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Offenbarung Offenbarung (John F. Walvoord) EINFÜHRUNG Bedeutung Die Offenbarung des Johannes gewinnt dadurch eine
besondere Bedeutung, daß sie als letzter vom Heiligen Geist inspirierter
Text der Bibel entstand und daher zu Recht ihren Platz am Schluß der
Heiligen Schrift erhielt. Damit spannt sich der Bogen des Neuen
Testamentes von den vier Evangelien am Anfang, die sich mit dem ersten
Kommen Christi auseinandersetzen, bis zum Buch der Offenbarung mit
seinem großen Thema der Wiederkunft Christi. Viele Offenbarungslinien,
die sich durch das Alte wie das Neue Testament ziehen, laufen in diesem
Text zusammen, und viele Prophezeiungen, deren Erfüllung noch aussteht,
werden hier zu Ende geführt. In der Offenbarung werden die Ereignisse bei der
Wiederkunft Christi und in den Jahren unmittelbar vor dieser Wiederkunft
detaillierter geschildert als in irgendeiner anderen Schrift der Bibel.
So beschreibt das Buch Daniel zwar genau die Zeitspanne von der Zeit
Daniels bis zum ersten Kommen Christi, enthält aber nur knappe
Andeutungen auf die Zeit der Großen Trübsal und die Herrschaft Christi
über die Erde. Im Buch der Offenbarung jedoch werden die großen
Endzeitereignisse sehr viel breiter und mit zahlreichen zusätzlichen
Details dargestellt. Sie finden ihren Höhepunkt in der Beschreibung des
neuen Himmels und der neuen Erde nach dem Tausendjährigen Reich. Verfasserfrage Verfasser des Buches ist nach der schlichten
Feststellung der Einleitungsverse Johannes. Vom ersten Jahrhundert an
bis in die Gegenwart herrschte in der orthodoxen Christenheit nahezu
einmütige Übereinstimmung, daß es sich dabei um den Apostel Johannes
handelt. Dionysius stellte als erster die johanneische Verfasserschaft
in Frage, weil er die in der Schrift vertretene theologische Richtung
ablehnte und außerdem viele grammatikalische Ungenauigkeiten im Text
fand. In der frühen Kirche wurden diese Einwände von den meisten der
bedeutenderen Kirchenväter, wie z. B. Justinus Martyr, Irenäus,
Tertullian, Hippolyt, Clemens von Alexandria und Origenes, jedoch nicht
zur Kenntnis genommen (zu einer detaillierteren Auseinandersetzung mit
diesen Fragen s. John F. Walvoord, The Revelation of Jesus Christ , S.11
- 14). Die Anhänger der Verbalinspiration sehen heute fast alle
ebenfalls den Apostel Johannes als Verfasser an. Erasmus, Luther und
Zwingli bezweifelten allerdings, daß die Schrift tatsächlich von
Johannes stammt, weil sie die Lehre eines Tausendjährigen Reiches
Christi auf Erden vertritt. Datierung Die meisten Wissenschaftler des
fundamentalistischen Lagers setzen die Entstehung des Buches der
Offenbarung in der Zeit um 95 oder 96 n. Chr. an. Diese Datierung
basiert auf Berichten der frühen Kirchenväter, daß der Apostel Johannes
während der Herrschaft Domitians, der im Jahre 96 n. Chr. starb, auf die
Insel Patmos ins Exil geschickt wurde. Nach dem Tod des Kaisers wurde
ihm gestattet, nach Ephesus zurückzukehren. Eine Äußerung des Kirchenvaters Papias,
derzufolge der Apostel Johannes noch vor dem Jahr 70 n. Chr. den
Märtyrertod erlitt, hat dazu geführt, daß die johanneische
Verfasserschaft in Frage gestellt wurde. Andererseits stehen diesem
Papiaszitat Aussagen des Clemens von Alexandria und des Eusebius
entgegen, die ihrerseits versichern, daß das Buch im Jahre 95 oder 96 n.
Chr. von Johannes auf Patmos geschrieben wurde. Inspiration und Kanonizität Diejenigen, die den Apostel Johannes als den
Verfasser der Offenbarung betrachten, erkennen im allgemeinen auch die
göttliche Inspiration des Buches und seine Kanonizität an. Da der Stil
der Schrift sich von dem anderer neutestamentlicher Bücher abhebt, wurde
die Akzeptierung der Offenbarung in der frühen Christenheit durch eine
wachsende Opposition gegen den prämilleniaristischen Gedanken - der
besagt, daß die Wiederkunft Christi vor dem Tausendjährigen Reich
stattfindet - verzögert. Die Lehre von der tausendjährigen Herrschaft
Christi wurde von einigen Kirchenführern des 3. und 4. Jahrhunderts
abgelehnt. Dagegen gibt es Belege, daß die orthodoxe Theologie das Buch
sofort als von Gott inspiriert akzeptierte. Unter den Kirchenvätern, die
seine Kanonizität nicht in Zweifel zogen, sind Irenäus, Justinus Martyr,
Eusebius, Appollonius und Theophilus, der Bischof von Antiochia. Mit dem
Beginn des 3. Jahrhunderts wurde der Text weithin als zur Heiligen
Schrift gehörig anerkannt. Dabei fiel auch die Tatsache ins Gewicht, daß
er zugleich eine Ergänzung zu anderen Weissagungstexten, wie z. B. zum
Buch Daniel, darstellt. Stil Wie die alttestamentlichen Bücher Daniel und
Hesekiel macht das Buch der Offenbarung ausgiebigen Gebrauch von
symbolischen und apokalyptischen Ausdrucksformen. Da Symbole immer
gedeutet werden müssen, kam es zu vielen ganz verschiedenen Auslegungen.
In den meisten Fällen läßt sich die Bedeutung der Symbolsprache jedoch
durch den Vergleich mit früheren prophetischen und apokalyptischen
Aussagen im Alten Testament erschließen. Viele Exegeten sind deshalb
überzeugt, daß die Offenbarung eine Sammlung realistischer Vorhersagen
für die Zukunft enthält. Ihr apoklyptischer und symbolischer Charakter
steht in scharfem Kontrast zu ähnlichen Büchern außerhalb des biblischen
Kanons, die als "Pseudepigraphen" bezeichnet werden. Während viele
dieser nicht in den biblischen Kanon aufgenommenen Bücher nahezu
unverständlich sind, stellt die Offenbarung einen Ausblick auf das
Kommende dar, der durchaus entschlüsselbar ist und im Einklang mit dem
Rest der Heiligen Schrift steht (vgl. Walvoord, Revelation , S. 23 -
30). Interpretation Die ungewöhnliche Form des Buches der Offenbarung
hat zu einer Vielzahl von Interpretationsansätzen geführt, von denen
manche ernste Zweifel an dem tatsächlichen Wert und der Autorität der
Schrift als göttliche Offenbarung laut werden lassen. Der allegorische Ansatz Dieses
Interpretationsmuster stammt aus der alexandrinischen Schule des 3. und
4. Jahrhunderts. Es versteht die gesamte Bibel als eine große und
umfassende Allegorie, deren Texte dementsprechend nicht wörtlich
genommen werden dürfen. Die allegorische Interpretation der Bibel wurde
später durch Augustinus (354 - 430 n. Chr.) in erster Linie auf die
Prophezeiungen über das Tausendjährige Reich beschränkt. Er sah im Buch
der Offenbarung eine Darstellung des geistlichen Konflikts zwischen Gott
und Satan im Kirchenzeitalter. Die moderne, liberale Variation dieses
Ansatzes betrachtet die Offenbarung einfach als symbolische
Ausgestaltung des Gedankens vom endgültigen Sieg Gottes. Der zeitgeschichtliche Ansatz Mehr Beachtung fand
der sogenannte "zeitgeschichtliche Ansatz". Er sieht in der Offenbarung
ein Sinnbild der Kämpfe in der Frühzeit der Kirche und leugnet demgemäß
in weiten Teilen den Vorhersagecharakter der Schrift. Diese Deutung
verbindet in unterschiedlichen Ausprägungen die allegorische und die
symbolische Erklärung mit der Vorstellung, daß das Buch der Offenbarung
nicht von der Zukunft handelt. Eine andere Variante dieses Ansatzes
versteht die Offenbarung als Darstellung der prinzipiellen
Handlungsweise Gottes mit den Menschen und bestreitet ebenfalls, daß
darin von bestimmten historischen Ereignissen die Rede ist. Der kirchengeschichtliche Ansatz Weitverbreitet
ist auch der aus dem Mittelalter stammende kirchengeschichtliche Ansatz,
der die Offenbarung als ein Sinnbild der Geschichte der Kirche zwischen
dem ersten und dem zweiten Kommen Christi sieht. Dieser These, die in
den letzten Jahrhunderten breite Anerkennung fand, hingen vor allem
Luther, Isaac Newton, Elliott und viele Exegeten der
postmilleniaristischen Schule an. Das Hauptproblem, mit dem diese
Auslegungsweise zu kämpfen hat, ist, daß kaum einmal zwei Exegeten in
ihrer Interpretation einer bestimmten Textpassage übereinstimmen, denn
jeder neigt dazu, die Erfüllung der betreffenden Stelle in seiner
eigenen Zeit anzusiedeln. Viele Theologen haben auch versucht, den
kirchengeschichtlichen Ansatz mit Aspekten anderer Deutungsansätze zu
verbinden, um auf diese Weise praktische Handlungsanweisungen für den
Gläubigen aus dem Buch zu gewinnen. Die bis jetzt genannten
Interpretationsansätze wenden sich im allgemeinen nicht nur gegen die
Vorstellung, daß das Tausendjährige Reich auf Erden errichtet werden
wird, sondern überhaupt gegen den Gedanken, daß die im Buch der
Offenbarung geschilderten Ereignisse in der Zukunft liegen. Der futurische Ansatz Dieser Ansatz wird in
erster Linie von konservativen Gelehrten, gewöhnlich Prämilleniaristen,
vertreten, die der Ansicht sind, daß die Kapitel 4 - 22 sich mit
Geschehnissen befassen, die noch in der Zukunft liegen. Ihrer Auffassung
nach beschreibt Offb 4-18 die sieben Jahre, die dem zweiten Kommen
Christi vorangehen. Im Mittelpunkt steht dabei die Zeit der Großen
Trübsal, also die dreieinhalb Jahre vor der Wiederkunft Christi. Die Einwände gegen diese Position kommen
normalerweise aus den theologischen Lagern, die die Wiederkunft
Christi vor dem Tausendjährigen Reich bestreiten. Häufig wird dabei der
Vorwurf erhoben, daß die Offenbarung den Christen in der Frühzeit der
Kirche keinen Trost geboten hätte, wenn ihre Aussagen in erster Linie
futurisch zu verstehen wären. Die Anhänger des futurischen Ansatzes
halten demgegenüber jedoch daran fest, daß die zukünftigen Ereignisse,
die in der Offenbarung geschildert sind, allen Christen Trost und
Gewißheit geben, die im Glauben auf ihren endgültigen Sieg hoffen. Diese
Methode stellt allerdings insofern hohe Anforderungen an den Exegeten,
als sie von ihm verlangt, die oftmals in symbolüberfrachteten
Schilderungen versteckten konkreten Prophezeiungen aus dem Text
herauszuschälen. Zweck Das Buch der Offenbarung soll die Ereignisse
unmittelbar vor, während und nach der Wiederkunft Christi enthüllen.
Diesem inhaltlichen Schwerpunkt ist ein Großteil der Kapitel 4 -
18 gewidmet. Die Wiederkunft selbst wird in Kapitel 19 mit größerer
Detailtreue als irgendwo sonst in der Bibel geschildert. Ihr folgt eine
Darstellung der tausendjährigen Herrschaft Christi in Kapitel
20 . Kapitel 21; 22 schließlich sind der Beschreibung der Ewigkeit
gewidmet. Es ist also ganz offensichtlich Anliegen des Buches, jene
prophetische Linie zu Ende zu führen, die schon früh in den
Prophezeiungen des Alten Testaments (z. B. bei Daniel) begann und dann
in den Ankündigungen Christi, besonders in der Endzeitrede auf dem
Ölberg ( Mt 24-25 ), fortgesetzt wurde. Neben dem Weissagungscharakter
des Buches fallen die bedeutenden Aussagen zu nahezu allen wichtigen
theologischen Themenkreisen auf. Darüber hinaus finden sich in vielen
Versen praktische Anwendungsmöglichkeiten der prophetischen Wahrheiten
im christlichen Leben. Das Wissen und die Antizipation des zukünftigen
göttlichen Heilsplanes ist dem Gläubigen ein Ansporn zu einem heiligen
Lebenswandel und zur Hingabe an den Dienst Christi. Anwendung Abgesehen von den bereits erwähnten Passagen, die
sich mit der praktischen Umsetzung der prophetischen Wahrheit befassen,
sind besonders die Kapitel 2; 3 zu beachten, die Botschaften an sieben
konkrete Gemeinden, die gewissermaßen die gesamte damalige Kirche
repräsentieren, enthalten. Die besondere christliche Botschaft für jede
dieser Gemeinden bildet den Schlußpunkt der neutestamentlichen Briefe,
die sich mit dem praktischen Leben der Christen auseinandersetzen. Die
Gläubigen werden zu einem heiligen Lebenswandel ermahnt, die Ungläubigen
vor dem bevorstehenden Gericht gewarnt - ein ernstzunehmender Hinweis
darauf, daß der gerechte Gott am Ende über die menschliche Sünde zu
Gericht sitzen und die Rettung derer, die auf Christus vertraut haben,
vollenden wird. All jenen, die nicht auf das Kommende vorbereitet sind,
wird eine feierliche Warnung auf den Weg gegeben, denn der Tag der
Abrechnung, am dem jedes Knie sich beugen wird ( Phil 2,10 ), rückt
unausweichlich näher. Wegen seiner Aussagen über die künftigen
Geschehniswie auch wegen seiner Mahnung zu einem rechtschaffenen
Lebenswandel wird dieses Buch zu einem Segen für all jene, "die da hören
die Worte der Weissagung und behalten, was darin geschrieben ist; denn
die Zeit ist nahe" ( Offb 1,3 ). GLIEDERUNG I. Einführung: "Was du gesehen hast" ( Kap.1 ) A. Prolog ( 1,1-3 ) B. Grußwort ( 1,4-8 ) C. Die Vision des verherrlichten Cristus
( 1,9-18 ) D. Der Aufftrag an Johannes ( 1,19-20 ) II. Die Sendschreiben an die sieben Gemeinden:
"Was jetzt ist" ( Kap.2-3 ) A. Der Brief an die Gemeinde in Ephesus
( 2,1-7 ) B. Der Brief an die Gemeinde in Smyrna
( 2,8-11 ) C. Der Brief an die Gemeinde in Pergamon
( 2,12-17 ) D. Der Brief an die Gemeinde in Thyatira
( 2,18-29 ) E. Der Brief an die Gemeinde in Sardes
( 3,1-6 ) F. Der Brief an die Gemeinde in Philadelphia
( 3,7-13 ) G. Der Brief an die Gemeinde in Laodizea
( 3,14-22 ) III. Die Offenbarung des Kommenden: "Was
geschehen soll danach" ( Kap.4-22 ) A. Der himmlische Thorn ( Kap.4 ) B. Das Buch mit den sieben Siegeln ( Kap.5 ) C. Die Öffnung der ersten sechs Siegel: die
Zeit des göttlichen Zornes ( Kap.6 ) D. Die in der Zeit der Großen Trübsal
Bewahrten ( Kap.7 ) E. Die Öffnung des siebten Siegels und die
Einführung der sieben Posaunen ( Kap.8-9 ) F. Der große Engel mit dem Büchlein
( Kap.10 ) G. Die beiden Zeugen ( 11,1-14 ) H. Der Schall der siebenten Posaune
( 11,15-19 ) I. Die sieben Gestalten der Endzeit ( Kap.12-15 ) J. Die Schalen des göttlichen Zorns
( Kap.16 ) K. Der Fall Babylons ( Kap.17-18 ) L. Der Jubel im Himmel ( 19,1-10 ) M. Die Wiederkunft Christi ( 19,11-21 ) N. Das Tausendjährige Reich ( 20,1-10 ) O. Das Gericht vor dem Großen Weißen Thorn
( 20,11-15 ) P. Der neue Himmel und die neue Erde
( 21,1-22,5 ) Q. Das Wort des Herrn ( 22,6-21 ) AUSLEGUNG I. Einführung: "Was du gesehen hast" ( Offb 1 ) A. Prolog ( 1,1-3 ) Offb 1,1 Die einleitenden Worte "die Offenbarung Jesu
Christi" deuten bereits an, worum es in der folgenden Schrift geht. Der
Begriff "Offenbarung" ist eine Übersetzung des griechischen
Wortes apokalypsis , "Entschleierung, Enthüllung" (daher das deutsche
Lehnwort "Apokalypse"). Diese besondere Offenbarung wurde Johannes
zuteil, damit er sie seinerseits anderen, seinen Knechten , weitergebe.
Ihr Inhalt zielt auf das, was in Kürze geschehen soll . Es geht in
diesem Text also nicht um Dinge, die in der Vergangenheit liegen, wie es
etwa bei den vier Evangelien der Fall ist. Die Zeitangabe "in Kürze"
( en tachei ; vgl. Offb 2,16;22,7.12.20 ) bedeutet, daß das betreffende
Geschehen plötzlich eintreten wird, nicht unbedingt, daß es unmittelbar
bevorsteht. Wenn die endzeitlichen Ereignisse erst einmal in Gang
gebracht sind, werden sie in rascher Folge ihrem Höhepunkt zustreben
(vgl. Lk 18,8; Apg 12,7; 22,18; 25,4; Röm 16,20 ). Die Worte "er hat sie
... kundgetan" geben die griechische Verbform esEmanen , "durch Zeichen
oder Symbole bekanntmachen", wieder, womit auch eine mündliche
Mitteilung gemeint sein kann. Der Engelsbote, der sie überbringt, wird
nicht mit Namen genannt. Manche Ausleger sind der Ansicht, daß es sich
dabei um Gabriel handelte, der schon Daniel, Maria und Zacharias eine
Botschaft Gottes übermittelte (vgl. Dan 8,16;9,21-22; Lk 1,26-31 ). Die
Wendung "seinem Knecht" ( doulos , eigentlich "Sklave") taucht in
gleicher Form auch bei Paulus, Jakobus, Petrus und Judas auf (vgl. Röm
1,1; Phil 1,1; Tit 1,1; 2Pet 1,1; Jak 1,1; Jud 1,1 ), wenn sie von ihrer
Funktion als Diener Gottes sprechen. Offb 1,2 Johannes schilderte getreulich, was er als das
Wort Gottes und das Zeugnis von Jesus Christus (gesehen hat) . Die
Offenbarung, die ihm zuteil geworden war, war eine Nachricht von - und
über - Jesus Christus. Offb 1,3 Der Prolog des Buches schließt mit einem
Segenswort für jeden, der es liest , und für all jene, die da hören die
Worte der Weissagung und behalten, was darin geschrieben ist . Die
Formulierung dieses Segensspruches deutet darauf hin, daß die Botschaft
laut vor einer Hörerschaft verlesen werden sollte. Doch der Segen gilt
nicht nur dem, der den Text vorliest, und seinen Hörern, sondern auch
und vor allem jenen, die in Gehorsam auf das Gehörte antworten. Der Abschnitt endet mit der Wendung "die Zeit ist
nahe" . Der Begriff "Zeit" ( kairos ) bezieht sich auf eine bestimmte
Zeitspanne, d. h. in diesem Fall auf die Endzeit ( Dan
8,17;11,35.40;12,4.9; vgl. Offb 11,18 und Offb 12,12 ). In Offb
12,14 steht das Wort "Zeit" für den Zeitraum eines Jahres (vgl. Dan
7,25 ); die Wendung "eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit"
bedeutet demnach soviel wie ein Jahr ("Zeit") und zwei Jahre ("Zeiten")
und ein halbes Jahr ("eine halbe Zeit"), zusammen also dreieinhalb Jahre
- das ist die Dauer der Endzeit. In Offb 1,3 steht darüber hinaus die erste von
insgesamt sieben Seligpreisungen im Buch der Offenbarung ( Offb
1,3;14,13;16,15;19,9;20,6;22,7.14 ). Der Prolog stellt also in präziser Form die
Themen und das Anliegen des Buches vor sowie seine Vermittler, Engel wie
Menschen. Dabei ist besonders bemerkenswert, daß der Text in erster
Linie als praktischer Anschauungsunterricht für all jene gedacht ist,
die ihn lesen und sich seinen Inhalt zu Herzen nehmen. B. Grußwort ( 1,4 - 8 ) Offb 1,4-6 Das Grußwort macht - ähnlich wie der anfängliche
Gruß in den paulinischen Briefen und das Grußwort im 2. Johannesbrief,
der ja vom selben Verfasser stammt - genauere Angaben über den
Bestimmungsort des Schreibens. Empfänger der hier verkündeten Botschaft
waren die sieben Gemeinden in der römischen Provinz Asien in Kleinasien
( Offb 1,4; 2,3 ). Die Worte "Gnade und Friede" bezeichnen den Stand des
Christen vor Gott und seine Gotteserfahrung. "Gnade" bezieht sich auf
das Verhältnis Gottes gegenüber den Gläubigen; "Friede" auf das
Verhältnis der Gläubigen zu Gott und die Erfahrung des göttlichen
Friedens, der ihnen geschenkt wird. Ungewöhnlich an der Grußformel ist, daß sie Gott
Vater als den beschreibt, der da ist und der da war und der da
kommt (vgl. Offb 1,8 ). Mit den sieben Geistern ist wahrscheinlich der
Heilige Geist gemeint (vgl. Jes 11,2-3; Offb 4,5;5,6 ), obwohl auch
diese Bezeichnung für die dritte Person der Trinität außergewöhnlich
ist. An letzter Stelle wird Jesus Christus genannt, möglicherweise, weil
er im Buch der Offenbarung eine ganz besondere Rolle spielt. Er ist
der treue Zeuge , die Quelle der hier verzeichneten Offenbarung, der
Erstgeborene von den Toten (vgl. Kol 1,18 ) - ein Hinweis auf seine
Auferstehung. Und er ist der Herr über die Könige auf Erden - ein
Zeichen für seine prophetische Rolle nach seiner Wiederkunft ( Offb
19 ). Die Auferstehung Christi geschah von den Toten .
Als der "Erstgeborene" ist er der erste, der mit einem ewigen Leib
auferweckt wurde und somit ein Sinnbild für die Schar der Auferweckten,
zu denen die Heiligen, die im Zeitalter der Kirche sterben ( Phil
3,11 ), die Märtyrer in der Zeit der Großen Trübsal ( Offb 20,5-6 ) und
die bösen Menschen aller Zeiten ( Offb 20,12-13 ) gehören. In seinem
Sterben am Kreuz ist Christus, der uns liebt , derjenige, der uns erlöst
hat von unsern Sünden mit seinem Blut (in einigen griechischen
Handschriften steht an dieser Stelle "gereinigt" statt "erlöst"). Die
Gläubigen sind damit zu Königen und Priestern geworden, die Gott jetzt
und in Ewigkeit dienen werden. Diese Aussicht veranlaßte Johannes zu
einer Doxologie, die in dem Schlußwort "Amen" (wörtlich "so geschehe
es") gipfelt. Offb 1,7-8 Die Leser werden dazu aufgefordert, nach Christus
Ausschau zu halten, denn er kommt , wie es für sein zweites Kommen
vorhergesagt ist, mit den Wolken (vgl. Apg 1,9-11 ). Es werden ihn sehen
alle Augen und alle, die ihn durchbohrt haben. Obwohl die Leute, die
Jesus Christus ermordet und verworfen haben, nun schon lange tot sind
und erst nach dem Tausendjährigen Reich wiederauferweckt werden, wird
der gläubige Rest von Israel Christus "ansehen, den sie durchbohrt
haben" ( Sach 12,10 ). Dieser gottesfürchtige Rest repräsentiert das
ganze Volk Israel. Christi Wiederkunft wird sich jedoch nicht nur
vor den Augen der Israeliten, sondern vor den Augen der ganzen Welt,
auch der Ungläubigen, vollziehen im Gegensatz zu seinem ersten Kommen in
der Geburt in Bethlehem und im Gegensatz zu der Entrückung der Kirche,
die wahrscheinlich nicht für die ganze Welt sichtbar sein wird. Das
Präsens in der Wendung "er kommt" ( Offb 1,7 ) verweist auf die künftige
Entrückung der Kirche ( Joh 14,3 ). Wieder fügt Johannes das
Wort "Amen" an. Sein Grußwort schließt mit dem Hinweis auf Christus, den
Ewigen, das A und das O (der erste und der letzte Buchstabe des
griechischen Alphabets; vgl. auch Offb 21,6;22,13 ). Er ist
derjenige, der da ist und der da war und der da kommt (vgl. Offb
4,8;11,17 ), der Allmächtige . Das griechische Wort für
"Allmächtiger", pantokratOr , kommt zehnmal im Neuen Testament vor,
davon neunmal in der Offenbarung ( 2Kor 6,18; Offb
1,8;4,8;11,17;15,3;16,7.14;19,6.15;21,22 ). Schon in diesen ersten
Versen wird damit auf die wichtigste Offenbarung des ganzen Buches Bezug
genommen. C. Die Vision des verherrlichten Christus ( 1,9 - 18 ) Der Ort, an dem Johannes die dramatische Vision
Christi, die er in diesem Buch wiedergibt, hatte, war die Insel Patmos,
ein kleines Eiland im Ägäischen Meer, südwestlich von Ephesus, zwischen
Kleinasien und Griechenland. Nach dem Bericht mehrerer früher
Kirchenväter (Irenäus, Clemens von Alexandria und Eusebius) wurde
Johannes wegen seiner engagierten Seelsorgetätigkeit in Ephesus als
Gefangener auf diese Insel verbannt. Victorinus, der erste Ausleger des
Buches der Offenbarung, notierte, daß Johannes Zwangsarbeit in den
Bergwerken auf der kleinen Insel verrichten mußte. Als Kaiser Domitian
im Jahre 96 n. Chr. starb, gestattete sein Nachfolger Nerva ihm die
Rückkehr nach Ephesus. In dieser schlimmen Zeit auf Patmos ließ Gott dem
Apostel die ungeheure Offenbarung zuteil werden, die in diesem letzten
Buch der Bibel aufgezeichnet ist. Offb 1,9-11 Der Abschnitt beginnt mit den einleitenden
Worten: Ich, Johannes . Das ist der dritte Hinweis auf Johannes als den
menschlichen Verfasser des Buches der Offenbarung in diesem Kapitel und
die erste von insgesamt drei Gelegenheiten, bei denen er von sich in der
Ich-Form spricht (vgl. Offb 21,2;22,8 ). Das steht im Gegensatz zu
seinem Selbstzeugnis in 2Joh 1,1 und 3Joh 1,1 als "Ältester" und dem
Hinweis in Joh 21,24 ,daß er ein "Jünger" sei. In den ersten Kapiteln, die an die sieben
Gemeinden in Asien gerichtet sind, bezeichnet Johannes sich selbst
als Bruder und Mitgenosse(n) an der Bedrängnis . In diese Bedrängnis
hatte ihn seine unerschrockene Verkündigung und sein Glaube an das Wort
Gottes und das Zeugnis von Jesus gebracht. (Manche griechischen Texte
fügen an dieser Stelle nach "Jesus" noch den Titel "Christus" ein.) "Das
Zeugnis von Jesus" bezieht sich auf das Zeugnis des
Johannes für und von Jesus, nicht etwa auf ein Zeugnis durch Jesus. Wie
viele andere berühmte Männer, die an der Heiligen Schrift mitwirkten
(Mose, David, Jesaja, Hesekiel, Jeremia und Petrus), schrieb Johannes
sein Buch auf dem Hintergrund der Leiden, die ihm sein Engagement für
den wahren Gott zugezogen hatte. Die Offenbarung erreichte ihn am Tag des Herrn,
als er vom Geist ergriffen war. Manche Exegeten sind der Ansicht, daß
der "Tag des Herrn" hier eine Bezeichnung für den ersten Tag der Woche
ist. Der Genitiv "des Herrn" ist im griechischen Text jedoch ein
Adjektiv, und in dieser Form wird in der Bibel an keiner Stelle vom
ersten Tag der Woche gesprochen. Johannes bezieht sich an dieser Stelle
also wahrscheinlich auf jenen "Tag des Herrn", von dem sowohl im Alten
wie im Neuen Testament immer wieder die Rede ist (vgl. Jes 2,12; 13,6.9;
34,8 ; Joe 1,15; 2,1.11; 3,4; 4,14 ; Am 5,18.20; Zeph 1,7-8.14.18; 2,3;
Sach 14,1; Mal 3,23; 1Thes 5,2; 2Pet 3,10 ). "Vom Geist ergriffen"
könnte auch mit "in meinem Geist" (vgl. Offb 4,2;17,3 ) übersetzt
werden. Johannes wurde also in einer Vision - nicht leiblich - in jenen
zukünftigen "Tag des Herrn" versetzt, an dem Gott über die Erde zu
Gericht sitzen wird. Die aufrüttelnden Ereignisse, die ab Kapitel
4 beschrieben werden, leiten den "Tag des Herrn" und das Gericht, das er
bringen wird, ein. Es ist unwahrscheinlich, daß Johannes die gesamte
Vision, die im Buch der Offenbarung festgehalten ist, an einem einzigen
Tag schaute - vor allem, weil er sie ja noch niederschreiben mußte.
Wahrscheinlich notierte er das Erlebte erst anschließend, nachdem er auf
prophetische Weise den künftigen "Tag des Herrn" gesehen hatte. Johannes hörte hinter sich eine große Stimme wie
von einer Posaune , die ihn anwies, alles, was er sah und hörte, auf
eine Rolle zu schreiben und diese an die sieben Gemeinden in Kleinasien
zu schicken. Das ist die erste der zwölf Aufforderungen an Johannes, das
Geschaute niederzuschreiben. Sie geht mit einer Ausnahme ( Offb 10,4 ),
die nicht festgehalten werden soll, den einzelnen Visionen voran
(vgl. Offb 1,19; 2,1.8.12.18; 3,1.7.14; 14,13; 19,9; 21,5 ). Die sieben angesprochenen Gemeinden befanden sich
jeweils an ganz konkreten Orten. Geographisch gesehen bilden sie in der
Reihenfolge ihrer Erwähnung einen Halbkreis, der bei Ephesus an der
Küste beginnt, über Smyrna und Pergamon nach Norden führt und dann über
Thyatira, Sardes, Philadelphia und Laodizea nach Osten und Süden
einschwenkt. (Zu weiteren Informationen über diese sieben Gemeinden vgl.
den Kommentar zu Kapitel 2; 3 .) Offb 1,12-16 Johannes wandte sich um, zu sehen nach der
Stimme, und erblickte sieben goldene Leuchter . Dabei handelte es sich
offensichtlich um sieben einzelne Lampen, nicht um den siebenarmigen
Leuchter, wie wir ihn aus dem Tabernakel und dem Tempel kennen. Mitten unter den Leuchtern sah er einen, der war
einem Menschensohn gleich - eine Formulierung, wie sie in Dan 7,13 für
Christus verwendet wird. Er war wie ein Priester angetan mit einem
langen Gewand und gegürtet um die Brust mit einem goldenen Gürtel .
Sein weißes Haar erinnert an den "Uralten" in Dan 7,9 , ist also ein
Hinweis auf Gott Vater. Gott Sohn, dessen Haupt und Haar ebenfalls weiß
sind, besitzt dieselbe Reinheit und Ewigkeit wie Gott Vater. Seine
Augen, die wie eine Feuerflamme leuchten, sind ein Bild für das Gericht
über die Sünde, das er bringt (vgl. Offb 2,18 ). Diese Vorstellung wird weiter ausgeschmückt in
der Beschreibung seiner Füße, die wie Golderz sind, das im Ofen
glüht (vgl. Offb 2,18 ). (Dahinter steht eine Anspielung auf den
Bronzealtar im Tempel in Jerusalem, der für die Sühnopfer bestimmt war.)
Seine Stimme wird mit einem Wasserrauschen verglichen. Sein Angesicht
leuchtete mit einem Glanz, wie die Sonne scheint in ihrer Macht .
Johannes bemerkte, daß er sieben Sterne in seiner rechten Hand hielt,
die in Vers 20 als die Engel oder Boten der sieben Gemeinden
spezifiziert werden. Daß Christus diese Sterne in der Rechten hielt, ist
ein Zeichen für seinen souveränen Besitzanspruch. Im Blick auf Christi
Rolle als Richter sah Johannes aus seinem Munde ... ein scharfes,
zweischneidiges Schwert kommen. Dieser besondere Schwerttyp
( rhomphaia ; vgl. Offb 2,12.16;6,8;19,15.21 ) wurde von den Römern als
Stichwaffe benutzt. Jesus Christus ist nicht länger das Kind in
Bethlehem oder der leidende Gottesknecht mit der Dornenkrone; er ist nun
der Herr der Herrlichkeit. Offb 1,17-18 Johannes berichtete: Und als ich ihn sah, fiel
ich zu seinen Füßen wie tot. In ganz ähnlicher Weise stürzte Paulus zu
Boden, als ihm Christus in seiner Herrlichkeit erschien ( Apg 9,4 ).
Früher einmal hatte Johannes sein Haupt an Jesu Brust gelegt (vgl. Joh
13,25 ), doch mit diesem neuen herrlichen Christus konnte er nicht mehr
so vertraulich umgehen. Mit den Worten "fürchte dich nicht" richtete ihn
Christus auf und bestätigte, daß er der Ewige, der Erste und der
Letzte (vgl. Offb 1,8;2,8;21,6;22,13 ) und der Auferstandene, der
Lebendige ist, der einmal tot war und nun von Ewigkeit zu Ewigkeit lebt.
An dieser Stelle bekräftigt Christus, daß er allein die Schlüssel des
Todes und der Hölle , d. h. die Macht über den Tod und den Ort der Toten
hat (vgl. Joh 5,21-26; 1Kor 15,54-57; Hebr 2,14; Offb 20,12-14 ). Auch
wenn dem verherrlichten Christus alle Ehre erwiesen werden muß, können
treue Gläubige wie Johannes doch sicher sein, daß sie vom Sohn Gottes
angenommen werden. Der Tod und die Auferstehung der Christen liegen in
seiner Hand. Das hier entworfene Bild des verherrlichten Christus steht
in starkem Kontrast zu der Zeichnung des Menschen Christus in den vier
Evangelien (vgl. Phil 2,6-8 ) mit Ausnahme seiner Verklärung ( Mt 17,2;
Mk 9,2 ). D. Der Auftrag an Johannes ( 1,19 - 20 ) Offb 1,19-20 Nach der Offenbarung der Herrlichkeit Christi
wurde Johannes erneut aufgefordert: Schreibe . Er sollte aufschreiben,
(a) was in der Vergangenheit geschah ( was du gesehen hast ), (b) was in
der Gegenwart ist (was ist) und (c) was in der Zukunft geschehen wird
( was geschehen soll danach ). Damit ist offenbar das göttliche Schema
der Offenbarung aufgezeigt. Zuerst sollte Johannes von seiner eigenen
Erfahrung berichten ( Offb 1 ), die bereits zurücklag. Dann sollte er
die der Gegenwart geltende Botschaft Christi an die sieben Gemeinden
niederschreiben ( Offb 2-3 ) und schließlich - dem prophetischen
Charakter des Buches entsprechend - von den Ereignissen erzählen, die
dem zweiten Kommen Christi vorangehen, darin ihren Höhepunkt finden und
darauf folgen ( Offb 4-22 ). Diese chronologische Unterteilung des Buches der
Offenbarung ist vielen anderen Gliederungsversuchen überlegen, in denen
die Exegeten sich häufig von bestimmten Wendungen ablenken lassen oder
das Buch ihrem eigenen Auslegungsschema anpassen. Die hier
vorgeschlagene Gliederung harmoniert dagegen hervorragend mit der
Grundvorstellung, daß der größte Teil der Offenbarung (von Offb 4 an)
futurisch und nicht historisch oder bloß symbolisch konzipiert ist oder
einfach nur prinzipielle Aussagen enthält. Es muß betont werden, daß nur
eine futurische Deutung von Offb 4-22 die Schrift als geschlossenes
Ganzes erscheinen läßt. Immerhin stimmen diejenigen Exegeten, die vom
allegorischen Interpretationsansatz ausgehen, selten in ihren Ansichten
überein, und dasselbe gilt auch für die Vertreter des symbolischen und
des historischen Ansatzes. Häufig wird in der Offenbarung zunächst das
visionäre Symbol dargestellt und im Anschluß erläutert. So werden z. B.
an dieser Stelle die sieben Sterne als Engel oder Boten der sieben
Gemeinden, und die sieben Leuchter als Sinnbilder der sieben Gemeinden
erklärt. Das Buch der Offenbarung ist also alles andere als ein
hoffnungslos undurchsichtiger Wirrwar von symbolischen Visionen; es ist
vielmehr eine sorgfältige und genaue Aufzeichnung all dessen, was
Johannes sah und hörte, mit immer wieder eingestreuten Erklärungen der
theologischen und praktischen Bedeutung des Geschauten. Auf dem Hintergrund anderer symbolischer Bücher
wie etwa des Buches Daniel und Hesekiel sollte die Offenbarung Johannes
für jeden verstehbar sein, der sich sorgsam und engagiert mit dem Wort
Gottes auseinandersetzt. Ähnlich wie im Buch Daniel wird ihre Bedeutung
immer klarer, je weiter die Geschichte voranschreitet. Obwohl das Buch
der Offenbarung in seinem Gehalt und seiner praktischen Anwendbarkeit
zeitlos ist, gewährt es doch in besonderem Maße jenen Trost, die in der
Zeit vor dem zweiten Kommen Christi der Führung bedürfen. Bevor die grandiose prophetische Szenerie
der Kapitel 4 - 22 entfaltet wird, richtete Christus noch eine
persönliche Botschaft an die sieben Gemeinden, die ihre Geltung auch für
die heutige Kirche keineswegs verloren hat. II. Die Sendschreiben an die sieben Gemeinden:
"Was jetzt ist" ( Offb 2-3 ) Wie bereits in Offb 1,11 angekündigt, sandte
Christus eine Botschaft an jede der sieben Ortsgemeinden in Kleinasien.
Die Reihenfolge, in der sie genannt werden, orientiert sich an ihrer
geographischen Lage. So würde ein Bote selbstverständlich die
praktischste Reiseroute vom Seehafen Ephesus etwa 50 Kilometer nach
Norden zur nächsten Hafenstadt Smyrna wählen, von dort zunächst weiter
nach Nordosten, nach Pergamon, reisen, und dann weiter nach Osten und
Süden ziehen, um die vier übrigen Städte aufzusuchen ( Offb 1,11 ). Es ist viel darüber gesprochen worden, was die
Sendschreiben heute zu sagen haben. Offensichtlich wurden gerade diese
Gemeinden mit Vorbedacht ausgewählt und in eine bestimmte Reihenfolge
gebracht, um in ihnen verschiedene charakteristische Situationen
anzusprechen, mit denen die Kirche im Laufe ihrer Geschichte
konfrontiert war. Wie auch die paulinischen Briefe, obwohl sie an
bestimmte Gemeinden adressiert waren, sich gleichzeitig an die ganze
damalige Kirche richteten, so gelten diese sieben Botschaften der ganzen
heutigen Kirche. Es gab damals noch zahlreiche andere Gemeinden, etwa in
Kolossä, Magnesia und Tralles, von denen einige sogar größer gewesen
wären als die sieben genannten Gemeinden in Kleinasien, doch sie werden
nicht angesprochen. Wenn man den Inhalt der Sendschreiben untersucht,
so wird als erstes deutlich, daß sie Botschaften für die betreffenden
historischen Ortsgemeinden des 1. Jahrhunderts sind. Zum Zweiten
enthalten sie jedoch eine Botschaft an Gemeinden von heute, die in
derselben Situation wie diese historischen Gemeinden sind. Die
individuellen Ermahnungen von Einzelpersonen oder bestimmten Gruppen
innerhalb der Gemeinden machen drittens klar, daß der Inhalt der
Sendschreiben genauso auch für den einzelnen Christen von heute bestimmt
ist. Manche Exegeten sind außerdem der Ansicht, daß die Reihenfolge der
sieben Gemeinden sich an der Abfolge verschiedener
kirchengeschichtlicher Epochen vom 1. Jahrhundert bis in die Gegenwart
orientiert. In der Tat gibt es bemerkenswerte Parallelen
zwischen den sieben Sendschreiben und der Entwicklung der
Kirchengeschichte seit der Frühzeit der Kirche. Ephesus z. B. scheint
ein Sinnbild für die apostolische Kirche zu sein, während Smyrna die
Kirche zur Zeit der ersten Christenverfolgungen symbolisiert. Doch die
Schrift gibt uns nichts Eindeutiges für eine derartige Auslegung an die
Hand. Deshalb sollte man dieser Interpretation lediglich an den Stellen
folgen, wo sie sich gleichsam als naturgegeben aufdrängt. Schließlich
existierten die genannten Gemeinden alle zur gleichen Zeit im 1.
Jahrhundert. Jede der Botschaften lautet zwar etwas anders,
doch es gibt auch Berührungspunkte zwischen den einzelnen Sendschreiben.
So macht Christus immer wieder deutlich, daß ihm die Werke der Gemeinde
bekannt sind. Jedes Sendschreiben enthält darüber hinaus eine Verheißung
für all jene, die standhaft bleiben, ermahnt diejenigen, die die
Botschaft hören, und enthält schließlich eine bestimmte
Charakterisierung Christi, die mit der anschließenden Botschaft in
Zusammenhang steht. Daneben folgen alle Sendschreiben einem bestimmten
Schema: Es wird jeweils ein Lob (außer dem Schreiben an die Gemeinde in
Laodizea), ein Tadel (außer in den Schreiben an die Gemeinden in Smyrna
und Philadelphia), eine Ermahnung und eine ermutigende Verheißung für
alle, die sich die Botschaft zu Herzen nehmen, ausgesprochen. Letzlich
geht es in den Briefen an die sieben Gemeinden um Probleme, wie sie sich
Gemeinden in der ganzen Kirchengeschichte stellten, und zugleich wird in
ihnen in prägnanter und umfassender Weise enthüllt, wie Christus solche
Gemeinden beurteilt. Seltsamerweise wurde dieser Teil der Heiligen
Schrift immer vernachlässigt. Viele beschäftigen sich mit den
Paulusbriefen und anderen Passagen aus dem Neuen Testament, um etwas
über die Kirche zu erfahren, aber die Sendschreiben an die sieben
Gemeinden, die doch von Christus selbst stammen und ihrem ganzen Wesen
nach einen besonderen Höhepunkt der Schrift darstellen, werden
vollkommen übergangen. Diese Unterlassungssünde hat nicht zuletzt dazu
beigetragen, daß viele Gemeinden von heute nicht nach dem vollkommenen
Willen Gottes gestaltet sind. A. Der Brief an die Gemeinde in Ephesus ( 2,1-7 ) 1. Bestimmungsort ( 2,1 ) Offb 2,1 Zu der Zeit, in der dieser Brief entstand,
war Ephesus ein bedeutender kleinasiatischer Seehafen und außerdem der
Standort des großen Artemistempels (vgl. Apg 19,24.27-28.34.35 ), eines
der sieben Weltwunder der Antike. Etwa 43 Jahre vor der Abfassung des
Sendschreibens an die Gemeinde in Ephesus im Buch der Offenbarung hatte
der Apostel Paulus die Stadt besucht (um das Jahr 53 n. Chr.). Er war
mehrere Jahre in Ephesus geblieben und hatte das Evangelium mit solcher
Vollmacht verkündigt, "daß alle, die in der Provinz Asien wohnten, das
Wort des Herrn hörten, Juden und Griechen" ( Apg 19,10 ). Die Botschaft
des Apostels setzte sich so stark in dieser antiken Großstadt durch
( Apg 19,11-40 ), daß schließlich die Silberschmiede einen Aufruhr
anzettelten, weil sie um ihr Geschäft, die Herstellung von Statuen der
Göttin, fürchteten. Entsprechend alt und berühmt in der ganzen
Umgegend war die dortige Gemeinde . Der Hirte oder Bote dieser Gemeinde
wird im Sendschreiben als Engel ( angelos ) angeredet. Dieses Wort wird
sonst in der Bibel vor allem für die Engel im Himmel verwendet, doch es
taucht auch im Zusammenhang mit menschlichen Boten auf (vgl. Mt 11,10;
Mk 1,2; Lk 7,24.27; 9,52 ). Christus hielt sieben Sterne in seiner
Rechten und wandelte mitten unter den sieben goldenen Leuchtern . Die
"Sterne" verkörpern die Boten oder Engel der Gemeinden, die "Leuchter"
die sieben Gemeiden selbst ( Offb 1,20 ). 2. Lob ( 2,2-3 ) Offb 2,2-3 Christus lobte die Glieder der Gemeinde in
Ephesus für ihre Werke und ... Mühsal und ... Geduld sowie dafür, daß
sie die Bösen verurteilt und jene, die sich fälschlich als Apostel
ausgaben, als Lügner gebrandmarkt hatten. (In den ersten vier Gemeinden,
an die die sieben Sendschreiben gerichtet sind, waren durchweg solche
falschen Lehrer aufgetreten; vgl. V. 2.6.9.14.15.20 Aber die
Gemeindeglieder wurden auch dafür gelobt, daß sie die Last getragen
haben und ... nicht müde geworden sind in ihrem Dienst für Gott. Die
Gemeinde in Ephesus hatte also mehr als 40 Jahre getreulich an ihrem
Dienst für Gott festgehalten. 3. Tadel ( 2,4 ) Offb 2,4 Trotz des lobenswerten Betragens der Gemeinde auf
vielen Gebieten mußte die Kirche in Ephesus doch eine herbe
Zurechtweisung hinnehmen: Aber ich habe gegen dich, daß du die erste
Liebe verläßt. Die Wortordnung im Griechischen läßt von der Betonung her
auch die Übersetzung zu: "Du hast deine erste Liebe verlassen." Christus
gebrauchte hier das Wort agapEn für die tiefe Liebe, die Gott den
Menschen entgegenbringt. Diese tadelnden Worte klingen ganz anders als
das, was Paulus 35 Jahre zuvor an die Epheser geschrieben hatte, nämlich
daß er nie aufhöre, für sie zu danken wegen ihres Glaubens an Christus
und ihrer Liebe, agapEn , zu den Heiligen ( Eph 1,15-16 ). Die meisten
Gemeindeglieder der Kirche in Ephesus waren nun schon in der zweiten
Generation Christen und hatten sich zwar die Reinheit der Lehre und des
Lebens bewahrt und eine hohe Stufe des Dienstes für Gott und den
Nächsten erreicht, doch es fehlte ihnen die wahre Hingabe an Christus.
Die gleiche Warnung, daß Orthodoxie und Dienst allein nicht ausreichend
sind, könnte man der modernen Kirche entgegenhalten. Christus liegt
genausoviel an den Herzen der Gläubigen wie an ihren Gedanken und ihrem
Tun. 4. Ermahnung ( 2,5-6 ) Offb 2,5-6 Zunächst wurde den Ephesern vor Augen
geführt, wovon sie abgefallen waren. Sie sollten Buße tun und zu der
Liebe zurückkehren, die sie verlassen hatten. Ganz ähnlich lautende
Mahnungen, in denen eine wahre und tiefe Liebe zu Gott gefordert wird,
finden sich an vielen Stellen im Neuen Testament ( Mt 22,37; Mk 12,30;
Lk 10,27; Joh 14,15.21.23; Joh 21,15-16; 1Pet 1,8; Jak 2,5 ). Nach den
Worten Christi muß die Liebe des Christen zu Gott größer sein als seine
Liebe zu seinen nächsten Verwandten wie Vater, Mutter, Sohn oder Tochter
( Mt 10,37 ), und Paulus fügte hinzu, daß die Liebe zu Gott sogar die
Liebe zum eigenen Ehepartner übersteigen sollte ( 1Kor 7,32-35 ). Indem
Christus die Gläubigen von Ephesus zur Buße rief, forderte er sie zu
einem Wandel in ihrer Haltung und ihrer Zuneigung auf. Sie sollten den
christlichen Dienst nicht einfach nur weiterführen, weil das richtig
war, sondern weil sie ihren Herrn liebten. Er warnte sie auch davor, daß
das Licht ihres Zeugnisses verlöschen würde, wenn sie seinem Ruf nicht
folgten: Wenn aber nicht, werde ich ... deinen Leuchter wegstoßen von
seiner Stätte . Die Gemeinde von Ephesus bestand nach dem 1. Jahrhundert
noch weiter und war später Schauplatz eines bedeutenden Konzils. Nach
dem 5. Jahrhundert verschwanden jedoch sowohl die Gemeinde als auch die
Stadt. Seit dem 14. Jahrhundert ist die unmittelbare Umgebung dieser
wichtigen historischen Stätte völlig unbewohnt. Trotz dieser ernsten Warnung findet sich in
Vers 6 noch einmal ein lobendes Wort für die Gemeinde. Es wird den
Ephesern zugute gehalten, daß sie die Werke der Nikolaten haßten. Über
die Identität dieser Gruppe ist viel spekuliert worden, doch die Schrift
macht keine näheren Angaben darüber, wer sie waren. Auf jeden Fall
handelte es sich wohl um eine Sekte, die in ihren Praktiken und in ihrer
Lehre Irrwege ging (genauere Angaben finden sich bei Henry Alford, The
Greek Testament , 4,563 - 65; Merrill C. Tenney, Interpreting
Revelation , S. 60 - 61; Walvoord, Revelation , S. 58). 5. Verheißung ( 2,7 ) Offb 2,7 Wie in den anderen Sendschreiben gab Christus
auch der ephesischen Gemeinde eine Verheißung für all jene auf den Weg,
die sich seine Worte zu Herzen nehmen würden: Wer überwindet, dem will
ich zu essen geben von dem Baum des Lebens, der im Paradies Gottes
ist. Der "Baum des Lebens", der zum ersten Mal in 1Mo 2,9 erwähnt wird,
stand im Garten Eden. Später taucht er im Zusammenhang mit dem Neuen
Jerusalem auf, wo er überreichlich Früchte trägt ( Offb 22,2 ). Wer von
seinen Früchten ißt, wird niemals sterben ( 1Mo 3,22 ). Mit dieser
Verheißung ist sicherlich nicht eine besondere Belohnung für eine
bestimmte Gruppe von Christen gemeint, sie gilt vielmehr
für alle Gläubigen. Das "Paradies Gottes" ist wahrscheinlich eine andere
Bezeichnung für den Himmel (vgl. Lk 23,43; 2Kor 12,4; die beiden
einzigen anderen neutestamentlichen Verweise auf das Paradies) und damit
für das Neue Jerusalem in der Ewigkeit, von dem später die Rede sein
wird. Diese Ermutigung zu wahrer Gottesliebe sollte die
Gläubigen an Gottes gnädigen Heilsplan in Zeit und Ewigkeit erinnern.
Die Liebe zu Gott drückt sich nicht darin aus, daß man ängstlich an
Gesetzesvorschriften festhält, sondern in der Antwort auf die Erkenntnis
und Freude über die Liebe Gottes. B. Der Brief an die Gemeinde in Smyrna ( 2,8 - 11 ) 1. Bestimmungsort ( 2,8 ) Offb 2,8 Das zweite Sendschreiben richtet sich an die
Gemeinde in Smyrna , einer großen und reichen Stadt ungefähr 50
Kilometer nördlich von Ephesus. Wie Ephesus war auch Smyrna eine
Hafenstadt, die allerdings noch heute ein großer Seehafen mit etwa 200
000 Einwohnern ist. In seiner Botschaft an Smyrna beschrieb sich
Christus selbst als der Erste und der Letzte, der tot war und ist
lebendig geworden . Er ist der Ewige (vgl. Offb 1,8.17;21,6;22,13 ), der
von den Händen seiner Verfolger den Tod erlitt und aus dem Grab
auferweckt wurde (vgl. Offb 1,5 ). Diese Attribute Christi waren für die
Gläubigen in Smyrna besonders relevant, denn auch sie waren schweren
Verfolgungen ausgesetzt. Der Name der Stadt Smyrna bedeutet soviel wie
"Myrrhe", eine in der damaligen Zeit weitverbreitete wohlriechende
Essenz. Sie fand unter anderem auch Verwendung in der Zubereitung des
Salböls für die Stiftshütte und bei der Einbalsamierung von Toten
(vgl. 2Mo 30,23; Ps 45,9; Hl 3,6; Mt 2,11; Mk 15,23; Joh 19,39 ).
Während die Christen der Gemeinde von Smyrna die Bitterkeit des Leidens
zu schmecken bekamen, war ihr treues Zeugnis für Gott wie der Duft von
Myrrhe oder einer anderen aromatischen Substanz. 2. Lob ( 2,9 ) Offb 2,9 Es muß für die Christen in Smyrna ein großer
Trost gewesen sein, daß Christus all ihre Leiden kannte: Ich kenne deine
Bedrängnis und deine Armut - du aber bist reich ! Neben den
Verfolgungen, die sie zu ertragen hatten, litten die Gemeindeglieder
auch noch unter drückender Armut ( ptOcheian , im Gegensatz zu penia ,
dem gebräuchlichen Wort für "Armut"). Dennoch waren sie reich durch die
wunderbaren Verheißungen, die Christus ihnen gegeben hatte (vgl. 2Kor
6,10; Jak 2,5 ). Sie wurden nicht nur von den Heiden, sondern auch von
feindseligen Juden, ja von Satan selbst verfolgt - die jüdische Synagoge
in Smyrna galt offensichtlich als Synagoge des Satans (vgl. Offb 3,9 ).
(Satan wird in vier der sieben Sendschreiben erwähnt: Offb
2,9.13.24;3,9 .) In der Geschichte der Kirche kamen die schwersten
Verfolgungen in der Tat meistens aus der Ecke religiöser Fanatiker. 3. Tadel Es fällt auf, daß die gläubigen, bedrängten
Christen in Smyrna nicht getadelt werden. Dieser Befund steht in
schroffem Kontrast zu der Beurteilung von fünf der sechs anderen
Gemeinden, die Christus streng zurechtwies. Ihre leidvollen Erfahrungen
hatten die Gläubigen in Smyrna trotz allem darin bestärkt, sich in ihrem
Glauben und ihrem Lebenswandel rein zu erhalten. 4. Ermahnung ( 2,10 a) Offb 2,10 a Die Ermahnung, die Christus den Bedrängten
zukommen ließ, war zugleich eine Ermutigung: Fürchte dich
nicht (wörtlich "höre auf, dich zu fürchten") vor dem, was du leiden
wirst! Die schweren Drangsale, denen sie sich ausgesetzt sahen, würden
fortdauern, ja, sie würden weiter verfolgt und ins Gefängnis geworfen
werden und zehn Tage zusätzliche Bedrängnis zu erdulden haben. Manche
Exegeten haben die Zeitangabe "zehn Tage" als symbolischen Ausdruck für
alle Kirchenverfolgungen verstanden. Andere halten sie für eine
Anspielung auf zehn Christenverfolgungen, die unter den römischen
Kaisern stattfanden. Am wahrscheinlichsten ist jedoch, daß in dieser
Wendung eine begrenzte Zeit des Leidens vorweggenommen ist (vgl.
Walvoord, Revelation , S.61-62), eine These, für die Scott in der
Schrift mehrere Belege fand (Walter Scott, Exposition of the Revelation
of Jesus Christ , S.69). Er zitiert in diesem Zusammenhang 1Mo 24,55;
Neh 5,18; Jer 42,7; Dan 1,12 und Apg 25,6 .Dieselbe Position vertritt
auch Alford, der als Beispiele 4Mo 11,19; 4Mo 14,22; 1Sam 1,8 und Hi
19,3 anführt ( The Greek Testament , 4:567). Das Problem des menschlichen Leidens hat die
gläubigen Christen zu allen Zeiten beschäftigt und ihre Überzeugung auf
eine harte Probe gestellt. Wenn nur die Gottlosen leiden müßten, so wäre
das ja nicht weiter verwunderlich, doch warum geht es den
Gottesfürchtigen nicht besser? Die Schrift gibt auf diese Frage eine
ganze Reihe von Antworten. So kann das Leiden (1) disziplinierenden
( 1Kor 11,30-32; Hebr 12,3-13 ) oder (2) vorbeugenden Charakter haben
(wie der "Stachel im Fleisch" des Paulus; 2Kor 12,7 ), es kann (3) die
Menschen Gehorsam lehren (wie das Leiden Christi; Hebr 5,8; vgl. Röm
5,3-5 ) oder (4) ein eindrucksvolleres Zeugnis für Christus bewirken
(wie in Apg 9,16 ). 5. Verheißung ( 2,10 b - 11 ) Offb 2,10-11 (Offb 2,10b-11) Die bedrängte Schar der Gläubigen in Smyrna wurde
ermahnt: Sei getreu bis an den Tod . Ihre Verfolger konnten den
smyrnischen Christen zwar ihr irdisches Leben nehmen, doch in diesem
Fall würden sie nur ein wenig früher die Krone des Lebens empfangen.
Offensichtlich war bis zu diesem Zeitpunkt noch niemand aus der Gemeinde
bei Verfolgungen umgekommen, doch es stand zu befürchten, daß das bald
geschehen würde. In der Tat starb Polykarp den Märtyrertod, nachdem er
Bischof der Gemeinde in Smyrna geworden war - ein Schicksal, das
zweifellos noch viele andere nach ihm erlitten (vgl. Robert Jamieson, A.
R. Fausset und David Brown, A Commentary Critical, Experimental and
Practical on the Old and New Testaments . Grand Rapids 1945, 6,662).
"Die Krone des Lebens" ist eine von mehreren "Kronen" oder Belohnungen,
die den Christen verheißen sind (vgl. 1Kor 9,25; 1Thes 2,19; 2Tim 4,6-8;
1Pet 5,4; Offb 4,4; vgl. auch Jak 1,12 ). Die Gläubigen werden also zu
einem standhaften Leben im Gehorsam gegenüber Gott ermutigt; sie sollen
ihren Blick auf das richten, was sie nach dem Tod erwartet: das ewige
Leben. Wie in den übrigen Sendschreiben wurden auch hier
diejenigen, die bereit waren zu hören, ermahnt. Die Verheißung galt
denen, die standhaft bleiben - letztlich also allen Gläubigen - und
schenkte ihnen die Gewißheit, daß ihnen kein Leid ... von dem zweiten
Tode geschehen würde (vgl. Offb 20,15 ). Dieses ermutigende Wort Christi
an die bedrängten Christen in Smyrna gilt zugleich allen leidenden und
verfolgten Gläubigen. Wie es in Hebräer 12,11 heißt: "Jede Züchtigung
aber, wenn sie da ist, scheint uns nicht Freude, sondern Leid zu sein;
danach aber bringt sie als Frucht denen, die dadurch geübt sind, Frieden
und Gerechtigkeit." C. Der Brief an die Gemeinde in Pergamon ( 2,12 - 17 ) 1. Bestimmungsort ( 2,12 ) Offb 2,12 Die dritte Gemeinde befand sich in Pergamon ,
etwa 30 Kilometer landeinwärts von Smyrna. Wie Ephesus und Smyrna war
auch Pergamon eine reiche, wenngleich völlig verdorbene Stadt. Ihre
Einwohner verehrten die heidnischen Götter Athene, Asklepios, Dionysos
und Zeus. Die Stadt war außerdem berühmt für ihre Universität mit einer
Bibliothek von ungefähr 200 000 Bänden und für die Herstellung von
Pergament - ein papierartiges Material, das als pergamena bezeichnet
wurde. Das ganze geistige Klima der Stadt war für jede Form wahrhaft
christlichen Lebens und Zeugnisses denkbar ungeeignet. In Vorwegnahme des Tadels Christi für die laxe
Haltung der dortigen Gläubigen gegenüber dem Bösen und Unmoralischen
führte Johannes Christus als den ein, der da hat das scharfe,
zweischneidige Schwert (vgl. auch Offb 1,16; 2,16; 19,15.21 ). Das
Schwert ist ein Sinnbild der zweifachen Fähigkeit des Gotteswortes, die
Gläubigen von der Welt zu scheiden und die Welt für ihre Sünden zu
verdammen. Es ist das Schwert des Heils und zugleich das Schwert des
Todes. 2. Lob ( 2,13 ) Offb 2,13 In Einhaltung derselben Reihenfolge wie in den
beiden vorhergegangenen Sendschreiben wurde der Gemeinde auch hier
zunächst ein Lob ausgesprochen. Christus kannte ihre schwierige
Situation. Die Gläubigen mußten immerhin leben, wo der Thron des Satans
ist . Diese Wendung bezieht sich möglicherweise auf den großen Tempel
des Asklepios, des heidnischen Gottes der Heilkunst, der in der Gestalt
einer Schlange dargestellt wurde. Am Ende des Verses wird Satan ein
weiteres Mal genannt: Pergamon lag da, wo der Satan wohnt . Die Heiligen
wurden deshalb gelobt, daß sie bei ihrem Glauben beharrt hatten, auch
... als Antipas (der Name bedeutet soviel wie "gegen alles") den
Märtyrertod starb. Wir wissen nichts Genaueres über diesen Vorfall.
Offenbar waren die Christen von Pergamon Gott auch unter schwersten
Prüfungen treu geblieben, hatten ihr Bekenntnis aber auf andere Weise
aufs Spiel gesetzt, wie aus den beiden folgenden Versen deutlich wird. 3. Tadel ( 2,14 - 15 ) Offb 2,14-15 Sie hatten sich des schwersten Verrates schuldig
gemacht, denn es gab Leute unter ihnen, die sich an die Lehre Bileams
und an die Lehre der Nikolaten hielten. Der Seher Bileam hatte einst
Schuld auf sich geladen, weil er König Balak riet, Israel zur Sünde zu
verführen , und zwar zu Mischehen mit heidnischen Frauen, die häufig
ihren Götzendienst mit in die Ehe brachten (vgl. 4Mo 22-25; 4Mo
31,15-16 ). Die Ehe mit Heidinnen war in Pergamon, wo jeder soziale
Kontakt mit der Umwelt immer auch Formen des Götzendienstes
miteinschloß, ein besonderes Problem. So war das Fleisch, das auf dem
Fleischmarkt angeboten wurde, in der Regel zuvor Götzen dargebracht
worden (vgl. 1Kor 8 ). Doch die Gläubigen in Pergamon wurden auch dafür
verurteilt, daß sie den Lehren der Nikolaten folgten. Zuvor war die
Gemeinde von Ephesus dafür gelobt worden, daß sie diesen Lehren
widerstanden hatte, die offenbar auf einen moralischen Irrweg
hinausliefen (vgl. Offb 2,6 ). Manche griechischen Handschriften fügen
an dieser Stelle an, daß Gott die Lehre der Nikolaten haßt, wie es schon
in Vers 6 heißt. Der Kompromiß mit der weltlichen Moral und der
heidnischen Lehre war in der Kirche vor allem im 3. Jahrhundert, als das
Christentum populär zu werden begann, weit verbreitet. Dieses
Sich-Einlassen auf heidnische Religionen und die Abkehr vom reinen
biblischen Glauben korrumpierte die Kirche offenbar schon zu einem
frühen Zeitpunkt. 4. Ermahnung ( 2,16 ) Offb 2,16 Christus tadelte die Gemeinde mit dem schroffen
Befehl: Tue Buße! Die Gemeindeglieder wurden gewarnt: Wenn aber nicht,
so werde ich bald über dich kommen und gegen sie streiten mit dem
Schwert meines Mundes. Christus kündigte ihnen also an, daß das Gericht
"bald" - tachys , ein Wort, das auch "plötzlich" bedeutet (vgl. Offb
1,1;22,7.12.20 ) - kommen würde. Er würde mit den abtrünnigen
Gemeindegliedern kämpfen und dabei das Schwert seines Mundes einsetzen
(vgl. Offb 1,16;2,12;19,15.21 ). Auch hier ist wieder das Wort Gottes
gemeint, das alle faulen Kompromisse und Sünden mit seiner Schärfe
richtet. 5. Verheißung ( 2,17 ) Offb 2,17 Die abschließende Ermahnung der einzelnen
Gemeindeglieder richtete sich wie in den Botschaften an die anderen
Gemeinden wiederum an jene, die bereit waren zu hören. Denen, die
überwinden, wurde von dem verborgenen Manna versprochen. Sie
sollten einen weißen Stein erhalten, auf dem ein neuer Name
geschrieben stand. Das "verborgene Manna" bezieht sich vielleicht auf
Christus als das "Brot vom Himmel", die unsichtbare geistliche Quelle
der Nahrung und Stärkung für die Gläubigen. So wie Israel einst auf der
Wüstenwanderung physische Nahrung, Manna, erhielt, so erhält die Kirche
nun geistliche Nahrung ( Joh 6,48-51 ). Über die Bedeutung des "weißen
Steines" sind sich die Gelehrten nicht einig. Alford hat wahrscheinlich
recht, wenn er sagt, daß das Entscheidende an diesem Bild die Inschrift
auf dem Stein ist, die dem Gläubigen "einen neuen Namen" zuteilt, ein
Zeichen der Annahme durch Gott und ein Ehrentitel ( The Greek
Testament , 4,572). Möglicherweise steckt darin eine Anspielung auf die
alttestamentliche Praxis, daß der Hohepriester zwölf Steine, in die die
Namen der zwölf Stämme Israel geritzt waren, auf seinem Ornat trug. Auch
wenn die Gläubigen in Pergamon wohl keine kostbaren Steine oder Schätze
besaßen, so hatten sie doch etwas sehr viel Wichtigeres: Sie waren von
Christus selbst angenommen und wußten, daß sie nie endenden Segnungen
entgegengingen. Insgesamt betrachtet ist die Botschaft an die Gemeinde
in Pergamon eine Warnung vor falschen Kompromissen in Moral und Lehre
und vor der Abweichung von der Reinheit der Lehre, die von den Christen
verlangt wird. D. Der Brief an die Gemeinde in Thyatira ( 2,18 - 29 ) 1. Bestimmungsort ( 2,18 ) Offb 2,18 Thyatira , 60 Kilometer südöstlich von Pergamon,
war eine sehr viel kleinere Stadt. Sie lag in einer Region, die berühmt
war für ihre Fruchtbarkeit und für die Herstellung von Purpurfarbe. Die
dortige Gemeinde war ebenfalls klein, und doch wurde gerade sie zum
Gegenstand einer so eindringlichen und herben Zurechtweisung. Passend zu dem, was auf diese Einleitung folgt,
wird Christus als der Sohn Gottes, der Augen hat wie Feuerflammen und
... Füße ... wie Golderz eingeführt. Diese Beschreibung ähnelt der
Darstellung in Offb 1,13-15 ,nur daß Christus hier als "der Sohn Gottes"
und nicht als der "Menschensohn" bezeichnet wird. Die Situation in
Thyatira erforderte eine Bekräftigung seiner Gottheit wie auch seiner
gerechten Empörung über die Sünden der dortigen Gemeinde. Der Begriff
"Golderz", mit dem die Füße des Gottessohnes verglichen werden, gibt das
äußerst seltene griechische Wort chalkolibanO wieder, das auch in Offb
1,15 gebraucht ist. Es scheint sich dabei um eine Legierung von mehreren
Metallen gehandelt zu haben, die sich durch besonderen Glanz
auszeichnete, wenn sie poliert wurde. Der Hinweis auf die Augen Christi,
die sind wie "Feuerflammen", und den leuchtenden Glanz seiner Füße
unterstreichen die Vorstellung des Zornes und des gerechten Richtens
Christi. 2. Lob ( 2,19 ) Offb 2,19 Obwohl vieles in der Gemeinde in Thyatira im
Argen lag, wurden die Gläubigen doch für ihre Liebe , ihren Glauben ,
ihren Dienst und ihre Geduld gelobt (vgl. Offb 2,2 ). Ja, die Christen
aus Thyatira taten sogar mit der Zeit immer mehr (im Gegensatz zur
ephesischen Gemeinde, die in ihrem Dienst nachließ). Doch trotz dieser
Beweise eines christlichen Lebenswandels und ihres christlichen
Zeugnisses steckte die Gemeinde in Thyatira in einer tiefen Krise. 3. Tadel ( 2,20 - 23 ) Offb 2,20-23 Jesu schärfstes Verdammungsurteil richtete sich
gegen Isebel ..., diese Frau , die von sich behauptete, eine
Prophetin zu sein und die Gläubigen lehrte, Hurerei zu treiben - ein
Kennzeichen vieler heidnischer Religionen - und Götzenopfer zu essen .
Was in der heidnischen Gesellschaft Thyatiras durchaus akzeptiert war
und zum Alltag gehörte, war Christus ein Greuel. Der moralische Verfall
der Gemeinde hatte bereits vor einiger Zeit eingesetzt (V. 21 ).
Vielleicht hatten die Menschen in Thyatira das Evangelium zuerst durch
die Purpurkrämerin Lydia gehört, die von Paulus bekehrt worden war ( Apg
16,14-15 ). Interessanterweise war es auch jetzt eine Frau, eine
selbsternannte "Prophetin", die so großen - diesmal verderblichen
Einfluß auf die Gemeinde hatte. Ihr Name "Isebel" erinnert an Ahabs Frau
Isebel, die einst Israel ins Unglück stürzte ( 1Kö 16,31-33 ). Christus
verhieß ihr jedoch ein plötzliches und unmittelbar bevorstehendes
Gericht. Er bezeichnete ihre Sünde ungeschminkt als "Hurerei" und
kündigte an, daß alle, die der Verderberin folgten, in große
Trübsal geraten würden. Auch ihre Kinder sollten mit dem Tode bestraft
werden - ihre Anhänger würden also ebenfalls nicht ungeschoren
davonkommen. Die Strafe über die Abgefallenen in Thyatira sollte so
drastisch sein, daß alle Gemeinden ... erkennen würden, daß Christus
derjenige ist, der die Nieren und Herzen erforscht . 4. Ermahnung ( 2,24 - 25 ) Offb 2,24-25 Nach diesem scharfen Verdammungsurteil richtete
Christus ein mahnendes Wort an den gottesfürchtigen Rest der Gemeinde,
wobei er offensichtlich davon ausging, daß alle übrigen Gemeindeglieder
vom Glauben abgewichen waren. Er nannte diese wenigen Getreuen
die "andern in Thyatira, die solche Lehre nicht haben und nicht erkannt
haben die Tiefen des Satans" . Dieser kleinen gottesfürchtigen Schar
erteilte er eine einzige, sehr einfache Anweisung: Was ihr habt, das
haltet fest, bis ich komme. Er befahl ihnen also nicht etwa, die
Gemeinde zu verlassen - vielleicht, weil sie so klein war -, sondern in
ihr als ein Zeugnis für Gott auszuharren. Das Gericht über Isebel und
ihre Anhänger würde in Kürze hereinbrechen und die Gemeinde reinigen.
Heute können Christen, die in abtrünnigen Gemeinden leben, die
Gemeinschaft im allgemeinen problemlos verlassen und sich einer anderen
Gruppe anschließen; damals in Thyatira war ein solches Vorgehen jedoch
nicht praktikabel. Die Parallelen zwischen Thyatira und anderen von
Christus abgefallenen Gemeinden in der Kirchengeschichte sind deutlich.
Manche Ausleger vergleichen Thyatira mit den Gläubigen im Mittelalter,
als sich der Protestantismus vom römischen Katholizismus abspaltete und
zur Reinheit in Lehre und Lebensführung zurückzukehren versuchte. Die
herausragende Rolle der Isebel, die in der Gemeinde von Thyatira
irrtümlicherweise als weibliche Prophetin akzeptiert und verehrt wurde,
wird manchmal mit der Erhöhung von Maria, die sich ebenfalls nicht aus
der Schrift ableiten läßt, in Verbindung gebracht. Die Teilnahme an
Götzenopfermählern kann als Sinnbild für die falsche Lehre der
katholischen Kirche, die im Abendmahl die Wiederholung des Opfers
Christi am Kreuz sieht, verstanden werden. Ungeachtet der Apostasie in
der Kirche des Mittelalters gab es jedoch auch damals Gemeinden, die wie
die Gemeinde in Thyatira immer noch Gläubige zu ihren Mitgliedern
zählten, deren Frömmigkeit und Rechtgläubigkeit in der Lehre und im
Leben vorbildhaft waren. 5. Verheißung ( 2,26 - 29 ) Offb 2,26-27 Christus hat den Gläubigen, die standhaft
bleiben, verheißen, daß sie mit ihm zusammen in seinem Tausendjährigen
Reich herrschen werden ( Ps 2,8-9; 2Tim 2,12; Offb 20,4-6 ). Das in
Vers 27 verwendete Wort weiden ( poimanei ) bedeutet jedoch, daß
Christus - gemeinsam mit seinen Anhängern - nicht nur Gerechtigkeit üben
wird, sondern daß er die ihm Anvertrauten wie ein Hirte seine Herde
sowohl zur Ordnung rufen als auch schützen wird. Johannes bezieht die
Herrschaft Christi , von der in Ps 27 die Rede ist, an dieser Stelle auf
die Gläubigen, die standhaft bleiben: Sie werden dieselbe Autorität wie
Christus besitzen ( 1Kor 6,2-3; 2Tim 2,12; Offb 3,21;20,4.6 ),
dessen Macht wiederum von seinem Vater stammt (vgl. Joh 5,22 ). Offb 2,28 Außerdem wird der gläubige Rest
den Morgenstern empfangen, der kurz vor Tagesanbruch sichtbar wird. In
der Schrift ist dieses Bild nicht erklärt, doch es bezieht sich
wahrscheinlich auf die Entrückung der Kirche vor den dunklen Stunden,
die der Morgenröte des Tausendjährigen Reiches vorausgehen. Offb 2,29 Der Brief an die Gemeinde von Thyatira schließt
mit der bereits vertrauten Ermahnung zu hören, was der Geist den
Gemeinden sagt . Im Gegensatz zu den früheren Sendschreiben folgt diese
Ermahnung jedoch auf die Verheißung, statt ihr voranzugehen - eine
Anordnung, die in den drei letzten Briefen beibehalten wird. E. Der Brief an die Gemeinde in Sardes ( 3,1-6 ) 1. Bestimmungsort ( 3,1 a) Offb 3,1 a Die bedeutende Handelsstadt Sardes lag etwa 50
Kilometer südöstlich von Thyatira an einer wichtigen Verkehrsader, die
das Königreich Lydien von Osten nach Westen durchzog. Große
Gewerbezweige wie Schmuck-, Farb- und Textilgewerbe hatten die Stadt
reich gemacht. Vom religiösen Standpunkt aus war sie jedoch ein Zentrum
heidnischer Religionen und beherbergte unter anderem einen großen
Artemistempel (zu einem anderen Artemistempel vgl. den Kommentar zu Offb
2,1 ). Von dieser einst so bedeutenden Stadt ist nur noch ein kleines
Dorf übriggeblieben. Neben den noch heute sichtbaren Resten des Tempels
haben die Archäologen die Ruinen einer christlichen Kirche freigelegt.
Christus bezeichnete sich in seiner Botschaft an die damalige Gemeinde
als den, der die sieben Geister Gottes hat und die sieben Sterne , eine
Beschreibung, die der von Offb 1,4 ähnelt. Hier liegt die Betonung
jedoch auf der Tatsache, daß er die Geister hat - ein Hinweis auf die
enge Verbindung zwischen ihm selbst und dem Heiligen Geist ( Jes
11,2-5; vgl. Offb 5,6 ). Auch in Offb 1,20 hielt Christus die sieben
Sterne, die die sieben Gemeindehirten darstellen, in der Hand (vgl. Offb
2,1 ). 2. Lob ( 3,1 b) Offb 3,1 b Das einzige Wort der Billigung, das dieser
Gemeinde gewährt wurde, war im Grunde genommen wiederum ein Tadel.
Christus sagte, daß sie in dem Ruf stehe, "lebendig" zu sein. Die
Gemeinde von Sardes galt also offensichtlich unter den Zeitgenossen als
Musterbeispiel einer Kirche. 3. Tadel ( 3,1 c. 2 b) Offb 3,1.2 (Offb 3,1c.2b) Diesen Eindruck entlarvte Christus jedoch sehr
rasch als Täuschung: und bist tot . Wie bei den Pharisäern war auch ihre
äußere Erscheinung nur eine Fassade, die ihr innerliches Abgestorbensein
verbarg (vgl. Mt 23,27-28 ). Christus fügte hinzu: Denn ich habe deine
Werke nicht als vollkommen befunden vor meinem Gott . Die Mitglieder der
Gemeinde in Sardes waren weit davon entfernt, ihre Verpflichtungen als
gläubige Christen zu erfüllen. 4. Ermahnung ( 3,2 a. 3 ) Offb 3,2.3 (Offb 3,2a.3) Sardes sollte aus seinem geistlichen Schlummer
erwachen und die wenigen Lebensimpulse, die die Gemeinde noch zeigte,
stärken. Christus ermahnte die Gläubigen, sich an ihre Anfänge im
Glauben zu erinnern, daran festzuhalten und Buße zu tun, andernfalls
würde das Gericht so plötzlich und unerwartet über sie kommen wie ein
Dieb . 5. Verheißung ( 3,4 - 6 ) Offb 3,4-6 Während die Gemeinde als ganze tot war oder
zumindest im Sterben lag, kannte Christus doch einen kleinen Rest in
Sardes , dessen Kleider nicht besudelt waren. Er hatte verheißen, daß
die wahren Gläubigen in weißen Kleidern einhergehen werden (vgl. V. 18 )
- ein Symbol der Gerechtigkeit Gottes -, daß ihre Namen nicht ... aus
dem Buch des Lebens ausgetilgt werden und daß er sie vor seinem Vater
und vor seinen Engeln als sein Eigentum anerkennen wird. Die Aussage, daß ihre "Namen nicht aus dem Buch
des Lebens" getilgt werden, ist für manche Exegeten ein Problem. Doch
ein Mensch, der wahrhaftig wiedergeboren ist, bleibt auch in diesem
Stand, wie Johannes schon an anderer Stelle sagte ( Joh 5,24; Joh
6,35-37.39; Joh 10,28-29 ). Während aus dieser kurzen Passage eigentlich
zu schließen ist, daß auch Namen aus dem "Buch des Lebens" gestrichen
werden, haben wir nur die umgekehrte Versicherung, daß die Namen der
Gläubigen bleiben (vgl. Walvoord, Revelation , S. 82.338). Johannes nahm
an sechs Stellen Bezug auf dieses "Buch des Lebens" ( Offb
3,5;13,8 [vgl. den dortigen Kommentar]; Offb 17,8;20,12.15;21,27 ). Auch dieser Brief schließt mit der Mahnung, auf
das zu hören, was der Geist den Gemeinden sagt . Das Sendschreiben an
die Gemeinde in Sardes ist eine eindringliche Mahnung für diejenigen
Gemeinden von heute, die überströmen von Aktivitäten und prächtige
Kirchen haben, denen aber nur allzu oft die Früchte des ewigen Lebens
fehlen. Christi mahnende Worte "denkt daran, haltet fest und tut Buße"
gelten heute noch genauso wie damals für die Gemeinde in Sardes. F. Der Brief an die Gemeinde in Philadelphia ( 3,7 - 13 ) 1. Bestimmungsort ( 3,7 ) Offb 3,7 Die Stadt Philadelphia lag etwa 45 Kilometer
südöstlich von Sardes in einer Region, deren landwirtschaftliche
Produkte berühmt waren. Das ganze Gebiet wurde immer wieder von Erdbeben
heimgesucht, die auch in der Stadt mehrmals verheerende Verwüstungen
anrichteten, zuletzt im Jahr 37 n. Chr. Der Name "Philadelphia" stammte
von dem Erbauer der Stadt, einem König von Pergamon namens Attalus
Philadelphus. "Philadelphus" ähnelt dem griechischen Wort philadelphia ,
"brüderliche Liebe", das siebenmal in der Bibel vorkommt ( Röm 12,10;
1Thes 4,9; 1Pet 1,22; 2Pet 1,7 [zweimal]; Hebr 13,1; Offb 3,7 ). Nur in
der Offenbarung bezieht sich der Begriff auf die gleichnamige Stadt, in
der es noch heute eine christliche Gemeinde gibt. Nach den einleitenden Worten des Sendschreibens
an die Stadt ist Christus der Heilige, der Wahrhaftige, der da hat den
Schlüssel Davids und damit ein Tor zu öffnen oder zu schließen vermag,
das sonst niemand bewegen kann. Die Heiligkeit Christi ist eine immer
wiederkehrende wichtige Aussage der Schrift ( 1Pet 1,15 ). Nur weil er
heilig ist, steht es ihm zu, das geistliche Leben der philadelphischen
Gemeinde zu beurteilen. "Der Schlüssel Davids" scheint auf Jes
22,22 anzuspielen, wo der Schlüssel des Hauses David an Eljakim ging,
der damit Zugang zu den Schätzen des Königs hatte. Schon zuvor war
Christus als der beschrieben worden, der "die Schlüssel des Todes und
der Hölle" hat ( Offb 1,18 ). An dieser Stelle ist jedoch wahrscheinlich
der Zugang zu geistlichen Reichtümern gemeint. 2. Lob ( 3,8 - 9 ) Offb 3,8 Wie in den Sendschreiben an die anderen Gemeinden
hielt Christus auch hier zunächst fest: Ich kenne deine Werke . Er, der
die Macht hat, Türen zu öffnen und zu schließen, erklärte: Siehe, ich
habe vor dir eine Tür aufgetan, und niemand kann sie
zuschließen. Christus fügte dieser Aussage kein tadelndes Wort hinzu,
sondern fuhr lediglich fort: Du hast eine kleine Kraft. Die geringe
Kraft der philadelphischen Christen war jedoch kein Anlaß zum Tadel,
sondern bildete im Gegenteil die Grundlage für das nachfolgende Lob: Du
... hast mein Wort bewahrt und hast meinen Namen nicht verleugnet. Offb 3,9 Von den Gegnern der Gemeinde sprach Christus
als der Synagoge des Satans (vgl. Offb 2,9 ). Es handelte sich dabei um
Juden, die gegen das christliche Zeugnis der Gläubigen opponierten. Die
falsche Religionszugehörigkeit hat sich immer als eine starke Gegenkraft
gegen den wahren christlichen Glauben erwiesen, doch der Tag wird
kommen, an dem alle Feinde des Glaubens seine Wahrheit anerkennen müssen
(vgl. Jes 45,23; Röm 14,11; Phil 2,10-11 ). Dann wird eintreten, was
Christus der Gemeinde in Philadelphia verhieß: Siehe, ich will sie dazu
bringen, daß sie kommen sollen und zu deinen Füßen niederfallen und
erkennen, daß ich dich geliebt habe. 3. Verheißung ( 3,10-12 ) Offb 3,10 Die Gemeinde in Philadelphia wurde nicht
zurechtgewiesen. Es wurde ihr vielmehr eine Verheißung für ihre
Standhaftigkeit und Geduld zuteil: Weil du mein Wort von der Geduld
bewahrt hast, will auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung,
die kommen wird über den ganzen Weltkreis, zu versuchen, die auf Erden
wohnen. Damit ist explizit ausgesprochen, daß die philadelphische
Gemeinde von der ab Kapitel 6 beschriebenen Stunde der Versuchung
ausgenommen ist. Christus kündigte hier in eindeutiger Form an, daß sie
die künftige Zeit der Großen Trübsal nicht miterleben würde. Wenn er
hätte sagen wollen, daß sie während der Zeit der Trübsal bewahrt oder
mitten aus dieser Zeit herausgerissen würde, hätte er ein anderes Verb
und eine andere Präposition gewählt. Einige Exegeten haben zwar versucht, dieser
Schlußfolgerung auszuweichen, um die These zu stützen, daß Christus
erst nach dem Tausendjährigen Reich kommen wird, doch die Verbindung des
Verbs "bewahren" ( tErein ) mit der Präposition "vor" (wörtlich
"aus", ek ) drückt nun einmal nicht die Bewahrung der Kirche während der
Zeit der Großen Trübsal aus, denn dann müßte die Präposition dia lauten.
Aus der Formulierung "die Stunde der Versuchung" (eine bestimmte,
abgegrenzte Zeitspanne) geht klar hervor, daß die Christen in
Philadelphia diese Zeit der Anfechtung nicht durchmachen müssen. Es ist
jedoch andererseits kaum einzusehen, weshalb Christus dieser einen
Gemeinde eine solche Verheißung hätte in Aussicht stellen sollen, wenn
es Gottes Absicht war, daß die ganze Kirche die Zeit der Großen Trübsal
miterleben sollte, die über die Welt kommen wird. Die Glieder der
Gemeinde in Philadelphia würden lange vor der Zeit der Großen Trübsal
sterben und in die Herrlichkeit eingehen. Wenn aber die in den
Sendschreiben angesprochenen Gemeinden tatsächlich typisch für den Leib
Christi sind, so geht die Verheißung, die ihnen hier gegeben ist, weit
über diese spezielle Gemeinde hinaus und gilt allen, die wie die
philadelphischen Christen in ihrem Glauben fest bleiben (vgl.
Walvoord, Revelation , S. 86 - 88). Offb 3,11 Doch die Gemeinde erhielt noch weitere
Verheißungen. Christus versprach den Gläubigen: Ich komme bald - ein
Gedanke, der immer wieder im Buch der Offenbarung auftaucht. Dahinter
steht nicht nur die Vorstellung, daß der Herr kommt, sondern auch, daß
dieses Kommen sehr plötzlich oder rasch erfolgen wird (vgl. Offb
1,1;2,16 ). Im Blick auf diese baldige Wiederkunft wurde jedem Gläubigen
ans Herz gelegt: Halte, was du hast . Offb 3,12 Der Gläubige, der die Welt überwindet, wird zum
Pfeiler in dem Tempel ... Gottes . In dieser Formulierung wird
sinnbildhaft der ständige Aufenthaltsort der Gläubigen im Himmel, der
hier als Tempel Gottes dargestellt wird, beschrieben. Das ganze Neue
Jerusalem wird der letzte und ewige Tempel sein ( Offb 21,22 ). Anders
als irdische Tempel und irdische Säulen, die einstürzen und verfallen,
werden die Gläubigen für immer im Tempel sein und ihren Platz einnehmen.
Christus erläuterte seine Angabe, daß er hier tatsächlich von der Stadt
meines Gottes , vom Neuen Jerusalem (vgl. Offb 21,2 ), sprach, noch
genauer und wiederholte seine Verheißung: Und ich will auf ihn schreiben
... meinen Namen, den neuen (vgl. Offb 2,17;14,1;19,12 ). Weil die
Gläubigen durch den Glauben eins mit ihm geworden sind, wird auch er
sich mit ihnen identifizieren. 4. Ermahnung ( 3,13 ) Offb 3,13 Der Brief an die Gemeinde in Philadelphia schloß
mit der bekannten Aufforderung: Höre, was der Geist den Gemeinden sagt .
Die Verheißung, die die Gemeinde empfing, und die Aufforderung an die
Gläubigen, treu in ihrem Glauben zu beharren, gilt als Wort Gottes
seiner ganzen heutigen Kirche sicherlich im selben Maße. G. Der Brief an die Gemeinde in Laodizea ( 3,14 - 22 ) 1. Bestimmungsort ( 3,14 ) Offb 3,14 Die reiche Stadt Laodizea lag an der Straße nach
Kolossä, etwa 60 Kilometer südöstlich von Philadelphia. Ungefähr 35
Jahre vor der Entstehung dieses Schreibens war Laodizea durch ein
Erdbeben zerstört worden, doch die Stadt war reich und rührig genug,
ihren vorherigen Glanz wiederzuerlangen. Der wichtigste Erwerbszweig war
die Tuchweberei. Es wird nirgendwo berichtet, daß Paulus je nach
Laodizea kam, doch wir wissen, daß er sich der dortigen Gemeinde tief
verbunden fühlte ( Kol 2,1-2;4,16 ). In der Anrede der Gemeinde bezeichnete Christus
sich selbst als den, der Amen heißt, der treue und wahrhaftige Zeuge,
der Anfang der Schöpfung Gottes . Das Wort "Amen", "so geschehe es",
bezieht sich auf die souveräne Macht Gottes, die hinter allem, was auf
Erden geschieht, steht (vgl. 2Kor 1,20; Offb 1,6 ). Indem er sich selbst
als "treuen und wahrhaftigen Zeugen" bezeichnete, nahm Christus wieder
auf, was er bereits zuvor gesagt hatte ( Offb 1,5;3,7 ). Als "der Anfang
der Schöpfung Gottes" existierte er schon vor Gottes Schöpfung und
herrscht damit über sie (vgl. Kol 1,15.18; Offb 21,6 ). Diese
Beschreibung weist bereits auf die strenge Zurechtweisung voraus, die
Christus den Gläubigen in Laodizea zugedacht hatte. 2. Tadel ( 3,15 - 17 ) Offb 3,15-16 Es gab kein lobendes Wort für die Gemeinde in
Laodizea. Ihre Angehörigen waren Christus ein Greuel, denn sie
waren weder kalt noch warm . Diese negative Charakterisierung bezog sich
sowohl auf die Gemeinde als auch auf den Boten oder Hirten der Gemeinde,
der nach Ansicht mancher Exegeten "Archippus" war ( Kol 4,17 ). Es ist
jedoch äußerst unwahrscheinlich, daß Archippus, wenn er tatsächlich
jemals der Vorsteher der Gemeinde gewesen wäre, zum Zeitpunkt der
Abfassung des Sendschreibens noch lebte. Die laue Haltung, die Christus
den Gläubigen in Laodizea vorwarf, galt ihrem gesamten religiösen Leben.
Auf den religiösen Festen und während der Opferungen tranken die
Menschen der Antike üblicherweise entweder heiße oder kalte Getränke,
niemals lauwarme. Für die christliche Gemeinde in Laodizea gewann die
Zurechtweisung Christi eine besondere Bedeutung, da das Wasser für die
Stadt aus dem einige Kilometer nördlich gelegenen Hierapolis kam und im
allgemeinen lauwarm bei ihnen angelangte! Offb 3,17 Die geistliche Lauheit dieser Gläubigen zeigte
sich daran, daß sie zufrieden waren, reich zu sein, und ihrer
geistlichen Armut gar nicht gewahr wurden. Christus aber geißelte ihr
Wesen mit harten Worten: Sie waren elend, jämmerlich, arm, blind und
bloß . 3. Ermahnung ( 3,18 - 19 ) Offb 3,18-19 Die laodizeischen Christen wurden aufgefordert,
kein gewöhnliches Gold, sondern Gold, das im Feuer geläutert ist , zu
kaufen - denn nur dadurch konnten sie Gott verherrlichen und selbst
wahrhaft reich werden. Laodizea war durch seine Geldwirtschaft reich
geworden, der christlichen Gemeinde der Stadt aber mangelte es an
geistlichem Reichtum. Ihre Glieder trugen wunderbare Gewänder, doch
Christus trug ihnen auf, stattdessen weiße Kleider (vgl. V. 4 )
anzulegen - als Symbol einer Rechtschaffenheit, die allein ihre
geistliche Blöße decken würde. Da Wolle eines der wichtigsten
Erzeugnisse der Region war, war Laodizea besonders berühmt für bestimmte
Mäntel aus schwarzer Wolle. Die Gläubigen dagegen hatten reine "weiße
Kleidung" nötig. Christus legte ihnen außerdem
nahe, Augensalbe auf ihre Augen zu tun. An den Asklepiostempel der Stadt
war eine heilkundliche Unterrichtsstätte angegliedert, bei der man eine
besondere Salbe gegen die im Nahen Osten weit verbreiteten
Augenkrankheiten bekommen konnte. Was die laodizeischen Christen
benötigten, war allerdings nicht diese Medizin, sondern vielmehr
geistliche Einsicht. Die Gemeinde von Laodizea ist typisch für eine
moderne Gemeinde, in der es gar kein Bewußtsein mehr für die
eigentlichen geistlichen Bedürfnisse gibt und wo man sich statt dessen
mit einem prächtigen Rahmen und all den materiellen Dingen, die man für
Geld kaufen kann, begnügt. Das Sendschreiben in der Offenbarung richtet
sich gegen diese selbstzufriedene Haltung. Auf seine Botschaft kann es
nur eine einzige Antwort geben: Eifrig sein und Buße tun. Christus wies
die Gemeinde zurecht, weil er sie liebte, und seine Liebe schreckte auch
vor der Züchtigung nicht zurück. 4. Verheißung ( 3,20 - 22 ) Offb 3,20-21 In höchst anschaulicher Weise schilderte Christus
sich selbst als einen Menschen, der draußen steht und an die Tür klopft.
Auf den bildlichen Darstellungen dieser Szene ist die Türklinke im
allgemeinen nicht sichtbar, um die Vorstellung zu erzeugen, daß die Tür
nur von innen geöffnet werden kann. Das Klopfen gilt also denjenigen,
die es hören. Wenn sie öffnen, so verhieß ihnen Christus, er werde zu
ihnen hineingehen und das Abendmahl mit ihnen halten und sie mit ihm.
Solange Christus draußen bleibt, gibt es keine Gemeinschaft unter den
Christen und keinen wahren Reichtum. Doch wenn Christus eingelassen
wird, entsteht eine wunderbare Verbundenheit und Teilhabe an der
herrlichen Gnade Gottes. Dieser Appell Christi galt wohl eher Christen
als Nichtchristen. Er wirft die wichtige Frage auf, in welchem Maße der
einzelne Gläubige wirklich mit Christus verbunden ist. Denjenigen, die
ihm antworten, hat Christus verheißen, daß sie mit ihm auf seinem Thron
... sitzen und an seinem Sieg teilhaben werden. Offb 3,22 Auf diese Verheißung folgte erneut die
Aufforderung: Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt! Die Sendschreiben an die sieben Gemeinden sind
eine bemerkenswert vollständige Abhandlung der Probleme, vor denen die
christlichen Gemeinden auch in der heutigen Zeit stehen. Die ständige
Gefahr, die erste Liebe zu vergessen ( Offb 2,4 ) und aus Furcht vor
Verfolgungen das Zeugnis zu vernachlässigen ( Offb 2,10 ), die
Verwässerung der Lehre ( Offb 2,14-15 ), der moralische Verfall ( Offb
2,20 ), der geistliche Tod ( Offb 3,1-2 ), die mangelnde Standhaftigkeit
(V. 11 ) und die Lauheit (V. 15 - 16 ) der Gläubigen sind heute genauso
aktuell wie im 1. Jahrhundert. Weil die einzelnen Schreiben von Christus
persönlich stammen, gewinnen sie eine besondere Bedeutung als Gottes
letztes mahnendes Wort an die Kirche. Dieser letzte Appell richtet sich
an alle, die bereit sind zu hören. Auch die Menschen in den modernen
Gemeinden täten gut daran, sich dieser Botschaft nicht zu verschließen. III. Die Offenbarung des Kommenden: "Was
geschehen soll danach" ( Offb 4-22 ) In Übereinstimmung mit dem göttlichen Schema, das
in Offb 1,19 dargestellt ist, führte Gott Johannes nun in jene künftigen
Dinge ein, die "danach" geschehen sollen. Damit sind die aufrüttelnden und verwirrenden
Ereignisse vor der Wiederkunft Christi ( Offb 4-18 ), die Wiederkunft
selbst ( Offb 19 ), das sich daran anschließende Tausendjährige Reich
( Offb 20 ) und schließlich das Neue Jerusalem und der neue Himmel und
die neue Erde ( Offb 21-22 ) gemeint. Wie schon aus dieser Gliederung klar wird, steht
der zweite Advent Christi, von dem in Kapitel 19 die Rede ist, im
Mittelpunkt der folgenden Enthüllungen, so wie die Menschwerdung Christi
das zentrale Ereignis der vier Evangelien war. Es hat viele Auslegungen des Buches der
Offenbarung gegeben. Als wirklich überzeugend erweist sich jedoch nur
eine Betrachtungsweise, derzufolge das Buch sich von Kapitel 4 an mit
zukünftigen Ereignissen befaßt. Jedes andere Interpretationsschema verstrickt
sich zwangsläufig in einem Gewirr widerstreitender Meinungen. Die Geschehnisse, die in diesem Abschnitt
dargestellt werden, werden nicht immer in strikter chronologischer
Reihenfolge erzählt, doch sie alle spielen in der Zukunft. Sie zeichnen das anschaulichste und deutlichste
Bild dieser Zeit in der ganzen Bibel und bilden damit einen passenden
Höhepunkt aller biblischen Prophezeiungen, die sich auf die menschliche
Geschichte beziehen und in der Person und im Werk Jesu Christi ihr
Zentrum haben. Die Offenbarung des Künftigen beginnt mit einer
Vision des Himmels ( Offb 4 und Offb 5 ). Danach, ab Kapitel 6 ,
orientiert sich der chronologische Ablauf der Großen Trübsal an den
sieben Siegeln und ihrer Öffnung bis hin zum Kommen Christi. Im Zusammenhang mit den sieben Posaunen werden
jene Ereignisse genauer enthüllt, die dem Aufbrechen des siebten Siegels
folgen. Parallel dazu wird in Kapitel 16 anhand der sieben Schalen des
göttlichen Zornes der Inhalt der siebten Posaune entfaltet. Der Aufbau des Berichtes vollzieht sich in Form
einer Steigerung. Je näher das zweite Kommen Christi rückt, desto
rascher und verheerender in ihrer Wirkung folgen die Ereignisse
aufeinander. Nach den Offenbarungen über das Kommen Christi enthalten
die abschließenden Kapitel in konzentrierter und geraffter Form das
ganze weite Spektrum der daran anschließenden Entwicklung. Kapitel 20 geht auf das Tausendjährige Reich
ein, Kapitel 21-22 schildern den neuen Himmel und die neue Erde. Das Hauptanliegen des Buches der Offenbarung ist
es, die Wiederkunft Christi und die Ereignisse, die diese Wiederkunft
begleiten, darzustellen und das Gottesvolk wie auch die ganze Welt dafür
empfänglich zu machen, wie wichtig es ist, auf das kommende Gericht
Gottes vorbereitet zu sein. A. Der himmlische Thron ( Offb 4 ) 1. Die Einladung ( 4,1 ) Offb 4,1 Johannes hatte die Vision des himmlischen
Thrones, nachdem ihm die sieben Sendschreiben an die Gemeinden offenbart
worden waren. Diese zeitliche Abfolge wird an dem Ausdruck danach ( meta
tauta ) deutlich. Er sah eine Tür, die aufgetan (war) im Himmel ,
und hörte eine Stimme , die ihn einlud: Steig herauf, ich will dir
zeigen, was nach diesem geschehen soll. Die Worte "was nach diesem
geschehen soll" gleichen der Äußerung in Offb 1,19 : "was geschehen soll
danach". Während Offb 1,19 jedoch darauf hindeutet, daß es sich hier um
spätere Ereignisse handelt, die eintreten werden , steht in Offb 4,1 b
das griechische Wort dei , d. h., die betreffenden
Ereignisse müssen eintreten. Das weist nicht allein auf die Zukunft,
sondern auch auf den souveränen Plan Gottes hin. Die Ähnlichkeit beider
Wendungen bekräftigt die dreifache chronologische Abfolge von Offb
1,19 .Sowohl die Offenbarung als auch ihre Erfüllung schließen sich
chronologisch an die Kapitel 1-3 an. 2. Der himmlische Thron ( 4,2-3 ) Offb 4,2-3 Johannes berichtete: "Alsbald wurde ich vom Geist
ergriffen" (vgl. Offb 1,10;17,3 ). Das heißt, er wurde innerlich zum
Himmel emporgehoben, während sein Körper auf der Insel Patmos verblieb.
Im Himmel sah er einen großen Thron , auf dem jemand saß, der anzusehen
war wie der Stein Jaspis und Sarder . Der Jaspis (vgl. Offb 21,18 ), von
dem hier die Rede ist, ist ein durchsichtiger Stein, anders als die
undurchsichtigen Halbedelsteine, die wir heute unter dieser Bezeichnung
kennen; seine Beschaffenheit erinnerte möglicherweise an einen
Diamanten. Der "Sarder" bzw. Karneol oder Rubin ist rot. "Jaspis" und
"Sarder" sind der erste und der letzte der zwölf Edelsteine, die den
Ornat des Hohenpriesters schmückten (vgl. 2Mo 28,17-21 ). Beide
Edelsteine tauchten auch im Zusammenhang mit dem König von Tyrus auf
( Hes 28,13 ) und werden zu den Grundsteinen des neuen Jerusalem gehören
( Offb 21,19-20 ). Der Thron, den Johannes erblickte, war bunt und
wunderschön. Ihn schmückte ein Regenbogen, ... anzusehen wie ein
Smaragd . 3. Die vierundzwanzig Ältesten ( 4,4 ) Offb 4,4 Um den Hauptthron standen vierundzwanzig Throne ,
auf denen vierundzwanzig Älteste saßen. Sie waren mit weißen Kleidern
angetan und trugen auf ihren Häuptern goldene Kronen . Diese Kronen
glichen den Siegeskränzen, wie sie den Siegern bei den sportlichen
Wettkämpfen der Griechen verliehen wurden ( stephanos ; im Gegensatz zu
der Krone eines souveränen Herrschers, dem Diadem, diadEma ). Daß die
Ältesten Kronen trugen, scheint darauf hinzuweisen, daß sie bereits
gerichtet und belohnt worden waren. Über die Identität dieser Ältesten ist viel
gerätselt worden. Die Meinungen spalten sich in zwei Hauptströmungen:
(1) Die Ältesten repräsentieren die vor der Zeit der Großen Trübsal
entrückte und im Himmel belohnte Kirche. (2) Sie sind Engel, denen
wichtige Ämter übertragen wurden. Die Zahl 24 ist eine repräsentative
Zahl, wie schon an der Tatsache deutlich wird, daß es im mosaischen
Gesetz 24 Vorschriften für die Priesterschaft gab. (Zu einer weiteren
Erörterung der Identität der 24 Ältesten vgl. den Kommentar zu Offb
5,8-10 .) 4. Die sieben Geister Gottes ( 4,5 ) Offb 4,5 Die eindrucksvolle himmlische Szene gewann noch
an Wirkung durch Blitze, Stimmen und Donner . Das Geräusch des "Donners"
wird insgesamt siebenmal in der Offenbarung erwähnt ( Offb
4,5;6,1;8,5;11,19;14,2;16,18;19,6 ). Außerdem sah Johannes sieben
Fackeln mit Feuer brennen. Diese sieben Fackeln werden als die sieben
Geister Gottes bezeichnet. Das ist sicherlich dahingehend zu verstehen,
daß die sieben Flammen den Heiligen Geist in seiner siebenfachen
Wesenheit ( Jes 11,2-3; vgl. Offb 1,4;5,6 ) darstellen und nicht, daß es
sich hier um sieben einzelne Geister oder Engel handelte. Damit, daß
Gott der Vater auf dem Thron saß und der Heilige Geist in den sieben
Fackeln anwesend war, war alles bereit für die Offenbarung ( Offb 5 )
Christi als des geschlachteten Lammes. 5. Die vier himmlischen Gestalten ( 4,6 - 8 ) Offb 4,6-8 Vor dem Thron lag ein gläsernes Meer, gleich dem
Kristall , in dem sich die herrlichen Farben der ganzen himmlischen
Szenerie brachen (vgl. Offb 15,2 ). In der Mitte des Bildes befanden
sich vier himmlische Gestalten , die mit einem Löwen , einem Stier ,
einem Menschen und einem fliegenden Adler vergleichbar waren. Jede der
vier Gestalten hatte sechs Flügel, und sie waren außen und innen voller
Augen . Nach den Worten des schauenden Johannes priesen diese Wesen Gott
ohne Unterlaß und sprachen: Heilig, heilig, heilig ist Gott der Herr,
der Allmächtige ( pantokratOr ; vgl. Offb
1,8;11,17;15,3;16,7.14;19,6.15;21,22 ) und Ewige ( der da war und der da
ist und der da kommt ; vgl. Offb 1,8;11,17 ). Dies ist die erste von
insgesamt 14 Doxologien im Buch der Offenbarung (vgl. dazu die
nachfolgende Tabelle). Für die "vier himmlischen Gestalten" wurden viele
Deutungen vorgelegt. Wie die sieben Leuchter den Heiligen Geist
symbolisieren, so sind die vier Gestalten vielleicht ein Sinnbild für
die Wesenseigenschaften Gottes, unter anderem für seine Allwissenheit
und Allgegenwart (verkörpert in den vielen Augen der Gestalten). Die
vier Lebewesen, denen sie im Aussehen gleichen, stehen dann für weitere
Attribute Gottes: Der Löwe für seine Majestät und Allmacht, der Stier
für seine Treue und Geduld, der Mensch für die Intelligenz und der
Adler, der größte Vogel, für seine Herrschaft, der kein irdischer
Herrscher gleichkommt. Eine andere mögliche Deutung wäre, daß die vier
Wesen Christus repräsentieren, wie er uns in den vier Evangelien
entgegentritt: Der Löwe des Stammes Juda im Matthäusevangelium, der
Stier als Knecht Jahwes im Markusevangelium, der fleischgewordene Mensch
Jesus im Lukasevangelium und der Adler als Sohn Gottes im
Johannesevangelium. Eine dritte Erklärung sieht die vier Gestalten als
Engel (vgl. Jes 6,2-3 ), die die Attribute Gottes preisen. 6. Die himmlische Anbetung ( 4,9 - 11 ) Offb 4,9-11 Der Anbetung der vier Gestalten wohnten
die vierundzwanzig Ältesten bei, die dem, der auf dem Thron saß ,
ebenfalls huldigten, Gott Preis und Ehre und Dank gaben (vgl. Offb
5,12-13 ) und ihn als Schöpfer und Erhalter des Universums (vgl. Joh
1,3; Eph 3,9; Kol 1,16-17; Hebr 1,2-3; Offb 10,6;14,7 ) verehrten.
Sie legten ihre Krone nieder vor dem Thron und erkannten Gott als dem
Herrscher alle Ehre zu. B. Das Buch mit den sieben Siegeln ( Offb 5 ) 1. Die Einführung des Buches mit den sieben
Siegeln ( 5,1 ) Offb 5,1 Das ganze Kapitel 4 ist im Grunde genommen nur
eine Hinführung auf den zentralen Punkt von Kapitel 4; 5 : das Buch mit
den sieben Siegeln . In diesem symbolischen Bild ist von einer
Schriftrolle oder einem aufgerollten Pergament die Rede, an dem seitlich
sieben Siegel angebracht sind, so daß, wenn die Rolle geöffnet wird, die
Siegel nacheinander aufgebrochen werden müssen. 2. Die Frage "Wer ist würdig?" ( 5,2 - 5 ) Offb 5,2-5 Johannes sah einen starken Engel (vgl. Offb
10,1;18,21 ), der mit großer Stimme fragte: Wer ist würdig, das Buch
aufzutun und seine Siegel zu brechen? Dies ist das erste von insgesamt
20 Malen, in denen die Wendung "mit großer Stimme" in der Offenbarung
gebraucht wird. Das letzte Mal taucht dieser Ausdruck in Offb 21,3 auf.
Das griechische Wort, das in der Lutherübersetzung mit "Buch"
wiedergegeben ist, ist biblion , von dem auch unser Wort "Bibel"
herkommt. Als niemand zur Öffnung des Buches würdig befunden
wurde, weinte Johannes sehr (wörtlich "vergoß viele Tränen"). Einer von
den Ältesten forderte ihn jedoch auf, sein Weinen zu unterlassen und
wies ihn darauf hin, daß der Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel
Davids (vgl. Jes 11,1; Offb 22,16 ), überwunden , d. h., den Sieg
bereits erworben habe und allein in der Lage sei, aufzutun das Buch und
seine sieben Siegel . 3. Das Lamm ( 5,6-7 ) Offb 5,6-7 Auch wenn ihm der Älteste von Jesus als einem
"Löwen" (V. 5 ) erzählt hatte, so sah Johannes doch ein Lamm, das wie
geschlachtet oder geopfert aussah. Dieses Lamm stand mitten zwischen dem
Thron und den vier Gestalten und mitten unter den Ältesten und hatte
sieben Hörner und sieben Augen. Der Löwe und das Lamm sind eindeutig Bilder für
Christus, wobei das Lamm sein erstes Kommen und seinen Tod symbolisiert,
während der Löwe für sein zweites Kommen und sein souveränes Gericht
über die Welt steht. Nur an dieser einen Stelle wird Christus in der
Offenbarung als "Löwe" bezeichnet, das Wort "Lamm" ( arnion ,
"Lämmchen") dagegen findet sich 27mal in diesem Buch und sonst nirgendwo
im Neuen Testament. Es gibt allerdings zwei ähnliche Wörter im Neuen
Testament für das Opferlamm: arEn , nur in Lk 10,3 ,und amnos , das an
vier Stellen vorkommt ( Joh 1,29.36; Apg 8,32; 1Pet 1,19 ). Hörner sind in der Bibel immer ein Sinnbild für
"Stärke" ( 1Kö 22,11 ). Hier symbolisieren die "sieben Hörner" die
Autorität und Stärke des Herrschers ( Dan 7,24; Offb 13,1 ). Die "sieben
Augen", die als die sieben Geister Gottes definiert werden (vgl. Sach
3,9; Sach 4,10 ), repräsentieren den Heiligen Geist (vgl. Offb
1,4;4,5 ). Weil Christus allein würdig ist, nahm das Lamm das Buch aus
der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß (vgl. Dan 7,9.13.14 ). 4. Die Anbetung des Lammes ( 5,8 - 14 ) Offb 5,8 Als das Lamm das Buch nahm, ... fielen ... die
vierundzwanzig Ältesten nieder vor ihm und beteten es an. Jeder
Älteste hatte eine Harfe und goldene Schalen voll Räucherwerk , die
als die Gebete der Heiligen gedeutet wurden (vgl. Ps 141,2 ). Die Engel
brachten zwar die Gebete dar, aber sie waren keine Priester oder Mittler
zwischen Gott und den Menschen. Die Harfe (Leier) und die Posaune sind
die einzigen Musikinstrumente, die in der Offenbarung im Zusammenhang
mit dem himmlischen Gottesdienst erwähnt werden. Offb 5,9-10 Die vier Gestalten und vierundzwanzig Ältesten
stimmten ein neues Lied an, in dem sie dem Lamm die Vollmacht
zusprachen, das Buch (zu nehmen) und aufzutun seine Siegel , denn es
war geschlachtet worden und hatte mit seinem Blut Menschen für Gott
erkauft aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen . Die,
die es mit seinem Blut (erkauft) hatte, wurden vor Gott zu Königen und
Priestern gemacht (vgl. Offb 1,6 ) , und sie werden herrschen auf
Erden. "Erkauft" kommt von dem griechischen Verb agorazO , "freikaufen".
(Vgl. die Tabelle "Neutestamentliche Begriffe für 'Erlösung' " bei Mk
10,45 .) Durch die Formulierung des Liedtextes ("du ...
hast ... Menschen ... erkauft ... und hast sie ... gemacht ... und sie
werden herrschen") erfährt die Sichtweise, daß es sich bei den
vierundzwanzig Ältesten um Engel handelt, eine gewisse Stützung, wenn
diese Möglichkeit auch nicht explizit angedeutet wird. Die Exegeten sind sich über diesen Punkt nicht
einig, doch es hat den Anschein, daß die Ältesten keine Engel sind,
sondern daß sie die Kirche repräsentieren, denn sie sitzen auf Thronen
und tragen die Siegeskrone. Engel sind jedoch zu diesem Zeitpunkt der
Erfüllung des göttlichen Heilsplanes noch nicht gerichtet oder belohnt
worden, stimmen allerdings kurz darauf in den Lobgesang der Gestalten
und der Ältesten für das Lamm ein ( Offb 5,11-12 ). Die verschiedenen
Deutungsmöglichkeiten sollten nicht den Blick für die Schönheit des hier
geschilderten Bildes und das Wunder, das in ihm zum Ausdruck kommt,
verstellen. Offb 5,11-12 Um die Ältesten gruppierten sich die himmlischen
Heerscharen und priesen Gott ebenfalls mit großer Stimme. Sie
sprachen ( legontes , im Gegensatz zu V. 9 , wo die vierundzwanzig
Ältesten "sangen", adousin ): "Gott sei Kraft und Reichtum und Weisheit
und Stärke und Ehre und Preis und Lob ." Offb 5,13-14 Und jedes Geschöpf, das im Himmel ist und auf
Erden und unter der Erde und auf dem Meer und alles, was darin ist ,
schloß sich dem himmlischen Chor an und lobte Gott. In diesem Schlußteil
des allgemeinen Lobes sprachen die vier Gestalten ... Amen , und die
vierundzwanzig Ältesten fielen nieder und beteten an . Mit der himmlischen Vision in Kapitel 4; 5 wird
der Leser auf die folgenden dramatischen Ereignisse vorbereitet: die
Öffnung der sieben Siegel. Der Ton dieser ganzen Offenbarungen macht
deutlich, daß der Himmel, von dem hier die Rede ist, real ist und
keineswegs nur in der Vorstellungswelt des Apostels existierte. Diese
beiden Kapitel enthüllen vielmehr die unbeschreibliche Herrlichkeit und
unendliche Majestät der Gottheit im Himmel. In den folgenden Kapiteln
dann wird die souveräne Macht Gottes im Gericht über eine böse Welt
dargestellt, die in nie dagewesene Tiefen der Sünde und Gotteslästerung
abgesunken ist. Auch wenn wir Gläubigen von heute nicht das Privileg
besitzen, eine Vision, wie sie Johannes zuteil wurde oder wie sie Paulus
sah ( 2Kor 12,1-3 ), zu erleben, so kann doch jeder Christ sich mit den
Bildern der Schrift befassen und in ihnen die Herrlichkeit und die
Wunder des Himmels spüren, die er eines Tages mit eigenen Augen schauen
wird. C. Die Öffnung der ersten sechs Siegel: die Zeit
des göttlichen Zornes ( Offb 6 ) 1. Das erste Siegel ( 6,1-2 ) Bevor man die Ereignisse, die in Kapitel
6 geschildert werden, begreifen kann, muß man sich zunächst fünf
wichtige Fragen stellen. Erstens: Spielen die Geschehnisse, die mit der
Öffnung des ersten Siegels beginnen, in der Vergangenheit oder in der
Zukunft? Es wurde zwar immer wieder versucht, die Erfüllung des
Geschilderten in der Vergangenheit zu beweisen (s. die Einführung ),
doch wir haben guten Grund, davon auszugehen, daß die Offenbarung sich
mit Dingen befaßt, die noch in der Zukunft liegen. Von der Vision, die
in Kapitel 4-5 beschrieben ist, wird in Offb 4,1 gesagt, daß sie
"danach" geschah, d. h. nach der Offenbarung der Botschaften an die
sieben Gemeinden, die laut Offb 1,19 beschreiben, "was ist". Da die
Schriftrolle in Offb 5,1 "versiegelt" ist, ist von vornherein klar, daß
diese Siegel nacheinander (nach Kapitel 5 ) geöffnet werden. Alle
Versuche, die Dinge, die hinter den Siegeln verborgen sind, mit
Ereignissen in der Vergangenheit zu identifizieren, scheiterten bislang
an der Vielzahl völlig unterschiedlicher Deutungen, von denen sich kaum
einmal auch zwei decken. Es gibt einfach keine Zeit in der Geschichte,
die sich wirklich eindeutig mit diesen Ereignissen in Einklang bringen
ließe, so daß der Schluß sich aufdrängt, daß sie noch in der Zukunft
liegen müssen. Zweitens: Wie hängen die Siegel mit der
Entrückung der Kirche zusammen? In dem Sendschreiben an die Gemeinde von
Thyatira wurde die Entrückung als etwas Zukünftiges dargestellt ( Offb
2,25.28 ), und in dem Brief an die Christen von Philadelphia wurde sie
ebenfalls angesprochen ( Offb 3,10-11 ). Ab Kapitel 6 finden sich jedoch
keinerlei weitere Hinweise auf die Gemeinden oder ihre Entrückung, von
der auch in bestimmten bekannten Passagen der Paulusbriefe die Rede ist
(z. B. 1Kor 15,51-58; 1Thes 4,13-18 ). Da also weder die Entrückung noch
die Kirche in Offb 6-18 eine Rolle spielen, schließen viele Exegeten,
daß die Entrückung der Kirche bereits vor den Ereignissen, die
in Kapitel 4 beginnen, stattfinden wird, d. h., daß sie der Zeit der
Großen Trübsal vorangeht (zu einer weiteren Erörterung dieses Themas
vgl. Charles C. Ryrie, Revelation ; Charles C. Ryrie, The Final
Countdown ; John F. Walvoord, The Rapture Question ). Drittens: Welche Beziehung besteht zwischen den
Siegeln und Dan 9,27 ? Der göttliche Heilsplan für Israel, der in der
siebzigsten Woche des Daniel seinen Abschluß findet, läßt sich am besten
im Zusammenhang mit der Szenerie, wie sie in der Offenbarung geschildert
wird, begreifen. Die Erfüllung der in Dan 9,27 vorhergesagten Ereignisse
versuchten die Exegeten ebenfalls immer wieder in der Vergangenheit
anzusiedeln, doch auch hier lassen sich keine wirklichen historischen
Entsprechungen finden. Es ist deshalb plausibler, davon auszugehen, daß
die letzten sieben Jahre, von denen der Prophet spricht, mit der Zeit
vor dem zweiten Kommen Christi gleichzusetzen sind - also ebenfalls noch
in der Zukunft liegen. Daraus ergibt sich die vierte Frage: Befaßt sich
die Offenbarung mit der ganzen Zeitspanne der sieben Jahre, die in Dan
9,27 vorhergesehen werden, oder nur mit den letzten dreieinhalb Jahren,
die oft als die "Große Trübsal" oder "die Zeit der Großen Trübsal"
bezeichnet werden ( Jer 30,7; Dan 12,1; Mt 24,21 )? Da die Große Trübsal
in Offb 7,14 eigens erwähnt wird und dieselbe Zeitspanne auch als "der
große Tag" des "Zorns" ( Offb 6,17 ) bezeichnet wird, scheint es eine
klare Entsprechung zwischen Dan 9,27 und den Ereignissen im Buch der
Offenbarung zu geben. Die meisten Ausleger nehmen daher an, daß die
Geschehnisse ab Kapitel 6 sich auf die gesamte siebenjährige Zeitspanne
beziehen. Andererseits ist in der Offenbarung jedoch nie von einem
Siebenjahreszeitraum die Rede, sondern lediglich mehrmals von
dreieinhalb Jahren oder 42 Monaten ( Offb 11,2;13,5 ). Weil die
Ereignisse von Kapitel 6 und danach eher in die Zeit der Großen Trübsal
als in die Friedenszeit in der ersten Hälfte dieser sieben Jahre zu
passen scheinen ( 1Thes 5,3 ), gibt es gute Gründe für die Annahme, daß
sich diese Geschehnisse in den dreieinhalb Jahren vor der Rückkehr
Christi auf die Erde zusammendrängen werden. Zumindest die Ereignisse,
die ab dem vierten Siegel beschrieben werden ( Offb 6,7-8 ), deuten auf
eine Zeit niedagewesenen Elendes hin. Die fünfte Frage schließlich lautet: Welche
Beziehung besteht zwischen den Ereignissen der Offenbarung und der
Endzeitrede Christi ( Mt 24-25 )? Wie J. Dwight Pentecost aufzeigt
( Things to Come , S. 280 - 282), ähneln sich die in der Offenbarung und
im Matthäusevangelium vorhergesagten Geschehnisse in auffallender Weise:
(a) Krieg ( Mt 24,6-7; Offb 6,3-4 ), (b) Hungersnot ( Mt 24,7; Offb
6,5-6 ), (c) Tod ( Mt 24,7-9; Offb 6,7-8 ), (d) Martyrium ( Mt
24,9-10.16-22; Offb 6,9-11 ), (e) die Verfinsterung der Sonne und des
Mondes und das Herabfallen der Sterne des Himmels ( Mt 24,29; Offb
6,12-14 ), (f) das göttliche Gericht ( Mt 24,31- Mt 25,46; Offb
6,15-17 ). Ganz offensichtlich sind die Dinge, die in der Offenbarung
geschildert werden, also auch bereits Thema früherer Prophezeiungen
gewesen, was für die Deutung der Symbolsprache in der Offenbarung des
Johannes eine große Hilfe ist. Alle Belege weisen darauf hin, daß hier
die Endzeit (und zwar wahrscheinlich die letzten dreieinhalb Jahre)
beschrieben ist, die mit dem Höhepunkt des zweiten Kommens Christi und
der Errichtung seines Reiches ihren Abschluß findet (weitere
Ausführungen zu diesem Punkt s. Walvoord, Revelation , S. 123 - 28; vgl.
auch den Kommentar zu Mt 24-25 ). Offb 6,1-2 Johannes sah, wie das erste der sieben
Siegel aufgetan wurde. Er sah ... ein weißes Pferd mit einem Reiter, der
einen Bogen und eine Krone ( stephanos ) hatte und auszog, um zu
siegen . Weil Christus bei seinem zweiten Kommen auf einem weißen Pferd
reitend dargestellt wird ( Offb 19,11 ), beziehen manche Exegeten diese
Stelle ( Offb 6,2 ) ebenfalls auf Christus, denn das weiße Pferd ist ein
Symbol des Sieges. So ritten römische Generäle nach einer siegreichen
Schlacht auf einem weißen Pferd in einem Triumphzug durch die Stadt,
gefolgt von ihren Kriegsgefangenen. Dieser These widerspricht jedoch die
Chronologie der Ereignisse, denn Christus kehrt nicht zu Beginn der
Großen Trübsal, sondern erst am Ende dieser Zeit sieghaft auf die Erde
zurück. Außerdem sind die Reiter auf den anderen Pferden ganz
offensichtlich Sinnbilder für die Zerstörung und das Gericht, die dem
zweiten Kommen Christi um einige Zeit vorangehen. Plausibler ist also die Deutung, daß der
Eroberer, von dem hier die Rede ist, der künftige Weltherrscher ist, der
manchmal auch als Antichrist bezeichnet wird, wenngleich dieser Begriff
in der Offenbarung selbst nicht auftaucht. Er ist wahrscheinlich
identisch mit dem Fürsten des Volkes in Dan 9,26 . Dieser Fürst trägt
einen Bogen ohne Pfeil - ein Zeichen dafür, daß ihm die Weltherrschaft,
die er errichtet, kampflos zufällt (vgl. den Kommentar zu Offb 13,4 ).
Die künftige Weltherrschaft beginnt mit einer Friedenszeit, der bald
darauf eine Zeit der Zerstörung folgt ( 1Thes 5,3 ). Die Siegel,
Posaunen und Schalen des göttlichen Zorns, von denen in den folgenden
Kapiteln erzählt wird, kündigen das schreckliche Gericht Gottes über die
Welt am Ende der Zeiten an, das seinen Höhepunkt in der Wiederkunft
Christi findet. 2. Das zweite Siegel ( 6,3-4 ) Offb 6,3-4 Als das zweite Siegel geöffnet wurde, erschien
ein zweites Pferd , das feuerrot war. Sein Reiter hatte die Macht, den
Frieden von der Erde zu nehmen (vgl. den "roten Drachen" in Offb
12,3 und das "scharlachrote Tier" in Offb 17,3 ). Im Gegensatz zum
ersten Reiter, der einen Bogen ohne Pfeil in der Hand hielt, trug der
zweite Reiter ein großes Schwert - ein weiteres Bild für die politische
Macht dieser Gestalt, die die Welt beherrschen wird. 3. Das dritte Siegel ( 6,5-6 ) Offb 6,5-6 Das dritte Siegel brachte ein schwarzes Pferd zum
Vorschein, dessen Reiter eine Waage in seiner Hand (hatte). Gleichzeitig
hörte Johannes eine Stimme mitten unter den vier Gestalten sagen: Ein
Maß Weizen für einen Silbergroschen und drei Maß Gerste für einen
Silbergroschen, aber dem Öl und Wein tu keinen Schaden! Ein
"Silbergroschen", der römische Denar, dessen damaliger Wert heute etwa
25 Pfennigen entspricht, war der übliche Tageslohn eines Arbeiters.
Dieses Bild weist auf eine Nahrungsmittelknappheit hin, die so groß sein
wird, daß ein Arbeiter für seinen gesamten Tageslohn gerade noch ein
einziges Maß Weizen oder aber drei Maß Gerste kaufen kann. Wenn nun
jemand Weizen kauft, so reicht das nur noch aus, sich eine einzige gute
Mahlzeit zu bereiten; wenn er Gerste kauft, so kann er sich drei
Mahlzeiten kochen, doch in keinem Fall kann er sich Öl oder Wein
leisten. Der Hunger, der eine unausweichliche Folge des Krieges ist,
wird auch in der Zeit der Großen Trübsal eine Haupttodesursache der
Menschen sein. Die schwarze Farbe des dritten Pferdes deutet auf Hunger
und Tod hin. 4. Das vierte Siegel ( 6,7 - 8 ) Offb 6,7-8 Das vierte Siegel zeigte ein fahles Pferd . Das
griechische Wort, das hier mit "fahl" wiedergegeben ist, bezeichnet
eigentlich ein blasses Grün (vgl. dasselbe Wort, das in Mk 6,39 und Offb
8,7;9,4 für die Vegetation gebraucht ist). Johannes schrieb:
Der Name des Reiters war: Der Tod, und die Hölle folgte ihm nach . Was
hier geschildert wird, sind die Folgen von Krieg, Hunger und Tod. Durch
Krieg und Hunger werden die Menschen geschwächt und sind damit eine
leichte Beute für Seuchen und wilde Tiere. Das Erschrekkende an diesem
Vers ist, daß dem Reiter des vierten Pferdes Macht gegeben (wurde) über
den vierten Teil der Erde , das wären heute schätzungsweise eine
Milliarde Menschen, die umkämen. Schon diese gigantische Zahl zeigt, daß
es sich hier nicht um ein untergeordnetes Gericht, sondern um ein
wichtiges Ereignis in der Großen Trübsal handelt, an dem erkennbar wird,
daß diese schwere Zeit nun begonnen hat. Man kann die ersten vier Siegel
gleichsam als eine Einheit und damit als allgemeine Beschreibung der
Zeit der Großen Trübsal - einer Zeit nie dagewesenen Leidens (vgl. Jer
30,7; Dan 12,1; Mt 24,21-22 ) - sehen. 5. Das fünfte Siegel ( 6,9 - 11 ) Offb 6,9 Das fünfte Siegel brachte dann wieder eine
Offenbarung des Himmels. Die Aufmerksamkeit des Apostels wurde auf
die Seelen gerichtet, die unten am Altar waren - ein Sinnbild für die
Seelen der Menschen, die umgebracht worden waren um des Wortes Gottes
und um ihres Zeugnisses willen . (Zu der Wendung "unten am Altar"
vgl. 2Mo 29,12; 3Mo 4,7 .) Es waren offensichtlich die Seelen der
Märtyrer, von denen in Offb 7 nochmals die Rede sein wird. Das ist ein
weiterer Beweis dafür, daß die Seelen dieser Menschen in der Zeit der
Großen Trübsal zwar bewahrt werden, daß viele von ihnen aber
nichtsdestoweniger den Märtyrertod erleiden müssen. Offb 6,10-11 Die Seelen schrien mit lauter Stimme zum Herrn
und fragten ihn, wie lange es noch dauerte, bis er sie rächen würde.
Daraufhin erhielt jede von ihnen ein weißes Gewand , und es wurde ihnen
gesagt, daß die Trübsal noch nicht vorüber sei und noch andere den
Märtyrertod sterben müßten, bevor der Herr bei seinem zweiten Kommen die
Bösen richten und die Gerechten erlösen würde. Diese Passage ist ein
Beleg dafür, daß hier die Zeit der Großen Trübsal selbst und nicht etwa
das Ende dieser Zeit geschildert wird. Wesen, die nur Geister sind, können keine Kleider
tragen. Die Tatsache, daß diese Seelen weiße Gewänder anlegen konnten,
spricht dafür, daß die Gläubigen nach ihrem Tod im Himmel zunächst
"vorläufige" Leiber erhalten, die nach der Auferstehung durch
verherrlichte Leiber ersetzt werden (vgl. Offb 20,4 ). 6. Das sechste Siegel ( 6,12 - 17 ) Offb 6,12-14 Als nächstes berichtete Johannes von einem großen
Erdbeben, das einsetzte, als das sechste Siegel geöffnet wurde. Noch
schrecklicher als dieses Erdbeben waren allerdings die gleichzeitig
stattfindenden Veränderungen am Himmel: Die Sonne wurde finster wie ein
schwarzer Sack, und der ganze Mond wurde wie Blut, und die Sterne des
Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum seine Feigen abwirft,
wenn er von starkem Wind bewegt wird. Der ganze Himmel war wie eine
Schriftrolle, die zusammengerollt wird . Gleichzeitig fingen - infolge
des Erdbebens - die Berge und Inseln an zu wandern. Auch diese
schrecklichen Naturkatastrophen bedeuteten jedoch noch nicht das Ende
der Weltgeschichte, denn noch war ein letztes Siegel aufzubrechen. Aber
die Öffnung des sechsten Siegels brachte das bis dahin schrecklichste
Gericht, das in der Zeit der Trübsal vor der Wiederkunft Christi über
die Menschen hereinbrach. Das hier Vorhergesagte wurde zwar von vielen
Exegeten bildlich verstanden, doch es ist plausibler, die Prophezeiung
durchaus wörtlich zu nehmen. Auch die Posaunen und die Schalen des
Zorns, die Johannes danach sehen sollte, bewirken ja große Veränderungen
am Himmel und auf Erden, bevor Christus schließlich auf die Erde
zurückkehren wird. Offb 6,15-17 Eine ganz konkrete Folge des Gerichtes des
sechsten Siegels war die Furcht, die die Ungläubigen ergriff. Sie
flehten zu den Bergen und Felsen , über sie zu fallen und sie vor dem
Zorn des Lammes zu verbergen. Ihre Angst war so groß, daß sie lieber
sterben wollten, als vor das Angesicht ... des Lammes zu treten und
Opfer ihres - das Wort bezieht sich auf die dreieinige Gottheit
- Zorns zu werden. Hier geht es ganz offensichtlich nicht um die
Schilderung eines alltäglichen Unglücks, sondern um Leiden, wie sie die
Menschheit in ihrer ganzen Geschichte noch nicht ertragen mußte. Aus der Gesamtschau ist Kapitel 6 eines der
wichtigsten Kapitel des Buches der Offenbarung. Es beschreibt die
Ereignisse bei der Öffnung der ersten sechs Siegel und führt das siebte
Siegel ein, dessen Öffnung wiederum die sieben Posaunen und die sieben
Schalen des Zorns nach sich zieht ( Offb 8-9,16 ). Das in Kapitel 6 Gesagte sollte die irrige
Vorstellung, daß Gott - der ja der Gott der Liebe ist - die böse Welt
nicht richten wird, ausreichend widerlegt haben. Nicht umsonst wirft es
in den Schlußworten von Vers 17 die entscheidende Frage auf: Wer kann
bestehen? - Nur die, die sich vor der Zeit des Gerichts die Gnade Gottes
erworben haben, werden verschont werden, wenn Gott am Ende der Großen
Trübsal über die Erde urteilen wird. Wer dann auf Rettung hoffen darf,
erfahren wir im nächsten Kapitel. D. Die in der Zeit der Großen Trübsal Bewahrten ( Offb 7 ) 1. Die Hundertvierundvierzigtausend, die
versiegelt waren aus allen Stämmen Israels ( 7,1-8 ) Offb 7,1-3 In Offb 6,17 wurde gefragt, ob in der Zeit der
Großen Trübsal überhaupt ein Mensch bewahrt bleibt. Auf diese Frage gibt
das vorliegende Kapitel Antwort. Dabei werden zwei Gruppen eigens
erwähnt: (1) Die Israeliten, die auch leiblich gerettet werden, und (2)
die Heiden aller Völker, die, obwohl geistlich gerettet, den Märtyrertod
sterben werden. Vier Engel erhielten den Auftrag, mit der Ausführung des
Gerichts über die Erde zu warten, bis die Knechte Gottes versiegelt sind
(V. 3 ). Das Siegel, das sie an ihren Stirnen tragen sollten, ist ein
Symbol für den Schutz Gottes, dessen Eigentum sie sind, und
versinnbildlicht gleichzeitig Gottes erklärte Absicht, die zwölf Stämme
Israel, die hier namentlich aufgeführt werden, zu bewahren, wie einst
Noah vor der Sintflut, Israel vor den Plagen in Ägypten und Rahab und
ihr Haus in Jericho bewahrt wurden. Offb 7,4-8 Johannes hörte die Namen der zwölf Stämme, aus
denen jeweils zwölftausend versiegelt , d. h. geschützt wurden. Die
zwölf Stämme Israels sind also keineswegs "verloren", wie manchmal
behauptet wird. Es gab in der Exegese Ansätze, die zwölf Stämme
mit der Kirche zu identifizieren, um die Folgerung zu vermeiden, daß es
sich bei diesen Versiegelten tatsächlich um Israel handelt. Die Tatsache
jedoch, daß die Stämme namentlich aufgezählt werden und zudem aus jedem
dieser Stämme eine konkrete Zahl genannt wird, scheint die Aussage von
der symbolischen auf die Realitätsebene zu verlagern und eine wörtliche
Deutung zu rechtfertigen. Wenn Gott gewollt hätte, daß ganz deutlich
wird, daß mit diesen Versen Israel gemeint ist, dann hätte er es
sicherlich auf genau diese Weise ausgedrückt. Im übrigen stehen
nirgendwo sonst in der Bibel die zwölf Stämme Israel für die Kirche. Es
liegt auf der Hand, daß Israel die Zeit der Trübsal durchlaufen wird,
und wenn die Menschen heute auch noch nicht wissen, welcher Stamm
dazugehören wird, so weiß es doch Gott auf jeden Fall. Es ist viel darüber spekuliert worden, warum der
Stamm Dan an dieser Stelle ausgelassen wurde. Josef und der eine seiner
beiden Söhne, Manasse, sind in die Liste aufgenommen, wohingegen
Ephraim, der zweite Sohn Josefs, nicht erwähnt wird. Wäre Dan ebenfalls
genannt, so wären es dreizehn Stämme gewesen. Nach J. B. Smith enthält
die Heilige Schrift im Alten und Neuen Testament zusammen 29
Aufzählungen der Stämme Israels, wobei in keiner mehr als zwölf
aufgeführt werden ( A Revelation of Jesus Christ , S. 130). Gewöhnlich
wurde der Stamm Levi, aus dem sich die Priesterschaft rekrutierte,
weggelassen. Wenn also ganz einfach die Zwölferzahl nicht überschritten
werden sollte, so ist die Auslassung des Stammes Dan ohne Bedeutung.
Möglicherweise wurde der Stamm jedoch auch nicht erwähnt, weil er als
einer der ersten dem Götzendienst verfiel ( Ri 18,30; vgl. 1Kö
12,28-29 ). In Hes 48,2 gehört der Stamm Dan allerdings zu denen, die im
Tausendjährigen Reich das Land in Besitz nehmen werden. Die entscheidende Lehraussage dieser ganzen
Passage bleibt auf jeden Fall bestehen: Gott wird auch in dieser letzten
schrecklichen Zeit über Israel wachen. Überlegungen über die Anzahl oder
die Namen der Stämme, die lediglich darauf abzielen, das hier Gesagte
mit der Kirche in Verbindung zu bringen, entbehren also jeglicher
biblischen Grundlage. 2. Die Schar der Märtyrer ( 7,9 - 17 ) Offb 7,9-12 Als nächstes sah Johannes eine große Schar
Menschen aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen; die
standen vor dem Thron (d. h. vor Gott Vater) und dem Lamm (d. h. Gott
Sohn). Es sind dieselben, von denen bereits in Offb 6,9 die Rede war,
doch hier waren sie angetan mit weißen Kleidern und mit Palmzweigen in
ihren Händen - offenbar ein Zeichen des Triumphes ihres Gerechtseins.
Dem Lob dieser Schar, die Gott und das Lamm für ihre Rettung pries,
schlossen sich alle Engel ... die Ältesten und ... die vier Gestalten an
(vgl. Offb 5,9-12 ). Offb 7,13-17 Einer der Ältesten fing an und fragte Johannes,
wer die Leute seien, die mit den weißen Kleidern angetan waren. Wenn die
vierundzwanzig Ältesten die Kirche repräsentieren, muß diese Gruppe
offensichtlich eine andere erlöste Schar darstellen. Auf die Entgegnung
des Johannes, daß er es nicht wisse (V. 14 a), gab der Älteste selbst
die Antwort: Diese sind's, die gekommen sind aus der großen Trübsal und
haben ihre Kleider gewaschen und haben ihre Kleider hell gemacht im Blut
des Lammes. Es scheint klar, daß "diese, die gekommen sind
aus der großen Trübsal", den Märtyrertod erlitten und dann Aufnahme im
Himmel fanden. Es wurde ihnen das besondere Vorrecht zuteil, vor dem
Thron Gottes zu erscheinen und ihm Tag und Nacht in seinem Tempel zu
dienen . Sie stehen nun unter dem direkten Schutz Gottes und sollen
niemals mehr hungern noch dürsten noch soll sie irgendeine Hitze treffen
- eine Ankündigung, die darauf schließen läßt, daß sie auf Erden unter
diesen Beschwernissen zu leiden hatten. Jetzt aber weidet sie das
Lamm mit besonderer Fürsorge, und sie trinken aus Quellen des lebendigen
Wassers . Die Passage endet mit der tröstenden Versicherung, daß all
ihre Tränen abgewischt werden sollen. Die beiden großen Gruppen, die Johannes hier
erblickte, waren einmal die hundertvierundvierzigtausend Israeliten und
zum anderen eine große Zahl von Menschen aus allen Völkern, unter ihnen
auch einige Israeliten, die nicht "versiegelt" worden waren und in der
Großen Trübsal den Märtyrertod erlitten. Wahrscheinlich repräsentiert
keine dieser beiden Gruppen die Kirche, den Leib Christi im
gegenwärtigen Zeitalter, weil beide von den vierundzwanzig Ältesten
unterschieden werden und keine von ihnen explizit mit der gegenwärtigen
Kirche identifiziert wird. Die in diesem und den nächsten Kapiteln
geschilderten Ereignisse treiben das Geschehen nicht voran, sondern
stellen gleichsam ein retardierendes Moment dar, um verschiedene
konkrete Punkte der Offenbarung über ganz bestimmte Dinge besonders zu
erhellen. Hier steht zunächst die Antwort auf die Frage in Offb 6,17 im
Mittelpunkt: "Wer kann bestehen?" Die Kapitel im Buch der Offenbarung sind zwar
nicht chronologisch geordnet, doch Kapitel 7 beschreibt eindeutig eine
Szene im Himmel, die dem zweiten Kommen Christi auf die Erde vorangeht.
Von den Menschen, die hier im Himmel erscheinen, wird ausgesagt, daß sie
"aus der großen Trübsal" (V. 14 ) kommen. Es folgt eine Schilderung der
Segnungen und Wohltaten, die ihnen im Himmel nach ihren irdischen
Bedrängnissen widerfahren. (Die Hundertvierundvierzigtausend werden
in Offb 14,1-5 nochmals auftreten.) Dazu kommt die Schar der Märtyrer,
die getötet wurden, weil sie sich weigerten, das Tier anzubeten. (Sie
werden im Zusammenhang mit der Auferstehung in Offb 20,4 ein zweites Mal
erwähnt.) Daß es sich bei diesen Menschen nicht um Heilige des
Tausendjährigen Reiches handelt, wird schon an der Tatsache deutlich,
daß sie vor Gottes Thron im Himmel erscheinen und auferweckt werden. E. Die Öffnung des siebten Siegels und die
Einführung der sieben Posaunen ( Offb 8-9 ) 1. Die Öffnung des siebten Siegels ( 8,1 ) Offb 8,1 Als das siebente Siegel geöffnet wurde, entstand
eine Stille im Himmel etwa eine halbe Stunde lang - ein Vorzeichen für
die Bedeutung dieses Siegels. Die sieben Posaunen, die nun erschallen
sollten, unterscheiden sich in dem, was sie ankündigen, klar von den
sieben Siegeln. W. Graham Scroggie stellt vielmehr fest: "Die Posaunen
greifen nicht etwa die Themen be stimmter oder gar aller Siegel nochmals
auf, sondern liegen unter dem sechsten Siegel verborgen und gehen von
ihm aus" ( The Great Unveiling , S. 111). Ebenso sind auch die Schalen
des Zornes Gottes ( Offb 16 ) seiner Ansicht nach "keine Wiederholung
der Siegel und der Posaunen" (S. 112). Das Verhältnis zwischen den "sieben Siegeln",
"sieben Posaunen" und den "sieben Schalen des Zorns" Siegel 1 2 3 4 5 6 7
|
| Posaunen
1 2 3 4 5 6 7
|
| Zornschalen
1 2 3 4 5 6 7
C. A. Blanchard vertritt dieselbe Auffassung:
"Die dreifache Reihung der Siebenzahl gehört eigentlich in eine einzige
Siebenerabfolge, d. h., die sieben Posaunen sind unter dem siebten
Siegel verborgen, die sieben Schalen des Zorns aber unter dem Klang der
siebten Posaune, so daß wir es im Grunde mit einer einzigen Abfolge in
drei Schritten zu tun haben" ( Light on the Last Days , S. 58). Das
siebte Siegel ist also deshalb so wichtig, weil es letztlich alle
Ereignisse von Offb 8,1-19,10 in sich einschließt. 2. Die sieben Engel und die sieben Posaunen ( 8,2 ) Offb 8,2 Während Johannes das himmlische Schauspiel
betrachtete, fielen ihm sieben Engel auf, denen sieben Posaunen
gegeben wurden. Die Tatsache, daß es sich hier um Engelsposaunen
handelt, unterscheidet sie von der Posaune des Herrn ( 1Kor 15,52; 1Thes
4,16 ) und von anderen neutestamentlichen Posaunenerscheinungen ( Hebr
12,19; Offb 1,10;4,1 ). 3. Das goldene Räuchergefäß ( 8,3 - 5 ) Offb 8,3-5 Dem Schall der Posaunen ging eine eindrucksvolle
Handlung voraus: Ein anderer Engel , der zu den sieben hinzukam, trat an
den Altar und hatte ein goldenes Räuchergefäß . In der
alttestamentlichen Stiftshütte wurde ein kupfernes Räuchergefäß, das
wahrscheinlich relativ schwer war, dazu benutzt, Kohlen von dem
vergoldeten Altar vor der Stiftshütte zum Räucheraltar zu bringen.
Später im Tempel Salomos wurden goldene Räuchergefäße verwendet ( 1Kö
7,50; 2Chr 4,22 ). Dies ist die einzige Stelle in der Offenbarung,
wo von Rauchgefäßen die Rede ist (bei den "Schalen voll Räucherwerk"
in Offb 5,8 handelte es sich wahrscheinlich nicht um Räuchergefäße). Wie
die goldenen Gefäße in Offb 5,8 ist auch das "goldene Räuchergefäß" ein
Symbol für die Darbringung von Gebeten aller Heiligen . Damit wird an den Brauch, Räucherwerk auf dem
Räucheraltar in der Stiftshütte und im Tempel darzubringen, angeknüpft.
In einem Räuchergefäß befanden sich normalerweise glühende Kohlen, und
ein zweites Gefäß enhielt die Räucheressenz, die dann am Altar über die
Kohlen gegossen wurde. Der Rauch, der sich dabei entwickelte, war ein
Sinnbild für das Gebet, das zu Gott aufstieg. Nach der Schilderung von Vers 5 brachte der
Engel das Räucherwerk auf den Kohlen vor Gott dar und schüttete es dann,
nachdem er es mit Feuer vom Altar gefüllt hatte, auf die Erde .
Daraufhin erhoben sich Donner und Stimmen und Blitze und Erdbeben - ein
unheilvolles Vorzeichen für das Kommende. 4. Die erste Posaune ( 8,6-7 ) Offb 8,6-7 Als der erste Engel seine Posaune (blies) ... kam
Hagel und Feuer, mit Blut vermengt, und fiel auf die Erde , so daß der
dritte Teil der Erde verbrannte , einschließlich der Bäume ... und alles
grüne Gras . Diese verheerende Strafe betraf also, wie auch die Folgen
der meisten anderen Posaunen, ein Drittel der Erde. 5. Die zweite Posaune ( 8,8 - 9 ) Offb 8,8-9 Als die zweite Posaune erklang, stürzte etwas wie
ein großer Berg mit Feuer brennend ins Meer , so daß der dritte Teil des
Meeres ... zu Blut wurde und der dritte Teil der lebendigen Geschöpfe im
Meer starb und der dritte Teil der Schiffe vernichtet wurde. Man faßt
die hier geschilderten Ereignisse am besten wörtlich auf, wobei die
Beschreibung des in Blut verwandelten Meeres allerdings sicherlich eine
bildhafte Redewendung ist wie auch das Blut, das dem Hagel und Feuer der
ersten Posaune folgt. Auch bei den sieben Plagen, die über Ägypten kamen
(vgl. 2Mo 7,14-22 ), war das Blut ein Zeichen des göttlichen Gerichtes. Die Katastrophen, die sich aus diesem
Strafgericht ergaben, sind jedoch eindeutig als Tatsachen anzusehen. Die
Verwandlung des Meeres in Blut hat den Tod eines Drittels der im Meer
lebenden Tiere zur Folge, und der ins Meer stürzende brennende Berg
zerstört ein Drittel der Schiffe. Man stellt sich diesen Berg wohl am
besten als eine riesige Masse, die vom Himmel herabfällt, vor. Da die
Auswirkungen so realistisch sind, ist es plausibel, auch ihre Ursache,
das göttliche Strafgericht, für real zu halten. 6. Die dritte Posaune ( 8,10-11 ) Offb 8,10-11 Die Strafe, die auf die dritte Posaune folgte,
glich dem Geschehen nach der zweiten Posaune. Nur wird hier die Masse,
die vom Himmel stürzt, als ein großer Stern ..., der ... wie eine Fackel
(brannte) , identifiziert. Dieser Stern fiel auf den dritten Teil der
Wasserströme und auf die Wasserquellen , also auf nichtozeanische
Wasserreservoire. Der Name des Sterns war Wermut . "Wermut" ist
eine bittere Pflanze, die in der Wüste wächst und nur an dieser Stelle
im Neuen Testament erwähnt wird, während sie im Alten Testament
siebenmal als Sinnbild des Leides und der schweren Bestrafung vorkommt
( 5Mo 29,17; Spr 5,4; Jer 9,14;23,15; Kl 3,15.19; Am 5,7 ). Viele Exegeten haben versucht, das Geschehen beim
Schall der dritten Posaune symbolisch zu deuten. Doch es liegt wohl
näher, den Stern, von dem hier die Rede ist, mit einem großen Meteoriten
oder Kometen gleichzusetzen, der auf die Erde stürzt und das Wasser wie
beschrieben bitter macht, so daß die Menschen, die davon trinken,
sterben. Das Gegenteil zu diesem Vorgang, das im Kreuz Christi zu finden
ist, ist symbolisch im Süß-Werden des Wassers von Mara ( 2Mo 15,23-25 )
und in der Verwandlung der Strafe im Gericht in Gnade, Leben und
Hoffnung vorweggenommen. Auch die furchtbaren Folgen der dritten Posaune
bringen den Tod über viele Lebewesen. 7. Die vierte Posaune ( 8,12 ) Offb 8,12 Bei dem Klang der vierten Posaune verdunkelte
sich der dritte Teil des Himmels. Ohne den dritten Teil der Sonne war es
ein Drittel des Tages dunkel, und ohne das Licht des Mondes und
der Sterne war auch die Nacht stockfinster. Auch hier ist wieder die
wörtliche Deutung die plausibelste. So wie die ersten drei Posaunen ein
Drittel der Erde verwüsteten, zerstörte die vierte Posaune ein Drittel
des Himmels. 8. Die Ankündigung der letzten Posaunen ( 8,13 ) Offb 8,13 Es erfolgte eine Warnung, daß die nächsten drei
Posaunenstöße noch wesentlich verheerendere Folgen haben würden als die
vorangegangenen. Das dreifache Weh , das ein Adler (vgl. Offb
4,7;12,14 ) ausstieß, kündigte das kommende Gericht an. 9. Die fünfte Posaune ( 9,1 - 11 ) Offb 9,1-6 Die Geschehnisse nach dem Klang der fünften
Posaune werden ausführlich erklärt, was darauf hinweist, daß sie einen
wichtigen Schritt in Gottes fortschreitendem und sich immer weiter
steigernden Gericht über die Erde darstellen. Der Stern, der auf die
Erde fiel, war wohl eine Person und kein Meteorit; darauf deuten
jedenfalls das Pronomen er in Vers 2 sowie der Begriff "König" in
Vers 11 (vgl. Jes 14,12-17; Lk 10,18 ). Dieser Stern, der wahrscheinlich
den zu Beginn der Großen Trübsal aus dem Himmel geworfenen Satan
darstellt ( Offb 12,9 ), erhielt den Schlüssel zum Brunnen des
Abgrunds , (abyssos), des Wohnorts der Dämonen (vgl. Lk 8,31; Offb
9,11;11,7;17,8;20,1.3; in Röm 10,7 ist dasselbe Wort mit "Tiefe"
übersetzt). Satan wird für tausend Jahre - während der Herrschaft
Christi auf Erden - im Abgrund gefangen sein ( Offb 20,1-3 ). Nach dem Erklingen der fünften Posaune gebrauchte
der Stern (Satan) seinen Schlüssel dazu, die Dämonen aus dem Abgrund zu
befreien und als Peiniger auf die Erde zu schicken. Für das Auge wurde
dieses Ereignis als ein großer Rauch sichtbar, der die Sonne und die
Luft verdunkelte. Aus dem Rauch kamen Heuschrecken , die
wie Skorpione einen tödlichen Stachel hatten. Für die Vegetation waren
sie unschädlich, aber sie stachen die Menschen, die nicht das Siegel
Gottes ... an ihren Stirnen trugen. Nach dem Bericht von Kapitel 7 wurden
hundertvierundvierzigtausend Israeliten versiegelt, und alle, die in
jener Zeit den Herrn kannten, wurden vor der Plage beschützt (vgl. Eph
1,13-14; 2Tim 2,19 ). Zur Zeit des Alten Testamentes waren die
Heuschrecken eine schreckliche Plage, denn sie fraßen unter Umständen
die gesamte Ernte und konnten das Land dadurch in eine Hungersnot
stürzen ( 2Mo 10,12-20; Joe 1,4-7 ). Die Heuschrecken, um die es hier
geht, ernährten sich jedoch nicht von Blättern; sie hatten die Macht,
die Menschen fünf Monate lang zu quälen (vgl. Offb 9,10 ). Es waren
wahrscheinlich Dämonen, die in der Gestalt von Heuschrecken auftraten.
Das wird auch dadurch bestätigt, daß sie aus dem "Brunnen des Abgrunds",
der Heimstätte der Dämonen, ausgeschwärmt waren ( Lk 8,31 ). Ihre
dämonische Macht über die Menschen äußerte sich darin, daß ihre Opfer
zwar wünschten zu sterben, sich aber nicht das Leben nehmen konnten. Offb 9,7-11 Das Aussehen der Heuschrecken, die Rossen, die
zum Krieg gerüstet sind , glichen, war schrecklich: Sie trugen goldene
Kronen, ihr Antlitz glich der Menschen Antlitz ... sie hatten Haar wie
Frauenhaar und Zähne wie Löwenzähne . Dazu trugen sie
eisenartige Panzer und besaßen Flügel , deren Schlagen klang wie das
Rasseln der Wagen vieler Rosse, die in den Krieg laufen . Johannes beschrieb hier offensichtlich einfach,
was er erblickte, ohne die einzelnen Details genauer zu deuten. Das
Ergebnis ist ein Bild der furchtbaren übernatürlichen Macht Satans und
der Welt der Dämonen, die ganz besonders die Ungläubigen bedroht. Anders als die vorhergehenden Strafen, die
offensichtlich nur kurze Zeit andauerten, erstreckte sich diese Plage
über fünf Monate (V. 10 ; vgl. V. 5 ). Diese Tatsache ist insofern
wichtig, als sie die Vorstellung widerlegt, daß all dies sich in einer
sehr kurzen Zeitspanne unmittelbar vor der Wiederkunft Christi abspielen
wird. Die Heuschrecken-Dämonen hatten einen
Herrscher über sich , dessen Name hebräisch Abaddon, griechisch ...
Apollyon , lautete. Beide Wörter bedeuten "Zerstörer". Obwohl Satan
manchmal als Engel des Lichtes ( 2Kor 11,14 ) dargestellt wird, tritt an
dieser Stelle zutage, was er und seine Dämonen wirklich sind: die
"Zerstörer" der Menschheit. Die Strafe nach der fünften Posaune
bestätigt, was schon die vorhergehenden Strafen haben ahnen lassen: daß
die Zeit der Großen Trübsal, wie Christus sie nennt, eine Zeit großer
"Bedrängis sein (wird), wie sie nicht gewesen ist vom Anfang bis jetzt
und auch nicht wieder werden wird" ( Mt 24,21 ). 10. Die sechste Posaune
( Offb 9,12-21 ) Offb 9,12 Auf die fünfte Posaune, die als das erste
Wehe bezeichnet wird, folgten die beiden letzten Posaunenklänge oder
"Weherufe" (vgl. Offb 8,13 ). Offb 9,13-15 Die sechste Posaune scheint mit dem letzten
militärischen Gefecht, von dem in Offb 16,12-16 die Rede ist (vgl. Dan
11,40-45 ), in Zusammenhang zu stehen. Bei ihrem Klang hörte
Johannes eine Stimme aus den vier Ecken des goldenen Altars vor Gott .
Sie befahl dem sechsten Engel, ... die vier Engel , die am Euphrat
(gebunden sind) , loszulassen. Bei diesen vier Engeln handelte es sich
wohl um Dämonen, denn heilige Engel sind nicht "gefesselt". Die
Freilassung dieser vier Kräfte war auf die Stunde und den Tag und den
Monat und das Jahr genau festgesetzt und führte abermals zum Tode des
dritten Teils der Weltbevölkerung. Nach der Öffnung des vierten Siegels ( Offb
6,7-8 ) war bereits ein Viertel der Menschen auf der Welt umgebracht
worden. An dieser Stelle nun kam wieder ein Drittel der verbleibenden
Bevölkerung ums Leben. Allein diese beiden Strafen hatten also
unabhängig von allen dazwischenliegenden Plagen den Tod der Hälfte der
Weltbevölkerung zur Folge. Man sollte diese Angaben wörtlich nehmen,
denn sie bestätigen die Aussage von Daniel ( Dan 12,1 ) und die Worte
Christi ( Mt 24,21 ), daß die Große Trübsal schlimmer als alles je
Dagewesene sein wird und mit dem Tod aller Menschen enden müßte, wenn
diesen Schrecken nicht durch das zweite Kommen Christi Einhalt geboten
würde ( Mt 24,22 ). Offb 9,16 Das Losbinden der vier Engel (die nicht mit den
vier Engeln in Offb 7,1 verwechselt werden dürfen) führte zur Entsendung
eines reitenden Heeres von vieltausendmal tausend Männern. Nach Aussage
mancher Exegeten ist damit eine riesige dämonische Heeresmacht gemeint,
doch Dämonen treten normalerweise nicht in geordneten Schlachtreihen
auf. Die Tatsache, daß Johannes ihre Zahl (hörte) , da er das riesige
Aufgebot offensichtlich gar nicht überblicken konnte, macht die Annahme
glaubhaft, daß es sich hier um eine konkrete Angabe handelt, derzufolge
ein Heer von Osten den ausgetrockneten Euphrat überschreiten wird ( Offb
16,12 ). Der Euphrat wurde in neuerer Zeit durch große Dämme umgeleitet,
um Wasser zur Bewässerung abzuzweigen, so daß das eigentliche Flußbett
zeitweise ganz trocken oder zumindest beinahe trocken ist. Schon in Dan
11,44 wird eine große Invasion vom Osten und Norden in der Endzeit
vorhergesagt. Offb 9,17-19 Die Rosse und die darauf saßen ... hatten
feuerrote und blaue und schwefelgelbe Panzer . Daß die Häupter der
Rosse löwenartig aussahen, deutet darauf hin, daß es sich hier nicht um
normale Pferde handeln kann, zumal Johannes schilderte, daß aus ihren
Mäulern ... Feuer und Rauch und Schwefel strömte. Manche Ausleger haben
dieses Bild auf die moderne Kriegstechnik mit ihren bewaffneten
Fahrzeugen - etwa Panzern - übertragen. Doch unabhängig davon, ob das
hier Beschriebene nun symbolisch oder faktisch aufzufassen ist, auf
jeden Fall ist von einer schrecklichen Zerstörung und einer furchtbaren
vorrückenden Macht die Rede. Die Verheerungen, die sie anrichtet, werden
zweimal konstatiert und schließen unter anderem abermals den Tod eines
Drittels der Menschheit ein (V. 15.18 ). Offb 9,20-21 Trotz dieses grauenhaften Gerichtes, das ganz
eindeutig von Gott gesandt war, bereuten die Menschen nicht, sondern
fuhren fort, die bösen Geister und ihre Sinnbilder, die ... Götzen , zu
verehren. Sie hörten nicht auf zu morden, befaßten sich weiterhin mit
dem Okkulten ( Zauberei , pharmakeiOn ; ein Wort, von dem unser heutiger
Begriff "Pharmazie" abgeleitet ist; vgl. Gal 5,20; Offb
18,23;21,8;22,15 ) und ergaben sich in schamloser Weise ihrer Unzucht
und ihrer Dieberei . Die Strafen, die auf den Klang der Posaunen
folgten, steigerten sich mehr und mehr und hatten immer schlimmere und
grausigere Auswirkungen. Doch trotz des klaren Erweises der göttlichen
Richtermacht über die Welt sah Johannes keinerlei Anzeichen dafür, daß
die große Masse der Menschen sich in irgendeiner Weise innerlich
wandelte. Die sechste Strafe brachte zwar Furcht in ihren Herzen hervor,
aber keine Reue. F. Der große Engel mit dem Büchlein ( Offb 10 ) 1. Die Gestalt des Engels mit dem Büchlein ( 10,1-4 ) In Kapitel 7 war bereits von den
Hundertvierundvierzigtausend und den vielen Märtyrern die Rede, ohne daß
die Geschehnisse in der Großen Trübsal in chronologischer Reihenfolge
dargestellt wurden. In ganz ähnlicher Weise liefert auch die Passage
von Offb 10,1-11,14 Hintergrundinformationen zu den Ereignissen um die
Siegel, Posaunen und Schalen des Zorns. Ein weiterer Engel trat auf, der offenbar nicht
zur Schar der Sieben gehörte, die in die Posaune stießen. Manche
Ausleger setzen diesen Engel mit Christus gleich, indem sie auf den
Engel in Offb 8,3 verweisen, der in ihren Augen ebenfalls ein Sinnbild
Christi, und zwar in der Funktion eines Priesters, ist. Tatsächlich
erschien Christus im Alten Testament häufig als "Engel des Herrn" (z.
B. 1Mo 16,7; 1Mo 24,7; 1Mo 31,11.13; Ri 6,22 ). Es gibt jedoch keinerlei
Belege dafür, daß die hier genannte Person etwas anderes war als ein
großer Engel (vgl. Offb 5,2 ), möglicherweise der Erzengel Michael. Offb 10,1-4 Dieser Engel wird in eindrucksvoller Weise
als mit einer Wolke bekleidet und einem Regenbogen auf seinem Haupt ,
einem Antlitz wie die Sonne und Füßen wie Feuersäulen dargestellt.
Johannes fügte hinzu, daß er ein Büchlein (in seiner Hand) trug und mit
seinem rechten Fuß auf dem Meer und dem linken auf der Erde stand.
Dabei schrie (er) ..., wie ein Löwe brüllt . Bei diesem
ehrfurchtgebietenden Anblick und beim Ruf des Engels erhoben die sieben
Donner ihre Stimme . Das Buch der Offenbarung ist zwar in erster Linie
darauf angelegt, Gottes Plan und die kommenden Ereignisse zu enthüllen
und nicht zu verschleiern, doch bestimmte Dinge werden auch hier noch
zurückgehalten, wie Gottes Verbot gegenüber Johannes -
niederzuschreiben, was "die Stimmen" der sieben Donner sagten - zeigt. Im Gegensatz zu der Schriftrolle ( biblion ) mit
den sieben Siegeln, die das Lamm trug ( Offb 5,1 ), hielt der Engel eine
kleinere Rolle ( biblaridion ; vgl. auch Offb 10,9-10 ) in der Hand. Sie
enthielt offensichtlich in schriftlicher Form den Auftrag, den zu
erfüllen er im Begriff stand. 2. Die Ankündigung des bevorstehenden Endes ( 10,5 - 7 ) Offb 10,5-7 Die großartige Schilderung der Gestalt des Engels
(V. 1-4 ) war die Vorbereitung auf die Verkündigung, die sich daran
anschließt (V. 5 - 7 ). Indem er feierlich bei Gott, dem ewigen
Schöpfer, schwor, erklärte der Engel: Es soll hinfort keine Zeit mehr
sein . Diese Wiedergabe des griechischen Textes wurde häufig dahingehend
mißverstanden, daß es hier um die Ablösung der gegenwärtigen
Zeitdimension mit ihren sequentiell aufeinanderfolgenden Ereignissen
gehe. Das ist jedoch nicht der Grundgedanke dieser Passage. Der klare
Hinweis auf Gott als den Schöpfer (vgl. Offb 4,11;14,7 ) tritt vielmehr
jeglichen evolutionären Spekulationen über den Ursprung der Erde
entgegen und bekräftigt die Allmacht Gottes in seinem Umgang mit der
Welt im Gericht am Ende der Zeit. Der Engel kündigte an, daß die siebte Posaune das
Geheimnis Gottes zur Vollendung bringen würde. Dieses Geheimnis war
zuvor Gottes Propheten mitgeteilt worden. Es geht hier also nicht um
eine verborgene Wahrheit, sondern um die endgültige Erfüllung vieler
alttestamentlicher Passagen, die sich auf die herrliche Wiederkunft des
Gottessohnes und die Errichtung seines gerechten Friedensreiches auf
Erden beziehen. In dem, was heute geschieht, enthüllt sich Gottes Plan
nicht unbedingt, denn noch hat der Satan Macht und kann in Erscheinung
treten. Doch es wird eine Zeit kommen, in der er endgültig entmachtet
ist und die Weissagungen der alttestamentlichen Propheten sich erfüllen.
Dann werden alle Menschen den Herrn kennen und alles über ihn wissen
( Jer 31,34 ). An dieser Stelle findet sich abermals ein Hinweis darauf,
daß die siebte Posaune das Gericht der sieben Schalen des göttlichen
Zorns, von denen in Offb 16 die Rede ist, eröffnet. ( Offb 10,8-11 ) Offb 10,8-11 Johannes gehorchte der Anweisung des Engels, die
Schriftrolle zu verspeisen, die ihm zwar süß ... wie Honig im Munde war,
in seinem Magen jedoch bitter wurde. Danach teilte ihm der Engel mit,
daß er abermals weissagen müsse. Was bedeutet dieser kleine Zwischenfall? Auch
wenn Johannes keine nähere Erklärung erhielt, so liegt doch auf der
Hand, daß er sich dadurch, daß er sich das Buch einverleibte, auch
dessen Inhalt aneignete (vgl. Jer 15,16 ). Die kleine Schriftrolle
scheint das Wort Gottes und ganz allgemein die göttliche Offenbarung zu
symbolisieren, denn es wurde Johannes geboten, das Wort getreulich
weiterzugeben. Für Johannes war das Wort Gottes mit seiner
Offenbarung der göttlichen Gnade und den vielen herrlichen Verheißungen,
die den Gläubigen darin zugesagt werden, in der Tat süß. Es stand somit
in scharfem Kontrast zu der äußeren Situation des Apostels auf der Insel
Patmos. David sang: "Die Rechte des Herrn sind Wahrheit, allesamt
gerecht. Sie sind köstlicher als Gold und viel feines Gold. Sie sind
süßer als Honig und Honigseim" ( Ps 19,10 b- 11 ). Obwohl das Wort für
die Gläubigen süß ist, wird es doch für die Ungläubigen bitter sein,
wenn es das göttliche Gericht über sie bringt. G. Die beiden Zeugen ( 11,1 - 14 ) Es ist zwar klar, daß Offb 11,1-14 die
eingeschobene Passage, die mit Offb 10,1 begann, fortführt, doch wurde
gerade für diese Schriftpassage eine erstaunliche Vielzahl von
Deutungsvorschlägen vorgelegt. Alford bezeichnet dieses Kapitel denn
auch als "eines der schwierigsten in der ganzen Apokalypse" ( The Greek
Testament , 4,655). Die beste Richtschnur für die Auslegung dieses
Abschnittes ist auch hier wieder, alle darin erwähnten Tatsachen
wörtlich zu nehmen. Wenn man von diesem Grundprinzip ausgeht, so wird es
in der Zeit der Großen Trübsal tatsächlich einen Tempel geben, und die
Stadt, von der hier die Rede ist, ist das wirkliche Jerusalem, wie
es Offb 11,8 identifiziert wird. Die Zeitspannen von 42 Monaten (V. 2 )
und drei und einem halben Tag (V. 9.11 ) sollten ebenfalls wörtlich
genommen werden. Bei dem Erdbeben werden wirklich siebentausend Menschen
umkommen, und die beiden Zeugen sind zwei konkrete Menschen. 1. Das Messen des Tempels ( 11,1-2 ) Offb 11,1-2 Johannes bekam ein Rohr in die Hand, das er
offenbar als Meßinstrument benützen sollte, denn er wurde
angewiesen, den Tempel ... und den Altar , nicht aber den äußeren
Vorhof zu messen, d. h, er sollte das Heiligtum und das Allerheiligste
ausmessen. Den äußeren Tempelvorhof durften auch Laien betreten, doch
diese beiden Räume im Tempel waren allein den Priestern vorbehalten.
Dabei wurde ihm erklärt, daß dieser äußere Vorhof nun den Heiden
gegeben sei, die die heilige Stadt ... zweiundvierzig Monate lang
(zertreten) würden. Warum sollte Johannes den Tempel ausmessen? Im
allgemeinen mißt man Dinge, die einem gehören. Der Tempel aber gehörte
Gott. In gleicher Weise werden auch der Tempel in Hes 40 und das Neue
Jerusalem ( Offb 21,15-17 ) vermessen. Der Tempel, um den es hier geht,
wird erbaut werden, damit die orthodoxen Juden in der ersten Hälfte der
siebenjährigen Zeitspanne, die als Daniels siebzigste Woche bezeichnet
wird, nach dem mosaischen Gesetz darin Opfer darbringen können. Zu
Beginn der zweiundvierzig Monate währenden Großen Trübsal jedoch werden
die Opfer aufhören, der Tempel wird entweiht werden und zum Heiligtum
für den Weltherrscher in dieser Zeit umfunktioniert, der ein Götzenbild
im Tempel aufstellen und sich selbst als Gott proklamieren wird
(vgl. Dan 9,27;12,11; 2Thes 2,4; Offb 13,14-15 ). Johannes wurde darüber
hinaus angewiesen, die Anbetenden zu zählen, die zum Tempel kamen.
Dahinter scheint der Gedanke zu stehen, daß Gott beide abschätzen will,
den Tempel und diejenigen, die in ihm sind. Manche Ausleger tendieren dazu, die
zweiundvierzigmonatige Dauer der Großen Trübsal in einem geistlichen
Sinne zu verstehen, doch man sollte diesen Zeitraum als eine
tatsächliche Zeitspanne auffassen, wie durch die Zeitangabe von
eintausendzweihundertsechzig Tagen in Offb 11,3 bestätigt wird, die
genau einem Zeitraum von zweiundvierzig Monaten mit jeweils 30 Tagen
entspricht. Von daher wird auch klar, daß "die Zeiten der Heiden" ( Lk
21,24 ) erst mit dem zweiten Kommen Christi auf die Erde und der
Errichtung seines Reiches enden werden. Die Juden mögen Jerusalem zwar
zeitweise in ihrem Besitz haben, wie z. B. in unserem Jahrhundert, doch
in der Großen Trübsal werden sie die Stadt an Fremdherren verlieren. Nach Ansicht einiger Exegeten beziehen sich die
zweiundvierzig Monate auf die erste Hälfte der siebzigsten Woche des
Daniel ( Dan 9,27 ). Das läßt sich nicht mit letzter Sicherheit
ausschließen, doch die Belege aus dem Kontext, in dem diese Passage im
Buch der Offenbarung steht, scheinen eher darauf hinzudeuten, daß hier
die letzten dreieinhalb Jahre der Endzeit gemeint sind. Dafür spricht
unter anderem die Tatsache, daß in der ersten Hälfte der letzten sieben
Jahre die Juden die Stadt Jerusalem besitzen und in ihrem Tempel
Gottesdienst halten werden, während der vorliegende Kontext recht
eindeutig darauf hinweist, daß hier von jener Zeit die Rede ist, in der
die Heiden die heilige Stadt zertreten, indem sie ihre eigentlichen
Bewohner, die Juden, schlecht behandeln und den Tempel entweihen. 2. Das Amt der beiden Zeugen ( 11,3 - 6 ) Offb 11,3-6 Es wurde Johannes offenbart, daß die zwei
Zeugen von Gott dazu bevollmächtigt waren, eintausendzweihundertsechzig
Tage oder zweiundvierzig Monate als Propheten aufzutreten. Sie
sollten mit Trauerkleidern (angetan) sein und als die zwei Ölbäume und
die zwei Leuchter bezeichnet werden. Es hat viele ganz verschiedene Deutungsversuche
dieser zwei Zeugen gegeben. Manche Exegeten bestritten, daß sie
wirkliche Menschen seien, doch die Tatsache, daß sie sterben und
wiederauferweckt werden, spricht sehr dafür, daß es Menschen von Fleisch
und Blut sind. Ein weiteres Problem ist ihre Identifikation.
Normalerweise sehen die Forscher Mose und Elia in ihnen, weil die
Strafen, die diese beiden Männer im Alten Testament über das Volk
herabbeschworen, denen ähneln, die die beiden Zeugen verhängen ( Offb
11,5-6 ). Auch die Prophezeiung von Mal 3,23 unterstützt diese These.
Maleachi weissagt, daß Elia auf die Erde gesandt wird, "ehe der große
und schreckliche Tag des Herrn kommt". Christus hatte darauf
hingewiesen, daß diese Prophezeiung zum Teil bereits erfüllt wurde, als
er auf Erden lebte ( Mt 17,10-13; Mk 9,11-13; vgl. Lk 1,17 ). Darüber
hinaus waren beide, Mose und Elia, bei der Verklärung Jesu ( Mt 17,3 ),
die quasi die Wiederkunft Jesu vorwegnahm, zugegen. Diese
Identifizierung der beiden Zeugen birgt allerdings das Problem, daß Mose
gestorben war. Manche halten die beiden Zeugen deshalb für Henoch und
Elia, die nicht starben, sondern von der Erde hinweggenommen wurden
(vgl. Hebr 9,27 ). Trotzdem diese verschiedenen Thesen durchaus
erwähnenswert sind, bleibt doch die Tatsache bestehen, daß die
Offenbarung selbst nichts über die Identität der beiden Zeugen aussagt,
so daß immer auch die Möglichkeit bleibt, daß sie in der Geschichte bis
jetzt noch nicht aufgetreten sind. Die Beschreibung der beiden Zeugen als "Ölbäume"
und "Leuchter" hat allerdings sehr wohl einen alttestamentlichen
Hintergrund ( Sach 4,2-14 ). Die beiden Zeugen, von denen Sacharja
spricht, waren der Hohepriester Josua und der Statthalter Serubbabel.
Ihre Verbindung zu den Leuchtern bestand darin, daß sie vom Heiligen
Geist - symbolisiert durch das Öl - inspiriert wurden. Auf ganz ähnliche
Weise werden auch die beiden Zeugen, von denen in der Offenbarung die
Rede ist, ihre Macht vom Heiligen Geist erhalten. Wie die alttestamentlichen Propheten werden sie
fähig sein, Wunder zu vollbringen und diejenigen, die sie bedrohen,
durch Feuer vernichten ( Offb 11,5 ). Wie Elia werden sie die Macht
haben, dem Regen Einhalt zu gebieten, so daß eine Trockenheit über die
Erde kommt, und wie Mose werden sie Wasser in Blut verwandeln und die
Menschen mit Seuchen plagen (V. 6 ). Inmitten von Unglauben, Abfall und
dem Wirken der dämonischen Mächte, deren große Stunde in der Trübsal
gekommen sein wird, werden diese beiden Männer
eintausendzweihundertundsechzig Tage lang für die ganze böse Welt eine
große Gefahr darstellen. 3. Der Tod der zwei Zeugen ( 11,7 - 10 ) Offb 11,7-10 Als die beiden Zeugen ihre Aufgabe erfüllt
hatten, gestattete Gott dem Tier, das aus dem Abgrund
aufsteigt (vgl. Offb 9,1-2.11;17,8;20,1.3 ), sie zu besiegen. Das Tier,
d. h. der Antichrist, wird neunmal in der Offenbarung erwähnt ( Offb
13,1;14,9.11;15,2;16,2;17,3.13;19,20;20,10 ). Die Leichen der zwei
Zeugen ließ man unbestattet in Jerusalem, das hier wegen des Abfalls
seiner Bewohner von Gott sinnbildhaft als Sodom und Ägypten bezeichnet
wird, liegen. Drei Tage und einen halben war die ganze Welt
voller Schadenfreude über den Tod der beiden Männer. Diese Aussage
deutet auf eine weltweite Verbreitung der Nachricht von ihrem Tod hin,
die heute beispielsweise durch das Fernsehen möglich wäre. Ihr Tod galt
als ein großer Sieg für den Herrscher der Welt, Satan, und wurde von den
Menschen gefeiert, indem sie einander Geschenke sandten. 4. Die Auferstehung der zwei Zeugen ( 11,11 - 12 ) Offb 11,11-12 Nachdem ihre toten Leiber drei Tage lang auf der
Straße gelegen hatten, wurden die zwei Zeugen jedoch völlig unvermutet
auferweckt und ... stellten sich auf ihre Füße . Sie folgten der
Einladung einer großen Stimme vom Himmel , die sie aufforderte: Steigt
herauf! , und entschwanden in einer Wolke. Dabei sahen ihre Feinde sie
und wurden von großer Furcht befallen. 5. Das Strafgericht Gottes über Jerusalem ( 11,13 - 14 ) Offb 11,13-14 Zu derselben Stunde geschah ein großes
Erdbeben in Jerusalem, und der zehnte Teil der Stadt stürzte ein; und es
wurden getötet in dem Erdbeben siebentausend Menschen . Im Gegensatz zu
den früheren Strafen, nach denen die Menschen nicht von ihren Sünden
abließen, erschraken sie diesmal und gaben dem Gott des Himmels die
Ehre . So endete das zweite Wehe . Nun stand nur noch die siebte
Posaune, das dritte Wehe , aus. H. Der Schall der siebenten Posaune ( 11,15 - 19 ) Offb 11,15 Obwohl die Folgen des Klangs der
siebten Posaune in dieser Passage erst angeschnitten und noch nicht
weiter ausgeführt werden (das wird erst in Offb 16 der Fall sein),
gestaltet sich schon diese Einleitung als dramatisches Ereignis. Als die
siebte Posaune erklang, hörte man Stimmen im Himmel: Es sind die Reiche
der Welt unseres Herrn und seines Christus geworden, und er wird
regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit. (Zu weiteren Ankündigen über das
irdische Reich Christi vgl. Hes 21,26-27; Dan
2,35.44;3,33;6,27;7,14.26-27; Sach 14,9 .) Die Tatsache, daß dieses
Reich beim zweiten Kommen Christi errichtet werden wird, macht deutlich,
daß die Zeitspanne nach dem Erklingen der siebten Posaune bis zu seiner
Wiederkunft reichen wird. Die siebte Posaune leitete also die Ausgießung
der sieben Schalen des Zornes Gottes ( Offb 16 ) ein und beschließt sie
auch. Im Gegensatz zu den früheren Posaunen, bei deren Klang man nur
eine einzige Stimme hörte, stimmte hier ein mächtiger Chor vom Himmel in
die Verkündigung ein. Offb 11,16-18 Nach dieser Ankündigung sah Johannes, wie die
vierundzwanzig Ältesten , von denen in der Offenbarung häufig die Rede
ist ( Offb 4,4.10; 5,5-6.8.11.14; 7,11.13; 11,16; 14,3; 19,4 ) und die
vor Gott auf ihren Thronen saßen, nieder auf ihr Angesicht (fielen) und
... Gott an(beteten) . Ihr Lobgesang deutet an, daß nun offenbar die
Zeit des göttlichen Strafgerichts über die Völker gekommen war, in dem
die Toten gerichtet werden und die Knechte Gottes ihren Lohn erhalten. Gott wird angesprochen als allmächtiger
Gott ( pantokratOr ; vgl. auch Offb
1,8;4,8;15,3;16,7.14;19,6.15;21,22 ), als Ewiger ( der du bist und der
du warst ; vgl. Offb 1,8;4,8 ), der große Macht ( dynamin ) hat ( Offb
11,17 ). Der Lobpreis der vierundzwanzig Ältesten nimmt das zweite
Kommen Christi und die Errichtung seines irdischen Reiches vorweg. Offb 11,19 Das Kapitel schließt mit einem weiteren
dramatischen Zwischenfall. Johannes schrieb: Und der Tempel Gottes im
Himmel wurde aufgetan. Johannes konnte in den Tempel hineinsehen und
erblickte die Lade seines Bundes . Damit ist wohl eher der himmlische
als ein irdischer Tempel gemeint. Auf Erden begleiteten Blitze und
Stimmen und Donner und Erdbeben und ein großer Hagel dieses Geschehen
(vgl. Offb 8,5 ). Die beeindruckende Einleitung in die
Geschehnisse, die mit der siebten Posaune eintreten werden, ist damit
abgeschlossen. Die schrecklichen Folgen dieses letzten Posaunenschalls
werden erst in Kapitel 16 genauer geschildert. Chronologisch gesehen,
befinden wir uns nun kurz vor der Wiederkunft Christi. I. Die sieben Gestalten der Endzeit ( Offb 12-15 ) Vom Klang der siebten Posaune ist zwar schon
in Offb 11,15 die Rede, doch die konkreten Auswirkungen, die ihr Ertönen
hat, werden erst in Kapitel 16 angesprochen. Die Kapitel 12 -
15 beleuchten dagegen die Prophezeiungen über die Endzeit nochmals aus
einem anderen Blickwinkel und führen dabei auch die sieben endzeitlichen
Gestalten ein, die in der zweiten Hälfte der sieben Jahre eine wichtige
Rolle spielen. In vielen Auslegungen wird darauf hingewiesen,
daß in den Kap. 12; 13 insgesamt sieben Gestalten auftreten: (1) "eine
Frau, mit der Sonne bekleidet", ein Symbol für Israel ( Offb 12,1-2 );
(2) der rote Drache mit den sieben Köpfen und zehn Hörnern, der Satan
verkörpert ( Offb 12,3-4 ); (3) der Knabe, Christus ( Offb 12,5-6 ); (4)
der Erzengel Michael, der Satan aus dem Himmel vertreibt ( Offb
12,7-12 ); (5) der Sohn der Frau, die der Drache verfolgt 2Offb(12, 13 -
17); (6) das "Tier aus dem Meer", der künftige Weltherrscher ( Offb
13,2-10 ); (7) das Tier aus der Erde, der falsche Prophet ( Offb
13,11-18 ). Das Vorgehen in diesen Kapiteln ist nicht streng
chronologisch, sondern es werden in loser Reihenfolge Ereignisse
berichtet, die mit dem Ertönen der sieben Posaunen einhergehen. Der
chronologische Ablauf der Geschehnisse wird erst in Kapitel
16 wiederaufgenommen. 1. Die erste Gestalt: Eine Frau, bekleidet mit
der Sonne ( 12,1-2 ) Offb 12,1-2 Die erste wichtige Gestalt, die im Endzeitdrama
auftritt, ist eine Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter
ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen . Ihr
Erscheinen war ein großes Zeichen ( sEmeion mega ; vgl. Offb 13,13 ).
Dies ist das erste von einer ganzen Reihe von Ereignissen, die als
"Zeichen" oder "Wunder" bezeichnet werden ( Offb
12,3;13,13-14;15,1;16,14;19,20 ). In ihrer Funktion als Zeichen waren
sie Symbole für etwas, was Gott in Kürze enthüllen wollte, und
enthielten fast durchgehend ein Element prophetischer Warnung. Auch wenn
dieses Zeichen zunächst am Himmel gesehen wurde, so spielten sich doch
die Ereignisse, die seinem Erscheinen folgten, offenbar auf der Erde ab. Die Frau ist ein Sinnbild für Israel, wie aus 1Mo
37,9-11 hervorgeht, wo die Sonne und der Mond Symbole für Jakob und
Rachel, die Eltern Josefs, sind. Die Sterne in der Krone der Frau
versinnbildlichen ganz eindeutig die zwölf Söhne Jakobs. Die Frau ist
damit die Verkörperung Israels, das den abrahamitischen Bund erfüllte.
J. B. Smith zitiert Jes 60,1-3.20 als Beleg dafür, daß die Sonne ein
Sinnbild für die künftige Herrlichkeit Israels sein muß ( A Revelation
of Jesus Christ , S. 182). In vielen Auslegungen sind die Kommentatoren so
sehr darauf bedacht, Israel mit der Kirche gleichzusetzen, daß sie alle
Hinweise darauf, daß die Frau für Israel steht, übersehen. Nach den
Worten von Robert H. Mounce z. B. ist sie "die messianische
Gemeinschaft, das ideale Israel ... die Kirche ( Offb 12,17 ). Das
Gottesvolk ist in der ganzen Erlösungsgeschichte immer eines" ( The Book
of Revelation , S.236). Die hier beschworene Einheit des Gottesvolkes
hebt jedoch nicht alle religiösen und rassischen Unterschiede auf. Die Symbolsprache dieser Passage nimmt zwar nicht
konkret Bezug auf Maria, die Mutter Christi, weist aber auf das Volk
Israel hin, aus dem Jesus hervorgegangen ist. Hier ist also keineswegs
von der Kirche die Rede. An verschiedenen Stellen der Bibel werden
verdorbene Frauen als Sinnbilder falscher Religionen hingestellt, wie
etwa im Fall Isebels ( Offb 2,20 ), bei der abtrünnigen Kirche der
Endzeit in Gestalt einer Prostituierten ( Offb 17,1-7.15.18 ) und bei
Israel, das Jahwe untreu wurde ( Hos 2,2-13 ). Die Kirche dagegen ist
immer die "jungfräuliche Braut" ( 2Kor 11,2 ), die "Braut des Lammes"
( Offb 19,7 ). Die Frau war offenbar schwanger und stand
unmittelbar vor der Geburt ( Offb 12,2 ). Dieser Vorgang wurde zwar in
gewisser Weise auch in der Geburt Christi durch die Jungfrau Maria
Realität, doch der Kontext verweist an dieser Stelle auf das Hervorgehen
Israels aus seiner Leidenszeit vor dem zweiten Kommen Christi. Diese
Sichtweise wird durch die folgenden Verse noch gestützt. 2. Die zweite Gestalt: Der rote Drache mit den
sieben Häuptern und den zehn Hörnern ( 12,3-4 ) Offb 12,3-4 Das zweite Zeichen ( sEmeion ; vgl.
V. 1 ) erschien ebenfalls am Himmel , obwohl es sich eigentlich um ein
Geschehen auf der Erde handelte. Es war ein großer roter Drache, der
hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben
Kronen . Aus ähnlichen Darstellungen in Dan 7,7-8.24 und Offb
13,1 wissen wir, daß dieses Ungeheuer ein Sinnbild für die Macht Satans
über die Reiche der Welt in der Großen Trübsal ist. Offb
12,9 identifiziert den Drachen denn auch eindeutig als Satan. Die Farbe
rot ist vielleicht ein Hinweis auf das Blutvergießen, das in dieser Zeit
stattfinden wird. Die zehn Hörner stellen symbolisch die zehn Könige
(vgl. Dan 7,24 ), die beim Kommen des Weltherrschers regieren, dar
(vgl. Dan 7,7 und Offb 13,1 ). Daß dieser Drache mit seinem Schwanz den dritten
Teil der Sterne des Himmels (hinwegfegte) , war ein Zeichen der
satanischen Macht, die sich auf Himmel und Erde erstreckte. Darin wurde
sichtbar, wie Satan seine Gewalt über diejenigen, die sich ihm in
geistlicher oder politischer Hinsicht Hinsicht widersetzten, ausdehnte.
Der Versuch des Drachen, das neugeborene Kind zu fressen ( Offb 12,4 ),
erinnert an den Versuch Satans, das Kind Jesus umzubringen. Die
satanische Opposition gegen Israel, insbesondere gegen das Geschlecht,
aus dem der Messias hervorgehen sollte, tritt im Alten wie im Neuen
Testament immer wieder deutlich zutage. 3. Die dritte Gestalt: Der Sohn, Christus ( 12,5-6 ) Offb 12,5-6 Nachdem die Frau das Kind - den Sohn, einen
Knaben, der alle Völker weiden sollte mit eisernem Stabe - zur Welt
gebracht hatte, wurde es zu Gott und seinem Thron (entrückt) . Bei
diesem Kind handelte es sich offensichtlich um Jesus Christus ( Ps 2,9;
Offb 19,15 ). Alford hält denn auch fest, daß "der Knabe der Herr Jesus
Christus ist, und kein anderer " ( The Greek Testament , 4,668). Die
Entrückung des Kindes bezieht sich auf die Himmelfahrt Christi, nicht
auf die später erfolgende Entrückung der Kirche, auch wenn in beiden
Fällen dasselbe Wort gebraucht ist ( 1Thes 4,17; vgl. Apg 8,39; 2Kor
12,2-4 ), denn die Entrückung der Kirche würde nicht zur Befreiung des
Knaben aus der Gewalt des Satans führen. Zu dieser Befreiung kam es, als die Frau in die
Wüste (entfloh), wo sie einen Ort hatte, bereitet von Gott . Sie wurde
dort tausendzweihundertundsechzig Tage , das sind zweiundvierzig Monate
zu je 30 Tagen oder dreieinhalb Jahre, bewahrt. Matthäus ( Mt 24,16 )
spricht von der Flucht Israels zu Beginn der Zeit der Großen Trübsal
(vgl. Mk 13,14 ). Daß hier von der Wüste, bei Matthäus von Bergen die
Rede ist, ist kein Widerspruch, denn in beiden Fällen handelt es sich um
wilde, öde Landstriche. In ihrem Wüstenversteck wurde Israel vielleicht
auf dieselbe wunderbare Weise wie einst das Volk Israel auf seiner
Wüstenwanderung von Ägypten in das verheißene Land versorgt. Die Zeitspanne ihres Verborgenseins erstreckte
sich über eintausendzweihundertundsechzig Tage, später als "eine Zeit
und zwei Zeiten und eine halbe Zeit" angegeben (vgl. den Kommentar
zu Offb 12,14 ). Dieses Geschehen (V. 5-6 ) folgte auf den "Kampf im
Himmel" (V. 7 ). 4. Die vierte Gestalt: Satan wird aus dem Himmel
vertrieben ( 12,7 - 12 ) Offb 12,7 Der Erzengel Michael (vgl. Jud 1,9 ) und seine
Engel kämpften gegen Satan und seine Engel , die Dämonen. Wann
dieser Kampf im Himmel stattfinden wird, wurde nicht deutlicher gesagt,
doch dem Kontext nach vollzieht er sich in der Endzeit. Manche Ausleger
haben sich bemüht, dieses Ereignis mit dem ersten Kommen Christi zu
verbinden, indem sie sich auf Lk 10,18 bezogen, doch diese Position läßt
sich aus Offb 12 nicht rechtfertigen. Außerdem ist Satan während des
Kirchenzeitalters ganz offensichtlich nach wie vor aktiv (vgl. Apg 5,3;
1Kor 5,5; 1Kor 7,5; 2Kor 2,11;11,4;12,7; 1Tim 1,20; 1Pet 5,8 ). Die irrige Vorstellung, daß Satan in der heutigen
Zeit untätig sei, beruht auf dem Versuch, das Binden Satans mit dem
ersten Kommen Christi gleichzusetzen ( Offb 20,1-3 ). Die
Gefangensetzung Satans liegt jedoch noch in der Zukunft und wird erst im
Tausendjährigen Reich vollzogen werden. Offb 12,8-9 Der Kampf endete damit, daß Satan ... auf die
Erde geworfen (wurde) . Sein Wesen wird in den verschiedenen Beinamen,
mit denen er belegt wird, deutlich: Der große Drache, die alte Schlange
... Teufel und Satan . Mit ihm wurden die gefallenen Engel, die Dämonen,
aus dem Himmel vertrieben. Es ist schwer zu begreifen, daß Satan im Himmel
sein soll, doch daß er dort als Ankläger fungiert, liegt auf der Hand
(vgl. Hi 1,6; Offb 12,10 ). Er wurde zwar beim ersten Kommen Christi
besiegt ( Joh 16,11 ), seine endgültige Vernichtung steht jedoch noch
aus. Nach Offb 12,8-9 wird er mitten in der Großen Trübsal aus dem
Himmel verbannt. Während des Tausendjährigen Reiches wird er dann
gebunden ( Offb 20,1-3 ) und am Ende in den Feuersee geworfen ( Offb
20,10 ), in den auch der Herrscher der Welt (der Antichrist) und der
falsche Prophet tausend Jahre zuvor gestürzt wurden. Satan widersetzte sich mit seinen Taten im Himmel
und auf Erden Christus, dem himmlischen Hohenpriester, dem König bei der
Weltherrschaft Satans in der Zeit der Großen Trübsal und wahren
Propheten, indem er das Tier, den falschen Propheten ( Offb 20,10 ), aus
der Erde hervorgehen ließ. Satan wird hier als "die alte Schlange", der
"Teufel oder Satan" bezeichnet, der die ganze Welt in die Irre führt.
Wenn er auf die Erde geworfen wird, werden alle gefallenen Engel oder
Dämonen mit ihm herabstürzen. Offb 12,10-12 Danach vernahm Johannes von einer lauten Stimme
... im Himmel eine Lobeshymne. Sie kündigte an, daß das göttliche Heil
und die Kraft in Kürze mit dem Kommen des Tausendjährigen Reiches
offenbar werden würden. Satan wurde dabei als der Verkläger bezeichnet,
der die Gläubigen Tag und Nacht vor ... Gott anklagt. Die göttliche
Instanz, durch die er überwunden und aus dem Himmel verbannt wurde,
war des Lammes Blut und ... das Wort des Zeugnisses der Gläubigen. Alle
Märtyrer hatten also teil am Sieg Christi über den Teufel. Die Bewohner
des Himmels wurden aufgefordert, sich über die Niederlage Satans zu
freuen, die Erde aber wurde vor seinem Zorn gewarnt, der nun um so
schrecklicher war, weil er wußte, daß er nur noch wenig Zeit hatte. Der
Teufel wußte, daß seine Zeit auf eintausendzweihundertsechzig Tage, die
Zeit der Großen Trübsal, begrenzt war. Keine noch so flexible
Vorstellungkraft kann diese Prophezeiung mit der Interimszeit bis zum
zweiten Kommen Christi gleichsetzen, wie es einige Ausleger versuchen. 5. Die fünfte Gestalt: Der Sohn der Frau, die der
Drache verfolgt ( 12,13 - 17 ) Offb 12,13-14 Die Frau, von der in Vers 1 die Rede war, war in
besonderer Weise der Verfolgung Satans ausgesetzt. Sie erhielt bei ihrer
Flucht jedoch übernatürliche Hilfe, symbolisiert in den zwei Flügeln des
großen Adlers , die es ihr ermöglichten, in die Wüste an ihren Ort zu
entkommen. Das Versteck, das dort für sie bereitet war, wird
nicht näher bezeichnet. Nach Ansicht mancher Exegeten könnte damit
Petra, die Festung der Nabatäer in Edom südlich des Toten Meeres gemeint
sein. Die Stadt hatte einen sehr engen Zugang, der leicht versperrt
werden konnte, hinter dem sich jedoch ein weites Tal öffnet, in dem
viele Tausende Zuflucht und Nahrung finden konnten. Die Schrift gibt
zwar keine genaueren Auskünfte, doch manche Theologen nehmen an, daß die
Hundertvierundvierzigtausend aus Kapitel 7 hier bewahrt werden sollen.
In der Bibel wird nur von Gottes schützendem Siegel, das ihnen
aufgeprägt ist, gesprochen. Die beiden Flügel sind sicherlich nicht mit den
Flügeln eines Flugzeugs gleichzusetzen, sondern ein Sinnbild für die
befreiende Macht Gottes - eine Redefigur, wie sie schon aus
alttestamentlichen Passagen, etwa 2Mo 19,4 und 5Mo 32,11-12 ,bekannt
ist. Die Flucht Israels an einen sicheren Ort wurde bereits in Mt 24,16;
Mk 13,14 und Lk 21,21 erwähnt. Offb 12,6.14 spricht zwar von einem Zufluchtsort
in der Wüste, während die Passagen in den synoptischen Evangelien auf
Berge Bezug nehmen, doch das muß kein Widerspruch sein, denn Wüste und
Gebirgsregionen sind gleichermaßen öde Gegenden. Die Dauer der Bewahrung
betrug eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit . Das bezieht sich
auf die dreieinhalb Jahre der Großen Trübsal, wobei "eine Zeit" einem
Jahr entspricht, "zwei Zeiten" zwei Jahren und "eine halbe Zeit" sechs
Monaten (vgl. Dan 7,25;12,7 mit den zweiundvierzig Monaten, von denen
in Offb 11,2;13,5 die Rede ist). Die Verweise auf diese Zeiträume
zeigen, daß die Große Trübsal auf keinen Fall mit dem gegenwärtigen
Zeitalter gleichgesetzt werden kann, sondern auf die dreieinhalb Jahre
vor dem zweiten Kommen Christi beschränkt ist. Offb 12,15-17 Bei seiner Verfolgung der Frau verursachte der
Teufel, die Schlange , eine große Flut, um sie zu ersäufen , doch die
Erde saugte das Wasser auf. Manche Exegeten gehen davon aus, daß es sich
dabei um eine tatsächliche Überschwemmung handelt, doch da Israel in
alle Richtungen fliehen konnte, bietet sich die geographische
Beschaffenheit des Heiligen Landes selbst nicht für eine solche Flut an.
Vielleicht versinnbildlicht die Flut auch nur die Bemühungen Satans,
Israel zu vernichten. Das wird durch das unebene Terrain, das zahlreiche
Schlupfwinkel bietet, vereitelt. In gewisser Weise hilft Gott den
Israeliten, so daß sie nicht vollkommen aufgerieben werden, auch wenn
nach Sacharja 13,8 "zwei Teile darin ausgerottet werden sollen und
untergehen". Obwohl also nur ein Drittel Israels im Lande
bewahrt wird (die Hundertvierundvierzigtausend aus Offb 7 gehören dazu),
kämpft der Drache Satan weiter gegen die Überlebenden. Offb 12 führt vier wichtige Gestalten und eine
Gruppe von Menschen, die in der Endzeit leben, ein: Israel, Satan,
Christus, den Erzengel und den gläubigen Rest der Israeliten. In Offb
13 erscheinen zwei weitere bedeutende Personen auf der Bühne des
Geschehens. 6. Die sechste Gestalt: Das Tier aus dem Meer ( 13,1 - 10 ) a. Das Tier aus dem Meer ( 13,1-2 ) Offb 13,1-2 Kapitel 13 stellt eine der wichtigsten
endzeitlichen Gestalten vor: ein Tier aus dem Meer. Seine zehn Hörner
und sieben Häupter und die zehn Kronen (auf seinen
Hörnern) versinnbildlichen das wiedererstarkte Römische Reich, das schon
bei Daniel - in dem vierten Tier, das ebenfalls zehn Hörner hatte -
dargestellt war ( Dan 7,7-8; vgl. Offb 13,3;17,3.7 ). In Offb
13 und Offb 17 ist dieses Tier der Herrscher der Welt, während in Dan
7 das kleine Horn auf dem Tier den Weltherrscher symbolisiert. Die Tatsache, daß das Tier aus dem Meer kommt,
zeigt, daß es sich um einen Heiden handelt, dessen Ursprungsort das Meer
der Menschheit ist (vgl. Offb 17,15 ). Viele Ausleger haben dieses Tier mit einer
Gestalt der Geschichte in Verbindung zu bringen gesucht, doch der Text
bezieht sich eindeutig auf die letzten dreieinhalb Jahre vor der
Wiederkunft Christi. In der Zeit der Großen Trübsal werden zehn Völker
im Nahen Osten unter der Oberherrschaft dieses Diktators stehen
(vgl. Dan 7,24 ,"Die zehn Hörner bedeuten zehn Könige"). (Eine
Auseinandersetzung mit weiteren Deutungsansätzen zu dieser Stelle findet
sich in Walvoord, Revelation , S. 198 - 199.) In Offb 13,2 vereinigt das Tier die
Symbolgestalten der drei vorangegangenen Großmächte dieser Region in
sich - Griechenland ( Panther ; vgl. Dan 7,6 ), Medien und Persien
( Bär ; vgl. Dan 7,5 ) und Babylon (Löwe ; vgl. Dan 7,4 ). Die Macht des
Tieres stammte von Satan selbst: Und der Drache gab ihm seine Kraft und
seinen Thron und große Macht. Das stimmt mit einer Äußerung des Apostels
Paulus überein ( 2Thes 2,9 ), der von "dem Bösen" (d. i. der Antichrist,
das erste Tier in Offb 13 ) sagte, er werde "in der Macht des Satans ...
mit großer Kraft ( dynamei ) und lügenhaften Zeichen ( sEmeiois ) und
Wundern ( terasin )" auftreten. b. Die tödliche Wunde des Tieres ( Offb 13,3 ) Offb 13,3 Die sieben Häupter des Tieres scheinen für
bedeutende Herrscher zu stehen. Eines von ihnen, wahrscheinlich das
siebte, erlitt durch einen Schwerthieb eine tödliche Wunde (V. 14 ), die
jedoch zum Erstaunen der ganzen Welt wieder heil (wurde) . Viele Forscher haben versucht, dieses Tier als
eine historische Figur aus der Vergangenheit oder der Gegenwart zu
identifizieren, die der letzte Weltherrscher sein wird. Vorgeschlagen
wurden unter anderen Nero, Judas Iskariot, Mussolini, Hitler, Stalin,
Kissinger, doch sie alle erfüllen die Anforderungen, die an diesen
zukünftigen Herrscher gestellt werden, nicht. Was bedeutet die tödliche Wunde, die wieder
heilt? Es gibt dafür zwei mögliche Erklärungen. Alford z. B. sieht darin
die Ablösung des "heidnischen römischen Reiches" durch das "christliche
römische Reich" und faßt den Sachverhalt damit in historische und nicht
in prophetische Termini ( The Greek Testament , 4,675). In diesem Fall
wäre das Wiedererstarken des Römischen Reiches mit der wunderbaren
Heilung der Wunde gleichzusetzen. Eine andere plausible Deutung ist, daß
der letzte Weltherrscher eine Verletzung empfängt, die normalerweise
tödlich wäre, jedoch vom Satan geheilt wird. Die Auferweckung eines
Gestorbenen scheint außerhalb des satanischen Machtbereiches zu liegen,
nicht jedoch die Heilung einer Wunde. Entscheidend ist in jedem Fall,
daß der letzte Weltherrscher offensichtlich durch die übernatürliche
Einwirkung Satans selbst an die Macht gelangt. c. Die Anbetung Satans und des Tieres ( Offb 13,4-6 ) Offb 13,4-6 Die übernatürlichen Kräfte des Tieres machten es
neben Satan, dem Ursprung seiner Macht, zum Gegenstand der Anbetung der
Menschen. Es war schon immer das Ziel Satans gewesen, in den Genuß
religiöser Verehrung zu kommen, die Gott allein zusteht. So finden sich
schon bei Jesaja die Worte: "Ich will auffahren über die hohen Wolken
und gleich sein dem Allerhöchsten" ( Offb 14,14 ). Das ist der Höhepunkt
der satanischen Nachäffung der Religion, auf dem Satan sich selbst auf
den Platz Gottes des Vaters setzt und das Tier oder der Weltherrscher
die Rolle des Königs der Könige spielt und damit an die Stelle Christi
tritt. Diese Situation wird wahrscheinlich zu Beginn der letzten
dreieinhalb Jahre, d. h. zu Beginn der Großen Trübsal, eintreten. Angesichts der übernatürlichen Kräfte Satans und
des Herrschers erhebt sich die Frage: Wer ist dem Tier gleich, und wer
kann mit ihm kämpfen ( Offb 13,4 )? Aus dieser Frage wird auch deutlich,
wie das Tier ohne Kampf zum Beherrscher der Welt werden
konnte. Zweiundvierzig Monate lang maßte es sich die Rolle Gottes an und
lästerte in dieser Zeit Gott, den Himmel und die im Himmel wohnen . d. Die weltumspannende Macht des Tieres ( Offb 13,7-8 ) Offb 13,7-8 Das Tier wird zum Herrscher der ganzen Welt, denn
seine Macht erstreckt sich über alle Stämme und Völker und Sprachen und
Nationen . Wie in Dan 7,23 vorausgesagt wurde, wird es "alle Länder
fressen, zertreten und zermalmen". Zusätzlich zu seiner politischen Oberherrschaft
über die Welt schafft es auch alle Religionen ab und läßt sich selbst
von den Menschen als Gott verehren (vgl. 2Thes 2,4 ). Alle, die auf
Erden wohnen, beten es an , bis auf die, deren Namen in dem
Lebensbuch verzeichnet sind. Nach den Worten des Apostels Paulus sind
diese Menschen bereits vom Anfang der Welt an , d. h. schon vor der
Schöpfung ("ehe der Welt Grund gelegt war"; Eph 1,4 ), "erwählt". Manche Exegeten vertreten die Auffassung, daß das
Buch des Lebens ursprünglich die Namen aller Menschen, die auf die Welt
kommen sollten, enthielt und daß die Namen der Unerlösten daraus
gelöscht werden, wenn sie sterben. Diese Deutung knüpft an Offb 3,5 , wo
Christus den Gläubigen in Sardes verheißt, daß ihre Namen nicht aus dem
Buch des Lebens getilgt werden, sowie an Offb 22,19 an, wo jeder, der
die Botschaft des Buches der Offenbarung ablehnt, davor gewarnt wird,
daß "Gott ihm seinen Anteil ... am Baum des Lebens" wegnehmen wird (vgl.
den "Baum des Lebens" in Offb 2,7 und Offb 22,2.14 ,und das "Buch des
Lebens" in Offb 3,5;17,8;20,12.15;21,27 ). In Offb 13,8 geht es jedoch
wahrscheinlich nur um die Tatsache, daß die Namen derjenigen, die erlöst
sind, schon von Ewigkeit her in Vorwegnahme des Kreuzestodes Christi für
ihre Sünden im Buch des Lebens eingeschrieben sind und auch niemals
daraus getilgt werden. Wenn man Vers 7.8 zusammennimmt, wird das
weltumspannende Ausmaß der politischen Herrschaft des Tieres wie auch
die endgültige Form, die die satanische Religion in der Zeit der Großen
Trübsal annimmt, deutlich. Nur diejenigen, die zu Christus kommen,
werden von der Verdammung, die dann erfolgt, freigesprochen. e. Die Aufforderung zu hören ( Offb 13,9-10 ) Offb 13,9-10 In ähnlicher Form wie wir sie schon aus den
Sendschreiben an die sieben Gemeinden in Kleinasien kennen ( Offb 2-3 ),
werden die Leser des Buches der Offenbarung an dieser Stelle
aufgefordert, auf die Botschaft zu hören, die es verkündet. Der Traum
vieler moderner Menschen von einer universalen Kirche und einer
universalen Religion wird in der Endzeit Wirklichkeit werden, doch es
wird eine teuflische und gotteslästerliche Religion sein, die nichts mit
der Anbetung des wahren Gottes zu tun hat. In einer solchen Lage kann
nur noch an den einzelnen appelliert werden, sich von der allgemeinen
Irrlehre ab- und Gott zuzuwenden. Gott spricht zu allen Zeiten zu denen,
die bereit sind, auf sein Wort zu hören - ein Gedanke, der in den
Evangelien immer wieder auftaucht ( Mt 11,15; Mt 13,9.43; Mk 4,9.23; Lk
8,8;14,35 ). Im Gegensatz zu der Mahnung an die sieben
Gemeinden, die jeweils konkret an einen bestimmten Adressatenkreis
gerichtet war ("der Gemeinde in"), fehlt an dieser Stelle jeder Hinweis
auf irgendwelche Gemeinden. Das ist ein weiteres Zeichen dafür, daß die
Kirche schon vor dem Eintreten dieser Ereignisse entrückt wird. Man
sollte die Offenbarung nicht als ein Buch verstehen, das lediglich an
die Christen der ersten Generation, die sich Verfolgungen ausgesetzt
sahen, gerichtet ist, sondern als eine Mahnung an die Gläubigen aller
Zeiten, besonders aber an diejenigen, die in der Endzeit leben werden.
Wer bereit ist zu hören, wird zugleich daran erinnert, daß sein Gehorsam
gegenüber dem Wort Gottes ihn ins Gefängnis bringen oder gar seinen
Märtyrertod zur Folge haben kann ( Offb 13,10 ). Daher schließt die
Ermahnung mit den Worten: Hier ist Geduld ( hypomonE ,
"Standhaftigkeit"; vgl. Offb 14,12 ) und Glaube der Heiligen . 7. Die siebte Gestalt: Das Tier aus der Erde ( 13,11 - 18 ) a. Die Gestalt des Tieres aus der Erde ( 13,11 - 12 ) Offb 13,11-12 Im Gegensatz zu dem ersten Tier, das "aus dem
Meer" (V. 1 ) kam, kam das zweite Tier aus der Erde . Äußerlich glich es
dem ersten (beide werden als thErion , "Tier", bezeichnet). Doch während
das erste Tier ein Heide war, weil es aus der ganzen Menschheit,
symbolisiert durch das "Meer", stammte (V. 1 ), war das zweite ein
Geschöpf der Erde. Das wurde manchmal als ein Hinweis auf das verheißene
Land gedeutet, weshalb manche Exegeten hinter dem Tier einen Juden
vermuteten. Diese These läßt sich jedoch aus dem Kontext nicht belegen,
denn das hier für "Erde" gebrauchte Wort wird allgemein für die ganze
"Welt" ( gE ) benutzt. Die nationale und geographische Herkunft dieser
Gestalt wird also nicht näher angegeben, sie ist jedoch offensichtlich
mit jener Person gleichzusetzen, die in Offb 19,20 und Offb 20,10 als
"der falsche Prophet" bezeichnet wird. (Zu einer umfassenden Erörterung
der beiden Tiere vgl. Alford, The Greek New Testament , 4,678 - 679.) Das zweite Tier hatte zwei Hörner wie ein Lamm,
doch es redete wie ein Drache , d. h. wie Satan. Daraus läßt sich
schließen, daß es sich um eine religiöse Gestalt handelte, der die
Aufgabe zufiel, den politischen Herrscher, die Macht des ersten Tieres ,
zu stützen. Es besaß große Macht, die offensichtlich ebenfalls von
Satan, aber auch von dem ersten Tier stammte, und es macht, daß die Erde
und die darauf wohnen, das erste Tier anbeten, dessen tödliche Wunde
heil geworden war . Das falsche religiöse System, das hier
unterstützt wurde, äffte also die göttliche Dreieinigkeit nach. Satan
versuchte, sich an die Stelle Gott Vaters zu setzen, das erste Tier
maßte sich den Rang Jesu Christi an, des Sohnes und Königs der Könige,
und das zweite Tier, der falsche Prophet, fungierte in ähnlicher Weise
wie der Heilige Geist, der die Christen dazu bringt, Gott anzubeten.
Dies ist Satans letzter Versuch, eine falsche Religion anstelle des
wahren Glaubens an Christus zu etablieren. b. Die Wunder des Tieres ( Offb 13,13-15 ) Offb 13,13-15 Um die Menschen dazu zu bringen, das erste Tier
anzubeten, vollbrachte das zweite Tier große Zeichen ( sEmeia megala ;
vgl. "ein großes Zeichen" in Offb 12,1 ), bei denen unter anderem Feuer
vom Himmel regnete. Die Menschen übersehen manchmal die Tatsache, daß
auch Satan innerhalb gewisser Grenzen Wunder tun kann.
Diese Macht nützte er hier bis zum letzten aus, um die Menschheit dazu
zu bewegen, seinen Stellvertreter für Christus religiös zu verehren. Das
zweite Tier verführt also die auf Erden wohnen durch seine Wundertaten. Es ließ nicht nur Feuer vom Himmel regnen,
sondern richtete auch ein Bild des ersten Tieres auf. Wahrscheinlich
wurde dieses Bild im Tempel in Jerusalem aufgestellt, der den Juden
genommen worden war. Nach den Worten des Apostels Paulus ( 2Thes 2,4 )
saß das erste Tier selbst zeitweise in Gottes Tempel und wurde verehrt,
wie es eigentlich nur Gott zukommt. Vielleicht wurde zusätzlich ein
Abbild des Tieres in den Tempel gebracht, damit es auch dann angebetet
werden konnte, wenn es sich nicht im Tempel aufhielt. Dieses Abbild wird in der Offenbarung immer
wieder erwähnt ( Offb 13,14-15;14,9.11;15,2;16,2;19,20;20,4 ). Ob es dem
Herrscher der Welt, dem ersten Tier, nachgebildet war oder ob es sich
dabei einfach um einen als heilig ausgegebenen Gegenstand handelte, ist
nicht klar, doch auf jeden Fall verkörperte es die Macht des ersten
Tieres. Die Tatsache, daß dem zweiten Tier Macht gegeben
war, Geist zu verleihen dem Bild des Tieres , so daß es
sogar reden konnte, hat die Exegeten vor Probleme gestellt, denn es läßt
sich nirgendwo aus der Bibel ableiten, daß Satan Leben spenden oder
einem Gegenstand Leben einhauchen kann. Gott allein ist der Schöpfer
allen Lebens. Es ist daher anzunehmen, daß das Bild des Tieres nur
den Eindruck erweckte, daß es atme, und lediglich auf mechanische Weise
sprach, wie es sprechende Roboter von heute tun. Es handelt sich dabei
vielleicht um eine Kombination von natürlichen und übernatürlichen
Kräften, die das Tier aus der Erde zu dieser Darbietung befähigt.
Offensichtlich überzeugte die Erscheinung die Menschen und veranlaßte
sie, das Bild anzubeten. Der Befehl, das Bild und das erste Tier
anzubeten, wurde noch durch die Androhung der Todesstrafe für alle, die
sich weigerten, ihn zu befolgen, verschärft. Das bedeutete jedoch nicht,
daß dieses Gesetz ab sofort überall auf der Welt zur Anwendung kam. Es
dauerte auf jeden Fall eine gewisse Zeit, alle Menschen auf der ganzen
Welt aufzuspüren, die dem Tier nicht huldigten. Auch Hitler brauchte
viele Monate für seinen Versuch, die Juden auszurotten, und erreichte
auch dann sein vorgesetztes Ziel nicht ganz. Immerhin ist in Kapitel 7,9
- 17 von einer großen Schar von Märtyrern die Rede. c. Das Zeichen des Tieres ( Offb 13,16-18 ) Offb 13,16-18 Um seine Kontrolle über die Menschen zu
verstärken und die Religion des Tieres aus dem Meer durchzusetzen,
forderte das zweite Tier, daß sie allesamt ... ein Zeichen machen an
ihre rechte Hand oder an ihre Stirn . Ohne diesen Beweis, daß der
Betreffende zu den Anhängern des Tieres gehörte, konnte niemand kaufen
oder verkaufen . Die Notwendigkeit, Dinge wie Nahrung und Kleidung zu
kaufen, würde alle Leute auf der Welt dazu zwingen, sich zu entscheiden,
ob sie das Tier anbeten oder die Strafe auf sich nehmen wollten.
Offensichtlich entschloß sich die Mehrheit zur Anbetung des Tieres. Es ist viel darüber spekuliert worden, was man
sich unter den Insignien oder dem "Zeichen" des Tieres vorzustellen hat,
doch es kann sich dabei um ganz verschiedene Formen der Identifizierung
handeln. Die Zahl sechshundertsechsundsechzig wurde auf verschiedenste
Weise gedeutet. Die meisten Ausleger versuchten, sie als eine Art
Zahlencode des hebräischen, griechischen oder eines anderen Alphabets zu
lesen. Angesichts der unübersehbaren Vielzahl von Erklärungen, die bis
auf den heutigen Tag vorgelegt wurden, liegt jedoch der Schluß nahe, daß
sich die Zahl, falls sie sich tatsächlich auf eine bestimmte Person
beziehen sollte, nicht eindeutig zuordnen läßt. Die beste Deutung ist wahrscheinlich, daß die
Zahl sechs um eines weniger ist als die vollkommene Zahl sieben. Die
dreifache Wiederholung der sechs wäre damit ein Zeichen dafür, daß Satan
und die beiden Tiere, trotzdem sie sich den Status der Gottheit
anmaßten, lediglich Geschöpfe und nicht der Schöpfer selbst sind. Daß
sechs die Zahl eines Menschen ist, wird an vielen Stellen in der Bibel
anschaulich, unter anderem an der Tatsache, daß der Mensch sechs Tage
arbeiten und am siebten ruhen soll. (Zu einer weiteren Erörterung der
vielen verschiedenen Deutungen vgl. Mounce, The Book of Revelation , S.
263 - 265; Smith, A Revelation of Jesus Christ , S. 206 - 207; und
Walvoord, Revelation , S. 209 - 212.) Der Versuch, in den Zahlen der Heiligen Schrift
verborgene Deutungen aufzuspüren, war vor allem in der Antike sehr
beliebt. Mag sein, daß Johannes hier an eine bestimmte Person dachte,
die seine engsten Mitarbeiter identifizieren konnten. Doch schon in der
Literatur der frühen Kirchenväter findet sich dieselbe Verwirrung und
Vielfalt von Deutungen, die auch heute herrscht. Daher ist es wohl am
besten, dieses Rätsel ungelöst zu lassen. Die am besten begründete
Schlußfolgerung formuliert wahrscheinlich Thomas F. Torrance: "Diese
böse Dreizahl, die 666, versucht, die Heilige Trinität, die in der Zahl
777 steckt, nachzuahmen, was ihr jedoch nie gelingt" ( The Apocalypse
Today , S.86). Kapitel 13 ist so wichtig, weil darin zwei der
Hauptgestalten der Offenbarung eingeführt werden: Das Tier aus dem Meer,
der Herrscher der Welt und das Tier aus der Erde, der falsche Prophet,
das Werkzeug des politischen Herrschers. Es gibt keinerlei Hinweis, daß
eines der beiden Wesen Jude ist, wenngleich die Forschung - aufgrund der
Wendung "die Götter seiner Väter wird er nicht achten" ( Dan 11,37 ) -
das eine oder andere manchmal mit einem vom jüdischen Glauben
abgefallenen Israeliten in Verbindung gebracht hat. Das hebräische
Wort ?MlOhIm ist jedoch der allgemeine Begriff für Gott, im Gegensatz
zu Jahwe , und wir haben keinen Beleg dafür, daß in Dan 11,37 von dem
Gott Israels die Rede ist. Daher steht auch in den neueren Übersetzungen
der Plural, "Götter". Der erste oder auch der zweite Herrscher aus Offb
13 wird also zwar oft als abtrünniger Jude gesehen, doch fehlt für eine
solche Deutung jeder Beweis. Beide Tiere können durchaus auch Heiden
sein, um so mehr, als es in dieser Schrift um die letzten Tage der
Heiden geht, die die Stadt Jerusalem zertreten werden ( Lk 21,24 ).
Beide werden nicht nur die Juden, sondern auch die gläubigen Heiden
verfolgen. Davon abgesehen gewährt uns das dreizehnte
Kapitel des Buches der Offenbarung jedoch tiefe Einblicke in die Zeit
der Großen Trübsal. In dieser Zeit wird es einen einzigen Herrscher über
die ganze Welt und eine Weltreligion sowie ein auf der ganzen Welt
herrschendes einheitliches ökonomisches System geben. Diejenigen, die
sich diesem Herrscher widersetzen und sich weigern, ihm göttliche Ehren
zuzuerkennen, werden verfolgt werden und die Zahl derer, die den
Märtyrertod sterben, wird die der überlebenden Gläubigen bei weitem
übertreffen. Satan wird ein letztes Mal versuchen, die Welt dazu zu
bringen, ihn anzubeten und zum Abfall vom wahren Gott und dem Retter
Jesus Christus zu verführen. Das vorliegende Kapitel macht darüber hinaus
deutlich, daß der postmilleniaristische Traum von einer Welt, die durch
die christliche Mission besser und besser wird, in der Bibel keinerlei
Anhaltspunkt hat. Die letzte Religion, der die Menschen anhängen werden,
wird vielmehr eine teuflische und gotteslästerliche Irrlehre sein. Wir
finden heute viele Hinweise darauf, daß die Menschheit sich genau in
diese Richtung fortbewegt, und dürfen daraus den Schluß ziehen, daß der
Tag des Herrn nahe ist. 8. Die Folgen im Himmel und auf der Erde ( Offb 14-15 ) a. Die Hundertvierundvierzigtausend auf dem Berg
Zion ( 14,1-5 ) In Kapitel 14; 15 werden weitere Einzelheiten der
Geschehnisse angedeutet, die sich in der Vorbereitung auf das Ausgießen
der letzten Schalen des Zorns, von denen in Kapitel 16 die Rede sein
wird, und auf das Endgericht, das dann in Kapitel 17 erfolgt, im Himmel
und auf Erden abspielen. Offb 14,1-2 Zunächst richtet sich der Blick noch einmal auf
die Hundertvierundvierzigtausend, die mit dem Lamm ... auf dem Berg
Zion stehen. Die Schlußfolgerung, daß es sich hier um dieselbe Gruppe
handelt, von der in Offb 7,4-8 die Rede war, ist durchaus berechtigt.
Chronologisch gesehen nimmt diese Vision den Triumph der
"Hundertvierundvierzigtausend", die bewahrt werden, bis Jesus auf die
Erde zurückkehren wird, vorweg. Im Gegensatz zu den vielen Menschen, die
den Märtyrertod sterben werden, bleiben sie während der ganzen Zeit der
Trübsal am Leben. Doch sie sind nicht die einzigen, die diese
schreckliche Zeit überleben, denn vielen Heiden und Juden, die sich am
Ende der Zeiten zu Christus bekehren, wird es gelingen, dem Tod zu
entrinnen. Auch sie werden bei der Wiederkunft Christi geehrt werden. Abermals spielte sich im Himmel eine dramatische
Szene ab. Johannes hörte eine laute Stimme, die wie die Stimme eines
großen Wassers und wie die Stimme eines großen Donners, und ... wie von
Harfenspielern klang (vgl. "Donner" in Offb
4,5;6,1;8,5;11,19;16,18;19,6 ). Offb 14,3-5 Er notierte: Und sie sangen ein neues Lied vor
dem Thron und vor den vier Gestalten und vor den Ältesten. Diese Sänger
bildeten offensichtlich einen himmlischen Chor. Es könnte sich dabei um
die große Schar in weißen Kleidern handeln, von der in Offb 7,9-17 die
Rede war. Der Text enthält allerdings keinen Beleg dafür, den Berg Zion
als Bild für den Himmel zu verstehen. Plausibler ist es, in diesem Chor
die Hundertvierundvierzigtausend zu sehen (vgl. Offb 14,1 ), die noch
nicht gestorben sind und sich auf Erden, auf dem Berg Zion, aufhalten. Die Reinheit
der Hundertvierundvierzigtausend könnte ein Hinweis darauf sein, daß es
ihnen während der Zeit der Großen Trübsal nicht möglich war zu heiraten.
Oder sie bezieht sich auf ihre geistliche Reinheit, die in der Bibel
häufig als Jungfräulichkeit dargestellt wird (vgl. 2Kö 19,21; Jes 37,22;
Jer 18,13; 31,4.21; Kl 2,13; Am 5,2 ). In 2Kor 11,2 wird der Gedanke der
Jungfräulichkeit auf die gesamte Kirche ausgedehnt und gilt für beide
Geschlechter. Manche Menschen glauben, daß die
Hundertvierundvierzigtausend Evangelisten in der Zeit der Großen Trübsal
seien. Doch auch dafür gibt es keine Textbelege; ihr Zeugnis gründet
sich lediglich auf ihre moralische Unbescholtenheit und auf die
Tatsache, daß sie nicht wie viele andere den Märtyrertod starben.
Sie folgen dem Lamm nach, wohin es geht . Johannes fügt hinzu: Diese
sind erkauft aus den Menschen als Erstlinge für Gott und das Lamm. Der
Ausdruck "Erstling" legt die Vermutung nahe, daß diese bekehrten
Israeliten den vielen anderen, die sich beim zweiten Kommen des Herrn zu
Christus bekehren werden, vorausgehen ( Sach 12,10; Röm 11,15.26-27 ).
Sie waren untadelig ( amOmoi , ein Begriff, der für Opfertiere verwendet
wurde), und in ihrem Mund wurde , obwohl sie in einer Zeit teuflischer
Lügen und Irrlehren lebten, kein Falsch gefunden . Dieser Abschnitt als
ganzer ist eine prophetische Weissagung des Triumphes, den die
Hundertvierundvierzigtausend bei der Wiederkunft Christi erleben werden. b. Die Botschaft der drei Engel ( Offb 14,6-12 ) Offb 14,6-12 Als nächstes sah Johannes einen Engel, der eine
Botschaft - ein ewiges Evangelium - verkündigte. Der Engel hatte den
Auftrag, diese Nachricht allen Menschen, die auf Erden wohnen , zu
überbringen. Der Begriff "Evangelium", der an dieser Stelle verwendet
wird, hat manche Forscher zu der Annahme verleitet, daß es sich dabei um
eine Heilsbotschaft oder um die gute Nachricht des kommenden
Gottesreiches handelte. Der Kontext scheint jedoch etwas anderes
anzudeuten, denn die Botschaft betrifft das göttliche Strafgericht. Der
Engel sprach: Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre, denn die Stunde
seines Gerichts ist gekommen! Bei der "ewigen" Botschaft scheint es sich
also um die Botschaft von der Gerechtigkeit Gottes und seines Gerichts
und nicht um eine Heilsbotschaft zu handeln. Dem ersten Engel (folgte) ein zweiter , der
verkündigte, daß Babylon, die große Stadt , gefallen war und dabei
andere, die sie mit ihrer Hurerei angesteckt hatte, mit sich ins
Verderben gerissen hatte. Diese Kurzdarstellung ist offensichtlich eine
Vorwegnahme der eingehenden Beschreibung des Falls von Babylon
in Kapitel 18 . Offb 14,9-12 Und ein dritter Engel folgte ihnen . Er
verkündigte, daß diejenigen, die das Tier ... und sein Bild anbeteten
und das Zeichen an ihrer Stirn oder an ihrer Hand trugen, den Zorn
Gottes zu schmecken bekommen und zusammen mit Satan, der Dämonenwelt und
den Unerlösten der ewigen Qual anheimgegeben werden. Die bleibende Kraft
dieses Urteilsspruches wird in Vers 11 lapidar zusammengefaßt: Und der
Rauch von ihrer Qual wird aufsteigen von Ewigkeit zu Ewigkeit; und sie
haben keine Ruhe Tag und Nacht . Diejenigen, die die Gebote Gottes
halten und ihm treu bleiben, werden die Geduld der Heiligen benötigen
(V. 12 ; vgl. Offb 13,10 ). Der Gedanke einer ewigen Strafe ist unter
liberalen Forschern zwar nicht sehr beliebt, wird jedoch in der Bibel
ganz zweifelsfrei gelehrt, und zwar insbesondere durch Jesus und den
Apostel Johannes. c. Der Segen der treuen Heiligen ( Offb 14,13 ) Offb 14,13 Nach der feierlichen Verkündigung des dritten
Engels hörte Johannes eine Stimme vom Himmel , die ihn
aufforderte: Schreibe: Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben
von nun an. Und der Heilige Geist fügte die Verheißung hinzu: Sie sollen
ruhen von ihrer Mühsal; denn ihre Werke folgen ihnen nach. Dieser Abschnitt wird häufig in Zusammenhang mit
den allgemeinen Segnungen Gottes für die Christen zitiert, doch der
Textzusammenhang weist eher darauf hin, daß er in besonderer Weise
denjenigen gilt, die in der Zeit der Großen Trübsal gestorben sind.
Ihnen wird die Erlösung aus der Verfolgung, der Qual und den
Bedrängnissen und das Eingehen in die herrliche Gegenwart Gottes
verheißen. d. Die Botschaften der zweiten Gruppe der drei
Engel ( Offb 14,14-20 ) Offb 14,14-16 In seiner nächsten Vision sah Johannes eine weiße
Wolke , auf der einer (saß), der gleich war einem Menschensohn. Er trug
eine goldene Krone und hielt eine scharfe Sichel in der Hand. Obwohl
dieser "Menschensohn" häufig als Engel identifiziert wurde, war es
wahrscheinlich Christus selbst, der ja den Titel "Menschensohn" trägt
(vgl. Offb 1,13; vgl. auch Mt, wo er ihm fünfundzwanzigmal zugeschrieben
wird: Mt 8,20;9,6;11,19;12,8.32;13,41 usw.). Die Sichel in seiner Hand
ist ein Sinnbild für das Gericht. Dafür spricht auch der Inhalt der
Botschaften der drei Engel ( Offb 14,15-20 ). Einer der Engel ... rief Christus zu, daß die
Zeit zu ernten ... gekommen sei, denn die Ernte der Erde ist reif
geworden . Das griechische Wort für "Reifsein" ( exEranthE ) an dieser
Stelle steht für ein Überreifsein der Frucht bis hin zum Fäulnisprozeß.
Auf die Ernte folgt das Gericht, in dem die Sichel an die Erde gesetzt
wird. Alford vertritt die These, daß Vers 14 sich auf die Ernte der
Heiligen bezieht und daß die Verse 15-16 das Gericht über die Bösen
beschreiben ( The Greek Testament , 4,691). Es ist jedoch schwierig,
sich die Ernte der Heiligen als ein Überreif- oder Verwelktsein
vorzustellen. Offb 14,17-20 Ein zweiter Engel trat auf, der hatte ein
scharfes Winzermesser . Er erhielt von einem weiteren Engel den
Befehl: Setze dein scharfes Winzermesser an und schneide die Trauben am
Weinstock der Erde, denn seine Beeren sind reif! Für die Reife der
Trauben benutzt Johannes ein anderes Wort, Ekmasan , das "voll erblüht"
oder "in erstklassigem Zustand" bedeutet. Die Trauben waren voller Saft
und bereit zur Ernte. Gehorsam (setzte) der Engel ... sein Winzermesser
an die Erde und schnitt die Trauben am Weinstock der Erde und warf sie
in die große Kelter des Zornes Gottes. Und die Kelter wurde draußen vor
der Stadt (wahrscheinlich Jerusalem; vgl. "die große Stadt" in Offb
11,8 ) getreten . In der damaligen Zeit wurden Trauben gekeltert,
indem man sie mit den Füßen in einer Weinpresse trat. Hier geschah
daraufhin jedoch etwas anderes. Und das Blut ging von der Kelter bis an
die Zäume der Pferde, tausendsechshundert Stadien (etwa 270
Kilometer) weit. Während diese Entfernung durchaus wörtlich verstanden
werden und vielleicht die Ausdehnung des Strafgerichts um die Stadt
Jerusalem herum bezeichnen kann, ist es selbstverständlich unmöglich,
daß eine Flüssigkeit wie Blut bis an die Zügel von Pferden steigt. Es
handelt sich also wohl nur um ein Bild für das schreckliche
Blutvergießen in dieser Zeit ( Jes 63,1-3 ), bei dem das Blut so hoch
spritzen wird, daß es die Zügel der Pferde befleckt. Auch andere
Schriftstellen (z. B. Offb 16,14; Dan 11,40-45 ) machen deutlich, daß
zur Zeit des zweiten Kommens Christi ein Krieg nie dagewesenen Ausmaßes
die Welt überziehen wird, in dem sich die Prophezeiungen, von denen hier
die Rede ist, zum Teil erfüllen werden. Offb 14 schildert die Bewahrung der
Hundertvierundvierzigtausend in der Zeit der Großen Trübsal. Dieser
Bewahrung werden einige der schrecklichen Strafen gegenübergestellt, die
die Menschen ereilen, die Christus ablehnen und statt dessen Satan
folgen. William Kelly sieht in diesem Kapitel eine Zusammenfassung der
wichtigsten Ereignisse am Ende der Zeit: (1) Das Auftreten des
gottesfürchtigen Rests Israels; (2) das Zeugnis für die Heiden; (3) der
Fall Babylons; (4) das Schicksal derer, die das Tier anbeten; (5) der
Segen, der die Heiligen, die den Märtyrertod gestorben sind, erwartet;
(6) die Ernte; (7) der Zorn Gottes über die Welt ( Lectures on the Book
of Revelation , S.330). e. Die sieben Engel ( 15,1-8 ) Offb 15,1-2 Auf dem Hintergrund der Szenerie im Himmel, die
in Kapitel 14 beschrieben ist, ging Johannes nun auf die Einzelheiten
des göttlichen Gerichts ein. Er berichtete, daß er noch ein andres
Zeichen am Himmel (sah). Sieben Engel , die die letzten sieben Plagen in
der Hand hatten, leiteten die Schlußphase ein, in der sich der Zorn
Gottes über die Welt vollendet . Dieses letzte "Zeichen" bezieht sich
auf die vorhergehenden großen Zeichen der Frau in Offb 12,1 und des
roten Drachens in Offb 12,3 .Die sieben Engel sollten jedoch nicht mit
den beiden Gruppen von jeweils drei Engeln in Kapitel 14,6 - 20 oder mit
irgendwelchen anderen Engeln, von denen davor die Rede war, verwechselt
werden. Außer diesen Engeln sah Johannes etwas, das war
wie ein gläsernes Meer, mit Feuer vermengt . Dabei handelt es sich
höchstwahrscheinlich um dasselbe Meer wie in Offb 4,6 .Neben
diesem gläsernen Meer standen die Märtyrer von Offb 7,9-17 ,die Gottes
Harfen trugen . Offb 15,3-4 Die siegreichen Heiligen sangen das Lied des Mose
... und das Lied des Lammes . Dabei handelte es sich wahrscheinlich um
zwei verschiedene Lieder; das erste sprach wohl von der Treue Gottes zu
Israel und das zweite von der gegenwärtigen Situation der Heiligen in
der Zeit der Großen Trübsal. Manche Forscher, wie z. B. Walter Scott,
beziehen "das Lied des Mose" auf 2Mo 15 ,wo Israel über die Ägypter
triumphiert ( Exposition of Revelation , S. 315). Andere, wie etwa J.B.
Smith, sehen darin das Lied aus 5Mo 32 ,in dem die Treue Gottes
gegenüber Israel verherrlicht wird ( A Revelation of Jesus Christ , S.
224 - 225). In dem Lied in Offb 15,3-4 wird Gott für seine großen Werke,
seine Gerechtigkeit, Wahrheit (vgl. Offb 16,7 ), Herrlichkeit und
Heiligkeit gepriesen (zu einem Vergleich der vierzehn Doxologien in der
Offenbarung siehe die Tabelle bei Offb 4,8 ). Danach erfolgt die
Weissagung, daß alle Völker Gott anbeten ... (werden) . Das Gotteslob, das hier dargebracht wird, und die
Weissagung des universalen Gottesdienstes haben viele Entsprechungen in
anderen Schriftstellen. Diese Worte gelten ganz eindeutig dem zweiten
Kommen Christi und der Anbetung Gottes durch die ganze Welt im
Tausendjährigen Reich ( Ps 2,8-9; Ps 24,1-10; Ps 66,1-4; Ps 72,8-11; Ps
86,9; Jes 2,2-4; Jes 9,5-6; Jes 66,18-23; Jer 10,7; Dan 7,14; Zeph 2,11;
Sach 14,9 ). Der schrecklichen Stunde der Bosheit und Gotteslästerung,
die die Zeitspanne vor dem zweiten Kommen Christi kennzeichnet, wird das
volle Maß der Strafe Gottes und danach die Wiederherstellung der
Heiligkeit folgen. Offb 15,5-8 Als nächstes sah Johannes, wie der Tempel, die
Stiftshütte ..., aufgetan wurde. Dieser Tempel im Himmel scheint das
himmlische Gegenstück zum irdischen Tempel zu sein. Als er geöffnet
wurde, kamen die sieben Engel, die die sieben Plagen hatten, (aus) ihm
hervor. Sie waren angetan mit reinem, hellem Leinen - ein Bild für ihre
Reinheit - und gegürtet um die Brust mit goldenen Gürteln , die die
Herrlichkeit Gottes symbolisieren. Johannes sah, wie eine der vier Gestalten ... den
sieben Engeln sieben goldenen Schalen voll vom Zorn Gottes (gab) .
Danach füllte sich der Tempel mit Rauch, so daß niemand mehr hineingehen
konnte, bis die sieben Plagen der sieben Engel vollendet waren (vgl. 2Mo
40,34-35 ). Als Ganzes genommen entwirft Offb 15,5-8 ein schreckliches
Bild des drohenden göttlichen Gerichts über die böse Welt. Die Strafen,
die über sie ausgegossen werden ( Offb 16 ), werden dieser
geheimnisvollen Einführung voll und ganz gerecht. J. Die Schalen des göttlichen Zorns ( Offb 16 ) Chronologisch gesehen schildert dieses Kapitel
die Ereignisse unmittelbar vor dem zweiten Kommen Christi. Die Strafen,
die darin beschrieben werden, folgen rasch aufeinander. Alford schreibt:
"Es besteht kein Zweifel, daß diese Ereignisse zum Ende der Zeit führen,
ja, daß sie unmittelbar vor diesem Ende stattfinden" ( The Greek
Testament , 4,696). Schon der Prophet Daniel wies darauf hin, daß die
letzten Tage der Großen Trübsal eine Zeit des weltweiten Krieges sein
würden ( Dan 11,36-45 ). In der Schilderung des Johannes mündet dieses
sich immer mehr steigernde Geschehen rasch in seinen Höhepunkt. 1. Die erste Schale ( 16,1-2 ) Offb 16,1-2 Er hörte eine große Stimme aus dem Tempel, die zu
den sieben Engeln (sprach): Geht hin und gießt aus die sieben Schalen
des Zornes Gottes auf die Erde! Diese Stimme war zweifellos die Stimme
Gottes, die aus dem himmlischen Tempel erklang. Das griechische
Adjektiv megalEs , das hier mit "groß" wiedergegeben wird, taucht in
diesem Kapitel mehrfach auf (vgl. V. 17 , wo es sich ebenfalls auf die
Stimme bezieht). Dasselbe Adjektiv bezeichnet auch die "große Hitze"
(V. 9 ), den "großen Strom Euphrat" (V. 12 ), den "großen Tag Gottes"
(V. 14 ), "ein großes Erdbeben" (V. 18 ), die "große Stadt" (V. 19 ),
"große Hagelstürme" (V. 21 ) und eine "sehr große Plage" (V. 21 ). Als
der erste Engel seine Schale aus(goß) auf die Erde, entstand ein böses
und schlimmes Geschwür an den Menschen, die das Zeichen des Tieres
hatten und die sein Bild anbeteten . In diesem Zusammenhang ist die Frage erhoben
worden, ob die Schalen des Zornes Gottes chronologisch auf die sieben
Posaunen folgen oder ob sie mit ihnen identisch sind. Beide
Strafgerichte weisen große Ähnlichkeit auf. Sie betreffen beide (a) die
Erde ( Offb 8,7; vgl. Offb 16,2 ), (b) das Meer ( Offb 8,8; vgl. Offb
16,3 ), (c) die Wasserströme und Wasserquellen ( Offb 8,10; vgl. Offb
16,4 ) und (d) die Sonne, den Mond und die Sterne ( Offb 8,12; in Offb
16,8-9 ist allerdings nur von der Sonne die Rede). Beim Klang der
fünften Posaune hatten die Dämonen von der Sonne Besitz ergriffen und
der Himmel verdunkelte sich ( Offb 9,1-3 ); dieses Geschehen ähnelt den
Folgen des Ausgießens der fünften Schale, nach dem Dunkelheit die Erde
bedeckt und die Menschen sich vor Schmerzen die Zunge zerbeißen ( Offb
16,10-11 ). Die sechste Posaune betraf den Strom Euphrat ( Offb
9,13-14 ), der nach dem Ausgießen der sechste Schale austrocknen wird
( Offb 16,12 ). Die siebte Posaune war das Zeichen, daß die Zeit der
Großen Trübsal sich ihrem Ende näherte ( 11, 15 - 19 ), und nach dem
Ausgießen der siebten Schale des Zorns Gottes war eine Stimme vom Himmel
zu hören, die sagte: "Es ist geschehen!" ( Offb 16,17 ). Danach kam es
zu Erdbeben und Hagel wie auch bei der siebten Posaune ( Offb
11,18-19 ). Diese Parallelen sind jedoch noch kein Beweis für
die Identität dieser Ereignisse, und ein Vergleich der sieben Posaunen
mit den sieben Schalen des Zornes Gottes enthüllt denn auch gravierende
Unterschiede zwischen diesen beiden Strafgerichten, obwohl die Abfolge
des Geschehens in beiden dieselbe ist. Von dem Gericht, das die Posaunen
über die Welt bringen, ist ganz allgemein ein Drittel der Erde und des
Himmels betroffen, wohingegen die Folgen der Schalen des Zorns jeweils
die ganze Welt in Mitleidenschaft ziehen. Sie sind außerdem sehr viel
schwerwiegender und führen tatsächlich das Weltende herbei. Daher
scheint es am plausibelsten, bei jener Deutung zu bleiben, die lange
Zeit auch von der Kirche akzeptiert war und derzufolge die sieben
Schalen des Zorns beim Schall der siebten Posaune ausgegossen werden, so
wie die sieben Posaunen unter die Öffnung des siebten Siegels fielen.
Die Strafen steigern sich immer mehr und werden intensiver und
umfassender, je näher das zweite Kommen Christi rückt. Alles deutet
darauf hin, daß die Schalen des Zorns mit rasender Schnelligkeit über
eine Welt hereinbrechen, die noch unter den Schlägen der vorhergehenden
Strafen und den Auswirkungen eines gigantischen Weltkrieges taumelt.
Manche der Schalen gelten ausschließlich den schlechten Menschen ( Offb
16,2.8-11 ), andere betreffen die gesamte Natur (Ströme, Flüsse, Sonne
usw.). Nach dem Ausgießen der ersten Schale entwickelten
die Menschen, die dem Antichristen folgten, qualvolle Geschwüre. Auch
die fünfte Schale wird nochmals solche Geschwüre über die Menschheit
bringen (V. 10-11 ). 2. Die zweite Schale ( 16,3 ) Offb 16,3 Nach dem zweiten Posaunenstoß wurde "der dritte
Teil des Meeres zu Blut", "der dritte Teil der lebendigen Geschöpfe"
starb und "der dritte Teil der Schiffe wurde vernichtet" ( Offb 8,8-9 ).
Beim Ausschütten der zweiten Schale jedoch (starben) alle lebendigen
Wesen im Meer ( Offb 16,3 ). Es ist anzunehmen, daß die Ozeane sich
nicht tatsächlich von ihrer chemischen Zusammensetzung her in
Menschenblut verwandelten, sondern daß sie nur aussahen, als bestünden
sie aus Blut, die Lebewesen in ihnen aber tatsächlich starben. Wie bei
der zweiten Posaune erinnert das Blut auch an dieser Stelle an die erste
Plage in Ägypten ( 2Mo 7,20-25 ). Da der größte Teil der Erdoberfläche
von den Weltmeeren bedeckt ist, hat diese Strafe weltweite katastrophale
Auswirkungen. 3. Die dritte Schale ( 16,4 - 7 ) Offb 16,4-7 So wie die dritte Posaune "den dritten Teil der
Wasser" bitter machte, erstreckte sich die Strafe der zweiten Schale
über das Meer und schließlich mit dem Ausgießen der dritten Schale auch
auf die Wasserströme und ... Wasserquellen; und sie wurden zu
Blut ( Offb 16,4 ). Johannes hörte den Engel, der für die Wasser
verantwortlich war, sagen, daß Gott, der Heilige, gerecht ist in
seinem Urteil (V. 5 ). Denn die Verwandlung des Wassers in Blut war
Gottes Antwort auf das Blut der Heiligen und der Propheten, das
vergossen wurde (V. 6 ). Diese Aussage wurde vom Altar her bestätigt
(V. 7 ; vgl. Offb 9,13 ). 4. Die vierte Schale ( 16,8 - 9 ) Offb 16,8-9 Bei dieser Strafe verwandelte die Sonne ihre
Hitze , so daß sie unerträglich wurde. Auch daraufhin lästerten die
Menschen den Namen Gottes und bekehrten sich nicht (vgl. V. 11 ). Im
Gegensatz dazu verdunkelte die vierte Posaune ( Offb 8,12 ) ein Drittel
des Himmels, ohne daß dabei von einer Erwärmung der Atmosphäre die Rede
gewesen wäre. Aus dieser und anderen Weissagungen läßt sich ableiten,
daß es in der Großen Trübsal zu dramatischen Klimaveränderungen kommen
wird. 5. Die fünfte Schale ( 16,10-11 ) Offb 16,10-11 Diese Strafe richtete sich gegen den Thron des
Tieres . Sie brachte Finsternis über die Erde und
schmerzhafte Geschwüre (vgl. V. 2 ) über die Menschen. Auch
hier lästerten sie wieder Gott ... und bekehrten sich nicht von ihren
Werken . Das ist das letzte Mal in der Offenbarung, daß von der offenen
Unbußfertigkeit der Menschen berichtet wird (vgl. Offb
2,21;9,21;16,9; vgl. jedoch Offb 16,21 ). Die fünfte Schale gleicht der
fünften Posaune ( Offb 9,1-11 ), da beide Finsternis bringen, doch die
fünfte Posaune handelte eher von dämonischer Besessenheit als von
physischen Schmerzen. 6. Die sechste Schale ( 16,12 - 16 ) Offb 16,12 Nach den Worten des Johannes (goß) der sechste
Engel ... seine Schale auf den großen Strom Euphrat , der daraufhin
austrocknete, damit der Weg bereitet würde den Königen vom Aufgang der
Sonne . Über diese "Könige vom Aufgang der Sonne" ist viel gerätselt
worden, wobei die Ausleger teilweise wieder dazu tendierten, sie mit
irgendwelchen zeitgenössischen Führungspersönlichkeiten zu
identifizieren. Bei einem Überblick über hundert Kommentare zum Buch der
Offenbarung finden sich mindestens fünfzig verschiedene Deutungen der
Identität dieser Könige. Die einfachste und beste Erklärung ist jedoch,
daß es sich bei ihnen um Könige oder Herrscher aus dem Orient oder Osten
handelt, die am letzten Weltkrieg teilnehmen werden. Auf dem Hintergrund
dieser Passage, die auf das nahe Bevorstehen der Wiederkunft Christi
weist, und der gegenwärtigen Weltlage, nach der der Osten, ausgestattet
mit enormem militärischem Potential, einen Großteil der Weltbevölkerung
stellt, ist keine andere als die wörtliche Deutung möglich. Alford
konstatiert denn auch: "Dies ist das einzige Verständis dieser Worte,
das dem Kontext und den Bedingungen dieser verschiedenen Prophezeiungen
gerecht wird" ( The Greek Testament , 4,700). Dieses Geschehen steht im Zusammenhang mit
dem großen Strom Euphrat , der Wassergrenze zwischen dem Heiligen Land
und dem Osten (vgl. den Kommentar zu Offb 9,12-16 ). Vom Text her
erscheint es so, als sei das Austrocknen des Wassers ein Akt Gottes,
doch in der Realität wurde der Euphrat in diesem Jahrhundert durch Dämme
und Gräben in seinem Lauf verändert, um Wasser für Bewässerungsanlagen
zu gewinnen, so daß der Fluß manchmal tatsächlich nur wenig oder gar
kein Wasser führt. Vom Euphrat ist sehr oft in der Heiligen Schrift die
Rede (z. B. 1Mo 15,18; 5Mo 1,7;11,24; Jos 1,4 ). Das Austrocknen des
Flusses wird auch in Jes 11,15 vorhergesagt. Offb 16,13-16 Danach wurde Johannes eine symbolische und
umfassende Schau der Vorbereitung für die letzte Schale des göttlichen
Zornes zuteil. Er sah ... drei unreine Geister ... gleich Fröschen , die
aus den Mündern des Satans ( des Drachen ) und der zwei Tiere (des
Antichristen, Offb 13,1-10 ,und des falschen Propheten, Offb 13,11-18 )
hervorkamen. Die Identität der drei Frösche wird in
Vers 14 aufgeschlüsselt: Es sind Geister von Teufeln, die tun Zeichen .
Diese Dämonen verteilen sich über die ganze Welt und bringen die Könige
dazu, sich zum Kampf am großen Tag Gottes, des
Allmächtigen ( pantokratOr ; das Wort taucht auch in Offb
1,8;4,8;11,17;15,3;16,7;19,6.15;21,22 auf), zu versammeln. Die Bedeutung dieser symbolischen Erscheinung ist
also klar, doch bleibt zu erhellen, was die Dämonen genau tun. Die
künftige Weltherrschaft in der Großen Trübsal wird durch die Macht
Satans errichtet werden ( Offb 13,2 ). An dieser Stelle aber vereinen
sich Satan, der Weltherrscher und der falsche Prophet in der Anstiftung
der Völker zum letzten Weltkrieg. Dieser Krieg ist eigentlich eine
Auflehnung gegen den Weltherrscher. Warum aber sollten satanische Mächte
freigesetzt werden, um das Weltreich, das soeben erst geschaffen wurde,
wieder zu zerstören? Die Antwort auf diese Frage scheint in den
folgenden Ereignissen zu liegen. Satan, der weiß, daß die Wiederkunft
Christi nahe ist, wird die ganze militärische Macht der Welt im Heiligen
Land konzentrieren, um sich dem Kommen des Menschensohnes, der auf dem
Ölberg erscheinen wird, zu widersetzen ( Sach 14,4 ). Die Nationen
werden zwar über das eigentliche Ziel des Krieges getäuscht werden,
indem sie sich von dem Krieg einen Zuwachs an politischer Macht
versprechen, denn das Ziel des Teufels ist es, die himmlischen
Heerscharen (von denen in Offb 19 die Rede ist) beim zweiten Kommen
Christi zu bekämpfen. Dieser Krieg soll bis zum Tag der Wiederkunft
dauern und schließt Straßenkämpfe in Jerusalem am Tag des Kommens des
Herrn mit ein ( Sach 14,1-3 ). Der Verweis auf "den Kampf" ( ton
polemon ; Offb 16,14 ) wird wohl besser mit "der Krieg" wiedergegeben.
Man sollte also eher vom "Krieg von Harmagedon" (vgl. V. 16 ) als von
"der Schlacht bei Harmagedon" reden. Dieser Krieg wird eine Zeitlang
dauern und seinen Höhepunkt beim Kommen Christi erreichen. "Harmagedon"
kommt von dem griechischen H armagedOn , einer Transliteration der
hebräischen Worte für den "Berg" ( har ) von Megiddo. Dieser Berg liegt
neben der Stadt Megiddo und der Ebene von Esdrelon, die auch Schauplatz
vieler alttestamentlicher Schlachten war. Johannes hörte von Christus selbst die
Warnung: Siehe, ich komme wie ein Dieb. Selig ist, der da wacht und
seine Kleider bewahrt, damit er nicht nackt gehe und man seine Blöße
sehe. Die Wiederkunft Christi wird oft mit dem Kommen
eines Diebes verglichen - ein Bild für die Plötzlichkeit und die
Unvorbereitetheit, mit der sie die Ungläubigen trifft. Wie die Gläubigen
nicht von der Entrückung der Kirche überrascht werden sollten ( 1Thes
5,4 ), werden sie auch die Wiederkunft Christi vorauswissen. Dabei wird
demjenigen Segen verheißen, der für das Kommen des Herrn gerüstet ist,
indem er sich in Gerechtigkeit, das Gewand, das Gott selbst ihm gibt,
hüllt. Insgesamt bereitet das Geschehen bei der
Ausgießung der sechsten Schale des göttlichen Zornes die Menschen auf
den letzten Akt des Gerichts vor dem zweiten Kommen Christi vor. Die
Entwicklung im Zusammenhang mit dem Euphrat, die schon zuvor
vorhergesehen wurde ( Offb 9,14 ), hat nun ein späteres Stadium
erreicht, wobei der Zeitfaktor zwischen der sechsten Posaune und der
sechsten Schale vergleichsweise kurz ist. 7. Die siebte Schale ( 16,17 - 21 ) Offb 16,17-21 Dann (goß) der siebente Engel ... seine Schale in
die Luft . Johannes hörte eine große Stimme aus dem Tempel, die sprach:
Es ist geschehen! Eine ganz ähnliche Äußerung war auch der siebten
Posaune gefolgt ( Offb 11,15-19 ). Auch hier sah Johannes Blitze und
hörte Donner . Diesen Phänomenen schloß sich ein großes Erdbeben an
( Offb 16,18 ). Johannes wurde mitgeteilt, daß dies das schwerste
Erdbeben aller Zeiten sei (weitere Erdbeben werden in Offb 8,5 und Offb
11,19 erwähnt). Die Schilderung der Verwüstungen, die es anrichtete,
lassen darauf schließen, daß es die ganze Erde in Mitleidenschaft zog,
vielleicht mit Ausnahme des Landes Israel. Die große Stadt, die in drei
Teile zerfiel, war Babylon . Das wichtigste Ereignis war jedoch, daß die
Städte der Heiden einstürzten. Das schwere Erdbeben legte sämtliche
Städte der Völker (Heiden) in Schutt. Damit war der Schauplatz bereit
für die Wiederkunft Christi. Der Einsturz der Städte wird auf jeden Fall
mit riesigen Opfern an Menschenleben und ungeheuren Zerstörungen dessen,
was noch vom Weltreich übrig ist, einhergehen. In Offb 11,8 ist zwar von Jerusalem als "der
großen Stadt, die geistlich Sodom und Ägypten heißt, wo auch ihr Herr
gekreuzigt wurde", die Rede, doch die "große Stadt" an dieser Stelle ist
eindeutig Babylon, wie aus Offb 16,19 hervorgeht. Gott wird Babylon
den Kelch mit dem Wein seines grimmigen Zorns reichen, d. h., die Stadt
wird in schrecklicher Weise die Ausgießung seines Gerichts erfahren. Von
einigen Exegeten wurde Rom, das wegen seiner geistlichen Verdorbenheit
ebenfalls an manchen Stellen "Babylon" genannt wird, als Pendant der
Stadt, von der hier die Rede ist, vorgeschlagen. Diese These wurde zwar
von den Gelehrten ausführlich erörtert (vgl. J. A. Seiss, The
Apocalypse , S. 381-382.397 - 420), man geht jedoch wohl besser davon
aus, daß es sich bei diesem "Babylon" in der Tat um die wiedererrichtete
Stadt Babylon am Euphrat handelt, die die Hauptstadt des endzeitlichen
Weltreiches sein wird (vgl. Walvoord, Revelaton , S. 240 - 241). Zusätzlich zu dem schrecklichen Erdbeben,
möglicherweise als eine Folge davon, beobachtete Johannes, daß alle
Inseln verschwanden und die Berge ... nicht mehr gefunden wurden. Diese
Verse (V. 18 - 20 ) deuten, wenn man sie wörtlich versteht, auf
topographische Veränderungen der Erdoberfläche, die schließlich als
Vorbereitung auf das Tausendjährige Reich Christi auch zu großen
Veränderungen im Heiligen Land führen. Offb 16,21 Außerdem fiel ein großer Hagel wie
Zentnergewichte auf die Erde. Solche Eismassen von übernatürlicher Größe
würden alles zerstören, was nach dem Erdbeben noch übriggeblieben war,
und Menschen, die davon getroffen würden, zweifellos töten oder schwer
verletzen. Trotz der Schwere der Strafe und ihrer verheerenden
Auswirkungen spricht aus dem letzten Satz des Abschnitts wieder die
Verhärtung der menschlichen Herzen: Und die Menschen lästerten Gott
wegen der Plage des Hagels; denn diese Plage ist sehr groß. Manchmal wird gefragt, warum die ewige Strafe
auch wirklich ewig währt. Die Antwort auf diese Frage ist, daß die
Menschen in ihrer Verstocktheit sich nicht ändern werden; sie verdienen
ewige Strafe, weil sie ewig unbußfertig bleiben. Mit der endgültigen
Zerstörung, die dem Ausgießen der siebten Schale des göttlichen Zornes
folgt, wird die Bühne endgültig frei für die dramatisch sich steigernde
Wiederkunft Christi, von der in Kapitel 19 berichtet wird. Zunächst wird
jedoch in Kapitel 17 - 18 der Fall Babylons im Detail beschrieben. K. Der Fall Babylons ( Offb 17-18 ) Babylon - der Ursprungsort so vieler heidnischer
Religionen, die dem Glauben Israels und dem Glauben der Kirche
entgegenstanden - wird in diesen Kapiteln endgültig gerichtet. Die
Abfolge fügt sich nicht chronologisch in das Schema der Siegel, Posaunen
und Schalen des göttlichen Zornes, weshalb es den Auslegern schwer
wurde, die hier offenbarten Ereignisse einzuordnen. Von einer allgemeinen Warte betrachtet
vermittelt Kapitel 17 ein Bild des religiösen Charakters von Babylon.
Höhepunkt ist dabei die Schaffung einer Weltreligion, die in die erste
Hälfte der letzen sieben Jahre vor der Wiederkunft Christi zu gehören
scheint. Daneben berichtet das Kapitel von der Zerstörung Babylons durch
die zehn Könige (V. 16 ). Kapitel 18 dagegen befaßt sich mit Babylon als
politischer Macht und Großstadt und als Machtzentrale des großen
Weltreiches, das die zweite Hälfte der letzten Jahre vor Christi
Wiederkunft bestimmen wird. Gelegentlich wird Babylon (der Name wird
etwa dreihundertmal in der Bibel erwähnt) auch als Repräsentant eines
satanischen religiösen Systems verstanden, das der wahren Religion
Gottes entgegensteht, doch in erster Linie verkörpert es eine politische
Großmacht mit einer großen Hauptstadt. Die Endzeit führt diese beiden
Überlieferungslinien zusammen und zeigt Gottes letztes Gericht über
Babylon. 1. Die Vernichtung des religiösen Babylon ( Offb 17 ) Offb 17,1-2 Einer von den sieben Engeln (in Offb 16 ), die
die sieben Schalen hatten , forderte Johannes auf, das Gericht über die
große Hure, die an vielen Wassern sitzt , zu bezeugen. Diese schlechte
Frau symbolisiert das religiöse System Babylons, während die Wasser ein
Sinnbild der "Völker und Scharen und Nationen und Sprachen" sind
(V. 15 ). Der Engel teilte Johannes mit, daß die Könige auf Erden mit
der Frau Hurerei getrieben hatten, mit andern Worten, sie waren ein Teil
des religiösen Systems, für das sie stand, geworden (vgl. Offb 14,8 ). Offb 17,3-5 Dann wurde Johannes im Geist (d. h. in einer
Vision, nicht leiblich; vgl. Offb 1,10; 4,2 ) in die Wüste versetzt, wo
er die Frau selbst erblickte. Sie saß auf einem scharlachroten Tier, das
... voll lästerlicher Namen war und sieben Häupter und zehn Hörner
(hatte) . Das ist ganz eindeutig ein Hinweis auf die Weltherrschaft
( Offb 13,1 ). Die zehn Hörner werden später ( Offb 17,12 ) als zehn
Könige bezeichnet, "die ihr Reich noch nicht empfangen haben". Die
sieben Häupter scheinen sich auf führende Persönlichkeiten des noch in
der Zukunft liegenden wiedererstarkten Römischen Reiches zu beziehen. Die Frau war bekleidet mit Purpur und Scharlach
und geschmückt mit Gold und Edelsteinen und Perlen . Ihr Schmuck ähnelte
also dem religiösen Putz, den man heute in bestimmten Kirchen finden
kann. Purpur, Scharlach, Gold, Edelsteine und Perlen können ein Sinnbild
der Schönheit und Herrlichkeit sein, wenn es um den wahren Glauben geht.
An dieser Stelle aber stehen sie für eine falsche Religion, die die
Wahrheit prostituiert. In der Hand hielt die Frau einen goldenen Becher
..., voll von Greuel und Unreinheit ihrer Hurerei (vgl. "der Wein ihrer
Hurerei" in V. 2 ). Das bestätigt die früheren Hinweise darauf, daß ihr
Wesen und ihre Lebensführung ein Symbol für die falsche Religion
schlechthin sind: Und auf ihrer Stirn war geschrieben ein Name, ein
Geheimnis: Das große Babylon, die Mutter der Hurerei und aller Greuel
auf Erden. Die Bibel steckt voller Informationen über
Babylon als Ursprungsort der falschen Religion, angefangen mit dem
Turmbau zu Babel ( 1Mo 10-11 ). Der Name "Babel" bedeutet soviel wie
"Verwirrung" ( 1Mo 11,9 ). Später wurde dieser Name auf die Stadt
Babylon übertragen, deren Geschichte schon dreitausend Jahre vor Christi
Geburt einsetzt. Einer der berühmten Herrscher von Babylon war Hammurabi
(1728 - 1686 v. Chr.). Nach einer Zeit des Verfalls erlebte Babylon
unter Nebukadnezar etwa 600 Jahre v. Chr. einen erneuten großen
Aufschwung. Die Herrschaft Nebukadnezars (605 - 562 v. Chr.) und die
darauffolgende Geschichte der Stadt bilden den Hintergrund für das Buch
Daniel. Doch Babylon hatte nicht nur politische, sondern
auch religiöse Bedeutung. Nach außerbiblischen Überlieferungen
begründete Semiramis, die Ehefrau Nimrods, des Erbauers von Babylon
( 1Mo 10,8-10 ), die geheimen religiösen Riten der babylonischen
Mysterienreligionen. Semiramis hatte einen Sohn, den sie angeblich auf
übernatürliche Weise empfangen hatte und der den Namen Tammus erhielt.
Er war gleichsam das negative Gegenstück zur Erfüllung der Verheißung an
die Nachkommenschaft Evas ( 1Mo 3,15 ). Im Zusammenhang mit der babylonischen
Irr-Religion kam man verschiedenen religiösen Bräuchen auf die Spur.
Unter anderem gehörte dazu auch die Anbetung der Mutter und des Kindes
als göttliche Wesen und die Stiftung eines Jungfrauenordens, dessen
Angehörige als eine Art Tempeldirnen fungierten. Nach der Überlieferung
wurde Tammus von einem wilden Tier getötet und dann wieder zum Leben
erweckt - die satanische Vorwegnahme und das teuflische Gegenbild der
Auferweckung Christi. Immer wieder wird deshalb diese falsche Religion
in der Schrift verdammt ( Jer 7,18;44,17-19.25; Hes 8,14 ). Auch der
Baalskult steht mit der Anbetung des Tammus in Zusammenhang. Nachdem die Perser Babylon 539 v. Chr. erobert
hatten, unterbanden sie die Ausübung der Mysterienreligionen. Deren
Anhänger wanderten daraufhin nach Pergamon ab. Pergamon war auch der
Standort einer der sieben im Buch der Offenbarung angesprochenen
kleinasiatischen christlichen Gemeinden ( Offb 2,12-17 ). Die
Hohenpriester der babylonischen Kulte trugen Diademe in Form eines
Fischkopfes, um den Fischgott zu verehren. In diesen Kopfputz waren die
Worte "Bewahrer der Brücke" - ein Symbol für die Brücke zwischen den
Menschen und Satan - eingraviert. Dieser Brauch wurde von den römischen
Kaisern übernommen, die den lateinischen Titel Pontifex Maximus ,
"Höchster Bewahrer der Brücke", trugen. Derselbe Titel wurde später auch
vom Bischof von Rom benutzt. Auch heute noch wird der Papst als
"Pontifex" bezeichnet. Als die Lehrer der babylonischen
Mysterienreligionen später von Pergamon nach Rom kamen, gewannen sie
großen Einfluß auf das Christentum, das sie mit heidnischen Elementen
vermengten. Auf diese Weise entstanden viele pseudochristliche Riten,
die in die Gemeinden Eingang fanden. Babylon ist deshalb das Symbol der
Apostasie und der blasphemischen Ersetzung des christlichen
Gottesdienstes durch den Götzendienst. In der folgenden Passage erlebt
Babylon seine endgültige Verurteilung. Offb 17,6 Die Frau, das Symbol der abtrünnigen Religion,
war betrunken von dem Blut der Heiligen . Das zeigt, daß es in dem
falschen religiösen System der ersten Hälfte der letzten sieben Jahre
vor der Wiederkunft Christi keinen einzigen wahren Christen mehr geben
wird. Die abtrünnige Kirche wird vielmehr darauf bedacht sein, alle zu
töten, die dem wahren Glauben anhängen. Johannes gab seinem Erstaunen
über diese Offenbarung Ausdruck. Offb 17,7-8 Der Engel erklärte ihm die Bedeutung der Frau und
des Tieres , auf dem sie saß. Das Tier ... wird wieder aufsteigen aus
dem Abgrund , dem Wohnort Satans ( Offb 11,7 ), und dem Ort, von dem die
Dämonen kommen ( Offb 9,1-2.11 ). Das macht deutlich, daß die Macht, die
hinter dem Herrscher steht, eine satanische ist (vgl. Offb 13,4 ) und
daß Satan und der Mann, über den er Macht hat, eng miteinander verbunden
sind. Sie sind eins. Die Tatsache, daß das Tier gewesen (ist) und ist
jetzt nicht und wird wieder aufsteigen , weist ebenfalls auf das in Offb
13,3 Gesagte. Das wunderbare Überleben und Wiedererstarken des
Weltherrschers und seines Reiches wird der Welt wie ein übernatürliches
Geschehen erscheinen und die Menschen dazu veranlassen, dem Tier und
Satan gottesdienstliche Ehren zu erweisen. (Zum Buch des Lebens vgl. den
Kommentar zu Offb 3,5;13,8 .Vgl. auch Offb 20,12.15;21,27 .) Offb 17,9-11 Der Engel sagte zu Johannes: Hier ist Sinn, zu
dem Weisheit gehört (vgl. Offb 13,18 ). Die Wahrheit, die hier in
symbolischen Bildern dargestellt ist, muß mit geistlicher Einsicht
erfaßt werden, und die Schwierigkeit, sie recht zu begreifen und zu
deuten, zeigt sich denn auch in den ganz verschiedenen
Auslegungsansätzen im Laufe der Geschichte der Kirche. Johannes erfuhr durch den Engel, daß die sieben
Häupter des Tieres sieben Berge seien, auf denen die Frau sitzt . Viele
Schriftsteller der Antike wie etwa Victorinus, der einen der ersten
Kommentare zum Buch der Offenbarung verfaßte, identifizierten die sieben
Berge mit Rom, das oft als die "Stadt auf den sieben Hügeln" bezeichnet
wird. Das hat zu der Folgerung geführt, diese Passage lehre, daß Rom die
Hauptstadt des kommenden Weltreiches sein werde. Ursprünglich erstreckte
sich Rom über sieben sanfte Erhebungen am Tiber, die die Namen Palatin,
Arentin, Caelius, Esquilin, Viminal, Quirinal und Capitol trugen. Später
kamen noch der Janiculus und der Pincius im Norden hinzu. Rom wird zwar
immer wieder mit sieben Hügeln in Verbindung gebracht, doch die
verschiedenen Autoren nennen dabei nicht unbedingt dieselben sieben
Namen. Eine genauere Betrachtung des ganzen Abschnittes
widerlegt allerdings den Schluß, daß hier die Stadt Rom gemeint sein
könnte. Seiss z. B. bringt umfangreiches Belegmaterial dafür vor, daß
der Hinweis auf die sieben Berge sich eher auf verschiedene Herrscher
als auf tatsächliche Hügel bezieht ( The Apocalypse , S. 391-394). Das
wird auch durch den Text gestützt, der fortfährt: Es sind sieben
Könige (wörtlich: "die sieben Häupter sind sieben Könige"). Wenn aber
die Berge Könige verkörpern, kann es sich nicht um tatsächliche Berge
handeln und die Bezeichnung kann sich demzufolge nicht auf Rom beziehen,
sondern meint bestimmte Personen. Diese Sichtweise paßt auch zu Vers 10 : Fünf sind
gefallen, einer ist da, der andere ist noch nicht gekommen; und wenn er
kommt, muß er eine kleine Zeit bleiben. Johannes schrieb diese Sätze aus
seiner historischen Perspektive, nachdem fünf berühmte Könige des
Reiches geherrscht hatten und wieder verschwunden waren und einer auf
dem Thron saß (wahrscheinlich Domitian, der die Verfolgungen veranlaßte,
in deren Zusammenhang Johannes auf die Insel Patmos verbannt wurde). Die
Identität des siebten Königs, der nach der Zeit des Johannes kommen
sollte, bleibt unbekannt. Vers 11 setzt hinzu, daß das Weltreich der
Endzeit unter der Herrschaft eines Königs stehen werde, der der achte
ist. Das Tier, das gewesen ist und jetzt nicht ist ... ist einer von den
sieben und fährt in die Verdammnis. Der achte König ist offenbar mit dem
letzten Herrscher der Welt identisch, dem Mann, der der Führer des
letzten Weltreiches ist, das Christus bei seinem zweiten Kommen
vernichten wird. Eine mögliche Erklärung für den Unterschied
zwischen dem siebten und achten Tier ist, daß das siebte Tier selbst das
Römische Reich verkörpert, das in der Endzeit auf wunderbare Weise
wiedererstarkt, und daß das achte Tier sein letzter Herrscher ist. Die
Verse zeigen, daß in der Endzeit, insbesondere in der ersten Hälfte der
letzten sieben Jahre, eine Allianz zwischen dem nahöstlichen Herrscher
(dem Antichristen) und der abtrünnigen Weltkirche dieser Zeit bestehen
wird. Diese Allianz wird um die Mitte der sieben Jahre, wenn die
politische Macht des Antichristen sich über die ganze Welt erstrecken
wird, ihren Höhepunkt erreichen. Offb 17,12-14 Vers 12 erklärt, daß die zehn Hörner ... zehn
Könige (sind) . Viele Ausleger haben versucht, diese Zehnerzahl mit zehn
aufeinanderfolgenden Herrschergestalten der Vergangenheit
gleichzusetzen, doch der Text selbst deutet eher darauf hin, daß es sich
um Könige handelt, die zur gleichen Zeit an der Macht sind und über die
Länder herrschen, die die eigentliche Allianz im Nahen Osten bilden
werden, die den künftigen Weltherrscher unterstützt. Sie werden für eine
Stunde Macht erhalten und zusammen mit dem Tier herrschen. Währen die
sieben Häupter möglicherweise chronologisch nacheinander auftretende
römische Kaiser bezeichnen, die als besonders bedeutend angesehen
wurden, verkörpern die zehn Hörner die gleichzeitige Herrschaft der zehn
Könige, die, wie der Text andeutet, für kurze Zeit große politische
Macht haben werden. Die zehn Könige werden ihre Macht vereinen, um
dem Tier (V. 13 ), dem nahöstlichen Herrscher, der in der Endzeit
auftreten und sieben Jahre vor dem Kommen Christi einen Bund mit Israel
schließen wird, zu helfen. Ihr antichristlicher Einfluß wird die ganzen
sieben Jahre hindurch wirksam sein, und wenn Christus
erscheint, werden die zehn Könige gegen ihn kämpfen , doch sie werden
unterliegen (V. 14 ). Bezeichnenderweise wird Christus, das Lamm , an
dieser Stelle zugleich auch als der Herr aller Herren und der König
aller Könige bezeichnet (vgl. 1Tim 6,15; Offb 19,16 ). Offb 17,15 In Vers 1 wurde gesagt, daß die Frau "an vielen
Wassern sitzt". Diese Wasser werden nun gedeutet als Völker und Scharen
und Nationen und Sprachen . Das weist darauf hin, daß es in dieser Zeit
eine einzige ökumenische Weltreligion geben wird, die alle Völker und
Sprachfamilien umfaßt. Offb 17,16-18 Das Kapitel schließt mit dem dramatischen Ende
der Frau. Das Tier (der Weltherrscher, der Antichrist) und die zehn
Hörner (die zehn Könige) werden die Hure hassen und werden sie
ausplündern . Der Text liefert keine Hinweise auf den genauen Zeitpunkt
dieses Geschehens, doch es hat den Anschein, daß die Vernichtung der
Frau etwa in der Mitte der endzeitlichen Siebenjahresspanne erfolgen
wird, wenn das Tier sich selbst zum Weltherrscher ausrufen wird ( Dan
9,27; Mt 24,15 ). Wenn der nahöstliche Herrscher die Macht an sich
reißen wird, wird er sich zugleich an die Stelle Gottes setzen und von
seinen Untertanen bei Androhung der Todesstrafe verlangen, daß sie ihn
anbeten (vgl. Dan 11,36-38; 2Thes 2,4; Offb 13,8.15 ). Die
Weltkirchenbewegung, die der ersten Hälfte der sieben Jahre vor dem
Kommen des Herrn ihr Gepräge gibt, nimmt damit ein abruptes Ende. Sie
wird durch eine letzte Form von Weltreligion ersetzt werden, nämlich die
Anbetung des Weltherrschers, Satans Platzhalter Christi. Dieses ganze Geschehen ist Teil von Gottes
souveränem Plan, über die schlechten Herrscher Gericht zu halten. Denn
Gott hat's ihnen in ihr Herz gegeben, nach seinem Sinn zu handeln und
eines Sinnes zu werden und ihr Reich dem Tier zu geben, bis vollendet
werden die Worte Gottes. Zum letzten Mal wird die Frau in Offb
17,18 erwähnt: Die Frau, die du gesehen hast, ist die große Stadt, die
die Herrschaft hat über die Könige auf Erden. Das ist abermals ein
Hinweis auf das antike Babylon, das in der damaligen Zeit als religiöses
Zentrum für alle Arten von Irrlehren galt. Die abtrünnige Kirche, die in
der Frau verkörpert ist, war eine Verbindung aus religiöser und
politischer Macht. Wie in Vers 5 festgehalten ist, sind die Stadt und
die Frau ein "Geheimnis", also ein Symbol. Vers 18 dagegen, die
Überleitung zum nächsten Kapitel, scheint Babylon eher als reale Stadt
denn als religiöse Einheit zu verstehen. 2. Die Vernichtung des politischen Babylon ( Offb 18 ) Offb 18,1-3 Durch einen andern Engel ... vom Himmel wurde
Johannes weitere Offenbarung über die Vernichtung Babylons zuteil. Das
Auftreten eines weiteren Engels steht im Gegensatz zu der Aussage "einer
von den sieben Engeln" in Offb 17,1 .Die Gestalt sollte auf keinen Fall
mit Christus verwechselt werden. Engel haben große Macht und machen im
Buch der Offenbarung viele entscheidende Aussagen. Die Macht und
Herrlichkeit dieses Engels war so groß, daß die Erde ... von seinem
Glanz (erleuchtet) wurde ( Offb 18,1 ). Die Botschaft des Engels lautete: Sie ist
gefallen, sie ist gefallen, Babylon, die große . Es ist gefragt worden,
ob hier nochmals aus einer anderen Perspektive von der Vernichtung die
Rede ist, die in Offb 17,16-17 berichtet wurde. Ein Vergleich zwischen
den Kap. 17; 18 macht jedoch deutlich, daß es sich um zwei verschiedene
Ereignisse handelt. Die Frau in Kapitel 17 stand zwar in Verbindung mit
der politischen Macht, doch sie war nicht selbst diese Macht, und ihre
Vernichtung löste auf der Erde offenbar keine Trauer aus. Die Zerstörung
Babylons in Kapitel 18 dagegen wird von denen, die politisch und
wirtschaftlich Nutzen aus dem System zogen, laut beklagt. Die Zerstörung
geht hier nicht von den zehn Königen aus, sondern erfolgt offenbar durch
ein Erdbeben, so daß anzunehmen ist, daß an dieser Stelle ausführlicher
erklärt wird, was bereits in Offb 16,19-21 angesprochen wurde. Es geht um eine große und reiche Stadt, die das
Zentrum des politischen und wirtschaftlichen Lebens ist. Das Gericht
Gottes macht sie nun zur Behausung der Teufel, zum Gefängnis aller
unreinen Geister und aller unreinen Vögel und ... aller unreinen und
verhaßten Tiere. Denn von dem Zorneswein ihrer Hurerei haben alle Völker
getrunken . Die falsche Religion Babylons ist wie eine Droge, die die
Menschen in den Wahnsinn treibt. Sie hat die Kaufleute auf Erden reich
gemacht und ist nun dem Untergang geweiht. Offb 18,4-8 Nach der Ankündigung des Engels wies eine andere
Stimme vom Himmel das Volk Gottes an, die Stadt zu verlassen, damit es
dem Gericht, das ihr bevorstand, entrönne (V. 4-5 ). Babylon wird
genausoviel Qual und Leid erfahren, wie es zuvor Herrlichkeit und
Üppigkeit genoß und sich als Königin brüstete (V. 7 ). Tod, Leid und
Hunger werden an einem Tag (V. 8 ) über die Stadt hereinbrechen, und sie
wird von Feuer verzehrt werden. Offb 18,9-20 Wenn die Könige die Zerstörung der Stadt sehen,
werden sie jammern und klagen: Weh, weh, du große Stadt Babylon, du
starke Stadt (V. 10 ). Auch die Kaufleute werden den Sturz der Stadt
betrauern, weil sie nun keinen Handel mehr mit ihr treiben können. Die
Schilderung von Vers 12.13 zeigt den ungeheuren Reichtum und Luxus, der
in Babylon herrschte. Hier geht es ganz offensichtlich um die
ökonomische und politische Stellung der Stadt und nicht um ihre
religiöse Situation. Der Jammerruf der Kaufleute tönt wie der der
Könige: Weh, weh, du große Stadt (V. 16 ). Schiffsherren und ... Steuerleute und alle, die
mit der Seefahrt zu tun haben, werden ebenfalls klagen: Weh, weh, du
große Stadt (V. 19 ). Alle drei Gruppen - die Könige, die Kaufleute und
die Seeleute - sprechen von der Plötzlichkeit der Vernichtung: in einer
Stunde (V. 10.17.19 ). Während die Welt über die Verwüstung Babylons
klagt, werden die Heiligen aufgefordert, sich darüber zu freuen, denn
Gott hat sie gerichtet um euretwillen (V. 20 ). Offb 18,21-24 Die endgültige gewaltsame Zerstörung der Stadt
wird mit dem Vorgang verglichen, wenn ein großer Mühlstein ... ins
Meer geworfen wird (V. 21 ). Es folgt die Klage, daß all diejenigen, die
einst das Bild der Stadt prägten - Sänger und Saitenspieler,
Flötenspieler und Posaunenbläser und schließlich Handwerker jedweden
Handwerks - aus ihr verschwunden sind (V. 22 ). Es wird dort
kein Licht mehr geben und keine Hochzeitsfreude (V. 23 ). Der Grund für
das Gericht über die Stadt ist, daß durch ihre Zauberei ( pharmakeia ;
vgl. Offb 9,21 ) alle Völker (verführt) und vom Glauben an Gott
abgebracht wurden ( Offb 18,23; vgl. Offb 17,2 ) und daß sie sich des
Mordes an den Propheten und ... Heiligen schuldig gemacht hat ( Offb
18,24; vgl. Offb 17,6 ). Die Frage bleibt, welche Stadt hier gemeint ist.
Einer weit verbreiteten Deutung zufolge bezieht sich das Gesagte auf
Rom, das als Sitz des Hauptes der Römisch-Katholischen Kirche und als
Hauptstadt des römischen Weltreiches der Antike eine besondere Stellung
in der Geschichte einnimmt. Manche Exegeten finden diese Sichtweise in
der Beobachtung bestätigt, daß die Kaufleute und Seefahrer den Rauch der
brennenden Stadt sehen werden ( Offb 18,9.18 ). Andere Belege scheinen auf Babylon selbst zu
deuten, die Stadt am Euphrat, der in der Endzeit möglicherweise zu einem
schiffbaren Fluß wird. Wenn man alle Hinweise zusammenträgt und prüft,
kommt man in der Tat zu dem Schluß, daß wohl eher das wiedererbaute
Babylon als Rom die Hauptstadt des endzeitlichen Weltreiches sein wird.
Die Exegeten streiten allerdings nach wie vor über diesen Punkt. Die Ereignisse in Kapitel 17 werden in der Mitte
der sieben Jahre erfüllt sein, während das in Kapitel 18 Geschilderte
erst am Ende dieser Zeitspanne, unmittelbar vor dem Kommen Christi,
eintreten wird. Die Verwüstung Babylons ist der letzte vernichtende
Schlag gegen die Heiden, deren Herrschaftszeit mit dem Angriff des
babylonischen Heeres auf Jerusalem im Jahre 605 v. Chr. begann (vgl. Lk
21,24 ). Durch die zusätzlichen Erkenntnisse und
Informationen über die großen, weltweiten religiösen und politischen
Strömungen während der letzten sieben Jahre, die der Leser in Kapitel
17; 18 erhält, ist nun alles bereit für den Höhepunkt des Buches der
Offenbarung, den zweiten Advent Christi ( Offb 19 ). L. Der Jubel im Himmel ( 19,1 - 10 ) 1. Das Halleluja der großen Schar im Himmel ( 19,1-3 ) Offb 4-18 befaßte sich in erster Linie mit den
Ereignissen in der Zeit der Großen Trübsal. Von Kapitel 19 an ändert
sich der Inhalt der Schrift vollkommen. Die Große Trübsal geht nun zu
Ende und das zweite Kommen Christi rückt in den Blick. Für die Heiligen
und Engel beginnt damit eine Zeit der Freude und des Sieges Christi. Offb 19,1 In Kapitel 19 begann Johannes mit der Schilderung
einer chronologischen Abfolge von Ereignissen, wie das
Wörtchen danach ( meta tauta , wörtlich "nach diesen Dingen", d. h.,
nach den Ereignissen von Kapitel 18 ) deutlich macht. Der Apostel hörte
... etwas wie eine große Stimme vieler Menschen im Himmel , die Gott -
offensichtlich für sein Gericht über Babylon - priesen. Die Exegeten
haben sich von der Reihenfolge der Geschehnisse in Kapitel 19 -
20 häufig verwirren lassen, daher ist es wichtig festzuhalten, daß das
Lob in Offb 19,1 sich auf die Zerstörung Babylons in Kapitel 18 bezieht. Der Begriff "Stimme" ( phOnEn , wörtlich "Klang")
ist durch das Adjektiv "groß" ( megalEn ) näher spezifiziert. Dieser
laute Klang stammt von einer großen Schar ; dieselbe Wendung bezeichnet
in Offb 7,9 die Anzahl der in der Großen Trübsal umgekommenen Märtyrer.
Gerade für sie ist das Gericht über Babylon ein großer Triumph. Das
griechische Wort für Halleluja ist hallElouia , manchmal auch mit
"Allelujah" wiedergegeben. Es stammt von dem gleichlautenden hebräischen
Wort aus dem Alten Testament und steht im Neuen Testament nur viermal,
ausschließlich in Offb 19 (V. 1.3-4.6 ). Offb 19,2-3 Die himmlische Schar lobt die Herrlichkeit und
Macht Gottes, die Folge und Ursache seines rettenden Werkes ist, und
preist seine Gerichte als wahrhaftig und gerecht . Daß er die große
Hure vernichtet hat (vgl. Offb 17,1.4 ), ist die gerechte Rache für den
Märtyrertod seiner Knechte ( Offb 17,6 ). Die Strafe, die sie erlitt,
ist jedoch nur der Beginn der ewigen Strafe, die die schlechten Menschen
erwartet: Und ihr Rauch steigt auf in Ewigkeit. 2. Das Halleluja der vierundzwanzig Ältesten ( 19,4-5 ) Offb 19,4-5 Auch die vierundzwanzig Ältesten und die vier
Gestalten stimmen in den himmlischen Chor mit ein. Das ist ein weiterer
Beleg dafür, daß die vierundzwanzig Ältesten, die ja die Kirche des
gegenwärtigen Zeitalters repräsentieren, nicht mit den Heiligen aus der
Zeit der Großen Trübsal, die in Vers 1 als "große Schar" eingeführt
werden, identisch sind. Die vier Gestalten, von denen schon in Offb
4,6-8 die Rede war, scheinen Engelwesen zu sein, die Gott ebenfalls
loben. Doch noch eine andere Stimme, offenbar ebenfalls die Stimme eines
Engels, pries Gott und forderte alle ... Knechte Gottes ( Offb 19,5 )
auf, in den allgemeinen Lobgesang einzustimmen. 3. Die Weissagung über die Hochzeit des Lammes ( 19,6 - 9 ) Offb 19,6-9 Das vierte und letzte Halleluja stammt nach den
Worten des Johannes ebenfalls wieder von einer großen Schar , deren
Stimme wie eine Stimme großer Wasser und wie eine Stimme starker
Donner klang. Ihre Freude gilt allerdings eher den zukünftigen
Ereignissen als dem soeben erfolgten Gericht. In den Worten "denn der Herr, unser Gott, der
Allmächtige ( pantokratOr ; vgl. auch Offb
1,8;4,8;11,17;15,3;16,7.14;19,15;21,22 ) hat das Reich eingenommen" wird
das zweite Kommen Christi antizipiert. Gleichzeitig mit der
Aufforderung "laßt uns freuen" ergeht die Ankündigung, daß die Hochzeit
des Lammes ... gekommen (ist) und daß seine Braut ... sich bereitet
(hat) . Die Ehe wird in der Heiligen Schrift häufig als
Bild für die Beziehung der Gläubigen zu Gott gebraucht. Im Alten
Testament wird Israel, wie etwa im Buch Hosea, als untreue Frau Jahwes
dargestellt, deren Status im künftigen Königreich wiederhergestellt
werden muß. Im Neuen Testament ist die Ehe oft auch ein Bild für die
Gemeinschaft zwischen Christus und der Kirche. Die Vorstellung ist hier
jedoch, daß die Kirche im Gegensatz zum alttestamentlichen Israel eine
jungfräuliche Braut ist, die auf das Kommen ihres himmlischen Bräutigams
wartet ( 2Kor 11,2 ). Mit dem reinen Leinen , mit dem die Braut sich
schmücken soll, ist die Gerechtigkeit der Heiligen gemeint ( Offb
19,8 ). (Im Alten Testament bestand das Gewand des Hohenpriesters unter
anderem aus Leinen: 2Mo 28,42; 3Mo 6,3; 3Mo 16,4.23.32 .) "Die
Gerechtigkeit der Heiligen", auf die hier Bezug genommen wird, erwächst
zwar aus der Gnade Gottes, doch scheint es an dieser Stelle stärker um
die Werke der "Braut" zu gehen als um ihren Stand als durch den Glauben
Gerechtfertigte. Dies ist die letzte von insgesamt vierzehn
Stellen im Buch der Offenbarung, an denen Ausrufe des Gotteslobes von
seiten der Heiligen, Engel, der 24 Ältesten und/oder von den vier
Gestalten laut werden. Hymnen und Lobrufe finden sich in Offb
4,8.11;5,9-10.12-13;7,10.12;11,16-18;15,3-4;16,5-7;19,1-4.6-8 (vgl. die
Tabelle bei Offb 4,8 ). Offenbarung Offb 19,9 Der Engel, der Johannes befahl, das Gesehene
aufzuschreiben ( Offb 14,13 ), wies ihn erneut an, die Botschaft
weiterzugeben: Selig sind, die zum Hochzeitsmahl des Lammes berufen
sind. Eine der falschen Deutungen, unter denen die
christliche Kirche zu leiden hatte, ist die Vorstellung, daß Gott alle
Gläubigen genau gleich behandelt. Eine wörtliche Auslegung der Bibel
unterscheidet dagegen zwischen verschiedenen Gruppen von Heiligen - wie
an dieser Stelle die Braut von denen, die zum Hochzeitsmahl geladen
sind, unterschieden ist. Statt mit allen genau gleich zu verfahren, hat
Gott für Israel als Volk und für jene in Israel, die gerettet sind,
einen ganz bestimmten Plan. Daneben verfolgt er ein konkretes Ziel mit
den Heiden im Alten Testament, die zum Glauben an Gott kommen. Im Neuen
Testament entfaltet er wiederum einen Heilsplan für die Kirche als eine
weitere Gruppe von Heiligen. In der Offenbarung werden die Heiligen aus
der Zeit der Großen Trübsal von anderen, früheren Gruppierungen
abgehoben. Es geht bei dieser Unterscheidung nicht so sehr um
verschiedene Formen der Segnung als vielmehr darum, daß Gott für jede
dieser Gruppen einen ganz eigenen Plan hat, der in Beziehung zu ihrer
speziellen Stellung innerhalb seines großen Heilsplanes steht. An dieser
Stelle wird der Kirche - der Braut - von den Engeln und den Heiligen,
die nicht mit ihr identisch sind, aufgewartet. Die Ausleger haben sich darüber gestritten, ob
die Hochzeit zwischen Jesus und der Kirche im Himmel oder auf Erden
stattfinden wird. Diese Frage ist im Grunde nicht so wichtig, doch das
interpretative Problem in diesem Zusammenhang läßt sich lösen, wenn man
die hier beschriebene Feier mit den Hochzeitsfesten im 1. Jahrhundert
vergleicht. Normalerweise umfaßte eine Hochzeit damals die folgenden
Schritte: (1) die gesetzliche Schließung der Ehe durch die Eltern der
Braut und des Bräutigams mit der Bezahlung der Mitgift; (2) das Kommen
des Bräutigams, der die Braut für sich beanspruchte (wie es in Mt
25,1-13 in dem bekannten Gleichnis von den zehn Jungfrauen geschildert
wird); (3) das Hochzeitsmahl (wie es in Joh 2,1-11 dargestellt wird),
das sich als mehrtägiges Fest an die vorangehenden Formalia anschloß. Das "Hochzeitsmahl" in Offb 19,9 stellt also den
dritten Schritt der festlichen Abfolge dar. Die Ankündigung dieses
Festes fällt mit dem zweiten Kommen Christi zusammen. Es hat daher den
Anschein, als ob das Mahl selbst noch nicht begonnen hat. Die erste
Stufe der Erfüllung dieses Bildes liegt also in der Rettung der
Gläubigen im Kirchenzeitalter. Die zweite Stufe wird bei der Entrückung
der Kirche erreicht, wenn Christus seine Braut in den Himmel, das Haus
seines Vaters, bringt ( Joh 14,1-3 ). Mit dem Beginn des Tausendjährigen
Reiches erfüllt sich dementsprechend die letzte Stufe, das Symbol des
Hochzeitsmahls ( gamos ). Es ist wichtig, sich klarzumachen, daß der
Gebrauch des Wortes "Braut" in Offb 19,7 ( gynE , wörtlich "Frau") den
Abschluß des zweiten Schrittes der Hochzeit voraussetzt und damit nur
noch das Festmahl aussteht. (Das sonst für "Braut" gebrauchte Wort
ist nymphE ; vgl. Joh 3,29; Offb 18,23;21,2.9;22,17 .) All das deutet darauf hin, daß das Hochzeitsfest,
um das es hier geht, ein irdisches Fest ist - was auch mit den
Darstellungen von Hochzeitsfeiern in der Bibel übereinstimmt ( Mt
22,1-14; Mt 25,1-13 ) - und mit dem Beginn des Tausendjährigen Reiches
auf Erden zusammenfällt. Die Bedeutung der Ankündigung und der Einladung
zum Hochzeitsmahl, die in Offb 22,17 nocheinmal wiederholt wird, erhält
zusätzliches Gewicht durch die Worte des Engels: Dies sind wahrhaftige
Worte Gottes. 4. Das Gebot, Gott anzubeten ( 19,10 ) Offb 19,10 Die himmlische Szenerie mit den vier großen
Hallelujas und der Ankündigung des Hochzeitsfestes war so überwältigend,
daß Johannes abermals niederfiel, um den Engel anzubeten (vgl. Offb
1,17 ). Bei seinem ersten Niederfallen galt seine Anbetung allerdings
Christus und war daher gerechtfertigt. Hier jedoch tadelte ihn der Engel
und forderte ihn auf, Gott allein und nicht ihn zu ehren, da er nur
ein Mitknecht des Apostels sei. Er f¨gte hinzu: Das Zeugnis Jesu aber
ist der Geist der Weissagung , d. h., das Wesen oder das Ziel der
Weissagung ist es, Jesus Christus zu bezeugen und ihn allein zu
verherrlichen. In unserer Zeit ist es eine der besonderen Aufgaben des
Heiligen Geistes, Christus zu verherrlichen und den Gläubigen zu zeigen,
"was zukünftig ist" ( Joh 16,13 ). Die ungeheuerliche Offenbarung in den
ersten zehn Versen von Offb 19 führt in angemessener Weise in das ein,
was nun enthüllt werden soll: das zweite Kommen Jesu Christi, den
eigentlichen Gegenstand des ganzen Buches ( Offb 1,1 ). M. Die Wiederkunft Christi ( 19,11-21 ) In dem geöffneten Himmel, in den Johannes
hineinsehen konnte, erblickte er ein Bild für die bevorstehende
Wiederkunft Christi und die Ereignisse, die auf diese Wiederkunft
folgen. Das zweite Kommen Christi ist ein wichtiger Bestandteil der
Lehre der Heiligen Schrift ( Ps 2,1-9; 24,7-10; 96,10-13; 110; Jes
9,5-6; Jer 23,1-8; Hes 37,15-28; Dan 2,44-45; 7,13-14; Hos 3,4-5; Am
9,11-15; Mi 4,7; Sach 2,10-15; 12; 14,1-9; Mt 19,28; 24,27-31;
25,6.31-46; Mk 13,24-27; Lk 12,35-40; 17,24-37; 18,8; 21,25-28; Apg
1,10-11; 15,16-18; Röm 11,25-27; 2Thes 2,8; 2Pet 3,3-4; Jud 1,14-15;
Offb 1,7-8; 2,25-28; 16,15; 22,20 ) und daher ganz offenbar auch ein
entscheidendes Element des göttlichen Heilsplanes. Die konservativen Exegeten sind nahezu einhellig
der Ansicht, daß dieses Ereignis noch in der Zukunft liegt, wie die
orthodoxen Glaubensbekenntnisse im Laufe der Kirchengeschichte zeigen.
Wie das erste Kommen Christi wörtlich zu verstehen war und in der
Geschichte erfüllt wurde, so wird auch das zweite Kommen Christi, das in
der Zukunft liegt, Realität werden. Gleichzeitig entstand allerdings unter den
konservativen Gelehrten die Frage, ob die Entrückung der Kirche, von der
so wichtige Passagen wie 1Thes 4,13-18 und 1Kor 15,51-58 sprechen, bei
der Wiederkunft Christi auf die Erde oder, wie diejenigen sagen, die die
These vertreten, daß die Kirche vor der Zeit der Großen Trübsal entrückt
wird, bereits sieben Jahre vor dieser Wiederkunft stattfinden wird. Dabei muß festgehalten werden, daß keine der
Einzelheiten, die in Offb 19,11-21 erwähnt werden, sich auf die
Entrückung der Kirche beziehen kann. Wie die Offenbarung bestätigt,
kehrt Christus zwar zurück, doch in den Passagen über die Entrückung ist
nirgendwo die Rede davon, daß er dabei die Erde berühren wird, denn die
Gläubigen werden ihm entgegen in die Wolken gehoben ( 1Thes 4,17 ). Man darf außerdem nicht übersehen, daß in Offb
19-20 völliges Stillschweigen über die Entrückung der dann noch lebenden
Heiligen bewahrt wird. Die Stelle läßt vielmehr nur den Schluß zu, daß
die Christen, die bei der Wiederkunft Christi auf Erden leben, dort
bleiben und in ihren irdischen Leibern in das Tausendjährige Reich
eingehen werden. Wenn die Entrückung der Kirche tatsächlich Teil der
Wiederkunft Christi wäre, so könnte man doch erwarten, daß ein so
wichtiges Ereignis in Offb 19 erwähnt würde. Das ist jedoch nicht der
Fall. Aus diesen und vielen anderen Gründen bestätigt also Kapitel
19 die Lehrauffassung, daß die Entrückung der Kirche ein eigenes,
bereits früher stattfindendes Ereignis ist und daß die Christen, die zur
Zeit der Wiederkunft Christi noch leben werden, nicht entrückt werden.
(Weitere Erörterungen zu diesem Thema s. John F. Walvoord, The Rapture
Question .) 1. Die Offenbarung des Reiters auf dem weißen
Pferd ( 19,11 - 13 ) Offb 19,11-13 Als Johannes in den Himmel hineinsah, erblickte
er Christus, der ein weißes Pferd ritt. Der Reiter des weißen Pferdes
wird zwar manchmal mit dem Reiter in Offb 6,2 gleichgesetzt, doch der
Kontext ist hier ein völlig anderer. Der Reiter in Offb 6,2 ist der
Weltherrscher in der Zeit der Großen Trübsal, der Reiter in Kapitel
19 kommt offensichtlich aus dem Himmel selbst. Das weiße Pferd ist ein
Bild für seinen bevorstehenden Triumph. Auch die siegreichen römischen
Generäle nahmen auf weißen Pferden an der Siegesparade teil, die durch
die Via Sacra, eine Hauptverkehrsstraße Roms, zog. Ihnen folgten die
Beweise ihres Sieges in Gestalt der Beuteschätze und der
Kriegsgefangenen (vgl. 2Kor 2,14 ). Das weiße Pferd an dieser Stelle ist
also ein Sinnbild für den Triumph Christi über die bösen Mächte der
Welt. Dieser Triumph wird im folgenden in seinen Einzelheiten
beschrieben. Der Reiter des Pferdes hieß: Treu und Wahrhaftig, denn er
richtet und kämpft mit Gerechtigkeit . Wie schonungslos dieses Gericht
über die Sünde sein wird, kommt in den Worten "seine Augen sind wie eine
Feuerflamme" (vgl. Offb 1,14 ) zum Ausdruck, und die Rechtmäßigkeit der
Herrschaft Christi bestätigen die vielen Kronen. Er trug einen Namen
geschrieben, den niemand kannte als er selbst - ein Bild dafür, daß
Christus der Unvergleichliche, Unbeschreibbare ist. Dennoch führt er
bestimmte Titel. Offb 19,13 nennt einen davon: Und sein Name ist: Das
Wort Gottes (vgl. Joh 1,1.14; 1Joh 1,1 ), und in Offb 19,16 wird
berichtet, daß auf seinem Gewand und auf seiner Hüfte die Wendung "König
der Könige und Herr aller Herren" geschrieben steht (vgl. 1Tim 6,15;
Offb 17,14 ). Der Reiter ist also ganz eindeutig Jesus Christus, der in
Herrlichkeit auf die Erde zurückkehrt. Daß er als Richter kommt, zeigt
sein Gewand, das mit Blut getränkt war ( Offb 19,13; vgl. Jes 63,2-3;
Offb 14,20 ). 2. Das Kommen des Königs und seiner himmlischen
Heerscharen ( 19,14 - 16 ) Offb 19,14-16 Die Szenerie gewinnt noch an dramatischer
Ausdruckskraft durch das Heer des Himmels, das auf weißen Pferden reitet
und angetan ist mit weißem, reinem Leinen (vgl. V. 8 ). Aus dem Munde
Christi ging ein scharfes Schwert (vgl. Offb 1,16;2,12.16;19,21 ), daß
er damit die Völker schlage . Das hier gebrauchte Wort für "Schwert"
( rhomphaia ) bezeichnet ein ungewöhnlich langes Schwert, das manchmal
auch als Speer benutzt wurde - ein Instrument, das die Menschen
"durchbohrt". Außer mit dem Schwert wird er die Völker ... regieren mit
eisernem Stabe (vgl. Ps 2,9; Offb 2,27 ). Von Christus wird auch
gesagt: Er tritt die Kelter, voll vom Wein des grimmigen Zorns Gottes,
des Allmächtigen (vgl. Offb 14,19-20; vgl. auch "der Allmächtige"
in Offb 1,8;4,8;11,17;15,3;16,7.14;19,6;21,22 ). Diese Szene ist ein
eindrucksvolles Bild für die Schrecken des kommenden Gerichts, dessen
Zeugen die Menschen sein werden ( Mt 24,30 ). Dieses Geschehen im Himmel ist der letzte Schritt
des großen Weltkriegs, der viele Wochen dauern wird. Den Kämpfen im
ganzen Heiligen Land wird am Tag der Wiederkunft Christi eine
Straßenschlacht in Jerusalem folgen ( Sach 14,2 ). Die Menschen werden
durch Dämonen, die Satan schickt, auf die Schlachtfelder gelockt werden,
um sich den irdischen Heeren, die mit den himmlischen Heerscharen
kämpfen, anzuschließen (vgl. Offb 16,12-16 ). 3. Die Vernichtung der Bösen ( 19,17 - 21 ) Offb 19,17-18 Die irdischen Heere sind jedoch kein Gegner für
die himmlischen Heerscharen. Das scharfe Schwert aus dem Munde Christi
(V. 15 ) ist ein Symbol für die Vollmacht seines Befehls, dessen
göttliche Kraft alles, was sich ihm widersetzt, vernichten wird.
Tausende von Menschen und Pferden werden hier in einem Augenblick
sterben. So berichtete Johannes, daß er einen Engel in der Sonne stehen
(sah), und er rief mit großer Stimme allen Vögeln zu, die hoch am Himmel
fliegen: Kommt, versammelt euch zu dem großen Mahl Gottes und eßt das
Fleisch der Könige und der Hauptleute und das Fleisch der Starken und
der Pferde und derer, die darauf sitzen und aller anderen, die von
Christus getötet wurden. Offb 19,19-21 Das Tier und seine Heere werden sich versammeln,
um gegen Christus und seine Heerscharen zu kämpfen. Der Ausgang dieser
Schlacht - in Offb 16,14 als "Kampf am großen Tag Gottes, des
Allmächtigen" bezeichnet - wird in Offb 19,19-21 beschrieben. Die
Weltherrscher - das Tier ... und ... der falsche Prophet - werden
ergriffen . Ihre übernatürliche dämonische Macht wird ihnen nichts mehr
nützen, beide werden lebendig ... in den feurigen Pfuhl geworfen . Die schlechten Menschen aller Zeiten, die
gestorben sind, befinden sich im Hades ( Lk 16,23 ), während der
Feuerpfuhl, der nicht mit dem Hades identisch ist, zunächst dem Teufel
und seinen Engeln vorbehalten bleibt ( Mt 25,41 ). Erst zu einem
späteren Zeitpunkt werden auch die verdorbenen Menschen in diesen Pfuhl
geworfen werden ( Offb 20,14-15 ). Die versammelte Streitmacht Satans wird durch das
Schwert Christi fallen ( Offb 19,21; vgl. Offb 1,16;2,12.16;19,15 ). Die
Zahl der Toten wird so groß sein, daß sie den Geiern ein überreiches
Mahl bieten, mehr, als diese fressen können. Damit wird die Niederlage
der schlechten Menschen auf Erden endgültig besiegelt sein. In dem
späteren Gericht werden dann noch die Unerlösten in den anderen
Erdteilen ausfindig gemacht und in den Feuerpfuhl geworfen (vgl. Mt
25,31-45 ). Dasselbe inspirierte Gotteswort, das die Gnade
Gottes und die Rettung, die allen, die glauben, zugänglich ist, so
herrlich beschreibt, läßt keinen Zweifel an dem Gericht, das über alle
verhängt ist, die die Gnade Gottes ablehnen. Die Tendenzen der liberalen
Theologie, diejenigen biblischen Passagen, die von der Liebe Gottes
handeln, hervorzuheben und die, die sich mit seinem gerechten Gericht
befassen, zu vernachlässigen, sind biblisch gesehen völlig haltlos. Die
Aussagen über das Gericht stammen ebenso von Gott selbst und sind ebenso
gewiß wie diejenigen, die die Gnade und Rettung lehren. Die Bibel läßt
keinen Zweifel daran, daß auf die Bösen das Gericht wartet. Das zweite
Kommen Christi wird der Tag einer Bestrafung der Welt sein, wie sie seit
den Tagen Noahs, der Sintflut, nicht mehr gesehen wurde. N. Das Tausendjährige Reich ( 20,1 - 10 ) Dieses Kapitel bestätigt, daß Christus selbst
tausend Jahre lang auf Erden herrschen wird. Wenn man es wörtlich
versteht, bietet seine Deutung keinerlei Schwierigkeiten. Da viele
Bibelexegeten jedoch die Vorstellung ablehnen, daß Christus nach seinem
zweiten Kommen für tausend Jahre auf der Erde herrschen wird, zielen
ungewöhnlich viele Auslegungen der folgenden Passage auf eine Leugnung
des Tausendjährigen Reiches ab. Dabei gibt es drei Hauptthesen, die dann
jeweils noch variiert werden können. Die neueste These ist - vor allem
in den USA - unter dem Begriff "Postmilleniarismus" bekannt. Nach
Ansicht ihrer Verfechter beziehen sich die tausend Jahre, von denen
in Kapitel 20 die Rede ist, auf den Triumph des Evangeliums in der Zeit
bis zum zweiten Kommen Christi, die Wiederkunft Christi folgt also erst
auf das Tausendjährige Reich. Ausgehend von Daniel Whitby, einem
umstrittenen Schriftsteller des 17. Jahrhunderts, wurde diese These in
der Kirchengeschichte durch Autoren wie Charles Hodge, A. H. Strong,
David Brown bis hin zu Loraine Boettner weitergeführt. Ihre
optimistische Grundhaltung besagt, daß Christus durch das Werk der
Kirche und die Predigt des Evangeliums schon jetzt geistlich auf Erden
herrscht. Diese Ansicht ist jedoch im 20. Jahrhundert aufgrund des
Aufkommens vieler antichristlicher Tendenzen und der Erkenntnis, daß die
Welt in geistlicher Hinsicht keinerlei Fortschritte macht, revidiert
worden. Eine zweite wichtige Richtung ist der
"Amilleniarismus", der ein Tausendjähriges Reich oder eine Herrschaft
Christi auf Erden überhaupt leugnet. Das Tausendjährige Reich Christi
wird auf die geistliche Herrschaft in den Herzen der Gläubigen
reduziert. Seine Herrschaft besteht entweder über die Menschen auf
Erden, die an ihn glauben, oder im Himmel. Weder die amilleniaristische
noch die postmilleniaristische These erlauben es, Offb 20 wörtlich zu
verstehen. Gerade die Amilleniaristen bieten eine Vielzahl von Deutungen
der entsprechenden Passagen der Offenbarung an. Ihr Ansatz läßt sich mit
einiger Sicherheit nur bis in das 4. oder 5. Jahrhundert, auf
Augustinus, zurückverfolgen, nicht weiter. Zu den modernen Anhängern
dieser Theorie gehören so angesehene Theologen des 20. Jahrhunderts wie
Oswald Allis, Louis Berkhof, William Hendriksen, Abraham Kuyper, R.C.H.
Lenski und Gerhardus Vos. Eine dritte Deutung ist die prämilleniaristische,
die von der Annahme ausgeht, daß das Tausendjährige Reich auf das zweite
Kommen Christi folgt. Weil die Wiederkunft Christi dieser These nach vor
dem dem Tausendjährigen Reich stattfindet, kann man von einer
prämilleniaristischen Abfolge sprechen. Zu ihren Verfechtern gehören im
20. Jahrhundert Lewis Sperry Chafer, Charles L. Feinberg, A. C.
Gaebelein, H. A. Ironside, Alva McClain, William Pettingill, Charles C.
Ryrie, C. I. Scofield, Wilbur Smith und Merrill F. Unger. Die These
selbst läßt sich bis ins 1. Jahrhundert zurückverfolgen, bis zu Männern
wie Papias, Justinus Martyr und vielen anderen frühen Kirchenvätern. Die
Argumente, die sie stützen, basieren darauf, daß die Ereignisse
von Kapitel 20 auf Kapitel 19 folgen und nach dem zweiten Kommen Christi
eintreten. Viele Passagen der Schrift sprechen vom zweiten Kommen
Christi, dem sich eine gerechte Herrschaft auf Erden anschließt ( Ps 2;
24; 72; 96; Jes 2;9,5-6; 11-12;63,1-6; 65-66; Jer 23,5-6; 30,8-11; Dan
2,44; 7,13-14; Hos 3,4-5; Am 9,11-15; Mi 4,1-8; Zeph 3,14-20; Sach
8,1-8; Sach 14,1-9; Mt 19,28; Mt 25,31-46; Apg 15,16-18; Röm 11,25-27;
Jud 1,14-15; Offb 2,25-28;19,11-20,6 ). Aus dem Gesagten sollte klar geworden sein, daß
der Entscheidung, welcher Deutung von Offb 20 man den Vorzug gibt, große
Bedeutung zukommt, da von hier aus unsere Haltung zu den prophetischen
Passagen der Schrift überhaupt bestimmt wird. Wir vertreten die
Auffassung, daß die Ereignisse in Kapitel 20 auf Kapitel 19 folgen.
Viele Exegeten gehen außerdem davon aus, daß die Kapitel 21-22 ein
chronologisches Geschehen beschreiben (zu weiteren Erörterungen der
unterschiedlichen Deutungen s. Walvoord, Revelation , S. 282 - 290,
und The Millenial Kingdom , Grand Rapids 1959, S. 263 - 275). 1. Das Binden Satans ( 20,1-3 ) Offb 20,1-3 Kapitel 20 beginnt mit der vertrauten
Wendung "und ich sah einen Engel" (vgl. Offb
7,2;8,2;10,1;14,6;18,1;19,17 ). Das "und", mit dem dieses Kapitel
einsetzt, deutet darauf hin, daß das Folgende die Fortsetzung
von Kapitel 19 , das seinerseits mit "danach" begann, darstellt. Im
griechischen Text werden 18 Verse von Kapitel 19 mit "und" eröffnet.
Diese Konjunktion ( kai ) weist in der Schrift häufig auf eine Handlung
hin, die in logischer und/oder chronologischer Hinsicht auf die zuvor
beschriebene folgt. Dementsprechend kann Kapitel 20 also durchaus
Ereignisse schildern, die an Kapitel 19 anknüpfen, denn auch hier wird
das "und" ( kai ) immer wieder aufgenommen (bis auf V. 5.6 ). Weder
linguistisch noch grammatisch gesehen ist es daher unmöglich, daß diese
Geschehnisse auf das zweite Kommen Christi folgen und nacheinander
ablaufen. Neben dieser grammatikalischen Verbindung besteht
aber auch ein kausaler Zusammenhalt zwischen den Ereignissen, die der
Wiederkunft Christi folgen. Laut Kapitel 19 gehört dazu das Ende des
Tieres und des falschen Propheten und die Vernichtung ihrer Heere. Es
liegt auf der Hand, daß Christus sich, nachdem er den Weltherrscher, den
falschen Propheten und ihre Anhänger bestraft hat, Satan selbst
zuwendet, wie es in Kapitel 20 geschieht. Johannes sah einen Engel vom Himmel herabfahren,
der hatte den Schlüssel zum Abgrund und eine große Kette in seiner Hand.
Er ergriff Satan, den Drachen (vgl. Offb
12,3-4.7.9.13.16-17;13,2.4.11;16,13 ), die alte Schlange ( 12, 9.14 -
15 ), und fesselte ihn für tausend Jahre und warf ihn in den Abgrund und
verschloß ihn ..., damit er die Völker nicht mehr verführen sollte, bis
vollendet würden die tausend Jahre . Hier stellt sich eine wichtige Frage: Wurde Satan
beim ersten Kommen Christi gebunden, wie die Anhänger der These, daß es
gar kein Tausendjähriges Reich geben wird, annehmen, oder wird er erst
bei seinem zweiten Kommen gebunden werden, wie die Anhänger der These,
daß Christus vor der Errichtung des Tausendjährigen Reiches auf die Erde
zurückkehren wird, glauben? Offb 20,1-3 widerspricht ganz eindeutig den
Gegnern der These des Tausendjährigen Reiches und deren Deutung, daß
Satan beim ersten Kommen Christi gebunden wurde. In der ganzen Schrift
ist die Rede von der großen Macht, die der Teufel nicht nur über die
Welt, sondern auch über die Christen hat ( Apg 5,3; 1Kor 5,5; 1Kor 7,5;
2Kor 2,11;11,14;12,7; 1Tim 1,20 ). Die letzten Zweifel an der Realität
dieser Bedrohung müßten angesichts der Ermahnung von 1Pet 5,8 weichen:
"Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher
wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge." Die Anhänger der These, daß es kein
Tausendjähriges Reich geben wird, wenden dagegen ein, daß die Macht
Satans durch die Macht Gottes beschränkt wird. Doch das galt für alle
Zeiten, wie das Buch Hiob und auch andere Schriften zeigen. Die
Behauptung aber, daß Satan in unserer Zeit im Abgrund gefangen ist und
die Menschen tausend Jahre lang nicht versuchen darf, entspricht einfach
nicht den Tatsachen und erfordert eine rein "allegorische" Deutung
dieser und anderer nicht minder eindeutiger neutestamentlicher Passagen,
die vor den Aktivitäten Satans und seiner Macht warnen. Die Macht, die
der Teufel noch immer hat, zeigt sich auch in der Zeit der Großen
Trübsal, wenn er den Herrscher der Welt einsetzt ( Offb 13,4 ). Satan
wird zu Beginn der Großen Trübsal aus dem Himmel auf die Erde geworfen
werden und dann wirkungsvoller denn je sein Unwesen treiben ( Offb
12,9.13.15.17 ). Wenn Satan die modernen Menschen tatsächlich
täuscht, wie die Schrift sagt und die historischen Tatsachen beweisen,
dann liegt er nicht gefesselt im Abgrund, und die Errichtung des
Tausendjährigen Reiches steht noch aus. Diese Deutung wird auch durch
die Aussage gestützt, daß der Teufel nach dem Tausendjährigen Reich eine
kleine Zeit (losgelassen) wird ( Offb 20,3 ). Auch diese Stelle ergibt
nur einen Sinn, wenn man sie wörtlich versteht. Es wird also am Ende des
Tausendjährigen Reiches nochmals zu einem letzten Aufflackern der Macht
Satans kommen. 2. Die Auferweckung und Belohnung der Märtyrer ( 20,4 - 6 ) Offb 20,4 Als nächstes berichtete Johannes, daß er Throne
(sah) , auf denen die saßen, denen das Gericht übergeben worden war. Er
sah die Seelen derer, die enthauptet waren , weil sie dem Herrn und
seinem Wort in der Großen Trübsal treu geblieben waren. Die Tatsache,
daß Johannes all das sehen konnte, impliziert, daß die Gläubigen im
Himmel eine Art "Interimsleib" erhalten hatten und ihre Auferstehung
erwarteten. Man muß allerdings stets unterscheiden zwischen
dem, was Johannes erblickte, und was er als Offenbarung empfing. Er sah
die Seelen und erfuhr , daß ihre Besitzer enthauptet worden waren, weil
sie sich geweigert hatten, das Tier und sein Bild anzubeten und sein
Zeichen zu tragen. Er sah also nicht alle Seelen im Himmel, sondern nur
eine bestimmte Generation von Märtyrern, die zur Zeit des
Weltherrschers, des Tieres aus dem Meer ( Offb 13,1 ), gelebt hatten.
Wenn die Kirche vor der Trübsal entrückt wurde, wie die
prämilleniaristische These besagt, ist eine Aussonderung dieser
verstorbenen Märtyrer zur Auferstehung sinnvoll. Hätte eine solche
Entrückung jedoch nicht stattgefunden, so wäre es höchst ungewöhnlich,
daß alle Märtyrer früherer Generationen, ja die Kirche als ganze einfach
ignoriert und nur diese relativ kleine Gruppe genauer benannt wird. Offensichtlich erfuhr Johannes nicht, wer die
Personen auf den Thronen waren. Anscheinend handelte es sich bei ihnen
nicht um die toten Märtyrer selbst. Christus hatte einst vorhergesagt
( Lk 22,29-30 ), daß die zwölf Jünger "essen und trinken" sollten "an
meinem Tisch in meinem Reich und sitzen auf Thronen und richten die
zwölf Stämme Israels". Da die Jünger zugleich auch der Kirche, dem Leib
Christi, angehören, wäre es äußerst plausibel, daß sie es waren, die auf
den Thronen saßen. Nach den Worten der Schrift ist die Wiederkunft
Christi mit einer ganzen Reihe von Strafgerichten verknüpft. Das Tier
und der falsche Prophet werden in den Feuersee geworfen ( Offb 19,20 ),
Satan in den Abgrund ( Offb 20,1-3 ), und schließlich werden die
Märtyrer aus der Zeit der Großen Trübsal gerichtet und belohnt (V. 4 ).
Auch Israel ( Hes 20,33-38 ) und die Heiden ( Mt 25,31-46 ) werden
gerichtet. Diese verschiedenen Aburteilungen gehen dem Tausendjährigen
Reich voran und bereiten ihm den Weg. Johannes schrieb, daß die verstorbenen
Märtyrer lebendig (wurden) und regierten mit Christus tausend Jahre .
Das beinhaltet, daß auch ihre Leiber auferweckt wurden. Neben der
visuellen Offenbarung, die Johannes zuteil wurde, wurden ihm die
Bedeutung und das Wesen des Gerichtes, das hier stattfand, noch verbal
erläutert. Offb 20,5 Außerdem wurde ihm mitgeteilt, daß die andern
Toten ... nicht wieder lebendig (wurden), bis die tausend Jahre
vollendet wurden . Das bezieht sich auf die Auferstehung der schlechten
Menschen, die später genauer beschrieben wird (V. 11 - 15 ). Nach den Worten des Johannes war das, was er
sah, die erste Auferstehung . Die Anhänger der These, daß die Kirche
erst nach der Zeit der Großen Trübsal entrückt wird, sehen in dieser
Stelle einen Beleg für ihre Auffassung und dafür, daß es vor diesem
Zeitpunkt, in Übereinstimmung mit dem durch die Propheten verkündeten
Plan Gottes, keine Auferstehung geben wird. Es sollte allerdings jedem
klar sein, daß es sich hier auf keinen Fall um die chronologisch erste
Auferstehung handeln kann, da historisch ja Christus der erste Mensch
war, der mit einem verwandelten Leib von den Toten auferstand. Daneben
gab es noch die Auferstehung der "vielen Leiber" ( Mt 27,52-53 ) beim
Tod Jesu. Wie kann aber auf diesem Hintergrund die Auferstehung, von der
in Offb 20,5 berichtet wird, die "erste" sein? Der Kontext zeigt, daß "die erste Auferstehung"
(V. 5-6 ) im Gegensatz zur "zweiten Auferstehung" steht (V. 12 - 13 ),
der der "zweite Tod" folgt (V. 6.14 ). Sie ist die "erste" also in dem
Sinn, daß danach eine weitere folgt. Alle Gerechten werden, ganz gleich
zu welchem Zeitpunkt, vor der Auferweckung der schlechten Menschen am
Ende des Tausendjährigen Reiches auferstehen. Diese Aussage ist ein
Beleg dafür, daß die Auferstehung der Gerechten in verschiedenen Stufen
erfolgt. Christus war "der Erstling" ( 1Kor 15,23 ), dem die
zeichenhafte Auferstehung einer Anzahl von Heiligen voranging ( Mt
27,52-53 ). Danach wird die Kirche entrückt werden, ein Ereignis, bei
dem die verstorbenen Gläubigen auferweckt und die lebenden verwandelt
werden ( 1Thes 4,13-18 ). Die Auferstehung der zwei Zeugen wird in der
Zeit der Großen Trübsal erfolgen ( Offb 11,3.11 ). Dann, kurz nach der
Wiederkunft Christi auf die Erde, werden die Märtyrer aus der Großen
Trübsal auferstehen ( Offb 20,4-5 ). Dieser Gruppe sind möglicherweise
auch die alttestamentlichen Heiligen zuzurechnen, deren Auferweckung
offenbar um dieselbe Zeit stattfinden wird, auch wenn an dieser Stelle
nicht davon die Rede ist (vgl. Jes 26,19-21; Hes 37,12-14; Dan 12,2-3 ). Offb 20,6 Alle, die an der Auferstehung der Gerechten
teilnehmen, sind selig ... und heilig, und der zweite Tod hat keine
Macht über sie, sondern sie werden Priester Gottes und Christi sein und
mit ihm regieren tausend Jahre . Bei der Auferweckung der Gerechten vor
der Errichtung des Tausendjährigen Reiches werden die einzelnen Personen
ihre Identität und Gruppenzugehörigkeit wiedererhalten, wie etwa die an
Gott gläubigen Heiden und die gläubigen Israeliten aus der Zeit des
Alten Testaments, die Kirche des Neuen Testamentes und die Heiligen aus
der Zeit der Großen Trübsal. Es fällt auf, daß die Zeitangabe "tausend Jahre"
in Kapitel 20 sechsmal vorkommt. Diese Zeitspanne konnte nicht visuell
deutlich gemacht werden, sondern Johannes muß über sie in Kenntnis
gesetzt worden sein, d. h., seine Vision muß so beschaffen gewesen sein,
daß sie sich auf einen Zeitraum von tausend Jahren beziehen konnte.
Während die Amilleniaristen und andere dazu neigten, diese Zeitangabe
nicht wörtlich zu verstehen, gibt es andererseits keine klaren Belege,
die für eine symbolische Auslegung sprächen. Immerhin ist Kapitel 20 das
einzige Kapitel in der Offenbarung, in dem eine Zeit von tausend Jahren
erwähnt wird, und die Tatsache, daß die Angabe sechsmal wiederholt und
eindeutig als Zeitraum veranschaulicht wird, vor dem und nach dem sich
bestimmte Ereignisse abspielen, legt den Schluß nahe, daß hier durchaus
tatsächlich tausend Jahre gemeint sein dürften. Immerhin sind auch andere Zeitangaben in der
Offenbarung wörtlich zu nehmen (z. B. "zweiundvierzig Monate", Offb
11,2;13,5; "eintausendzweihundertsechzig Tage", Offb 11,3;12,6 ),
weshalb dasselbe sicherlich auch für "tausend Jahre" gilt. Wenn diese
Angabe einen nicht näher spezifizierten, längeren Zeitraum - etwa das
gegenwärtige Zeitalter zwischen Christi erstem und zweitem Kommen -
bezeichnen würde, wie die Amilleniaristen meinen, dann hätte Johannes
einfach nur gesagt, daß Christus "eine lange Zeit" herrschen würde, im
Gegensatz zu der "kleinen Zeit" der Freilassung Satans ( Offb 20,3 ). Folgende Ereignisse gehen dem Tausendjährigen
Reich voraus: (1) das zweite Kommen Christi, (2) die Vernichtung des
Tieres, das der falsche Prophet ist, und (3) der irdischen Heere, (4)
das Binden Satans und seine Gefangensetzung im Abgrund, (5) die
Einführung der Throne des Gerichts und (6) die Auferweckung der Märtyrer
der Großen Trübsal. Wenn man sie alle in der richtigen Reihenfolge
betrachtet, wird deutlich, daß sie den tausend Jahren und auch dem
zweiten Kommen Christi vorangehen. Die Schlußfolgerung, daß Christus vor
der Errichtung des Tausendjährigen Reiches auf die Erde zurückkehrt,
wird also durch die schlichte, wörtliche Auslegung dieser Passage
bestätigt. 3. Die endgültige Vernichtung Satans ( 20,7 - 10 ) Abgesehen davon, daß so oft von der Zeitspanne
der tausend Jahre die Rede ist, erfahren wir keine Einzelheiten über die
Herrschaft Christi auf Erden. Wir wissen lediglich, daß es eine Zeit
großer Segnungen sein wird. Nur bestimmte alttestamentliche Passagen
geben uns weiteren Aufschluß. In der Offenbarung geht es in erster Linie
darum, daß das Tausendjährige Reich auf das zweite Kommen Christi folgt. Offb 20,7-8 Johannes erfuhr aber auch, was am Ende
der tausend Jahre geschehen sollte: Der Satan wird losgelassen werden
aus seinem Gefängnis , dem Abgrund, und einen allerletzten Versuch
unternehmen, die Völker - hier als Gog und Magog - bezeichnet -
zum Kampf gegen Christus aufzustacheln. Seine Freilassung wird einen
weltweiten Aufstand gegen das Tausendjährige Reich Christi
heraufbeschwören. Die Heere, die sich gegen Christus versammeln, werden
so riesig sein, daß Johannes schrieb: Ihre Zahl ist wie der Sand am
Meer. Wer sind diese Menschen, die Satan zu diesem
Zeitpunkt noch folgen werden? Diejenigen, die die Zeit der Großen
Trübsal überleben, werden in ihrem irdischen Leib in das Tausendjährige
Reich eingehen. Sie werden Kinder bekommen und die Erde wieder bevölkern
( Jes 65,18-25 ). Doch auch unter den dann herrschenden idealen
Umständen, wenn alle Menschen auf der Welt Jesus Christus kennen
(vgl. Jer 31,33-34 ), werden manche nur ein Lippenbekenntnis zu ihm
ablegen und nicht wirklich glauben, daß sie ihre Rettung ihm verdanken.
Wenn dann Satan freigelassen wird, wird offenbar werden, daß sie nicht
wirklich zu Christus gehören. Die Heerscharen, die Satan in dem Kampf
gegen Christus folgen, werden also diejenigen Menschen sein, die im
Tausendjährigen Reich nicht wiedergeboren werden. Es ist die Frage gestellt worden, ob der hier
beschriebene Krieg eine Entsprechung zu Hes 38-39 darstellt, wo
ebenfalls von Gog und Magog die Rede ist ( Hes 38,2 ). Es handelt sich
jedoch offensichtlich um zwei verschiedene Schlachten, denn die Heere,
die an dem Krieg in Hes 38-39 teilnehmen, kommen vor allem aus dem
Norden; zu ihnen gehören also nur wenige Völker. In der Schlacht in Offb
20,7-9 dagegen werden alle Völker der Erde mitkämpfen, und die Heere
werden aus allen Himmelsrichtungen kommen. Auch die Einzelheiten der beiden Kriege sind
völlig verschieden. In der Schlacht in Hes 38-39 ist z. B. weder von
Satan noch vom Tausendjährigen Reich die Rede. Aus dem Kontext von Offb
20,7 wiederum geht eindeutig hervor, daß diese Schlacht am Ende des
Tausendjährigen Reiches stattfindet, wohingegen die Schlacht, von der
Hesekiel berichtet, in die Ereignisse der Endzeit vor dem zweiten Kommen
Christ gehört. Warum gebrauchte Johannes dann die Begriffe "Gog
und Magog"? In der Schrift wird dieser Ausdruck nicht erklärt. Er kann
auch hier gestrichen werden, ohne daß sich die Bedeutung des Satzes
verändert. In Hes 38 war Gog der Herrscher und Magog das Volk. Beide
waren Feinde Israels und hatten sich gegen Gott aufgelehnt. Es wäre
denkbar, daß die beiden Namen im Laufe der Zeit eine symbolische
Bedeutung angenommen haben, so wie man z. B. vom "Waterloo" einer Person
spricht und mit dem Ort der endgültigen Niederlage Napoleons nur noch
die persönliche Niederlage dieses einen Menschen meint. Auf jeden Fall
befanden sich auch die Heere, von denen an dieser Stelle die Rede ist,
in jenem Zustand der Auflehnung gegen Gott, derer sich die Menschen
in Hes 38 schuldig gemacht hatten. Offb 20,9 Die Heere werden das Heerlager der Heiligen und
die geliebte Stadt umzingeln. Damit kann nur Jerusalem gemeint sein, das
die Hauptstadt des Tausendjährigen Reiches sein wird (vgl. Jes 2,1-5 ).
Auf diese militärische Aktion folgt das sofortige Gericht. Feuer wird
vom Himmel fallen und sie verzehren. Im Gegensatz zu Hes 38 ist an dieser Stelle weder
von Erdbeben noch von Hagel oder anderen Katastrophen die Rede. Die
einzige Ähnlichkeit zwischen den beiden Passagen besteht darin, daß in
beiden Fällen Feuer vom Himmel fällt, wie es sehr oft im Rahmen des
göttlichen Gerichts über die Erde geschah (vgl. 1Mo 19,24; 2Mo 9,23-24;
3Mo 9,24; 3Mo 10,2; 4Mo 11,1; 4Mo 16,35; 4Mo 26,10; 1Kö 18,38; 2Kö
1,10.12.14; 1Chr 21,26; 2Chr 7,1.3; Ps 11,6; usw.). Offb 20,10 Nach der Vernichtung der Gefolgschaft Satans wird
er selbst in den Pfuhl von Feuer und Schwefel geworfen werden. Diese
Strafe, die ihm und seinen Dämonen widerfährt, ist das letzte Gericht
über Satan (vgl. Mt 25,41 ). Für die Lehre von der ewigen Bestrafung ist
vor allem der abschließende Satz relevant: Sie werden gequält werden Tag
und Nacht, von Ewigkeit zu Ewigkeit . Das Pronomen "sie" schließt den
Teufel, das Tier und den falschen Propheten ein. Der "Pfuhl von Feuer
und Schwefel" ist nicht gleichbedeutend mit einer völligen Vernichtung,
denn das Tier und der falsche Prophet sind noch tausend Jahre nach ihrer
endgültigen Verurteilung dort ( Offb 19,20 ). O. Das Gericht vor dem Großen Weißen Thron ( 20,11 - 15 ) 1. Die Auferstehung und das Gericht über die
schlechten Menschen ( 20,11 - 13 ) Offb 20,11 Die letzten fünf Verse von Kapitel 20 handeln vom
Gericht am Ende der menschlichen Geschichte und am Anfang der Ewigkeit.
Johannes notierte: Ich sah einen großen weißen Thron . Die Ereignisse,
die hier geschildert werden, geschehen eindeutig nach den tausend
Jahren, von denen in Vers 1-6 die Rede war. Der Große Weiße Thron ist
offenbar nicht mit jenem Thron gleichzusetzen, der über dreißigmal in
der Offenbarung erwähnt wird (zum erstenmal in Offb 4,2 ). Er befindet
sich anscheinend weder im Himmel noch auf der Erde, sondern im Raum, wie
die Aussage vor seinem Angesicht flohen die Erde und der Himmel, und es
wurde keine Stätte für sie gefunden vermuten läßt. Wer auf diesem Thron
sitzt, wird nicht gesagt, doch wahrscheinlich ist es wie in Offb
3,21 Christus selbst (vgl. Mt 19,28;25,31; Joh 5,22; 2Kor 5,10; der
Thron, von dem in diesen Passagen gesprochen wird, ist allerdings nicht
unbedingt identisch mit dem Großen Weißen Thron in Offb 20,11 ). Während
er nach seiner Himmelfahrt auf einem Thron im Himmel sitzt und später,
im Tausendjährigen Reich, auf dem Thron Davids auf Erden sitzen wird
( Mt 25,31 ), stellt dieses Gericht vor dem Großen Weißen Thron eine
ganz besondere, einmalige Situation dar. Die Menschen haben sich immer wieder die Frage
gestellt, ob die Erde und der Sternenhimmel, wie wir sie heute
erblicken, zu diesem Zeitpunkt in der Zukunft zerstört oder einfach in
einen neuen, reinen Zustand versetzt werden. Viele Stellen in der Bibel
legen den Schluß nahe, daß die Erde und der Himmel, die wir kennen,
vernichtet werden (vgl. Mt 24,35; Mk 13,31; Lk 16,17; Lk 21,33; 2Pet
3,10-13 ). Diese Sichtweise findet zusätzliche Bestätigung in der
einleitenden Aussage von Offb 21 : Der erste Himmel und die erste Erde
sind vergangen. Das gegenwärtige Universum ist wie eine
gigantische Uhr, die abläuft und, wenn sie sich selbst überlassen wird,
schließlich in einen Zustand des völligen Stillstands übergeht. Nachdem
Gott das Universum geschaffen und in Bewegung versetzt hat, um darin das
Drama von Sünde und Erlösung aufzuführen, scheint es nur angemessen, den
Neubeginn in einem neuen Himmel und mit einer neuen Erde, die auf seinen
ewigen Plan zugeschnitten sind und auf einem anderen Prinzip basieren,
zu wagen. Der neue Himmel und die neue Erde, von denen in Kapitel
21 erzählt wird, haben denn auch keinerlei Ähnlichkeit mit der
gegenwärtigen Erde und dem gegenwärtigen Himmel. Offb 20,12 Der Große Weiße Thron, den Johannes erblickte,
wurde errichtet, um die Toten zu richten. Der Apostel beobachtete,
daß die Toten, groß und klein ... vor dem Thron standen. Aus anderen
Schriftstellen gewinnt man den Eindruck, daß die gerechtfertigten Toten,
einschließlich der Heiligen des Alten Testamentes, der Toten aus der
Zeit der Großen Trübsal und der Gläubigen der Kirche, des Leibes
Christi, zu diesem Zeitpunkt bereits auferstanden sind (vgl. den
Kommentar zu V. 5 ). Es ist deshalb anzunehmen, daß die Verse 11 -
15 sich auf das Gericht über die schlechten Menschen beziehen, die laut
Vers 5 erst nach dem Tausendjährigen Reich auferweckt werden und keinen
Teil an der sogenannten "ersten Auferstehung" haben. Bei diesem Gericht sah Johannes Bücher, die
aufgetan wurden, einschließlich eines besonderen Buches, das als
das Buch des Lebens bezeichnet wurde. Der Text sagt nichts Genaueres
darüber, um was für Bücher es sich dabei handelte, doch die ersten
Bücher, die aufgeschlagen wurden, nahmen möglicherweise auf die Werke
der Menschen bezug, während das "Buch des Lebens" die Namen all derer
enthält, die gerettet sind (vgl. Offb 3,5;13,8;17,8;20,15;21,27 ). Die
Tatsache, daß diese Toten zuvor nicht auferweckt wurden, beweist, daß
sie des ewigen Lebens nicht teilhaftig werden und daß das Urteil über
sie sich nach ihren Werken richtet. Das ganze letzte Gericht befaßt sich mit
menschlichen Werken: mit den Werken der Christen, die vor dem
Richterstuhl Christi belohnt werden, aber auch mit den Werken der
Unerlösten, um die es an dieser Stelle geht. Die Frage, wer gerettet
wird, entscheidet sich letztlich nicht im Himmel, sondern im Leben auf
der Erde. Was hier enthüllt wird, ist die Bestätigung des Schicksals des
einzelnen durch das, was bei Gott aufgeschrieben steht. Manche Theologen sind der Ansicht, daß im "Buch
des Lebens" die Namen aller Menschen verzeichnet sind und die Namen der
Unerlösten darin gelöscht werden, wenn sie sterben. Es ist jedoch
besser, davon auszugehen, daß dieses Buch eine Liste der Geretteten
enthält, deren Namen "geschrieben stehen im Buch des Lebens vom Anfang
der Welt an" ( Offb 17,8 ). Doch gleichgültig, welcher These man den
Vorzug gibt, zum Zeitpunkt des Gerichts vor dem Weißen Thron stehen auf
jeden Fall nur noch die Geretteten im Buch des Lebens. Offb 20,13 Damit die schlechten Menschen gerichtet werden
können, (gab) das Meer die Toten heraus, die darin waren, und der Tod
und sein Reich gaben die Toten heraus . Diejenigen, die zum Zeitpunkt
ihres Todes unerlöst sind, kommen unverzüglich, bei vollem Bewußtsein,
an einen Ort, an dem sie bestraft werden und der im Alten Testament als
"Scheol" und im Neuen Testament als "Hades" bezeichnet wird. Weder
Scheol noch Hades sind ewig und dürfen daher nicht mit der Hölle
gleichgesetzt werden, dem Ort der ewigen Strafe. Der Feuersee (V. 14 -
15 ) dagegen, der "Pfuhl von Feuer und Schwefel" ( Offb 19,20 ), ist
identisch mit der Hölle (vgl. Mt 5,22.29-30; Mt 10,28; Mt 18,9; Mt
23,15.33; Mk 9,43.45.47; Lk 12,5; Jak 3,6 ). Diese "Gehenna", wie es im
Urtext heißt, war ursprünglich eine brennende Müllhalde im Hinnomtal,
südlich von Jerusalem. Der Bedeutungshorizont des Begriffes geht jedoch
weit über die geographische Bezeichnung hinaus und bezieht sich in der
Bibel auf die ewige Strafe. Die Aussage "der Tod und sein Reich gaben die
Toten heraus" bedeutet, daß die Leiber der Unerlösten wieder mit ihrem
Geist, der im Hades weilte, vereinigt wurden. Daß auch "das Meer" seine
Toten herausgab macht deutlich, daß jeder Leib, gleichgültig, wie
verwest er ist, zum Gericht auferweckt wird. Offb 20,14-15 Nach dem Gericht vor dem Großen Weißen Thron
wurden der Tod und sein Reich ... geworfen in den feurigen Pfuhl. Das
ist der zweite Tod: der feurige Pfuhl , dem letzten Aufenthaltsort der
bösen Menschen. Die Lehre von der ewigen Strafe war für die Christen,
die sich der Gnade Gottes und der Erlösung in Christus erfreuen, immer
ein Problem. Die Bibel geht jedoch eindeutig davon aus, daß die
Bestrafung der schlechten Menschen von ewiger Dauer ist. Das wird in
Vers 10 bekräftigt: Das Tier und der falsche Prophet befinden sich noch
immer, auch nach den tausend Jahren der Herrschaft Christi auf Erden, im
Feuersee. Zwar werden auch die schlechten Menschen auferstandene Leiber
erhalten, doch diese Leiber werden ganz anders beschaffen sein als die
der Heiligen. Ihre Besitzer werden weiter sündigen, doch sie werden
dabei unverletzbar und unsterblich sein und auf ewig im Feuersee
vegetieren. Obwohl viele Theologen versucht haben, aus der
Schrift abzuleiten, daß die Lehre von der ewigen Strafe nicht richtig
ist, gibt es, was die biblische Offenbarung betrifft, nur zwei Wege für
die Seelen der Menschen: Der eine führt zur Gemeinschaft mit dem Herrn
und der andere in die ewige Geschiedenheit von Gott im Feuersee. Diese
ernste Tatsache ist Grund genug, das Evangelium um jeden Preis bis ans
Ende der Welt zu tragen und alles nur Denkbare zu tun, um die Menschen
mit der guten Nachricht bekannt zu machen und sie zu Christus zu
bekehren, bevor es zu spät ist. P. Der neue Himmel und die neue Erde ( 21,1-22,5 ) 1. Die Erschaffung des neuen Himmels und der
neuen Erde ( 21,1 ) Offb 21,1 Die Einleitungsverse von Kapitel 21 handeln von
der Erschaffung des neuen Himmels und der neuen Erde, die chronologisch
auf das Tausendjährige Reich Christi, von dem in Kapitel 20 die Rede
war, folgt. Kapitel 21 beginnt wieder mit der vertrauten Wendung "und
ich sah" , die in Vers 2 nochmals wiederholt wird (vgl. V. 22 , "und ich
sah keinen"). Bei dieser neuen Schöpfung handelt es sich um einen neuen
Himmel und eine neue Erde . Daß dabei wirklich ein neuer Himmel und eine
neue Erde entsteht und nicht etwa eine Erneuerung der gegenwärtigen Erde
und des gegenwärtigen Himmels vorgenommen wird, macht der Zusatz
deutlich: Denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen (vgl.
auch den Kommentar zu Offb 20,11 ). Es wird erstaunlich wenig über
diesen neuen Himmel und die neue Erde ausgesagt, doch eine wichtige
Tatsache wird in diesem Vers noch festgehalten: Und das Meer ist nicht
mehr. Im Gegensatz zur gegenwärtigen Erde, die zum
größten Teil von Wasser bedeckt ist, wird es auf der neuen Erde keine
großen Gewässer mehr geben. Über die Beschaffenheit des neuen Himmels
schweigt die Bibel ebenfalls bis auf die Anmerkung, daß es keine Sonne
und keinen Mond und damit vermutlich auch keine Sterne mehr geben wird
( Offb 21,23 ). Die Bezeichnung "neuer Himmel" bezieht sich dabei nicht
auf den Aufenthaltsort Gottes, sondern auf die Erdatmosphäre und den
Weltraum. Wir erfahren nichts über die Grenzen dieser neuen
Erde und nichts über ihr Aussehen, ihre Vegetation, Farbe oder Gestalt.
Implizit läßt sich jedoch ableiten, daß sie rund ist und daß die
Erlösten auf ihr wohnen. Einige andere Hinweise in bezug auf die neue
Erde finden sich z. B. bei Jesaja ( Jes 65,17; 66,22 ) und im 2.
Petrusbrief ( 2Pet 3,10-13 ). Weil es in einigen dieser Passagen zugleich auch
um das Tausendjährige Reich geht, haben die Ausleger häufig die Ewigkeit
mit dem Tausendjährigen Reich verwechselt. Es kommt jedoch sehr oft in
der Schrift vor, daß weit auseinanderliegende Ereignisse zusammengesehen
werden. Ein Beispiel dafür ist Jes 61,1-2 (vgl. Lk 4,17-19 ), wo vom
ersten und zweiten Kommen Christi in einem Atemzug die Rede ist, und Dan
12,2 , wo die Auferstehung der Gerechten und die der schlechten Menschen
gemeinsam erwähnt wird, obwohl sie nach Offb 20,5 tausend Jahre
auseinanderliegen. Manchmal wird auch die chronologische Abfolge
umgekehrt, wie in Jes 65,17-25 (V. 17 - 19 beziehen sich auf den neuen
Himmel und die neue Erde, während V. 20 - 25 eindeutig vom
Tausendjährigen Reich handeln). Auch in 2Pet 3,10-13 werden die
Geschehnisse der Endzeit stark aneinander angenähert und der Beginn und
das Ende des Tages des Herrn im selben Abschnitt zusammengefaßt. Obwohl die Exegeten sich über diesen Punkt uneins
waren, stützt das Auslegungsprinzip, daß klare Passagen zur Erhellung
dunkler Passagen benutzt werden sollten, die Schlußfolgerung, daß dem
zweiten Kommen Christi eine tausendjährige Herrschaft auf der Erde
folgt, der sich wiederum die Erschaffung eines neuen Himmels und einer
neuen Erde, des Wohnorts der Heiligen in Ewigkeit, anschließt. Da es
außer der Tatsache, daß es kein Meer mehr geben wird, keinerlei
geographische Hinweise auf die Beschaffenheit der neuen Erde gibt, wird
sie offensichtlich vollkommen anders aussehen als die gegenwärtige Erde.
Im Zusammenhang mit dem Tausendjährigen Reich dagegen ist sehr oft die
Rede vom Meer (z. B. Ps 72,8; Jes 11,9.11; Hes 47,8-20; Hes 48,28; Sach
9,10; Sach 14,8 ). Daraus ist eindeutig zu schließen, daß der neue
Himmel und die neue Erde nichts mit dem Tausendjährigen Reich zu tun
haben und deshalb auf keinen Fall damit verwechselt werden dürfen. 2. Das Neue Jerusalem ( 21,2 - 8 ) Offb 21,2 Johannes' Aufmerksamkeit wurde auf eine
Besonderheit des neuen Himmels und der neuen Erde gelenkt, auf die
heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herab auf die
Erde gesenkt, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann . Das
neue Jerusalem ist "die heilige Stadt", im Gegensatz zum irdischen
Jerusalem (das seiner geistlichen Verfassung nach in Offb 11,8 mit Sodom
verglichen wird). Schon in Offb 3,12 wurde das Neue Jerusalem als die
"Stadt meines Gottes, die vom Himmel herniederkommt von meinem Gott",
beschrieben. Die Tatsache, daß das Neue Jerusalem "vom Himmel
herniederkommt", also nicht geschaffen wird, hat zu der Frage Anlaß
gegeben, ob es die Stadt bereits im Tausendjährigen Reich gab (vgl. dazu
den Kommentar zu Offb 21,9 ). Nach Ansicht mancher Exegeten bezieht sich Joh
14,2 ,"ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten", auf diese Stadt. Es
ist die These aufgestellt worden, daß das Neue Jerusalem, wenn es
bereits während der tausendjährigen Herrschaft Christi existiert,
möglicherweise im Himmel liegt und als Wohnort der Auferstandenen und
verklärten Heiligen dient, die dennoch leichten Zugang zur Erde haben
und dort ihre Aufgaben im Rahmen der Herrschaft Christi wahrnehmen
können. J. Dwight Pentecost z. B. zitiert F. C. Jennings, William Kelly
und Walter Scott, die diese Vorstellung vom Neuen Jerusalem als einer
Art "Satellitenstadt" im Tausendjährigen Reich vertreten ( Things to
Come , Grand Rapids 1958, S. 577 - 579). Auf jeden Fall befindet sich
das Neue Jerusalem im Tausendjährigen Reich noch nicht auf der Erde,
denn in dieser Zeit gibt es noch ein irdisches Jerusalem und einen
irdischen Tempel ( Hes 40-48 ). Wenn die Erde am Ende des Tausendjährigen Reiches
zerstört wird, wird das Neue Jerusalem offensichtlich aus ihrem
Einzugsbereich gerückt und erscheint dann, nach der Erschaffung der
neuen Erde, wieder. Die meisten Exegeten haben die Möglichkeit einer
"Satellitenstadt" gar nicht zur Kenntnis genommen, und der Gedanke ist
sicherlich auch eher als eine Folgerung und nicht als direkte biblische
Offenbarung zu betrachten. Dennoch löst diese Vorstellung verschiedene
Probleme des Verhältnisses zwischen auferstandenen und verklärten
Heiligen und denjenigen Menschen, die während des Tausendjährigen
Reiches noch irdische Leiber besitzen - Probleme, für die es andernfalls
keine Erklärung geben würde. An der vorliegenden Stelle jedoch wird das Neue
Jerusalem so geschildert, wie es in der Ewigkeit sein wird, als "eine
für ihren Mann geschmückte Braut". Weil die Kirche in der Heiligen
Schrift immer wieder als eine Braut dargestellt wird ( 2Kor 11,2 ),
haben manche Ausleger die Einwohner des Neuen Jerusalem insbesondere mit
den Gläubigen der Kirche gleichzusetzen versucht und die Gläubigen
anderer religiöser Richtungen dabei ausgeschlossen. Das Bild der Ehe ist
in der Schrift jedoch allgemein gebräuchlich, nicht nur für das
Verhältnis Christi zur Kirche, sondern auch für die Beziehung Jahwes zu
Israel. Die Stadt wird hier zwar mit einer schön geschmückten Braut
verglichen, doch sie bleibt in Wirklichkeit eine Stadt und steht nicht
für eine bestimmte Person oder Personengruppe. Offb 21,3-4 Johannes fuhr fort: Und ich hörte eine große
Stimme von dem Thron her . Das ist das letzte Mal von insgesamt zwanzig
Erwähnungen der "großen Stimme" im Buch der Offenbarung (das erste Mal
in Offb 5,2 ). Die letzte Offenbarung vom Himmel machte
deutlich, daß Gott bei den Menschen wohnen wird, daß die Gläubigen sein
Volk bilden werden und er ihr Gott sein wird. Die Christen werden sich
für alle Ewigkeit einer neuen, engen Beziehung zu Gott erfreuen, wie sie
in einer Welt, in der es noch Sünde und Tod gibt, unmöglich ist. In der
neuen Welt wird es kein Leid mehr geben: Gott wird abwischen alle Tränen
von ihren Augen . Tod und Trauer, Schmerz und Weinen werden die Menschen
nicht mehr beschweren, denn das Erste ist vergangen . Manche Menschen haben sich gefragt, ob es im
Himmel vielleicht eine Zeitlang Leid und Sorgen geben wird und sie dann,
mit der Erschaffung der neuen Welt, abgetan werden. Plausibler ist
jedoch die Deutung, daß der Himmel überhaupt nichts mit der
gegenwärtigen Erde zu tun hat. Offb 21,5-6 Die dramatische Veränderung, die in dieser neuen
Ordnung liegt, wird in den Worten deutlich: Siehe, ich mache alles
neu! Diese Offenbarung ist wahrhaftig und gewiß , und Johannes erhielt
die ausdrückliche Anweisung, sie niederzuschreiben. Derjenige, der diese
Veränderung herbeiführt, wird Christus sein, der von sich selbst
sagt: Ich bin das A und das O (vgl. Offb 1,8;22,13 ). Alpha und Omega
sind der erste und der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets und
stehen hier für Anfang und Ende . Den Durstigen wird verheißen, daß sie (umsonst)
von der Quelle des lebendigen Wassers trinken dürfen. Hier ist nicht von
physischem Durst die Rede, sondern von dem tiefen Wunsch nach
geistlichem Segen. Offb 21,7-8 Christus erklärte: Wer überwindet, der wird es
alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn
sein. In diesen Worten drückt sich die enge Verbundenheit zwischen den
Gläubigen und Gott in der Ewigkeit aus. Im Gegensatz dazu werden diejenigen, die die
Sünden der ungläubigen Welt begehen, aus dem Neuen Jerusalem
ausgeschlossen sein; ihre Bestimmung ist der Pfuhl ... mit Feuer und
Schwefel . Dieses Gericht ist eine gerechte Strafe für ihre Sünden, von
denen acht hier näher bezeichnet werden. Und Christus fügte hinzu: Das
ist der zweite Tod. Es sollte jedem klar sein, daß diese Passage
nicht im Sinne einer "Werkgerechtigkeit" mißverstanden werden darf,
sondern daß die Werke hier eher als ein Zeichen dafür angesehen werden,
ob ein Mensch erlöst ist oder nicht. Offensichtlich werden viele
Menschen im Himmel sein, die sich vor ihrer Bekehrung der hier genannten
Sünden schuldig gemacht haben, sich dann jedoch am Tag der Gnade von
ihnen abgewandt und Christus als ihren Heiland angenommen haben. Die
Werke bzw. ihr Fehlen sind zwar ein Beweis für die Erlöstheit des
Betreffenden, niemals jedoch ihre Ursache. Ähnliche Auflistungen
verschiedener Sünden wie an dieser Stelle finden sich in Offb
21,27 und Offb 22,15 . 3. Das Neue Jerusalem als Braut ( 21,9 - 11 ) Offb 21,9-11 Einer der Engel aus Kapitel 16 , der eine der
Schalen des göttlichen Zorns auf die Erde gegossen hatte, lud Johannes
ein, das Neue Jerusalem, die Braut, zu sehen: Komm, ich will dir die
Frau zeigen, die Braut des Lammes. Nachdem er im Geist auf einen ...
hohen Berg versetzt worden war, erblickte der Apostel das Neue
Jerusalem herniederkommen aus dem Himmel von Gott , strahlend von
der Herrlichkeit Gottes . Die Ausleger sahen sich durch die zusätzlichen
Offenbarungen über das Neue Jerusalem von Vers 9 vor Probleme gestellt.
Manche sind der Ansicht, daß dieser Abschnitt bereits Gesagtes
rekapituliert und das Neue Jerusalem in seiner schwebenden Position über
der Erde während des Tausendjährigen Reiches Christi darstellt. Dem ist
jedoch die Auffassung vorzuziehen, daß es sich hier um eine Fortsetzung
der Schilderung des Neuen Jerusalem, wie es in der Ewigkeit sein wird,
handelt. Die Stadt gleicht sich offenbar in beiden Fällen von ihrem
Aussehen her, doch es gibt verschiedene Hinweise darauf, daß hier ihr
ewiger Zustand gemeint ist und nicht das Tausendjährige Reich. Der Gesamteindruck der Stadt läßt sie wie den
gigantischsten, funkelndsten, alleredelsten Stein erscheinen,
vergleichbar mit einem Jaspis, klar wie Kristall - ein Bild für ihre
alles überstrahlende Schönheit. Johannes versuchte offensichtlich Worte
für das zu finden, was er sah, und das Geschaute mit Dingen zu
verknüpfen, die seinen Lesern vertraut waren. Trotzdem wird deutlich,
daß das, was ihm offenbart wurde, die menschliche Vorstellungskraft und
Ausdrucksfähigkeit bei weitem übersteigt. Der Stein, den wir heute als Jaspis kennen, ist
ein undurchsichtiger Edelstein (vgl. Offb 4,3 ), der in mehreren Farben
vorkommt. Johannes bezog sich hier wohl eher auf die allgemeine
Schönheit als auf eine spezielle Eigenschaft dieses Steins. Heute würde
man die Stadt wahrscheinlich als schön geschliffenen Diamanten
darstellen, ein Edelstein, der im 1. Jahrhundert noch nicht bekannt war. Wie in den früheren Hinweisen auf Jerusalem als
Braut ist auch hier eine tatsächliche Stadt und nicht eine Person oder
Personengruppe gemeint. Das wird noch unterstrichen durch die
anschließende Schilderung der Stadt. 4. Das Neue Jerusalem als Stadt ( 21,12 - 27 ) Offb 21,12-13 Johannes sah vor sich eine gigantische,
"viereckig" (V. 16 ) angelegte Stadt, die eine große und hohe Mauer und
... zwölf Tore (hatte) . Die Tore trugen die Namen der zwölf Stämme der
Israeliten . Die Zahl zwölf herrscht vor: Die Stadt hat zwölf Tore und
auf den Toren zwölf Engel (V. 12 ), es sind zwölf Stämme Israel
(V. 12 ), sie ist auf "zwölf Grundsteinen" erbaut (V. 14 ), die "die
Namen der Zwölf Apostel" tragen (V. 14 ), die Tore sind "zwölf Perlen"
(V. 21 ), die Bäume in der Stadt tragen "zwölfmal Früchte" ( Offb
22,2 ), die Stadtmauer mißt "hundertvierundvierzig Ellen" - zwölf mal
zwölf (V. 17 ) - und der Umfang der Stadt ("die Länge und die Breite und
die Höhe") beträgt "zwölftausend Stadien", etwa 2 100 Kilometer
(V. 16 ). Sie ist in allen vier Himmelsrichtungen mit Mauern umfriedet,
die jeweils drei Tore aufweisen (V. 13 ). Auf jedem Tor wacht ein Engel
(V. 12 ). Dieses Jerusalem unterscheidet sich beträchtlich
von dem irdischen Jerusalem zur Zeit des Tausendjährigen Reiches. Falls
die Namen der Tore jedoch mit denen des Tausendjährigen Jerusalem, wie
es in Hes 48,31-34 beschrieben wird, übereinstimmen, so tragen die Tore
im Norden von Osten nach Westen die Namen Levi, Juda und Ruben, im
Westen von Norden nach Süden die Namen Naftali, Asser und Gad, im Süden
von Osten nach Westen Simeon, Issaschar und Sebulon und im Osten von
Norden nach Süden Josef, Benjamin und Dan. Im Gegensatz zu Offb 7,5-8 ,
wo Dan ausgelassen und statt dessen Josef und Manasse aufgenommen sind,
erwähnt Hesekiel Dan und übergeht Manasse. Offb 21,14-16 Die zwölf Grundsteine in der Mauer der Stadt ,
die Johannes sah, trugen die Namen der zwölf Apostel des Lammes . Die
Apostel waren Teil der Kirche, des Leibes Christi. Die Kirche wird also
ebenso wie Israel ihren Platz in der Stadt haben und ist in den Namen
der Apostel auf den Grundsteinen repräsentiert (V. 14 ), wie Israel in
den Namen der zwölf israelitischen Stämme auf den Toren (V. 12 ). Die
Unterscheidung zwischen Israel und der Kirche bleibt damit erhalten. Ein
Engel vermaß die Stadt mit einem Meßstab aus Gold, der etwa drei Meter
lang war. Die Stadt maß zwölftausend Stadien - das sind jeweils etwa
zweitausend Kilometer - und war in ihrer Länge und ... Breite ...
gleich . Diesem riesigen Umfang entspricht überraschenderweise auch
die Höhe der Stadt: sie ist zweitausend Kilometer hoch. Die Exegeten sind sich nicht einig darüber, ob
man sich die Stadt dieser Beschreibung nach als einen Kubus oder als
Pyramide vorzustellen hat. Die Schilderung deutet allerdings eher auf
eine Pyramidenform. Offb 21,17-18 Um diese riesenhafte Stadt herum verlief eine
Mauer, die hundertvierundvierzig Ellen oder 65 Meter dick war. Der
Hinweis auf das Menschenmaß soll einfach verdeutlichen, daß die
Maßangaben nach menschlichen Dimensionen erfolgen, auch wenn es ein
Engel ist, der den Meßstab handhabt. Als Johannes das Mauerwerk genauer betrachtete,
sah er, daß es aus Jaspis bestand und daß die Stadt aus reinem Gold,
gleich reinem Glas , erbaut war. Johannes sprach hier in Bildern, denn
ganz offensichtlich unterscheiden sich der Jaspis und das Gold, von
denen hier die Rede ist, in ihrer Beschaffenheit von den Eigenschaften
dieser Stoffe, wie wir sie heute kennen. So ist der Jaspis in
Vers 11 durchsichtig und in Vers 18.21 gleicht das Gold gar
durchscheinendem Glas. Offb 21,19-21 Der Schmuck der Grundsteine (die die Namen der
Apostel als Inschrift trugen) bestand aus zwölf
verschiedenen Edelsteinen von jeweils anderer Farbe. Die Farbe
des Jaspis ist nicht angegeben, der Saphir war wahrscheinlich blau.
Der Chalzedon kam aus Chalzedon in der Türkei und war blau mit
Einschlägen von anderen Farben. Der Smaragd ist von einem leuchtenden
Grün, der Sardonyx rot und weiß und der Sarder ist gewöhnlich rubinrot,
hat manchmal aber auch eine Farbe wie Bernstein oder Honig. In Offb
4,3 waren Jaspis und Sarder ein Sinnbild der Herrlichkeit Gottes.
Der Chrysolith scheint von goldener Farbe gewesen zu sein, er sah
wahrscheinlich anders aus als der blaßgrüne Chrysolith, den wir heute
kennen. Der Beryll ist meergrün, der Topas von einem hellen Gelbgrün.
Auch der Chrysopras ist grün, während der Hyazinth eine violette,
der Amethyst eine Purpurfärbung hat. Die verschiedenen Edelsteine
zusammen ergaben einen funkelnden Kranz wunderschöner Farben. Die Tore
wiederum ähnelten riesigen einzelnen Perlen , und der Marktplatz der
Stadt war aus reinem Gold wie durchscheinendes Glas ( Offb 21,18 ). Die Schönheit der Stadt mag zwar irgendeine
symbolische Bedeutung haben, doch es wird keinerlei Hinweis gegeben, wie
diese Dinge im einzelnen zu deuten sind. Da anzunehmen ist, daß die
Heiligen in der Stadt leben werden, ist es wohl am plausibelsten, die
Stadt als den tatsächlichen künftigen Wohnort der Heiligen und Engel
anzusehen. Offb 21,22-27 Nach den Worten des Johannes sah er keinen Tempel
darin, denn Gott, der Vater, ist ihr Tempel, er und das Lamm. Da die Völker (die Heiden) ebenso in der Stadt
sein werden (V. 24 - 26 ) wie Israel und die Kirche, liegt es auf der
Hand, daß die Stadt der Aufenthaltsort der Heiligen aller Zeiten, der
Engel und schließlich Gottes selbst ist. Die Schilderung des himmlischen
Jerusalem in Hebr 12,22-24 nennt alle auch hier genannten Gruppen und
fügt noch die "Geister der vollendeten Gerechten" hinzu - womit die
anderen, an dieser Stelle nicht einzeln aufgeführten Heiligen gemeint
sind. Johannes erfuhr, daß die Tore der Stadt
nie verschlossen werden und daß es, weil Gottes Herrlichkeit immer in
ihr anwesend ist, keine Nacht darin geben wird. Die Pracht und
der Reichtum der Völker wird in der Stadt sein, doch nichts Unreines ...
und keiner, der Greuel tut und Lüge (wird hineinkommen) (vgl. Offb
21,8;22,15 ). Es werden nur die in der Stadt wohnen, die geschrieben
stehen in dem Lebensbuch des Lammes . Interessanterweise wird das "Buch
des Lebens" in den sechs Malen, in denen in der Offenbarung davon die
Rede ist, nur dieses eine Mal mit dem Zusatz "des Lammes" bezeichnet
(vgl. Offb 3,5;13,8;17,8;20,12.15 ). Obwohl die Beschreibung der Stadt nicht alle
Fragen über ihr künftiges Aussehen beantwortet, entwirft sie doch das
Bild einer über alle Maßen schönen und herrlichen Zukunft für all jene,
die ihr Vertrauen auf den lebendigen Gott setzen. 5. Der Strom lebendigen Wassers ( 22,1-2 a) Offb 22,1-2 a Aus den ersten Versen von Kapitel 22 erfahren wir
noch einige weitere Einzelheiten über das Neue Jerusalem. So zeigte der
Engel Johannes einen Strom lebendigen Wassers, klar wie Kristall, der
ausgeht von dem Thron des Gottes und des Lammes . Es mag sich dabei
durchaus um einen wirklichen Fluß gehandelt haben, daneben wird jedoch
auch der Symbolgehalt der Erscheinung deutlich: Vom Thron Gottes wird
reines Wasser, das Sinnbild der Heiligkeit und Reinheit Gottes und des
Neuen Jerusalem, ausströmen. Daß hier von einem Strom die Rede ist,
sollte allerdings nicht zu Verwechslungen mit Szenen aus dem
Tausendjährigen Reich, wie sie etwa in Hes 47,1.12 und Sach
14,8 beschrieben sind, führen. Dort sind reale Flüsse gemeint, die aus
dem Tempel und Jerusalem fließen; sie gehören jedoch in die tausend
Jahre der Herrschaft Christi auf Erden. Der Strom in Offb 22,1 dagegen
fließt mitten auf dem Platz des Neuen Jerusalem auf der neuen Erde.
Offenbar verläuft eine schmale Wasserrinne in der Mitte einer der vom
Thron Gottes ausgehenden Hauptstraßen der heiligen Stadt. Es ist bedeutsam, daß das Lamm ebenfalls auf dem
Thron sitzend dargestellt wird (vgl. auch V. 3 ). Die Worte des Apostels
Paulus in 1Kor 15,24 ,daß Christus "das Reich Gott, dem Vater, übergeben
wird, nachdem er alle Herrschaft und alle Macht und Gewalt vernichtet
hat", sind also nicht dahingehend zu verstehen, daß Christi Herrschaft
damit beendet ist, sondern daß sie eine andere Form annehmen wird.
Christus ist für alle Ewigkeit der König der Könige und der Herr der
Herren (vgl. Offb 17,14;19,16 ). 6. Der Baum des Lebens ( 22,2 b) Offb 22,2 b Als Johannes die himmlische Stadt betrachtete,
erblickte er Bäume des Lebens , die tragen zwölfmal Früchte, jeden Monat
bringen sie ihre Frucht. Die Tatsache, daß diese Bäume auf beiden Seiten
des Stromes stehen, hat Anlaß zu Verwirrung gegeben. Manche Exegeten -
wie offensichtlich auch Luther, der von "Bäumen" schreibt - sehen
einfach mehrere Bäume darin, andere sind der Ansicht, daß der schmale
Strom des Lebens sich vor dem Baum des Lebens teilt und ihn auf beiden
Seiten umfließt. Der Baum des Lebens wird auch als "Garten Eden"
bezeichnet ( 1Mo 3,22.24 ), in dem der Mensch sich unmittelbar nach
seiner Erschaffung, als er noch das ewige Leben besaß, aufhielt. Adam
und Eva war es verboten, von den Früchten dieses Baumes zu essen. Den
Gläubigen aber wird an einer früheren Stelle der Offenbarung ( Offb
2,7 ) verheißen, daß sie "von dem Baum des Lebens, der im Paradies
Gottes ist", essen werden. Da sich in diesem Baum die wörtliche und die
symbolische Bedeutung zu treffen scheinen, gibt es keinen Grund, warum
es sich nicht um einen wirklichen Baum mit wirklichen Früchten handeln
soll, die, wenn man von ihnen ißt, das ewige Leben schenken. Es ist zwar
nicht ausdrücklich gesagt, daß man die Früchte essen kann, doch vom Text
her ist es anzunehmen. Die Blätter des Baumes dienen zur Heilung der
Völker . Diese Aussage haben manche Exegeten zum Anlaß genommen, das
ganze Bild auf die Zeit des Tausendjährigen Reiches zurückzubeziehen, in
der es noch Krankheiten und Heilung gibt. Hier scheint jedoch etwas
anderes gemeint zu sein. Das Wort "Heilung" ( therapeian , daher das
Wort "Therapie") kann auch mit "Gesundheit schenken" wiedergegeben
werden. Obwohl es in der Ewigkeit keine Krankheit mehr gibt, scheinen
die Früchte und Blätter des Lebensbaumes doch zum physischen
Wohlbefinden der Menschen in der Ewigkeit beizutragen. 7. Der Thron Gottes ( 22,3-4 ) Offb 22,3-4 Als ob er die Leser daran erinnern wollte, daß in
der Ewigkeit keine Heilung mehr nötig ist, setzte Johannes hinzu: Und es
wird nichts Verfluchtes mehr sein. Der Fluch der Sünde Adams brachte
Krankheit - die der Heilung bedurfte - und Tod hervor, doch in der
Ewigkeit gibt es keinen Fluch mehr und daher werden die Menschen auch
nicht mehr der Heilung bedürfen. Wie bereits erwähnt, werden Gott und das Lamm in
der neuen Stadt sein ( Offb 21,22-23;22,1 ). Das Neue Jerusalem wird der
Tempel Gottes sein ( Offb 21,22 ), und auch der Thron Gottes wird sich
dort befinden. Nach Johannes' Worten werden seine Knechte ... ihm
dienen . Die höchste Freude und das höchste Privileg der Heiligen in der
Ewigkeit wird es sein, ihrem Herrn zu dienen, wenn auch zugleich gilt,
daß sie mit ihm herrschen ( 2Tim 2,12; Offb 5,10;20,4-6 ). Sie werden
einen bevorzugten Platz vor dem Thron haben, denn sie werden sein
Angesicht sehen . Dahinter steht die Vorstellung, daß diese Heiligen die
besondere Gunst des Herrn genießen und zu seinem "engsten Kreis"
gehören. Ihre Nähe zu Gott wird auch daran deutlich, daß sein Name ...
an ihren Stirnen sein wird (vgl. Offb 2,17;3,12;7,3;14,1 ). Daß sie sich
ohne weiteres in der Gegenwart Gottes aufhalten können, zeigt, daß sie
dann ihre verherrlichten Leiber haben werden (vgl. 1Joh 3,2 ). 8. Die Herrschaft der Gläubigen mit Gott ( 22,5 ) Offb 22,5 Noch einmal betonte Johannes, daß die
Herrlichkeit und das Licht des Neuen Jerusalem einzig und allein in der
Gegenwart Gottes bestehen werden, ohne irgendwelche zusätzliche
künstliche Beleuchtung (vgl. Offb 21,23-24 ). Und noch einmal wird
festgehalten, daß die Diener Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit mit
Christus regieren werden (vgl. Offb 20,6 b). Q. Das Wort des Herrn ( 22,6 - 21 ) 1. Die Gewißheit der Wiederkunft Christi ( 22,6-7 ) Offb 22,6-7 Indem er sowohl den Inhalt der vorangegangenen
Prophezeiungen als auch ihre Begreifbarkeit für den Menschen bestätigte,
äußerte der Engel Johannes gegenüber, daß die Worte dieses Buches gewiß
und wahrhaftig sind. Sie sollen die Menschen nicht verstören und
verwirren, sondern ihnen viel von dem offenbaren, was bald geschehen
muß . Das steht in direktem Gegensatz zu der Ansicht
vieler Theologen, daß das Buch der Offenbarung ein unlösbares Rätsel
sei, zu dem wir heute keinen Zugang mehr haben. Dieses Buch ist das Wort
Gottes und gibt nicht einfach irgendwelche vage Phantasien des Apostels
Johannes wieder. Es soll künftige Ereignisse beschreiben und wird dieser
Aufgabe, wenn man es wörtlich versteht, auch völlig gerecht, trotzdem
viele Aussagen des Textes in symbolische Form gekleidet sind. Das Wort
Gottes wurde den Menschen nicht als etwas Verhülltes zuteil, sondern so,
daß es von denen, die vom Heiligen Geist gelehrt sind, verstanden werden
kann. In Vers 7 wird noch einmal das Grundthema der
Offenbarung zusammengefaßt: Siehe, ich komme bald (vgl. Offb
1,7;22,12.20 ). Das griechische Wort tachy kann sowohl "bald" als auch
"plötzlich" heißen. Aus göttlicher Sicht gilt für die Wiederkunft
Christi beides. In der Vorausschau der Gläubigen findet das Kommen
Christi immer "bald" statt, und wenn es eintrifft, so wird es
"plötzlich" geschehen. Deshalb wird auch denen, die den Weissagungen
dieses Buches glauben und sich daran halten, ein besonderer Segen
verheißen. Dieses letzte Buch der Bibel, das von der Kirche so häufig
stiefmütterlich behandelt wurde und über dessen Auslegung so viele
Exegeten sich streiten, enthält, wie bereits gesagt, mehr
Segensverheißungen als jedes andere Buch der Schrift. Dieser Hinweis auf
den Segen ist die sechste Seligpreisung im Text ( Offb 22,7; die siebte
findet sich in V. 14 ); sie gleicht der ersten Seligpreisung in Offb
1,3 . 2. Die Anbetung des Johannes ( 22,8 - 9 ) Offb 22,8-9 Nachdem Johannes diese großartige Offenbarung
empfangen hatte, fiel er wieder zu den Füßen des Engels (um anzubeten) .
Doch er wurde abermals zurechtgewiesen und daran erinnert, daß Engel
nicht angebetet werden dürfen, weil sie wie die Gläubigen auch nur
Knechte Gottes sind. Statt dessen sollte er dem Herrn die Ehre geben
(vgl. Offb 19,10 ). 3. Das Gebot, die Weissagungen dieses Buches zu
verkündigen ( 22,10-11 ) Offb 22,10-11 Daniel wurde gesagt, daß seine Weissagungen "bis
auf die letzte Zeit versiegelt" bleiben würden ( Dan 12,9 ). Johannes
dagegen sollte die Worte der Weissagung in diesem Buch gerade nicht
versiegeln. Das unterstreicht erneut, daß die Ansicht mancher Theologen,
das Buch der Offenbarung sei ein undurchdringbares Geheimnis, im
Gegensatz zu den Aussagen des Textes selbst steht. Die Offenbarung ist
sowohl von ihren konkreten Aussagen als auch von ihren Symbolen her
dafür gedacht, Dinge und Ereignisse zu enthüllen, die mit dem zweiten
Kommen Christi zu tun haben. Die anschließende Ermahnung hat manche Exegeten
verwirrt: Da werden diejenigen, die Böses tun, und die, die unrein sind,
ermutigt, weiterhin bei ihrem Tun zu bleiben, und diejenigen,
die gerecht und heilig sind, sollen ebenfalls in ihrer Lebensweise
fortfahren ( Offb 22,11 ). Hier geht es jedoch nicht darum, das Böse zu
entschuldigen, sondern deutlich zu machen, daß die Menschen, wenn sie
sich die Weissagungen der Offenbarung nicht zu Herzen nehmen, in ihrer
Schlechtigkeit verharren werden. Umgekehrt werden alle, die die Prophezeiungen
ernst nehmen, weiterhin das Rechte tun. Relativ gesehen ist der "Tag des
Herrn" nahe, daher sind keine größeren Veränderungen im Lebenswandel der
Menschen zu erwarten. 4. Das künftige Gericht und die künftige
Belohnung ( 22,12 ) Offb 22,12 Dieser Vers beginnt mit denselben Worten wie
Vers 7 : Siehe, ich komme bald . Im Zusammenhang mit Christi
Wiederkunft, die "bald" geschehen wird (vgl. V. 7.20 ), wird den
Gläubigen für die Werke , die sie für Christus vollbracht
haben, Lohn versprochen. Das ist ein Hinweis auf den Richterstuhl
Christi ( 2Kor 5,10-11 ). Das Gericht über die Bösen und über die
Gerechten wird ein Gericht nach den Werken sein. Darauf richtet sich
denn auch die freudige Erwartung all derer, die standhaft in ihrem
Glauben bleiben, und die Befürchtung derer, die nicht treu waren. 5. Der ewige Christus ( 22,13 ) Offb 22,13 Wieder wird Christus als das A und das O (der
erste und der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets), der Erste
und der Letzte, der Anfang und das Ende bezeichnet. Christus war vor der
ganzen Schöpfung, und er wird nach der Zerstörung der gegenwärtigen
Schöpfung weiterexistieren. Er ist der Ewige (vgl. Offb
1,4.8.17;2,8;21,6 ). 6. Der künftige Segen und das künftige Gericht ( 22,14 - 15 ) Offb 22,14-15 Die letzte der sieben Seligpreisungen im Buch der
Offenbarung gilt den Heiligen, die ihre Kleider waschen , d. h. den
Gerechten. Sie haben Zugang zum Neuen Jerusalem und dem Baum des
Lebens (vgl. V. 19 ). (Die übrigen sechs Seligpreisungen finden sich
in Offb 1,3;14,13;16,15;19,9;20,6;22,7 .) Im Gegensatz dazu werden die Unerlösten
( Hunde bezieht sich hier auf Menschen; vgl. Phil 3,2 ) - die
Zauberer (vgl. Offb 9,21;18,23;21,8 ), und die Unzüchtigen und die
Mörder und die Götzendiener und alle, die die Lüge lieben und tun - dem
Gericht überantwortet. Wie in der vergleichbaren Beschreibung der
Unerlösten in Offb 21,8.27 werden auch hier die schlechten Taten, die
diese Menschen kennzeichnen, aufgeführt. Obwohl manche Gläubige sich
dieser Verfehlungen ebenfalls schuldig gemacht haben, sind sie im Blut
des Lammes rein gewaschen und haben deshalb Zugang zu Gott. Diejenigen
aber, die sich weigern, zum Herrn zu kommen, erhalten den gerechten Lohn
für ihre Sünden. Gott entgeht auch nicht die kleinste Bosheit auf der
Welt, und er wird jede Sünde unerbittlich richten. Wenn das geschieht,
ist die Zeit der Wiederkunft Christi nahe. 7. Die Einladung des Geistes und der Braut ( 22,16 - 17 ) Offb 22,16-17 Christus hat den Gemeinden das ganze Buch der
Offenbarung durch seinen Engel übermittelt. Er bezeichnete sich darin
als die Wurzel und das Geschlecht Davids, der helle Morgenstern .
Historisch gesehen stammt Christus aus dem Geschlecht Davids ( Mt
1,1; vgl. Jes 11,1; Offb 5,5 ). In den Bildern der Propheten wird sein
Kommen mit dem Morgenstern, dem Beginn eines hellen, neuen Tages
verglichen. Der Heilige Geist vereinte sich mit der Braut , der Kirche,
in einer Einladung an alle, die bereit sind, auf ihr Wort zu hören. Sie
werden ermutigt, auf die Einladung zu antworten und sie auch an andere
weiterzugeben. Ihnen allen wird das herrliche Versprechen gegeben, daß
jeder, den es dürstet , kommen kann und das Wasser des Lebens von Gott
erhält. Diese wunderbare Einladung gilt jeder Generation
bis zum Kommen Christi. Diejenigen, die ihre Bedürftigkeit erkennen und
spüren, daß Christus der Bringer des Heils ist, werden ermahnt zu
kommen, solange noch Zeit ist. Wie die ganze Heilige Schrift zeigt, ist
die Gabe des ewigen Lebens (hier das "Wasser des Lebens"; vgl. Offb
22,1; Joh 7,37-39 ) ein Geschenk. Christus hat mit seinem Kreuzestod
dafür bezahlt und es steht allen offen, die diese Gabe in schlichtem
Glauben annehmen. 8. Die letzte Warnung ( 22,18 - 19 ) Offb 22,18-19 Neben der Einladung an all diejenigen, die bereit
sind zu hören, wird auch ein Wort der Warnung für jene ausgesprochen,
die die Offenbarung des Buchs dieser Weissagung zurückstoßen. Es wird
davor gewarnt, dem Buch etwas hinzuzufügen oder etwas darin zu streichen
(vgl. 5Mo 4,2;13,1; Spr 30,6 ). Die Strafe für diejenigen, die es
verachten und als mystische Erlebnisse eines alten Mannes abtun, womit
sie leugnen, daß es das inspirierte Wort Gottes ist, wird schrecklich
sein. Wer das Wort Gottes ablehnt, lehnt Gott selbst ab, und alle, die
seinen verheißenen Segen leugnen und von seinen Wahrheiten Abstriche
machen, werden unter sein Gericht fallen und keinen Teil am Baum des
Lebens oder an der heiligen Stadt haben (vgl. Offb 22,14 ). 9. Das letzte Gebet und die Verheißung ( 22,20 - 21 ) Offb 22,20-21 Es folgt ein weiteres Zeugnis: Ja, ich komme
bald (vgl. V. 7.12 ). Darauf antwortete Johannes in einem kurzen
Gebet: Amen, ja, komm, Herr Jesus! Am Schluß der ungeheuerlichen Offenbarungen, die
in diesem Buch enthalten sind, wird eine letzte Segensformel
ausgesprochen: Die Gnade des Herrn Jesus sei mit allen! Diese Formel,
die auch in vielen anderen neutestamentlichen Schriften zu finden ist,
beendet das letzte Buch des Gotteswortes. Für alle, die glauben, daß
Christus bei seinem ersten Kommen das Heil gebracht hat, besteht nun die
wunderbare Verheißung, daß er wiederkommen und dann die vollständige und
endgültige Erlösung bringen wird. Das Buch der Offenbarung kehrt damit
zu seinem Ausgangspunkt zurück: dem Gedanken an die Wiederkunft Christi. In keinem anderen Text der Heiligen Schrift wird
der Gegensatz zwischen der gesegneten Schar der Gläubigen und dem
schrecklichen Schicksal der Verlorenen wohl so deutlich. Kein anderes
Buch der Bibel schildert das Gericht auf der einen und die ewige
Seligkeit der Gläubigen auf der anderen Seite so detailliert. Um so
tragischer ist es daher, daß so viele Menschen an der Offenbarung des
Johannes vorbeigehen und nicht in die wunderbaren Aussagen des Textes
eindringen. Sie machen sich damit in ihrer Gotteserkenntnis und in ihrer
Hoffnung auf Christus Jesus selbst ärmer. Das Volk Gottes aber, das die
herrlichen Verheißungen dieses Buches begreift und wert hält, kann mit
Johannes beten: "Amen, ja, komm, Herr Jesus." BIBLIOGRAPHIE ZU DEN SIEBEN GEMEINDEN IN
OFFENBARUNG 2-3 Blaiklock E M (o. J.) The Seven Churches . London Havner V (1958) Repent or Else! New York Loane M L (1981) They Overcame: An Exposition of
the First Three Chapters of Revelation . Grand Rapids Morgan G C (1902) A First Century Message to
Twentieth Century Christians . Westwood, N.J. Ramsay W M 1904) The Letters to the Seven
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Nachdruck 1956. Grand Rapids Tatford F A (1969) The Patmos Letters . Grand
Rapids Trench R C (1867) Commentary on the Epistles to
the Seven Churches in Asia . London. Nachdruck 1978. Minneapolis Yamauchi E M (1980) The Archaeology of New
Testament Cities in Western Asia Minor . Grand Rapids. (Enthält Kapitel
über Ephesus, Pergamon, Sardes und Laodizea.) Die forschreitende Offenbarung Gottes in der
Heilsgeschichte: Zum Verständnis des Dispensationalismus Ein heilsgeschichtliches Bibelverständnis ist
eine große Hilfe für jeden, der sich mit dem Wort Gottes beschäftigt.
Warum? Erstens lenkt ein heilsgeschichtliches Bibelvertändnis unseren
Blickdarauf, daß Gott sich in der Geschichte offenbart hat. Was in der
Bibel von Gottes Reden und Handeln, von seinen Erwählungen und Wundern,
seinen Geboten und Prophezeihungen berichtet ist, ist kein frommer Roman
oder ein von Menschen ausgedachtes Gedankensystem, sondern Niederschlag
dessen, was Gott ganz real im Raum der Geschichte getan und zu seinem
Volk gesprochen hat. Zweitens lehrt heilsgeschichtliches
Bibelverständniss, die großen Zusammenhänge in der
Offenbarungsgeschichte zu sehen. Es erschließt uns daher die Einheit der
Offenbarung Gottes von der Schöpfung bis zur Vollendung. Nichts in der
Bibel muß hier beiseitegelassen werden; alles hat seinensinnvollen
Platz. Drittens bewahrt ein heilsgeschichtliches Bibelverständniss
zugleich aber auch davor, in der Bibel alles als Einerlei und auf einer
Ebene liegend anzusehen. Es hilft Anfänge, Fortgänge und Endpunkte in
bestimmten Linien der Offenbarung zu sehen; es ermöglicht, von einer
Mitte der Offenbarung Gottes in Jesus Christus zu sprechen, ohne anderes
abwertend an den Rand zu drängen; es öffnet die Augen für Neueinsätze in
der Offenbarungsgeschichte und für gleichbleibendes und
unterschiedliches Handeln Gottes mit seinem Volk im Alten und Neuen
Bund. Der vorliegende Kommentar hat den großen Vorteil,
daß er die Bibel konsequent heilsgeschichtlich auslegt. Das besondere
Verständnis von Heilsgeschichte, das alle Bände dieser Auslegung
zugrunde liegt, nennt man im englischsprachigen Raum
"Dispensationalismus" bzw. Heilszeiten-Theologie. Schon in der Alten
Kirche hat man zwischen verschiedenen Heilsepochen unterschieden. "Vor
dem Gesetz"/"Unter dem Gesetz"/"Unter der Gnade" war eine beliebte
Dreiteilung der Heilsgeschichte. Andere haben die Heilsgeschichte in
vier, fünf, sechs oder sieben große Epochen eingeteilt. Auf reformierter
Seite betont man besonders die verschiedenen Bundesschlüsse Gottes
("Werkbund"/"verschiedene Entfaltungsstufen des "Gnadenbundes"). In der
sogenannten Föderaltheologie (Hermann Witsius) und der Prophetischen
Theologie (Clampegius Vitringa) im 17. und 18. Jahrhundert begann man
davon zu sprechen, daß sich der Gnadenbund Gottes in verschiedenen
"Ökonomien" entfaltet. Diesen theologischen Grundsatz hat im 19.
Jahrhundert John Nelson Darby weiterentwickelt. Schon Paulus spricht von "Ökonomien". Das Wort
"Ökonomie" (griech. 'eukonomia', wörtl. "Haushalt","Haushalterschaft")
übersetzt man je nachdem am besten mit "Heilsplan", "Heilsordnung" oder
"Heilszeit". Dem Apostel ist die Verkündigung des Heilsplans Gottes
anvertraut, der mit der "Heilsordnung der Fülle der Zeiten" und der
"Heilsordnung der Gnade" zu tun hat ( Eph 1,10; 3,2.9; Kol 1,25 ). Die
Heilszeiten-Theologie geht entsprechend davon aus, daß es im Zuge der
fortschreitenden Offenbarung von der Schöpfung bis zur Vollendung
mehrere deutlich unterschiedene Epochen der Offenbarungsgeschichte gibt.
In all diesen Epochen offenbart sich der gleiche heilige und liebende
Gott; nie wird der Mensch anders als allein aufgrund der Gnade Gottes
errettet; und immer geht es letztlich um Gottes Ehre. Aber es gibt nicht
nur durchgehende Linien. Indem der Dispensationalismus die Bibel streng
nach dem Literalprinzip auslegt, kommt er aber zu dem Ergebnis, daß es
auch unterschiede in der Heilsgeschichte gibt: So gelten für Israel
unter dem Gesetz manche Ordnungen, die es vorher nicht gab und die auch
nachher für die Gemeinde des Neuen Bundes nicht verordnet sind;
überhaupt sind Israel und die Gemeinde zu unterscheiden. Das Prinzip der
Auslegung nach dem Literalprinzip führt auch dazu, daß mit einer
konkreten Erfüllung der biblischen Prophetien gerechnet wird: Was sich
noch nicht erfüllt hat, wird sich für die Gemeinde oder Für Israel noch
wörtlich erfüllen. Das gilt auch für die Gerichte der Endzeit, für das
Wiederkommen Jesu und die sichtbare Aufrichtung seines Reiches auf Erden
von dem Anbruch der Neuschöpfung. Wann fängt eine neue Epoche der Heilsgeschichte
an? Wenn von Gottes Seite aus in einer neuen Offenbarung dreierlei
geschieht: erstens werden einzelne, bisher gültige Ordnungen
Beibehalten: zweitens werden zugleich einzelne, bisher gültige Ordnungen
aufgehoben; und drittens werden neue, bisher nicht in Geltung stehende
Ordnungen eingesetzt. Mit dieser hilfreichen Unterscheidung wird klar,
daß der Christ heute nicht alles halten muß, was dem Israeliten unter
dem Gesetz geboten wurde. Andererseits kann der Christ sich nicht
einfach aussuchen, was ihm gerade paßt. Vielmehr hält er sich an die
Ordnungen und Maßstäbe, die Gott für die neutestamentliche Gemeinde
verfügt hat. Er weiß sich mit den Glaubensvätern und dem Gottesvolk des
Alten Bundes verbunden, und weiß doch, daß für ihn in Christus ein Neues
begonnen hat. Zugleich schaut er hoffnungsvoll auf die noch ausstehende
Erfüllung der Verheißungen und erwartet das, was Gott für die Zukunft
zugesagt hat. Mit diesem Verständnis der Heilsgeschichte gibt
der vorliegende Kommentar eine hervorragende Hilfe zu einem wörtlichen
Verständnis der ganzen Bibelin ihrer Einheit und Vielfalt. Kein Teil der
Bibel wird da sachkritisch abgewertet. Veilmehr wird jeder Vers der
Heiligen Schrift aus seiner heilsgeschichtlichen Situation heraus
verstanden und als Gottes Wort geehrt. Es ist lohnend sich von diesem
Kommentar in ein heilsgeschichtliches Verständniss der Bibel einführen
zu lassen. Dr. Helge Stadelmann Dekan der FTA Gießen |