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Hallo Liebe Brüder,

nachdem mich das Thema auch schon beunruhigt hat, habe ich einen
scheinbar fähigen Pastor angeschrieben, warum seine Gemeinde in den
Grundsätzen explizit erwähnt, dass das Sprachenreden aufgehört hat.
Die Antwort hat mich verblüfft und ich denke, dass es der "Allgemeinheit"
nicht schaden kann:


"Wir gehen von mehreren Hinweisen in der Schrift aus, welche das Thema Zungenreden z.B. mitsamt den Zeichengaben einen Bezugsrahmen zum Volk Israel verleihen.   Daß nicht jeder das so sieht, räumen wir ein und verübeln keinem.  Aber diese Hinweise sind in der Schrift und sie sind es, die uns auf diese Formulierung bringen, und sie sind nicht Eisegese
(Hinein-Interpretation).  Man kann nicht etwas hineininterpretieren, was schon da ist.  Und ich denke, jeder könnte uns recht geben, daß diese Hinweise wirklich vorhanden sind, auch wenn er sie momentan nicht nachvollziehen kann.
 
Die in der Stellungnahme vertretene Ansicht basiert auf die Vergangenheitsform der Zeitwörter im V. 3  "akousanton" (Aoristpartizip - Vergangenheitsform) und "ebabaiothe" (Aoristpassivverb, bildet das Hauptverb, also  Vergangenheitsform) , d.h.:  das Gesprochene durch den Herrn, was die, die ihn gehört haben und uns vermittelt, wurde [für uns] bestätigt - also die Bestätigung seiner Worte, welche die Apostel (zu welchen der Autor sich hierbei nicht rechnet) weitergaben, geschah in der Vergangenheit des Autors und seiner Empfänger vom Zeitpunkt der Verfassung des Briefes her gesehen.
 
Dann das "sunepimarturountos" mitbezeugend, als Präsenspartizip, beschreibt jene vergangene Bestätigung als eine angehende Aktivität durch Zeichen, Wundern, und diverse Wirkungen des Heiligen Geistes gemäß seinem Willen, was auch die Evangelien und die Apostelgeschichte (letzteres bringt uns zu etwa 60-62 n.Chr.) klar demonstrieren.  Der Präsenspartizip, wie jedes Partizip auch, ist stets nach dem Tempus seines Zusammenhangs einzuordnen, was ein Grundsatz der griechischen Sprachmechanik ist.  Nur wenn das Hauptverb des vollen Satzes in Gegenwartsform zu finden wäre, könnte für eine bis zum Verfassungszeitpunkt und darüberhinaus eine angehende Aktivität erkennbar sein.

Der Hinweis von Hebr. 8,13 weist die Verfassungszeit des Briefes in den Zeitraum vor der Zerstörung des Tempels, da der alte AT-Kultus erst 70 n.Chr. aufgelöst wurde, und er stehe vor seiner baldigen Auflösung:  "ist seinem Ende nahe".  Also ist der späteste Zeitpunkt des Hebräerbriefes 69 n.Chr. - und von diesem maximalen Zeitpunkt aus gesehen war das Evangelium in der Vergangenheit angehend bestätigt worden.  [Es braucht uns nicht zu wundern, wenn das Wirken der Apostel schon wesentlich abgeschlossen sei, da, wenn sie bei ihrer Berufung fast so alt wären wie Jesus (um 30 bei seinem öffentlichen Auftritt als Messias) sie alle mindestens 60 seien, einige könnten jünger, aber schon was mit 50, einige vielleicht schon um 70 Jahre alt:  und die durchschnittliche Lebenserwartung damals war 45!]  

Die Aussage Jesu in Markus 16 bezüglich der Zeichengaben sehen wir als erfüllt, auch wenn dies  zeitlich begrenzt sei.
Denn die Aussage heißt, diese Zeichen werden denen Folgen (allgemeine Aussage) - es heißt nicht, daß jeder Einzelne sie ausführt oder daß die Spezifika wiederholt vorkommen müssen, da ein einmaliges Geschehen der Aussage genügt.
Interessant ist, daß niemand regelmäßiges Trinken von Gift fordert... und dies wird uns nicht einmal in der Schrift belegt, muß aber irgendwann gemäß der Weissagung Jesu geschehen sein (einige sehen eine in etwa Erfüllung bei Paulus, als die Giftschlange ihn biß, auf jeden Fall kommt man an diesem Punkt nicht näher).   Im Lichte AT- Prophetie kann ein Zukunftsereignis als zeitlich/räumlich sehr begrenzt sein und muß nicht "ewigwährend" geartet ausfallen.  Und im Lichte der Hinweise, daß Zeichengaben eine besondere Funktion für Israel haben (und Israel ist vorübergehend seit fast 2000 Jahre aus dem Mittelpunkt göttlichen Handelns genommen, wir leben im Zeitalter der Nationen), warum nicht alle Puzzelteile zusammenlegen und diese undefinierte Aussage mit den anderen koppeln, um zu einem Gesamtergebnis zu kommen?  Nehmen wir die mehr spezifischen Stellen als richtungsweisend und die ungenauere im deren Licht.

Die Regelungen für Zungenreden im 1.Korintherbrief liegen zeitlich über ein Jahrzehnt hinter dem Hebräerbrief zurück, da die Datierung der 2. + 3. Missionsreisen plus-minus eine Minimumabweichung ziemlich gesichert sind, und passen in den zeitlichen Rahmen von Heb. 2,3-4 als in der Vergangenheit zurückliegend.  Wenn man fragt nach dem Sinn von 1.Kor. 14, dann von uns aus gesehen, haben wir es mit einer Übergangsregelung zu tun bis zum Auslaufen der Gabe.  Jetzt gibt es auch andere Dinge, die in der Bibel nichts direktes mit uns zu tun haben, wie z.B. die AT-Zeremonien - wenn wir sagen, das ist jetzt nicht mehr maßgeblich, wer regt sich darüber auf?   Alle Schrift ist von Gott inspiriert und ist uns nützlich, aber nicht alles geht uns in der sachgenauen Anwendung persönlich an, genausowenig wie wir einen Angel im nächsten See werfen sollen, um unsere deutsche Steuer zu zahlen oder Sandalen tragen oder nicht tragen sollen usw.  Aber die allgemeine Prinzipien, welche in diesen Dingen veranschaulicht werden, und das notwendige Verständnis der damaligen Verhältnisse in diesen Geschichten der Antike sind es, die uns angehen und helfen, die Botschaft eines biblischen Buches zu erfassen.
 
[Wir verstehen zwar nicht der Abschluß des bibl. Kanons um 96 n.Chr. nicht für das "Kommen des Vollkommenen", wovon Kapitel 13 spricht.  Aber der Zeitpunkt des Auslaufens von Zungenreden wird durch die Verbform nicht gekoppelt mit der passiven Aufhebung von prophetischem Reden und von Erkenntnis ("aufhören" oder "auslaufen" von selbst - Reflexiv - ein ganz anderes Wort und nicht im Passiv.  D.h. Zungenreden hat eine besondere Eigenschaft, daß sie von selbst aufhören wird und nicht durch Auseineinwirkung wie Prophetie und Erkenntnis abgeschafft werden muß. So muß der Zeitpunkt seines Aufhörens, logischerweise, wenn wir richtig das Kommen Jesu als "das Vollkommene" (oder eher der Erkenntniszustand, den Er bei seinem Kommen einführt, der diese Dinge überflüssig macht) verstehen, vor diesem Ereignis stattfinden.  Die einzige Hinweise in der Schrift über das mögliche Auslaufen der Gabe des Zungenredens bietet uns 1. Kor 14 mit seinem Jesajazitat - "ich werde zu diesem Volk reden" - das heißt ganz klar Israel.  Die Juden suchen nach Zeichen!  nicht die Heiden.  Zeichen sind für Israel prinzipiell da, wir Gojim haben keinen berechtigten Anspruch darauf!]
 
Jetzt habe ich auch einige ergänzenden Aspekten als weitere Hilfestellung angeführt und der Brief ist lang genug.
Ich möchte Dich um freundliche Überprüfung meiner Aussagen bitten, und daß Du im Gebet alles vor dem Herrn anstehen läßt, das eventuell unklar oder mißverständlich ist - ich habe mich durch viele Ansichten über diese Frage "durchgebaggert", bis ich zu dieser Ansicht gekommen bin, und habe dafür Verständnis, wenn andere auch hier Schwierigkeiten haben. Möge der Herr Jesus Christus uns allen helfen, Seine Aussagen, Sein Wille und Seinen Sinn in Seinem geschriebenen Wort zunehmend verstehen, um wirklich Seinen Herzschlag zu spüren, um zu wissen, was Ihm wirklich wichtig ist, auf daß wir das tun, und uns nicht  in Zerrbildern Seiner Gedanken verlieren."
 

soli Deo gloria
Grüße
Michael/de