gesicht eines
Stieres" "ein Cherub" geschrieben hat. Eine andere Erklärung ist, daß
das Gesicht eines Stieres tatsächlich gewöhnlich mit dem eines Cherub
gleichgesetzt wurde. In der akkadischen Literatur scheinen
die kuribu (ein mit "Cherub" verwandtes Wort) nichtmenschliche Gesichter
zu haben. Hes 10,15-22 Nun war für die Herrlichkeit Gottes die Zeit
gekommen zu gehen. Dann erhoben sich die Cherubim aufwärts. Gottes Thron
erhob sich aus dem Tempelhof Israels in die Luft. Hesekiel beschrieb die
Bewegung der Cherubim und Räder (V. 15 - 17 ) mit den gleichen Worten,
die er auch in Kapitel 1 verwendet hatte (vgl. die Anmerkungen zu Hes
1,19-20 ). Gottes Herrlichkeit, die im Eingang des Tempels gestanden
hatte, erhob sich von der Schwelle des Tempels und stellte sich über die
Cherubim ( Hes 10,18 ). Gott bestieg seinen Thronwagen, um aus seinem
Tempel und seiner Stadt zu ziehen. Der Thronwagen setzte sich ostwärts
in Bewegung, aber als die Cherubim den Rand des Tempelbezirkes
erreichten, hielten sie an dem Eingang des Osttores zum Haus des HERRN ,
und die Herrlichkeit (vgl. die Anmerkungen zu Hes 1,28 ) des Gottes
Israels war über ihnen . Diese Wesen (V. 20 - 22 ) waren ohne Zweifel
die gleichen Cherubim, die Hesekiel schon früher gesehen hatte. Bevor
Gott den Tempel und die Stadt verließ, legte er noch einen letzten Halt
ein. Erst wenn Gott das Tor verlassen hatte, konnte die Inschrift
"Ichabod" ("die Herrlichkeit ist vergangen") über Jerusalem gesetzt
werden (vgl. 1Sam 4,21-22 ). Als wollte Hesekiel diesen letzten Schritt
der Herrlichkeit Gottes hinauszögern, fügte er hier die Geschichte der
25 gottlosen Herrscher ein ( Hes 11,1-21 ). Hes 11,1 (4) Das Gericht über Jerusalems Herrscher ( Hes
11 ) Als Gottes Herrlichkeit über dem Osttor schwebte,
hob der Geist den Propheten empor (vgl. Hes 3,8.14; 11,24; 37,1; 43,5 )
und brachte ihn zu dem Tor, das nach Osten zu in das Kidron-Tal und zum
Ölberg führte. Am Eingang des Tores waren fünfundzwanzig Männer,
allerdings nicht die gleichen 25, die die Sonne angebetet hatten ( Hes
8,16 ). Unter den 25 Männern am Eingang des Tores
war Jaasanja, der Sohn von Asur , und Pelatja, der Sohn von Benaja . Das
Tor war der traditionelle Ort, an dem die Ältesten einer Stadt
zusammensaßen, um Recht zu sprechen und für die öffentliche Ordnung zu
sorgen. Es war das "Gerichtshaus" einer Stadt (vgl. 1Mo 23,10.18; 5Mo
21,19; Jos 20,4; Rt 4,1-2.9.11; Hi 29,7 ). "Jaasanja, der Sohn von
Asur", wird sonst in der Schrift nicht erwähnt und sollte nicht mit
einem der drei anderen Jaasanjas verwechselt werden, die zu dieser Zeit
lebten und in der Bibel genannt werden (vgl. 2Kö 25,23; Jer 35,3; Hes
8,11 ). Es kann jedoch sein (obwohl das auf keinen Fall als gesichert
gelten kann), daß dieser "Asur" der gleiche Mann ist, der auch in Jer
28,1 erwähnt wird. Wenn das so ist, dann wäre der Jaasanja aus Hes
11 ein Bruder von Hananja, dem falschen Propheten, der sich gegen
Jeremia gestellt und die gleiche falsche Botschaft der Hoffnung kurz vor
dem Fall Jerusalems verkündigt hatte (vgl. Jer 28,1-4 ). Über Pelatja
wissen wir nichts. Sowohl Jaasanja als auch Pelatja waren Führer des
Volkes und gehörten vermutlich zur Oberschicht Israels. Hes 11,2-3 Diese 25 planten Böses und gaben gottlosen Rat .
Eigentlich sollten sie weisen Rat und Wegweisung für Jerusalem gegeben
haben, aber statt dessen hatten sie die Leute von Gott weggeführt. Ihr gottloser Rat wurde für Hesekiel mit den
Worten zusammengefaßt: Wird nicht bald die Zeit kommen, Häuser zu
bauen? Die Stadt ist ein Kochtopf, und wir sind das Fleisch. Die Männer
forderten die Bewohner Jerusalems auf, die Weissagungen der Propheten
über die kommende Invasion durch Babylon zu vergessen. Sie forderten die
Menschen auf, Häuser zu bauen, ein Zeichen von Frieden und Sicherheit
( Hes 28,26 ). Schließlich seien sie ja so sicher in der Stadt
(Jerusalem) wie das Fleisch im Topf. Hes 11,4-5 Wegen dieses falschen Optimismus forderte Gott
Hesekiel auf, gegen sie zu weissagen . Die öffentlichen Bekundungen der
Zuversicht verhüllten nur die Ängste der Menschen. Sie suchten
Sicherheit vor der immer gegenwärtigen Gefahr der Babylonier (indem sie
über das Bauen von Häusern sprachen), aber in ihren Gedanken fürchteten
sie sich vor einem Angriff und den Folgen eines solchen. Gott sagte, daß
er wisse, was sie wirklich dachten (V. 5.8 ). Hes 11,6-12 Hesekiel änderte nun das Bild der Ältesten von
dem Fleisch und dem Topf. Die Gerechten, die in der Stadt ermordet
worden waren ( ihr habt viele Menschen in dieser Stadt getötet ), waren
Jerusalems Hoffnung, denn nur sie hätten die Stadt retten können. Die
Ältesten dachten, sie seien so sicher wie das Fleisch im Topf (V. 3 ).
Aber die erschlagenen Gerechten waren dieses "Fleisch": Die Körper, die
ihr dorthin (auf die Straßen ; V. 6 ) geworfen habt, sind das Fleisch,
und die Stadt ist der Topf . Obgleich sich die Ältesten in dem "Topf"
Jerusalem so sicher fühlten, würde Gott sie hinaustreiben und würde
sie Fremden übergeben . Die Stadt würde kein Topf sein, in dem die
Menschen "sicher" waren wie Fleisch (V. 11 ), sondern sie würde
zerschmettert und die Menschen weggeführt werden. Gottes Gericht durch das Schwert würde an
den Grenzen Israels (V. 10 - 11 ) ausgeübt werden. Dies erfüllte sich
wörtlich, als die Gefangenen Jerusalems nach Ribla in Syrien gebracht
und getötet wurden (vgl. 2Kö 25,18-21; Jer 52,8-11.24-27 ). Hes 11,13-15 Als Hesekiel gegen diese Ältesten und die Stadt
weissagte, starb Pelatja, der Sohn Benajas . Dies war eine Bestätigung
der Botschaft Hesekiels und eine Vordeutung des Gerichtes, das bald alle
gottlosen Führer Jerusalems vernichten würde. Hesekiel, der die
Bedeutung dieses Geschehens verstand, bat Gott noch einmal um
Barmherzigkeit (vgl. Hes 9,8 ): Oh, HERR HERR! Willst du den Überrest
Israels ganz vernichten? Gott antwortete zweifach auf Hesekiel. Erstens
zeigte er Hesekiel, daß der Überrest nicht vernichtet würde. Die, die
bereits in der Gefangenschaft waren, würden verschont bleiben. Sie waren
seine Brüder, seine Blutsverwandten . Der Ausdruck "deine
Blutsverwandten" ( gE?VllATeKA ) wird in der Septuaginta und in
syrischen Übersetzungen mit "Mitgefangenen" wiedergegeben (das
wäre GAlUTeKA ). Im Zusammenhang ergibt diese Übersetzung mehr Sinn.
Hesekiels Brüder in der Gefangenschaft waren der wahre Überrest. Der zweite Teil von Gottes Antwort sollte
Hesekiel zeigen, daß das Gericht über Jerusalem notwendig war.
Jerusalems moralische Kompaßnadel war verbogen. Die Menschen in
Jerusalem waren der Ansicht, daß die bereits Weggeführten (die Gott
gerade als den wahren Überrest bezeichnet hatte) weit weg von dem
HERRN seien. Sie dachten von Gott ortsgebunden und in geographischer,
statt in geistlicher Nähe. Sie hielten ihr Recht auf das Land für
absolut, da es ihnen doch als ihr Besitz gegeben worden war. Diese
Aussage war zwar richtig, aber unvollständig. Gott hatte Israel das Land
gegeben, aber er hatte auch davor gewarnt, daß er es von ihnen nehmen
würde, wenn sie ihm ungehorsam waren (vgl. 5Mo 28,36.64-68 ). Gott wird
einen Rest verschonen ( Hes 6,8; 12,16 ), so wie Hesekiel gebeten hatte,
aber zu diesem Überrest werden die selbstgefälligen, selbstgerechten
Führer Jerusalems nicht gehören. Hes 11,16 Gott hatte das kommende Gericht über die
Menschen, die noch in Jerusalem waren, betont (V. 1 - 12 ). Er hatte dem
Propheten versichert, daß er einen Überrest bewahren werde, aber dies
würden die Menschen sein, die bereits in der Gefangenschaft lebten,
nicht die in Jerusalem (V. 13 - 15 ). Als Zeichen seiner Treue verhieß
Gott nun, daß er den Überrest wieder in das Land zurückbringen würde
(V. 16 - 21 ). Zu den Beweisen des Segens Gottes über den
Überrest in der Gefangenschaft gehörten, (a) was er bereits für sie
getan hatte (V. 16 ) und (b) was er in der Zukunft für sie tun würde
(V. 17 - 21 ). Zwar hatte Gott sein Volk weit weg unter die Heiden
geschickt , aber er hatte es nicht verlassen. Sie hatten den Zugang zum
"Heiligtum", dem Tempel in Jerusalem, verloren. Aber Gott selbst war in
diesen fremden Ländern ein Heiligtum für sie gewesen. Gott ist für treue
Juden überall zu erreichen, wo auch immer sie geographisch sein mögen. Hes 11,17 Aber auch für Israel als Nation gab es eine
Zukunft. Gott verhieß: Ich werde dich sammeln von den Ländern, in die du
zerstreut bist, und ich werde dir das Land Israel wieder
zurückgeben. Der Überrest Israels kann sich auf eine nationale
Erneuerung in dem verheißenen Land freuen. Eine teilweise Rückführung
geschah nach der babylonischen Gefangenschaft (vgl. Esr; Neh), aber Hes
11,17-21 geht über diese Rückkehr hinaus und weist auf eine zukünftige
Sammlung Israels zu Beginn des Tausendjährigen Reiches hin (vgl. Hes
36,24-38;37,11-28 ). Hes 11,18-19 : Israels physische Rückkehr wird von
einer geistlichen Erneuerung begleitet sein. Wenn sie in das Land
kommen, werden sie alle Götzen und Greuel daraus entfernen (vgl.
V. 21 ). Das Land wird wieder vom Götzendienst gereinigt werden, und die
Menschen werden ebenfalls gereinigt. Denn Gott sagt: Ich werde ihnen ein
ungeteiltes Herz geben und einen neuen Geist in sie legen . Israels
äußere Schwierigkeiten sind die Folge ihres inneren Zustandes. Gott
verspricht, beides zu ändern. Hesekiels Verheißung spricht von der bleibenden
Innewohnung des Heiligen Geistes in Israel. Vor der Zeit des Neuen
Bundes wohnte der Geist in einigen auserwählten Gläubigen. Gewöhnlich
war dies dann eine zeitliche Befähigung für eine bestimmte Aufgabe (vgl.
die Anmerkungen zu Hes 2,2 ). Aber im Tausendjährigen Reich wird der
Heilige Geist in allen gläubigen Israeliten wohnen (vgl. Hes 36,26-27;
Joe 3,1 ). Die Einsetzung des Neuen Bundes, der diese ständige
Innewohnung beinhaltet (vgl. Jer 31,31-34 ), begann mit dem Tod Christi
(vgl. Mt 26,28; Mk 14,24; Lk 22,20; Hebr 8,6-13;9,15; 10,14-16; 12,24 ).
Aber die letzte Erfüllung, die nationale Sammlung und Erneuerung
Israels, steht noch aus. Die Gemeinde heute nimmt teil an den
geistlichen (nicht den physischen) Wohltaten des Bundes durch ihre
Zugehörigkeit zu Christus. Die Ergebnisse des neuen "Herzens" ( ein
fleischernes Herz statt eines Herzens aus Stein ) für Israel werden
neues Handeln und ein neues Verhältnis zu Gott und den Menschen sein. Hes 11,20-21 Durch ihre Taten werden die Menschen Israels
gehorsam sein. Sie werden Gottes Geboten folgen und seine Gesetze
halten. Ihr neuer, innerer Zustand wird ein gerechtes Tun hervorbringen.
Es wird zu einem neuen Verhältnis mit Gott führen: Sie werden mein Volk
sein, und ich will ihr Gott sein (vgl. Hes 14,11; 36,28; 37,23.27; Hos
2,23 ). Gott beendete diesen Einschnitt, indem er
Hesekiel wieder an die Realität der Sünde erinnerte. Der Überrest in der
Gefangenschaft durfte sich auf die Wiederherstellung und den Segen
freuen, aber die Bewohner Jerusalems, die ihren Götzen und ihren Greueln
hingegeben dienten (vgl. Hes 11,18 ), konnten nur das Gericht für ihre
Sünde erwarten. Dies erinnerte Hesekiel erneut an das sündige Verhalten,
das er gerade gesehen hatte und das die Herrlichkeit Gottes dazu geführt
hatte, aus seiner Stadt zu weichen ( Hes 8-11 ). Hes 11,22-25 Gottes Herrlichkeit beendete nun ihren
Auszug. Die Herrlichkeit des HERRN (vgl. die Anmerkungen zu Hes
1,28 ) erhob sich aus der Stadt und stellte sich über den Berg, östlich
von ihr . Als Gottes Herrlichkeit Jerusalem verließ, zog sie über das
Kidron-Tal auf den Ölberg hinüber. Dieser Weggang war das Zeichen für
den Untergang Jerusalems. Die Stadt würde ohne den Segen Gottes bleiben,
bis die Herrlichkeit wieder über den Ölberg zurückkehren würde (vgl. Hes
43,1-3 ). Es ist kein Zufall, daß Christus von dem Ölberg aus in den
Himmel auffuhr ( Apg 1,9-12 ) und versprach, an demselben Ort wieder
zurückzukehren ( Apg 1,11 ; vgl. Sach 14,4 ). Hesekiels Vision war zu Ende, und er wurde wieder
durch den Geist (vgl. Hes 3,14; Hes 8,3; 11,1; 37,1; 43,5 ) zurück zu
den Weggeführten in Babylon gebracht. Als die Vision ihn verließ,
berichtete er den Weggeführten alles, was der Herr ihm gezeigt hatte. 2. Die Nutzlosigkeit eines falschen Optimismus ( Hes 12-19 ) Hesekiels Aufgabe ( Hes 4-11 ) war, das Gericht
über Jerusalem deutlich zu machen, das durch den Ungehorsam
unausweichlich geworden war. Er hatte dabei die Tatsache der kommenden
Belagerung durch eine Reihe von Zeichen gezeigt und dann den Grund dafür
durch zwei Predigten und eine längere Vision erklärt. Aber noch immer
waren die Menschen nicht bereit, die Tatsache des Untergangs von
Jerusalem zu akzeptieren. Deshalb gab er eine Reihe weiterer Zeichen und
Botschaften. Jeglicher Optimismus war vergeblich und nutzlos. Jerusalems
Schicksal war besiegelt. Hesekiel benutzte den Ausdruck "Das Wort des
Herrn geschah zu mir" in der Einleitung von zehn der elf Zeichen,
Predigten und Sprüche in Kapitel 12 - 19 ( Hes
12,1.17.21;13,1;14,2.12;15,1;16,1;17,1;18,1 ). Nur der letzte Abschnitt
( Hes 19,1 ) beginnt anders, da es sich hier um ein Klagelied handelt,
das eine Art Zusammenfassung der zehn vorherigen Abschnitte zu sein
scheint. a. Zwei Zeichen der kommenden Gefangenschaft ( 12,1 - 20 ) Weil die Menschen immer noch nicht glaubten, gab
Hesekiel ihnen zwei weitere Tat-Zeichen. Er sagt: "Sie haben Augen zu
sehen, aber sehen nicht, und Ohren zu hören, aber hören nicht". Israels
Blindheit und Taubheit war vorsätzlich. Sie könnten Gottes Botschaft
empfangen, aber sie wollten es nicht, denn sie waren "ein abtrünniges
Haus" (V. 3 , vgl. die Anmerkungen zu Hes 3,9 ). Geistliche Blindheit
und Taubheit sind oft Anzeichen für Ungehorsam oder Unglauben (vgl. 5Mo
29,1-4; Jes 6,9-10; Jer 5,21; Mt 13,13-15; Apg 28,26-28 ). (1) Das Zeichen des Gepäcks und des Loches in der
Wand ( Hes 12,1-16 ) Hes 12,1-6 Hesekiels Zeichen für Israel waren zwei
verschiedene Handlungen. Zuerst packte er seine Sachen und ging an einen
anderen Ort, während die Weggeführten ihn beobachteten. Sie verstanden
sehr gut die Bedeutung dieses Tuns, denn erst vor sechs Jahren hatten
sie selbst ähnliche Vorbereitungen für ihre eigene Deportation nach
Babylon getroffen. Auf diese erste Tat am Tage folgte eine zweite
Tat am Abend. Während die Leute zuschauten, sollte Hesekiel so tun, als
sei er gefangen, und sollte durch die Wand graben und seine Sachen (vgl.
V. 4 ) durch sie hinausbringen, indem er sie auf seinen Schultern trug .
Hesekiel spielte vor den Menschen in einer Art Pantomime einen
heimlichen Fluchtversuch, bei dem er sein Gesicht bedecken sollte, so
daß er das Land nicht sehen konnte. Hes 12,7-11 Hesekiel tat, wie ihm befohlen worden war. Am
nächsten Morgen sprach Gott erneut zu ihm und fragte ihn, ob die
Weggeführten gefragt hätten, was er da täte . Offensichtlich war die
Neugier der Leute geweckt. Nachdem Hesekiel einmal ihre Aufmerksamkeit
hatte, konnte er Gottes Botschaft überbringen. Gott erklärte, daß diese Last (Botschaft) den
Fürsten in Jerusalem (d. h. König Zedekia) und das ganze Haus Israel
betraf, das dort (d. h. in Jerusalem) ist. Der erste Teil des Zeichens
zeigte die Unausweichlichkeit der Gefangenschaft: Sie würden als
Gefangene in das Exil gehen . Die, denen es jetzt noch in Jerusalem gut
ging, würden bald schon Gefangene sein, deren einziger Besitz in kleinen
Taschen Platz findet, die man über seine Schulter gehängt tragen kann. Hes 12,12-16 Der zweite Teil von Hesekiels Zeichen (in V. 5 -
6 ) zeigte den vergeblichen Fluchtversuch von Zedekia. Er würde
versuchen, im Dunkeln durch ein Loch in der Stadtmauer von Jerusalem zu
fliehen. Aber sein Fluchtversuch würde scheitern, denn Gott würde selbst
darauf achten, daß er wieder gefangengenommen würde. Zedekias Bestimmung
war schrecklich. Ich werde ihn nach Babylon bringen, aber er wird es
nicht sehen, und dort wird er sterben. Seine Truppen, die mit ihm zu
fliehen versuchten, würden verfolgt und durch das Schwert getötet
werden. All dies erfüllte sich dramatisch und bis ins
Detail im Jahr 586 V. Chr. Nach einem vergeblichen Fluchtversuch wurde
Zedekia zu Nebukadnezar gebracht, mußte zusehen, wie die Feinde seine
Söhne töteten, und wurde dann geblendet und nach Babylon gebracht, wo er
den Rest seines Lebens im Gefängnis verbrachte (vgl. 2Kö 25,1-7; Jer
52,4-11 ). Die Menschen, die in Jerusalem lebten, würden
schließlich die Allmacht und Souveränität Gottes erkennen ( Hes
12,15-16 ), aber diese Erkenntnis würde erst kommen, wenn sie unter die
Heiden verstreut waren. Doch würde Gott, wie er schon gesagt
hatte, einige wenige von ihnen übriglassen (vgl. 6, 8). Hes 12,17-20 (2) Das Zeichen des Zitterns beim Essen und
Trinken ( Hes 12,17-20 ) Hesekiels zweites Zeichen war kürzer als das
erste, aber auch dieses enthielt eine Botschaft über die, die in
Jerusalem und im Land Israel lebten (V. 19 ). Hesekiel sollte zittern ,
wenn er seine Speise aß , und sich schütteln , wenn er sein Wasser
trank (V. 18 ). Hesekiels Tun war ein Bild für das schreckliche
Schicksal, das Israel erleben würde. Wie schon vorher gesagt ( Hes
4,16 ), würden die Menschen in Jerusalem in Angst und Verzweiflung essen
und trinken. Der Feind würde das Land ausplündern, die Städte zerstören
und das Land verwüsten. Die Furcht vor dem Feind würde die Menschen
ergreifen, wenn sie sahen, wie das Gericht Gottes das Land Stück für
Stück vernichtete. Doch sie hatten das Gericht durch
ihre Gewalttaten selbst herbeigeführt ( Hes 20,19 ; vgl. Hes 7,23;
8,17 ). b. Fünf Botschaften: Das Gericht kommt gewiss ( 12,21 - 14,23 ) Nach den beiden Zeichen ( Hes 12,1-20 )
überlieferte Hesekiel nun eine Serie von fünf Botschaften ( Hes
12,21-25;12,26-28;13; 14,1-11; 14,12-23 ), durch die er den falschen
Optimismus der Menschen vernichten und die Gewißheit des Gerichtes
zeigen wollte. (1) Die erste Botschaft ( Hes 12,21-25 ) Hes 12,21-25 Die ersten beiden Botschaften drehten sich um
zwei bekannte Sprichworte, die von den Menschen oft zitiert wurden. Die
erste Predigt begann, indem Gott Hesekiel nach dem Sprichwort
fragte: Die Tage vergehen, und jede Vision wird zu nichts . Ein
"Sprichwort" ( mASAl ) ist eine kurze Formulierung einer allgemein
anerkannten oder offensichtlichen Wahrheit. Das hier genannte Sprichwort
wollte aussagen, daß die Voraussagen, die Hesekiel (und andere
Propheten) über den Untergang gemacht hatten, nicht eintreten würden.
Durch dieses Sprichwort wurden die Propheten zu Schwarzsehern erklärt,
und die Menschen konnten ihre Botschaften ignorieren. Gott sagte, daß er die Menschen daran hindern
würde, dieses Sprichwort noch länger zu sagen. Die trügerische
Sicherheit der Leute würde zu Ende sein, wenn das Gericht käme. Die
Vergangenheit der letzten Monate hatte die früher gemachten Weissagungen
nicht zunichte gemacht, wie die Menschen annahmen. Vielmehr hatten sie
die Zeit verringert, bis die Weissagungen erfüllt würden. Die Tage waren
nahe , sagte Gott. Falsche Propheten hatten den Aussagen der wahren
Botschafter Gottes sowohl in Jerusalem (vgl. Jer 28,1-4 ) als auch in
Babylon (vgl. Jer 29,1.8-9 ) widersprochen. Ihre optimistischen
Voraussagen würden aufhören, wenn Gott sich beeilte, sein Wort zu
erfüllen. Er würde die falschen Visionen und trügerischen Offenbarungen
wegtun. Hesekiels Warnrufe vor dem Untergang waren nicht die noch weit
entfernten Donner eines noch weit entfernten Gewitters. Das Gericht
stand vor der Tür: Es sollte ohne Verzögerung erfüllt werden. Gott
würde erfüllen, was immer er vorausgesagt hatte (vgl. Hes 12,28 ). Hes 12,26-28 (2) Die zweite Botschaft ( Hes 12,26-28 ) Das erste Sprichwort, das Hesekiel aufgegriffen
hatte, drückte die Zweifel der Menschen über die Tatsache des Gerichtes
Gottes aus. Das zweite Sprichwort machte ihre Zweifel über die Nähe
dieses Gerichtes deutlich. Es wird nicht ausdrücklich ein Sprichwort
genannt, aber es ähnelt im Aufbau dem ersten Sprichwort. Jedenfalls war
es im Israel jener Zeit eine durchaus übliche Aussage. Selbst jene Israeliten, die glaubten, daß
Hesekiel ein wahrer Prophet Gottes sei, bezweifelten die baldige
Erfüllung seiner Weissagungen: Er weissagt über die ferne Zukunft . Wenn
Gott handelte, so dachten sie, dann würde dies nicht so bald sein.
Interessant ist, daß der Apostel Petrus sagt, daß die gleiche
Einstellung auch in den letzten Tagen bezüglich des zweiten Kommens
Christi herrschen wird ( 2Pet 3,3-10 ). Gottes Verzögerung ist ein
Zeichen seiner Gnade, nicht seiner Unsicherheit. Hesekiel sagte: Das Gericht ist nicht ferne. Es
stand vor der Tür Israels. Gott sagt: Keines meiner Worte wird noch
länger verzögert werden (vgl. Hes 12,25 ). Das zweite Sprichwort war,
wie das erste, eine falsche Hoffnung für ein Volk, das eigentlich ein
klares Verständnis seiner Lage nötig hätte. Hes 13,1-3 (3) Die dritte Botschaft ( Hes 13 ) Hesekiels dritte Botschaft richtete sich gegen
Israels falsche Propheten und Prophetinnen, die das Volk in die Irre
führten. Sie waren in einem großen Maße für die fehlgeleitete Hoffnung
der Menschen verantwortlich. Hesekiel klagte die Propheten (V. 1 - 16 )
und die Prophetinnen (V. 17 - 23 ) an. Beiden Gruppen zeigte er zunächst
ihre Sünde und verkündete dann das Gericht über sie. Die Botschaft der falschen Propheten kam
aus ihrer eigenen Vorstellung (vgl. V. 17 ), nicht von Gott. Hesekiel
stellte also die Quelle ihrer Botschaft in Frage. Da sie aus ihrem
eigenen Geist kam, konnte Hesekiel zu Recht behaupten, daß sie nichts
gesehen hätten. Hes 13,4 Die Botschaft der falschen Propheten war nicht
nur unwahr, sondern auch gefährlich. Die falschen Propheten waren
wie Schakale zwischen den Ruinen . Das Wort für "Schakale" ( SUZAlIm )
kann auch mit "Füchse" übersetzt werden (vgl. manche deutschen
Übersetzungen; das gewöhnliche Wort für Schakal ist tan). Manche
Ausleger behaupten, daß Hesekiel das zerstörerische Wesen der Füchse
meine. Aber Füchse sind eigentlich nicht für ein solches zerstörerisches
Wesen bekannt. Es ist wohl besser anzunehmen, daß Hesekiel die Wohnorte
der Füchse meinte. So wie Füchse Ruinen als durchaus akzeptable
"Wohnungen" ansehen, so sind auch die falschen Propheten in der Lage,
sich in einer zusammenbrechenden Gesellschaft wohlzufühlen. Hes 13,5 Die falschen Propheten, so sagte Hesekiel,
waren nicht zu den Löchern in der Mauer gegangen, um sie zu reparieren .
Israels moralische Mauern standen vor dem Zusammenbruch, aber die
falschen Propheten hatten nichts getan, um zu helfen. Der Tag des
HERRN hat an den meisten Stellen im AT eine eschatologische Bedeutung
und bezieht sich auf die Zeit der großen Trübsal, das zweite Kommen
Christi, oder das Tausendjährige Reich (vgl. die Anmerkungen zu "Größere
Schwierigkeiten der Auslegung" in der Einführung zu Joel). Aber hier
scheint er von dem kommenden Gericht durch die Babylonier zu sprechen. Hes 13,6-9 Die falschen Propheten behaupteten, im Namen
Gottes zu reden, aber Gott hatte sie nicht beauftragt. Wegen ihrer
falschen Worte und gelogenen Visionen war er gegen sie. Hesekiel
erwähnte drei Aspekte ihres Gerichts. Erstens würden sie nicht in den
Rat des Volkes Gottes gehören. Die falschen Propheten wurden von den
Führern Israels begünstigt. Sie hatten einflußreiche Stellungen in
Jerusalem und auch in der Gefangenschaft. Aber wenn ihre Weissagungen
als falsch erwiesen worden waren, würden sie diese Gunst verlieren.
Zweitens würden sie, neben diesem Verlust ihrer Plätze im Rat, auch
nicht in den Listen Israels aufgeführt werden (d. h. ihre Namen würden
nicht in der Einwohnerliste der Bürger aufgeführt werden). Wer aus
dieser Liste ausgeschlossen wurde, verlor seine Bürgerrechte (vgl. Esr
2,62 ). Diese falschen Propheten würden aus der Gemeinschaft Israels
ausgeschlossen werden. Drittens würden die falschen Propheten nie wieder
das Land Israel betreten. Sie würden als Gefangene in einem fremden Land
sterben. Hes 13,10 Die falschen Propheten sagten: Friede , während
Hesekiel die Zerstörung ankündigte. Ihr verführerisches Wirken war wie
eine dünne Mauer, die mit Kalk übertüncht war. Statt Israel auf die
ernsten Risse in seinem moralischen Fundament aufmerksam zu machen
(V. 5 ), "übertünchen" sie diese mit Kalktünche. Man benutzte damals
eine weiße Paste, die aus dem in Israel gewonnenen Kalk hergestellt
wurde, um die Steine zu streichen, die die Mauern der meisten Häuser
bildeten. Diese Tünche verbarg die Unebenheiten der Steine unter einer
glatten Oberfläche. Die falschen Propheten vergrößerten die
Schwierigkeiten Israels noch, indem sie die Probleme verbargen, die
eigentlich hätten aufgedeckt werden müssen. Hes 13,11-12 Da die falschen Propheten die Menschen durch das
Übertünchen einer wackeligen Mauer irregeführt hatten (V. 10 ), würden
sie beschämt werden, wenn die Mauer zusammenfiel. Gottes Gericht würde
die dünne Mauer Israel niederbrechen. Schwere Regenfälle, Hagel wie
Steine und mächtige Winde (vgl. V. 13 ) würden gegen die Mauer schlagen,
und sie würde fallen. Dann würden die Menschen die Propheten fragen: Wo
ist die Tünche, mit der ihr sie übertüncht habt? Die "Tünche" sind die
falschen Weissagungen. Wenn Jerusalem zerstört würde, dann würde dies
offenbar werden. Hes 13,13-16 Wenn Wind, Hagelsteine und Regen die Mauern von
Jerusalem zum Einfallen brachten (vgl. V. 11 ), dann würden die
Propheten in ihr umkommen, denn Gottes Zorn würde sich gegen sie
richten. Hes 13,17-19 Hesekiel wandte sich nun von den falschen
Propheten ab (V. 1 - 16 ) und den falschen Prophetinnen zu (V. 17 -
23 ). Sie werden die Töchter deines Volkes, die aus ihrer eigenen
Vorstellung heraus geweissagt haben , genannt (vgl. V. 2 ). Sowohl zur
Zeit des AT als auch des NT gab es wahre Prophetinnen ( 2Mo 15,20; Ri
4,4-5; 2Kö 22,14; Apg 21,8-9 ). Die "Prophetinnen", von denen Hesekiel
spricht, waren jedoch eher Medien oder Zauberinnen gleich. Diese Prophetinnen nähten sich magische Amulette
für ihre Handgelenke und machten sich Schleier verschiedenster Länge für
ihre Köpfe . Das hebräische Wort für "magische Amulette" wird im AT nur
in diesen Versen benutzt ( Hes 13,18.20 ). Vermutlich kam diese Praxis
aus magischen babylonischen Ritualen, bei denen man magische Knoten und
Bänder an verschiedene Teile des Körpers band, um die bösen Geister
abzuwehren oder Krankheiten zu heilen. Diese "Glücksbringer" galten als
mit magischen Kräften ausgestattet. Die "Schleier" waren lange
Schleppen, die von den Prophetinnen auf "ihren Köpfen" befestigt wurden
und die Prophetinnen ganz einhüllten, vermutlich um den Eindruck des
Geheimnisvollen zu vermitteln. Der Zweck dieser magischen Amulette und
geheimnisvollen Schleier war, die Menschen zu verstricken . Besonders in
Zeiten voller Unsicherheit und Durcheinander scheinen Schwindler und
Scharlatane aus den Ängsten der Leichtgläubigen ihren Gewinn zu machen.
Diese Zauberinnen hier "sagen die Zukunft" oder vermitteln "einen
Glückszauber" für ein paar Handvoll Gerste und einen Bissen Brot ,
entweder als Bezahlung für ihre Zauberdienste oder als Mittel zum
Zaubern selbst. In einigen Kulturen wurde Gerste für okkulte Praktiken
benutzt, ob als Gabe an die Geister oder, um darin die Zukunft zu lesen.
Wie dem auch sei, jedenfalls nahmen die Prophetinnen auf betrügerische
Weise an solchen Praktiken teil und sicherten so ihren Lebensunterhalt
durch die Ängste anderer. Gott sagte, daß sie sein Volk
belügen (V. 19 ). Die Ergebnisse der Arbeit der Prophetinnen liefen
den wirklichen Interessen Israels zuwider. Du hast getötet, die nicht
hätten sterben sollen, und hast verschont, die nicht hätten leben
sollen . Die Prophetinnen hätten eigentlich das Böse in Jerusalem
offenbaren und anklagen sollen (vgl. 2Kö 22,13-20 ). Statt dessen ließen
sie die Gottlosen ("die nicht hätten leben sollen") unangetastet. Hes 13,20-21 Gottes Zorn würde sich gegen die falschen
Prophetinnen wenden, und er würde ihre Macht zunichte machen. Er würde
ihre magischen Amulette von ihren Armen abreißen und würde die Menschen
befreien, die wie Vögel gefangen waren. Gott würde ihre Schleier
abreißen und sein Volk aus ihren Händen retten . Dann würden die
Zauberinnen als Scharlatane offenbar werden, und ihre leichtgläubigen
Klienten würden sie verlassen. Hes 13,22-23 Die Prophetinnen hatten den Gerechten mit ihren
Lügen betrübt und den Gottlosen ermutigt, sich nicht von seinen bösen
Wegen abzukehren . Dies lief Gottes Vorhaben mit dem Volk direkt
zuwider. Wenn Gott die Prophetinnen richten würde, würden
die Menschen erkennen, daß diese Frauen gelogen hatten. Die Prophetinnen
selbst würden gezwungen sein, ihre Sünde zuzugeben. Gott würde falsche
Visionen und Offenbarungen (vgl. die Anmerkungen zu 5Mo 18,10 ) aus
Israel verbannen und sein Volk von dieser furchtbaren Verführung
retten . Hesekiel Hes 14,1-6 (4) Die vierte Botschaft ( Hes 14,1-11 ) Hesekiels vierte Botschaft ist eine Verdammung
des Götzendienstes. Einige von den Ältesten Israels kamen, um Hesekiel
zu befragen. Obwohl dieser immer noch an sein Haus gebunden war ( Hes
3,24 ), erkannten diese Weggeführten ihn als Propheten an und suchten
bei ihm Rat (vgl. Hes 8,1 ). Wahrscheinlich wollten die Ältesten eine
Botschaft von Gott über Jerusalem oder über die Länge ihrer
Gefangenschaft erfragen. Als die Ältesten vor Hesekiel saßen, ließ ihn
Gott wissen, daß diese Männer Götzenbilder in ihren Herzen errichtet
hatten und mit Freuden vor Augen hätten, was sie schuldig werden ließ .
Der Götzendienst in Jerusalem wurde offen gezeigt, aber der Götzendienst
in Babylon geschah mehr im Verborgenen - es war innerer Götzendienst,
nicht äußerer. Aber dieser Götzendienst würde die Menschen zu Fall
bringen. Im Buch Hesekiel wird der Götzendienst Israels als Hauptgrund
für das Gericht Gottes über das Volk angesehen. Diese heuchlerischen Ältesten kamen zu dem wahren
Gott und suchten bei ihm Antwort, während sie andere "Götter" in ihren
Herzen trugen. Gott fragte Hesekiel: Soll ich mich denn von ihnen
befragen lassen? Gott war nicht verpflichtet zu antworten, wenn sie
seine Allmacht und Souveränität nicht anerkannten. Anstatt den Ältesten
also die Informationen zu geben, die sie wünschten , wies Gott Hesekiel
an, ihnen die Informationen zu geben, die sie brauchten - Gottes
Einstellung zu ihrem Götzendienst. Gott ließ die Ältesten wissen, daß, wenn
irgendein Israelit zu ihm käme und in seinem Herzen Götzendienst
betreibe, er sich um diesen Götzendienst kümmern würde. Gott würde dies
tun, weil es das Beste für das Volk war, um deren Herzen
wiederzugewinnen . Die Botschaft, die Israel hören mußte, war nicht
irgendeine Weissagung über Jerusalem oder die Gefangenschaft. Die
eigentliche Botschaft ist: Kehrt um! Wendet euch von den Götzen ab und
entsagt all eurem greulichen Tun! Hes 14,7-8 Hesekiel weitete nun den Blick seiner Botschaft.
Vers 7 ist identisch mit Vers 4 b, außer daß in Vers 7 die Warnung
auch an jeden Fremden ging, der in Israel lebte . Der "Fremde" (ger) war
ein Ausländer, der in Israel lebte und dessen Lebensstil übernommen
hatte. Er mußte Gottes Gesetz gehorchen ( 3Mo 16,29-30; 17,12-16; 18,26;
4Mo 15,13-16; Jes 56,3-8; Hes 47,22-23 ). Wenn ein Israelit oder ein Fremder es wagte, sich
wegen etwas an Gott zu wenden und doch Götzendienst zu betreiben, würde
Gott ihm im Gericht antworten. Ich, der HERR, werde ihm selbst
antworten (vgl. Hes 14,4 ) und ihn zu einem Beispiel und einem
Sprichwort machen. Er würde ein "Sprichwort" in dem Sinne werden, daß
die Menschen ihn kennen und über ihn reden würden (vgl. Hes 23,10; Hi
17,6;30,9; Ps 44,15; Jer 24,9; Joe 2,17 ). Gott würde ihn von seinem
Volk abschneiden . Gott würde mit Taten, nicht mit Worten antworten. Er
würde gegen diesen Götzendiener vorgehen und ihn töten. Dieses harte
Vorgehen würde ein Beispiel für andere sein. Hes 14,9-11 Gott sagte, daß er nicht durch seinen Propheten
antworten würde, wenn er von jemandem gefragt würde, der in seinem
Herzen Götzendienst betreibe. Wenn deshalb ein Prophet eine Antwort gab,
dann zeigte dies, daß er ein falscher Prophet war. Der Satz, Ich, der
HERR, habe diesen Propheten betört , ist ein wenig schwierig. Auf den
ersten Blick scheint er zu sagen, daß Gott den Propheten dazu gebracht
hatte, zu sprechen. Das Wort "betört" (von pATCh ) trägt die negative
Bedeutung von "verführen", "betrügen" (vgl. 2Mo 22,15 ;
"Verführer"; 2Sam 3,25; Jer 20,7 ). Die beste Illustration dafür ist die
Geschichte, in der Gott durch Ahab falsche Propheten verführen läßt, um
ihm seinen Tod zu bringen ( 1Kö 22,19-23 ). Wenn ein falscher Prophet in den Tagen Hesekiels
einem Götzendiener ein Wort gab, dann war es ein verführerisches Wort,
das beide in den Untergang führen würde ( der Prophet würde so schuldig
sein wie der, der ihn befragt ). Gott würde beide für ihre Sünde
verantwortlich machen und entsprechend bestrafen. Dann würden die Menschen zu ihm umkehren und sich
nicht länger durch ihre Sünden selbst betrügen . Gott würde den
Stolperstein des Götzendienstes entfernen, der die Nation zu Fall
gebracht hatte. Dann, so sagte Gott, werden sie mein Volk sein, und ich
will ihr Gott sein (vgl. Hes 11,20; 36,28; 37,23.27; Hos 2,23 ). Gott
würde Israel am Ende wieder in seine Stellung der Gemeinschaft mit ihm
einsetzen. Hes 14,12-20 (5) Die fünfte Botschaft ( Hes 14,12-23 ) Erneut zeigte Hesekiel die Unvermeidbarkeit des
Gerichtes über Israel auf. Wenn Gott die gottlose Stadt Sodom um zehn
Gerechter willen verschont hätte ( 1Mo 18,22-33 ), dann würde er, so
dachten die Israeliten zur Zeit Hesekiels, doch sicher auch Jerusalem um
der Gerechten willen, die dort wohnten, verschonen. Hesekiels fünfte
Botschaft machte deutlich, daß die wenigen Gerechten Gottes Gericht über
Jerusalem nicht aufhalten würden. Im ersten Abschnitt dieser Botschaft nannte
Hesekiel vier "hypothetische" Arten des Gerichts. Ein bestimmtes Land
sündigt gegen Gott, indem es untreu ist, und er streckt seine Hand aus
gegen es. Gott, der gerecht ist, kann (a) seinen Vorrat an Speise
wegnehmen und eine Hungersnot schicken (V. 13 ), (b) wilde Tiere durch
dieses Land schicken (V. 15 ), (c) ein Schwert bringen (V. 17 ) und/oder
(d) eine Pest schicken (V. 19 ). Gott konnte alle diese Mittel benutzen,
um das Land zu bestrafen und seine Bevölkerung zu töten (vgl. Hes
5,17 ). Gott würde einmal tatsächlich alle vier Strafen benutzen, wenn
er während der großen Trübsal sein Gericht über die ganze Erde um ihrer
Sünde willen schickte (vgl. Offb 6,8 ). Hesekiel fügte nun ein weiteres Element in seine
hypothetischen Überlegungen ein: Was, wenn drei der gerechtesten
Menschen, die jemals gelebt hatten, in diesem Land wohnten? Gottes
Antwort war, daß dies keinen Unterschied mache. Selbst wenn diese drei
Männer - Noah, Daniel und Hiob - in ihm wären, könnten sie nur sich
selbst durch ihre Gerechtigkeit retten (vgl. Hes 14,20 ). Sowohl Noah
als auch Hiob werden von den meisten Auslegern mit den gleichnamigen
biblischen Personen gleichgesetzt. Nur bei Daniel gibt es einige
Unsicherheiten. Hesekiel schreibt diesen Namen etwas anders, als der
biblische Prophet und Staatsmann, der das Buch Daniel abgefaßt hat,
gewöhnlich geschrieben wird. Viele Theologen meinen, daß Hesekiel hier
von dem mythischen D an?el , der in ugaritischen Texten auftaucht,
spreche, der als gerechter Herrscher und Richter bekannt war, aber seine
Söhne nicht vor dem Zorn der Göttin Anat schützen konnte. Diese Identifikation sollte aber wohl abgelehnt
werden. Der kleine Unterschied in der Schreibweise läßt sich durch die
allgemein übliche Praxis, Namen verschieden zu schreiben erklären (vgl.
"Asarja = Ussia", 2Kö 15,1; 2Chr 26,1 ; "Jehoram" = "Joram", 2Kö 3,1;
8,16 ). Der Prophet Daniel war in Babylon und vermutlich auch bei
Hesekiel und seiner Zuhörerschaft gut bekannt. Es gibt im AT keinen
Hinweis darauf, daß die mythische Gestalt D an?el den Juden bekannt war
oder gar als ein Vorbild der Gerechtigkeit galt. Es war schließlich
Hesekiels Vorhaben ( Hes 14,1-11 ), den Götzendienst zu verurteilen.
Würde er einen Mythos aus der Götterwelt Babylons zum Vorbild der
Gerechtigkeit machen? Der biblische Daniel dagegen ist das vollkommene
Vorbild eines Mannes, der seinem Glauben kompromißlos treu blieb. Gott erwähnte Noah, Daniel und Hiob, weil sie
alle drei einen ähnlichen Charakter hatten. Jeder von ihnen war ein Mann
der Gerechtigkeit , der gegen Widerstand siegreich blieb. Der gerechte
Noah konnte seine Familie aus dem Gericht retten ( 1Mo 6,8-7,1 ). Daniel
war ein gerechter Mann, der in den Tagen Hesekiels lebte, und den Gott
benutzte, um seine Freunde vor dem Gericht zu retten ( Dan 2,12-24 ).
Hiob war ein gerechter Mann, der für seine drei Freunde eintrat, um sie
vor dem Zorn Gottes zu bewahren, nachdem er selbst versucht worden war
( Hi 42,7-9 ). Selbst wenn diese drei Säulen der Gerechtigkeit
in einem Land, das unter dem Gericht Gottes stand, miteinander um Gnade
gebetet hätten, hätten sie in diesem Fall vergeblich für andere gebetet.
Sie hätten nur sich selbst retten können. (Vgl. die Worte Jeremias über
die Unwirksamkeit der Gebete von Mose und Samuel; Jer 15,1 .) Dies wird
noch deutlicher, wenn Gott erklärt: Sie könnten nicht einmal ihre
eigenen Söhne und Töchter retten. Sie alleine würden gerettet ( Hes
14,18 ; vgl. V. 20 ). Noah hat seine Familie "gerettet", und Hiobs
Familie wurde nach seinem Elend wieder gesegnet, aber bei Gottes Gericht
über Israel würden sie nur sich selbst retten können. Hes 14,21-23 Nachdem er dieses allgemeine Prinzip gezeigt
hatte (V. 12 - 20 ), wandte Hesekiel es auf Jerusalem an. Wieviel
schlimmer würde es sein, wenn Gott gegen Jerusalem seine vier
schrecklichen Gerichte schickte - Schwert und Hunger und wilde
Tiere und Pest (vgl. Hes 5,17 ). Es würde für Jerusalem umso schlimmer
sein, weil in ihr keine drei Größen der Gerechtigkeit wohnten, die für
sie eintreten könnten. Wenn diese gerechten Führer ein gottloses Land
nicht retten könnten, wie konnte dann Jerusalem mit seinen wenigen
Gerechten die Hoffnung haben, gerettet zu werden? Mitten in der Gerichtsankündigung fügte Gott nun
ein Element des Trostes ein. Gottes Gericht würde von den bereits
Weggeführten in der Gefangenschaft als gerecht anerkannt werden, wenn
sie das gottlose Wesen derer sehen würden, die den Untergang Jerusalems
überlebten. Dennoch würden da ein paar Überlebende sein - Söhne und
Töchter, die aus ihr herausgebracht würden. Einige würden also die
Zerstörung Jerusalems überleben und als Gefangene nach Babylon gebracht
werden. Wenn diese Gruppe nach Babylon käme, würden die Gefangenen, die
bereits dort waren (und zu denen Hesekiel spricht), ihr Verhalten und
ihr Tun sehen und sich über das Unheil , das auf Jerusalem gekommen war,
trösten. Manche Ausleger sind der Meinung, daß das
"Verhalten und Tun", auf das Hesekiel sich bezieht, die gerechten Taten
des Überrestes sind, die Gott dazu gebracht hatten, sie zu verschonen.
Wahrscheinlich sprach Hesekiel aber von dem gottlosen Wesen der
Weggeführten. Das Wort für "Verhalten" ( derek ) wird im Buch Hesekiel
35mal benutzt, um die bösen Taten von Menschen zu bezeichnen. Das Wort
für "Tun" ( ZXlIlNT ) wird achtmal benutzt und spricht von
den sündigen Taten Israels. Diese beiden Worte kommen siebenmal zusammen
vor und meinen jedesmal sündiges Verhalten und Tun. Alle, denen die Härte und Strenge des Gerichtes
Gottes ein Problem war, würden seine Gerechtigkeit und Angemessenheit
erkennen, wenn sie den bösen Charakter der Gefangenen sahen, die von
Jerusalem nach Babylon gebracht würden. Sie würden zugeben müssen, daß
diese Menschen es wirklich verdient hatten, bestraft zu werden, und daß
Gott nicht ungerecht war. c. Drei Gleichnisse des Gerichts ( Hes 15-17 ) Nach diesen zwei Zeichen ( Hes 12,1-10 ) und fünf
Botschaften ( Hes 12,21- Hes 14,23 ) verkündete Hesekiel drei
Gleichnisse ( Hes 15-17 ), mit denen er zeigte, daß es für Israel keine
Möglichkeit der Rettung mehr gab. (1) Das Gleichnis vom fruchtlosen Weinstock ( Hes
15 ) Hes 15,1-5 Gott stellte Hesekiel eine Frage: Sohn des
Menschen, in welcher Hinsicht ist das Holz eines Weinstocks besser als
ein Zweig irgendeines Baumes im Wald? Die Antwort ist offensichtlich.
Abgesehen von der Fähigkeit des Weinstockes, Frucht zu bringen, ist sein
Holz dem Holz eines Baumes untergeordnet. Gott machte noch deutlicher,
was er damit sagen wollte, indem er zwei weitere Fragen stellte: Nimmt
man jemals sein Holz, um irgend etwas Brauchbares daraus zu machen?
Macht man auch nur Haken daraus, um etwas daran zu hängen? Das Holz
eines Weinstockes ist unbrauchbar. Seine verzweigten und verdrehten Äste
kann man nicht einmal für einen kräftigen Haken benutzen, an den man
etwas hängen könnte. Wenn der Weinstock schon an sich fast nutzlos
ist, wieviel mehr, wenn er durch das Feuer gekommen ist? Die
Wertlosigkeit eines angesengten Zweiges mit seinen verkrümmten,
schwarzen Enden ist offensichtlich. Hes 15,6-8 Gott wandte nun dieses Gleichnis auf Jerusalem
an. Diese Stadt war der Weinstock . Da sie keine Frucht der
Gerechtigkeit mehr brachte, war sie nutzlos geworden. Israel hielt sich selbst für den von Gott
gesegneten Weinstock, aber es hatte die Frucht nicht hervorgebracht, die
Gott haben wollte (vgl. Ps 80,9-19; Jes 5,1-7; Jer 2,21; Hos 10,1 ).
Vielmehr war Israel zu einem wilden Weinstock des Waldes geworden, der
Zweige nach allen Himmelsrichtungen hin hat, aber keine Frucht trägt,
die irgendwelchen Wert hätte. Dieser Weinstock konnte nur noch als
Brennmaterial für das Feuer gebraucht werden. Gott würde sein Volk in
Jerusalem so behandeln. Gottes Gericht war gewiß: Ich werde mein
Angesicht gegen sie setzen . Jerusalem hatte sich im Jahr 597 V. Chr.
Babylon übergeben. Obwohl die Stadt damals der völligen Zerstörung
entkommen war, würde Gott Babylon wieder zurückbringen, um seine Aufgabe
zu beenden. Obwohl sie dem Feuer entgangen waren, würde das Feuer sie
doch fressen . Es gab keinen Grund zum Optimismus, denn das Gericht
durch Babylon war nur aufgeschoben worden. Hes 16,1-5 (2) Das Gleichnis der Ehebrecherin ( Hes 16 ) In diesem Gleichnis der Untreue Jerusalems sah
Hesekiel die Stadt als ein ungewolltes Kind. Deine Herkunft und Geburt
war im Lande Kanaan; dein Vater war ein Amoriter, deine Mutter eine
Hetiterin (vgl. V. 45 ). Zwar hatte Hesekiel im größten Teil des
Gleichnisses das Volk von Jerusalem vor Augen, aber hier am Anfang
schien er von der Stadt Jerusalem selbst zu sprechen. Israel stammte
natürlich von Sem ab ( 1Mo 10,21-31 ), Jerusalem dagegen war, bevor sie
von David erobert wurde ( 1Chr 11,4-9 ), eine kanaanitische Stadt (die
Kanaaniter kommen aus der Linie Hams, nicht der Sems; 1Mo 10,6-20 ). Die
frühen Bewohner der Stadt wurden Jebusiter genannt ( Ri 19,10-12 ). Warum also sagte Hesekiel, daß Jerusalems Vater
ein Amoriter und seine Mutter eine Hetiterin waren? Vielleicht weil die
heidnischen Jebusiter den Amoritern und Hetitern sehr ähnlich und ihnen
in vielem sogar gleich waren. Diese Ähnlichkeit könnte auch aus der
Völkerliste geschlossen werden, in der die Jebusiter zwischen den
Amoritern und den Hetitern aufgeführt sind ( 1Mo 10,15-16 ; vgl. die
Anmerkungen zu 1Mo 14,13-16 ). So wird ja auch Sodom eine "Schwester"
Jerusalems genannt ( Hes 16,46 ), obwohl keine Blutsverwandtschaft
besteht. Die Anfänge Jerusalems waren wie die eines
ungewollten Kindes. Normalerweise wird, nachdem ein Baby geboren ist,
die Nabelschnur durchgeschnitten . In biblischer Zeit wurde das Kind
dann gewaschen , um Blut und Schleim zu entfernen, und mit Salz
abgerieben , um es zu trocknen und die Haut zu kräftigen. Dann wurde das
Kind in Tücher gewickelt, um es zu wärmen und zu bedecken. Für Jerusalem
wurden diese Dinge nicht getan. Niemand sah nach ihm mit Erbarmen oder
hatte Barmherzigkeit genug, irgend etwas von all dem für es zu tun . Auch wurde das Baby (Jerusalem) auf das Feld
hinausgeworfen , denn es war verachtet. Diese grausame Art der
Kindestötung kam damals häufig vor. Ungewollte oder verkrüppelte Kinder
wurden nach der Geburt oft einfach hinausgeworfen, wo man sie sterben
ließ. Hes 16,6-7 Als Gott den um sein Leben kämpfenden Säugling
sah, wie er sich hilflos auf dem Boden wälzte (in seinem Blut liegend),
kam er ihm zur Hilfe. Das Leben des Säuglings hing am seidenen Faden,
bis Gott sein Überleben anordnete: Ich sagte zu dir: Du sollst leben! Das Kind lebte und wuchs heran wie eine Pflanze
auf dem Feld . Mit den Jahren wuchs das Kind zu einer jungen Frau heran.
Aber sie war noch immer nackt und bloß , in einem verwahrlosten Zustand. Hes 16,8 Wieder ging Gott an Jerusalem vorbei und sah, daß
sie alt genug für die Liebe , also im ehefähigen Alter, war. Gott schloß
selbst einen Ehebund mit ihr. Ich breitete die Ecke meines Mantels über
dich und bedeckte deine Nacktheit. Ich gab dir meinen heiligen Eid und
schloß einen Bund mit dir, und du wurdest mein . Der symbolische Akt,
den unteren Teil seines Mantels über einen anderen Menschen zu breiten,
war ein Bild für Schutz und für eine Verlobung (vgl. Rt 3,9 ). Gott
versprach Jerusalem seine Treue und nahm es sich zu eigen. Das
historische Ereignis, auf das angespielt wird, könnte die Ernennung
Jerusalems zur Hauptstadt Israels und zum Wohnort Gottes sein. Hes 16,9-14 Gott kleidete seine Anvertraute in Herrlichkeit
wie die einer Königin. Das heimatlose Kind, das den Geruch des Blutes an
sich trug, wurde gewaschen und mit Öl oder teuren Parfums gesalbt. Das
Mädchen, das nackt war, erhielt nun bunte Kleider, Ledersandalen, feines
Leinen und kostbare Gewänder . Gott legte ihr Edelsteine an, Spangen ,
eine Kette , einen Ring an ihre Nase, Ohrringe und eine Krone . Der
"Ring" für die Nase wurde an einem der Nasenflügel getragen und galt
neben Ketten und Ohrringen als Schmuck (vgl. Jes 3,21 ). All dies zeigt,
daß Jerusalem unter dem Segen Gottes während der Regierungszeit von
David und Salomo eine herrliche, prächtige Stadt wurde (vgl. 1Kö
10,4-5 ). Jerusalem empfing nicht nur teuren Schmuck und
feine Kleider, sondern bekam auch das beste Essen: feines Mehl, Honig
und Olivenöl . Alles, was es brauchen oder wollen könnte, wurde ihm von
seinem großzügigen "Ehemann" gegeben. Es war schön und wurde eine
Königin , und seine Schönheit war unter den Völkern bekannt. Wenn Hesekiels Gleichnis hier geendet hätte, dann
wäre es eine wunderschöne Geschichte einer Liebe zwischen arm und reich
gewesen. Aber nun nimmt die Geschichte eine bizarre Wendung. Diese Frau,
die zu einer Königin geworden ist, wird ihrem Mann untreu ( Hes
16,15-34 ). Hes 16,15-19 Jerusalems Blick wandte sich von seinem Wohltäter
seiner eigenen Schönheit zu, und es wurde stolz ( es nutzte seinen Ruhm,
um eine Hure zu werden ). Jerusalem vergaß den Einen, der ihm all den
Reichtum gegeben hatte, und wandte sich von ihm ab (vgl. 5Mo 6,10-12;
8,10-20 ). Statt dessen sonnte es sich in seiner Schönheit und gab sich
anderen Göttern hin. Seit der Regierungszeit Salomos ( 1Kö 11,7-13 ) und
dann bis zu seinem Fall unter Nebukadnezar hatte Jerusalem sich von Gott
weg zum Götzendienst gewandt. Es gab zwar Zeiten der Erneuerung, aber im
allgemeinen ging es bergab. Selbst der Segen, den Gott der Stadt geschenkt
hatte, wurde benutzt, um falschen Göttern zu dienen. Sie nahm von
ihren Kleidern, um bunte Opferhöhen daraus zu machen , falsche Zentren
der Anbetung, die gewöhnlich auf hohen Hügeln standen (vgl. die
Anmerkungen zu Hes 6,3 ). Gott sagte: Du nahmst auch die feinen
Edelsteine, die ich dir gab (vgl. Hes 16,11-13 ), und machtest dir
selbst männliche Götzenbilder und triebst Hurerei mit ihnen . Mit
lebendigen Bildern schilderte Hesekiel die Niederträchtigkeit der Sünde
Jerusalems. Er zeigte es, wie es seine Edelsteine nahm und sich ein
phallisches Götzenbild machte, mit dem es dann sexuell verkehrte.
Ähnlich nahmen die Leute von Jerusalem die materiellen Güter, die Gott
ihnen gegeben hatte, und machten sich Bilder falscher Götter, mit denen
sie geistlichen Ehebruch begingen. Hes 16,20-22 Jerusalem brachte sogar seine eigenen Söhne und
Töchter als menschliche Opfer ( als Speise ) diesen falschen Götzen. Die
kanaanitische Praxis des Kinderopfers war den Israeliten verboten
(vgl. 3Mo 18,21; 20,2-5; 5Mo 12,31 ). In Ammon töteten Eltern ihre
Kinder und opferten sie in Feueropfern für den Gott Moloch. Diese Praxis
schlich sich auch im Volk Israel ein; zur Zeit Hesekiels wurden
Kinderopfer öffentlich in Jerusalem vollzogen (vgl. 2Kö 21,6; Jer
7,30-31; 32,35 ). Jerusalem war weit von seinem "Ehemann" weggelaufen.
Es hatte alle seine Wohltaten vergessen. In seinem Stolz hatte es
vergessen, wer es aus seinem elenden Zustand als ungewolltes Baby
gerettet und in seine erhöhte Stellung eingesetzt hatte. Hes 16,23-29 Jerusalem entwickelte eine immer stärker werdende
Lust nach Götzen. Seine Ehebrecherei ging von den "Höhen" auf die
Straßen über, als überall, an jeder Kreuzung ( an jeder Straßenecke )
und auf jeder Straße, Heiligtümer errichtet wurden. Seine Gier nach
Götzendienst brachte es dazu, sich ständig neue "Liebhaber" zu suchen,
die seine Lust befriedigten. Zu seinen Hurern gehörten Ägypten (V. 26 ),
Assyrien (V. 28 ) und Babylon (V. 29 ). Die Erwähnung dieser drei Völker
meint nicht nur Jerusalems Verlangen nach neuen, fremden Göttern,
sondern auch ihre ausländischen Intrigen und Bündnisse. Gott stand nicht still daneben, während seine
"Frau" sich selbst zugrunde richtete. Er versuchte, ihre Lust durch
Strafgerichte zu beenden. Er verkleinerte ihr Gebiet (d. h. Land, das
von Jerusalem beherrscht wurde) und gab sie in die Hände der Philister .
Die Philister griffen Juda und Jerusalem während der Regierungszeit von
Joram ( 2Chr 21,16-17 ) und Ahas ( 2Chr 28,16-19 ) an. Aber selbst die
Philister waren erschrocken über Jerusalems unzüchtiges Verhalten . Die
Philister beteten Götzen an, aber zumindest blieben sie ihren eigenen
Göttern treu. Hes 16,30-34 Jerusalem war wie eine unverschämte Hure , nur
mit einem großen Unterschied. Eine Hure wird für ihre Dienste bezahlt,
aber Jerusalem verschmähte Geld . Es war eine ehebrecherische Frau und
eine Prostituierte, denn es zog Fremde seinem eigenen Mann vor.
Jerusalem war eine geistliche Nymphomanin. Es hatte sogar selbst
Bestechungsgelder gezahlt (statt einen Lohn zu nehmen), um die
Aufmerksamkeit zu erhalten, die man ihm früher freigebig geschenkt
hatte. Solch eine Umkehrung war besonders bemerkenswert, denn sie zeigte
seine abgründige Verdorbenheit und Bindung an Götzendienst und fremde
Bündnisse. Als es sich von Gott abwandte, hielt er seinen Segen zurück,
den er ihm reichlich gegeben hatte (vgl. 5Mo 28,15-23 ). Statt seine
Sünde zu erkennen und sich dem wahren Gott zuzuwenden, suchte es sich
immer mehr Götter und bot größere "Bestechungsgelder", um diese anderen
Götter dazu zu bringen, es zu segnen. Jerusalem verschwendete seinen
Reichtum an Dinge, die doch kein Segen für es sein konnten. Hes 16,35-43 Jerusalem war von einer Königin zur
Landstreicherin heruntergekommen. Seine Schönheit war vergangen, deshalb
versuchte es, mit seinen wenigen noch übrigen Habseligkeiten andere zu
bestechen, mit ihm ein Verhältnis einzugehen. Gott versuchte, dessen
verrücktes Rennen in den Untergang aufzuhalten, aber es wollte auf seine
Warnungen nicht hören. Nun war die Zeit für sein Gericht gekommen. Gottes Strafgericht über Jerusalem würde dessen
Verbrechen gemäß sein. Es hatte sich selbst vor all seinen Liebhabern
entblößt . Nun würde Gott dessen Liebhaber benutzen, um es zu zerstören.
Er würde die Völker gegen es bringen und es vor ihnen ausziehen, so daß
alle seine Nacktheit sehen konnten. Jerusalem würde wieder so hilflos
werden vor seinen Feinden, wie es war, bevor der Herr es zur Frau nahm
(V. 8 ). Gott würde Jerusalem bestrafen, wie Frauen
bestraft wurden, die Ehebruch begangen und Blut vergossen hatten . Die
Strafe auf Ehebruch im Alten Testament war die Steinigung ( 3Mo 20,10 ;
vgl. Joh 8,4-5 ). Jerusalems "Ehebruch" war sein Götzendienst, und die
Strafe für Götzendienst war das Schwert ( 5Mo 13,13-16 ). Gott benutzte
beide Mittel des Gerichts - Steinigung und Schwert - zum Untergang
Jerusalems. Sie werden eine Meute aufbringen gegen dich, die dich
steinigen und mit ihren Schwertern in Stücke hauen wird (vgl. Hes
23,47 ). Gott hatte gesagt, daß die Bevölkerung einer Stadt in Israel,
die Götzendienst betreibe, durch das Schwert getötet und ihre Stadt
verbrannt werden würde ( 5Mo 13,16-17 ). Nach der Eroberung Jerusalems
durch Babylon hat dieses tatsächlich die Häuser niedergebrannt und
die Strafe vor den Augen vieler Frauen vollzogen ( Hes 16,41 ). Gottes Gericht über Jerusalem würde
schließlich dessen Hurerei ein Ende setzen . Erst nach seiner Zerstörung
würde sein Zorn sich legen . Gottes eifersüchtiger Grimm war kein
Zeichen für Kleinlichkeit oder Rachsucht, sondern ein wesentliches
Element seiner Heiligkeit. Die grundlegende Ursache für Jerusalems Sünde war
seine mangelnde Erinnerungsfähigkeit an die Tage seiner Jugend (V. 43 ;
vgl. "du wirst dich erinnern" in V. 61.63 ). Seine ganze Größe war ein
Ergebnis der gnädigen Gunst des Herrn. Als es sich daher von ihm
abwandte, trennte es sich von der einzigen wahren Quelle des Segens und
erzürnte den Einen, der es groß gemacht hatte. Hes 16,44-45 Der erste Teil des Gleichnisses (V. 1 - 43 ) ist
eine Analogie zwischen Jerusalem und einer Ehebrecherin. Der zweite Teil
(V. 44 - 63 ) ist ein Vergleich zwischen Jerusalem und seinen Schwestern
Samaria und Sodom. Wenn Jerusalems gottlose Schwestern für ihre Sünden
gerichtet wurden, wie kann dann Jerusalem, das noch viel tiefer gefallen
war, auf Rettung hoffen? In Jerusalem gab es ein Sprichwort über sein
Schicksal (vgl. die Anmerkungen zu Hes 12,22 ), aber Gott gab ihm ein
neues Sprichwort: Wie die Mutter, so die Tochter . Die Wesenszüge der
Eltern kann man in den Kindern erkennen. Jerusalems Taten waren
charakteristisch für seine familiäre Herkunft. Seine Mutter hatte ihren
Mann und ihre Kinder von sich gestoßen. Noch einmal machte Hesekiel die Herkunft
Jerusalems deutlich, die er in Hes 16,3 bereits aufgezeigt hatte. Die
Ausschweifungen, eifersüchtigen Rivalitäten und herzlosen Grausamkeiten
der kanaanitischen Stämme waren wohlbekannt. Jerusalem trug diese
Wesenszüge seiner "Eltern" und zeigte sie, als es Gott verließ und indem
es auf grausame Weise seine eigenen Kinder opferte. Hes 16,46-48 Hesekiel erklärte dies durch einen Vergleich
zwischen Jerusalem und seinen Schwestern, die beide "ihren Mann und ihre
Kinder verlassen" hatten (V. 45 ). Diese beiden Schwestern ( Samaria und
Sodom ), die Teil hatten an Jerusalems familiärer Herkunft,
unterstrichen Hesekiels Aussage. Beide Städte - die eine im Norden, die
andere im Süden von Jerusalem - waren für ihre großen Sünden und das
göttliche Gericht über sie bekannt. Aber Jerusalem war noch verdorbener als Samaria
und Sodom. Nicht einmal Sodom, das doch solch abscheuliche Sünden
begangen hatte, war so schlimm gewesen wie Jerusalem (V. 48 )! Hes 16,49-52 Sodoms Sünde war sein hochmütiges Vorbeigehen an
den Nöten anderer trotz seines Reichtums. Auch taten die Sodomiter
Dinge, die vor Gott verwerflich waren. Das könnte sich auf ihre
sexuellen Verirrungen beziehen (vgl. 1Mo 19,4-5 ). Die Sünde Samarias
war sein Götzendienst, auch wenn dies hier nicht besonders erwähnt wird.
Aber Jerusalems Sünden waren so schlimm, daß die Sünden von Sodom und
Samaria dagegen fast wie gerechte Taten aussahen! Hes 16,53-58 Nachdem er die Sünde von Jerusalem und Gottes
Strafe dafür verkündet hatte, bot Hesekiel ihm aber auch Trost an. Die
Verse 53 - 63 sprechen von der Wiederherstellung aller drei
"Schwestern": Ich will das Geschick wenden von Sodom und von Samaria und
dein Geschick mit ihnen . Wenn Gott Jerusalem wieder aufrichtet, kann er
dann mit dessen Schwestern, die nicht so tief gefallen waren, anders
handeln? Hesekiel spricht hier von der nationalen Erneuerung dieser
Städte im Tausendjährigen Reich. (Offensichtlich wird auch Sodom zu
dieser Zeit wieder aufgebaut.) Wenn Jerusalem wiederhergestellt ist, wird die
Stadt tiefe Reue empfinden . Sie wird ihre Schande tragen und beschämt
sein über alles, was sie getan hat, Samaria und Sodom zum Trost . Diese
Aussage ist mit der aus Vers 52 im Zusammenhang zu sehen. Jerusalems
Schande wird größer sein, weil es durch die Größe seiner Sünden für
Sodom und Samaria ein Trost war. Anders ausgedrückt, wenn Gott die
verdorbene Stadt Jerusalem erneuern wird, dann wird er gewiß auch ihre
Schwestern erneuern. Jerusalems Sünde wurde zum Gegenstand des
Gespöttes. Vor seinem Fall wollte es in seinem Stolz nicht einmal den
Namen seiner "gefallenen" Schwester Sodom nennen. Aber nachdem Jerusalem
mit seiner Sünde offenbar geworden war, wurde es selbst zum Gegenstand
der Lächerlichkeit vor allen umliegenden Völkern, auch vor den Töchtern
von Edom und all ihren Nachbarn und den Töchtern der Philister . Edom,
südlich des Toten Meeres, war ein ständiger Gegner Judas (vgl. 2Kö
8,20-22; 2Chr 28,17; Ob ). Edom freute sich über die Eroberung Judas
durch Babylon und half Babylon bei seinem Angriff gegen Jerusalem
(vgl. Ps 137,7; Hes 25,12-14; 35,5-6.15 ). "Die Töchter" von Edom und
den Philistern sind vermutlich die Städte dieser Länder. Jerusalem würde
erneuert werden - aber vorher mußte es die schändlichen Folgen seiner
Sünde tragen. Hes 16,59-63 Obwohl Jerusalems Sünde gerichtet werden würde,
würde Gott es wieder in die Gemeinschaft mit sich führen. Hesekiel
beschrieb die Gewißheit des Gerichtes über Jerusalem, zeigte aber
zugleich, daß Gott sein Volk nicht für immer verwarf. Gott hatte einen
gültigen Bund mit seinem Volk geschlossen (vgl. V. 8 ), und er würde
sich daran erinnern (d. h. ihn halten). Dieser ewige Bund ist der "neue
Bund", von dem Jeremia ( Jer 31,31-34 ) und Hesekiel (vgl. Hes 11,18-20;
36,26-28; 37,26-28 ) sprechen. Wenn dieser "ewige Bund" aufgerichtet ist, wird
Gott auch das Verhältnis zwischen Jerusalem und seinen Schwestern
ändern. Sie werden seine Töchter werden, d. h. Jerusalem wird
Verantwortung für Samaria und Sodom übernehmen, wenn im Tausendjährigen
Reich sein Königtum wieder aufgerichtet worden ist. Gottes Bund bezieht
sich hier ( Hes 16,61 ) vermutlich auf den mosaischen Bund, den Israel
gebrochen hat (vgl. V. 59 - 60 a). Wenn Gott im Tausendjährigen Reich den neuen Bund
aufgerichtet und Jerusalem erneuert hat, wird es wissen, daß Gott der
Herr ist. Jerusalems Problem war gewesen, daß es die Taten Gottes in
seiner Vergangenheit vergessen hatte (V. 43 ). Gottes neuer Bund aber
wird dieses Problem der geistlichen Vergeßlichkeit ändern (V. 63 ).
Dann, so sagte Gott, wenn ich eine Erlösung für dich schaffe, wirst du
dich erinnern (vgl. V. 61 ) und beschämt sein (vgl. V. 52.54 ). Gottes
Gericht und die nachfolgende Erneuerung würde demütigend für das Volk
sein. Das Problem des Stolzes (V. 56 ) würde für immer gelöst sein. Hes 17,1-2 (3) Das Gleichnis der zwei Adler ( Hes 17 ) Dieses Gleichnis der zwei Adler zeigte die
Rebellion Zedekias gegen den König von Babylon und das daraus folgende
Strafgericht. Gott sagte Hesekiel, daß er ein Rätsel stellen
und dem Haus Israel ein Gleichnis vorlegen solle . Das hebräische Wort
für "Rästel" ( HIDCh ) bezieht sich auf ein Geheimnis, einen
rätselhaften Ausspruch, der gewöhnlich eine Erklärung erfordert. Es wird
benutzt, wenn von dem "Rätsel" die Rede ist, das Samson den Philistern
aufgibt ( Ri 14,12-19 ), und auch von der "schweren Frage", die die
Königin von Saba Salomo stellt ( 1Kö 10,1; 2Chr 9,1 ). Hesekiel sollte ein ausführliches Rätsel
aufstellen, das eine Erklärung nötig machte. Das Wort für Gleichnis
heißt mASAl . Es wird gewöhnlich mit "Sprichwort" wiedergegeben, einem
kurzen, treffenden Ausspruch (vgl. Hes 12,22; 18,1 ), kann sich aber
auch auf eine längere Rede beziehen, die einen ausführlichen Vergleich
beinhaltet. Hesekiels Rätsel oder Gleichnis wird in Hes
17,3-10 aufgestellt und in Vers 11 - 21 erklärt. Hes 17,3-4.11-12 Der erste der beiden Adler mit mächtigen Flügeln,
langen Federn und vollen Schwingen mit bunten Farben zog in
den Libanon . Wie Hesekiel hinterher erklärt (V. 12 ), ist
dieser Adler Nebukadnezar, und der Libanon steht für Jerusalem: Weißt du
nicht, was diese Dinge bedeuten? Der König von Babylon ging nach
Jerusalem (zu dem Haus des Widerspruchs ; vgl. die Anmerkungen zu Hes
3,9 ). Dann erklärte Hesekiel, warum der "Adler" in den
"Libanon" gekommen war. Der Adler brach die Spitze eines Zedernbaumes ab
und pflanzte sie in einer Stadt ein, die für ihren Handel bekannt war.
Dies spricht von Nebukadnezars Angriff auf Jerusalem im Jahre 597 V.
Chr., als er seine Herrschaft über die Stadt errichtete und König
Jojachin absetzte. Wie Hesekiel erläuterte, trug Nebukadnezar ihren
König weg ( Hes 17,12 ), die Spitze des Baumes, und ihre Edlen und nahm
sie mit sich zurück (vgl. 2Kö 24,8-16 ) und pflanzte die Spitze
in Babylon ein. Hes 17,5-6.13-14 Der "Adler" Nebukadnezar ist aber nicht völlig
herzlos. Er nahm etwas von dem Gewächs des Landes und pflanzte ihn in
gutes Land mit genügend Wasser , und es wuchs und wurde ein niedriger,
ausgebreiteter Weinstock. Nebukadnezar hatte Jerusalem geschwächt, aber
es nicht zerstört. Statt dessen setzte er Zedekia als Vasallenkönig ein.
Jerusalems militärische Macht war vorbei, aber solange sie Nebukadnezar
treu blieben, konnten sie in Frieden leben. Zedekia, ein Glied der
königlichen Familie, wurde in einem Vertrag unter Eid genommen (V. 13 ).
Obwohl Juda niedrig gemacht worden war, geschwächt und gedemütigt, hätte
es doch überleben können, wenn es das Abkommen mit Nebukadnezar gehalten
hätte. Hes 17,7-8.15 Ein anderer Adler kam, um den Weinstock von dort
wegzulokken, wo er gepflanzt worden war. Dieser neue "Adler" war
Ägypten, das Zedekia zur Rebellion gegen Babylon ermunterte. Judas König
brach seinen Bundeseid gegen Babylon und stellte sich auf die Seite
Ägyptens. Er sandte Boten nach Ägypten, um Pferde und ein großes Heer zu
erhalten . Als Hesekiel diese Weissagung niederschrieb, war Zedekias
eigentliche Revolte noch nicht geschehen. Wenn man annimmt, daß das Buch
in chronologischer Reihenfolge geschrieben wurde, dann stammt diese
Weissagung hier aus der Zeit zwischen 592 ( Hes 8,1 ) und 591 V. Chr.
( Hes 20,1 ). Zedekias eigentlicher Abfall von Babylon begann 588 V.
Chr. Hesekiel weissagte also die Rebellion Zedekias bereits etwa drei
Jahre vor ihrem Eintreten. Hes 17,9-10.16-21 Die Folgen für den "Weinstock" (V. 8 ) werden
vernichtend sein. Er wird ausgerissen und seiner Früchte beraubt . Weil
Zedekia seinen Eid gegen Nebukadnezar gebrochen hatte (ein von Gott
angeordnetes Bündnis; vgl. Jer 27 ), würde Nebukadnezar die Stadt nicht
verschonen. Hesekiel erklärte, daß diese Revolte Zedekias bedeutete, daß
Zedekia in Babylon sterben würde , denn der Pharao in Ägypten würde ihm
nicht helfen können. Als Zedekia seinen Eid mit Nebukadnezar brach,
stellte er sich auch gegen Gott. Ich werde meinen Schwur, den er
verachtet hat, auf sein Haupt bringen und meinen Bund, den er gebrochen
hat . Gott würde darauf achten, daß Zedekia von Nebukadnezar
gefangengenommen (in seinem Netz und seiner Schlinge ) und nach Babylon
gebracht würde und daß seine Truppen durch das Schwert getötet würden
(vgl. 2Kö 24,3-7 ). Hes 17,22-24 Damit nun die Menschen nicht zu sehr von Gottes
kommendem Gericht entmutigt würden, fügte Hesekiel noch einen "Anhang"
an seine Weissagung gegen Jerusalem an. Zwar nannte er Gott nicht direkt
einen "Adler", aber er verglich doch Gottes Handeln in der Zukunft mit
dem der beiden Adler (Babylon und Ägypten), von denen er gesprochen
hatte. Keiner von diesen beiden Adlern konnte die Sicherheit und den
Wohlstand schenken, nach denen sich Israel so verzweifelt sehnte. Gott
aber würde das tun, was sie nicht konnten. Gott sagte, daß er (Ich selbst) einen Sproß von
der Spitze einer Zeder nehmen und ihn einpflanzen würde . Der "Sproß"
ist der Nachkomme Davids (vgl. V. 4 mit V. 12 ). Gott wird einen König
aus der Nachkommenschaft Davids wieder auf den höchsten Berg Israels
setzen . Das Königtum wird nicht zerstört, denn Gott wird es wieder im
Land Israel aufrichten. Dieses Königreich wird Zweige hervorbringen und
Frucht tragen und eine herrliche Zeder werden . Das bedeutet, daß es wie
nie zuvor wachsen und gedeihen wird. Vögel aller Arten werden nun nicht
mehr Zweige von ihm abbrechen, sondern in ihm ihr Nest bauen . Dies
bedeutet, daß die umliegenden Völker nicht mehr länger Israel ausnutzen,
sondern nun von Israel beschützt werden. Gott will durch die Erneuerung Israels seine
Herrlichkeit und seine Pläne für Israel allen Völkern offenbaren. Alle
Bäume werden erkennen, daß ich, der HERR, den hohen Baum erniedrige und
den niedrigen Baum hoch wachsen lasse . Daß Israel wieder wichtig und
entscheidend wird, wird anderen Völkern helfen, sich dem Herrn
zuzuwenden. Diese Weissagung wurde nicht erfüllt, als Israel
nach der babylonischen Gefangenschaft in sein Land zurückkehrte. Die
Erfüllung der Verse 22 - 24 wartet noch auf die Erneuerung Israels im
Tausendjährigen Reich unter dem Messias, Jesus Christus. Zu dieser Zeit
wird Gottes Königreich die Welt regieren (vgl. Dan 2,44-45; Sach
14,3-9.16-17 ). d. Die Botschaft der persönlichen Verantwortung ( Hes 18 ) Hesekiel hatte in drei Gleichnissen versucht, das
Volk von seiner Sünde zu überführen ( Hes 15-17 ). Nun sprach er ganz
offen und direkt von der Schuld Israels. Die Botschaft in Kapitel 18 ist
der in Hes 12,21-28 ähnlich, denn beide sind eine Antwort auf das im
Volk herrschende Sprichwort, mit dem man das kommende Gericht
verleugnete. Hes 18,1-4 Gott fragte Hesekiel nach einem Sprichwort , das
im Volk kursiert. Dieses Sprichwort - Die Väter haben saure Trauben
gegessen, und den Kindern sind die Zähne stumpf geworden - muß in Israel
sehr gut bekannt gewesen sein, denn auch Jeremia zitierte es (vgl. Jer
31,29-30 ). Es will sagen, daß die Kinder wegen der Sünden ihrer Eltern
leiden müssen. Es war wahr, daß Jerusalem litt. Aber nach dem Sprichwort
dachten die Menschen, daß ihr Leiden nicht aufgrund ihrer Sünden,
sondern aufgrund der Sünden ihrer Eltern über sie kam. Diese Leute
klagten also Gott an, daß er sie ungerechterweise bestrafe (vgl. Hes
18,25 ). Gott wies dieses falsche Sprichwort zurück. Aber
wie bei allen falschen Lehren, lag auch in dieser Lehre ein Körnchen
Wahrheit, das sie vernünftig zu machen schien. In den zehn Geboten sagt
Gott, daß er "ein eifernder Gott" ist, "der die Sünden der Väter
heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich
hassen" ( 2Mo 20,5 ). In 2Mo 34,6-7 und 5Mo 5,9 wird die gleiche Drohung
noch einmal wiederholt. Selbst Hesekiel hatte Gottes kommendes Gericht
auf die Taten der Vergangenheit zurückgeführt (vgl. Hes 16,15-29 ). An
diesen Stellen ging es jedoch darum, daß die Folgen der Sünde ernst und
lange andauernd waren, nicht darum, daß Gott etwa den Unschuldigen je
nach Laune für die Sünden seiner Vorfahren bestrafte. Indem sie andere für ihr Unglück verantwortlich
machten, verleugneten die Menschen ihre eigene Schuld. Dies ist falsch,
denn jeder einzelne ist persönlich Gott verantwortlich. Denn jede
lebendige Seele gehört mir, der Vater und auch der Sohn . Wer schuldig
ist, wird seine eigene, verdiente Bestrafung empfangen. Die Seele, die
sündigt, ist auch die, die sterben wird (vgl. Hes 18,20 ). Die Menschen
in Israel hatten keinen Anlaß dazu, Gott Ungerechtigkeit vorzuwerfen. Hes 18,5-6 a Hesekiel machte das Prinzip der persönlichen
Verantworlichkeit nun an drei "Fällen" deutlich. Jede dieser
hypothetischen Situationen begann mit dem Wort Wenn (V. 5.10.14 ). Es
geht dabei um einen gerechten Mann, der recht handelt (V. 5 - 9 ), einen
gewalttätigen Sohn eines gerechten Vaters (V. 10 - 13 ) und einen
gerechten Sohn eines gewalttätigen Vaters (V. 14 - 18 ). Jedesmal zeigte
Hesekiel die Taten des einzelnen und Gottes Reaktion darauf. Der erste hypothetische Fall war der
eines Mannes, der gerecht war und Gottes Gesetz von ganzem Herzen folgte
(V. 5 - 9 ). Er machte sich nicht des Götzendienstes schuldig. Er aß
nicht von den Opfern auf den Höhen (vgl. Hes 8,12; 16,24-25.31.39;
18,15; 22,9 ) und sah die Götzen nicht an . Die "Höhen" waren jene hoch
gelegenen Orte in ganz Israel, an denen man Götzendienst durchführte
(vgl. die Anmerkungen zu Hes 6,3-7 ). Hes 18,6-8 (Hes 18,6b-8a) Der gerechte Mann war aber auch darauf bedacht,
sich seinem Mit-Israeliten gegenüber dem Gesetz entsprechend zu
verhalten. Er achtete darauf, daß er moralisch rein blieb. Sowohl
Ehebruch ( 2Mo 20,14; 3Mo 20,10 ) als auch Geschlechtsverkehr während
der Zeit der Menstruation ( 3Mo 18,19 ) waren durch das mosaische Gesetz
verboten. Der gerechte Mann in Hesekiels hypothetischem Fall achtete
treu darauf, sexuell rein zu bleiben. Hesekiels Vorbild eines Israeliten war ebenso
darauf bedacht, seine Mit-Israeliten nicht zu unterdrücken. Er würde
niemals ein Pfand zurückbehalten, was der Schuldner nötig brauchte
(vgl. 2Mo 22,25; 5Mo 24,6 ). Er würde keinen Raub begehen oder einem
Mit-Israeliten etwas gewaltsam wegnehmen ( 2Mo 20,15 ). Im Gegenteil, er
gab dem Bedürftigen Speise und Kleidung . Ihm ging es darum, anderen
Menschen zu helfen, nicht darum, möglichst viel von ihnen zu bekommen. Wenn dieser gerechte Mann einem Mit-Israeliten
etwas lieh, dann versuchte er nicht, dadurch Profit zu machen, indem
er Wucher betrieb (übertrieben hohe Zinsen nahm). Angesichts der ersten
Hälfte des Satzes könnte "hohe Zinsen nehmen" auch einfach mit "Zinsen
nehmen" übersetzt werden. Das Gesetz verbot jegliche Zinsen gegenüber
Mit-Israeliten ( 5Mo 23,20-21 ). Dieser Mann folgte dem Gesetz wirklich
treu. Er stellte Gottes Gesetz über den möglichen finanziellen Gewinn. Hes 18,8-9 (Hes 18,8b-9) Dieser Gerechte war auch voller Mitleid ( er tut
kein Unrecht ) und fair ( er richtet recht zwischen Mann und Mann ).
Treu hielt er sich an die höchsten Forderungen an das Verhalten, die das
Gesetz Gottes von seinem Bundesvolk verlangte. Der gerechte Israelit würde gewiß leben . Er
würde vor dem Gericht bewahrt werden (vgl. Hes 14,12-20 ) und nicht für
die Sünden anderer leiden. Die große Mehrheit der Bewohner Jerusalems
dagegen war nicht gerecht. Deshalb würden sie auch für ihre Sünden
bestraft werden. Hes 18,10-13 Hesekiel führte einen zweiten hypothetischen Fall
an. Wenn der gerechte Mann einen rebellischen ( gewalttätigen ) Sohn
hat, der die Sünden begeht, die sein Vater vermieden hat (vgl. V. 11 -
13 a mit V. 8 - 9 ), was dann? Gottes Urteil über diesen Mann steht fest: Er
wird zu Tode gebracht werden, und sein Blut wird auf sein Haupt kommen .
Die Gerechtigkeit des Vaters würde dem Sohn nicht zugerechnet werden
(vgl. Hes 14,16.18 ). Dies zeigte die Falschheit des bekannten
Sprichwortes ( Hes 18,2 ) und die Wahrheit von Gottes Prinzip (V. 4 ). Hes 18,14-18 Der dritte Fall, den Hesekiel in dieser
hypothetischen Familie konstruierte, trat ein, wenn (vgl. "wenn" in
V. 5.10 ) dieser gottlose Sohn einen Sohn hat, der alle die Sünden
seines Vaters sieht, aber solche Dinge nicht selbst tut . Statt den
Sünden seines Vaters zu folgen, wandelte dieser Sohn in den gerechten
Wegen seines Großvaters (vgl. V. 15 - 16 mit V. 6 - 9 ). Gottes Schlußfolgerung ist klar: Er wird nicht
für die Sünden seines Vaters sterben; er wird gewiß leben . Ein
gerechter Sohn wird nicht für die bösen Taten seines Vaters bestraft
werden. Aber sein Vater wird für seine eigene Sünde sterben . Das
bekannte Sprichwort (V. 2 ) war falsch. Wenn die Menschen gerichtet
würden, dann nicht für die Sünden von irgend jemand in einer früheren
Generation. Nur die, die Gott treu blieben, würden befreit werden
(V. 19 ). Das Wort leben bedeutet bei Hesekiel, daß jemand der Strafe
Gottes in diesem Leben entgeht. (Vgl. die Anmerkungen zu V. 24 .)
Hesekiel wiederholt es noch einmal: Die Seele, die sündigt, ist auch
die, die sterben wird (V. 20 ; vgl. V. 4 ). Hes 18,21-23 Dennoch war es möglich, dem Gericht zu entkommen.
Sünder konnten dem Gericht entgehen, wenn sie über ihre Sünden Buße
taten und von ihnen umkehrten (vgl. Spr 28,13 ) und Gottes Gebote
hielten. Hesekiel lehrte hier nicht die Werkgerechtigkeit. Erstens
sprach er von einer zeitlichen Befreiung von den Armeen Babylons und
nicht von einer ewigen Befreiung von dem zweiten Tod ( Hes 18,13 ).
Zweitens machte er sehr deutlich klar, daß diese gerechten Werke nur aus
einem "neuen Herzen und einem neuen Geist" (V. 31 ) entspringen konnten.
Gute Werke entstammen einem veränderten Leben. Sie selbst bringen diese
Veränderung nicht hervor. Warum läßt Gott zu, daß ein Sünder, der umkehrte,
dem Gericht entkommt? Die Antwort darauf liegt im Wesen Gottes
begründet. Er hat keinen Gefallen am Tod des Gottlosen (vgl. V. 32 ).
Vielmehr gefällt es ihm, wenn sie von ihren Wegen umkehren . Gott ist
kein rachsüchtiger Despot, der gerne bestraft, wer sich ihm
entgegenstellt. Als ein Gott der Barmherzigkeit möchte er, daß Menschen
ihre Gottlosigkeit lassen und auf seine gerechten Wege zurückkehren. Hes 18,24 Gott vergibt die Sünden derer, die zur
Gerechtigkeit umkehren. Aber er entschuldigt nicht die Sünden dessen,
der in Gerechtigkeit gewandelt ist und sich dann zur Gottlosigkeit
wendet. Wird solch ein Mensch leben? An keines der gerechten Werke, die
er getan hat, soll gedacht werden . Der Segen und auch das Gericht, um
die es hier geht, sind in erster Linie zeitlich, nicht ewig gemeint. Es
geht um physischen Tod (vgl. V. 4.20.26 ), nicht um ewige Verdammnis.
Ein Israelit, der nach Gottes Gesetz gelebt hatte, aber dann
Götzendienst oder moralische Unreinheit beging, durfte nicht erwarten,
daß seine Gerechtigkeit der Vergangenheit seine gegenwärtigen Sünden
ausgleichen könnten. Gott wägt die guten Taten eines Menschen nicht
gegen seine schlechten ab, um sein Schicksal zu bestimmen. Das
Verhältnis des Menschen zu Gott, das dieser hat, wenn das Gericht kommt,
entscheidet darüber, ob er leben oder sterben wird. Hes 18,25-32 Israel hatte Gott Ungerechtigkeit vorgeworfen.
Nun wandte Gott das Blatt. Handle ich etwa ungerecht? Handelt nicht
vielmehr ihr ungerecht? (Vgl. V. 29 ; Hi 40,8 .) Hesekiel erinnerte Israel daran, daß jeder
einzelne aus dem Volk für seine Sünde verantwortlich war. Ich will dich
richten, jeden nach seinen Wegen . Wenn Israel fiel, dann wegen der
Sünden seiner eigenen Generation. Wegen dieser Sünden mußte das Volk
umkehren, wenn es Hoffnung auf Rettung haben wollte. Israel brauchte
eine geistliche Erneuerung. Die Menschen müssen ihre Übertretungen
loswerden und ein neues Herz und einen neuen Geist bekommen (vgl. Hes
11,19; 36,26 ). Leben oder Tod hing davon ab, wie die Menschen
persönlich Gott antworteten. Wer sich auch weiter gegen Gott auflehnte,
würde sterben. Wer Buße tat und von der Sünde umkehrte, würde leben. e. Das Gleichnis des Klageliedes für Israels
Fürsten ( Hes 19 ) Hesekiel schloß diesen Abschnitt über die
Vergeblichkeit eines falschen Optimismus ( Hes 12-19 ) mit einem
Klagelied für Israel und seine Führer. Dies ist das erste von fünf
Klageliedern im Buch Hesekiel (vgl. Hes 26,17-18;27; 28,12-19;
32,1-16 ). Drei der anderen Klagelieder richten sich gegen Tyrus, das
vierte ( Hes 32,1-16 ) gegen Ägypten. Ein "Klagelied" war eigentlich ein
Totengesang, den man im Andenken an einen Verstorbenen sang.
Normalerweise wurden darin die guten Eigenschaften des Toten und der
schreckliche Verlust, den man durch seinen Tod erlitten hatte, betont
(vgl. 1Sam 1,17-27 ). Hes 19,1-2 Dieses Klagelied betraf die Fürsten von Israel .
"Fürsten" ist der Titel, den Hesekiel den Königen gab, die in Jerusalem
residierten (vgl. die Anmerkungen zu Hes 7,27 ). Zur Zeit dieses
Klageliedes war Zedekia König. Es ist das Jahr 592 V. Chr., fünf Jahre
vor dem Fall Jerusalems. Hesekiel schrieb also ein Totenlied, während
der "Tod" der Stadt noch in der Zukunft lag. Jerusalems Untergang war so
sicher, daß Hesekiel ihn unausweichlich kommen sah. In einem Teil des
Liedes wird das Schicksal von Joahas und Jojachin verfolgt - zwei der
drei Könige vor Zedekia. Dennoch handelt das Klagelied nicht von einem
einzelnen Individuum. Es gilt der davidischen Dynastie und dem "Tod"
ihrer Herrschaft. In seinem Klagelied sprach Hesekiel von der
Löwin, die die Mutter der schlechten Löwen war. Was für eine Löwin war
deine Mutter unter den Löwen! Da die "Löwen" ein Bild für die Könige
war, halten manche Ausleger die "Löwin" für Hamutal, die Frau des Josia
und Mutter von Joahas und Zedekia (vgl. 2Kö 23,31; 24,18 ). Aber aus
zwei Gründen scheint dies unwahrscheinlich. Erstens ist der "König"
in Hes 19,5-9 offensichtlich Jojachin, dessen Mutter Nehuschta war, eine
andere Frau von Josia (vgl. 2Kö 24,8 ). Zweitens scheint die "Mutter"
der Könige, auf die in Hes 19 immer wieder Bezug genommen wird, mehr als
nur eine physische Mutter zu sein. In Vers 10 - 14 ist das Volk selbst
die "Mutter" der Könige. Vers 13 scheint auf die Gefangenschaft Israels
anzuspielen. Daher ist die Löwin/Mutter in diesem Kapitel das Volk
Israel. Dieses Volk brachte seine Könige hervor und mußte nun sehen, wie
sie besiegt wurden. Es mußte in die Gefangenschaft gehen. Hes 19,3-4 Die Löwin, Israel, zog eines ihrer Jungen groß,
und es wurde ein starker Löwe (ein König). Dieser Löwe ist Joahas, der
nach dem frühen Tod Josias auf den Thron kam (vgl. den Abschnitt
"Historischer Hintergrund" in der Einführung ). Nach einer
Regierungszeit von nur drei Monaten wurde er von Pharao Necho II.
abgesetzt, der ihn mit Haken (vermutlich tatsächlichen Haken in der
Nase, an denen Stricke festgebunden waren; vgl. V. 9 ) nach Ägyptenland
führte . In Ägypten starb Joahas in der Gefangenschaft (vgl. 2Kö
23,31-34; Jer 22,11-12 ). Hes 19,10-11 In Vers 10 - 14 sprach Hesekiel direkt zu König
Zedekia. Um ihn geht es im Rest dieses Klageliedes. Seine Mutter,
Israel, war wie ein Weinstock . Da Weinstöcke in Israel sehr weit
verbreitet waren, benutzten die Schreiber der Bibel immer wieder
Weinstöcke als Bilder für Israel und auch für andere Nationen (vgl. Jes
5,1-7; Hes 15;17,5-10; Mt 21,33-41; Joh 15,1-8 ). Israel war in seiner
Vergangenheit, bildlich gesprochen, fruchtbar und voller Zweige gewesen.
Unter dem Segen Gottes war es aufgeblüht und hatte viele Herrscher
hervorgebracht. Seine Zweige waren stark, geeignet für das Zepter eines
Herrschers . Wen genau Hesekiel mit diesem Bild anspricht, ist nicht
bekannt. Vermutlich meinte er keine bestimmten Herrscher in der
Geschichte Israels, sondern wollte nur zeigen, daß die Vergangenheit
Israels herrlich war und daß viele mächtige Führer geherrscht hatten. Hes 19,12-14 Die Herrlichkeit der Vergangenheit des
Weinstockes stand im harten Gegensatz zu seinem Zustand in den Tagen
Hesekiels. Israel, der Weinstock, war im Grimm ausgerissen und zu Boden
geworfen worden. Er war verdorrt, und seine Zweige waren verbrannt
worden. Hesekiel erklärte die Ursache für dieses Gericht nicht.
In Kapitel 16 - 17 hatte er ja bereits gezeigt, warum Israel vom Segen
zum Gericht übergegangen war. Der Weinstock hatte vergessen, daß Gott
die Quelle seines Segens war. Deshalb hatte Gott das Volk
"herausgerissen" und es aus seinem Land wegführen lassen. Der Ostwind ist ein Bild mit einer
Doppelbedeutung für Israel. Normalerweise weht der Wind in Israel aus
dem Westen und bringt feuchte Meeresluft vom Mittelmeer heran. Der
Ostwind dagegen bläst aus der Wüste im Osten und bringt viele Probleme
für Israel mit sich. Er kann die Vegetation verdorren lassen ( 1Mo
41,6 ), Häuser zerstören ( Hi 1,19 ) und ist für Menschen oft
unerträglich ( Jon 4,8 ). Aber bei Hesekiel hatte der Ostwind noch eine
andere Bedeutung. Er bezog sich nicht nur auf den Wind selbst, sondern
sprach auch von Babylon, das ebenfalls im "Osten" von Israel lag. Als
dieses Volk aus dem Osten "heranblies", verdorrte Israel unter der Hitze
dieser Bedrängnis. Schließlich fiel Israel Babylon in die Hände.
Hesekiels Aussage: Nun ist es gepflanzt in der Wüste, in einem dürren
und durstigen Land , könnte sich auf die Zerstörung Israels durch
Babylon beziehen. So wie der Ostwind hinter sich einen Pfad von
zerstörter Vegation herzieht, würde auch Israel unter den Angriffen
Babylons dahinwelken. Vermutlich aber sprach Hesekiel hier von der
babylonischen Gefangenschaft, die das Volk in Kürze erleben würde. Der
gute Weinstock, das Volk, würde aus seiner Heimat ausgerissen und auf
einen fremden Boden geworfen werden. Gottes Gericht würde auch die königliche Familie
betreffen. Kein starker Zweig bleibt daran übrig, der für ein
königliches Zepter geeignet wäre . Das Volk, das in der Vergangenheit
mächtige Herrscher hervorgebracht hatte ( Hes 19,11 ), würde nun keinen
König haben. Nachdem Zedekia durch Babylon besiegt worden war, betrat
kein König aus der davidischen Dynastie wieder den Thron. Erst mit der
Wiederkunft Christi wird wieder ein "Herrschafts-Zepter" aus der Linie
Davids erstehen und als König Israels regieren. 3. Die Gesichte der Verdorbenheit Judas ( Hes 20-24 ) Diese Weissagungen gegen Juda und Jerusalem reden
vor allem von der Geschichte Judas. Hesekiel hatte diese Geschichte in
einem Gleichnis dargestellt ( Hes 16 ), während er nun in diesem
Abschnitt eher direkt von ihr spracht, besonders in den Kap. 20;
23 . Kapitel 21 enthält vier zusammengehörige Botschaften über das
Schwert, das Jerusalem treffen wird, und in Kapitel 22 finden wir drei
weitere Weissagungen des Gerichtes über Jerusalem. Der gesamte Abschnitt
schließt in Kapitel 24 mit zwei Weissagungen über den Untergang der
Stadt. a. Die Botschaft von Israels vergangener
Rebellion und seine zukünftige Wiederherstellung ( 20,1 - 44 ) (1) Ihre vergangene Rebellion ( 20, 1 - 31 ) Hes 20,1-4 Diese Weissagung geschah im siebten Jahr, im
fünften Monat, am zehnten Tag , was dem 14. August 591 V. Chr.
entspricht. Es war also etwa elf Monate nach der letzten Zeitangabe, die
Hesekiel uns überliefert hat ( Hes 8,1 ). Wie in Kapitel 8; 14 erhielt
Hesekiel die Botschaft, als einige der Ältesten Israels kamen, um den
HERRN zu befragen . Sie besuchten ihn offenbar erneut, um zu sehen, ob
Gott eine neue Botschaft für das Volk habe. Die Frage der Ältesten wird uns nicht berichtet,
aber sie muß unangemessen gewesen sein, denn Gott verweigerte ihnen eine
Antwort: Ich will mich nicht von euch befragen lassen . Die Antwort, die
Gott ihnen nun gab, war keine Beantwortung ihrer Frage, sondern ein
Rückblick auf ihre Geschichte. Die Wiederholung der Frage: Willst du sie
richten? ( Hes 20,4 ) zeigte seine Ungeduld mit dem Volk und trägt
eigentlich eher die Bedeutung eines Befehles: "Richte dieses Volk!".
Hesekiel sollte ihnen die Greueltaten ihrer Väter vor Augen führen . Das
Gerichtsverfahren wurde eröffnet und die Beweise vorgelegt. Hesekiel
mußte dabei als Vertreter der Anklage fungieren und den Beweis gegen den
Beschuldigten vorlegen (vgl. Hes 22,2 b). Hes 20,5-9 Als Gott in seiner Allmacht Israel auswählte,
sein Volk zu sein, da verpflichtete er sich selbst, als dessen Gott und
Beschützer zu handeln. Der erste Beweis seiner Treue war seine
Selbstoffenbarung ihm gegenüber. Er offenbarte sich ihm in Ägypten, und
mit erhobener Hand sagte er zu ihm: Ich bin der HERR, euer Gott . Dies
geschah am brennenden Busch, als Gott den Befreier des Volkes berief
(vgl. 2Mo 3,1-10 ). Die erhobene Hand ( Hes 20,5 [zweimal].15.23.42) war
offensichtlich eine Geste, die man bei einem Schwur benutzte (vgl. 2Mo
6,8; Neh 9,15; Hes 36,7; 47,14 ). Warum führte Gott seine Erwählung Israels nur bis
auf Mose zurück? Widerspricht Hesekiel hier dem Buch 1.Mose, das doch
ganz eindeutig zeigt, wie Gott Israel in seinem Bund mit Abraham erwählt
hat (vgl. 1Mo 12,1-3;15; 17,1-8 )? Nein, Hesekiel sprach davon, daß Gott
sich Israel als Volk erwählt hat. Als Gott seinen Bund mit Abraham
schloß, hatte der Patriarch nicht einmal einen einzigen Erben, der
diesen Bund als Nächster empfangen konnte. Als die Familie zu Josef nach
Ägypten zog, war sie nur eine kleine Sippe von nomadischen Hirten
(vgl. 1Mo 46,1-27.31-34 ). Zur Zeit Moses jedoch war aus den Nachkommen
Abrahams ein großes Volk geworden. Gott versprach damals die Befreiung aus der
Knechtschaft und die Bereitstellung seines Segens. Er würde Israel, so
versicherte er, aus Ägypten in ein Land bringen, in dem Milch und Honig
floß, das schönste aller Länder. In seiner Gnade bat Gott das Volk nur darum, ihm
treu zu sein und sich von den nichtigen Bildern und Götzen
Ägyptens abzuwenden. In 2.Mose wird nichts über das religiöse Leben
Israels vor dem Auszug aus Ägypten gesagt. Hesekiel machte deutlich, daß
es eine Zeit des Abfalls und Götzendienstes war. Aber Israel weigerte sich, Gottes Befehl zu
gehorchen. Es entfernte die nichtigen Bilder nicht, noch verwarf es die
Götzen Ägyptens. Diese Auflehnung gegen Gott verdiente das Gericht.
Deshalb war Gott bereit, seinen Zorn über es in Ägypten auszugießen .
Aber der Zorn kam nicht, Israel wurde verschont. Daß Israel verschont wurde vor dem Zorn Gottes,
lag nicht an irgend etwas Gutem auf Israels Seite. Es lag vielmehr
einzig und allein an Gottes Gnade und Barmherzigkeit: um seines Namens
willen (vgl. Hes 20,14.22 ). Der "Name" Gottes macht sein Wesen
deutlich. Gottes Ansehen unter den Völkern stand auf dem Spiel, wenn es
um seine Bundestreue gegenüber seinem Volk ging. Statt es mit dem
Gericht zu bestrafen, das es verdient hatte, schenkte Gott ihm die
Befreiung. Hes 20,10-12 Als nächstes verfolgte Hesekiel die Geschichte
Israels in der Wüste (V. 10 - 26 ). Er sprach dabei von Gottes
Verhältnis zur ersten Generation (V. 10 - 17 ) und dann zur zweiten
Generation (V. 18 - 26 ). Das Wüstenerlebnis begann mit einem weiteren
Ausgießen der Gnade Gottes, durch die er es aus Ägypten und in die Wüste
führte . Alle, die Hesekiel zuhörten, mußten sich bei diesen Worten an
das erinnern, was sie über das Wunder am Roten Meer gehört hatten, als
Gott für Israel das Wasser teilte und sie vor der sie verfolgenden Armee
des Pharao rettete. Gott tat dies nicht, um Israel dann in der
Wüstenhitze umkommen zu lassen. Er errettete es vielmehr aus Ägypten, um
es für sich selbst als sein besonderes Volk einzusetzen. Die Bücher 2.
und 3.Mose enthalten das Gesetz und die Richtlinien Gottes für sein
auserwähltes Volk. Gott griff ein Gebot besonders heraus - das
Sabbat-Gebot - als sichtbare Manifestation des mosaischen Bundes
(vgl. Jes 56,1-8 ). Es sollte für die Israeliten ein Zeichen sein, daß
sie Gottes besonderes Volk und verpflichtet waren, sein Gesetz zu
halten. Hesekiel Hes 20,13-17 Statt mit Gehorsam auf Gottes gnädige Fürsorge zu
antworten, war das Volk ungehorsam, rebellierte gegen seine Gebote
(vgl. 4Mo 10,11-14,35 ) und hielt am Götzendienst fest ( Hes 20,16 ). Gott reagierte darauf wie schon in Ägypten. Das
Volk hatte den Tod verdient, aber um seines Names willen (vgl. V. 9.22 )
verschonte er es. Dennoch gab es eine zeitliche Strafe. Alle, die
gesündigt hatten, durften nicht in das verheißene Land hinein. Hes 20,18-26 Auch der zweiten Generation gab Gott in der Wüste
die Möglichkeit, seinen Segen zu erfahren. Aber auch sie reagierten in
gleicher Weise darauf. Gott gab den Kindern die gleichen Ordnungen, die
er ihren Eltern gegeben hatte (V. 18 - 20 ; vgl. V. 11 - 12 ), aber die
Kinder folgten ihren Eltern und handelten gegen die Gebote Gottes
(V. 21 a). Sie hatten die Vernichtung verdient, aber wieder handelte
Gott gnädig mit ihnen um seines Namens willen (V. 21 b. 22 ; vgl.
V. 9.14 ). Gott vernichtete die zweite Generation des Volkes
nicht um ihrer Sünde willen, aber er legte ihnen verschiedene Gerichte
auf. Das erste Gericht war die Zerstreuung (V. 23 ). Kurz bevor Israel
in das Land kam, ermahnte Gott das Volk, seinem Bund gehorsam zu sein.
Er zeigte ihnen den Segen auf, der durch Gehorsam kommen würde, aber
auch die Schwierigkeiten und Nöte des Ungehorsams ( 5Mo 28 ), zu denen
auch die Zerstreuung unter die Heidenvölker gehörte ( 5Mo 28,64-68 ). Gottes zweites Gericht war, daß er die Menschen
ihren Sünden überlies. Er gab sie an die Götzenbilder hin, die nicht gut
waren, und an die Gesetze, durch die sie nicht leben konnten. Manche
Ausleger sind der Meinung, daß es hier um die mosaischen Gesetze geht,
so, als würde Gott den Menschen so strenge Gesetze auferlegen, daß sie
diese überhaupt nicht halten konnten. Diese Meinung achtet jedoch die
innere Qualität des mosaischen Gesetzes als Ausdruck der Gerechtigkeit
Gottes gering. Paulus macht deutlich, daß das Gesetz Gottes "heilig,
gerecht und gut" ist ( Röm 7,12 ). Auch Sünder müssen "zustimmen, daß
das Gesetz gut ist" ( Röm 7,16 ). Aber diese Auslegung mißachtet auch
die chronologische Einordnung, die Hesekiel selbst vornahm. Dieses
Gericht kam, nachdem die zweite Generation sich gegen Gott aufgelehnt
hatte. Das mosaische Gesetz aber hatte die erste Generation des Volkes
schon viele Jahre vorher erhalten. Besser ist es, in den "Geboten" und "Gesetzen"
( Hes 20,25 ) die Bestimmungen der heidnischen Religionen zu sehen, zu
denen sich Israel gewandt hatte. Diese Gesetze "verlangten" von den
Israeliten das Opfer jedes Erstgeborenen (V. 26 ), ein Tun, das Gott
streng verboten hatte (vgl. 3Mo 20,1-5 ). Daß Gott die Menschen der Sünde "übergab", war
ein Akt seines Gerichtshandelns. Weil sie es ablehnten, seinen gerechten
Wegen zu folgen, überließ Gott sie den Folgen ihres Tuns. Paulus spricht
von einem ähnlichen Gericht Gottes über die Heiden (vgl. Röm
1,24.26.28 ). Hes 20,27-29 Daß Israel nun in das Land der Verheißung kam und
dort seine neue Heimat erhielt, veränderte sein sündiges Verhalten
nicht. In dem Land opferten die Menschen ihre Opfer den Götzen auf
Hügeln und unter dichten Bäumen und mißbrauchten so das verheißene Land
als Ort für ihren Götzendienst. (Zu "Höhen" vgl. die Anmerkungen zu Hes
6,1-4 .) Mit Hilfe eines Wortspieles betonte Gott die Sünde der
Menschen, indem er sie fragte: Was ist dies für eine Höhe ( mAh
habAmCh ), zu der du gehst? ( habA?Im ). Die Ähnlichkeit dieser Worte
unterstrich die Aussage, daß Israel sich dem Götzendienst zugewandt
hatte. Hes 20,30-31 In den Tagen Hesekiels war Israel noch immer ein
rebellisches Volk wie seine Vorfahren auch. Noch immer betrieb es
Götzendienst und brachte Kinderopfer . Deshalb weigerte sich Gott, sich
von ihnen befragen zu lassen (vgl. V. 3 ). Er war kein göttliches
Orakel, aus dem man eine Antwort erhalten konnte, wann immer man wolle. Hes 20,32-38 (2) Israels zukünftige Wiederherstellung ( Hes
20,32-44 ) Nach der Erinnerung an die Vergangenheit Israels
berichtete Gott nun von dessen künftiger Wiederherstellung. Die Menschen
wollten wie ihre götzendienerischen Nachbarn sein, Gott aber würde nicht
zulassen, daß sein Volk völlig von ihm getrennt würde: Was du vorhast,
wird niemals geschehen . Er würde dessen Gott bleiben und über es mit
einer mächtigen Hand und einem ausgestreckten Arm und mit ausgegossenem
Zorn regieren (V. 33 ). Die Worte "mächtige Hand" und "ausgestreckter
Arm" erinnern an Gottes Macht, als er sein Volk aus Ägypten befreite
(vgl. 5Mo 4,34;5,15;7,19;11,2; Ps 136,12 und vgl. "ausgereckter Arm"
in 2Mo 6,6 und "mächtige Hand" in 2Mo 32,11 ). Nun aber würden seine
Hand und sein Arm den Zorn bringen, nicht die Rettung. So wie der Exodus Israel aus der Gefangenschaft
hinaus in die Wüste geführt hatte, so würde Gottes neuer "Exodus" Israel
aus den Ländern, wohin es zerstreut wurde, bringen. Es würde in die
Wüste geführt werden. Diese Wüste jedoch würde eine Wüste des
Gerichtes sein. Auch bei diesem "Exodus" würde Gott, wie bei dem Auszug
aus Ägypten, seine mächtige Hand und seinen ausgestreckten Arm benutzen,
diesmal jedoch mit ausgegossenem Zorn ( Hes 20,34 ). Wenn sich Israel dann in der Wüste versammelte,
würde Gott den Prozeß der Reinigung von jenen, die sich gegen ihn
aufgelehnt hatten, beginnen. Ich werde auf dich achten, während du unter
meinem Stab hindurchgehst, und ich werde dich in die Verpflichtung des
Bundes hineinbringen (V. 37 ). Hier ist an einen Schafhirten gedacht,
der seinen Stab hochhält und die Schafe einzeln darunter hindurchgehen
läßt, um sie zu zählen (vgl. Jer 33,13 ). Der Schafhirte läßt dabei alle
Schafe, die wirklich seine Schafe sind, in den Pferch, den Ort des
Schutzes hinein. In diesem Falle ist der Pferch "die Verpflichtung des
Bundes". Der "Bund" kann sich auf den mosaischen Bund beziehen, den
Israel gebrochen hat (vgl. Hes 16,59 ). Aber da Israel durch seinen
Unglauben den mosaischen Bund unwirksam hat werden lassen, scheint dies
unwahrscheinlich. Vielmehr will Gott einen neuen Bund mit Israel
schließen, wenn er es für sich selbst erneuert ( Jer 31,31-33 ).
Hesekiel schien ebenfalls diese Unterscheidung zu machen ( Hes 16,60 )
zwischen dem alten Bund der "Jugend" Israels und dem "ewigen Bund", der
zur Zeit der Erneuerung des Volkes aufgerichtet werden wird. Gott wird
Israel wieder in ein Bundesverhältnis mit sich bringen - dieser Bund
aber wird ewig bleiben. Wenn die Schafe unter dem Stab des großen Hirten
hindurchgehen, werden alle, die nicht zu ihm gehören - ungläubige
Israeliten, die sich gegen Gott auflehnen -, ausgesondert werden. Gott
wird diesen Schafen nicht gestatten, sein Land zu betreten . Dieser
Prozeß der Reinigung durch Gott bedeutet, daß nur wahre Schafe Gottes
den Bund des Segens erleben werden. Diese von Hesekiel beschriebene Szene ist noch
Zukunft. Am Ende der großen Trübsal wird Gott Israel zum Tausendjährigen
Reich in das Land der Verheißung sammeln (vgl. Hes 36,14-38; 37,21-23 ).
Zuerst jedoch müssen die Israeliten vor dem Herrn stehen und gerichtet
werden. Alle, die ihr Vertrauen auf ihn gesetzt haben, werden in das
Land hineingehen und an seinem Königreich teilhaben dürfen (vgl. Joh
3,3 ). Wer sich jedoch gegen ihn aufgelehnt hat, wird für seine Sünden
gerichtet und der ewigen Bestrafung übergeben werden. Hes 20,39-41 Wenn Israel in den Neuen Bund eintritt, wird es
den Herrn wirklich erkennen (V. 39 - 44 ). Auch wenn Israel in den Tagen
Hesekiels Götzen diente (und sich selbst verunreinigte; V. 25-26 ), wird
Gott in der Zukunft eine solche Sünde unter seinem Volk nicht mehr
dulden ( du wirst meinen heiligen Namen nicht länger entweihen ;
vgl. Hes 39,7; 43,7 ). Was Gott mit Israel vorhatte, wird schließlich im
Tausendjährigen Reich völlig erfüllt werden. Es wird dem Herrn dienen,
er wird es annehmen, und die Menschen werden ihm ihre
kostbarsten Geschenke, Gaben und Opfer in ehrlichem Gottesdienst
darbringen. (Zur Erläuterung dessen, was unter "Opfer" im
Tausendjährigen Reich zu verstehen ist, vgl. die Anmerkungen zu Hes
40,38-43 ). Deshalb wird auch Gott sich selbst als heilig erweisen .
"Heilig" ( qODES ) bedeutet "ausgesondert", das Gegenteil von "profan"
oder "allgemein". Israel hatte seinen Gott entheiligt, indem es seinen
Gottesdienst mit Sünde und Götzendienst verunreinigt hatte ( Hes
20,39 ). In der Zukunft dagegen wird es Gott heiligen, so daß alle
Völker seine Heiligkeit erkennen werden. Hes 20,42-44 Gottes Erneuerung Israels wird mehrere
Veränderungen mit sich bringen: 1) Die erste Veränderung wird eine neue
Erkenntnis seines Gottes sein. Gott sagt: Israel wird erfahren, daß ich
der HERR bin . "Herr" ( Yahweh ) ist Gottes eigener Name, den er Israel
offenbart hat (vgl. 2Mo 3,13-15 ). Er unterstreicht Gottes ewiges Dasein
und seine Bundestreue. Israel wird die Wahrheit verstehen lernen, die in
dieser Bedeutung des Namens (und Wesens) Gottes liegt, wenn er es nach
Palästina zurückbringt. Diese Verheißung hängt nicht von der Treue
Israels ab, denn das Volk ist in höchstem Maße untreu gewesen. Die
Verheißung, die Gott hier gibt, hängt von seiner Treue ab. Er wird seine
Bundestreue beweisen, indem er tut, was er verheißen hat (vgl. Hes
20,44 ). 2) Das zweite Ergebnis der Erneuerung Israels
wird seine Umkehr sein. Es wird an sein Verhalten denken und vor sich
selbst für all das Böse, was es getan hat, Abscheu empfinden. Die Scham,
die Israel in den Tagen Hesekiels hätte empfinden müssen, wird es in
seiner ganzen Fülle erst dann spüren, wenn Gott das Volk erneuert. b. Das Gleichnis von dem Waldbrand ( 21,1 - 5 ) Hes 21,1-5 Auf die lange Botschaft Hesekiels ( Hes 20,1-44 )
folgte nun ein kurzes Gleichnis. Es leitete die vier Botschaften
in Kapitel 21 ein. Hesekiel sollte nach Süden ( tEmAnCh ) blicken und
gegen den Süden ( dArNm ) und das Südland ( neGeB ) predigen . Das erste
dieser drei hebräischen Worte bedeutet wörtlich "das, was auf der
rechten Seite ist", während man nach Osten sieht. Es ist ein poetisches
Wort, auch wenn es als Eigenname (Teman) für eine Stadt in Edom, im
Süden Judas, benutzt werden kann (vgl. Am 1,12; Jer 49,7; Hes 25,13 ).
Vielleicht ist in Hes 21,2 gemeint, daß Hesekiel sich nach Teman hin
ausrichten sollte (wie manche deutschen Übersetzungen schreiben). Auch
das Wort dArNm ist poetisch. Hesekiel benutzte es noch weitere zwölf
Male, jedesmal im Zusammenhang mit der Beschreibung des Tempels im
Tausendjährigen Reich (vgl. Hes
40,24 [zweimal], 27 [zweimal], 28 [zweimal], 44-45 ; Hes 41,11;
42,12-13.18 ). Das dritte Wort, das Hesekiel benutzt ( neGeB ,
"Südland"), wird ebenfalls als Eigenname benutzt. Der Negev ist der Name
für den südlichen Teil Palästinas, nahe an Israels Grenze zu Edom
(vgl. Jos 15,21 ). Heute ist der Negev eine Steppen-Region, in der nur
wenig Regen fällt und die kaum Wasserquellen besitzt. Aber da Hesekiel
vom Wald des Negev sprach, mußte das Land in jenen Tagen stärker
bewachsen gewesen sein. Zu den größeren Ansiedlungen im Negev gehörten
Arad, Kadesch-Barnea und Beerscheba. In dieser Weissagung gegen Juda sagte Hesekiel,
daß Gott es durch Feuer (vermutlich ein "Feuer" des Gerichts, kein
tatsächliches Feuer) verwüsten würde. Die Menschen sahen das, was Hesekiel tat, aber
sie wollten es nicht verstehen. Hesekiel klagte es Gott gegenüber, daß
die Menschen behaupteten, er würde nur in Rätseln reden , in
unverständlichen Bildern. Er kündigte die Zerstörung Judas an, aber die
Menschen waren durch seine Worte nur verwirrt. c. Die vier Botschaften des Schwertes ( 21,6 - 37 ) Da die Menschen sich weigerten, Hesekiels
Botschaft des Feuers über das Südland zu verstehen (V. 1 - 5 ),
erläuterte er in vier Botschaften die Bedeutung des Gleichnisses. In
diesen Botschaften änderte Hesekiel das Wort "Feuer" in "Schwert" und
den "Negev" in Juda und Jerusalem. (1) Das gezogene Schwert ( Hes 21,6-12 ) Hes 21,6-10 In dem Gleichnis (V. 1 - 5 ) hatte Hesekiel "nach
Süden geblickt". Nun hieß Gott ihn, sein Angesicht gegen Jerusalem zu
richten und gegen das Heiligtum zu predigen und gegen das Land Israel zu
weissagen . Gottes Gericht würde über sein Land, seine heilige Stadt und
seinen Wohnort ergehen. Gott sagte, daß er durch ein Schwert sowohl den
Gerechten als auch den Gottlosen ausrotten würde. Dies scheint der
früheren Botschaft Hesekiels zu widersprechen ( Hes 18,1-24 ), daß nur
der Gottlose sterben, der Gerechte aber leben wird. Dies verwirrte die
Übersetzer der Septuaginta dermaßen, daß sie aus den "Gerechten" die
"Ungerechten" machten. Eine mögliche Lösung könnte sein, daß der
"Gerechte" und der "Gottlose" aus der Sicht der Menschen verstanden
wird. Soweit es die Menschen sagen konnten, machte das Gericht keine
Unterschiede. Es traf sowohl solche, die öffentlich Götzendienst
betrieben, als auch solche, die behaupteten, Gott nachzufolgen. In
Gottes Augen jedoch wurden nur Gottlose bestraft, denn er hatte
versprochen, jene zu retten, die wahrhaft gerecht waren. Eine andere
Lösung ist, daß der Ausdruck "ausrotten" sich auf die Gefangenschaft
bezieht, nicht auf den physischen Tod. Wie auch immer, jedenfalls
unterstrich Hesekiel das Ausmaß des kommenden Gerichtes. Das Gericht würde sich vom Süden bis
zum Norden erstrecken (was schon in V. 3 gesagt worden war). Falls
irgend jemand das Bild des Waldbrandes nicht verstanden hatte,
wiederholte Hesekiel noch einmal diesen Ausdruck, um deutlich zu machen,
daß ganz Juda gerichtet werden würde. Wenn das Gericht käme, dann würden
die Menschen wissen, daß der HERR sein Schwert gezogen hatte (vgl.
V. 8 ). Auch wenn die Menschen die Bedeutung des Gleichnisses nicht
verstehen wollten (V. 5 ), würden sie nicht mehr auf ihre Unwissenheit
pochen können, wenn Gottes Gericht beginnen würde. Hes 21,11-12 Hesekiel erhielt den Auftrag, die Trauer zum
Ausdruck zu bringen, die die Menschen empfinden würden, wenn Jerusalem
fiele. Wenn er vor Kummer seufzte, würden ihn die Menschen fragen, was
los sei. Er sollte ihnen dann antworten, daß er wegen der Botschaft, die
kommen würde, so traurig sei. Die furchtbare Erkenntnis, daß ihr Land
zerstört worden ist, würde sie innerlich verwüsten (vgl. Hes 7,17 ).
Aber es würde ohne Zweifel so kommen. Es wird sicher geschehen, erklärte
Gott, der HERR. Hes 21,13-15 (2) Das Schwert ist geschärft ( Hes 21,13-22 ) Die zweite Botschaft Hesekiels über das Schwert
war ein poetisches Lied des Gerichtes. Sein Thema war, daß Gottes
Schwert geschärft sei, bereit für das Schlachten . Das Lied hatte drei
Strophen (V. 13 - 15 a. 16 - 17.19 - 22 ). Diese wiederum wurden von
zwei Zwischenspielen getrennt, die jeweils von "dem Stock" reden
(V. 15 b. 18 ). In der ersten Strophe war Gottes Schwert des
Gerichts mit einem Wetzstein geschärft , damit es eine scharfe Schneide
hatte, und poliert, so daß aller Rost davon verschwunden war und es
blinkte und glänzte. So wie ein Soldat, der sich für den Kampf
vorbereitet, hatte Gott seine Waffe bereit, damit sie ihre Aufgabe
erfüllen könnte. Dieses Schwert würde kommen, weil Israel den
Stock und jeden Rat verworfen hatte. Manche denken, der "Stock" würde
von dem königlichen Zepter reden (vgl. 1Mo 49,9-10 ). Wenn das so ist,
dann ist gemeint, daß die Menschen Gottes Androhung des Gerichts
verworfen haben und sich statt dessen auf seine Zusage einer beständigen
Folge von Herrschern für Juda gestützt haben. Aber diese Auslegung
scheint der Stelle fremd zu sein. Vielleicht bezieht sich "Stock"
vielmehr auf die Züchtigungen, mit denen Gott versucht hatte, Israels
Sünde zu bändigen und das Volk zu ihm zurückzubringen. Ein Stock wurde
oft zur Züchtigung benutzt (vgl. Spr 10,13;13,24;23,13 ), und auch Gott
verwendete den Stock, um die Seinen zu erziehen (vgl. 1Sam 7,14; Hi
9,34;21,9 ). Israel hatte also Gottes frühere Bemühungen, es mit einem
Stock zurechtzuweisen, verworfen. Deshalb benutzte er nun das Schwert.
Wenn dies die korrekte Auslegung dieser Stelle ist, dann ist der Sohn
in Hes 21,15 nicht Hesekiel, sondern Israel und sein König. Hes 21,16-18 Die zweite Strophe enthüllte den Opfern, gegen
wen das Schwert gezogen worden war: gegen Gottes Volk und alle Fürsten
Israels. Die Führer des Volkes hatten Gottes Rat und seine Züchtigung
verworfen, so daß sie nun nur noch das Schwert zu erwarten hatten. Wegen
der nun bevorstehenden massiven Vernichtung sagte Gott Hesekiel: schreie
und heule . Hes 21,19-22 Die dritte Strophe sprach von der Aufgabe des
Schwertes. Voll Hohn würden beide, der Prophet und Gott, ihre
Hände zusammenschlagen (V. 19.22 ; vgl. Hes 6,11; 22,13 ). Das Schwert,
wenn es sich schnell gegen Volk und Fürsten erheben würde, würde immer
und immer wieder zuschlagen ( zweifach, ja dreifach ), so, als käme
es von allen Seiten . Voller Furcht würden die Herzen der Menschen
verzagen (vgl. Hes 21,12 ). Das Gericht würde sich nach allen Seiten
wenden ( zur Rechten, dann zur Linken ) und die Menschen unabwendbar
verfolgen. Es würde erst aufhören, wenn es vollendet war. Hes 21,23-28 (3) Das Schwert ist gegen Jerusalem gerichtet
( Hes 21,23-32 ) Hesekiels dritte Botschaft über das Schwert
zeigte, wie Gott das Schwert Babylon gegen Jerusalem richtete. Auf
symbolische Weise stellte Hesekiel dar, wie Gott auf übernatürliche
Weise Nebukadnezar nach Jerusalem führen würde, damit dieser die Stadt
besiegen könnte. Gott sagte Hesekiel, daß er zwei Wege markieren
sollte, die das Schwert des Königs von Babylon nehmen könnte. Als
Jerusalem sich im Jahre 588 V. Chr. gegen Babylon auflehnte, war es eine
von drei Städten oder Ländern, die die Freiheit suchten. Die anderen
beiden waren Tyrus und Ammon. Nebukadnezar führte seine Truppen von
Babylon aus nach Nordwesten, entlang des Euphrat. Als er nach Ribla
(nördlich von Damaskus in Syrien) kam, mußte er sich entscheiden,
welches Volk er zuerst angreifen sollte. Er konnte weiter westlich
ziehen in Richtung Küste und Tyrus angreifen, oder auf einer der beiden
"Straßen", die nach Juda und Ammon führten nach Süden gehen. Tyrus war
die Stadt, die von allen dreien am schwierigsten zu erobern war
(vgl. Hes 26; 29,17-20 ). Deshalb entschied sich Nebukadnezar, sie nicht
als erste anzugreifen. Daher mußte er sich nun entschließen, entweder an
der Küstenstraße nach Süden zu ziehen und Juda und Jerusalem anzugreifen
oder die transjordanische Straße zu nehmen und gegen Ammon
und Rabba vorzugehen. "Rabba" war die Hauptstadt von Ammon. Sie wird
gewöhnlich mit der heutigen Stadt Amman in Jordanien identifiziert. Der Kriegsrat würde sich in Ribla treffen, an der
Wegscheide , um zu entscheiden, welchen Weg sie nehmen sollten. Offenbar
könnten Nebukadnezar und seine Generäle sich nicht einigen, und so
riefen sie ihre Götter an. Nebukadnezar würde dabei drei Mittel benutzen, um
das zukünftige Tun zu bestimmen: Er würde das Los mit Pfeilen werfen,
seine Götzen anrufen und die Leber untersuchen. Das Werfen des Loses mit
Pfeilen war vermutlich ähnlich dem heutigen Ziehen von Strohhalmen. Zwei
Pfeile wurden in einen Köcher gesteckt. Auf jedem von ihnen stand der
Name einer der Städte, die zur Debatte standen. Der Pfeil, der als
erstes herausgezogen wurde, zeigte die Stadt, die auch als erstes
angegriffen werden sollte. Bei der Befragung der "Götzen" ( t+rAPIm )
ging es um die jeweiligen Hausgötzen. Das genaue Vorgehen bei dieser
Befragung ist nicht bekannt. Vielleicht wurden die Götzen benutzt, um
auf diesem Wege mit den Geistern Verstorbener Kontakt aufzunehmen und
ihren Rat zu suchen. Die Untersuchung der Leber schließlich war eine
Form des Wahrsagens, auch als Hepatoskopie bezeichnet. Die Form und das
Aussehen der Leber eines geopferten Tieres wurde von Wahrsagern
untersucht, die darin sahen, ob ein vorgeschlagener Plan günstig war
oder nicht. Diese Praktiken können aus sich selbst zu nichts
führen. Aber Gott würde durch sie wirken, um sein Gericht zu erfüllen.
In die rechte Hand Nebukadnezars würde das Los für Jerusalem fallen.
Wenn Nebukadnezar das Los werfen, die Götzen befragen und die Leber
untersuchen würde, dann würde Gott alle Zeichen so wenden, daß sie auf
die Küstenstraße und in Richtung Jerusalem zeigten. Diesen Weg würde
Nebukadnezar wählen. Die Herrscher von Juda hatten Treue gegen Babylon
geschworen, aber ihren Eid durch die Rebellion gebrochen. Aber selbst
wenn Nebukadnezar seine Belagerung um die Stadt herum aufrichtete,
würden die Menschen sich weigern, an ein Gelingen dieser Eroberung zu
glauben. Sie würden denken, daß seine Wahrsagung trügerisch gewesen sei
und sein Vorhaben mißlingen müsse - aber sie würden sich irren. Da sie
ihren Bund mit Nebukadnezar gebrochen hatten (vgl. Hes 17,11-21 ), würde
er sie gefangennehmen. Hes 21,29-32 Gott verkündete nun das Gericht über die Menschen
(V. 29 ) und den Fürsten (V. 30 - 32 ). Wegen ihrer offenen Rebellion
würden die Menschen Jerusalems gefangengenommen werden. Sie fühlten sich
in ihrer Stadt sicher, aber sie würden gewaltsam von ihr gerissen und in
Ketten nach Babylon gezogen werden. Der unheilige und gottlose Fürst in Israel war
König Zedekia. Weil er seinen Eid der Treue gegen Babylon gebrochen
hatte, würde er abgesetzt werden. Zedekia würde seine Macht verlieren
(sein Turban und seine Krone würden entfernt) und geblendet für den Rest
seines Lebens in Babylon gefangengehalten werden ( 2Kö 25,4-7 ). Der
einst so stolze König würde gedemütigt werden ( der Erhöhte wird
erniedrigt werden ). Der Niedrige ("ärmste Mensch im Land"; 2Kö 25,12 ),
der zurückbleiben dürfte, würde seinen Platz einnehmen und das Land für
Babylon regieren. Das Recht, in Israel zu herrschen, würde von
Zedekia genommen und das Land verwüstet werden. Dreimal benutzte
Hesekiel das Wort Trümmer und zeigte so, daß Israels Thron völlig
zerstört würde. Er würde nicht wieder aufgerichtet werden, bis der
kommt, dem er rechtlich zusteht. Ihm wird er gegeben werden. Diese
Weissagung erinnert an 1Mo 49,10 ,die von "dem Zepter" in dem Stamm Juda
spricht. Die davidische Königslinie wird nicht wieder aufgerichtet
werden, bis der gerechte, von Gott eingesetzte König kommt. Bis Christus
nach Jerusalem einritt, um seine Herrschaft anzumelden, gab es keine
berechtigten Ansprüche auf den Thron (vgl. Sach 9,9; Mt 21,1-11; Offb
19,11-16; Offb 20,4 ). Christus wird diese Weissagung Hesekiels
erfüllen. Er wird der König Israels sein. Hes 21,33-37 (4) Das Schwert richtet sich gegen Ammon ( Hes
21,33-37 ) Die vierte Weissagung Hesekiels über das Schwert
war gegen die Ammoniter gerichtet, die meinten, dem Angriff
Nebukadnezars entkommen zu sein (vgl. V. 25 - 27 ). Ammon und Jerusalem
hatten sich, obwohl sie alte Feinde waren, gegen Babylon verbündet. Als
Nebukadnezar sich entschloß, Jerusalem anzugreifen, war Ammon
erleichtert und froh. Es glaubte, daß Jerusalem nun an seiner Stelle
leiden werde. Nach dem Fall Jerusalems organisierten die Ammoniter eine
Verschwörung, die den Tod von Gedalja, dem von Nebukadnezar eingesetzten
Statthalter über Juda, herbeiführte ( Jer 40,13- Jer 41,10 ). Die
Ammoniter versuchten, in Israel eine andere Regierung einzusetzen, die
sich gegen Babylon stellte - vermutlich damit Nebukadnezar erneut Juda
und nicht Ammon angreifen sollte! Das Schwert, das für Jerusalem poliert war ( Hes
21,14.16 ), würde auch Ammon erreichen. Die Ammoniter dachten, sie seien
Nebukadnezars Gericht entkommen, aber sie würden bestraft werden. In
Gottes Zorn und grimmiger Wut würde er Ammon an grausame Männer
übergeben, Männer, die im Verderben erfahren waren . Diese Menschen
werden in Hes 25,4 als "Menschen aus dem Osten" bezeichnet (vgl. die
Anmerkungen zu Hi 1,3 ) - vielleicht eine Bezugnahme auf nomadische
Angreifer. Das Feuer des Gerichts, das sich gegen Juda gewendet hatte
(vgl. Hes 21,1-5 ), würde auch Ammon verzehren. d. Die drei Botschaften der Verunreinigung und
des Gerichtes über Jerusalem ( Hes 22 ) (1) Der Grund für das Gericht ( Hes 22,1-16 ) Hes 22,1-5 Gott fragte Hesekiel: Willst du sie richten?
Willst du diese Stadt des Blutvergießens richten? Diese Frage ähnelt der
vom Beginn dieses Abschnittes über die Sünde Jerusalems (vgl. Hes
20,4 ). Wenn Hesekiel als Ankläger oder Richter auftreten sollte, dann
mußte er die Tatsachen der Anklage darstellen. Er mußte Jerusalem all
seine schändlichen Taten zeigen. Gott gab Hesekiel zwei Anklagepunkte gegen die
Stadt: Blutvergießen und Götzenmachen . Hesekiel sprach in dieser
Botschaft siebenmal vom Blut oder Blutvergießen und machte so die
ungeheure Gewalttätigkeit der Stadt deutlich (vgl. "Gewalt" in Hes 7,23;
Hes 8,17; Hes 12,19 ). Diese beiden Sünden widersprachen den Anordnungen
des mosaischen Gesetzes über das Verhältnis Israels zu Gott und den
Mit-Israeliten (vgl. Mt 22,34-40 ). Statt Gott zu lieben, hatte es sich
dem Götzendienst zugewandt. Statt der Liebe zu den Mit-Israeliten
herrschte der Verrat. Jerusalems Sünde würde bestraft werden - das Ende
seiner Jahre war gekommen . Wenn Jerusalem fiele, würden seine Nachbarn
über es spotten. Der Stolz dieser ehrlosen Stadt würde sich in Scham
verwandeln, wenn ihre Sünde vor anderen offenbar werden würde. Hes 22,6-12 Hesekiel erwähnte Sünden, die in besonderer Weise
gegen die zehn Gebote verstoßen (vgl. 2Mo 20,1-17 ): soziale
Ungerechtigkeit ( Hes 22,7 ), Abfall (V. 8 ), Götzendienst (V. 9 ),
Unzucht (V. 10 - 11 ) und Habgier (V. 12 ). Diese Liste schloß mit einer
anderen Sünde, der Wurzel aller anderen: Du hast mich
vergessen (vgl. Hes 23,35 ). Hes 22,13-16 Gott würde seine Hände voller Verachtung gegen
Jerusalem zusammenschlagen (vgl. Hes 6,11; Hes 21,19.22 ). Die stolzen
und überheblichen Menschen, die Gottes Gebote leichtfertig übergingen,
würden seinem Gericht nicht entkommen. Ihr Mut würde verschwinden, wenn
Gott sie unter die Völker zerstreute . Mose hatte Israel gewarnt, daß
der nationale Ungehorsam es schließlich in die Zerstreuung führen werde
(vgl. 3Mo 26,27-39; 5Mo 28,64-68 ). Israel hatte Gottes Gesetz entweiht,
nun wird es selbst in den Augen der Heiden entweiht werden. Nachdem das
Volk zerstreut worden war, würde es das Wesen des Gottes verstehen, den
es verhöhnt und vergessen hatte: Du wirst wissen, daß ich der HERR bin . Hes 22,17-19 (2) Die Werkzeuge des Gerichts ( Hes 22,17-22 ) Hesekiels zweite Botschaft machte deutlich, daß
Jerusalem ein Ofen des Leides werden würde - ein Schmelzofen des
Gerichtes, der jene, die in ihr übrig geblieben waren, schmelzen würde. Israel war für Gott wertlos geworden, denn es war
Schlacke für ihn - wie die Schlacke von Kupfer, Zinn, Eisen und Blei,
die in einem Schmelzofen bleibt . Das Behandeln von Metallen war im
Nahen Osten jener Zeit bereits eine hochentwickelte Kunst (vgl. Hi
28,1-11 ). Wenn Metalle in einem Schmelzofen erhitzt werden, bleibt,
nachdem das reine Metall ausgegossen worden ist, die Schlacke zurück.
Für Gott war Israel wie Schlacke - wertlos geworden durch seine Sünde. Hes 22,20-22 Die Schlacke war das Nebenprodukt des
Schmelzvorganges, Gott aber würde die Schlacke noch einmal schmelzen. So
wie Metalle in einem Ofen geschmolzen werden, würde Gott die Menschen in
der Stadt sammeln und sie schmelzen . Dieser Gedanke wird dreimal
erwähnt (V. 20 - 22 ). Juda zog sich nach Jerusalem zurück, als
Nebukadnezar das Land eroberte. Die Stadt wurde zum Schmelztiegel, als
Gottes feuriger Sturm des Zornes und Gerichtes die Menschen traf. Gottes
Gericht und Vernichtung zwang die Menschen, ihn anzuerkennen: Und du
wirst erkennen, daß ich, der HERR, meinen Zorn über dich ausgegossen
habe. Hes 22,23-24 (3) Die Empfänger des Gerichtes ( Hes 22,23-31 ) In dieser Botschaft werden die Empfänger des
Gerichtes genannt: Fürsten (V. 25 ), Priester (V. 26 - 27 ), Propheten
(V. 28 ) und das Volk (V. 29 ). In Vers 24 folgen manche Übersetzungen der
Septuaginta, die Regen statt "gereinigt" hat, da "Regen" besser zu
" benetzen " paßt als "gereinigt". Es gibt jedoch keinen zwingenden
Grund, hier nicht dem hebräischen "gereinigt" zu folgen. Wegen seines
Ungehorsams hatte Israel keine Reinigung (von der Sünde) empfangen und
keine Benetzung (Segen) an dem Tag, an dem Gott seinen Zorn schickte. Hes 22,25 Die Sünden seiner Fürsten (man könnte hier mit
manchen Übersetzungen auch "Propheten" lesen) wurden zuerst erwähnt. Die
"Fürsten" waren vermutlich die gesamte königliche Familie,
einschließlich König Zedekia (vgl. Hes 12,10-12; 19,1; 21,30 ). Die
Führer hatten ihre Macht benutzt, um sich selbst Vorteile zu
verschaffen, und unter den Menschen wie ein Löwe gewütet (vgl. Hes
19,1-9 ). In ihrer Habsucht hatten sie Schätze und wertvolle
Dinge genommen. Sie hatten gemordet und viele Frauen zu Witwen gemacht.
Statt Vorbilder zu sein für die Menschen, waren die Führer korrupte
Despoten gewesen. Hes 22,26-27 Die religiösen Führer waren nicht besser als die
Fürsten. S eine Priester tun meinem Gesetz Gewalt an und entheiligen
meine heiligen Dinge (vgl. Zeph 3,4 ). Sie unterwiesen das Volk nicht in
den Wegen Gottes oder bekräftigten auch die Aussagen des Gesetzes nicht.
Sie schlossen sogar ihre Augen vor dem Halten von Gottes Sabbaten
(vgl. Hes 20,16.21.24 ). Indem sie Gottes Anweisungen verwarfen, ließen
sie die Sünde unter dem Volk ungehindert wachsen. Hes 22,28-29 Die Propheten hätten eigentlich Gottes Sprecher
sein sollen und dieses gottlose Tun anprangern. Aber auch die Propheten
(einmal abgesehen von einzelnen wie Hesekiel oder Jeremia) ließen diese
Sünden unbeachtet und gaben den Menschen falsche Gesichte und
wahrsagten Lügen . Sie behaupteten, im Namen Gottes zu sprechen, wenn
der HERR nicht gesprochen hatte . Schließlich sprach Hesekiel von dem Volk, dem
gemeinen Mann, der dem Vorbild seiner Führer folgte. Auch die
Bevölkerung war von Erpressung und Raub und von Unterdrückung der Armen
durchsetzt (vgl. V. 25.27 ). Die Herrscher unterdrückten also das
gemeine Volk und das gemeine Volk die Hilflosen. Hes 22,30-31 Die Korruption war so vollständig, daß Gott, als
er nach einem Mann suchte, der sich gegen die Flut der nationalen
Zerstörung stellen könnte ( die Mauer aufrichten und in den Riß treten),
niemand finden konnte. Keiner von denen, die in Israel in einer
verantwortlichen Stellung waren, hatte die moralischen Qualitäten, das
Volk recht zu leiten. Offensichtlich besaß Jeremia diese Qualitäten,
aber ihm fehlte die Autorität, das Volk von der Klippe der Zerstörung
wegzuführen. Israels immer stärker werdender Zerfall machte
das Gericht unabweichlich. Gott beschloß diese Botschaft gegen
Jerusalem, indem er schwor, daß er seinen Zorn ausgießen und die
Menschen mit seinem feurigen Grimm verschlingen würde (vgl. Hes 21,31 ). Israel würde wegen seiner Sünden leiden müssen.
Es hatte sich gegen Gottes Gnade aufgelehnt, nun würde es Gottes Zorn zu
spüren bekommen. e. Das Gleichnis von den zwei ehebrecherischen
Schwestern ( Hes 23 ) Hesekiel schilderte in einem weiteren Gleichnis
die Untreue Israels und die Gewißheit seiner Bestrafung. Kapitel
23 scheint das Gleichnis in Kapitel 16 erneut aufzugreifen, da beide
Kapitel von der Untreue Judas seinem Gott gegenüber sprechen. Aber
in Kapitel 16 sprach Hesekiel stärker von dem Götzendienst Judas,
während in Kapitel 23 die unrechten Allianzen Judas mit ausländischen
Mächten, die zu dem Götzendienst hinzukommen, im Mittelpunkt standen.
In Kapitel 16 vertraute Juda auf andere Götter, in Kapitel 23 auf andere
Völker. (1) Der Ehebruch der Schwestern ( Hes 23,1-21 ) Hes 23,1-3 Hesekiel sprach von zwei Schwestern, die die
gleiche moralische Schande trugen, denn sie wurden Huren in Ägypten, sie
hurten schon in ihrer Jugend . Hesekiels Erwähnung von Ägypten sollte
natürlich an die Ursprünge des Volkes Israel in Ägypten erinnern
(vgl. Hes 20,4-12 ). Hes 23,4 Nachdem er ihr Wesen beschrieben hatte, gab
Hesekiel ihnen Namen. Die ältere wurde Ohola genannt, und ihre Schwester
war Oholiba . Diese Namen kommen von dem hebräischen Wort für "Zelt"
( ?Ohel ). Der erste Name bedeutet "ihr Zelt", der zweite "mein Zelt ist
in ihr". Auch wenn man immer vorsichtig sein muß und den Einzelheiten
eines Gleichnisses nicht zu viel Gewicht beimessen darf, haben diese
Namen wohl eine Bedeutung. Das Wort "Zelt" meint einen Wohnort oder ein
Heiligtum. Es wird oft benutzt, um Gottes Heiligtum unter den Israeliten
(vgl. 2Mo 29,4.10-11.30 ) zu bezeichnen. Der Name Ohola ("ihr Zelt")
könnte bedeuten, daß das Heiligtum dieser Schwester von ihr selbst
gemacht worden ist. Der Name Oholiba ("mein Zelt ist in ihr") dagegen
würde dann aussagen, daß Gottes Heiligtum in ihr ist. Ohola stellte Samaria dar, Oholiba war ein Bild
für Jerusalem . Diese beiden "Schwestern", die Hauptstädte der
Königreiche von Israel und Juda, standen für die Menschen in diesen
beiden Reichen. Ich nahm sie zu Frauen, und sie gebaren Söhne und
Töchter . Der Gott der Gnade verschwendete seine Liebe an diese
unwürdigen Schwestern. Hes 23,5-10 Die Sünde von Ohola, der älteren Schwester, war
sein (Samarias) Bündnis mit den Assyrern. Samarias Allianz mit Assyrien
führte letztlich in seinen Untergang. Israels Beziehungen zu Assyrien sind gut
dokumentiert. Der schwarze Obelisk des assyrischen Königs Salmanassar
III. (ungefähr aus dem Jahr 841 V. Chr.) erwähnt "Jehu, Sohn des Omri"
und stellt ihn dar, wie er sich vor dem assyrischen Monarchen verbeugt.
Dies wird in der Bibel nicht erwähnt, ist aber vermutlich das Ergebnis
der syrischen Bedrohung gegen Israel. Syrien dehnte seine Herrschaft in
israelitisches Gebiet in Transjordanien hinein während der
Regierungszeit von Jehu aus ( 2Kö 10,32-34 ). Um dieser Bedrohung
begegnen zu können, verbündete sich Jehu mit Assyrien und unterwarf sich
diesem als Vasall. Der Obelisk zeigt uns Jehu und seine Diener, wie sie
dem assyrischen König Tribut bringen. Menahem und Hoschea, zwei spätere
Könige Israels, bezahlten ebenfalls Tribut an Assyrien ( 2Kö 15,19-20;
17,3-4 ). Der Prophet Hosea (ca. 760 - 720 V. Chr.) tadelt Israel wegen
seiner Abhängigkeit von Assyrien statt von dem Herrn (vgl. Hos 5,13-14;
7,11; 8,9; 12,2 ). Nachdem Israel ein Vasall Assyriens geworden war,
konnte es sich nicht mehr selbst befreien. Als es schließlich versuchte,
aus diesem Verhältnis zu entkommen, indem es ein Bündnis mit Syrien und
Ägypten einging (vgl. 2Kö 17,4; Jes 7,1 ), bekam es Assyriens Zorn zu
spüren. Eben jenes Volk, an das sich Samaria um Hilfe gewandt hatte,
zerstörte es nun. Gott gab ganz Israel, auch Samaria, in die Hände
seiner Liebhaber, der Assyrer, nach denen es es gelüstet hatte und die
es mit dem Schwert töteten. Im Jahr 722 V. Chr. fiel Samaria den
Assyrern in die Hände (vgl. 2Kö 17,5-6.18-20 ). Hes 23,11-18 Das Gericht der älteren Schwester Ohola (Samaria)
hätte eigentlich eine Warnung für die jüngere Schwester Oholiba
(Jerusalem) sein müssen. Leider aber hörte sie nicht auf die
Warnung. Sie war vielmehr noch verdorbener als ihre Schwester. Jerusalem ging den unmoralischen Weg, den ihre
Schwester ihr vorangegangen war: Auch sie entbrannte für die Assyrer .
Juda schmeichelte sich bei Assyrien ein, statt sich auf Gott zu
verlassen. Vielleicht dachte Hesekiel an den folgenschweren politischen
Schachzug von König Ahas von Juda, der bereitwillig Juda zum Vasallen
Assyriens machte. Israel und Syrien hatten sich verbündet, um gegen
Assyrien vorzugehen, und sie wollten auch Juda in dieses Bündnis
aufnehmen. Als Ahas jedoch ablehnte, griffen sie Juda in der Hoffnung
an, Ahas vom Thron stoßen zu können und durch einen König zu ersetzen,
der ihr Vorhaben unterstützen würde. Statt aber nun auf Gottes Rettung
zu vertrauen (wozu der Prophet Jesaja ihn aufforderte), schickte Ahas
Boten nach Assyrien mit der Bitte um Hilfe und Schutz. Dadurch wurde
Juda für das nächste Jahrhundert zu einem Vasallenstaat von Assyrien
(vgl. 2Kö 16,5-9; Jes 7 ). Aber Jerusalems politische Intrigen hörten hier
nicht auf. Es hurte noch mehr . Nachdem es bei Assyrien Hilfe gesucht
hatte, wandte sich Jerusalem an Babylon. Hesekiel beschrieb recht
detailiert die Kleidung der babylonischen Soldaten, für die Jerusalem
entbrannt war ( Hes 23,15 ). Jerusalem schickte Boten zu ihnen nach Chaldäa .
Da kamen die Babylonier zu ihm, zu dem Bett der Liebe, und mit ihrer
Lust verunreinigten sie es. Jerusalems Ruhepause vor der assyrischen
Herrschaft war nur von kurzer Dauer. König Josia schuf ein Stück
Unabhängigkeit, aber er wurde im Kampf getötet, als er versuchte, einen
ägyptischen Einfall in sein Land zu verhindern (vgl. 2Kö 23,29-30 ).
Juda wurde vier Jahre lang zum Vasallenstaat Ägyptens. Vermutlich
während dieser Zeit nahm König Jojakim Kontakt mit Babylon auf und bat
um Hilfe. Als Babylon die Ägypter 605 V. Chr. bei Karkemisch besiegte,
wechselte Jojakim das Bündnis und wurde zum Vasall Nebukadnezars ( 2Kö
24,1 ). Aber als Babylon kam, stellte Jerusalem fest, daß
die Liebhaber, für die es entbrannt war, grausam waren. Nachdem es durch
sie verunreinigt war, wandte es sich voller Ekel von ihnen ab . Babylon
war ein schlimmerer Zuchtmeister als Assyrien oder Ägypten, und
Jerusalem versuchte, der babylonischen Herrschaft zu entkommen. Als sich Jerusalem von Babylon abwandte, wandte
sich auch Gott von Jerusalem ab. Jerusalem blieb in den Wegen ihrer
Schwester und war sogar noch schlimmer in ihrer Untreue als Samaria.
Gott hatte Samaria wegen ihrer Taten verworfen. Nun verwarf er
Jerusalem. Hes 23,19-21 Jerusalems Untreue brachte es um den einzig
wirklichen Schutz, den es jemals gehabt hatte. Aber statt von ihren
Sünden umzukehren, suchte die Stadt weitere menschliche Hilfe und wurde
so mehr und mehr ehebrecherisch . Der Teufelskreis der Sünde brachte sie
zurück zu eben jenem Volk, mit dem sie sich anfänglich verunreinigt
hatte und das sie einstmals versklavt hatte - Ägypten (V. 3.19. 21 ). Um seine völlige Abscheu vor diesem Handeln zu
zeigen, benutzte Hesekiel eine derbe Sprache (V. 20 ), nicht um vulgär
zu sein, sondern um so die äußerste geistliche Verkommenheit deutlich zu
machen, in die Juda gefallen war. In den letzten 14 Jahren der Geschichte Judas
(600 - 586 V. Chr.) versuchte es, die Hilfe Ägyptens für seine Revolte
gegen Babylon zu gewinnen. König Jojakim rebellierte 600 V. Chr. gegen
Babylon, nachdem Ägypten Babylon besiegt hatte ( 2Kö 24,1 ). Juda griff
nur zu gerne nach den leeren Versprechungen der ägyptischen Hilfe.
Zedekias endgültiger Abfall von Babylon im Jahre 588 V. Chr. fiel mit
dem Versprechen Ägyptens zusammen, ihm zu helfen ( 2Kö 25,1; Jer 37,5-8;
Hes 29,6-7 ). Hes 23,22-27 (2) Die Bestrafung der Schwestern ( Hes
23,22-35 ) Hier gab Hesekiel nun vier Weissagungen, von
denen jede mit den Worten beginnt: So spricht Gott, der
HERR (V. 22.28.32.35 ). Alle vier sprachen von dem Gericht über
Jerusalem. Diejenigen, die Jerusalem verworfen hatte, würden die Stadt
auch bestrafen. Gott würde ihre Liebhaber gegen sie bringen,
die Babylonier, die Männer von Pekod und Schoa und Koa und alle
Assyrier . Vielleicht waren Pekod, Schoa und Koa drei aramäische Stämme
(P uqUdU , S utU und Q utU ), die an der Mündung des Flusses Tigris
lebten. Diese drei Stämme gehörten neben den Assyrern zu dem
babylonischen Weltreich und schickten ihre Männer in das babylonische
Heer. Hesekiel sagte also, daß die vereinigte Armee von Babylon und ihre
Alliierten über Jerusalem kommen würde. Wenn die Babylonier Jerusalem mit militärischen
Hauptleuten, Waffen und wohlgeschützten Soldaten angreifen würden, würde
die Stadt keinen Ausweg mehr haben. Die Strafe, die Gott in seinem Zorn
ihr durch Babylon auferlegte, würde wie eine Verstümmelung sein. Sie
werden deine Nasen und deine Ohren abschneiden, und jene, die übrig
sind, werden durch das Schwert fallen . In Mesopotamien war die
Verstümmelung des Gesichtes eine häufig angewandte Strafe für Ehebruch.
Eine schuldige Frau wurde so sehr entstellt, daß sie für immer für jeden
Mann abstoßend wirken mußte. Sie wurde so gezwungen, ihre Schande und
Schuld öffentlich zu tragen. Auf gleiche Weise würde auch Jerusalem
abstoßend gemacht werden für irgendeinen weiteren Liebhaber. Auch würden einige von Israels Kindern als
Sklaven weggeführt werden, andere würden durch Feuer verbrannt und ihr
Besitz ( Kleider und Edelsteine ) ihnen abgenommen werden. Gottes
Gericht würde Judas Lust auslöschen. Ägypten würde nicht länger die
ersehnte Hilfe sein. Hes 23,28-31 Diese zweite Weissagung wiederholt einige der
Aussagen aus Vers 22 - 27 (und unterstreicht sie so) und fügt hinzu, daß
Jerusalem, wenn die Babylonier mit der Stadt fertig waren, nackt und
bloß zurückgelassen werden würde. Dieses schändliche Gericht käme wegen
ihrer Hurerei über sie, indem sie Hilfe von anderen Völkern suchte und
von deren Götzen verdorben würde. Da sie wie ihre Schwester gesündigt
hatte, würde sie auch auf ähnliche Weise bestraft werden ( ich werde
ihren Kelch in deine Hand geben ; vgl. die Anmerkungen zu V. 32 - 34 ):
durch Schwert und Wegführung. Hes 23,32-34 Die dritte Weissagung des Gerichtes gegen
Jerusalem unterscheidet sich von den anderen beiden darin, daß sie ein
Gedicht ist. Das Gedicht, das man mit "Der Becher des Gerichtes Gottes"
überschreiben könnte, spricht davon, daß Jerusalem an dem Gericht
Samarias teilhat, weil die Stadt auch an der Sünde Samarias teilgenommen
hat. Gott sagte: Du wirst den Becher deiner Schwester trinken (vgl.
V. 31 ), einen großen und tiefen Becher; er wird dir Hohn und Spott
bringen, denn es ist so viel darin. Das Bild des Gerichtsbechers, der getrunken
werden muß, taucht mehrmals in der Bibel auf (vgl. Ps 75,9 f; Jes
51,17-23; Jer 25,15-19; 51,7; Hab 2,16; Offb 17,3-4; 18,6 ). Der
"Inhalt" dieses Bechers bestand aus den katastrophalen Folgen der Sünde
- Leid, Untergang und Verwüstung -, die das Volk angesammelt hat. Hes 23,35 Die vierte Weissagung schließlich zeigt uns den
Hauptgrund für das Gericht über Jerusalem. Die Stadt hatte Gott
vergessen (vgl. Hes 22,12 ) und ihn hinter sich geworfen . Jerusalems
unerlaubte Beziehungen zu anderen Völkern kamen, nachdem es vergessen
hatte, wer sein eigentlicher Schutz war, und nachdem es Gott öffentlich
verworfen hatte. Wegen dieser Verwerfung mußte es die Folgen seiner
Unzucht tragen . Hes 23,36-39 (3) Schlußfolgerungen ( Hes 23,36-49 ) Im letzten Abschnitt dieses Kapitels gab Hesekiel
noch einmal einen Überblick über Sünde und Gericht von Samaria und
Jerusalem. Die Geschichte und das Gericht von beiden Ländern wurden
einzeln dargestellt (V. 1 - 35 ). Nun wurden sie noch einmal miteinander
verglichen. Die Sünde beider Völker war ihr Götzendienst (V. 36 - 39 )
und ihre Bündnisse mit fremden Völkern (V. 40 - 44 ), und auch ihr
Gericht war das gleiche (V. 45 - 49 ). Obwohl der Götzendienst nicht das Thema von
Vers 1 - 35 ist, war er doch in Israel und Juda weit verbreitet. Die
Spitze ihrer geistlichen Hurerei war das Kindesopfer: Sie opferten sogar
ihre Kinder, die sie mir geboren hatten . Dies war eine der
verabscheuungswürdigsten Praktiken der kanaanitischen Religion, die
sowohl Israel als auch Juda übernommen hatten (vgl. die Anmerkungen
zu Hes 16,20-22 ). Die Menschen waren durch die Sünde so verhärtet, daß
sie an demselben Tag, an dem sie ihre Kinder den Götzen opferten, auch
den Tempel betraten, während noch das Blut ihrer Kinder an ihren Händen
und der Geruch von verbranntem Fleisch in ihren Kleidern hing. Ihre
Gegenwart im Tempel machte das Haus Gottes unrein und entheiligte es! Hes 23,40-44 Das Maß der geistlichen Hurerei der beiden Völker
wurde nur noch von ihrer politischen Hurerei erreicht. Beide Länder
lockten ausländische Nationen in gesetzeswidrige Bündnisse. Hesekiel
malte ein lebendiges Bild der beiden Schwestern, wie sie sich selbst für
ihre Liebhaber vorbereiteten (d. h. andere Völker anlockten, ihnen zu
helfen). Die Hurenschwestern schickten nach Männern, und als sie kamen,
badeten sich die Mädchen für sie, malten ihre Augen und legten Schmuck
an (vgl. Spr 7,6-21 ). Das Werben der beiden Schwestern lockte
eine sorglose Menge von Sabäern von der Wüste und Männer aus dem Pöbel
an . Das Wort "Sabäer" ( sABA?Im ) könnte auch mit "Betrunkene"
übersetzt werden (von sABA? , "trinken, saufen"). Es kann auch sein, daß
Hesekiel dieses Wort bewußt um seiner Doppeldeutigkeit willen wählte.
Der wilde, nomadische Stamm der Sabäer benahm sich vielleicht wie
Betrunkene. Der Ruf der beiden Schwestern war so schlecht, daß selbst
niedere Elemente der Gesellschaft wußten, wo sie zu finden waren.
Hesekiel benutzte zwei ähnlich lautende Worte, um diese niederen
Elemente zu bezeichnen, die von den Frauen angezogen wurden. Sie
brachten herbei ( mUBA?Im ) "Sabäer/Betrunkene" ( sABA?Im ). Die Schwestern benutzten ihren Charme, um bei
anderen beliebt zu sein. Deshalb erniedrigte Gott sie zu Huren (vgl. Hes
23,3 ). Dies war ein zutreffendes Bild für Israel und Juda, die sich
heidnischen Nationen zugewandt hatten, um bei ihnen Hilfe zu finden. Hes 23,45-49 Gott kündigte an, daß gerechte Männer die Strafe
über sie sprechen werden, die ihr Ehebruch verdiente. Wer waren diese
"gerechten Männer"? Ganz sicher waren damit nicht die Völker gemeint,
die schließlich die beiden Schwestern vernichtet hatten, denn diese
Völker hatten ja vorher mit ihnen Ehebruch betrieben. Wahrscheinlich
waren die "gerechten Männer" die Propheten Gottes, die Gott kommen ließ,
damit sie die Sünde aufdeckten und das Gericht ankündigten. Sie nahmen
damit die Funktion der Ältesten ein, die darüber zu entscheiden hatten,
was geschehen sollte, wenn jemand der Unzucht angeklagt war (vgl. 5Mo
22,13-21 ). Die Strafe für Ehebruch war der Tod ( 3Mo
20,10 ), in der Regel durch Steinigung (vgl. 3Mo 20,27; Joh 8,3-5 ). Die
Strafe für den Götzendienst einer Stadt war Schwert und Feuer ( 5Mo
13,13-17 ). Diese Strafen würden gegen die "Schwestern" verhängt.
Der Pöbel - eine verächtliche Weise, von den heidnischen Völkern zu
reden - würde sie steinigen und mit Schwertern niederschlagen , und
Flammen würden ihre Häuser umgeben. Dies waren die gleichen Strafen, die
Hesekiel schon früher angekündigt hatte ( Hes 16,40-41 ). Sie würden als
Warnung für andere Völker dienen. l f. Das Gleichnis des kochenden Topfes ( 24,1 - 14 ) Kapitel 24 beschließt die dritte Reihe von
Gerichten über Juda ( Hes 4-11;12-19;20-24 ). Mit seinen beiden
Botschaften über die Unabwendbarkeit des Gerichtes bildet es zugleich
den Höhepunkt. Hes 24,1-2 Hesekiels abschließende Weissagungen des
Unterganges von Jerusalem wurden im neunten Jahr (von König Jojachins
Exil; vgl. Hes 1,2 ), im zehnten Monat, am zehnten Tag überliefert. Dies
war der 15. Januar 588 V. Chr. - ein Tag des nationalen Unglücks für
Jerusalem. Der König von Babylon belagerte Jerusalem an diesem Tag .
Seit über vier Jahren wies Hesekiel auf diesen Tag hin. Das Datum hat
eine so große Bedeutung, daß es auch von den Schreibern von 1. und 2.
Könige (vgl. 2Kö 25,1 ) und dem Propheten Jeremia ( Jer 39,1; Jer 52,4 )
erwähnt wird. Hes 24,3-5 Hesekiel erzählte dem rebellischen Haus Israel
(vgl. Hes 3,9 ) ein Gleichnis von einem Kochtopf , der mit Wasser
gefüllt war und gute Stücke Fleisch enthielt, die gekocht werden
sollten. Dieses Bild glich dem in Kapitel 11 , in dem einige Führer den
Vergleich eines Kochtopfes benutzten, um Jerusalem falsche Hoffnung zu
machen. Die Menschen dachten, daß es für sie sicher sei, in dem Topf
(Jerusalem) zu sein. Aber Hesekiel weissagte, daß der Topf für sie zum
Ort der Vernichtung würde. Hes 24,6-8 Hesekiel erklärte nun das Gleichnis durch zwei
ähnlich-lautende Aussagen (V. 6-8.9-14 ), die beide mit den Worten
beginnen: Dies ist, was Gott, der HERR, sagt : Wehe der Stadt des
Blutvergießens (V. 6.9 ). Dies machte die Blutschuld der beiden Städte
deutlich. Jerusalem, so sagte Hesekiel, sei wie ein Topf,
der voller Rost ist, dessen Ablagerung nicht abgeht! "Rost" und
"Ablagerung" gehen im Hebräischen beide auf das Wort Hel?Ch zurück, was
"Rost" bedeutet. Im Feuer des Gerichtes Gottes kamen die "Unreinheiten"
Jerusalems ans Tageslicht. Ihre Verdorbenheit konnte nicht verborgen
bleiben. Sie war so unappetitlich wie rostiger Abschaum, der auf einem
Essen schwamm, das gekocht wurde. Durch diesen Rost würde das Essen verdorben
werden. Deshalb würde der Inhalt des Topfes hinausgeworfen. Die Menschen
von Jerusalem, die sich vor dem babylonischen Angriff sicher gefühlt
hatten, würden ohne Rücksicht auf ihre gesellschaftliche Stellung (es
werden k eine Lose über sie geworfen ) aus der Stadt hinaus in das Exil
geschleppt werden. Der Grund für die Zerstreuung wurde wiederholt ( Hes
24,7-8 ): Blut wurde auf den nackten Felsen vergossen, nicht auf die
Erde, wo es der Staub bedeckt hätte. Jerusalem hatte unschuldiges Blut
vergossen und sich nicht einmal bemüht, seine Verbrechen zu verbergen.
Dieses Blut schrie sozusagen nach Rache (vgl. 1Mo 4,10; 3Mo 17,13-14; Hi
16,18 ). Weil die Stadt das Blut anderer öffentlich vergossen hatte,
würde auch Gott öffentlich ihr Blut auf dem nackten Felsen vergießen. Hes 24,9-14 Die zweite Gerichtsaussage Hesekiels wandte sich
in besonderer Weise dem rostigen Topf zu. Das Fleisch in dem Topf
war gar gekocht , ein Bild für das Morden der Babylonier unter den
Bewohnern Jerusalems. Aber das Gericht Gottes würde noch über die
Einwohner der Stadt hinausgehen und auch die Stadt Jerusalem selbst
betreffen. Der leere Topf (Jerusalem ohne seine Einwohner) sollte auf
Kohlen gesetzt werden, seine Unreinheiten herausgeschmolzen und
seine Ablagerungen , sein Rost, weggebrannt werden. Die Stadt selbst
mußte vernichtet werden, wenn ihre Unreinheit wirklich beseitigt werden
sollte. Gott hatte versucht, sein Volk von Schmutz zu
reinigen, aber es hatte sich all diesen Bemühungen widersetzt. Deshalb
würde es nun das reinigende Werk des Zornes Gottes kennenlernen. Gottes
Geduld war zu Ende, die Zeit für sein Richten war gekommen . Er würde
sich nicht zurückhalten oder Erbarmen haben. Gottes Barmherzigkeit hatte
ihn das Gericht so lange wie möglich zurückhalten lassen, damit die
Menschen Zeit hatten, umzukehren (vgl. 2Pet 3,8-10 ), aber er wartete
nicht unendlich lange. Es kommt eine Zeit, in der Gott die Gottlosigkeit
bestraft. g. Das Zeichen des Todes von Hesekiels Frau ( 24,15 - 27 ) Hes 24,15-17 Hesekiel mußte am eigenen Leib den tiefen,
inneren Schmerz erfahren, den alle Israeliten fühlen sollten, die
bereits in der Gefangenschaft waren. Gott erklärte Hesekiel dieses Zeichen vielleicht
in einem nächtlichen Traum (V. 18 ). Normalerweise hätte die Tragödie
des Todes von Hesekiels Frau ( der Wonne seiner Augen ; vgl. V. 21 ) zu
einem Ausbruch von Kummer und Trauer geführt. Gott aber sagte, daß
er nicht klagen noch weinen noch eine Träne vergießen solle. Er sollte
im Stillen seufzen und nicht um die Tote klagen. Er sollte seine
persönlichen Gefühle tief in seinem Inneren verschließen und durfte an
den üblichen Trauerzeremonien nicht teilnehmen (V. 17 b; vgl. Jer
16,5-7 ). Hes 24,18-19 Am nächsten Morgen erzählte Hesekiel dem Volk
seine Vision, und am gleichen Abend starb seine Frau . Am nächsten
Morgen, als seine Frau begraben wurde, tat Hesekiel, wie Gott ihm
befohlen hatte, und klagte nicht öffentlich um sie. Weil dies dem Volk
bereits vorher erklärt worden war, verstanden sie, daß eine bestimmte
Bedeutung dahinter stehen mußte. Daher baten sie ihn, es zu erklären. Hes 24,20-24 Hesekiel erklärte, daß der Tod seiner Frau die
Zerstörung des Tempels Gottes und das Abschlachten der Menschen von
Jerusalem bedeutete - Menschen, die von den Weggeführten im Exil geliebt
wurden. Hesekiel hatte die "Wonne" seiner "Augen" (V. 16 ) verloren, die
Weggeführten würden Jerusalem verlieren, die Wonne ihrer Augen (vgl.
V. 25 ), und zwar an Babylon. So wie Hesekiel eine große persönliche
Tragödie erleben mußte, so würden die bereits in der Gefangenschaft
lebenden Juden großes Elend erfahren, wenn sie von dem Fall Jerusalems
und dem Massaker an ihren Geliebten ( Söhnen und Töchtern ) hörten. Die Juden in der Gefangenschaft würden durch die
Nachricht von dem Fall Jerusalems und dem Ausmaß der Zerstörung so tief
getroffen, daß jeder noch so tiefe Kummer unangemessen scheinen mußte.
Gewöhnlich trafen sich Freunde und Verwandte eines von einer großen
Tragödie Betroffenen, um gemeinsam sein Leid zu teilen und ihn in seiner
Verzweiflung und seinem Verlust zu trösten. Aber nach dem Fall
Jerusalems würde jeder ein Betroffener sein. Die Tragödie würde so
furchtbar sein, daß jede Form öffentlicher Trauer unangemessen scheinen
würde. Die Juden, die schon in Babylon lebten, würden es vermeiden, ihre
Trauer offen zu zeigen, so wie Hesekiel dies getan hatte. Sie würden in
ihren Sünden vergehen und untereinander seufzen. Die Katastrophe würde
allen Weggeführten einen großen Schock versetzen und sie zwingen, ihren
Herrn anzuerkennen: Wenn dies geschieht, wirst du erkennen, daß ich Gott
der HERR bin. Hes 24,25-27 Wenn die Nachricht von Jerusalems Untergang die
Weggeführten erreichte, würde der Mund des Propheten geöffnet werden. Er
würde nicht länger stumm sein. Hesekiel hatte den Auftrag erhalten, vor
seinen Mit-Israeliten stumm zu bleiben, außer wenn Gott ihm den Auftrag
gab, eine Weissagung weiterzugeben (vgl. Hes 3,25-27 ). Seine
zeitweilige Stummheit würde aufhören, wenn die Weissagungen, die er
verkündet hatte, bestätigt worden waren (vgl. Hes 33,21-22 ). II. Gericht über heidnische Völker ( Hes 25-32 ) Die Belagerung Jerusalems hatte begonnen, und es
war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Stadt völlig zerstört sein
würde. Hesekiel wandte sich nun von Jerusalem weg und verkündete
verschiedene Botschaften über die umliegenden Völker. Wenn Gott sein
eigenes Volk nicht verschonte, wie könnten dann die Völker in der
Nachbarschaft hoffen, seinem Gericht zu entkommen? Gottes Gericht hat in
Israel begonnen ( Hes 4-24 ), aber es würde sich von dort aus auf andere
Völker ausbreiten ( Hes 25-32 ). Gottes Gericht über diese Nationen geht auf den
Bund mit Abraham zurück (vgl. 1Mo 12,1-3;15 ). Wer die Nachkommen
Abrahams segnet, wird gesegnet werden, und wer seine Nachkommen
verflucht, der wird verflucht werden. Hesekiel kündigte Gottes Fluch
über sieben Länder an, die zu Judas Untergang beigetragen hatten. Die ersten drei - Ammon, Moab und Edom - bildeten
die östliche Grenze Judas. Das vierte Volk, die Philister, lag an seiner
Westgrenze. Tyrus und Sidon, zwei phönizische Städte, waren die
Hauptmächte im Norden von Juda und Ägypten die eigentliche Macht im
Südwesten. Gottes Gericht würde sich von Juda aus in alle Richtungen hin
ausbreiten. Die ersten vier Weissagungen Hesekiels (gegen
Ammon, Moab, Edom und die Philister) erwähnten jeweils die Sünde, die
das Gericht Gottes hervorgerufen hatte, und beschrieben dann dieses
Gericht. Es ging jeweils um Grund und Ursache, um "weil/darum". "Weil"
( yaZan ) die Nation gegen Gottes Volk gesündigt hatte, "darum"
( lAKEn ) würde Gott sie bestrafen. Jede Weissagung endete damit, daß
das Ergebnis dieses Gerichtes deutlich gemacht würde: "Sie werden
erkennen, daß ich der Herr bin". A. Gericht über Ammon ( 25,1 - 7 ) Hes 25,1-2 Hesekiel hatte bereits das Gericht über Ammon
angekündigt ( Hes 21,33-37 ). Nun griff er Ammon heraus und ließ es die
Liste von Völkern anführen, die die Härte des göttlichen Gerichtes
erleben mußten. Ammon und Israel lagen seit der Zeit von Jeftah
in der Richterzeit im Streit miteinander ( Ri 10,6-11,33 ). Saul kämpfte
gegen die Ammoniter, um Jabesch-Gilead zu befreien ( 1Sam 11,1-11 ), und
David besiegte Ammon ( 1Chr 19,1-20,3 ). Einige Zeit nach dem Tod
Salomos erlangten die Ammoniter wieder ihre Unabhängigkeit und zeigten
sich erneut feindlich gegenüber Juda. Während der Regierungszeit
Josafats verbündeten sich die Ammoniter mit Moab und Edom in einem
mißlungenen Versuch, Juda zu erobern ( 2Chr 20,1-30 ). Ammon versuchte,
sein Gebiet zu Lasten Israels auszudehnen (vgl. Jer 49,1 ), und stellte
sich anfänglich sogar auf die Seite Nebukadnezars, um nach der Revolte
Jojakims, etwa 600 - 597 V. Chr., zusätzliches Land zu bekommen
(vgl. 2Kö 24,1-2 ). 593 V. Chr. nahm Ammon an einem geheimen Treffen
mit verschiedenen anderen Verschwörern teil, die sich gegen die
Herrschaft Babylons auflehnen wollten (vgl. Jer 27,1-7 ). Dieser Plan
wurde nicht in die Tat umgesetzt, aber 588 V. Chr. vereinigte sich Ammon
mit Juda und Tyrus gegen Babylon. Zwei alte Feinde, Juda und Ammon,
verbündeten sich also gemeinsam gegen einen übermächtigen Gegner. Als Nebukadnezar beschloß, Juda anzugreifen statt
Ammon (vgl. Hes 21,23-32 ), war Ammon erleichtert, weil es verschont
geblieben war. Statt Juda zur Hilfe zu kommen, freute es sich über das
Unglück Judas und hoffte, aus dessen Untergang Landgewinn erhalten zu
können. Hes 25,3-7 Vor diesem Hintergrund verkündete Hesekiel seine
Weissagung. Zweimal wiederholte er sein "weil/darum/du wirst erkennen",
um die Zerstörung Ammons deutlich zu machen (V. 3 - 5.6 - 8 ). Ammon
freute sich über die Vernichtung des Tempels (spottet und ruft: Ha! )
und die Dezimierung sowie die Gefangenschaft des Volkes von Juda . Die
Ammoniter hatten große Schadenfreude an Judas Unglück (V. 6 ). Gottes Gericht würde Ammons Sünde angemessen
sein. Weil es sich über den Untergang Judas freute, würde auch es
untergehen. Gott würde es zu dem Volk aus dem Osten schicken, nomadische
Stämme, als deren Besitz. Diese Nomaden würden die Ammoniter überrollen
und Rabba , die Hauptstadt Ammons, zum Weideplatz für Kamele und Ammon
zum Rastplatz für Schafe machen. Wegen seiner Bosheit gegen Israel würde
Ammon von anderen Völkern ausgeraubt und zerstört ( ausgetilgt ) werden. B. Gericht über Moab ( 25,8 - 11 ) Die Feindschaft zwischen Moab und Israel begann,
als Balak, König von Moab, versuchte, Israel zu widerstehen, das unter
der Führung Moses auf dem Weg nach Palästina war (vgl. 4Mo 22-24 ).
Während der Richterzeit wurde Israel von Eglon, dem König Moabs,
unterdrückt ( Ri 3,12-30 ). Die Beziehungen zwischen beiden Ländern
wurden in der Folgezeit etwas besser, so daß einige Israeliten während
einer Hungerszeit nach Moab zogen. Durch diesen Kontakt trat die
Moabiterin Rut in Israels Geschichte und die königliche Familie Davids
ein. Das Verhältnis zwischen Moab und Israel wurde
dann während der Herrschaft Sauls wieder feindlich (vgl. 1Sam 14,47 ).
David eroberte Moab und machte es zu einem Vasallenstaat Israels ( 1Sam
8,2 ). Auch noch während der Regierungszeit Salomos blieb es unter
Israels Kontrolle. Einige Jahre nach der Trennung zwischen Israel und
Juda, während der Regierung von Josafat, rebellierte Moab (vgl. 2Kö
3,4-27 ). Ebenfalls während der Regierungszeit Josafats verbündete es
sich mit Ammon und Edom in einem schlecht ausgeführten Versuch, Juda zu
besiegen ( 2Chr 20,1-23 ). Später unterstützte Moab Babylon und griff
nach Jojakims Revolte Juda an, vielleicht in der Hoffnung, zusätzliche
Gebiete für sich gewinnen zu können (vgl. 2Kö 24,2 ). Dann, 593 V. Chr.,
verbündete es sich mit anderen Völkern und überlegte, ob es von Babylon
abfallen sollte (vgl. Jer 27,1-7 ). Es gibt jedoch keinen Hinweis
darauf, daß es diese Überlegung jemals in die Tat umsetzte. Hes 25,8-11 Moabs Sünde, so machte Hesekiel deutlich, war
seine Verachtung des Volkes Gottes. Moab und Ser sagten: Siehe, das Haus
Juda ist geworden wir jedes andere Volk . Ser ist der Name des Bergzuges
südlich des Toten Meeres, der das Land von Edom umschließt. Das Wort
wurde so zu einem Synonym für Edom selbst (vgl. 2Chr 20,10 mit 4Mo
20,14-21 ). Edom wurde hier eingeschlossen (obwohl das Gericht über Edom
erst als nächstes verkündet wird), weil es sich der gleichen Sünde des
Hohnes und Spottes schuldig gemacht hatte. In ihrer Verachtung
behaupteten Moab und Edom, daß Gottes Verheißungen gegen Israel nichtig
seien. Indem sie Judas zentrale Stellung unter den Völkern verneinten,
zogen sie den Namen Gottes in den Schmutz, der doch Juda diese Stellung
zugesagt hatte. Weil Moab Juda mit Verachtung behandelte, würde
Gott Moabs Herrlichkeit wegnehmen und seine nördliche Flanke dem Angriff
aussetzen. Er würde drei Städte zerstören: Bet-Jeschimot, Baal-Meon und
Kirjatajim . Bet-Jeschimot bewachte den Anstieg von der Ebene Moabs am
Jordan auf die Medeba-Hochebene. Baal-Meon und Kirjatajim waren wichtige
Festungen auf der Medeba-Hochebene. Aber Moab würde nicht nur seine Verteidigung
verlieren, sondern auch seine Freiheit. Gott sagte, daß er Moab dem Volk
aus dem Osten geben wird, genauso also wie Ammon (vgl. V. 4 ). Die
nomadischen Wüstenstämme, die Ammon überrollen, werden auch Moab
besiegen. C. Gericht über Edom ( 25,12-14 ) Wie Ammon und Moab hatte auch Edom eine lange
Geschichte des Streites mit Israel. Das Ganze begann, als Edom sich
weigerte, Israel während der Zeit der Wüstenwanderung den Durchzug durch
sein Gebiet zu genehmigen (vgl. 4Mo 20,14-21 ). Saul kämpfte gegen die
Edomiter ( 1Sam 14,47 ), und David eroberte schließlich Edom, das
ebenfalls zu einem Vasallenstaat Israels wurde ( 1Sam 8,13-14 ). Salomo
nutzte Edom noch stärker aus und machte Elat in Edom zum Hafen für
Israel (vgl. 1Kö 9,26-28 ). Gegen Ende der salomonischen Herrschaft
jedoch lehnte sich Edom gegen Salomo auf ( 1Kö 11,14-18 ). Dennoch blieb
es auch nach der Teilung Israels ein Vasallenstaat und wurde durch einen
Statthalter von Juda bis über die Zeit von Josafat hinaus regiert
( 1Kö22,47-48 ). In den Tagen Jorams (ca. 845 V. Chr.) gelang es
Edom schließlich, sich von Juda zu lösen ( 2Kö 8,20-22 a) und seine
Freiheit wiederzuerlangen. Seit dieser Zeit kämpften Juda und Edom um
die Kontrolle der lebenswichtigen Karawanen- und Schiffsrouten am
Südende der transjordanischen Straße. Sowohl Amazja ( 2Kö 14,7 ) als
auch Ussia (oder Asarja, 2Kö 14,21-22 ) eroberten Gebiete zurück, die an
Edom verloren worden waren, aber Edom griff während der Regierungszeit
von Ahas Juda erneut an und fügte ihm einen schweren Verlust zu ( 2Chr
28,17 ). Nach dem überwältigenden Sieg Nebukadnezars über
Ägypten im Jahre 605 V. Chr. wurde Edom zum Vasallenstaat Babylons.
Dann, 593 V. Chr., nahm es an der Verschwörung teil, die sich gegen
Babylon bildete (vgl. Jer 27,1-7 ), führte aber den Plan nicht aus. Als
sich Juda schließlich 588 V. Chr. gegen Babylon auflehnte, stellte sich
Edom an die Seite Babylons und half bei dessen Angriff auf Juda (vgl. Ps
137,7; Jer 49,7-22 ). Hes 25,12-14 Hesekiel sagte, daß Edoms Sünde war, daß es an
dem Haus Juda Rache nahm . Edom sah in Judas Streit mit Babylon eine
Möglichkeit, sich an seinem Rivalen zu rächen. Wenn dieser Gegner
vernichtet würde, dann würde Edom eine Machtstellung am Südende des
Toten Meeres einnehmen. Weil Edom bei der Zerstörung Judas beteiligt war,
würde Gott auch an der Zerstörung Edoms teilnehmen. Er würde
Edoms Männer und seine Tiere töten von Teman bis Dedan . Teman war eine
Stadt mitten in Edom, etwa fünf Kilometer von Sela entfernt, das später
als Petra bekannt wurde. Dedan lag südöstlich von Edom in Nord-Arabien.
Vielleicht wird Dedan hier erwähnt, weil dort mehrere Edomiter lebten.
Edom wurde in der Zeit zwischen den beiden Testamenten von den Nabatäern
erobert. Der Überrest der Edomiter (auch Idumäer genannt) zog westlich
in den NegeV. Später wurden sie gezwungen, zum Judentum überzutreten
(Josephus, Antiquitates Judaicum, 13.9.1). So verloren die Edomiter
beides, ihr Land und ihre nationale Identität. Gott sagte, daß Israel seine Vergeltung an den
Edomitern ausführen würde. Dadurch würden die Edomiter seine Rache
erkennen (erfahren). Hier unterscheidet sich das Gericht über Edom von
den Aussagen über Ammon und Moab (V. 7.11 ). D. Gericht über die Philister ( 25,15-17 ) Die Philister waren seit der Landnahme Feinde
Israels. Israel war ungehorsam gewesen und hatte nicht das ganze
verheißene Land eingenommen, weil die Philister in der Küstenregion
militärisch äußerst mächtig waren (vgl. Ri 3,1-4 ). In der Folgezeit
versuchten die Philister, auch die Berggegend und damit das ganze Gebiet
Israels unter ihre Kontrolle zu bringen. Ihnen stellten sich die Richter
Schamgar ( Ri 3,31 ), Simson ( Ri 13-16 ) und Samuel ( 1Sam 7,2-17 )
entgegen. Die wichtigsten Kämpfe Sauls drehten sich darum, den Vormarsch
der Philister auf der Hochebene Benjamins ( 1Sam 13,1-14,23 ) und im Tal
Jesreel ( 1Sam 28,1-4; 29,1-2.11; 31,1-3.7-10 ) aufzuhalten. David gelang es schließlich, die Philister zu
unterwerfen. Nach einer Reihe von Kämpfen gegen Anfang seiner Herrschaft
kam es zu einem größeren Angriff der Philister gegen sein Reich ( 2Sam
5,17-25 ). David gelang es, die Offensive zu übernehmen und die
Philister zu besiegen ( 1Sam 8,1 ). Während der Regierungszeit Salomos
und bis in die Zeit des geteilten Reiches hinein blieben die Philister
ein Vasallenstaat. Der Kampf zwischen den Philistern und Juda
flammte während der Zeit des getrennten Reiches wieder auf. Jeder
versuchte, den anderen zu beherrschen. Josafat gelang es, die Philister
zu unterwerfen ( 2Chr 17,10-11 ), aber unter seinem Sohn Joram
rebellierten die Philister erneut und plünderten Juda und Jerusalem
( 2Chr 21,16-17 ). Ussia erneuerte daraufhin die Kontrolle Judas über
die Philister ( 2Chr 26,6-7 ), aber diese konnten unter Ahas wieder die
Oberhand gewinnen ( 2Chr 28,16-18 ). Der Streit zwischen den Philistern und Juda wurde
durch den Angriff Babylons beendet. Nebukadnezar sicherte sich die
Kontrolle über beide Staaten. Aber die Rivalität blieb. Die Philister
warteten auf eine Gelegenheit, Juda erneut zu erobern. Hes 25,15-17 Hesekiel legte seinen Finger auf die allem
zugrundeliegende Sünde der Philister. Sie hatten sich gerächt (vgl.
V. 12 ) und höhnische Rache geübt (vgl. V. 6 ), und mit beständiger
Feindschaft suchten sie, Juda zu vernichten . Die gesamte Geschichte der
Philister bestand sozusagen aus einer Reihe von Angriffen auf Gottes
auserwähltes Volk, um Israel das verheißene Land abzunehmen. Weil die Philister versucht hatten, Juda zu
vernichten, würde Gott sie vernichten. Er würde seine Hand gegen die
Philister ausstrecken (vgl. V. 13 ) und die Kreter ausrotten und die
vernichten, die entlang der Küste übrig bleiben . "Kreter" ( k+rETIm )
ist ein Synonym für die Philister (vgl. 1Sam 30,1-14; Zeph 2,5 ). Das
Wort könnte von "Kreta" kommen, das im Alten Testament als "Kaftor"
bezeichnet wird (vgl. Am 9,7 ). Hesekiel benutzte dieses Wort hier zu
einem interessanten Wortspiel: Gott wird die "Kreter" ( k+rETIm )
"ausrotten" ( hiKratI ). Während der Zeit zwischen den beiden Testamenten
verschwanden die Philister als Volk. Diese Nation, die versucht hatte,
Gottes Volk zu vernichten, mußte das wahre Wesen Gottes entdecken ( sie
werden erkennen, daß ich der HERR bin ; vgl. Hes 25,7.11 ), als er sie
für ihre Sünde strafte. E. Gericht über Tyrus ( 26,1 - 28,19 ) Nach den vier kurzen Weissagungen gegen die
Völker östlich und westlich von Israel ( Hes 25 ) verkündete Hesekiel
nun eine längere Prophetie gegen den Stadtstaat Tyrus im Norden Israels.
Dieser Abschnitt ist wiederum in vier einzelne Weissagungen unterteilt,
die jeweils mit den Worten beginnen: "Das Wort des Herrn geschah zu mir"
( Hes 26,1; 27,1; 28,1.11 ). Die erste Weissagung ( Hes 26,2-21 ) war
eine direkte Prophetie von der Zerstörung von Tyrus. Die zweite
Weissagung ( Hes 27 ) war ein Klagelied für die gefallene Stadt. Die
beiden letzten Botschaften richteten sich gegen den "Fürsten" von Tyrus
( Hes 28,1-10 ) und den "König" von Tyrus ( Hes 28,11-19 ). 1. Zerstörung der Stadt ( Hes 26 ) Hes 26,1-2 Alle, außer dem ersten der vier Abschnitte dieses
Kapitels, beginnen mit dem Satz: "Dies sagt Gott, der Herr"
(V. 7.15.19 ). Diese Weissagung erhielt Hesekiel im elften Jahr, am
ersten Tag des Monats . Das elfte Jahr des Exils von Jojakim war das
Jahr 587 - 586 v. Chr., aber Hesekiel berichtete uns den Monat nicht. Da
Jerusalem am 18. Juli 586 v. Chr. in die Hand Babylons fiel, könnte
Hesekiels Weissagung gegen Tyrus mit diesem unmittelbar bevorstehenden
Zusammenbruch in Zusammenhang stehen. In den Versen 1 - 6 folgte Hesekiel den
"weil/darum/dann wirst du erkennen" aus Kapitel 25 . Die Sünde von Tyrus
war seine höhnische Freude über Jerusalems Fall (vgl. Hes 25,3 ). Nun,
da Jerusalem zerstört war, waren seine Tore gegen Tyrus hin geöffnet ,
und Tyrus würde reich werden. Sowohl Jerusalem als auch Tyrus hatten
großes Interesse an den lukrativen Handelsrouten zwischen Ägypten und
dem Rest des Mittleren Ostens. Tyrus beherrschte die Seerouten, aber
Jerusalem die Karawanen-Straßen. Tyrus reagierte auf den Untergang
Jerusalems wie ein geldgieriger Händler auf das schwere Unglück eines
Rivalen. Wenn Jerusalem nicht mehr in der Lage war, die Landwege der
Karawanen zu sichern, würden mehr Güter per Schiff transportiert werden.
Tyrus sah also in dem Fall Jerusalems eine Möglichkeit, seinen "Markt"
zu erweitern. Hes 26,3-6 Gottes Strafe über Tyrus entsprach dessen
Verbrechen. Er sagte: Ich werde viele Völker gegen dich bringen wie das
Meer, das seine Wellen emporwirft . Tyrus war sehr stolz auf seine
Kenntnis der Seefahrt. Es kannte das Mittelmeer besser als die meisten
anderen Völker. Deshalb benutzte Hesekiel das Bild eines mächtigen
Ozeansturmes, um Gottes Gericht anzukündigen. Wie die Wellen des Meeres
würden die angreifenden Nationen gegen Tyrus heranziehen und seine
Mauern und Türme zerschmettern. Gott würde seine Erde hinwegfegen und es
zu einem nackten Felsen machen . Hesekiel benutzte hier ein
interessantes Wortspiel. "Tyrus" ( QOr ) bedeutet "Fels" oder "harter
Kiesel". Gott würde also den "Felsen" ( QOr ) zu einer nackten Klippe
( selaZ ) werden lassen. Nachdem Tyrus nun nicht mehr das Handelszentrum
seiner Zeit war, würde es zu einem Ort werden, an dem man Fischernetze
ausbreitete. Die Fischer benutzten gerne nackte Felsen, um ihre Netze zu
trocknen, damit sie sich nicht in Bäumen oder Büschen verfingen. Tyrus
würde so dezimiert werden, daß die einst vor Menschen berstende Stadt
genügend Platz hatte, in ihr Netze zu trocknen. Zu der Stadt Tyrus gehörte das Festland und eine
Insel, die etwa knapp einen Kilometer vor der Küste lag. Die Stadt wurde
von vielen Orten und Vorstädten versorgt, die in ihrer Umgebung
angesiedelt waren. Die Menschen in diesen Tochterstädten ( B+nNTYhA ,
wörtl.: "ihre Töchter") auf dem Festland würden durch das Schwert
erschlagen werden. Hes 26,7-14 Gott sagte, daß er aus dem Norden
Nebukadnezar bringen würde. Die Schadenfreude über den Untergang
Jerusalems würde nur von kurzer Dauer sein. Der König, der Jerusalem
vernichtet hatte, würde auch Tyrus angreifen. Nachdem Nebukadnezar
Jerusalem besiegt hatte, führte er 585 v. Chr. seine Truppen in Richtung
Norden gegen Tyrus und belagerte die Stadt 13 Jahre lang, bis alle
Siedlungen auf dem Festland zerstört waren. Tyrus konnte nur durch seine
Schiffe so lange aushalten, die es mit dem Nötigsten versorgten.
Nebukadnezar zerstörte das Tyrus auf dem Festland (Hesekiel schildert
diese Zerstörung sehr eindrucksvoll in V. 8 - 12 ), nicht aber die
Inselfestung. Es gibt jedoch Hinweise darauf, daß auch die Insel
schließlich in den Jahren 573 - 572 sich an Nebukadnezar auslieferte. In
dieser Zeit folgte König Baal II. Etbaal III. auf dem Thron von Tyrus.
Sehr wahrscheinlich war dies ein politischer Schachzug von Nebukadnezar,
der damit einen rebellischen König durch einen loyalen Vasallen-König
ersetzte. Manche denken, daß Etbaal III. nach Babylon deportiert wurde,
aber Hes 28,8-9 scheint eher darauf hinzudeuten, daß Nebukadnezar ihn
ermorden ließ. Hesekiel wechselte nun vom Singular "er" in den
Plural "sie" ( Hes 26,12 ). Vermutlich deutet dieser Wechsel darauf hin,
daß jetzt von den "Völkern" (V. 3 ) die Rede ist, die auf den Angriff
Nebukadnezars folgten und die Zerstörung von Tyrus vollständig machten.
Alexander der Große war es, der die Stadt 332 v. Chr. vernichtete, als
sie sich weigerte, sich den herannahenden Truppen zu ergeben. Alexander
zerstörte zunächst die Stadt auf dem Festland und baute dann einen Damm
zur Inselfestung hinaus, die er ebenfalls vernichtete. Dabei warf
er Steine, Balken und Schutt ins Meer . Obwohl sich Tyrus sowohl von
Nebukadnezars, als auch von Alexanders Eroberungen wieder erholte,
konnte es niemals wieder die Machtstellung einnehmen, die es vor diesen
Angriffen besessen hatte. Die endgültige Zerstörung von Tyrus würde
vollständig sein, denn Gott sagte voraus, daß die Stadt niemals wieder
aufgebaut würde . Heute liegt dieses einstige Handelszentrum in Ruinen.
Zwar wurde in der Umgebung sehr viel wieder aufgebaut, aber der Ort, an
dem früher Tyrus stand, ist heute nur noch ein bewegtes Zeugnis für das
furchtbare Gericht Gottes. Hes 26,15-18 Der dritte Abschnitt spricht von den Reaktionen
der Nachbarstädte auf den Fall von Tyrus. Diese Küstenstädte, die alle
von Tyrus wirtschaftlich abhängig waren, würden über den Untergang der
Stadt verzweifelt sein. Dieser Fall würde Schockwellen durch alle
Mittelmeerorte senden ( die Küstenländer werden zittern ). Die Fürsten
der Meeresküste würden ihre Zeichen des Wohlstandes ( Gewänder und
Kleider ) ablegen und trauernd mit Zittern und Entsetzen über das
unglaubliche Schicksal ihres Hauptwohltäters dasitzen. In Trauer auf dem
Boden zu sitzen war eine übliche Handlungsweise, wenn man Leid um einen
Geliebten oder Freund ausdrücken wollte (vgl. Hi 2,11-13 ). Wenn die Verbündeten von Tyrus kamen und über
seinen Untergang klagten, dann würden sie auch ein Klagelied singen, in
dem sie ihren gegenwärtigen Zustand mit ihrer früheren Herrlichkeit
verglichen. Tyrus war eine berühmte Seemacht gewesen und hatte die
gesamte östliche Mittelmeerküste beherrscht. Sein Fall brachte Schrecken
über jede Küste, die es beherrscht hatte. Die Quelle ihres Wohlstandes
war verschwunden. Nun würden auch diese Völker wirtschaftliche Verluste
erleiden müssen. Hes 26,19-21 Tyrus würde nach seinem Hinscheiden in die
Unterwelt hinabsteigen und niemals wieder emporkommen. Hesekiel hatte
gesagt, daß der Untergang von Tyrus wie ein Ozean, der die Stadt
bedeckt, sein würde (V. 3 ). Nun sprach er erneut von den Tiefen des
Meeres , die über Tyrus zusammenschlugen. Das Furchtbarste, was einem
Seemann begegnen konnte, war, daß er in einen Sturm kam und auf See
unterging. Tyrus würde im Meer untergehen, und alle seine Schätze würden
verloren sein. Dies ist auch die Aussage von Hes 27,26-35 . Hesekiel wechselte das Bild noch einmal ein
wenig. Statt in die Tiefen des Meeres hinabzusteigen, würde Tyrus in die
Grube ( bNr ) hinabfahren , eine bildliche Ausdrucksweise für den Tod.
"Grube" ist ein Synonym für "Scheol" oder das "Grab" ( Spr 1,12; Jes
14,15.19;38,18 ). In alttestamentlichen Zeiten war der Tod etwas, wovor
man sich fürchten mußte. Obwohl die Gläubigen so etwas wie eine
Auferstehungshoffnung hatten (vgl. Heb 11,17-19 ), sahen doch die
meisten das Grab als einen Ort, von dem es keine Rückkehr mehr gab.
Hesekiel sagte dies über Tyrus: Die Stadt würde an den Ort der Toten
gehen und niemals wieder in das Land der Lebendigen zurückkehren können.
Die Menschen würden sich nach ihr sehnen, aber sie würde nicht mehr
gefunden werden. 2. Klagelied über die Stadt ( Hes 27 ) Hes 27,1-4 Hesekiels zweite Botschaft gegen Tyrus war ein
Klagelied über den Untergang der Stadt (vgl. die Anmerkungen zu Hes
19 über das Klagelied). Die Zerstörung von Tyrus war so sicher ( Hes
26 ), daß der Totengesang bereits beginnen konnte. Kapitel 27 , in dem
Tyrus mit einem Schiff verglichen wird, könnte auch überschrieben werden
mit "Der Untergang des SchiffStaates Tyrus". Der erste Abschnitt (V. 1 -
9 ) steht in Poesie. Er schildert den früheren Glanz von Tyrus und
beschreibt die Stadt sehr treffend als ein wunderschönes Schiff. Der
zweite Abschnitt (V. 10 - 25 ), in dem sich Poesie und Prosa abwechseln,
spricht von den unzähligen Handelspartnern von Tyrus. Der dritte
Abschnitt (V. 26 - 36 ) steht dann wieder in reiner Poesie und schildert
die furchtbare Schiffskatastrophe von Tyrus. Das ganze Kapitel betont
immer wieder die vielen Länder und Städte, die mit Tyrus wirtschaftlich
verbunden waren (vgl. die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in der
Einführung zu Jeremia). Hesekiel erhielt den Auftrag, ein Klagelied über
Tyrus anzustimmen, die Stadt, die am Tor des Meeres lag, Händlerin der
Völker vieler Küsten . Das Lied sprach vor allem von dem Ruf von Tyrus
als großem Seehafen und starker Handelsmacht. Tyrus war wie ein stolzes
Ozeanschiff: Dein Gebiet ist auf hoher See; deine Erbauer haben deine
Schönheit vollkommen gemacht . Diese Betonung des Stolzes von Tyrus
(V. 3 - 4 ) zeigt, daß dies der Grund für seinen Untergang ist (vgl. Hes
28,2-10 ). Hes 27,5-9 Die Materialien, die für den Bau des
"Schiff-Staates" Tyrus benutzt worden sind, zeugen von sehr guten
Beziehungen. Diese Beziehungen zu anderen Völkern sollten Tyrus
offensichtlich seine Sicherheit garantieren. Die Planken (vermutlich für
den Schiffsrumpf) sind aus Zypressenholz vom Senir hergestellt. Senir
ist der amoritische Name für den Berg Hermon ( 5Mo 3,9 ), nördlich des
Sees Genezareth. Der Mast des Schiffes war aus einer Zeder vom Libanon .
Die libanesische Zeder war vor allem wegen ihrer Höhe und ihrer
Widerstandskraft berühmt und wurde für Konstruktionszwecke exportiert
(vgl. 1Kö 5,13.20; 1Chr 17,1-6; Esr 3,7; Jes 2,13 ). Die
robusten Ruder des Schiffes waren aus Eichen von Baschan hergestellt.
Baschan ist das Gebiet östlich des Sees Genezareth, das vor allem für
seine Eichenwälder berühmt war (vgl. Jes 2,13; Sach 11,2 ). Die Wände des Schiffes waren aus Buchsbaumholz
von den Gestaden der Kittäer und mit Elfenbein verziert . Tyrus benutzte
also vier verschiedene Holzarten: Zypressen, Zedern, Eichen und
Buchsbaum. Das Segel dieses Schiffes war aus feinem,
gesticktem Leinen aus Ägypten genäht. Ägypten war berühmt für seine
hochwertigen Leinenstoffe (vgl. 1Mo 41,42; Spr 7,16 ). Die Planen , die
mit blauer und purpurner Farbe von den Küsten von Elischa gefärbt waren,
meinen vermutlich zeltartige Schutzdächer, die der Mannschaft bei
schlechtem Wetter Unterschlupf boten. Wo Elischa lag, wissen wir nicht.
Manche Ausleger identifizieren es mit Alaschia, dem antiken Namen von
Zypern. Andere legen es nach Griechenland, Italien oder Syrien. Die
Färberindustrie war jedenfalls zu jener Zeit im gesamten Mittelmeerraum
weit verbreitet. Die Mannschaft des Schiffes war die beste, die
man bekommen konnte. Männer aus Sidon und Arwad ( Hes 27,8 ) standen an
den Rudern, und Männer von Tyrus waren die Seeleute . Sidon, eine andere
Hafenstadt, knapp 30 Kilometer nördlich von Tyrus (vgl. Hes 28,20-23 ),
war eine der ältesten Seemächte des Mittelmeeres (vgl. 1Mo 10,15-19 ).
Arvad war eine Insel vor der syrischen Küste. Beide Städte waren für
ihre Schiffskunst berühmt. Die ersten phönizischen Schiffe hatten
jeweils 50 Ruderer und waren sehr schnell. Die späteren Handelsschiffe
waren größer und hatten bis zu 200 Mann an Bord und auf jeder Seite zwei
bis drei Reihen von Ruderern. Auch erfahrene Männer für die immer wieder
anfallenden Reparaturen waren an Bord: alte Handwerker aus Gebal . Weil
die Schiffe aus hölzernen Planken bestanden, wurden die Ritzen zwischen
diesen Planken mit Pech verschmiert, um das Schiff wasserdicht zu machen
(vgl. 1Mo 6,14 ). Das Meer aber löste diese Dichtmasse immer wieder, und
Wasser sickerte ein. Deshalb waren Schiffsbauer an Bord, um die
notwendigen Reparaturen durchzuführen. Gebal war der Name der heutigen
Stadt Jebeil, die an der syrischen Mittelmeerküste liegt. Die
Schiffbauer von Gebal waren sehr berühmt (vgl. 1Kö 5,32 ). Hesekiel zeigte uns Tyrus als starkes,
seetüchtiges Schiff. Es war der Stolz der Flotte, gebaut aus den besten
Materialien und bemannt mit der besten Mannschaft. Alle Schiffe des
Meeres (d. h. andere Länder) und ihre Seeleute kamen, um mit ihren Waren
zu handeln. Hes 27,10-11 Hesekiel beschrieb nun die militärische und
wirtschaftliche Aktivität dieser mächtigen Stadt (V. 10 - 25 ). Tyrus
wurde von der besten Söldnertruppe beschützt, die man sich vorstellen
konnte. Die Soldaten waren Männer aus Persien, Lydien und Put . Persien,
östlich von Babylon, besiegte schließlich die Babylonier im Jahr 539 v.
Chr. Lydien, an der Westküste von Kleinasien, wird manchmal mit Lud
übersetzt. Das Land von Put wird hin und wieder mit "Punt" (Somalien) in
Ostafrika in Verbindung gebracht. Diese Verbindung ist jedoch
unwahrscheinlich. Viel eher scheint es richtig, darin das heutige Libyen
zu sehen (manche Übersetzungen schreiben direkt "Libyer"). Lydien und
Put stellten auch für die ägyptische Armee Söldner (vgl. Jer 46,8-9 ).
Zu diesen Söldnern kamen Männer aus Arwad (vgl. Hes
27,8 ), Helech und Gammad . Helech ist der akkadische Name für das
Gebiet von Zilizien (wo auch Tarsus, die Geburtsstadt von Paulus, lag)
im Südosten von Kleinasien. Wo "Gammad" lag, ist nicht bekannt. Hes 27,12-25 Die Handelspartner von Tyrus (vgl. die Tabelle
"Die Handelspartner von Tyrus") umfassen die gesamte, damals bekannte
Welt, und ihreProdukte bestehen aus den verschiedensten Handelsartikeln. Die Tatsache, daß Tyrus mit über zwei Dutzend
Völkern und Städten handelte, zeigt den großen Einfluß und
wirtschaftlichen Sachverstand dieser Stadt. Der Handel florierte so
sehr, daß die Schiffe von Tarsis die Transportmittel für die Waren von
Tyrus waren (V. 25 ). Tarsis scheint hier nicht den Ursprungsort dieser
Schiffe wiederzugeben. "Schiffe von Tarsis" meint vermutlich große
Schiffe, die Handelsware über die offene See transportierten. Solche
Schiffe bauten Hiram und Salomo, um Waren nach Israel zu bringen ( 2Chr
9,21 ; vgl. 2Chr 20,36-37; Jes 2,16 ). Hes 27,28-32 Die umliegenden Länder würden den Verlust von
Tyrus beklagen. Sie würden weinen, Staub auf ihre Häupter streuen und
sich in der Asche wälzen . Sie würden ihre Köpfe scheren und Sackleinen
anziehen . Dies waren die Zeichen einer ungeheuren Trauer und eines
großen persönlichen Verlustes (vgl. Esr 4,1-3; Hi 1,20;2,8; Jer 6,26 ).
Diese Völker würden ihren Verlust beklagen, indem sie ein Klagelied über
Tyrus sangen. Hesekiel fügte nun ein zweites Klagelied in sein Lied
ein: Wer ist je so still geworden wie Tyrus, umgeben vom Meer? Alle, die
mit der einst so geschäftigen Stadt Handel getrieben hatten, würden
durch ihren plötzlichen Verlust betroffen werden. Hes 27,33-36 Das wirtschaftliche Treiben von Tyrus hatte auch
andere reich gemacht. Die Stadt hatte viele Nationen satt und Könige
reich gemacht . Weil sie so sehr von dem Handel dieser Stadt profitiert
hatten, würden diese anderen Nationen nun auch den Verlust so deutlich
spüren. Sie würden erschrecken, und ihre Könige würden sich vor
Schrecken und Furcht schütteln. Diese Herrscher fürchteten sich, denn
wenn die große Stadt Tyrus durch die Babylonier zerstört werden konnte,
war ihre Hoffnung auf Entkommen sinnlos. Die Händler würden ebenfalls
durch ihre Zähne pfeifen ( zischen ), weil sie durch den Untergang von
Tyrus erschrocken waren. Dies ist nicht unbedingt ein Zeichen von Hohn
oder Spott (vgl. 1Kö 9,8 , wo in manchen Übersetzungen fälschlich
"Spott" anstelle von "Zischen" steht; Jer 49,17; 50,13 ). Häufiger ist
es ein Ausdruck des Erstaunens. Die Händler würden erstaunt sein, weil
der "Stolz der Flotte" zu einem furchtbaren Ende gekommen war. 3. Untergang des Fürsten der Stadt ( 28,1 - 19 ) Hes 28,1-5 Hesekiels dritte Botschaft gegen Tyrus richtete
sich gegen den Fürsten von Tyrus . "Fürst" ( nAgID ) bedeutet "der Mann
an der Spitze" (vgl. 1Sam 9,16; 10,1; 13,14; 7,8 ). Hesekiel hatte gegen
die ganze Stadt geweissagt. Nun griff er den Führer der Stadt heraus und
übermittelte ihm ein besonderes Wort von Gott. Dieser Herrscher war
Etbaal III., der von 591 / 590 v. Chr. bis 573 / 572 v. Chr. regierte. Die eigentliche Sünde des Königs von Tyrus war
sein Stolz , der ihn dazu brachte, sich selbst als einen Gott zu
bezeichnen. Auf seine Behauptung der Göttlichkeit wird auch in Hes
28,6.9 Bezug genommen. Offensichtlich glaubten zur Zeit Hesekiels die
Könige von Tyrus, daß sie göttlich seien. Die Behauptung, ein Gott zu sein, war falsch.
Gott sagt: Du bist ein Mann und nicht ein Gott . Etbaal III. war nur ein
Sterblicher. Offensichtlich glaubte er, so viel Weisheit zu besitzen, um
ein Gott zu sein. In einer sehr ironischen Aussage fragte Hesekiel den
König: Bist du weiser als Daniel? Ist vor dir kein Geheimnis
verborgen? Der "Daniel", um den es hier geht, ist vermutlich der Prophet
Daniel (vgl. die Anmerkungen zu Hes 14,14.20 ). Er war bereits für seine
Weisheit im königlichen Rat von Nebukadnezar bekannt geworden (vgl. Dan
1,19-20; 2,46-49 ). Die Ironie liegt darin, daß Etbaal III. glaubte,
seine Weisheit sei größer als die Daniels, der dem Land diente, das
Tyrus besiegen würde. Daniel, der seine gesamte Weisheit Gott zuschrieb
(vgl. Dan 2,27-28 ), war viel weiser als Etbaal III., der sich selbst
für einen Gott hielt. Etbaal III. hatte seine Weisheit und
sein Können benutzt, um sich materielle Besitztümer zu sammeln. Sein
lukrativer Handel schuf ihm großen Reichtum ,
auch Gold und Silber gehörten ihm. Aber auch sein Stolz wuchs dadurch
(sein Herz war stolz geworden). Hes 28,6-10 Gott würde den Stolz (V. 2.5 ) des Herrschers von
Tyrus nicht unbestraft lassen. Die Fremden, die Gott gegen Tyrus bringen
würde, sind bereits als die Babylonier identifiziert worden ( Hes
26,7-11 ). Babylon war bekannt für seine grausame ( ZArIQ , "Schrecken
verbreitende") Behandlung anderer (vgl. Hes 30,11; 31,12; 32,12 ).
Unbeeindruckt von Etbaals Schönheit und Weisheit würde Babylon ihn auf
gewalttätige Weise mitten auf dem Meer vernichten (vgl. Hes 27,26 ).
Wenn er von seinen Feinden erschlagen war, würde deutlich werden, daß er
kein Gott war. Etbaal III. wurde durch Nebukadnezar 573 - 572 v. Chr.
vom Thron beseitigt und Baal II. an seine Stelle gesetzt. Etbaal wird
den Tod des Unbeschnittenen durch die Hand von Fremden sterben . Zwar
praktizierten auch die Phönizier die Beschneidung, aber die Worte
Hesekiels trugen eine Bedeutung, die über diese kulturelle Praktik weit
hinausging. "Den Tod des Unbeschnittenen sterben" bedeutet, in Schande
zu sterben (vgl. Hes 32,30; 1Sam 17,26.36 ). Dieser König, der sich
selbst als Gott darstellte, würde einen unwürdigen Tod wie jeder
gewöhnliche Mensch sterben. Hes 28,11-19 Hesekiels abschließende Weissagung gegen Tyrus
war ein Klagelied über den König von Tyrus . Daß Hesekiel jetzt "König"
( melek ) statt "Herrscher" (V. 2 ) sagte, hatte eine Bedeutung.
Hesekiel benutzte das Wort "König" nur selten. Außer König Jojachin
( Hes 1,2 ) schrieb er diesen Titel keinem anderen Monarchen Israels zu. Der Wechsel von "Herrscher" zu "König" hatte auch
im Licht des Inhalts dieser beiden Weissagungen eine Bedeutung.
In 28,1-10 wies Hesekiel den Herrscher zurecht, weil er als Mensch
behauptet hatte, Gott zu sein. In Vers 11 - 19 dagegen beschrieb
Hesekiel den König mit Worten, die für einen bloßen Menschen nicht
angemessen schienen. Dieser "König" war im Garten Eden erschienen
(V. 13 ). Er war ein Cherub Gottes gewesen (V. 14 a) und hatte freien
Zugang zu Gottes heiligem Berg besessen (V. 14 b). Er war, seit
er erschaffen wurde, sündlos (V. 15 ). Manche glauben, daß Hesekiel hier Etbaal III. in
höchst poetischer Sprache beschrieb und ihn mit Adam verglich (beide
hatten hohe Fähigkeiten, aber sie sündigten; beide wurden gerichtet,
usw.). Aber manches von dem, was gesagt wird, paßt nicht auf Adam. So
war Adam z. B. kein Cherub und hatte keinen freien Zugang zum heiligen
Berg Gottes. Auch die Beschreibungen in Vers 13.16 treffen nicht auf den
ersten Menschen im Garten Eden zu. Als Adam sündigte, wurde er nicht von
dem Berg Gottes auf die Erde geworfen (V. 16 - 17 ) und es gab keine
Völker, die über seinen Fall erschrocken waren (V. 19 ). Andere Ausleger glauben, daß Hesekiel den "Gott"
hinter dem König von Tyrus beschreibt (vielleicht Baal). Gott richtete
den Herrscher von Tyrus (V. 1 - 10 ) und den Gott der Stadt, der diesen
Herrscher befähigt hatte (V. 11 - 19 ). Aber es scheint nicht
wahrscheinlich, daß Hesekiel einer mythologischen Erzählung eines
Gottes, der hinter dem Herrscher von Tyrus steht, solch ein Gewicht
beimißt, wo doch sein ganzes Buch den Irrtum des heidnischen Glaubens
deutlich machen will. Auch sind die Bilder Hesekiels aus dem biblischen
Schöpfungsbericht entnommen, nicht aus heidnischen Mythologien. Hesekiel beschrieb weder einen idealen Menschen
noch einen falschen Gott in den Versen 11 - 26 . Sein Wechsel von
"Herrscher" zu "König" und seine Anspielungen auf den Garten Eden weisen
jedoch darauf hin, daß es hier um jemanden geht, der mehr ist als ein
Mensch. Die beste Erklärung ist wohl, daß Hesekiel hier Satan
beschreibt, der der wahre "König" von Tyrus ist, und der den
menschlichen "Fürsten" von Tyrus bestimmt. Satan war im Garten Eden
( 1Mo 3,1-7 ), und seine Hauptsünde war der Stolz ( 1Tim 3,6 ). Er hatte
Zugang zur Gegenwart Gottes (vgl. Hi 1,6-12 ). Wenn der Prophet davon
spricht, daß der menschliche "Fürst" von Tyrus für seinen Stolz
gerichtet würde ( Hes 28,1-10 ), beklagte er zugleich den satanischen
"König" von Tyrus, der ebenfalls wegen seines Stolzes gerichtet wurde
(V. 11 - 19 ). Tyrus war von der gleichen Sünde getrieben, die Satan
beherrschte, und wird auch das gleiche Schicksal erleiden. Hesekiel beschrieb die Schönheit und
Vollkommenheit von Satan, wie Gott ihn ursprünglich geschaffen hatte
(V. 12 - 15 a). Er war das Bild der Vollkommenheit, voll von Weisheit
und vollkommen in Schönheit. Gott hatte Satan nicht als eine Art
Premierminister des Bösen geschaffen. So wie die gesamte Schöpfung war
auch Satan ein vollkommenes Geschöpf - eine der Kronen in Gottes
Engelwelt. Satan hatte eine herausragende Stellung bekommen.
Er war in Eden, dem Garten Gottes . Eden war der Inbegriff von Gottes
wunderbarer Schöpfung auf dieser Erde (vgl. 1Mo 2,8-14 ). Satans
Schönheit aber stand der von Eden in nichts nach: Jeder herrliche Stein
schmückte ihn . Hesekiel führte neun Edelsteine auf und beschrieb mit
ihnen die Schönheit Satans. Diese neun finden sich auch unter den zwölf
Steinen, die in der Brustplatte des Hohenpriesters von Israel eingefaßt
waren (vgl. 2Mo 28,15-20; 39,10-13 ). Vermutlich waren die wertvollen
Steine ein Symbol für die Schönheit und hohe Stellung Satans. Gott hatte Satan als Wach-Cherub eingesetzt ( Hes
28,14 ). Die Cherubim (Pl. von Cherub) sind der "innerste Kreis" von
Engeln, die direkten Zutritt zu Gott hatten und seine Heiligkeit
bewachten (vgl. Hes 10,1-14 ). Satan hatte auch freien Zutritt zu Gottes
heiligem Berg ( Hes 28,14 ), dem Himmel, und er wandelte inmitten der
feurigen Steine (vgl. V. 16 ). Manche Ausleger sehen in den "feurigen
Steinen" die Edelsteine (V. 13 ). Diese Steine waren jedoch ein Teil des
Schmuckes von Satan, wohingegen die Steine in Vers 14.16 ein Teil jenes
Ortes waren, an dem Satan wohnte. Andere Theologen glauben, daß die
"feurigen Steine" die feurige Mauer des Schutzes Gottes darstellen
(vgl. Sach 2,9 ). Sie sehen daher den
Teufel innerhalb oder hinter Gottes äußerer Schutzmauer in dem
"Innenhof" des Himmels wohnen. Dies ist möglich, und das Wort "inmitten"
(mit¶k) kanndurchaus die Bedeutung von "innerhalb" haben. Was auch immer
die exakte Bedeutung davon ist, jedenfalls sagte Hesekiel, daß Satan
Zutritt zur Gegenwart Gottes hatte. So, wie er ursprünglich von Gott geschaffen war,
war Satan ohne Schuld, bis man Missetat an ihm fand ( Hes 28,15 ) und er
sündigte (V. 16 ). Die Sünde, die Satan verdarb, kam aus ihm selbst. Er,
der ohne Schuld geschaffen war, wurde stolz ( 1Tim 3,6 ) wegen
seiner Schönheit . Satan verdarb seine Weisheit aufgrund
seines Glanzes (vgl. das ähnliche Problem Etbaals; Hes 28,1-2.5.7 ).
Satans Stolz brachte ihn zu Fall, und das Gericht kam über ihn. Obwohl Hesekiel den Fall Satans als
zusammenhängendes Einzelereignis beschrieb, erfolgte bzw. erfolgt seine
Verwerfung eigentlich in verschiedenen Schritten. Satans ursprüngliches
Gericht war, daß er aus seiner Stellung als Gottes auserwählter Cherub
vor seinem Thron verworfen wurde. Gott schloß ihn von dem Berg
Gottes aus (Himmel; V. 16 ; vgl. V. 14 ). Satan wurde aus Gottes
Herrschaftsbereich im Himmel hinausgeworfen (vgl. Lk 10,18 ), hatte aber
immer noch Zutritt zu Gott (vgl. Hi 1,6-12; Sach 3,1-2 ). Im
Tausendjährigen Reich wird er in einer bodenlosen Grube liegen ( Offb
20,1-3 ), und nach seiner kurzen Freilassung am Ende des Tausendjährigen
Reiches ( Offb 20,7-9 ) wird er für ewig in den Feuersee geworfen werden
( Offb 20,10 ). Eines der Elemente von Satans Sünde war sein
weitverbreiteter unrechter Handel . Das Wort für Handel kommt von dem
Verb rAKal , das "von einem zum anderen herumgehen" bedeutet. Hesekiel
hatte dieses Wort für die wirtschaftlichen Aktivitäten von Tyrus benutzt
( Hes 28,5 ). Bedeutete dies, daß Satan ein Geschäft führt? Sicherlich
nicht. Vielmehr verglich Hesekiel den menschlichen "Fürsten" von Tyrus
und seinen satanischen "König" miteinander. Er benutzt dabei ein Wort,
das eine sehr breite Bedeutung haben kann. Satans Stellung im Himmel
bedeutete, daß er mit vielen Teilen der Schöpfung Gottes in Verbindung
stand, ebenso wie der Fürst von Tyrus durch seine Stellung mit vielen
Völkern Kontakt hatte. Auch wenn Hesekiel den "eigentlichen" Herrscher
von Tyrus, Satan, hier beschrieb, ging es in dem Klagelied doch
letztlich auch um die Zerstörung der Stadt. Satan würde auf die
Erde geworfen werden (V. 17 ), und auch der König von Tyrus würde vor
anderen Königen, vor seinen Feinden, niedergeworfen werden . Satans
Bestimmung ist der ewige Feuersee (vgl. Offb 21,10 ), und auch die
Niederlage und der Tod des menschlichen Herrschers von Tyrus ist, als
würde er von Feuer verzehrt ( Hes 28,18 ). Sowohl der Untergang Satans,
als auch der von Tyrus würden jene Völker erschrecken, die ihnen gefolgt
waren. Sie würden wegen Satans und Tyrus' schrecklichem Ende zittern
(vgl. Hes 27,35 -36 ). F. Gericht über Sidon ( 28,20 - 26 ) Hes 28,20-24 Dieses Gericht gegen Sidon beginnt auf die
gleiche Weise wie die Weissagungen gegen Tyrus. Das Wort des HERRN
geschah zu mir (vgl. Hes 26,1; 27,1; 28,1.11 ). Sidon, eine
Schwesterstadt von Tyrus (vgl. Jer 25,22; 47,4; Joe 4,4; Sach 9,2; Lk
6,17; 10,13-14 ), lag etwa 30 Kilometer weiter oben an der
Mittelmeerküste. Wegen ihren engen Verbindungen untereinander hat
Hesekiel vermutlich auch die gleichen einleitenden Worte benutzt, um die
beiden Städte im Blick auf das gegen sie ergehende Gericht miteinander
zu verknüpfen. Sidon war so eng mit Tyrus verbündet, daß Hesekiel es
vielleicht für unnötig hielt, die gleichen Sünden noch einmal
aufzuzählen. Es hatte Gottes heiliges Wesen verletzt, und er würde
dessen Sünde nicht ungestraft lassen. Er würde in Sidon Herrlichkeit
erlangen und sich selbst als heilig erweisen . Gottes Gericht würde
durch eine Pest und das Schwert kommen. Das Gericht über Sidon würde
zwei Folgen haben: (1) Es würde die Sidoniter zwingen, Gottes gerechtes
Wesen anzuerkennen - sie werden erkennen, daß ich der HERR bin (auch
in Hes 28,22 gesagt und in V. 23 wiederholt). (2) Das Gericht würde
eines der Hindernisse für ein Leben Israels mit dem Herrn beseitigen.
Die feindseligen Nachbarn Israels mit ihrem gottlosen Einfluß auf das
Volk Gottes waren wie ein ständiger Schmerz in Israels Seite
( schmerzhaftes Gestrüpp und spitze Dornen ). Die sündigen Praktiken des
Baalsdienstes waren durch "Isebel, die Tochter von Etbaal, König der
Sidoniter" nach Israel eingedrungen ( 1Kö 16,31 ). Hes 28,25-26 Der zweite Teil der Weissagung Hesekiels gegen
Sidon sprach von den Folgen des Unterganges der Stadt für Israel. So wie
Gott seine Heiligkeit offenbaren würde, indem er Sidon vernichtete
(V. 22 ), so würde er seine Heiligkeit auch offenbaren, indem er
Israel aus den Nationen herausrettete. Mehrere Male sagte Gott im Buch
Hesekiel: Ich werde mich als heilig erweisen ( Hes 20,41; 28,22.25;
36,23; 38,16; 39,27 ). Gott bestrafte Israel für seine Sünde, aber er
verwarf es nicht. Es ist einzigartig unter allen Völkern, weil Gott
seinen Bund mit ihm errichtet hat. Alle Völker würden bestraft werden,
aber nur Israel würde eine Erneuerung der Gemeinschaft versprochen. Die
Verheißung des Landes, die an Abraham geschah ( 1Mo 13,14-17 ) und
gegenüber Jakob erneuert wurde ( 1Mo 35,11-13 ), kann nicht aufgehoben
werden. Israel wird in seinem eigenen Land leben , weil Gott
es Jakob gegeben hat. Wenn Israel wieder in sein Land eingesetzt war,
würde es auch den Segen Gottes erfahren, wozu Sicherheit und Wohlstand
gehörten. Dieses Versprechen, das Gott durch Hesekiel gab, ist bisher
noch nicht wörtlich erfüllt worden. Seine Erfüllung steht noch für das
Tausendjährige Reich aus. Nach der babylonischen Gefangenschaft kehrten
einige Israeliten in das Land zurück (vgl. Neh 1,3 ), aber sie lebten
dort nicht in Sicherheit . Wenn Gott die Feinde Israels einmal endgültig
bestrafen und sein auserwähltes Volk segnen wird, dann wird es seinen
Herrn erkennen: Sie werden erkennen, daß er der HERR ist, ihr Gott. G. Gericht über Ägypten ( Hes 29-32 ) Die siebte und letzte Nation, gegen die Hesekiel
weissagte, ist Ägypten. Diese Weissagung war eigentlich eine Reihe von
sieben Einzelaussagen gegen Ägypten und seinen Pharao. Jede dieser
Prophezeiungen wird durch die Worte eingeleitet: "Das Wort des Herrn
geschah zu mir". Sechs der sieben werden ausdrücklich datiert ( Hes
29,1.17; 30,1 [nicht datiert].20; Hes 31,1; 32,1.17 ). Hes 29,1; 30,20;
31,1; 32,1 und Hes 32,17 sind chronologisch geordnet. Nur 29,17 (die
zweite Prophezeiung) ist später als die anderen datiert. Diese
Abweichung von seiner sonstigen chronologischen Reihenfolge geschah
vermutlich, weil Hesekiel die Prophezeiungen logisch aufbauend ordnen
wollte. Hes 29,17-21 ist wahrscheinlich an diese Stelle gesetzt worden,
weil dadurch seine erste Prophezeiung ( Hes 29,1-16 ) erläutert wird.
Nachdem er vorausgesagt hat, daß der Pharao und Ägypten vernichtet
würden ( Hes 29,1-16 ), machte er dann deutlich, wer sie vernichten
würde ( Hes 29,17-21 ). 1. Die Sünde Ägyptens ( 29,1 - 16 ) Diese Prophezeiung besteht aus drei Abschnitten,
von denen jeder mit den Worten schließt, die bei Hesekiel so oft
vorkommen: "dann werden sie erkennen, daß ich der Herr bin"
(V. 6 a. 9.16 ). Hes 29,1-6 a Diese erste der sieben Prophezeiungen gegen
Ägypten wurde im zehnten Jahr, im zehnten Monat, am zwölften
Tag verkündet. An diesem Tag, dem 5. Januar 587 v. Chr., bestand die
Belagerung von Jerusalem bereits knapp ein Jahr (vgl. Hes 24,1-2 ). Der Pharao in Ägypten war zu jener Zeit Hofra,
der von 589 bis 570 v. Chr. regierte. Sein Versprechen der Hilfe brachte
Juda dazu, mit Babylon zu brechen. Sowohl Ägypten als auch dessen Führer
wurde das Gericht verkündet. Hesekiel verglich den Pharao mit einem großen
Ungeheuer in Ägyptens Flüssen. "Ungeheuer" ( tannIm , eine andere
Schreibweise für tannIn ) kann sich auf alle Arten von Reptilien
beziehen, von großen Schlangen ( 2Mo 7,9-10 ) bis zu riesigen
Seeungeheuern ( 1Mo 1,21 ). Vermutlich gehören auch die Krokodile in
diese Kategorie. In der semitischen Mythologie wurde das gleiche Wort
auch für das Chaosungeheuer benutzt, das vernichtet wurde, als diese
Welt erschaffen wurde. Vielleicht dachte Hesekiel an beides. Die
Reptilien im Nil (besonders die Krokodile) waren ein Bild für Ägpytens
Stärke und Grausamkeit. Die Ägypter waren der Überzeugung, daß der
Pharao das Chaosungeheuer besiegen könne. Hier aber bezeichnete Gott in
ironischer Weise den Pharao selbst als dieses Ungeheuer! Der Pharao
wurde als Gott angesehen. Deshalb glaubte er von sich selbst, daß er
den Nil erschaffen habe (vgl. Hes 29,9 ). Dennoch würde er bald erfahren
müssen, daß er dem wahren Schöpfergott keineswegs ebenbürtig war. Gott
sagte, daß er Ägypten aus seinem Schutz des Nils herausziehen und in der
Wüste lassen würde. Hier wird also bildlich davon gesprochen, daß Gott
ein Krokodil (oder den mythologischen "Gott", der im Wasser leben soll)
unterwirft und auf das Trockene zieht, wo es (er) sehr bald verderben
mußte. Gott würde Ägypten trotz seiner großen Stärke besiegen. Hes 29,6-9 (Hes 29,6b-9) Der zweite Abschnitt dieser Prophezeiung handelt
von der eigentlichen Sünde Ägyptens: Es war dem Haus Israel ein
Rohrstab gewesen. Ein "Stab" war ein Wanderstock, den man in dem rauhen
Gebiet von Israel brauchte (vgl. Sach 8,4; Mk 6,8; Hebr 11,21 ). Israel
stützte sich auf Ägypten, um in seiner Revolte gegen Babylon Hilfe zu
bekommen, aber die Unterstützung durch Ägypten war so zerbrechlich wie
einer der Rohrstäbe, die in großen Mengen an den Ufern des Nils wuchsen.
Als der Druck kam, zerbrach das Rohr und Israel konnte nicht bestehen.
Vielleicht benutzte Hesekiel hier ein damals übliches Sprichwort und
wandte es auf Ägypten an, das den Ruf eines unzuverlässigen Verbündeten
hatte (vgl. 2Kö 18,20-21 ). Die Zeit dieser Prophezeiung ist vermutlich
identisch mit der des halbherzigen Versuches von Ägypten, Jerusalem
während dessen Belagerung durch Nebukadnezar zu Hilfe zu kommen
(vgl. Jer 37,4-8 ). Ägypten versagte, und Jerusalem mußte die
Konsequenzen tragen. Zu spät lernte Jerusalem, daß ein dünnes Rohr ihm
keine Hilfe sein konnte. Als sich Jerusalem auf Ägypten stützte und
Beistand gegen Babylon erwartete, ließ Ägypten es fallen (wie ein Rohr,
das zersplitterte und zerbrach ). Weil Ägypten Juda Hilfe versprochen, dieses
Versprechen aber nicht gehalten hatte, würde Gott die Ägypter durch das
Schwert bestrafen lassen, und Ägypten würde eine verlassene Öde werden. Hes 29,10-16 Dieser Teil der Prophezeiung Hesekiels spricht
über das Ausmaß des göttlichen Gerichtes über Ägypten. Die Zerstörung
würde von Migdol bis Syene reichen, bis an die Grenze von Kusch .
"Migdol" lag im Nildelta in Unterägypten und "Syene" auf der Höhe des
ersten Nil-Wasserfalles in Ägypten. Es bildete die südliche Grenze
zwischen Ägypten und Kusch. Kusch entspricht dem heutigen Süd-Ägypten,
dem Sudan und dem nördlichen Äthiopien. Gottes völlige Verwüstung von Ägypten
würde vierzig Jahre lang dauern. Juda war zerstört worden, weil es sich
auf Ägypten verlassen hatte, nun würde Ägypten das gleiche Schicksal
erleiden. Gott würde Ägypten unter die Völker verstreuen , auch dieses
Volk würde in die Gefangenschaft geführt werden. Bisher gibt es keine archäologischen Funde, die
auf eine Wegführung von Ägyptern hindeuten, die der israelitischen
vergleichbar wäre. Man sollte jedoch niemals eine klare, biblische
Aussage aufgrund fehlender archäologischer Daten anzweifeln.
Nebukadnezar griff Ägypten an ( Hes 29,17-21 ; vgl. Jer 43,8-13;
46,1-25 ). Es ist daher durchaus vernünftig, anzunehmen, daß er auch
Ägypter nach Babylon deportierte, wie er dies bei den anderen Völkern
ebenfalls tat. Diese Ägypter hätten dann vermutlich während der
Regierungszeit von Kyrus von Persien, der Babylon 539 v. Chr. besiegte
(ca. 33 Jahre nach dem Angriff Nebukadnezars), wieder nach Hause
zurückkehren dürfen. Wenn man noch einige Jahre hinzuzählt, bis die
Menschen zurückgekehrt und alles wieder aufgebaut hatten, ist eine
Periode von 40 Jahren durchaus denkbar. Gott würde dann die Ägypter wieder zurück
nach Patros bringen, dem Land ihrer Herkunft . "Patros" (vgl. Hes
30,14 ) war eine Region in Südägypten (Oberägypten). Manche Ausleger
glauben, daß dies der ursprüngliche "Geburtsort" des Volkes der Ägypter
war. Vielleicht steht "Patros" hier aber auch für das gesamte Land
Ägypten. Auch wenn Gott die Ägypter wieder in ihr Land
zurückkehren lassen würde, würden sie niemals wieder jene Machtstellung
erhalten, die sie einmal besessen hatten. Vielmehr würden sie
das geringste unter den Königreichen sein. Nachdem Persien an die Macht
kam, wurde Ägypten während der biblischen Zeit nicht wieder zu einer
größeren internationalen Macht. Es versuchte während der Zeit zwischen
den Testamenten, sich wieder in Erinnerung zu bringen, wurde aber von
Griechenland, Syrien und Rom in Schach gehalten. Ägyptens politische
Schwäche sollte ein ständiger Anschauungsunterricht für Israel sein. Es
sollte Ägypten sehen und immer wieder daran denken, wie töricht es ist,
auf Menschen statt auf Gott zu vertrauen. 2. Die Niederlage Ägyptens unter die Babylonier ( 29,17 - 21 ) Hes 29,17-21 Die zweite Prophezeiung Hesekiels gegen Ägypten
geschah im 27. Jahr, im ersten Monat, am ersten Tag . Dies ist die am
spätesten datierte Weissagung im Buch Hesekiel. Sie wiederfuhr Hesekiel
am 26. April 571 v. Chr. Wie schon oben gesagt, hat Hesekiel sie
vermutlich deshalb entgegen der chronologischen Reihenfolge an diese
Stelle gesetzt, weil er dadurch die Aufmerksamkeit auf den logischen
Zusammenhang richten wollte. Er hatte gerade das kommende Gericht über
Ägypten beschrieben (V. 1 - 16 ) und fügte nun die Verse 17 - 21 an, um
zu zeigen, durch wen dieses Gericht kommen würde. Nebukadnezar selbst
würde Ägypten angreifen. Diese Weissagung wurde kurz nach der Niederlage
von Tyrus unter Babylon im Jahr 572 v. Chr. geschrieben. 13 Jahre lang
hatte Nebukadnezar diese Stadt belagert (585 - 572 v. Chr.). Das Bild
von den Köpfen, die durch das lange Tragen der Helme kahl wurden, und
von den Schultern, die wund gerieben wurden durch das Herbeitragen von
Holz und Steinen für die Belagerungsrampen ist eindrücklich.
Nebukadnezar hatte hart gearbeitet für ein solch kleines Resultat. Aber
er erhielt keinen Lohn von diesem Angriff gegen Tyrus. Tyrus ergab sich
Nebukadnezar, aber es gab keine große Kriegsbeute als Belohnung für sein
Heer. Offensichtlich hatte Tyrus seinen Reichtum vor seiner Niederlage
mit Schiffen in Sicherheit gebracht. Nebukadnezar brauchte Geld, um seine Soldaten für
ihre Arbeit zu bezahlen. Deshalb kehrte er um und zog in Richtung
Ägypten. Aus wirtschaftlicher Not würde Babylon Ägypten angreifen und
seinen Reichtum rauben, um sein Heer zu bezahlen. Und doch ist es
eigentlich Gott, der hier Babylon für seinen Angriff auf Ägypten
"bezahlte": Ich werde ihm Ägypten geben als Lohn für seine Arbeit. Hesekiels zweite Prophezeiung gegen Ägypten
endete mit einem Versprechen an Israel. " An diesem Tag " wird dabei auf
verschiedene Weise interpretiert. Manche sehen darin einen Hinweis auf
einen noch zukünftigen Tag des Herrn, an dem Gott Israel wieder in sein
Land führen und die umliegenden Völker richten wird. Solch ein
Gedankensprung scheint jedoch nicht in unseren Text zu passen. Der
"Tag", um den es geht, ist vermutlich die Zeit, wenn Gott Ägypten durch
Babylon richten, und wenn er schließlich Ägypten wieder in sein Land
zurückbringen würde. Wenn Gott die Völker Israel und Ägypten wieder
heimgeführt hatte, würde er Israel wieder Macht geben. Im letzten und
eigentlichen Sinne ist der Messias, Christus, die Macht Israels. Wenn
Ägypten zurückkehren würde, würde auch Israel wieder als Volk eingesetzt
werden. Wenn die Stärke Israels als Volk erneuert war,
würde Gott Hesekiels Mund unter ihnen öffnen . Dies kann sich aus zwei
Gründen nicht auf das Ende von Hesekiels Stummheit beziehen (vgl. Hes
3,26 ): (1) Hesekiels Stummsein endete bereits im zwölften Jahr des
Exils von Jojachin ( Hes 33,21-22 ), während diese Prophezeiung im 27.
Jahr geschah ( Hes 29,17 ). (2) Diese Prophezeiung würde erst eintreten,
nachdem Israel aus der Gefangenschaft zurückgebracht worden war.
Hesekiel war 592 v. Chr. 30 Jahre alt ( Hes 1,1-2 ). Er wäre also 83
Jahre alt gewesen, als Kyrus seine Verfügung erließ, daß Israel in sein
Land zurückkehren dürfe. Vermutlich hätte ein 83jähriger eine solch
anstrengende Reise von Babylon nach Israel überhaupt nicht überstanden.
Keiner der nachexilischen Berichte spricht von Hesekiel, der nach Israel
zurückgekehrt wäre. Die beste Erklärung ist, daß die Weissagungen
Hesekiels, die die Menschen verwirrt hatten, bei ihrer Erfüllung für
alle klar würden. Israel würde Gottes Wesen erkennen, wie er seine
Verheißungen treu erfüllt hat. 3. Die Zerstörung Ägyptens und seiner Verbündeten ( 30,1 - 19 ) Hes 30,1-5 Diese Prophezeiung gegen Ägypten trägt, anders
als die anderen, kein Datum. Es geht in ihr um das Gericht, das Babylon
über Ägypten und dessen Verbündete ausführen wird. Die vier Abschnitte
dieser Prophezeiungen beginnen jeweils mit So spricht der HERR (oder
Gott, der Herr) (V. 2. 6.10.13 ). In Vers 2 - 5 sprach Hesekiel von dem Tag des
Herrn. Heule und sprich: Wehe, was für ein Tag! Denn der Tag ist nahe,
der Tag des HERRN ist nahe - ein Tag voll Wolken, eine Zeit des
Verderbens für die Völker . Wolken sind oft ein Bild für das Verderben
(vgl. V. 18 ; Hes 32,7-8; 34,12; Joe 2,2; Zeph 1,15 ). Manche Ausleger
glauben, daß hier von jenem zukünftigen Tag die Rede ist, an dem Gott
die Welt für ihre Sünde richten wird. Dadurch wird jedoch dieser
Ausdruck aus seinem Kontext herausgelöst. Es stimmt wohl, daß "der Tag
des Herrn" gewöhnlich von dem zukünftigen Gericht Gottes über die Erde
spricht (vgl. Jes 13,6-16; 34,8; Mal 3,19-24 ). Dies wird eine Zeit
sein, in der Israel und die Völker gerichtet und Israel wieder als Volk
unter dem Segen Gottes erneuert wird. Dennoch kann sich der "Tag" des
Herrn auch auf jede andere Gerichtszeit Gottes beziehen (vgl. Kl
2,21-22 und vgl. die Anmerkungen unter "Größere exegetische
Schwierigkeiten" in der Einführung zu Joel). Sowohl Israel als auch Juda
erlebten einen "Tag" des Gerichtes Gottes, an dem er sie für ihre Sünden
bestrafte (vgl. Hes 7,1-14 ,bes. V. 7.10.12 ). Nun würde sich Gottes
"Tag" des Gerichts auch auf Ägypten erstrecken, das von Babylon besiegt
werden würde (vgl. Hes 30,10-12 ). Gottes Gericht - "eine Zeit des Verderbens" -
wird Tod und Zerstörung bedeuten. Das Schwert, das gegen Israel gezogen
war ( Hes 21,1-17 ), würde auch Ägypten erreichen und Furcht würde sich
bis nach Kusch hin breitmachen. Kusch, das im Süden an Ägypten grenzt,
würde fürchten, als nächstes angegriffen zu werden (vgl. Hes 30,9 ). Die
Menschen von Ägypten würden getötet und ihre Schätze geraubt werden. Ägyptens Verbündete würden ebenfalls von diesem
Gericht betroffen werden. In der Armee Ägyptens gab es viele Söldner
( Jer 46,8-9.20-21 ). Kusch bezieht sich, wie schon gesagt, auf das
heutige Südägypten, Sudan und Nordäthiopien ( Esr 1,1; Jer 46,9; Hes
27,10 ), Put ist das heutige Libyen ( Jes 66,19; Jer 46,9; Hes 27,10 ),
und Lud lag an der Westküste von Kleinasien (vgl. Hes 27,10 ). Die
Worte ganz Arabien können auch mit "alle vermischten Völker" übersetzt
werden (manche deutschen Übersetzungen schreiben "fremde Völker").
Lediglich ein Vokal muß geändert werden, um diese Übersetzung zu
erzeugen. Jeremia benutzte die gleichen Worte, wenn er von all den
Fremden spricht, die in Ägypten wohnen (vgl. Jer 25,20 ). Das hebräische Wort für Kub ( KUB ) ist dem Wort,
das gewöhnlich für Libyen steht ( lUB ; vgl. Nah 3,9 ), recht ähnlich.
Daher lesen manche hier lUB . Es gibt jedoch keinen Hinweis in den
Manuskripten für eine Änderung von KUB zu lUB . Besser ist es, "Kub"
stehenzulassen und zuzugeben, daß man nicht weiß, wo dieses Volk gewohnt
hat. Die Verbündeten bezieht sich vermutlich auf jene Israeliten, die
nach Ägypten geflohen waren, um Nebukadnezars Angriffen gegen Juda zu
entkommen (vgl. Jer 42,19-22; 44,1-14 ). Hes 30,6-9 Hesekiel fuhr fort, die Niederlage von Ägyptens
Söldner-Verbündeten innerhalb der Grenzen des Landes zu beschreiben. Das
ganze Land, von Migdol bis Syene (der äußerste Norden und der äußerste
Süden von Ägypten [vgl. die Karte in der Einführung zu Jeremia];
vgl. Hes 29,10 ), lag dabei im Blickfeld. Diese Verbündeten würden
vernichtet, und die Städte, in denen sie gewohnt haben, würden zerstört
werden. Dadurch würden diese Völker den Gott anerkennen müssen, der
ihren Untergang vorausgesagt hatte: Sie werden erkennen, daß ich der
HERR bin . Die Nachricht von der Zerstörung Ägyptens würde
sich schnell verbreiten und panischen Schrecken unter dessen Verbündeten
auslösen. Boten würden in Schiffen nilaufwärts (nach Süden) fahren, um
Kusch die Niederlage Ägyptens zu melden. Dies würde in Kusch Panik
verbreiten, denn sie, die sich mit Ägypten gegen Babylon gestellt
hatten, würden nun leicht anzugreifen sein. Furcht würde sie
überkommen (vgl. Hes 30,4 ). "Der Tag des Herrn" (V. 3 ) wird nun
erklärt als der Tag des Unterganges von Ägypten . Gottes Gerichtstag
über Ägypten würde ganz sicher kommen. Hes 30,10-12 Der dritte Abschnitt dieser Prophezeiung spricht
erneut von dem Werkzeug der Zerstörung von Ägypten. Ägyptens Gericht
würde durch die Hand Nebukadnezars kommen (vgl. Hes 29,17-21 ). Gott
hatte Babylon erwählt, die grausamste unter den Nationen (vgl. Hes 28,7;
30,10-11; 32,12 ), um sein Gericht auszuführen. Babylon behandelte seine
Gefangenen grausam. Nachdem König Zedekia von Juda rebelliert hatte,
zwang Nebukadnezar ihn, der Ermordung aller seiner Söhne zuzusehen. Dann
wurden seine Augen ausgestochen, so daß das letzte, was er jemals sah,
der Tod seiner Söhne war ( 2Kö 25,7 ). Hesekiel sagte, daß Babylon,
nachdem es Juda besiegt hatte, seine grausame Kriegsmaschinerie gegen
Ägypten in Bewegung setzen würde und die Ägypter mit Schwertern töten
würde (vgl. Hes 30,4 ). In seiner Beschreibung des babylonischen
Angriffes machte Hesekiel ganz deutlich, wer die eigentliche Quelle
dieser Zerstörung war. Dreimal sagte Gott in den Versen 10 - 12 "Ich
werde" dies tun. Babylon war nur das Werkzeug, das Gott für sein Gericht
benutzte. Gott erklärte: Durch die Hand von Fremden werde ich das Land
verwüsten . Zum fünften Mal in diesem Buch nannte Gott die Babylonier
"Fremde" ( Hes 7,21; 11,9; 28,7.10; 30,12 ). Hes 30,13-19 In diesem vierten Abschnitt der Prophezeiung
zählte Hesekiel die vielen Orte in Ägypten auf, die vernichtet würden.
Keine größere Stadt würde Gottes Zorn entkommen. Als erstes, sagte Gott,
würde er die Götzen vernichten und den Bildern in Memfis ein Ende
setzen (vgl. V. 16 ). Nach der Legende war Memfis die erste Hauptstadt
des vereinigten Ägypten (ca. 3200 v. Chr.). Aber auch später noch, als
Memfis nicht mehr die Hauptstadt war, galt sie als religiöses Zentrum.
Unzählige Tempel standen hier. Sogar eine jüdische Kolonie gab es in
Memfis (vgl. Jer 44,1 ). Andere Städte würden ebenfalls den Stachel des
Gerichtes zu spüren bekommen. Patros war ein Gebiet, etwa in der Mitte
zwischen Kairo und Syene. Es konnte als synonymer Ausdruck für
Oberägypten (vgl. Jer 44,1 ) und manchmal auch für ganz Ägypten
(vgl. Hes 29,14 ) stehen. Zoan war eine königliche Residenzstadt in der
Gegend des Nildeltas (vgl. Ps 78,12.43; Jes 19,11-13 ). Später wurde es
von den Griechen Tanis genannt. Tebez (oder No, wie manche übersetzen)
wird in diesem Abschnitt dreimal genannt ( Hes 30,14-16 ). Es lag in
Südägypten, etwa 600 Kilometer von Kairo, dort, wo sich die heutigen
Städte Karnak und Luxor befinden. Lange Zeit hindurch war dies die
Hauptstadt des Landes. Die Stadt wurde von den Assyrern 663 v. Chr.
zerstört (vgl. Nah 3,8-10 ), aber wieder aufgebaut. Auch Jeremia
weissagte die Zerstörung von Tebez (vgl. Jer 46,25 ). Die Horden von
Menschen dort würden erschlagen, und die Stadt würde plötzlich im Sturm
genommen. Sin würde den Zorn Gottes erfahren ( Hes 30,15 ),
und wenn Feuer sich durch ganz Ägypten hindurch verbreitete, würde Sin
in Angst vergehen (V. 16 ). Sin lag im Nildelta, etwa zwei Kilometer vom
Mittelmeer entfernt. Die Stadt war ein großes militärisches Zentrum und
bewachte die nördliche Grenze Ägyptens. Deshalb nannte Hesekiel sie auch
die Festung Ägyptens . Die letzten drei der acht Städte erwähnte
Hesekiel in Vers 17 - 18 : On, Pi-Beset und Tachpanhes . On (Heliopolis)
lag in Nordägypten, etwas südlich des Nildelta. Es war während eines
Großteils der Geschichte Ägyptens ein großes religiöses Zentrum.
Vermutlich dachte auch Jeremia an On, als er die Zerstörung "des
Sonnentempels in Ägypten" weissagte (vgl. Jer 43,13 ). Pi-Beset lag
nordöstlich des heutigen Kairo, in Nordägypten. Es war kurze Zeit die
Hauptstadt von Ägypten und galt ebenfalls als großes religiöses Zentrum.
Tachpanhes lag in der Nähe des heutigen Suezkanals. In den Tagen
Jeremias hatte der Pharao dort einen Palast ( Jer 43,9 ). Vielleicht
erwähnte Hesekiel diese Stadt deshalb als letztes, sozusagen als
Höhepunkt. Jeremia verfluchte diese Stadt im gleichen Atemzug mit Memfis
(vgl. Jer 2,16 ). Schließlich wurde er gezwungen, nach Tachpanhes zu
ziehen, nachdem Gedalja ermordet worden war ( Jer 43,7-8 ). Indem Gott so die größten Städte Ägyptens
aufzählte, machte er deutlich, daß die Stärke des ganzen Volkes weggetan
würde wie ein Joch , das zerbrochen ist. Es würde mit Wolken
bedeckt sein, ein Bild für Untergang und Gericht (vgl. Hes 30,3; 32,7-8;
34,12 ; vgl. Joe 2,2; Zeph 1,15 ). So wie Wolken, die sich anhäufen,
einen herannahenden Sturm ankündigen, so würde Ägypten mit Wolken
bedeckt werden, die ihr kommendes Gericht ankündigten. Die großen Städte
würden vernichtet, und die Menschen in den Dörfern würden in die
Gefangenschaft geführt werden. 4. Die Zerstreuung Ägyptens ( 30,20 - 26 ) Die vierte der sieben Prophezeiungen gegen
Ägypten geschah im elften Jahr, im ersten Monat, am siebten Tag . Dies
war der 29. April 587 v. Chr., knapp vier Monate nach der ersten
Prophezeiung Hesekiels gegen Ägypten ( Hes 29,1 ). Die erste
Prophezeiung hatte von der Zeit gesprochen, als Ägypten auszog, um
Israel vor Babylon zu "retten" (vgl. Jer 37,4-5 ). Die vierte
Prophezeiung wurde aufgeschrieben, nachdem die Babylonier Ägypten
besiegt hatten. Das Thema dieser Prophezeiung ist die Niederlage
Ägyptens durch Gott: Ich habe den Arm des Pharao, des Königs von
Ägypten, zerbrochen . Dieser Pharao war Hofra, der Ägypten von 589 bis
570 v. Chr. regierte. Es könnte sein, daß die Zeitspanne zwischen der
ersten und der vierten Prophezeiung ungefähr der Zeit entsprach, in der
die babylonische Belagerung von Jerusalem abgezogen wurde, weil die
Babylonier ihre Armee für die Abwehr des ägyptischen Angriffes
brauchten. Nebukadnezar brach den "Arm" von Ägypten. Deshalb
war das Land unfähig, Juda zu verteidigen. Dieser Schaden an Ägypten
konnte nicht wieder behoben werden. Der Arm Ägyptens, ein Bild für die
Stärke, wurde nicht einmal in eine Schiene gelegt, damit er stark genug
werden konnte, ein Schwert zu halten. Ägypten "brach seinen Arm" bei dem schwachen
Versuch, Israel zu retten, aber dies war nur ein Vorspiel für das
eigentliche Gericht Gottes. Gott sagte, daß er beide Arme Ägyptens
brechen würde, den guten Arm und auch den gebrochenen . Mit anderen
Worten, Gott würde Ägyptens Stärke völlig zerstören. Seine Fähigkeit,
andere und sich selbst zu beschützen, würde ausgelöscht sein. Wenn Gott auf der einen Seite die Kraft Ägyptens
zerstören würde, würde er auf der anderen Seite die Kraft des
Hauptfeindes von Ägypten, Babylon, stärken. Nebukadnezars Arme würden
von Gott gekräftigt, und der Pharao, stöhnend wie ein tödlich
Verwundeter , würde völlig hilflos gegen die Babylonier sein. Hesekiel wollte damit den Unterschied zwischen
der soeben erlittenen Niederlage Ägyptens (der eine "zerbrochene Arm")
und der noch viel größeren Niederlage, die kommen würde, deutlich
machen. Das Land wurde entwaffnet, als es versuchte, den babylonischen
Angriff auf Jerusalem zu verhindern. Dann aber würde es durch Babylon
vernichtet werden. Wenn Nebukadnezar Ägypten selbst angriff, würde es in
seine Hände fallen (vgl. Hes 29,1-20 ). Gott würde Ägypten dann unter
die Völker zerstreuen (eine Aussage, die zur Betonung wiederholt
wird; Hes 30,23.26 ; vgl. Hes 29,12 ). Ägypten würde Juda ins Exil
folgen. 5. Die Ähnlichkeit zwischen Ägypten und Assyrien ( Hes 31 ) Hesekiels fünfte Prophezeiung gegen Ägypten ist
eine Allegorie auf den Fall des Pharaos. a. Die Allegorie von Assyrien als Zedernbaum ( 31,1 - 9 ) Hes 31,1-9 Diese Prophezeiung geschah im elften Jahr, im
dritten Monat, am ersten Tag . Dies war der 21. Juni 587 v. Chr.,
weniger als zwei Monate nach der Prophezeiung aus Hes 30,20-26 .Hesekiel
sprach darin zu dem Pharao, dem König von Ägypten, und zu seinen
Horden . Mit diesen Worten beendete er sie auch ( Hes 31,18 ). Dieser
Herrscher (Hofra) und sein mächtiges Heer fühlten sich offensichtlich in
ihrer mitlitärischen Stärke und Fähigkeit so sicher, daß Hesekiel die
rhetorische Frage stellte: Wer kann mit dir in deiner Herrlichkeit
verglichen werden? Offenbar dachte Ägypten, daß es eine Klasse für sich
sei. Hesekiel gab daher ein Beispiel, mit wem sich
Ägypten vergleichen konnte: Assyrien . Manche Ausleger denken, daß
"Assyrien" ( ?aSSUr ) verändert werden sollte, so daß "Zypresse" (oder
"Pinie", manche Übersetzungen haben "Zeder") daraus wird ( t+?aSSUr ).
Sie glauben, daß Hesekiel wohl kaum Assyrien in seinen Prophezeiungen
gegen Ägypten anführen würde. Aber es gibt keinen Grund, den Text in
dieser Weise abzuändern. Assyrien konnte aus zwei Gründen für Ägypten
von großer Bedeutung sein. Erstens war Assyrien das einzige
mesopotamische Volk gewesen, das Ägypten erobert hatte. 633 v. Chr.
brach Assyrien nach Ägypten ein und zerstörte die Hauptstadt Tebez
(vgl. Nah 3,8-10 ). Das einzige Volk also, das mit Ägypten "verglichen"
werden konnte, war Assyrien. Zweitens war Assyrien durch Babylon
zerstört worden, die gleiche Nation, die nach den Worten Hesekiels auch
Ägypten vernichten würde. Hesekiel verglich Assyrien mit einer Zeder im
Libanon . (Eine solch hohe Zeder war auch das Bild für die Führer von
Israel gewesen; vgl. Hes 17 ). Auf der Höhe seiner Macht hatte Assyrien
den gesamten Mittleren Osten beherrscht wie eine Zeder, die höher als
alle Bäume des Feldes ist ( Hes 31,5 ). Mehrere bedeutende Städte
Assyriens lagen am oder in der Nähe des Tigris, der das lebenswichtige
Wasser lieferte. So wuchs Assyrien wie eine Zeder, genährt durch Wasser,
tiefe Quellen (V. 4 ) und Überfluß an Wasser (V. 5.7 ). Vögel in den
Zweigen der Zeder und Tiere unter ihrem Schatten (V. 6 ; vgl. V. 12.17 )
sind ein Bild dafür, wie Assyrien wie ein großer Baum allen seinen
Nachbarn Schatten spendete und sie beschützte. Hesekiel spricht von der Erhabenheit Assyriens
mit einem Bild der Übertreibung: Die Zedern im Garten Gottes (Eden;
vgl. Hes 28,13 ) waren ihm nicht gleich . Dieser "Baum" war mehr als
alle anderen "Bäume" Gottes. Ja, er war der Neid aller Bäume Edens . Assyrien hatte in seiner früheren Position weit
mehr Macht und Einfluß gehabt als Ägypten nun. Es war das beste
Beispiel, um Ägypten die Folgen des Gerichtes Gottes deutlich zu machen. b. Der Untergang Assyriens ( 31,10 - 14 ) Hes 31,10-14 Assyrien stürzte wegen seines Stolzes. Gott
richtete das Volk, weil es, wie eine Zeder, seine Spitze über das dichte
Blattwerk erhoben hatte und weil es stolz war über seine Größe. Juda
( Hes 16,56 ), Tyrus ( Hes 27,3; 28,2 ) und Ägypten ( Hes 30,6 ) wurden
wegen ihres Stolzes verurteilt. Gott richtete Assyrien, indem er es dem Herrscher
der Völker auslieferte . Dies war Nebukadnezar, der, in den Fußstapfen
seines Vaters wandelnd, die Grenzen des babylonischen Reiches auf Kosten
Assyriens erweiterte. Gott hatte Assyriens Untergang angeordnet (vgl.
Nahum). Die Stadt Ninive fiel 612 v. Chr. an Nabopolassar (den Vater
Nebukadnezars), der Rest des assyrischen Heeres wurde 609 v. Chr. durch
Nebukadnezar bei Haran ausgelöscht (vgl. "Historischer Hintergrund" in
der Einführung zu Jeremia). Das grausamste unter den Völkern (d. h. Babylon,
vgl. Hes 28,7; 30,11; 32,12 ) fällte Assyrien, wie man einen großen Baum
fällt. Alle, die unter dem Schatten Assyriens Schutz gesucht hatten
(vgl. Hes 31,6.17 ), verließen es nun. Assyriens Fall war ein Anschauungsunterricht für
andere Völker. Kein anderer Baum am Wasser sollte jemals eine solche
Höhe erreichen (V. 14 ). Ägyptens Verlangen danach, eine dauerhafte
Großmacht im Mittleren Osten zu werden, mußte zunichte werden. Wie alle
anderen Völker auch war es für das Grab ( Tod und die Grube ) bestimmt,
nicht für die Herrlichkeit. (Die "Grube" ist der Ort, an dem die
Gestorbenen sind; vgl. die Anmerkungen zu Hes 26,20-21 .) Kein Volk
sollte sich hoch über andere erheben, denn sie alle werden das Schicksal
Assyriens teilen. c. Der Abstieg Assyriens in das Grab ( 31,15 - 18 ) Hes 31,15-18 Nachdem er vom Tod gesprochen hatte (V. 14 ),
entfaltete Hesekiel dies, indem er auf das Verhalten anderer Völker nach
dem Untergang Assyriens verwies (V. 15 - 18 ). Die Völker beklagten
Assyrien (die Quellen wurden durch ihr Klagen zurückgehalten) und waren
erschrocken darüber ( die Völker zitterten ), daß eine so große und
mächtige Nation wie Assyrien jemals fallen konnte. Wenn die starke
"Zeder" fallen konnte, wie können dann irgendwelche niedrigeren "Bäume"
(Völker) darauf hoffen, stehenzubleiben? Während die Völker erschrocken waren, waren die
bereits Untergegangenen ( alle Bäume Edens ) getröstet unter der
Erde (im Grab). Die Völker, die im Schatten von Assyrien gelebt hatten
(vgl. V. 6.12 ) und nun im Grab waren, konnten sich darüber trösten, daß
selbst Assyrien dorthin mußte, wo sie waren. Im Tod waren alle gleich. Die "Verbündeten" Assyriens "unter den Völkern"
schlossen den Kreis zu Ägypten, denn dieses war Assyriens
Hauptverbündeter, als Assyrien an Babylon fiel. Hesekiel machte
deutlich, was er durch seine Allegorie sagen wollte (V. 18 ): Welcher
von den Bäumen Edens kann mit dir in Glanz und Herrlichkeit verglichen
werden? Diese Frage ist der aus Vers 2 ähnlich, aber die Antwort ist nun
klar. Ägypten, das Assyrien in vielem ähnlich war, würde das gleiche
Schicksal erleiden. Es würde mit den Bäumen Edens unter die Erde
hinabfahren . Ägypten würde in Schande enden wie die Unbeschnittenen
(vgl. die Anmerkungen zu Hes 28,10; 32,19 ). Sein Untergang würde durch
das Schwert tödlich sein. Hesekiel wiederholte zur Betonung noch einmal
das Subjekt seiner Geschichte: Dies ist der Pharao und alle seine
Horden (vgl. Hes 31,2 ). 6. Das Klagelied über den Pharao ( 32,1 - 16 ) Hes 32,1-2 a Hesekiels sechste Prophezeiung gegen Ägypten
wurde im zwölften Jahr, im zwölften Monat, am ersten Tag gegeben. Dies
war der 3. März 585 v. Chr. - zwei Monate, nachdem die Nachricht vom
Untergang Jerusalems die Gefangenen in Babylon erreichte (vgl. Hes
33,21 ). Der Untergang von Ägypten war jetzt so sicher, daß Hesekiel
ein Klagelied über den Pharao, den König von Ägypten , anstimmen sollte.
Ein Klage- oder Totenlied wurde gewöhnlich gesungen, wenn jemand
begraben wurde. (Nähere Informationen über das Klagelied finden sich in
den Anmerkungen zu Hes 19 .) Hesekiel hatte bereits Klagelieder über
Juda ( Hes 19 ), die Stadt Tyrus ( Hes 26,17-18;27 ) und den König von
Tyrus ( Hes 28,12-19 ) geschrieben. Das Klagelied über Ägypten besteht
aus drei Teilen ( Hes 32,2 b.3 - 10. 11 - 16). Der zweite und der dritte
Teil beginnen jeweils mit den Worten "So spricht Gott, der Herr"
(V. 3.11 ). Hes 32,2 b Hesekiel verglich den Pharao (Hofra) in seiner
großen Macht mit einem Löwen (vgl. die Könige Judas, Hes 19,2-9 ) unter
den Völkern und einem Ungeheuer in den Meeren (vgl. Hes 29,2-5 ). Das
"Ungeheuer" könnte sich auf ein Krokodil beziehen oder das mythologische
Chaosungeheuer, wodurch die Wildheit und scheinbare Unverletzbarkeit des
Pharao unterstrichen wird. Vermutlich ist das Krokodil von Hesekiel
gemeint, denn Hesekiel sagte, daß der Pharao das sonst ruhige Wasser
aufrühre (vgl. Hi 41,23 ). Die Taten des Pharao brachten die
internationalen Verhältnisse in Verwirrung, als er versuchte, die Macht
Babylons zu brechen. Hes 32,3-10 Hesekiel sprach dann von dem Gericht über den
Pharao. Wenn er ein Krokodil wäre, würde Gott seine Feinde auf eine
"Krokodiljagd" führen. Mit einer großen Menge Völker will ich mein Netz
über dich werfen, und sie werden dich in meinem Netz
heraufholen (vgl. Hes 29,3-5 ). Der Pharao würde von seinen Feinden
gefangen und aus seiner Machtstellung entfernt werden. Diese Aussage war
erstaunlich, denn in Ägypten dachte man, daß der Pharao ein Krokodil
besiegen könne (vgl. die Anmerkungen zu Hi 41 ). Gott würde den Pharao
aus seiner Machtstellung herausziehen und ihn auf das Land werfen und
auf das offene Feld schleudern . Die Macht des Pharao würde zerbrochen
und sein Volk verstreut werden. Die Zerstörung des Pharao und Ägyptens wurde in
Worten beschrieben, die an das Gericht über Ägypten zur Zeit des
Auszuges von Israel erinnerten. Gott sagte, daß er das Land mit dem Blut
Ägyptens tränken würde ( Hes 32,6 ). Dies erinnerte an die erste Plage,
in der Wasser zu Blut wurde ( 2Mo 7,20-24 ). Dieses Mal jedoch würde das
Blut von den erschlagenen Ägyptern stammen. Gott würde auch die Sterne,
die Sonne und den Mond verdunkeln und so Finsternis über das Land
bringen ( Hes 32,7-8 ). Diese kosmischen Zeichen sind zwar auch denen
ähnlich, die den Tag des Herrn begleiten werden ( Joe 3,3-4;4,15 ), aber
hier schien Hesekiel doch eher an die Finsternis der neunten Plage zu
erinnern ( 2Mo 10,21-29 ). Als Reaktion auf den Untergang Ägyptens würden
die umliegenden Völker erschrecken (vgl. Hes 26,16; 27,35; 28,19 ), und
ihre Könige würden vor Furcht zittern . Wenn Gott sein heiliges Wesen
durch das Gericht über Ägypten offenbarte, würde dies auf die anderen
Völker einen tiefen Eindruck machen. Wenn das mächtige Ägypten zerstört
werden konnte, dann auch sie. Hes 32,11-16 Dieser dritte Abschnitt des Klageliedes verläßt
die bildliche Redeweise (V. 3-8 ) und spricht direkt von der Zerstörung
Ägyptens durch Babylon. Das Schwert des Königs von Babylon wird über
dich kommen . Das Heer Pharaos würde durch die grausamen Babylonier
aufgerieben (vgl. Hes 29,17-21; 30,10-12.24 ), und das Land Ägypten
würde zerstört werden. Ägyptens Stolz würde zerschlagen, seine Horden
getötet (vgl. die Anmerkungen zu "Horden" in Hes 30,10 ) und sein Vieh
am Nil und an den anderen Flüssen würde geschlachtet werden. Mensch und
Tier würden durch den kommenden Angriff betroffen sein. Die Wasser, die einst durch den Fuß des
Menschen und die Hufe des Viehs aufgerührt waren, würden nun still
liegen. Im Bilde gesprochen hatte der Pharao durch seine politischen
Intrigen "die Wasser aufgewühlt" ( Hes 32,2 ); buchstäblich wurde der
Nil täglich durch die Menschen und Tiere aufgewühlt (V. 13 ). Aber nun
würden die Ströme und Flüsse ruhig werden, denn dieses Tun würde durch
Tod und Wegführung beendigt werden. Die Ströme werden wie Öl fließen ,
sanft und ruhig. Wie professionelle "Sänger" würden die
umliegenden Nationen ( Töchter der Völker ; vgl. V. 18 ) als Klageweiber
"angestellt", um das Klagelied über den Fall Ägyptens zu singen. 7. Der Abstieg Ägyptens in den Scheol ( 32,17 - 32 ) Hes 32,17-21 Die letzte der Prophezeiungen gegen Ägypten
geschah im zwölften Jahr, am fünfzehnten Tag des Monats zu Hesekiel. Der
Monat selbst wurde nicht genannt. Viele Ausleger glauben, daß es der
gleiche Monat war, in dem auch die vorige Prophezeiung kam (V. 1 ). Wenn
das richtig ist, dann war dies der 17. März 585 v. Chr., genau zwei
Wochen nach der vorhergehenden Prophezeiung. Das Thema der Botschaft ist
das Hinabsinken der Menschen von Ägypten in den Scheol. Da die Sprache
hier sehr poetisch ist, wollte Hesekiel natürlich keine genaue
Beschreibung des Lebens nach dem Tod geben. Aber er machte doch
deutlich, daß ein Mensch nach seinem Tod keine Möglichkeit mehr besitzt,
seine Bestimmung zu verändern. In seinem Klagelied für Ägypten zeigte Hesekiel,
daß Ägypten dazu bestimmt ist, mit den umliegenden Völkern ( den
Töchtern mächtiger Nationen ; vgl. V. 18 ), mit denen, die in die Grube
fahren , in den Scheol zu kommen. (Zu "Grube" als Bild für den Tod vgl.
die Anmerkungen zu Hes 26,19-21 .) Gottes Gerichtswort war so sicher,
daß die Bestimmung Ägyptens für das Grab schon gefallen war. Hesekiel verhöhnte sowohl den Pharao als auch
sein Volk. Bist du berühmter als andere? Geh hinab und lege dich unter
die Unbeschnittenen . Der Stolz Ägyptens würde zerschmettert, wenn sein
Volk zerstreut würde. Es würde gezwungen sein, seinen Platz im Tod unter
den "Unbeschnittenen" einzunehmen. Dieser Ausdruck, der neunmal
in Kapitel 32 benutzt wird (V. 19.21.24 - 26.28 - 30.32 ), beschreibt
einen Tod der Schande und Niederlage (vgl. die Anmerkungen zu Hes
28,10;31,18 ). Jedesmal, wenn Hesekiel diesen Ausdruck für den Tod
benutzte, sprach er von jemandem, der mit dem Schwert durch die Hand
seiner Feinde getötet wurde. Der Abstieg von Ägyptens besiegter Armee und
ihren Verbündeten in den Scheol würde von den militärischen Männern, die
bereits dort waren, verhöhnt werden. Sie würden merken, daß Ägypten
herabkäme, um mit den Unbeschnittenen zu liegen, mit denen, die durch
das Schwert getötet worden sind. Ägypten war stolz auf seine
militärische Stärke, nun aber, im Tod, würde es gedemütigt werden und
seinen Platz unter den anderen besiegten Völkern einnehmen müssen. Hes 32,22-32 Hesekiel beschrieb die Völker, die neben Ägypten
im Scheol sein würden. Die Beschreibungen sind alle ähnlich, denn
jedesmal sprach er davon, daß ein Volk mit dem Schwert erschlagen würde
und nun im Grab sei. Alle (außer Edom) hatten Schrecken verbreitet unter
denen, die sie angegriffen hatten. Assyrien ist dort mit seinem ganzen
Heer (V. 22 ; vgl. V. 23 ). Assyrien war schon als Anschauungsunterricht
von Hesekiel benutzt worden ( Hes 31 ). Alle assyrischen Soldaten, die
im Kampf getötet wurden, lagen ringsumher. Das zweite Land, das erwähnt wurde, war Elam mit
all seinen Horden, ringsumher seine Gräber ( Hes 32,24-25 ). Elam,
östlich von Babylon, war eine kriegerische Nation (vgl. 1Mo 14,1-17 ).
Obwohl es von Assyrien unterworfen und durch Nebukadnezar erobert worden
war ( Jer 49,34-39 ), erhielt Elam dennoch wieder Macht und wurde später
zu einem wesentlichen Teil des persischen Weltreiches. Hesekiel sprach
hier jedoch nur von den besiegten Elamiten der Vergangenheit, die
bereits im Grab waren. Die dritte Gruppe, die Ägypten im Grab erwartete,
waren die Völker von Meschech und Tubal ( Hes 32,26-27 ). "Meschech und
Tubal" wurden bereits früher erwähnt ( Hes 27,13 ). Vermutlich lagen sie
am nördlichen Rand dessen, was heute Ost- und Zentraltürkei ist. Sie
werden noch einmal in Kapitel 38 - 39 als Verbündete von Gog genannt.
Meschech und Tubal hatten einen langen Kampf mit den Assyrern um die
Herrschaft des Gebietes südlich des Schwarzen Meeres gefochten. Liegen
sie nicht bei den anderen unbeschnittenen Kriegern, die gefallen
sind? Manche Ausleger verstehen dies als ein weiteres Gericht, das über
Meschech und Tubal kommen wird, und übersetzen es als Tatsache ("sie
liegen nicht bei ..."). Es scheint jedoch besser, die obige Übersetzung
zu benutzen. Meschech und Tubal werden nicht von den anderen Völkern
unterschieden, sondern stehen im Gericht neben ihnen. Die einst so
grausame Macht dieser Krieger war vergangen. Nun erlitten sie das
Gericht, das ihren Sünden entsprach. Hesekiel fügte kurz ein, warum er von dem Grab
sprach. Auch du, o Pharao, wirst zerbrochen und unter den
Unbeschnittenen liegen, bei denen, die durch das Schwert getötet worden
sind ( Hes 32,28 ). Das Schicksal dieser anderen Völker war ein Beispiel
für Ägypten. Wie diese einst so mächtigen Völker, die nun im Grab waren,
würde es auch dem Pharao und seiner mächtigen Armee ergehen. Dann fuhr Hesekiel in seiner Aufzählung der
Völker fort. Edom ist dort, seine Könige und alle seine
Fürsten (V. 29 ). Edom hatte bereits die Nachricht von Gottes Gericht
erfahren (vgl. Hes 25,12-14 ). Seine Führer, die gestorben waren, lagen
im Scheol und warteten auf die Ankunft Ägyptens. Die letzte Gruppe im Grab waren alle die Fürsten
des Nordens und alle Sidoniter ( Hes 32,30 ). Diese "Fürsten des
Nordens", die mit Sidon in Verbindung standen, waren vermutlich die
phönizischen Stadtstaaten. Alle diese großen Mittelmeermächte mußten das
gleiche, demütigende Schicksal erleiden: Erschlagen in Unehre trotz des
Schreckens, der durch ihre Macht hervorgerufen wurde. Ihre früheren
Heldentaten konnten sie nicht vor dem Schrecken des Todes retten. Auch
sie erwarteten die Ankunft Ägyptens im Scheol. Noch einmal kam Hesekiel auf das Schicksal
Ägyptens zu sprechen (V. 31 - 32 ). Der Pharao würde in pervertierter
Weise getröstet sein, wenn er und seine Horden schließlich im Scheol
ankamen, denn er würde sehen, daß er nicht alleine in seiner Schande und
Demütigung war. III. Segen über Israel ( Hes 33-48 ) Dieser letzte große Abschnitt des Buches spricht
von der Erneuerung des Segens über Israel. Israel würde wegen seiner
Sünden ebenso gerichtet werden ( Hes 1-24 ) wie die umliegenden Völker
( Hes 25-32 ). Aber Israel wird nicht für immer unter dem Gericht Gottes
bleiben. Gott hat es sich als sein auserwähltes Volk herausgerufen, und
er wird seine Verheißungen ihm gegenüber erfüllen. A. Neues Leben für Israel ( Hes 33-39 ) Der erste Schritt in der Erneuerung Israels wird
die Wiederherstellung als Volk sein. Israel als Volk "starb", als es in
die Gefangenschaft geführt wurde. Seine Heimat war verloren, sein Tempel
zerstört und seine Könige entthront. Die Feinde Israels hatten
triumphiert. Seine falschen Führer hatten die Menschen in die Irre
geführt, und seine Nachbarn hatten das Land geplündert und ausgenommen.
Wenn Israel die Erfahrung des Segens Gottes machen soll, dann muß es als
Volk "wiedergeboren" werden. Die falschen Führer werden durch einen
wahren Hirten ersetzt werden ( Hes 34 ). Die äußeren Feinde Israels
werden gerichtet werden ( Hes 35 ). Die Menschen werden ganz neu sowohl
in das Land als auch zu Gott kommen ( Hes 36-37 ), und ihre Sicherheit
wird von Gott selbst garantiert werden ( Hes 38-39 ). 1. Der Wächter Hesekiel wird erneut berufen ( Hes 33 ) a. Hesekiels Aufgaben als Wächter ( 33,1 - 20 ) Hes 33,1-20 Hesekiel war als Gottes Wächter eingesetzt
worden, um Israel vor dem kommenden Gericht zu warnen (vgl. die
Anmerkungen zu Hes 3,16-27 ). Seine erste Berufung war zu einem Dienst
des Gerichtes. Diese Berufung aber ist nun vollendet. Deshalb ernannte
Gott Hesekiel nun zum zweiten Mal als Wächter, aber dieses Mal ist seine
Botschaft eine andere. Immer noch ging es um die Verantwortung und
Verläßlichkeit des einzelnen, aber der Kern der Botschaft war nun die
Wiederherstellung Israels durch Gott. b. Hesekiels Mund wird geöffnet ( 33,21 - 33 ) Hes 33,21-22 Hesekiel war auf seinen neuen Dienst vorbereitet
worden, als die Nachricht von dem Untergang Jerusalems die Gefangenen in
Babylon erreichte. Im zwölften Jahre ihres Exils, im zehnten Monat, am
fünften Tag , d. h. am 9. Januar 585 v. Chr., kam die Nachricht des
Unterganges durch einen der Überlebenden aus Jerusalem, der mehrere
Monate und viele hundert Kilometer gereist war, zu Hesekiel. Jetzt erst
wurde die grausame Wirklichkeit der Weissagungen Hesekiels allen bewußt. Nun, da Hesekiels Botschaft bestätigt worden war,
brauchte er nicht mehr zu schweigen. So wurde sein Mund aufgetan in der
Nacht, bevor der Bote ankam . Sieben Jahre lang war
Hesekiel stumm gewesen und hatte nur reden dürfen, um Gottes Gerichte zu
verkündigen (vgl. Hes 3,26-27 ). Hes 33,23-29 In den verbleibenden Versen von Kapitel 33 sprach
Hesekiel zu zwei Gruppen von Leuten. Als erstes verurteilte er jene
Israeliten, die im Land Israel geblieben waren und ein baldiges Ende der
babylonischen Gefangenschaft erwarteten (V. 23 - 29 ). Dann tadelte er
die, die sich versammelten, um ihn in Babylon zu hören (V. 30 - 33 ). Die Menschen, die in Israel nach dem Fall
Jerusalems zurückblieben, weigerten sich, das Gericht Gottes
anzuerkennen. Sie verglichen sich selbst mit Abraham und behaupteten,
der Überrest zu sein, den Gott zurückgelassen habe, um das Land zu
besitzen. Wenn der eine Mann, Abraham, ein Recht auf das Land gehabt
hatte, dann, so schlußfolgerten sie, hatten die vielen Israeliten doch
ganz sicher dieses Recht. Aber zwischen Abraham und denen, die nun im Land
lebten, gab es einen großen Unterschied. Abraham war gerecht, sie aber
gottlos. Sie aßen Fleisch, in dem noch das Blut war (vgl. 3Mo
17,10-14 ), beteten Götzen an ( 2Mo 20,4-6 ) und vergossen
Blut (vgl. 2Mo 20,13 ). Das Recht, das Land zu besitzen , war von dem
geistlichen Gehorsam abhängig, nicht von der Anzahl der Menschen. Wegen
ihrer Sünden hatten diese Menschen ihre Rechte auf das verheißene Land
verloren. Die, die in selbstgefälliger Arroganz meinten,
das Land zu besitzen, würden bald die Schmerzen des Gerichts erleben.
Die Menschen in den Ruinen der Städte würden durch das Schwert fallen ,
die Menschen, die auf das Land geflohen waren, würden von wilden
Tieren gefressen, und die, die sich in Festungen und Höhlen versteckten,
würden durch eine Pest sterben . Genau dies waren auch die Gerichte, die
die Menschen von Jerusalem vorher erleben mußten (vgl. Hes 5,17;
14,21 ). Nun würde das Land (Juda) ebenfalls verlassen sein. Hes 33,30-33 Hesekiel sprach dann zu den in Babylon
Gefangenen. Hier gab es eine Gruppe von Anhängern, die ihn als Propheten
anerkannten. Sie versammelten sich von Zeit zu Zeit, um seine
Botschaften zu hören. Diese Menschen hörten gerne Gottes Wort, aber sie
wollten ihm nicht gehorchen (vgl. Jak 1,22-25 ): Sie setzten die Worte
des Propheten nicht in die Praxis um. Sie dienten Gott mit ihren Lippen,
aber in ihren Herzen folgten sie der Sünde. Mit ihrem Mund drückten sie
ihre Hingabe aus, aber ihre Herzen waren habgierig . Hesekiels Worte
gefielen den Ohren der Leute so, wie es schöne Liebeslieder auch getan
hätten. Aber seine Botschaft kam niemals bis in ihre Herzen. Aber es würde ein Tag der Abrechnung kommen. Wenn
alle seine Worte der Weissagung kamen, dann würden sie erkennen, daß er
ein Prophet war. Hesekiel sprach hier nicht von seinen Prophezeihungen
über Jerusalems Untergang, denn diese waren ja schon "gekommen" ( Hes
33,21 ). Manche Ausleger glauben, daß er von seiner Weissagung gegen den
Überrest in Juda sprach (V. 23 - 29 ), aber es ist zweifelhaft, daß eine
Gerichtsbotschaft über den Überrest einen größeren Eindruck auf die in
der Gefangenschaft lebenden Juden gemacht hätte als der Untergang der
Stadt Jerusalem. Hesekiel sprach vermutlich vielmehr von der
Verantwortlichkeit des einzelnen und dem Gericht, das Gott über alle
Menschen spricht (vgl. V. 12 - 20 ). Jeder würde für seine Taten und
seine Reaktion auf das Wort Gottes Rechenschaft geben müssen. Wenn ihr
Tag der Abrechnung käme, würden diese "Hörer des Wortes" ( Jak 1,22 )
gezwungen sein, die prophetische Natur - und damit auch die Wahrheit -
der Botschaft Hesekiels anzuerkennen. 2. Die gegenwärtigen falschen Hirten im Gegensatz
zu dem kommenden wahren Hirten ( Hes 34 ) a. Die gegenwärtigen falschen Hirten ( 34,1 - 10 ) Hes 34,1-6 Gott sagte dem Propheten, daß er gegen die Hirten
Israels weissagen sollte. Die Führer des Volkes wurden oft mit Hirten
verglichen (vgl. Ps 78,70-72; Jes 44,28; 63,11; Jer 23,1-4; 25,34-38 ).
Sie sollten starke, fürsorgliche Führer sein, die ihr Volk wie eine
Herde behüteten. Hesekiel erläuterte zunächst die Sünden der Hirten
( Hes 34,1-6 ) und verkündete dann das Gericht über sie (V. 7 - 10 ). Israels Führer dienten ihrer Herde nicht. Ihr
erster Fehler war, daß sie ihre eigenen Interessen über die des Volkes
setzten (V. 2 - 3 ). Wehe den Hirten Israels, die sich nur um sich
selbst kümmern! Israels Könige hatten Reichtum auf Reichtum gehäuft auf
Kosten des gemeinen Volkes. Sie sahen die Herde als Quelle des Reichtums
an, die man ausbeuten mußte, anstatt als anvertrautes Gut, das beschützt
werden sollte. Der zweite Fehler der Führer war die harte
Behandlung, die sie dem Volk zuteil werden ließen. Ein Hirte sollte
seine Schafe zur Nahrung führen, vor Angriffen schützen, verletzte
Schafe versorgen und verirrte und verlorene suchen. Aber die Hirten
Israels kümmerten sich nicht um ihre Leute. Sie regierten hart und
grausam. Der dritte Fehler der Führer war ihre ständige
Vernachlässigung der Menschen. Sie ließen zu, daß sie zerstreut wurden,
ohne nach ihnen zu sehen (V. 5 - 6 ). Dreimal in den Versen 5 -
6 spricht Hesekiel davon, daß die Schafe zerstreut waren. Die
Hauptaufgabe eines Hirten war, solch eine Katastrophe zu verhindern.
Hesekiel meinte vermutlich die assyrische und die babylonische
Gefangenschaft, durch die Israel und Juda unter den Völkern zerstreut
worden waren. Die Hirten konnten nicht verhindern, was zu verhindern
doch eigentlich ihre Hauptaufgabe gewesen wäre. Hes 34,7-10 Die Hirten hatten ihre Aufgabe vernachlässigt,
und die Schafe waren zerstreut. Nun war es Zeit, die Hirten für ihre
Taten zur Rechenschaft zu rufen. Gott würde die Hirten für seine Herde
verantwortlich machen und sie aus ihren Machtpositionen entfernen. Sie
würden keine Gelegenheit mehr haben, sich auf Kosten des Volkes zu
bereichern. Gott sagte: Ich werde meine Herde aus ihrem Rachen erretten.
Sie werden ihnen nicht mehr länger zur Speise dienen . Die Führer würden
die Menschen nicht mehr weiter ausbeuten können. Diese Aussage bildet
die Brücke zu dem nächsten Abschnitt. Die falschen Hirten hatten Israel
in den Ruin geführt. Deshalb würde Gott selbst eingreifen und sein Volk
retten. b. Der kommende wahre Hirte ( 34,11 - 31 ) Was die falschen Hirten durch ihre Habgier nicht
schafften (V. 1 - 10 ), würde Gott tun. Er würde sich um seine Herde
kümmern (V. 11 - 16 ), zwischen seinen Schafen richten (V. 17 - 24 ) und
einen Bund des Friedens errichten (V. 25 - 31 ). Hes 34,11-16 Die Herde war durch die grausamen und
gleichgültigen Hirten zerstreut (V. 2 - 6 ). Wenn die Schafe gerettet
und zurückgebracht werden sollten, mußte Gott, der große Hirte, dies
selbst tun. Ich selbst werde meine Schafe suchen und nach ihnen sehen .
Gott würde persönlich zugunsten von Israel eingreifen. Gottes erste Aktion würde sein, Israel wieder aus
den Völkern herauszuführen und in sein Land einzusetzen. Hier würde er
sie wie Schafe auf gutem Weideland weiden. Gott würde tun, was die
falschen Hirten nicht getan hatten - hüten, suchen, zurückbringen,
stärken und mit Gerechtigkeit weiden. Diese Weissagung wurde nicht
erfüllt, als Israel nach der babylonischen Gefangenschaft in sein Land
zurückkehrte. Ihre Erfüllung wird erst im Tausendjährigen Reich
geschehen. Hes 34,17-24 In seiner Gerechtigkeit würde Gott auch zwischen
den einzelnen Schafen richten: Ich werde richten zwischen einem Schaf
und dem anderen und zwischen Widdern und Böcken . Bevor das
Tausendjährige Reich beginnt, wird Gott die Gerechten von den
Ungerechten trennen (vgl. Mt 25,31-46 ) und nur den Gerechten Zutritt in
sein Reich geben. Wie aber wird Gott den einen von dem anderen
trennen? Das Wesen der Schafe wird an ihrem Verhalten sichtbar ( Hes
34,17-21 ). Die gottlosen Schafe sind jene, die ihren früheren Hirten
folgen und die schwächeren Schafe unterdrücken. Sie zertraten das
Weideland und wühlten sogar die Flüsse auf, so daß den anderen Schafen
nur unansehnliche Vegetation und schlechtes Wasser übrig blieb.
Diese fetten Schafe hatten Erfolg, wenn sie die schwachen Schafe brutal
behandelten. Die gottlosen Schafe stießen sogar alle schwachen Schafe
mit ihren Hörnern, um sie wegzutreiben. Gott wird nicht zulassen, daß
dies weiter geschieht. Vielmehr wird er die Unterdrückten retten und die
Unterdrücker richten. Er wird richten zwischen einem Schaf und dem
anderen (V. 22 ; vgl. V. 17 ). Nachdem er die einzelnen Schafe gerichtet hat,
wird Gott seine Führerschaft ausüben, indem er einen neuen Hirten
einsetzt (V. 23 - 24 ). Dieser Hirte, so sagte Gott, wird sein Knecht
David sein. Viele Ausleger sehen hierin eine Anspielung auf Christus,
den guten Hirten (vgl. Joh 10,11-18 ), der aus der Linie Davids stammt
und König über Israel ist (vgl. Mt 1,1 ). Aber nichts in Hes 34,23 macht
es zwingend , daß Hesekiel hier nicht buchstäblich von König David
spricht, der aufersteht, um als Israels gerechter Fürst zu dienen. David
wird auch an anderen Stellen der Bibel erwähnt, die von der zukünftigen
Wiederherstellung Israels sprechen (vgl. Jer 30,9; Hes 37,24-25; Hos
3,5 ). Auch macht Hesekiel deutlich, daß David der Fürst ( nARI? ) des
erneuerten Volkes sein wird. Dieser gleiche "Fürst" wird dann für sich
selbst während des Tausendjährigen Reiches Sündopfer bringen ( Hes
45,22; 46,4 ). Dies kann kaum auf den sündlosen Sohn Gottes zutreffen,
wohl aber auf David. Er scheint also, daß dies eine wörtlich zu
verstehende Stelle ist, die von einem auferweckten David spricht.
Anstelle der falschen Hirten wird Gott einen wahren Hirten einsetzen, um
seine Schafe zu hüten. Hes 34,25-31 Gottes Fürsorge und Schutz wird Frieden für sein
Volk bringen. Ich werde einen Bund des Friedens mit ihnen machen .
Israel wird jenen Frieden erleben, nach dem es sich so lange gesehnt
hat. Die Unsicherheiten, die von verlassenen Orten, wilden Tieren,
anderen Völkern und unvorhersehbarem Wetter ausgingen, werden beseitigt
werden. Das Land wird Frieden und Wohlstand erleben. Bäume werden Frucht
tragen, und der Boden wird seine Ernte geben, und die Menschen werden
sicher sein in ihrem Land . Gottes "Bund des Friedens" wartet auf den Segen,
den Israel im Tausendjährigen Reich erleben wird. Dieser Bund wird
Israel endgültig in sein Land einsetzen mit David als seinem Hirten.
Später sagte Hesekiel, daß der Bund des Friedens auch die Erneuerung des
Tempels Gottes als sichtbare Erinnerung an seine Gegenwart mit sich
bringen wird ( Hes 37,26-28 ). Gott wird Israel erneuern, weil es ein
einzigartiges Verhältnis zu ihm besitzt. Du bist meine Herde, die Herde
meiner Weide, bist mein Volk, und ich bin dein Gott. 3. Der Feind (Edom) wird zerstört ( Hes 35 ) Warum widmete Hesekiel Edom eine zweite
Weissagung (vgl. Hes 25,12-14 ), und warum finden wir diese inmitten
dieses Abschnittes über die Wiederherstellung Israels? Vermutlich wurde
Edom deshalb hier eingefügt, um stellvertretend das Gericht deutlich zu
machen, das Gott auf alle Völker legen wird, die sich Israel
entgegenstellen. Edom war der Prototyp aller späteren Feinde Israels.
Die Vernichtung von Edom würde ein Signal sein für den Anfang des
Gerichtes Gottes über die ganze Erde, weil dieses Volk Israel so
feindlich behandelt hatte (vgl. 1Mo 12,3 ). Die Weissagung gegen Edom besteht aus drei
Teilen, von denen jeder mit der bei Hesekiel so häufigen Wendung endet:
"Dann wirst du / werden sie erkennen, daß ich der Herr bin" ( Hes
35,4.9.15 ). Hes 35,1-4 In einer direkten Gerichtsaussage über Edom sagte
Gott: Ich bin gegen dich, Berg Ser . Ser, Edoms geographischer Name, war
das Berggebiet östlich des Wadi Arabah im Süden des Toten Meeres. In
diesen Bergen wohnten die Edomiter. Gott würde dieses Volk so verlassen
machen wie ihr Land. Hes 35,5-9 Der zweite Abschnitt der Weissagung entsprach
wieder der bei Hesekiel bekannten "weil/darum"-Formel (die er auch
in Hes 25,1-17 benutzt). Er erläuterte, warum Edom gerichtet werden
würde. Edoms Sünde war seine Feindschaft gegen Israel. Es hatte eine
alte Feindschaft gepflegt und die Israeliten dem Schwert überantwortet
(vgl. Ob 1,10-14 ). Edom hoffte, aus dem Verlust Israels profitieren zu
können. Deshalb unterstützte es den Zusammenbruch Israels. Weil Edom bei dem Untergang Israels geholfen
hatte, würde Gott auch bei seinem Untergang helfen. Viermal (im Hebr.)
spricht Gott in Hes 35,6 vom Blutbad ( dAm , wörtl.: "Blut"). Dies
könnte ein Wortspiel sein mit dem Namen Edoms ( ?MDOm ; von ?ADOm , "rot
sein"). Edom, mit seinen roten Bergen, ist nun rot vor Blut. Da du das
Blutbad nicht haßtest, wird das Blutbad dich verfolgen . Edom würde das
gleiche Schicksal erleiden, das es auf Israel legen wollte (vgl. die
Anmerkungen zu Obadja). Viele Menschen würden erschlagen werden, und
ihre Städte würden verlassen, nicht mehr bewohnt sein. Hes 35,10-15 Hesekiel benutzte erneut die "weil/darum"-Formel.
Edom hatte auch gesündigt, weil es das Land besitzen wollte, das Gott
Juda und Israel versprochen hatte. Edom hatte gesagt, daß diese beiden
Völker sein Besitz werden würden. Gott hat Juda und Israel für ihre
Sünden hart bestraft, aber er hatte seine Verheißungen an Abraham und
dessen Nachfolger niemals vergessen. Edom hatte versucht, Israels
Anspruch auf das Land an sich zu reißen, das ihnen doch von Gott
zugesagt worden war. Gottes Gericht entsprach der Schuld Edoms: Ich
werde dich behandeln entsprechend dem Ärger und der Eifersucht, die du
in deinem Haß gegen sie gezeigt hast (V. 11 ). Edom hatte es gewagt,
gegen Gottes auserwähltes Volk vorzugehen. Nun würde es die Folgen
tragen müssen. In seinem Rühmen gegen Gott (V. 13 ) hatte sich Edom
gefreut, als Israel verwüstet wurde. Deshalb würde Gott auch Edom
verwüstet werden lassen. Sein Verhalten gegen Israel bestimmte nun sein
eigenes Schicksal. Edom war ein Beispiel für alle Völker. Wenn Gott
Israels Schicksal in der Zukunft wenden würde, dann würde er die anderen
Völker der Welt entsprechend ihrer Behandlung Israels richten (vgl. Mt
25,31-46 ). Sie werden an ihrem Verhalten gegen Israel gemessen. 4. Das Volk wird gesegnet ( Hes 36 ) Kapitel 36 steht im Gegensatz zu Kapitel 35 .
Wenn Gott zugunsten Israels eingreift, werden die "Berge" der Feinde
Israels gerichtet ( Hes 35,1-3.8 ), aber die "Berge Israels" (vgl. Hes
35,12 ) werden gesegnet ( Hes 36,1 ). In Vers 1 - 7 wird noch einmal
Edom herausgegriffen als Stellvertreter für alle Völker, die Israel böse
wollen (vgl. V. 5.7 ). Der erste Abschnitt dieser Weissagung (V. 1 -
15 ) vergleicht nach dem "weil/darum"-Schema das Gericht über die Völker
mit der Wiederherstellung Israels. Der zweite Abschnitt (V. 16 - 38 )
wechselt von den Bergen Israels über zu dem Volk Israel, dem
persönlichen Empfänger des Segens Gottes. Die Tatsache der Wiederherstellung Israels in der
Zukunft schien nach seinem Fall unter Babylon so entfernt zu sein, daß
Gott sein eigenes Wesen als Grundlage für diese Wiederherstellung stark
betont (viel mehr als äußere Umstände). Zehnmal sagte der Prophet: "So
sagt Gott, der Herr" (V. 2-7.13. 22.33.37 ). a. Israels Berge werden frohlocken ( 36,1 - 15 ) Hesekiel stellte die gegenwärtige Demütigung
Israels vor seinen Feinden seiner zukünftigen Verherrlichung gegenüber. Hes 36,1-7 Gott verhieß, die Feinde Israels für ihre Sünde,
ihre Hetze, ihr Schlachten (V. 3 ) und Plündern (V. 4 - 5 ), ihre
Schadenfreude und ihre Böswilligkeit gegen Israel zu bestrafen. Daher
schwor Gott mit erhobener Hand (eine Geste, die zu einem Eid gehörte;
vgl. Hes 20,5.15.23; 47,14 ), daß die Völker, die Israel verhöhnt haben
( Hes 36,6 ), ebenfalls Hohn erleiden würden . Die umliegenden Völker
schienen zu triumphieren, aber ihr Sieg war nur von kurzer Dauer. Sie
würden für ihre Sünde bestraft werden. Hes 36,8-12 Im Gegensatz zu dem Gericht, das über die Feinde
Israels kommen würde, konnte Israel selbst auf eine zukünftige Zeit der
Wiederherstellung und des Segens schauen. Gott würde die Katastrophe,
die er über die Berge Israels verkündigt hat ( Hes 6,1-7 ), umkehren.
Die Berge würden grünen und Frucht bringen , denn sein Volk würde bald
nach Hause kommen. Gott wird das Land wiederherstellen, so daß es für
den erneuerten Überrest sorgen kann. Zu Gottes Segen wird auch das zahlenmäßige
Wachstum gehören, die Zahl der Menschen wird zunehmen. Das Volk, das so
stark dezimiert worden ist ( Hes 6,3.5-7 ), wird das Land wieder füllen.
Israels Zukunft wird weit herrlicher sein als seine Vergangenheit. Wenn
Gott schließlich das Volk in sein Land eingesetzt hat, wird das Land
blühen. Er selbst garantiert die Dauerhaftigkeit dieses Zustandes. Wenn
Israel einmal wieder in sein Land zurückgebracht ist, werden seine
Bewohner sicher leben. Das Land wird nie wieder Israel seiner Kinder
berauben . Statt einer grausamen Wildnis mit Dürre, Hunger und Tod
(vgl. 3Mo 26,18-22; 4Mo 13,32; 5Mo 28,20-24 ) wird es ein Ort des Segens
sein. Dies wird geschehen, wenn Israel während der tausendjährigen
Herrschaft Christi sein Land besitzt. Hes 36,13-15 Neben der Bestrafung der Feinde Israels (V. 1 -
7 ) und der Wiederherstellung des Landes Israel (V. 8 - 12 ) wird Gott
auch die Schmähungen Israels beseitigen (V. 13 - 15 ). Die Verhöhnung
und die Demütigung ( Spott und Hohn ), die Israel erleiden mußte (V. 3 -
6 ), werden aufhören (vgl. Hes 16,57 -58 ). Es wird erneut in seine
Ehrenstellung als Gottes auserwähltes Volk eingesetzt werden (vgl. 5Mo
28,13; Sach 8,13.20-23 ). b. Israels Volk wird gesammelt ( 36,16 - 38 ) Nachdem er Israels traurige Vergangenheit
besprochen hatte (V. 16 - 21 ), sprach Hesekiel nun (in drei
Abschnitten, die jeweils beginnen mit: "Dies ist das Wort Gottes, des
Herrn"; V. 22.33.37 ) von der zukünftigen Wiederherstellung des Volkes. Hes 36,16-21 Bevor Hesekiel die zukünftige Reinigung Israels
ansprach, erinnerte er die im Exil lebenden Juden zunächst an ihre
Sünde, die ihr Gericht verursacht hatte. Als sie im Land waren,
verunreinigten sie es durch ihr Verhalten und ihre Taten (vgl. V. 19 ).
Diese Entweihung war wie der Ausfluß einer Frau während ihrer
Menstruation, der sie kultisch unrein machte und alles verunreinigte,
was sie berührte (vgl. 3Mo 15,19-23 ). Wie verunreinigten die Menschen
das Land? Durch Blutvergießen und Götzendienst (vgl. Hes 33,25 ). Eine
Folge dieses Tuns war, daß Gott sie aus dem verunreinigten Land
entfernte. Aber selbst als sie zerstreut waren unter den
Völkern, entweihten sie Gottes heiligen Namen. Hes 36,22-23 Andere Nationen sahen Gott, den Allerhöchsten ,
durch die Taten der Israeliten. Dadurch wurde sein Name beschmutzt.
Deshalb sagte Gott, daß er Israel nicht um seiner selbst willen, sondern
um seines heiligen Namens willen wiederherstellen würde. Israel besaß
keine inneren Werte, die Gott veranlassen könnten, sich für es
einzusetzen. Er würde das Volk erneuern, weil sein Ruf auf dem Spiel
stand. Er würde die Heiligkeit seines großen Namens zeigen (vgl. Hes
20,41; 28,22.25; 38,16; 39,27 ). Gott hatte seine Gerechtigkeit deutlich
gemacht, als er Israel für seine Sünde bestrafte. Nun wird er seine
Gnade und Treue zeigen, wenn er seine Bundesverheißungen erneuert und
Israel wieder aufrichtet. Hes 36,24-32 In diesen Versen werden die Mittel gezeigt, die
Gott benutzt, um seine Heiligkeit deutlich zu machen. Als erstes wird er
das Volk physisch erneuern: Er wird es sammeln aus all den Ländern und
zurückbringen in sein eigenes Land (V. 24 ). An der Spitze dessen, was
Gott für die Zukunft plant, steht die Wiederherstellung Israels als
Volk. Diese Wiederherstellung wird jedoch nicht nur den
physischen Bereich betreffen. Gott versprach: Ich werde reines Wasser
auf dich sprengen, und du wirst rein werden; ich werde dich reinigen von
all deiner Unreinheit und von allen deinen Götzen . Hier wird nicht von
der Wassertaufe gesprochen. In der Zeit des Alten Testamentes war das
Waschen oder Besprengen mit Wasser ein Bild für die Reinigung von
kultischer Unreinheit (vgl. 3Mo 15,21-22; 4Mo 19,17-19 ). Da Israels
Unreinheit wie die kultische Unreinheit einer Frau durch ihre
Menstruation war ( Hes 36,17 ), wird auch seine Reinigung nun mit dem
kultischen Akt der Reinigung verglichen. Damit soll gezeigt werden, daß
Gott Israel von seinen Sünden reinigen wird. Auf diese Reinigung wird
die Gabe eines neuen Lebens folgen. Gott wird der umgekehrten Nation ein
neues Herz und einen neuen Geist geben. Anstelle des steinernen
Herzens wird er Israel ein fleischernes Herz geben (vgl. Hes 11,19 ).
Wenn Gottes Geist auf diese Weise in ihm wohnt (vgl. Hes 37,14 ), wird
es dazu getrieben, seinen Geboten und Gesetzen zu gehorchen (vgl. Hes
37,24 ). Gottes Erneuerung des Volkes Israel macht nicht einfach die
Sünde Israels ungeschehen, so daß das Volk in einen Zustand der
Neutralität versetzt würde. Vielmehr gehört die positive Veränderung
durch das Geschenk einer neuen Natur für das Volk Israel dazu. Dadurch
wird Israel gerecht gemacht. Jeremia nannte dieses Werk Gottes den
"neuen Bund" (vgl. die Anmerkungen zu Jer 31,31-33 ). Die Gabe des Geistes Gottes für gläubige
Israeliten wird zu einem neuen Verhältnis zwischen Israel und seinem
Gott führen: Ihr sollt mein Volk sein, und ich will euer Gott
sein (vgl. Hes 11,20; 14,11; 37,23.27 ). Gott wird seine ganze
Barmherzigkeit seinem Volk zuwenden. Es wird, von seinen Sünden befreit,
die überreichen Gaben des Landes erhalten, Korn, Frucht und Ernten
(vgl. Hes 34,27 ) ohne Hungersnot (vgl. Hes 34,29 ). Wenn Israel über Gottes Gnade und sein eigenes
früheres Wesen ( seine bösen Wege und gottlosen Taten ) nachdenkt, wird
es erkennen, daß es seine Gunst nicht verdient hat. Es wird sich selbst
verachten wegen seines sündigen Tuns und erschrocken darauf
zurückblicken. Die Finsternis seiner vergangenen Taten wird in starkem
Kontrast stehen zu dem Licht der Gnade Gottes. Israel wird erkennen, daß
Gott es nicht gerettet hat, weil es dies verdient hätte. Gott tut dies
nicht um Israels willen, sondern, um seinen eigenen Namen groß zu
machen. Hes 36,33-36 Wenn Israel erneuert ist und das Land gepflügt,
werden die Menschen erleben, daß dieses öde Land wie der Garten Eden
wird. Israels Städte, die in Ruinen lagen, werden befestigt und bewohnt
werden. Israel wird für die umliegenden Völker ein Beispiel für Gottes
Gnade sein. Sie werden die Macht Gottes anerkennen müssen, der sein Volk
erneuert hat: Sie werden erkennen, daß ich der HERR wieder gebaut habe,
was zerstört war. Hes 36,37-38 Gott wird auch die Nation zahlenmäßig wachsen
lassen. Dies wird als ein Zeichen des Segens Gottes angesehen (vgl. 1Mo
12,2; 15,1-6; 1Sam 1,5-6; 1Sam 2,1-11; Sach 8,4-5 ). Hesekiel, ein
Priester, verglich das Wachsen der Bevölkerung von Israel mit den
unzähligen Herden von Opfertieren, die für die Feste in Jerusalem
zusammengekommen sind. So wie in großen Herden nur wenig Platz ist, so
werden die zerstörten Städte Israels, damals leer und verlassen, mit
Herden von Menschen gefüllt sein. 5. Die Nation wird wiederhergestellt ( Hes 37 ) <-BB=Hes--> Kapitel 37 ist eine lebendige
Illustration für das Versprechen von Kapitel 36 . Gott hatte
angekündigt, daß Israel wieder unter der Führung Davids als König in
sein Land eingesetzt wird. Dies aber schien, angesichts des
gegenwärtigen Zustandes von Israel, weit entfernt. Als Volk war Israel
"tot" - seines Landes, seines Königs und seines Tempels beraubt. Es war
schon so lange geteilt und miteinander zerstritten, daß eine Vereinigung
und Wiederherstellung undenkbar schien. Deshalb gab Gott Hesekiel zwei
Zeichen ( Hes 37,1-14 und V. 15 - 28 ), die die Tatsache der Erneuerung
unterstrichen und die Verheißungen, die er gemacht hatte, bestätigten. a. Die Vision von dem Totenfeld, das lebendig
wird ( 37,1 - 14 ) Die meisten Israeliten haben Gottes Verheißung
der Erneuerung wahrscheinlich angezweifelt. Ihre gegenwärtige Lage
schien die Möglichkeit der Erfüllung auszuschließen. Deshalb machte Gott
deutlich, daß seine souveräne Macht und Fähigkeit ausreiche, seine
Verheißungen zu erfüllen. Ihre Erfüllung hängt von ihm ab, nicht von den
Umständen. Hesekiel berichtete die Vision (V. 1 - 10 ) und erklärte sie
dann (V. 11 - 14 ). Hes 37,1-10 Gott brachte Hesekiel durch den Geist (vgl. Hes
3,14; 8,3; 11,1.24; 43,5 ) in ein Tal voller Knochen . Er bemerkte, daß
die Knochen sehr trocken waren, gebleicht und verdorrt unter der heißen
Sonne. Gott stellte dem Propheten eine bemerkenswerte
Frage: Sohn des Menschen, können diese Knochen leben? Gibt es in diesen
toten Gebeinen irgendein Potential für Leben? Hesekiel wußte, daß dies
menschlich gesehen unmöglich war. Deshalb war seine Antwort
vorsichtig. O HERR, mein Gott, du alleine weißt es . Nur Gott kann so
etwas tun. Gott wies Hesekiel dann an, diesen Knochen zu
weissagen . Der Inhalt dieser Weissagung war Gottes Versprechen der
Erneuerung: Ich werde Atem in euch kommen lassen, und ihr werden
lebendig werden . "Atem" ( rUaH ) kann auch mit "Wind" oder "Geist"
übersetzt werden. In Hes37,14 wird das gleiche Wort in manchen
Übersetzungen mit "Geist" übersetzt. Vielleicht dachte Gott an 1Mo 2,7 .
Bei der Erschaffung des Menschen machte Gott Adam zu einem lebendigen
Wesen, indem er in seine Nase "den Atem des Lebens" blies. Ob Gott dabei
von Wind, physischem Atem, dem Lebensprinzip oder dem Heiligen Geist
sprach, ist unklar. Die Ergebnisse jedenfalls waren eindeutig. Gott
wollte diesen toten Knochen Leben geben. Während Hesekiel seine
Weissagung verkündigte, sah er etwas Erstaunliches. Die Knochen kamen
zusammen ( Hes 37,7 ), Fleisch entwickelte sich, Haut überzog sie
(V. 8 ), Atem kam in sie, und sie standen auf (V. 10 ). Hes 37,11-14 Worauf bezog sich diese Vision? Gott sagte, daß
sie von dem Volk Israel handelte ( dem ganzen Haus Israel ), das in der
Gefangenschaft war. Wie unbegrabene Gebeine verschmachteten die Menschen
und sahen kein Ende ihres Gerichtes: Unsere Hoffnung ist vergangen, wir
sind abgeschnitten . Die überlebenden Israeliten dachten, daß ihre
nationalen Hoffnungen vernichtet worden seien. Israel war "gestorben" in
den Flammen des babylonischen Angriffes und hatte keine Hoffnung der
Auferstehung. Die Wiederbelebung der trockenen Knochen war ein
Bild für die nationale Wiederbelebung Israels. Die Vision machte
deutlich, daß das neue Leben Israels von Gottes Macht abhing, nicht von
äußeren Umständen: Ich werde deine Gräber öffnen, ich werde dich
zurückbringen in das Land Israel . Wenn Gott Israel als Volk erneuern
würde, würde er es auch geistlich neu machen. Er wird seinen Geist in
Israel legen. Der Lebensatem, den die Körper erhielten, war ein Bild für
den Heiligen Geist, der Israel im Neuen Bund verheißen war (vgl. Hes
36,24-28 ). Die Israeliten, die heute in Palästina wohnen,
sind nicht die Erfüllung dieser Weissagung. Aber sie wird erfüllt
werden, wenn Gott die gläubigen Israeliten in sein Land sammelt ( Jer
31,33; 33,14-16 ), wenn Christus wiederkommt, um sein Königreich
aufzurichten (vgl. Mt 24,30-31 ). b. Das Zeichen der beiden Stöcke, die vereinigt
werden ( 37,15 - 28 ) Das zweite Zeichen, das Hesekiel in diesem
Kapitel erhält, macht die Erneuerung der Nation deutlich. Zuerst wird
das Zeichen gegeben (V. 15 - 17 ), dann erklärt (V. 18 - 28 ). Hes 37,15-17 Hesekiel erhielt den Auftrag, zwei Stöcke aus
Holz zu nehmen und auf einen den Namen Juda und auf den anderen die
Namen Ephraim und Josef zu schreiben. Dann sollte Hesekiel sie
zusammenhalten wie einen Stock. Nachdem Salomo gestorben war, teilte sich das
Volk Israel 931 v. Chr. Das Südreich wurde Juda genannt, weil Juda sein
größter Stamm war und weil das Land von einem König aus diesem Stamm
beherrscht wurde (vgl. 1Kö 12,22-24 ). Das Nordreich hieß Israel,
manchmal auch Ephraim (z. B. Hos 5,3.5.11-14 ), entweder weil Ephraim
der stärkste und einflußreichste Stamm war oder weil der erste König
Israels, Jerobeam I., aus diesem Stamm kam ( 1Kö 11,26 ). Israel wurde
von Assyrien 722 v. Chr. in die Gefangenschaft geführt und Juda 605, 597
und 586 v. Chr. von Babylon. Hes 37,18-28 Die Vereinigung der Stökke war ein Bild für die
Erneuerung und Wiedervereinigung seines Volkes im Land als eine Nation
(vgl. Hos 2,2 ). Gereinigt von ihrem Abfall, werden sie mein Volk sein,
sagte Gott, und ich will ihr Gott sein (vgl. Hes 11,20; 14,11; 36,28;
37,27 ). Wenn Israel wieder vereinigt ist, wird König
David selbst es führen (vgl. die Anmerkungen zu Hes 34,23-24 ). Als
Gottes Knecht wird er ihr einziger Hirte sein. Gott wiederholte dann noch einmal den Segen, den
er auf das Volk im Land legen wird. Es wird dort für immer wohnen, und
David wird sein Fürst sein. Gottes Bund des Friedens (vgl. Hes 34,25;
Jes 54,10 ) wird dann mit ihm aufgerichtet werden, und seine Gegenwart
wird für immer bei ihm bleiben (im Gegensatz zu dem Weggang seiner
Herrlichkeit; Hes 9-11 ). Die sichtbare Erinnerung an diese Gegenwart
Gottes wird sein Heiligtum sein, sein Wohnort. Noch einmal fügte Gott
hinzu: Ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein (vgl. Hes
11,20; 14,11; 36,28; 37,23 ). Diese Verheißungen stehen im Zusammenhang
mit den detaillierten Plänen für Gottes neues Heiligtum ( Hes 40-43 ).
Dieses Gebäude wird als Anschauungsunterricht für Israel und die Völker
dienen und Gottes Gegenwart inmitten seines Volkes deutlich machen. 6. Der Angriff durch Gog wird zurückgeschlagen ( Hes 38-39 ) Israel wurde von seinen Feinden zertreten, aber
in der Zukunft wird Gott selbst für die Sicherheit des Volkes sorgen. Er
wird sein Volk verteidigen und die Feinde in fernen Ländern richten (das
Gericht über die umliegenden Länder wurde schon erwähnt; Hes 25-32 ). Einige der Länder, die Hesekiel in Kapitel 38;
39 anführt, wurden bereits als Handelspartner von Tyrus angesprochen.
Vgl. dazu die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in
der Einführung zu Jeremia, wo die Lage dieser Orte und Länder
eingezeichnet ist, die in Hes 38,2-6 erwähnt werden. Neben diesen Ortsnamen muß noch ein weiterer
eventueller Name angesprochen werden. Manche Übersetzungen geben das
Wort rO?S in Hes 38,2 mit "oberster" wieder. Andere dagegen nehmen es
als Eigenname und schreiben "Rosch". Soll das hebräische Wort, das
"Haupt" bedeutet, als Adjektiv angesehen werden ("oberster Fürst") oder
als Eigenname ("Rosch")? Die meisten Gründe scheinen dafür zu sprechen,
es als Adjektiv zu nehmen. "Rosch" wird in der Bibel nie als Name eines
Volkes benutzt, während andere Namen gut bezeugt sind (vgl. 1Mo 10,1-7;
1Chr 1,5-7; Hes 27,13-24; 32,26 ). Die einzige Ausnahme könnte Jes
66,19 sein, aber auch hier ist es zweifelhaft, ob "Rosch" ein Eigenname
ist. Sprechen diese Länder von der Sowjetunion?
Zunächst einmal muß man die Gegenden identifizieren, über die Hesekiel
weissagte, und dann sehen, welche Länder heute in diesen Gegenden
liegen. Hesekiel spricht nicht einfach deshalb von "Rußland", weil das
Wort so ähnlich klingt wie rO?S . Auch sollte man nicht einfach
"Meschech" mit Moskau oder "Tubal" mit "Tobolsk" gleichsetzen. Hesekiel
sprach von damals bekannten Gegenden (nicht den heutigen Namen). Während
man sich also vor allzu schnellen dogmatischen Festlegungen hüten muß,
sprechen drei Gründe dennoch dafür, daß auch die Sowjetunion zu den
Ländern gehört, von denen Hesekiel redet: (1) Einige der Länder, die
Hesekiel erwähnte, lagen in dem, was heute Rußland ist. (2) Die Armeen
kommen, so heißt es, "aus dem fernen Norden" ( Hes 38,6.15; Hes 39,2 ).
Dazu gehört vermutlich auch die Landbrücke zwischen dem Schwarzen und
dem Kaspischen Meer, die heute Teil der Sowjetunion ist. (3) Hesekiel
sprach von einer Koalition verschiedener Völker, von denen viele heute
mit der Sowjetunion verbündet oder unter ihrem Einfluß sind. Dazu
gehören der Iran ("Persien"), der Sudan und das nördliche Äthiopien
("Kusch"), Libyen ("Put") und die Türkei ("Meschech", "Tubal", "Gomer"
und "Bet-Togarma"). Alle diese Nationen (vgl. Hes 38,2-3.5-6 ) werden
sich, vielleicht unter Führung der Sowjetunion, vereinigen, um Israel
anzugreifen. Wann wird sich die Weissagung erfüllen? Kein
historisches Ereignis der Vergangenheit kann damit in Übereinstimmung
gebracht werden. Die Erfüllung steht also noch aus. Manche Ausleger
glauben, daß dieser Angriff auf Israel mit dem von Gog und Magog gegen
Ende der tausendjährigen Herrschaft Christi ( Offb 20,7-9 )
gleichzusetzen sei, aber dies ist aus verschiedenen Gründen schwierig:
(1) Die Ergebnisse des Kampfes bei Hesekiel stimmen nicht mit den
Ereignissen überein, die auf den Kampf in Offb 20 folgen. Warum soll man
die Toten sieben Monate nach dem Kampf begraben ( Hes 39,12-13 ), wenn
das nächste, was geschieht, die Auferstehung der gestorbenen Ungläubigen
ist ( Offb 20,11-13 )? Warum sollten die Menschen noch sieben Jahre nach
dem Kampf auf der Erde bleiben, um die Waffen zu verbrennen ( Hes
39,9-10 ), statt sofort in die Ewigkeit einzugehen ( Offb 21,1-4 )? Die
Ereignisse, die nach dem Kampf geschildert werden, sind so stark
unterschiedlich, daß man von zwei verschiedenen Kämpfen ausgehen muß
(vgl. die Anmerkungen zu Offb 20,7-9 ). (2) Die Auswirkungen auf die
Menschen sind anders. Bei Hesekiel ist der Kampf das Mittel, durch das
Gott Israel zu sich selbst zieht (vgl. Hes 39,7.22-29 ) und durch das er
dessen Gefangenschaft beenden wird. Der Kampf in Offb 20 dagegen
geschieht, nachdem Israel tausend Jahre lang treu gegen Gott gewesen ist
und seinen Segen erlebt hat. Wenn der Kampf in Hes 38-39 nicht am Ende des
Tausendjährigen Reiches geschieht, könnte er dann am Anfang desselben
stehen? Auch dies erscheint zweifelhaft. Nur Gläubige werden in das
Tausendjährige Reich eingehen (vgl. Joh 3,3 ), Menschen, die ihren
Glauben dadurch gezeigt haben, daß sie das auserwählte Volk Gottes
beschützen (vgl. die Anmerkungen zu Mt 25,31-46 ). Zu Beginn des
Tausendjährigen Reiches werden alle Kriegswaffen vernichtet ( Mi
4,1-4 ). Es ist wohl kaum möglich, daß ein Krieg beginnt, wenn die
Ungläubigen beseitigt und ihre Waffen vernichtet sind. Besser ist es wohl, den Kampf mit Gog und Magog,
den Hesekiel beschreibt, in der Zeit der großen Trübsal zu sehen.
Manches deutet darauf hin, daß er innerhalb der ersten dreieinhalb Jahre
dieser sieben Jahre beginnen wird. Der Angriff wird kommen, wenn Israel
in Frieden lebt ( Hes 38,8.11 ). Wenn Israels Bund mit dem Antichristen
zu Beginn der siebzigsten Jahrwoche Daniels ( Dan 9,27 a) geschlossen
wird, dann wird Israel Frieden haben. Aber nachdem dieser Bund gebrochen
worden ist, etwa gegen Mitte der sieben Jahre, wird das Volk eine Zeit
äußerster Verfolgung erleben ( Dan 9,27 b; Mt 24,15-22 ). In dieser Zeit
wird es die Toten begraben ( Hes 39,12-13 ) und die Kriegswaffen
verbrennen können ( Hes 39,9-10 ). Der Kampf, den Hesekiel beschrieb,
könnte also irgendwann während der ersten dreieinhalb Jahre dieser
siebenjährigen Periode vor dem zweiten Kommen Christi stattfinden.
Vielleicht wird er kurz vor der Mitte dieser sieben Jahre beginnen (vgl.
die "Übersicht über Endzeit-Ereignisse, die in der Bibel vorausgesagt
werden" in Band VI, vor Mt). Hesekiel beschreibt einen Kampf, der von den
entferntesten Nachbarn Israels geführt wird. Sie werden ihre Chance
sehen, wenn Israel sich unter dem trügerischen Schutz seines Bundes mit
dem Antichristen sicher fühlt. Zu den Völkern, die diesen Angriff
führen, gehören die Sowjetunion, die Türkei, der Iran, der Sudan,
Äthiopien und Libyen. Zunächst beschrieb Hesekiel die Invasion durch Gog
und seine Verbündeten ( Hes 38,1-16 ) und dann das Gericht über sie
( Hes 38,17- Hes 39,29 ). a. Die Invasion durch Gog ( 38,1 - 16 ) Hes 38,1-6 Welche Völker unter den verschiedenen Namen
angesprochen sind, kann aus dem vorausgehenden Abschnitt unter "6. Der
Angriff durch Gog wird zurückgeschlagen ( Hes 38-39 )" entnommen werden.
Gogs Angriff auf Israel wird letztlich von Gott selbst geführt. Der Herr
sagte: Ich werde dich herumlenken, Haken in dein Maul legen und dich
herausführen mit deinem ganzen Heer - deinen Pferden, Reitern, einer
großen Horde mit Schilden und Schwertern . Zu der Frage, ob die Pferde
und Waffen wörtlich zu verstehen sind, vgl. die Anmerkungen zu Hes
39,9 .Gott wird Gog und seine Verbündeten als Werkzeuge in seinem Plan
mit Israel benutzen. Aber dennoch wird der Gedanke, Israel anzugreifen,
auch von Gog selbst kommen. Gog wird frei und selbständig seine eigenen,
gottlosen Ziele verfolgen. Er "wird einen bösen Plan ersinnen"; 38, 10. Hes 38,7-9 Dieser Angriff richtet sich gegen Israel, dessen
Menschen aus vielen Völkern gesammelt werden und die in Sicherheit
wohnen. Gog und seine Verbündeten werden mit massiver Kraft gegen Israel
ziehen, sie werden herannahen wie ein Sturm und wie eine Wolke (vgl.
V. 16 ). Hes 38,10-13 Gogs Vorhaben bei dem Angriff wird sein, das
ungeschützte und unvorbereitete Israel, das reich an Vieh und Gütern ist
und inmitten des Landes wohnt, zu plündern und zu berauben. Israels
geographische, politische und ökonomische Bedeutung wird erkannt werden.
Deshalb wird es zu einem strategisch günstigen Ziel für jede Macht
werden, die den Handel zwischen Asien und Afrika kontrollieren möchte. Hes 38,14-16 Gogs Angriff gegen Israel wird von allen Seiten
kommen. Gog wird aus dem fernen Norden kommen . Mit ihm kommen seine
Verbündeten aus dem Osten (Persien = Iran), dem Süden (Kusch = Sudan,
Südägypten und Nordäthiopien) und dem Westen (Put = Libyen). Sie
werden gegen Israel ziehen wie eine Wolke (vgl. V. 9 ), die das Land
bedeckt . Diese furchtbare Armee wird alle Hindernisse überrennen, als
wäre sie eine Wolke, die den Himmel überzieht. Der Angriff wird ein weiteres Werkzeug Gottes
sein, durch das er sein heiliges Wesen und seine souveräne Macht
offenbaren wird. Wenn die Völker gegen Israel ziehen, werden sie Gott
erkennen müssen, denn er wird sich selbst heilig erweisen (vgl. Hes
20,41; 28,22.25; 36,23; 39,27 ). Israel wird durch den furchtbaren
Angriff befreit, und Gott wird verherrlicht werden. b. Das Gericht von Gog ( 38,17 - 39,29 ) (1) Die Niederlage von Gog ( Hes 38,17-39,8 ) Hes 38,17-23 Gott selbst wird den Angriff von Gog
zerschmettern. Gott fragte Gog: Bist du es nicht, zu dem ich in früheren
Tagen durch meine Knechte, die Propheten Israels, sprach? Diese Frage
hat unter Auslegern zu viel Verwirrung geführt, denn keiner der früheren
Propheten hat in seinen Schriften irgendeine Bezugnahme auf Gog.
Vielleicht bedeutet es, daß die früheren Propheten das Kommen der
angreifenden Armeen gegen Israel in den letzten Tagen vorausgesagt
haben, die Hesekiel nun in direkten Zusammenhang mit Gog bringt
(vgl. Joe 3,9-14; Zeph 3,15-20 ). Wenn die Armeen Israel erreichen, wird Gottes
Zorn gegen sie entbrennen . Er wird ein großes Erdbeben in Israel
hervorrufen, das die Angriffspläne von Gog unterbrechen und Furcht und
Verwirrung unter den angreifenden Truppen auslösen wird. In dem Chaos wird die Abstimmung zwischen den
vier angreifenden Armeen zusammenbrechen, und sie werden beginnen,
einander anzugreifen. Das Schwert eines jeden wird gegen seinen Bruder
gerichtet sein ( Hes 38,21 ). Furcht und Schrecken wird die Heere
erfassen, so daß jede Armee unterschiedslos auf die anderen losgehen
wird. Dieses Schlachten unter den Armeen wird durch
weitere "Natur"-Katastrophen unterstützt, wozu auch Platzregen, Hagel
und brennender Schwefel gehören werden (V. 22 ). Der Regen wird mit dem
Schmutz und Schutt, die durch das Erdbeben entstanden sind, zu großen
Erdrutschen und Flutwellen führen. Große Hagelkörner werden die
Überlebenden treffen und viele töten (vgl. Jos 10,11 ). Der "brennende
Schwefel" könnte vulkanische Asche sein. Hes 39,1-8 Die angreifenden Armeen werden von Gott völlig
vernichtet werden. Gott wird sie gegen die Berge Israels bringen (V. 2 ;
vgl. Hes 38,8 ), sie schwächen ( Hes 39,3 ) und niederwerfen auf den
Bergen Israels . Die einst so mächtige Armee wird zur Speise für Vögel
und wilde Tiere . Gott wird aber auch die Heimatländer der
Angreifer bestrafen: Ich werde Feuer schicken auf Magog und auf die, die
in Sicherheit in den Küstenländern wohnen . Das Schicken von Feuer
bedeutet Zerstörung und militärische Verwüstung ( Hes 30,8.14.16 ;
vgl. Hos 8,14; Am 1,4.7.10.14; Hes 2,2.5 ). Das Volk, das den Angriff
ausgeheckt hat, wird selbst vernichtet werden. Die "Küstenländer" sind
bereits mehrfach von Hesekiel erwähnt worden (vgl. Hes 26,15.18;
27,3.6-7.15.35 ). Sie beziehen sich auf die entferntesten Gebiete der
damaligen Welt. Durch all dies wird Gott Israel zeigen, daß er heilig
ist und nicht durch die Sünden Israels gelästert werden darf (vgl. Hes
36,22 ). Auch die Völker werden sehen, daß er der Heilige in Israel
ist . Hes 39,9-11 (2) Die Nachwirkungen des Kampfes ( Hes 39,9-20 ) Jene, die kommen werden, um Israel zu berauben
( Hes 38,12 ), werden selbst beraubt werden. Die Israeliten werden die
Waffen der gefallenen Soldaten sieben Jahre lang für Feuer benutzen .
Sind die Kriegswaffen - Pferde, Schwerte, Schilder, Bogen, Pfeile,
Keulen und Speere ( Hes 38,4-5; 39,9 ) - wörtlich zu verstehen, oder
reden sie bildlich von den heutigen Waffen? Der Text selbst erlaubt
beide Auslegungen, aber die gewöhnliche Bedeutung der Worte könnte
darauf hinweisen, daß Hesekiel von tatsächlichen Pferden usw. redet. Es
wäre durchaus vorstellbar, daß durch die anderen katastrophalen
Ereignisse der ersten dreieinhalb Jahre der siebzigsten Jahrwoche
Daniels ( Mt 24,6-8; Offb 6 ) eine Rückkehr zu den eher primitiven
Methoden der Kriegsführung eingetreten sein könnte. Während der restlichen Zeit der großen Trübsal
und bis in das Millenium hinein wird Israel, das diese Waffen
verbrennt, keine Bäume fällen müssen. Israel wird jene ausrauben, die es
ausgeraubt haben, und die plündern, die es geplündert haben. Nach dem Kampf wird Israel auch die Toten Gogs
begraben. Dies wird geschehen im Tal derer, die nach Osten zum Meer
reisen . Diese Übersetzung scheint etwas verwirrend, denn das "nach"
wurde von den Übersetzern ergänzt, und "östlich" ( qiDmat ) solltebesser
mit "im Osten von" wiedergegeben werden (vgl. 1Mo 2,14; 1Sam 13,5 ). Das
Tal, in dem Gogs Heer begraben wird, liegt "östlich von" dem Toten Meer
im heutigen Jordanien. Der Ausdruck "die, die nach Osten reisen"
( hAZOB+rIm ) könnte als Eigenname verstanden werden. Es könnte sich auf
die "Berge von Abarim" ( hAZXBArIm ), östlich des Toten Meeres,
beziehen, durch die Israel ziehen mußte, als es auf dem Weg in das
verheißene Land war (vgl. 4Mo 33,48 ). Wenn dies so ist, dann wird der
Ort, an dem Gog begraben wird, in dem Tal von Abarim liegen, auf der
anderen Seite des Toten Meeres, im Land Moab. Aber trotzdem wird er auch
in Israel sein, denn dieses Gebiet gehörte zeitweilig zu Israel
(vgl. 1Sam 8,2; Ps 60,10 ). Die Zahl der Leichen wird so groß sein, daß
der Weg der Reisenden versperrt wird. Auch hier könnte "der Weg der
Reisenden" mit "Abarim" übersetzt werden. Das Tal wird überfüllt sein
mit den Leichnamen der Soldaten. Der Name des Tales wird verändert in
das Tal der Horden Gogs . Hes 39,12-16 Es werden so viele Soldaten getötet werden,
daß das Haus Israel es sieben Monate lang begräbt . Selbst wenn dies
geschehen ist, werden noch viele Männer ausgesondert, die im Land
umhergehen und nach weiteren Leichen suchen. Wenn sie durch das Land
gehen und einer von ihnen Menschengebeine sieht, wird er ein Zeichen
daneben aufrichten. Wenn dann die Totengräber dieses Zeichen sehen,
werden sie die menschlichen Überreste ebenfalls in das Tal der Horden
Gogs bringen und dort begraben. Dieses ganze Unternehmen wird so
gewaltige Ausmaße haben, daß in dem Tal neben der Grabesstätte eine
Stadt aufgebaut wird, um die Reinigung des Landes schaffen zu können.
Sie wird Stadt der Heerhaufen genannt werden. Hes 39,17-20 Der Untergang von Gog wird ein Fest sein für
die wilden Tiere . (Diese Verse entfalten V. 4 , wo Gott ankündigt, daß
die Leichen der Gefallenen zur Speise für Vögel und wilde Tiere werden.)
Gott wird das Verhältnis zwischen Tier und Mensch umkehren. Gewöhnlich
schlachten und essen die Menschen Opfertiere. Hier aber werden die
Männer aus dem Heer Gogs geopfert und von Tieren gefressen. Gott sprach
zu den Vögeln und Tieren und sagte, daß sie bei diesem großen Opfermahl
Fleisch essen und Blut trinken werden, als wären sie fette Tiere
aus Baschan . Baschan, östlich und nordöstlich des Sees Genezareth, war
für sein fruchtbares Land und seine fetten Kühe bekannt (vgl. Am 4,1 ).
An dem Tisch Gottes werden die Tiere ihren Teil an Pferden und Reitern,
mächtigen Männern und Kriegern jeder Art essen. Hes 39,21-24 (3) Die Folgen des Kampfes für Israel ( Hes
39,21-29 ) Zwei Folgen wird dieser Kampf haben: (a) die
Völker werden die Herrlichkeit Gottes sehen (vgl. die Anmerkungen zu Hes
1,28 ), und (b) Israel wird zu seinem Gott zurückkehren ( 39, 22 ; vgl.
V. 7 ). Der überwältigende Sieg Gottes über Gog wird Israel dazu
bringen, seine Allmacht anzuerkennen. Hes 39,25-29 Die Niederlage von Gog wird aber auch die Pläne
Gottes beschleunigen, die anderen Israeliten aus den Völkern
zusammenzubringen. Vers 25 - 29 blickt voraus auf das Ende der großen
Trübsal, wenn Gott das Volk aus seiner letzten Zerstreuung sammeln wird.
Gott wird Jakob aus der Gefangenschaft bringen und Mitleid haben mit
allen Menschen Israels. Gott wird sich durch sie als heilig
erweisen (vgl. Hes 20,41; 28,22.25; 36,23; 38,16 ) und sie als sein Volk
bestätigen. Er wird seinen Geist ausgießen auf das Haus Israel (vgl. Hes
36,27; 37,14; Joe 3,1 ). Das eigentliche Ergebnis des Kampfes gegen Gog
wird die nationale Umkehr Israels und seine geistliche Erneuerung sein.
Dies wird im Tausendjährigen Reich erfüllt werden. B. Neue Ordnung für Israel ( Hes 40-48 ) In Kapitel 33 - 39 ging es um das neue Leben, das
Israel führen wird, wenn es in sein Land zurückgebracht und wieder in
die Gemeinschaft mit Gott eingesetzt worden ist. Die letzten neun
Kapitel des Buches zeigen, wie die neue Ordnung in Israel errichtet
werden wird. Ein neuer Tempel wird gebaut werden als Zeichen für die
Gegenwart Gottes unter seinem Volk ( Hes 40-43 ), und eine neue Form des
Gottesdienstes wird errichtet, so daß die Menschen Zugang haben zu ihrem
Gott ( Hes 44-46 ). Schließlich wird es auch eine neue Teilung des
Landes für das Volk geben ( Hes 47-48 ). 1. Ein neuer Tempel ( Hes 40-43 ) Gott hatte versprochen, sein Heiligtum unter
seinem Volk wieder aufzubauen ( Hes 37,26-28 ). In Kapitel 40 -
43 schildert er die Pläne für den Bau des neuen Tempels. Die Ausleger
vertreten drei verschiedene Interpretations-Möglichkeiten für diese
Kapitel. (1) Hesekiel sprach von dem Wiederaufbau des salomonischen
Tempels nach der babylonischen Gefangenschaft. (2) Hesekiel weissagte in
bildlicher Weise von der Gemeinde. Es ging ihm dabei nicht um einen
wirklichen Tempel. (3) Während des Tausendjährigen Reiches wird ein
tatsächlicher Tempel gebaut werden. Die erste Sicht muß abgelehnt
werden, weil sich Hesekiel dann geirrt haben müßte in dem, was er
schrieb. Kein Prophet jedoch, der unter Gottes Autorität weissagte, hat
jemals eine falsche Prophezeiung verkündigt ( 5Mo 18,21-22 ; vgl. Mt
5,17-18 ). Auch befolgte der Überrest, der nach der Gefangenschaft nach
Jerusalem zurückkehrte, die Ausführungen Hesekiels nicht. Auch die
zweite Sichtweise ist nicht zutreffend, denn sie widerspricht der
gewöhnlichen Bedeutung der Worte Hesekiels. Die Vertreter dieser
Auslegung interpretieren die früheren Weissagungen Hesekiels, die
bereits erfüllt sind, wörtlich, während sie diese noch nicht erfüllte
Prophezeiung symbolisch verstehen. Warum verwendet Hesekiel so viel Platz zur
Beschreibung des Tempels im Tausendjährigen Reich? Es gibt zwei Gründe
dafür: (1) Das Heiligtum war das sichtbare Symbol der Gegenwart Gottes
unter seinem Volk. Das Gericht über Israel begann, als die Herrlichkeit
Gottes den salomonischen Tempel in Jerusalem verließ ( Hes 9-11 ). Der
Höhepunkt der Wiederherstellung Israels wird kommen, wenn Gottes
Herrlichkeit in den neuen Tempel in Jerusalem wieder einzieht ( Hes
43,1-5 ). (2) Der neue Tempel wird zum sichtbaren Mahnmal für das
Verhältnis zwischen Israel und Gott in diesem neuen Bund werden. Da Gott
so genaue Anweisungen gab, wie die Stiftshütte gebaut werden sollte, die
zu seiner Errichtung des mosaischen Bundes gehörte (vgl. 2Mo 25-40 ),
ist es nicht ungewöhnlich, daß er auch detaillierte Pläne für dieses
neue Gottesdienstzentrum gibt, das zum Neuen Bund mit Israel gehört.
Dieser Tempel wird die zentrale Stelle für die sichtbare Manifestation
des neuen Verhältnisses zwischen Israel und seinem Gott sein. a. Einleitung ( 40,1 - 4 ) Hes 40,1-4 Die Vision des neuen Tempels kam im 25. Jahr des
Exils, am Anfang des Jahres, am zehnten des Monats, im 14. Jahr nach dem
Untergang der Stadt zu Hesekiel. Dies war irgendwann im Jahre 573 v.
Chr. Der Ausdruck "am Anfang des Jahres" wirft einige Probleme auf. Das
neue Jahr im religiösen Kalender Israels beginnt im Nisan (April/Mai).
Dies wurde zur Zeit des Exodus so festgelegt ( 2Mo 12,1-2 ). Später
jedoch in der Geschichte Israels wurde der siebte Monat, Tischri
(Oktober/November), zum ersten Monat eines Krönungsjahres (politischen
Jahres). Es war also entweder der 28. April 573 v. Chr. oder der 22.
Oktober 573 v. Chr. Das Datum im Oktober würde auf den großen
Versöhnungstag fallen (vgl. 3Mo 23,27 ). An diesem Tag brachte Gott Hesekiel in einer
Vision zurück nach Jerusalem (vgl. Hes 8,1-3 ). Jerusalem war jetzt ganz
anders als vorher. Hesekiel wurde auf eine "Reise" durch den zukünftigen
Tempel geführt, die er in bemerkenswerter Genauigkeit niederschrieb
(vgl. die Skizze "Der Tempel des Tausendjährigen Reiches"). Er wurde
dabei von einem Mann geführt, vermutlich einem Engel, dessen Aussehen
wie Erz war. b. Der Vorhof ( 40,5 - 27 ) Hes 40,5 Das Engelwesen, das bei Hesekiel war, hatte
eine Meßlatte, sechs Ellen lang, und jede Elle war eine Elle und eine
Handbreite . Die gewöhnliche Elle war etwa 45 Zentimeter lang, und die lange Elle (vermutlich die bei Hesekiel
benutzte) etwa 52 Zentimeter. Die Meßlatte hatte also eine Länge von
insgesamt etwa 3,15 Meter. Die Mauer um den Tempel herum war 3,15 m
( eine Latte ) dick und 3,15 m ( eine Latte ) hoch. Hes 40,6-16 Hesekiel ging durch das Osttor in den Vorhof.
Dies war eines der drei Tore, die in den Vorhof führten. Da es nach
Osten lag, war es das wichtigste Tor (vgl. die Anmerkungen zu Hes
44,1-3 ). Er beschrieb dabei das Tor sehr detailiert mit seinen Stufen,
seiner Schwelle, den Nischen für die Wächter und der Vorhalle nach innen
mit Palmwedeln ( Hes 40,16 ) auf beiden Seiten (vgl. die Skizze "Das Tor
zum Tempel des Tausendjährigen Reiches"). Hes 40,17-19 Als Hesekiel den äußeren Vorhof betrat, sah er
ein Pflaster rings um den Hof und dreißig Kammern entlang des Pflasters.
Diese Kammern waren vermutlich zu gleichen Teilen an der Nord-, Ost-,
und Südmauer des Tempels errichtet (vgl. die Skizze "Der Tempel des
Tausendjährigen Reiches"). Wozu diese Kammern benutzt wurden, wird nicht
gesagt, aber es könnte sich um Lagerräume oder Versammlungsräume für die
Menschen, die ihre Feste feierten, handeln (vgl. Jer 35,2 ). Der Abstand
von der Innenseite des unteren Tores (d. h. des Osttores) bis
zur Außenseite des Innenhofes (d. h. zur Schwelle des Tores, das in den
Innenhof führte) betrug 100 Ellen (52 m). Hes 40,20-27 Hesekiel wurde dann von dem Osttor des äußeren
Vorhofes zum Nordtor (V. 20 - 23 ) und zum Südtor (V. 24 - 27 ) geführt.
Aussehen und Ausmaße dieser beiden Tore entsprachen dem Osttor . c. Der Innenhof ( 40,28 - 47 ) Hes 40,28-37 Nachdem der Engel den Vorhof ausgemessen hatte,
maß er den Innenhof . Er ging vom Stüdtor des äußeren Vorhofes durch das
Südtor des Innenhofes. Dieses Tor hatte die gleichen Maße wie die
anderen. Südtor (V. 28 - 31 ), Osttor (V. 32 - 34 ) und Nordtor (V. 35 -
37 ) des Innenhofes waren identisch und auch den Toren des Vorhofes
gleich. Nur die Vorhalle der inneren Tore blickten zum Vorhof hin. Die
Vorhalle war also hier auf der anderen Seite (vgl. die Skizze "Der
Tempel des Tausendjährigen Reiches"). Hes 40,38-43 An den Seiten der inneren Tore waren Tische für
das Schlachten der Opfer aufgestellt. Vier Tische standen auf der einen
Seite des Tores und vier auf der anderen - acht Tische insgesamt. Die
Opfer, die auf diesen Tischen vorbereitet wurden, konnten dann auf dem
Altar im Innenhof geopfert werden. Viele Ausleger haben eingewandt, daß es undenkbar
sei, daß während des Tausendjährigen Reiches erneut Tieropfer
dargebracht würden. Da diese Opfer, so wird argumentiert, das levitische
Opfersystem wieder aufgreifen würden, hätten sie keinen Platz im
Tausendjährigen Reich. Deshalb verstehen manche diese Stelle eher
symbolisch als wörtlich. Wenn man aber die wahre Funktion dieser
Tieropfer verstanden hat, gibt es keine Schwierigkeiten mehr damit.
Erstens nahm das Opfern von Tieren niemals irgendwelche Sünden weg. Nur
das Opfer Christi kann dies tun ( Hebr 10,1-4.10 ). In den
alttestamentlichen Zeiten wurden die Israeliten durch die Gnade aufgrund
des Glaubens gerettet, und die Opfer halfen, das Verhältnis eines
Gläubigen zu Gott wieder zu erneuern. Zweitens nahmen auch nach dem
Beginn der Gemeinde jüdische Gläubige ohne Zögern am Tempelgottesdienst
teil ( Apg 2,46; 3,1; 5,42 ) und brachten sogar Opfer ( Apg 21,26 ). Sie
konnten dies tun, weil sie diese Opfer als Erinnerung an den Tod Christi
ansahen. Die levitischen Opfer standen im Zusammenhang mit
dem Gottesdienst Israels. Als die Gemeinde in Gottes Plan an die Stelle
Israels trat (vgl. Röm 11,11-24 ), begann eine neue Heilszeit. Das
levitische Opfersystem, das nach vorne auf Christus ausgerichtet war,
wurde durch das Abendmahl ersetzt, das zurückblickt auf seinen Tod und
nach vorne auf seine Wiederkunft ( 1Kor 11,24.26 ). Wenn Christus wiederkommt, wird Israel erneut
seine Vorrangstellung in Gottes Königreich einnehmen (vgl. Röm
11,25-27 ). Das Abendmahl wird durch Tieropfer ersetzt, die zur
Erinnerung und als Anschauungsunterricht für das eine, alles überragende
Opfer des Lammes Gottes dienen. Das Schlachten dieser Tiere wird eine
lebendige Erinnerung sein an das Leiden und Sterben des Messias. Die Opfer des Tausendjährigen Reiches werden sich
von den levitischen Opfern unterscheiden, auch wenn manche Dinge ähnlich
sind (vgl. die Anmerkungen zu Hes 45,18-25 ). Andere Stellen sprechen
ebenfalls von einem Opfersystem während des Tausendjährigen Reiches
( Jes 56,7; 66,20-23; Jer 33,18; Sach 14,16-21; Mal 3,3-4 ). Hes 40,44-47 Als Hesekiel in den Innenhof eintrat, bemerkte er
wieder zwei Kammern , eine neben dem Nordtor und nach Süden hin und eine
andere neben dem Südtor und nach Norden hin (vgl. die mit "RP"
bezeichneten Kammern in der Skizze "Der Tempel des Tausendjährigen
Reiches"). Die Kammer auf der Nordseite war nach Süden hin (d. h. ihr
Eingang öffnete sich nach Süden in den Innenhof hinein). Sie war für
die Priester , die für den Tempel verantwortlich waren, und die Kammer
auf de r Südseite war für die Priester, die für den Altar verantwortlich
waren. Diese Kammern dienten vermutlich als Lagerräume und Ruheorte für
die Priester, die den Dienst taten. Diese Priester werden
von Zadok abstammen (vgl. Hes 43,19; 44,15; 48,11 ), dem Hohepriester
zur Zeit Salomos ( 1Kö 1,26 - 27 ). d. Das Tempelgebäude ( 40,48 - 41,26 ) Hes 40,48-41,4 Von seinem Standort im Innenhof glitt der Blick
Hesekiels hinüber zu dem Tempelgebäude selbst (vgl. die Skizze "Das
Tempelgebäude des Tausendjährigen Reiches"). Er beschrieb seine Struktur
sehr detailliert, während er hindurchgeführt wurde. Zuerst ging Hesekiel
zu der Vorhalle , dem Eingang des Tempels ( Hes 40,48-49 ). Damit ist
die überdachte Halle vor dem Tempel gemeint. Eine Reihe von Stufen
führte hinauf in die Vorhalle, und auf jeder Seite neben den Türpfosten
standen Pfeiler. Hesekiel stieg die Stufen hinauf und kam durch
die Vorhalle in das Heiligtum ( Hes 41,1 ). Wenn man in das Gebäude
ging, war jedes Tor niedriger als das vorige. Vielleicht wird darin
deutlich, wie Gott den Zugang des Menschen zu seiner heiligen Gegenwart
einschränkt. Hesekiel ging in das äußere Heiligtum, aber nicht
in das Allerheiligste, das innere Heiligtum. Statt dessen ging der Engel
in das Allerheiligste, um es auszumessen. Als Priester ( Hes 1,3 )
durfte Hesekiel das Heiligtum betreten, nicht aber das Allerheiligste
(vgl. 3Mo 16; Hebr 9,6-7 ). Hes 41,5-11 Um den Tempel herum waren drei Ebenen von
Seitenräumen, eine über der anderen, dreißig auf jeder Ebene (vgl. die
mit "SR" bezeichneten Räume in der Skizze "Das Tempelgebäude des
Tausendjährigen Reiches"). Diese Zimmer dienten vermutlich als
Lagerräume für die Tempelgegenstände und für den Zehnten und die
Opfergaben der Menschen (vgl. Mal 3,8-10 ). Diese Räume glichen denen im
salomonischen Tempel (vgl. 1Kö 6,5-10 ). Hes 41,12-26 Hesekiel berichtete nun die Gesamtmaße des
eigentlichen Tempels (V. 12 - 15 ) und beschrieb seine Ausschmückung
sowie die Gegenstände, die sich darin befanden (V. 16 - 26 ). Gleich
westlich neben dem Tempel war ein Gebäude, das als das Gebäude gegenüber
dem Hofraum nach Westen hin beschrieben wurde (V. 12 ). Die Funktion
dieses Gebäudes (mit "B" bezeichnet in der Skizze "Der Tempel des
Tausendjährigen Reiches") wird nicht näher erläutert. Der Tempel selbst
war 26 m breit und 52 m (100 Ellen) lang. Geschnitzte Cherubim und Palmwedel waren in dem
Holz dargestellt, das die Innenwände des Tempels bedeckte. Die
geschnitzten Cherubim sind Bilder für die Hüter des Wohnortes Gottes
(vgl. Hes 1,4-28;10 ). Die Palmwedel stehen vermutlich für die
Fruchtbarkeit und den Segen, den Gott schenkt. Dieser Schmuck ähnelt dem
des salomonischen Tempels (vgl. 1Kö 6,29 ). Das einzige Möbelstück im Tempel selbst beschrieb
Hesekiel als einen hölzernen Altar , drei Ellen hoch (ca. 1,50 m) und
zwei Ellen (ca. 1 m) lang und breit, und bezeichnete es als den Tisch,
der vor dem HERRN steht ( Hes 41,22 ). War dies ein Räucheraltar im
Heiligtum (vgl. 2Mo 30,1-3; 1Kö 7,48 ) oder der Tisch, auf dem das Brot
der Gegenwart lag ( 2Mo 25,23-30 )? Seine Ausmaße würden eher zu dem
Räucheraltar passen (vgl. 2Mo 25,23; 30,1-2 ). Doppelte Türen führten in
die Tempelhalle, und ebensolche Türen führten auch in
das Allerheiligste . Die Türen zur Tempelhalle (dem Heiligtum)
trugen geschnitzte Cherubim und Palmwedel (vgl. Hes 41,17-20 ). e. Die Kammern im Innenhof ( 42,1 - 14 ) Hes 42,1-12 Hesekiel verließ den eigentlichen Tempel und
beschrieb dann verschiedene angrenzende Gebäude, die von den Priestern
benutzt wurden (vgl. die mit "PC" bezeichneten Räume auf der Skizze "Der
Tempel des Tausendjährigen Reiches" zu Hes 40,14 ). Diese Zimmer waren
mit dem Innenhof verbunden und hatten Eingänge vom Vorhof her. Zwei
Gebäude standen auf der Nordseite mit einem gemeinsamen Korridor von gut
5 Metern (zehn Ellen) Breite (V. 4 ). Die Reihe von Zimmern nach dem
äußeren Vorhof zu war 26 Meter (fünfzig Ellen) lang. Die andere Reihe
von Zimmern neben dem Heiligtum war doppelt so lang, 52 Meter einhundert
Ellen; V. 8 ). Diese Zimmer waren auf drei Stockwerken übereinander,
wobei die Zimmer auf der obersten Etage kleiner waren als die auf der
ersten und zweiten (V. 3 - 6 ). An der Südseite des Tempels befand sich
eine in ihren Ausmaßen gleichgroße Reihe von Zimmern (V. 10 - 12 ). Hes 42,13-14 In diesen Zimmern werden die Priester, die sich
dem HERRN nahen, die heiligsten Opfergaben essen (vgl. Hes 46,20 ) und
ihre Kleider unterbringen ( Hes 44,19 ). Nach dem mosaischen Gesetz
empfingen die Priester einen Teil gewisser Opfer ( 3Mo 2,3.10;
6,16.26-30; 7,7-10 ). Ähnlich wird es auch bei den Priestern im
Tausendjährigen Reich sein. f. Die äusseren Mauern des Tempels ( 42,15 - 20 ) Hes 42,15-20 Nachdem der Engel alles innerhalb
des Tempelkomplexes ausgemessen hatte, führte er Hesekiel nach außen, um
die äußeren Abmessungen des Tempels aufzuschreiben. Der ganze Komplex
war ein Quadrat, das auf jeder Seite 260 Meter (500 Ellen) lang war. Das
ganze Gebiet, das der Tempel einnahm, war also 67 600 m2 groß - etwa so
groß wie neun Fußballfelder! g. Die Herrlichkeit des Herrn kehrt zurück ( 43,1 - 12 ) Hes 43,1-5 In einer dramatischen Umkehrung des Wegganges der
Herrlichkeit des Herrn ( Hes 10-11 ) sah Hesekiel nun die Herrlichkeit
Gottes aus dem Osten zurückkehren, um wieder unter seinem Volk zu
wohnen. Die Herrlichkeit des Herrn (vgl. die Anmerkungen zu Hes 1,28 )
zog in den Tempel durch das Tor ein, das gegen Osten liegt. Dann hob der
Geist Hesekiel empor (vgl. Hes 3,14; 8,3; 11,1.24; 37,1 ) und brachte
ihn in den Innenhof vor den eigentlichen Tempel, und die Herrlichkeit
des HERRN erfüllte den Tempel. Hes 43,6-9 Gott sagte, daß der neue Tempel der Ort
seines Thrones sein wird, der Ort, an dem er für ewig unter den
Israeliten leben wird (V. 7 ; vgl. V. 9 ). Der Tempel wird als Gottes
irdische Wohnstätte unter seinem Volk dienen. Gott versicherte Hesekiel,
daß diese Wohnung für immer sein würde. Niemals mehr würde Israel durch
die Anbetung toter Götter seinen heiligen Namen entweihen (vgl. Hes
20,39; 39,7 ) und so die Zerstörung über das Volk bringen ( Hes
43,7-8 ). Hes 43,10-12 Der Mann (ein Engel; V. 6 ; vgl. Hes 40,3 ) stand
neben Hesekiel und gab ihm den Auftrag, den Tempel dem Volk Israel zu
beschreiben, damit es sich wegen seiner Sünden schämte. Ein klares Bild
des guten Planes Gottes soll die Menschen an die Sünden erinnern, die
zur Zerstörung des alten Tempels geführt hatten. Ein anderer Grund,
warum der Plan des Tempels dem Volk mitgeteilt werden sollte, war der,
daß es so dazu bewegt werden sollte, zu Gott zurückzukehren und den
Tempel zu bauen: Damit sie den ganzen Plan beachten und allen seinen
Bestimmungen folgen . Obwohl diese Weissagung nicht nach der Rückkehr
aus dem babylonischen Exil erfüllt wurde (und daher noch auf ihre
Erfüllung wartet), gab es die Möglichkeit der Erfüllung. h. Der Brandopferaltar ( 43,13 - 27 ) Wenn der Tempel im Tausendjährigen Reich
errichtet ist und Gott darin thront, werden die täglichen Opfer
beginnen. Hesekiel erhielt eine genaue Beschreibung des Altars
(V. 13-17 ) und die Anweisungen für seine Einweihung (V. 18-27 ). Hes 43,13-17 Die Höhe des Altars war 5,70 m (elf lange Ellen;
vgl. die Skizze "Der Altar des Tausendjährigen Reiches"), aber ein Teil
von ihm lag unter der Erde. Die Höhe des Altars über dem Boden (zehn
Ellen) entspricht dem Altar, den Salomo gebaut hatte ( 2Chr 4,1 ). Da
Salomo jedoch die kleinere Elle benutzte ( 2Chr 3,3 ), war sein Altar
nur 4,50 m verglichen mit den 5,20 m des Altars im Tausendjährigen
Reich. Der Opferherd , 6,30 m in jede Richtung, war durch eine Reihe von
Stufen zu erreichen, die nach Osten hin ausgerichtet waren. Hes 43,18-27 Die Priester Zadoks werden ein siebentägiges
Ritual durchführen (vgl. Hes 40,46 ), um den Altar für den Herrn zu
weihen. Diese Einweihung wird in gewisser Weise dem mosaischen ( 2Mo
40,10.29 ) und salomonischen ( 2Chr 7,8-9 ) Opferritual entsprechen, mit
dem diese ihre Gottesdienstzentren eingeweiht hatten. Nach sieben Tagen,
in denen Stiere, Ziegen und Widder geopfert werden, werden die Priester
die Brandopfer und Dankopfer des Volkes auf dem Altar darbringen. Auf
diese Weise wird die vollständige Erneuerung des Verhältnisses zwischen Gott und seinem Volk deutlich werden,
wenn Gott es wieder annimmt. Diese Opfer werden auf Christus verweisen,
der ihm den Zugang zum Vater ermöglicht hat ( Hebr 10,19-25 ). 2. Ein neuer Gottesdienst ( Hes 44-46 ) Nachdem er die Beschreibung des Tempels erhalten
hatte, wurden Hesekiel die täglichen Verrichtungen erläutert. Die
Menschen werden während des Tausendjährigen Reiches eine neue Art des
Lebens und Dienstes praktizieren. Indem Hesekiel die heiligen
Anweisungen für den zukünftigen Gottesdienst Israels beschrieb, forderte
er zugleich die Menschen seiner Zeit auf, ihr gegenwärtiges Tun zu
überdenken. Er erklärte die Verpflichtungen der Tempeldiener ( Hes 44 ),
beschrieb die Zuteilung von Land für die Tempelpriester ( Hes 45,1-12 )
und sprach dann von den Opfern, die für den Herrn dargebracht werden
( Hes 45,13-46,24 ). a. Die Tempeldiener ( Hes 44 ) Hes 44,1-3 Hesekiel stand im Innenhof des Tempels, wo er die
Anweisungen über den Altar empfing ( Hes 43,5 ). Nun wurde er aus dem
Innenhof zum Osttor des äußeren Vorhofes hinausgeführt, und es wurde
geschlossen. Dieses Tor des Vorhofes öffnete sich zum Kidrontal und dem
Ölberg hin. Hesekiel hatte gerade gesehen, wie der Herr durch es
hindurch in seinen Tempel zurückgekehrt war ( Hes 43,4 ). Gottes
Gegenwart hatte das Tor geheiligt. Deshalb sollte es geschlossen
bleiben, denn der Herr, der Gott Israels, ist durch es hindurchgegangen.
Niemand darf es mehr wagen, durch dieses Tor zu gehen, durch das Gott
selbst eingetreten war. Manche Ausleger meinen, daß das heute
verschlossene "Goldene Tor" von Jerusalem dieses Tor ist, von dem hier
gesprochen wird. Aber die Ausmaße dieses Tores stimmen nicht mit dem Tor
überein, von dem Hesekiel spricht und das noch zukünftig ist. Nur einer wird noch durch das Osttor in den
Tempelbezirk einziehen dürfen: der Fürst selbst (vgl. Hes 46,2 ). Dieser
"Fürst" ist bereits als König David identifiziert worden (vgl. Hes
34,24; 37,24-25 ). Er wird in dem Tor essen dürfen, vermutlich eine
Anspielung auf das Dankopfer, von dem die Gläubigen essen dürfen,
nachdem sie es Gott geopfert haben (vgl. 3Mo 7,15-21 ).
Die Vorhalle öffnet sich in den Innenhof hinein (vgl. das östliche G1 in
der Skizze "Der Tempel des Tausendjährigen Reiches" zu Hes 40,1-4 ), so
daß David, vom äußeren Vorhof her kommend, durch diesen Torkomplex
ziehen wird. Hes 44,4-9 Als Hesekiel durch das Nordtor in den Innenhof
zurückging, sah er die Herrlichkeit des HERRN (vgl. die Anmerkungen
zu Hes 1,28 ), die den Tempel des HERRN erfüllte . Hesekiel muß dem
Volk, dem Haus des Widerspruchs (vgl. Hes 2,5-6.8; 3,9.26-27; 12,3.9.25;
17,12; 24,3 ), wegen der Heiligkeit Gottes verkündigen, daß Gott gesagt
hat: Genug von deinen Greueltaten, o Haus Israel! Gott verlangte von
seinen Leuten Heiligkeit. Er wollte, daß sie
aufhören, unbeschnittene Fremde in dem Tempel zuzulassen ( Hes 44,9 ;
vgl. V. 7 ). Die Juden, die aus der babylonischen Gefangenschaft
zurückgekehrt waren, legten auf dieses Verbot besondere Betonung
(vgl. Esr 4,1-3; Neh 13,1-9 ; vgl. Apg 21,27-32 ). Hes 44,10-14 Die Aufgaben der Leviten im neuen Tempel wurden
Hesekiel erklärt. Weil sie vor dem Fall Israels unter Babylon so
gesündigt hatten, wird ihre Stellung im neuen Tempel von Dienern zu
Sklaven erniedrigt. Sie werden als Torhüter, beim Schlachten der Opfer
und als Hilfe für die Gläubigen dienen dürfen. Aber dem Herrn werden sie
nicht als Priester dienen oder nahe an eines seiner heiligen Geräte oder
Opfer kommen dürfen. Die Aufgaben der Leviten im salomonischen Tempel
waren sehr viel weiter gespannt ( 1Chr 15,16; 16,4; 23,28-31 ). Hes 44,15-19 Dann besprach Hesekiel die Pflichten der Priester
Zadoks. Die Familie Zadoks war eine der priesterlichen Familien, eine
kleinere Gruppe von Leviten. Während der salomonischen Regierungszeit
(und damit des ersten Tempels) war Zadok der Hohepriester, weil er König
Salomo treu unterstützt hatte (vgl. 1Kö 1,32-35; 2,26-27.35 ). Zwar
hatten die Menschen gesündigt, aber die Priester aus der
Nachkommenschaft Zadoks waren Gott treu geblieben. Deshalb werden sie
auch wieder in ihre Ehrenposition eingesetzt werden. Sie sollen die
Opfer darbringen ( Hes 44,15 ), und sie alleine dürfen das Heiligtum
betreten und dort dienen. Diese Priester werden als Mittler zwischen
Israel und Gott dienen, ähnlich wie die Priester zur Zeit des Alten
Testamentes. Verschiedene mosaische Gesetze über die Priester
werden von Gott erneuert. Die priesterlichen Kleider sollen
aus Leinen hergestellt werden (vgl. 2Mo 28,39-41 ). Leinen ist leichter
als Wolle, die nicht erlaubt war, denn der Priester darf nichts tragen,
was ihn zum Schwitzen bringen konnte. Bevor die Priester unter die
Menschen in den äußeren Vorhof hinausgehen, werden sie ihre Kleider
ausziehen, die sie tragen, wenn sie vor dem Herrn dienen. Dies wird den
Menschen helfen, zwischen heilig und gemein zu unterscheiden. Hes 44,20-23 Die Priester dürfen ihre Häupter nicht scheren
oder ihr Haar lange wachsen lassen . Das Scheren seines Hauptes war, wie
auch das ungepflegte Wachsenlassen, ein Zeichen der Trauer (vgl. 3Mo
10,6; 21,5.10 ). Die Priester dürfen keinen Wein trinken, bevor sie
ihren Dienst beginnen, damit sie nicht betrunken werden und ihre
Verpflichtungen nicht vernachlässigen (vgl. 3Mo 10,8-9 ). Auch
diejenigen, die sie heiraten dürfen, werden näher bezeichnet (vgl. 3Mo
21,7.13-15 ). Dies alles sollte ihre Heiligkeit fördern und dem Volk
helfen, den Unterschied zwischen dem Heiligen und dem Gemeinen zu sehen. Hes 44,24-27 Die Priester werden als Richter dienen und den
Anordnungen Gottes bezüglich der Feste und des Sabbats folgen. Sie
werden eine rituelle Verunreinigung vermeiden, indem sie nicht in die
Nähe eines Toten kommen (vgl. 3Mo 21,1-4 ). Obwohl der Tod im
Tausendjährigen Reich ungewöhnlich sein wird (vgl. Jes 65,20 ), wurden
Vorbereitungen getroffen für solche Fälle. Eine Ausnahme wurde nur bei
nahen Familienangehörigen gemacht, aber dann wird der Priester sieben
Tage warten müssen und muß dann ein Sündopfer darbringen , bevor er
wieder am Tempeldienst teilnimmt. Hes 44,28-31 Um die Stellung des Priesters als Diener Gottes
zu betonen, wird Gott ihn neben den Grundstücken, die den Tempel
umgaben, kein Land in Israel besitzen lassen (vgl. Hes 45,4 ). Der Grund
dafür ist, daß er das einzige Erbe sein wird, das die Priester haben. Er
wird ihr Besitz sein . Gott wird für jene sorgen, die vor ihm dienen
(vgl. 5Mo 18,1-5 ), indem er sie leben läßt von den Opfern, die die
Menschen zum Tempel bringen werden. b. Das Land der Tempelpriester ( 45,1 - 12 ) Weil Hesekiel so ausführlich über die Priester
und Leviten gesprochen hatte ( Hes 44,10-31 ), fügte er nun noch an,
welches Erbland sie besitzen würden (vgl. Hes 48,9-12 ). Sie werden
jedoch keinen Erbbesitz wie die Menschen der anderen Stämme Israels
haben ( Hes 44,28 ). (Das Land, das den Priestern gehören wird, ist
eingezeichnet in der Karte "Die Aufteilung des Landes im Tausendjährigen
Reich" bei Hes 47,13-23 .) Hes 45,1-6 Bei der Aufteilung des Landes soll Israel dem
HERRN einen Teil des Landes als heiliges Gebiet absondern, 25 000 Ellen
lang (etwa 13 km) und 20 000 Ellen (etwa 10,4 km) breit . Innerhalb
dieses Gebietes wird der Tempelkomplex liegen, den Hesekiel gerade
beschrieben hatte ( Hes 40-43 ). Dieses Rechteck wird in zwei gleiche
Teile aufgeteilt, die beide etwa 13 km lang und 5,2 km breit sind. Der
erste Teil, auf dem das Heiligtum steht, soll den Priestern zugeteilt
werden für ihre Häuser und als heiliger Ort für das Heiligtum. Der
zweite Teil gehört den Leviten , die im Tempel dienen, als ihr Besitz,
damit sie dort wohnen. Statt in ganz Israel verstreut zu werden, wie
dies früher der Fall war ( Jos 21,1-42 ), werden die Priester und
Leviten in der Nähe ihres Gottesdienstortes wohnen. Das Rechteck, das durch die beiden Teile der
Priester und der Leviten gebildet wird, wird zu einem Quadrat durch
weiteres Land für die Stadt Jerusalem selbst. Die Stadt soll ein Gebiet
von 5 000 Ellen (etwa 2,6 km) Breite und 25 000 Ellen (etwa 13
km) Länge umfassen, das an das heilige Gebiet angrenzt. Das Stadtgebiet
wiederum wird unterteilt in die Stadt selbst, Weide- und Ackerland
(vgl. Hes 48,15-18 ). Hes 45,7-8 Dieses Quadrat, das in jeder Richtung etwa 13 km
lang ist, wird dort liegen, wo sich das heutige Jerusalem befindet. Von
der Stadt nach Osten und nach Westen wird sich ein Landstreifen
erstrecken. Der Fürst (d. h. David; vgl. die Anmerkungen zu Hes 34,24 )
wird das Land an beiden Seiten des heiligen Bezirkes und des Gebietes
der Stadt besitzen. Dieser Landstreifen erstreckte sich im Osten bis an
den Jordan und im Westen bis an das Mittelmeer. Hes 45,9-12 Hesekiel benutzte die Realität der zukünftigen
Segnungen Gottes als Sprungbrett, um die Fürsten seiner Zeit zur Umkehr
zu rufen. Ihr seid weit genug gegangen, o Fürsten von Israel! (vgl. Hes
44,6 ) Hört auf mit eurer Gewalt und Unterdrückung und tut, was recht
und gerecht ist. Israels politische Führer hatten die Rechte derer, die
sie beschützen sollten, hartherzig mißachtet (vgl. Hes 19,1-9; 22,25;
34,1-10 ). Ihr Hauptproblem war die Habgier. Deshalb ermahnte Hesekiel
sie, rechtes Gewicht, rechten Scheffel und rechtes Maß zu benutzen . Ein
Scheffel ( Efa ) war ein Trockenmaß, während ein Maß (Bat) für
Flüssigkeiten benutzt wurde. Beide entsprachen sie etwa 19 Litern (vgl.
die Tabelle "Biblische Maße und Gewichte" am Anfang des Bandes). Beide
waren jeweils ein Zehntel eines Eimers ( Homer ). Ein Eimer entsprach
etwa 190 Litern oder sechs "Faß". Das hebräische Wort HOmer ist
vermutlich mit HXmNr ("Esel") verwandt und bedeutete eine "Eselsladung". Hesekiel sprach aber auch von den Gewichten
(neben den Maßen für Inhalte): das Lot ( Schekel ) soll aus zwanzig
Gramm ( Gera ) bestehen. Ein "Lot" (Schekel) entsprach etwas weniger als
11,5 Gramm. Das "Gramm" (Gera) war die kleinste Gewichtseinheit in
Israel. Zwanzig Gramm machten ein Lot (vgl. 2Mo 30,13; 3Mo 27,25; 4Mo
3,47 ). Hesekiel sagte, daß 60 Lot (20+25+15) ein Pfund
(Mina) ausmachen. Manche Ausleger und Bibelübersetzungen halten dies für
eine Abweichung von dem gewöhnlichen Standard von 50 Lot für ein Pfund,
wie dies in ugaritischen Texten gesagt wird. Dennoch scheint es, daß das
Pfund, zumindest in Babylon, aus 60 Lot bestand. Daraus würde folgen,
daß ein Pfund etwa 690 Gramm war. Die Gewichte, die man aus jener Zeit des Alten
Testamentes gefunden hat, sind zum Teil unterschiedlich. Offenbar
benutzte man verschiedene Gewichte, um einander zu betrügen. Hesekiel
ermahnte die Führer Israels, ehrliche Maße für alle Israeliten
einzurichten. c. Die Opfer ( 45,13 - 46,24 ) Nachdem er die Fürsten Israels für die falschen
Gewichte und Maße getadelt hatte, kam Hesekiel wieder auf das
Tausendjährige Reich zu sprechen, in dem der Fürst gerechte Gewichte
benutzen wird, um Gott Opfer zu bringen ( Hes 45,13-17 ). Diese
Erwähnung der Opfer ließ Hesekiel kurz das Opfersystem jener Zeit
beschreiben ( Hes 45,18-46,24 ), bevor er wieder auf die Aufteilung des
Landes zurückkam. Hes 45,13-17 Hesekiel führte verschiedene Mengen von Dingen
an, die die Menschen dem Fürsten (David; vgl. die Anmerkungen zu Hes
34,24 ) bringen werden. Die vorgeschriebene Abgabe muß in einem
Verhältnis stehen zu dem persönlichen Reichtum oder Mangel an Reichtum
des einzelnen. Sie sollen ein Sechzigstel von ihrem Weizen und ihrer
Gerste geben ( Hes 45,13 ), ein Prozent ihres Olivenöles (V. 14 ) und
ein Schaf von jeweils 200 ihrer Herde (V. 15 ). Diese Abgabe müssen alle
Menschen zu dem Fürsten von Israel bringen. Als Vertreter des Volkes
wird er ihre Gaben sammeln und benutzen, um das Tempelopfer
aufrechtzuerhalten, wozu Brandopfer, Speisopfer und Trankopfer an den
Festen, zum Neumond und an den Sabbaten gehören (welche Bedeutung diese
Opfer im Tausendjährigen Reich haben, wird in den Anmerkungen zu Hes
40,38-43 erläutert). Hes 45,18-25 Die Feste, auf denen die Gaben geopfert werden,
sind das Neujahrsfest (V. 18 - 20 ), das Passafest / Fest der
ungesäuerten Brote (V. 21 - 24 ) und das sieben Tage dauernde
Laubhüttenfest (V. 25 ). Die Neujahrsfeier am 1. Nisan (Mitte April)
wird dazu dienen, das Heiligtum zu reinigen (V. 18 ). Wenn jemand ohne
Vorsatz sündigt , wird ein weiteres Mal am ersten Tag des siebten
Monats zur Reinigung geopfert werden (V. 20 ). Diese Opferungen und
zeremoniellen Reinigungen werden offenbar den großen Versöhnungstag (im
siebten Monat, 3Mo 23,26-32 ) ersetzen. Nach dieser Zeit der Reinigung wird
das Passa gefeiert ( Hes 45,21-24 ), das Fest der ungesäuerten Brote.
Dieses Fest wird sieben Tage dauern, in denen die Menschen ungesäuertes
Brot essen werden. Der Fürst wird die Opfer bringen in dieser Zeit
(V. 22 - 24 ). Daß der Fürst dabei auch ein Sündopfer für sich
selbst bringen muß, zeigt, daß er nicht Christus ist. Das dritte Fest wird im siebten Monat, am
fünfzehnten Tag beginnen . Dies ist das Laubhüttenfest, ebenfalls eine
siebentägige Feier ( 3Mo 23,33-44 ), das letzte Fest in dem jährlichen
Kalender Israels. Warum ließ Hesekiel die anderen Feste Israels
aus, das Pfingstfest, das Fest der Posaunen und den großen
Versöhnungstag? Es gibt hierfür zwei mögliche Erklärungen. Die erste
ist, daß er eine Veränderung in Gottes Programm für Israel anzeigen
wollte. Die Einsetzung des neuen Bundes und die Erfüllung der
Königreichs-Verheißungen haben diese Feste vielleicht überflüssig
gemacht. Deshalb werden nur drei der sechs jährlichen Feste aus dem
levitischen System (vgl. 3Mo 23,4-44 ) noch gefeiert: zwei Feste, bei
denen es um die nationale Reinigung geht (das Passafest und das Fest der
ungesäuerten Brote, die als ein Fest betrachtet werden; vgl. den
"Opferkalender" bei 4Mo 28,1-8 ), die zurückweisen auf den Tod Christi,
und das Laubhüttenfest, das Israels neue Stellung in Gottes
Tausendjährigem Reich deutlich macht. Der zweite Grund könnte sein, daß
Hesekiel durch die Erwähnung der ersten beiden Feste im Kalender Israels
(das Passafest und das Fest der ungesäuerten Brote) und des letzten
(Laubhüttenfest) die anderen Feste Israels ebenfalls mit einschloß. Hes 46,1-10 Nachdem er von einigen Festen im religiösen Jahr
Israels gesprochen hatte, wandte sich Hesekiel dem täglichen
Gottesdienst Israels zu. Dabei geht es um Anordnungen bezüglich des
Sabbat- und des Neumondopfers (V. 1 - 10 ) und um das Verhalten und die
Opferungen der Menschen im Tempel allgemein (V. 11 - 15 ). Das Osttor vom äußeren Vorhof in den Innenhof
hinein wird an sechs Tagen in der Woche geschlossen sein, aber am Sabbat
und am Tag des Neumondes soll es geöffnet werden . Der Fürst , David,
wird an diesem Tag am Pfosten des Tores stehen , wenn das Opfer, das er
für das Volk darbringt, geopfert wird (vgl. Hes 44,3 ). Er wird die
Opfer an den Sabbaten und den Neumonden und auch zu den großen Festtagen
bereitstellen. Den Gläubigen im Tempel werden Anweisungen
gegeben, wie sie in dieser Versammlung geordnet vor den Herrn treten
können. Es gibt keinen Westeingang zum Tempel, und das Osttor wird für
immer geschlossen sein (vgl. Hes 44,1-2 ). Deshalb kann man nur vom
Norden und Süden in den Tempel gelangen. Um Unruhe zu vermeiden, werden
die Gläubigen auf festgelegten Wegen durch den Tempel geführt. Wer durch
das Nordtor hineingeht, um anzubeten, der soll durch das Südtor
hinausgehen. Und wer durch das Südtor hineingeht, soll durch das Nordtor
hinausgehen. Gott ist ein Gott der Ordnung, und er möchte, daß in seinen
Gottesdiensten Ordnung herrscht. Hes 46,16-18 Ein anderer Punkt im Blick auf freiwillige Opfer
ist das Jubeljahr. Alle 50 Jahre mußte in Israel der Landbesitz wieder
seinen ursprünglichen Besitzern zurückgegeben werden ( 3Mo 25,10-13 ).
Hesekiel sprach von zwei hypothetischen Fällen, die durch die
Großzügigkeit des Fürsten eintreten könnten, um zu zeigen, daß das
Jubeljahr während des Tausendjährigen Reiches in Kraft sein wird. Wenn
der Fürst einen Teil seines Besitzes einem seiner Söhne geben wird, wird
es auch dessen Nachkommen gehören. Der Grundbesitz, der einem
Familienmitglied geschenkt wird, wird im Jubeljahr nicht zurückgegeben.
Aber ein Geschenk an einen Knecht wird nicht beständig bleiben. Der
Knecht kann es behalten bis zum Jahr der Freilassung . Dann wird es
wieder an den Fürsten zurückgegeben. Weil das Land Gott gehört, wird er
es an Israel als sein Verwalter geben. Diese Anordnung stellt sicher,
daß niemand eine dauerhafte Kontrolle über das Land erlangen kann. Der Fürst darf kein Land außerhalb seines ihm
zugeteilten Erbes besitzen. Anders als die bösen Fürsten in den Tagen
Hesekiels ( Hes 45,8-9 ) wird der Fürst während des Tausendjährigen
Reiches die Menschen nicht unterdrücken und ihren Besitz nicht an sich
nehmen. Hes 46,19-24 Hesekiels Engelführer brachte ihn in die Küchen
des Tempelkomplexes. Zuerst beschrieb er die Küchen der Priester (V. 19
- 20 ), dann die Küchen für die Opfer des Volkes (V. 21 - 24 ). Die Küchen für die Priester liegen am Westende
der priesterlichen Kammern, die an den eigentlichen Tempel angrenzen
(vgl. die Skizze "Der Tempel des Tausendjährigen Reiches" zu Hes
40,1-4 ). Dort werden die Priester die Schuldopfer und Sündopfer
kochen , um zu verhindern, daß sie in den äußeren Vorhof gebracht
werden. Die Priester dürfen einen Teil der Opfer, die zum Tempel
gebracht werden, essen. Die Küchen für die Opfer des Volkes werden in den
vier Ecken des äußeren Vorhofes sein. Wenn die Menschen ihre Dankopfer
darbringen, dürfen sie einen Teil dieses Opfers in einem
Gemeinschaftsmahl essen (vgl. 3Mo 7,15-18 ). Offensichtlich werden die
Priester in diesen vier Küchen die Opfer des Volkes kochen. Dieser
herrliche Tempel wird ein Ort der Gemeinschaft und der Anbetung sein. 3. Ein neues Land ( Hes 47-48 ) a. Der Fluss aus dem Tempel ( 47,1-12 ) Im Tausendjährigen Reich wird ein
lebenschenkender Fluß aus dem Tempel herausfließen. Viele Ausleger
glauben, daß sich dies nur symbolisch auf den Segen bezieht, der aus der
Gegenwart Gottes fließt. Aber nichts an dieser Stelle weist darauf hin,
daß Hesekiel an irgend etwas anderes gedacht hat als an einen
tatsächlichen Fluß. Die Erwähnung von Details, wie z. B. die Fischer
(V. 10 ) und die salzigen Teiche und Sümpfe (V. 11 ), verleiht dieser
Stelle einen sehr realistischen Klang. Joel hatte bereits vor der Zeit
Hesekiels von diesem Fluß gesprochen (vgl. Joe 4,18 ), und Sacharja
sprach davon, nachdem Israel aus der babylonischen Gefangenschaft
zurückgekehrt war (vgl. Sach 14,8 ). Im Tausendjährigen Reich wird
dieser Fluß eine weitere sichtbare Erinnerung an die Gegenwart und den
Segen Gottes sein. Hes 47,1-6 a Hesekiel wurde von den Küchen im äußeren Vorhof
des Tempels zurück in den Innenhof geführt, an den Eingang des
eigentlichen Tempels. Dort sah er Wasser unter der Schwelle des Tempels
herauskommen und nach Osten fließen . Dieser Wasserstrom, der aus der
Gegenwart Gottes kam, floß nach Osten, südlich am Altar vorbei. Hesekiel
verließ den Tempelkomplex durch das Nordtor und sah, wie das Wasser aus
dem Tempel und auf der Südseite des Osttores in das Kidrontal floß. Sacharja berichtete, daß dieses Wasser, das von
Jerusalem kam, sich teilt und daß eine Hälfte nach Osten in das Tote
Meer und die andere Hälfte nach Westen in das Mittelmeer fließen wird
( Sach 14,8 ). Hesekiel spricht nur von dem Strom, der nach Osten
fließt. Das Engelwesen führte Hesekiel nach Osten,
entlang dem Flußufer. Nach ca. 500 Metern (1 000 Ellen) reichte
das Wasser bis an die Knöchel . Nach weiteren 500 Metern war es bis an
den Knien . Der Engel maß weitere 500 Meter ab, und das Wasser reichte
Hesekiel bis zur Hüfte . Nach einem vierten Weg von ebenfalls 500 Metern
zeigte sich, daß das Wasser angeschwollen war und tief genug war, um
darin zu schwimmen - ein Fluß, durch den niemand mehr gehen konnte.
Vielleicht wird diese zunehmende Wassertiefe durch andere Ströme kommen,
die diesem Fluß zufließen, aber Hesekiel sprach nicht davon. Hes 47,6-12 (Hes 47,6b-12) Hesekiel ging zurück an das Flußufer und sah
viele Bäume auf jeder Seite des Flusses. Dieses Wasser wird eine
herrliche Vegetation entlang des Ufers hervorbringen. Der Fluß im Tausendjährigen Reich wird in das
östliche Gebiet fließen und hinab zur Araba , wo er in das Meer mündet.
"Araba" ist das Jordantal zwischen dem See Genezareth und dem Toten Meer
bzw. dem Golf von Akaba. Der Fluß im Tausendjährigen Reich wird in den
Jordan fließen und mit ihm in das Nordende des Toten Meeres münden. Wenn dieser neue Fluß in das Tote Meer
fließt, wird das Wasser dort frisch werden . Das Tote Meer, das heute
etwa sechsmal mehr Salz enthält als das Meer, wird völlig salzfrei
werden - ein wahres Wunder durch Gott! Dieses Wasser, in dem heute keine
Tiere leben können, wird dann voller Leben sein. Wohin der Fluß fließt,
wird alles leben . Fischer werden an den Küsten von En-Gedi bis
En-Eglajim stehen (vgl. die Karte "Die Aufteilung des Landes im
Tausendjährigen Reich"), um viele Arten von Fisch dort zu fangen.
"En-Gedi" ist eine Siedlung etwa auf der Hälfte des westlichen Ufers am
Toten Meer. Wo "En-Eglajim" (wörtl.: "Quelle der zwei Kälber") lag, ist
unsicher. Es könnte an der südwestlichen Küste des Toten Meeres, nahe an
Zoar, oder auch auf dem nordwestlichen Ufer, südlich von Khirbet Qumran,
gewesen sein. Diese letzte Vermutung klingt besonders zutreffend, denn
Hesekiel sieht das Wasser ja am nördlichen Ende des Toten Meeres
hineinfließen. Während das Tote Meer selbst frisches Wasser
erhält, werden die Teiche und Sümpfe nicht frisch werden; aus ihnen wird
man Salz gewinnen . Die Ebenen am Toten Meer werden voller Salz bleiben.
Salz gehört wesentlich zum Leben dazu, und die Gegend des Toten Meeres
ist Israels Hauptsalzquelle. Gott wird für alles sorgen, was Israel
braucht. Eine andere Weise, durch die Gott für Israel
sorgen wird, sind die Bäume am Flußufer, die das ganze Jahr hindurch
Frucht tragen werden. Diese Frucht wird Speise geben, und ihre Blätter
werden Heilung bereiten. Wie die Heilung durch diese Blätter kommen
wird, wird nicht deutlich, aber die Krankheit wird im wesentlichen
dadurch beseitigt werden. Gott wird diese Bäume benutzen, um die
physischen Bedürfnisse der Menschen zu stillen. b. Die Grenzen des Landes ( 47,13 - 23 ) Hes 47,13-14 Gott versprach Abraham (vgl. 1Mo 13,14-17;
15,17-21 ) und seinen Nachkommen das Land Palästina. Dieses Versprechen
ist nie zurückgenommen worden. Der Segen über Israel im Land hing ab von
seinem Gehorsam ( 5Mo 28 ), aber sein Recht, das Land zu besitzen, war
ohne Bedingungen. Wenn Gott seinen neuen Bund mit Israel einsetzen wird,
wird es wieder an seinen Ort des Segens im Land gebracht werden
(vgl. Hes 36-37 ). Um die Menschen für diese neue Landnahme
vorzubereiten, legte er die Grenzen dieses Landes fest. Er sagte: Weil
ich mit erhobener Hand geschworen habe (eine Geste, die oft mit dem
Schwur zusammen einhergeht;vgl. 2Mo 6,8; Neh 9,15; Ps 106,26; Hes
20,5.15.23.42; 36,7; 44,12 ), es euren Vorvätern zu geben, wird dieses
Land euer Erbe werden . Israels Grenzen werden im Tausendjährigen Reich
ähnlich den Grenzen sein, die ihm in der Zeit Moses verheißen wurden
(vgl. 4Mo 34,1-12 ). Hes 47,15-17 Die nördliche Grenze des Landes wird östlich von
dem großen Meer, dem Mittelmeer, verlaufen. Sie beginnt irgendwo
nördlich von Tyrus und Sidon (genauer: am "Berg Hor"; 4Mo 34,7 ). Die
Grenzlinie wird an der Straße von Hetlon über Hamat hinaus bis Zedad,
Berota und Sibrajim verlaufen, bis hin nach Hazar-Enan an der Grenze
nach Hauran . Wo Hetlon lag, wissen wir nicht, aber viele sehen darin
das heutige Heitela, nordöstlich von Tripolis im heutigen Libanon. Hamat
wird häufig mit dem Hamat am Orontes-Fluß im heutigen Syrien
identifiziert. Aber diese Lokalisierung ist unwahrscheinlich, denn Hamat
liegt etwa 160 Kilometer nördlich der anderen Städte, die Hesekiel
erwähnt. Besser ist es, Hamat mit der heutigen Stadt Al-Labwah im
Biqa-Tal zu identifizieren. Zedad ist vermutlich die Stadt Sadad, etwa 35
Kilometer nördlich von Damaskus. Wo die Städte Berota und Sibrajim
lagen, wissen wir nicht, aber es heißt, daß sie auf der Grenze zwischen
Damskus und Hamat lagen. Hamat (nicht das Hamat von oben) liegt nördlich
von Damaskus. Diese beiden Städte (Berota und Sibrajim) lagen also
nördlich von Damaskus auf der Grenze zwischen dem Gebiet, das Damaskus,
und dem, das Hamat gehörte, vermutlich in der Nähe der Stadt Zedad. Hazar-Enan ( Hes 47,16 ) lag auf der Grenze
zwischen dem syrischen Damaskus und der Provinz Hauran. Hauran könnte
ein Gebiet östlich des Sees Genezareth und nördlich des Flusses Yarmuk
sein. Manche halten Hazer-Enan für das heutige Al-Qaryatayn, eine
wichtige Wüstenoase nordöstlich von Damaskus. Die nördliche Grenze wird
sich also vom Mittelmeer aus nach Osten nördlich der heutigen Stadt
Tripolis erstrecken bis hin zu der damaligen Nordgrenze von Syrien. Hes 47,18 Die Ostgrenze wird zwischen Hauran und
Damaskus liegen. Sie wird von Hazar-Enan an entlang der Südgrenze von
Syrien bis dorthin, wo der Jordan südlich des Sees Genezareth aus dem
See fließt, verlaufen. Von dort wird sie sich entlang des Jordan
zwischen Gilead und dem Land Israel hinziehen, bis an das östliche Meer
und bis Tamar . Die östliche Grenze wird also der Jordan und das Tote
Meer sein. Gilead und das transjordanische Gebiet östlich des Jordan
werden nicht zu dem zukünftigen Erbe Israels gehören. Wo genau Tamar
lag, bis zu dem sich die östliche Grenze hinziehen wird, ist unklar,
aber es könnte durchaus südlich des Toten Meeres gewesen sein. Hes 47,19 Die Südgrenze des Reiches Israel im Millenium
wird sich von Tamar bis zu dem Meribat-Kadesch erstrecken und dann
entlang des Bach Ägyptens bis zum großen Meer . Da das Haderwasser von
Meribat-Kadesch bei Kadesch-Barnea lag (vgl. 4Mo 27,14 ), wird sich die
Südgrenze von Tamar aus südwärts bis dorthin erstrecken. Von dort wird
sie entlang des "Bach Ägyptens" gehen. Dies ist vermutlich das Wadi
el-Arisch (vgl. 4Mo 34,5 ), nicht der Nil. Hes 47,20 Die westliche Grenze des verheißenen Landes ist
das große Meer, das Mittelmeer. Die Grenze wird sich entlang der Küste
vom Wadi el-Arisch bis zu einem Punkt gegenüber Hamat im Norden
erstrecken. Hes 47,21-23 Das Land wird nach den Stämmen Israels verteilt
werden. Dies ist die Einleitung der Landverteilung ( Hes 48 ). Hesekiel
fügte auch Anweisungen über die Verteilung von Land an Fremde bei, die
sich Israel anschließen möchten. Sie werden als geborene Israeliten
betrachtet und sollten ein Erbteil unter den Stämmen Israels besitzen.
Zwar war es Fremden immer erlaubt gewesen, in Israel zu wohnen (vgl. 3Mo
24,22; 4Mo 15,29 ), aber im Tausendjährigen Reich werden sie auch
Privilegien genießen, die bisher nur den Israeliten zustanden (vgl. Jes
56,3-8 ). Auch wenn das Tausendjährige Reich vor allem eine Zeit des
Segens für Israel sein wird, werden auch gläubige Heiden den Segen
Gottes erfahren. c. Die Verteilung des Landes ( 48,1 - 29 ) Hes 48,1-7 Wenn Gott das Land unter dem Volk verteilt, wird
er sieben Stämmen im Norden des Landes Teile zumessen. Vom Norden
angefangen werden
dies Dan (V. 1 ), Asser (V. 2 ), Naftali (V. 3 ), Manasse (V. 4 ), Ephraim (V. 5 ), Ruben (V. 6 )
und Juda (V. 7 ) sein. Hes 48,8-22 Das Zentrum des Landes gehörte dem Fürsten
(David, V. 21 ; vgl. Hes 34,24 ), den Priestern und den Leviten (vgl.
die Anmerkungen zu Hes 45,1-8 ). Zu diesem zentralen Teil wird auch die
Stadt Jerusalem mit ihren Vorstädten gehören. Die Stadt selbst liegt auf
einem quadratischen Gebiet von etwa 2,3 km (4 500 Ellen) in jede
Richtung und wird eine Fläche von ca. 5,5 km2 bedecken (48,16).
Jerusalem wird von einem Streifen Land umgeben sein, der 130 m (250
Ellen) breit ist und als Weideland für die Herden dienen wird, die den
Menschen gehören, die in der Stadt leben (V. 17 ). Auf jeder Seite der
Stadt selbst wird ein Stück Land von jeweils 5200 m (10 000 Ellen) Länge
(V. 18 ) und 2600 m (5 000 Ellen) Breite (vgl. V. 15 ) liegen. Dieses
Ackerland wird bebaut, um für den Unterhalt der Arbeiter in der Stadt zu
dienen. Hes 48,23-29 Der untere Teil des Landes wird unter die fünf
verbleibenden Stämme verteilt. Nach Süden hin sind
dies Benjamin (V. 23 ), Simeon (V. 24 ), Issachar (V. 25 ), Sebulon (V. 26 )
und Gad (V. 27 ). Alle zwölf Stämme werden anders verteilt sein, als
dies von der Zeit Josuas bis zur Gefangennahme der Fall war ( Jos
13-19 ). d. Die Tore der Stadt ( 48,30 - 35 ) Indem er nun die Tore der neuen Stadt Jerusalem
beschrieb, schloß Hesekiel den Kreis zu dem Anfang seines Buches. Die
Stadt, die zum Untergang verurteilt war, wird zu Herrlichkeit erhoben
werden. Hes 48,30-31 Die neue Stadt Jerusalem wird zwölf Tore haben,
drei an jeder Seite. Sie tragen jeweils bestimmte Namen. Wie diese
Anordnung zustande kommt, ist nicht zu ersehen. Die drei Tore auf der
Nordseite (nahe am Heiligtum) werden nach Ruben, Juda und Levi benannt
werden. Vielleicht werden diese drei zuerst erwähnt, weil sie unter den
zwölf Stämmen eine besondere Stellung einnahmen. Ruben war der
Erstgeborene der zwölf Söhne Jakobs, Juda der königliche Stamm und Levi
der priesterliche. Alle drei waren Söhne der ersten Frau Jakobs, Lea
(vgl. 1Mo 29,31-35 ). Hes 48,32 An der Ostseite Jerusalems werden die Tore
nach Josef, Benjamin und Dan benannt. Weil Levi ein eigenes Tor erhält
(V. 31 ), werden die Stämme Ephraim und Manasse zusammengefaßt als Stamm
Josef (vgl. 1Mo 48,1 ). Josef und Benjamin waren beide Söhne von Rahel
( 1Mo 30,22-24; 35,16-18 ), und Dan war der erste Sohn von Rahels
Dienerin Bilha, der Konkubine Jakobs ( 1Mo 30,4-6 ). Hes 48,33 Die Tore im Süden werden nach Simeon,
Issachar und Sebulon genannt. Diese drei wurden ebenfalls Lea geboren
( 1Mo 29,33; 30,17-20 ). Da jeder dieser Stämme im Süden des Landes sein
Land erhielt (vgl. Hes 48,24-26 ), blicken die Tore auf ihr Erbteil. Hes 48,34 Die Tore an der Westseite wurden nach Gad,
Asser und Naftali benannt. Diese drei Stämme sind Söhne der Konkubinen
Jakobs. Gad und Asser wurden Silpa geboren ( 1Mo 30,9-13 ) und Naftali
Bilha ( 1Mo 30,7-8 ). Hes 48,35 Das herausragendste Merkmal der neuen Stadt
Jerusalem wird die Gegenwart Gottes sein. Gottes Herrlichkeit war aus
der Stadt gewichen, bevor das Gericht gekommen war (vgl. Hes 10-11 ).
Seine Rückkehr ist das Zeichen für den beginnenden Segen über Jerusalem.
Dies war für Hesekiel so beeindruckend, daß er schrieb, daß die Stadt
einen neuen Namen bekommt: Der Herr ist dort. Häufig weist der Prophet
Hesekiel darauf hin, daß Gott zurückkehren wird, um unter seinem Volk zu
wohnen. Israel, das keine toten Götzen mehr anbetet und Greueltaten mehr
verübt, wird sich an der heiligen Gegenwart des Herrn im Tausendjährigen
Reich erfreuen können. BIBLIOGRAPHIE Alexander R (1976) Ezekiel . Everyman's Bible
Commentary, Chicago Cooke G A (1936) A Critical and Exegetical
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