Frage2488   Home       Bibelkreis.ch       Download dieses Frame mit rechter Maustaste:==>     2488  Apg 13,48:

Liebe Bibelgriechen,                         Aufklärung zum Calvinismus

Bengel übersetzt
Apg 13,48:
"Da es aber die Heiden hörten, freuten sie sich und priesen das Wort des Herrn und wurden gläubig, so viel zum ewigen Leben geordnet waren."
Die alter Luther hat dafür:
"Da es aber die Heiden hörten, wurden sie froh und priesen das Wort des HERRN und wurden gläubig, wie viele ihrer zum ewigen Leben verordnet waren."

Menge hingegen hat eine völlig andere Interpunktion und Übersetzung, die m.E. einen ganz anderen Sinn vermittelt:
"Als die Heiden das hörten, freuten sie sich und priesen das Wort des Herrn; und alle, soweit sie zum ewigen Leben verordnet waren, wurden gläubig."

Meine Frage: sollte EPISTEUSAN auf den vorderen oder den hinteren Teil im Satz bezogen werden bzw. ein neuer Hauptsatz damit begonnen werden und wie ist bei Menge das Wort "soweit" (konzessiv) zu begründen ?

Hanspeter Wepf

 

Liebe Bibelgriechen, lieber Hanspeter,

ich erlaubte mir ein wenig weiter auszuholen und auch Auslegung einfließen zu lassen und hoffe, ihr nehmt es mir nicht übel.

Mit lieben Grüßen

Thomas

Apg 13,48

Text:

Apg 13:48 akoUonta de ta eqnh ecairon kai edoxazon ton logon tou kuriou kai episteusan hosoi hsan tetagmenoi eis zwhn aiwnion

Vor allem geht es um das Wort „tasso“:

1. to bring about an order of things by arranging, arrange, put in place

ordnen, an einen (festen, geeigneten) Platz stellen, verordnen, setzen,

2. to give instructions as to what must be done, order, fix, determine, appoint

anordnen, bestimmen, festsetzen,

3. (mit EIS:) zu etwas zählen; im Pass: zu etwas gehören [= Bauers Vorschlag der Üs dieser Stelle]; zu etwas bestimmen

Nach Menge u Bauer bedeutet das Pass: u.a.: aufgestellt werden, sich aufstellen

Luow-Nida:

to assign someone to a particular task, function, or role –

'to appoint, to designate, to assign, to give a task to.

Ac 13.48: 'those who had been designated for eternal life became believers'

 

Partizip Passiv: "gesetzt, verordnet, vorbereitet/bereitet, aufgestellt, designiert, disponiert, gestimmt":

Daher die Übersetzung:

 

Apg 13,48: Als aber die <aus den> Völkern es hörten, freuten sie sich und verherrlichten das Wort des Herrn; und es glaubten, so viele zum ewigen Leben gesetzt, (verordnet, vorbereitet/bereitet, aufgestellt, designiert, disponiert, gestimmt) waren.

(Oder substantivisch:) … und es glaubten [o.: kamen zum Glauben] so viele zum ewigen Leben Gesetzte (Verordnete, Bereitete, Aufgestellte, Disponierte, Gestimmte) waren.

 

Beobachtungen:

Der Text sagt:

… es glaubten, so viele zum ewigen Leben gesetzt (verordnet, bereitet, disponiert, gestimmt) waren.

… es glaubten, so viele zum ewigen Leben Gesetzte (Verordnete, Bereitete, Aufgestellte, Disponierte, Gestimmte) waren.

 

Es werden über die Antiochier zwei Aussagen gemacht:

a.                  Sie glaubten / Sie kamen zum Glauben

Der Text gibt uns nicht Auskunft darüber, wie es dazu kam, dass sie glaubten.

  • Er sagt nicht [auch das übrige NT nicht], dass Gott vorher bestimmte (determinierte), dass sie zum Glauben kommen sollten. Wenn der Text sagt, sie waren Gesetzte (Verordnete, Bereitete, Disponierte, Gestimmte, Aufgestellte) zum ewigen Leben, heißt das nicht notwendigerweise, dass (a) Gott der Handelnde war und (b) es „zuvor“ geschah. Lukas verwendet das Wort tetagmenoi, nicht protetagmenoi (lat: destinati/ordinati, nicht praedestinati!). Es darf also nicht übersetzt werden: „… es glaubten, so viele [bereits zuvor und per göttlichem Entschluss] zum ewigen Leben Gesetzte (Verordnete, Bereitete, Aufgestellte, Disponierte, Gestimmte) waren

  • Er sagt nicht, dass Gott spezifisch bestimmte, wer von den Antiochiern glauben und ewiges Leben erhalten sollte.

  • Er sagt nicht, dass eine bestimmte Anzahl der Bewohner von Antiochien zum Heil determiniert (bestimmt) wurde/war (z.B. durch unwiderstehliches göttliches Wirken). Gott kannte wohl ihren Herzenszustand. Aber von einer Vorherbestimmung zur Bekehrung ist nicht die Rede.

 

Der Akt des Glaubens (Vertrauens auf Christus) war die Handlung des Antiochier (episteusan = „sie glaubten“). [Die Heilszueignung war Handlung Gottes – als Reaktion auf den Glauben der Antiochier.]

b.                  Sie waren „zum ewigen Leben Gesetzte (Verordnete, Vorbereitete, Aufgestellte, Disponierte, Gestimmte)“

Wie es dazu kam, dass sie „zum ewigen Leben Gesetzte (Verordnete, Bereitete, Aufgestellte, Disponierte, Gestimmte)“ waren bzw wurden, wird in diesem Vers nicht gesagt. Vom Kontrastvers (V. 46) her ist aber nicht auszuschließen, dass durch TETAGMENOI ihr Herzenszustand beschrieben ist. Es kamen zum Glauben, so viele zum ewigen Leben Gesetzte (Verordnete, Vorbereitete, Disponierte, Gestimmte) waren, im Gegensatz zu denen, die sich des ewigen Lebens nicht würdig achteten (V. 46).

 

Tatsache ist, dass ihr Herz in einer Haltung war, dass sie das Evangelium annahmen, als es ihnen gesagt wurde.

 

Schlussfolgerung:

So viele unter den Antiochiern zum ewigen Leben vorbereitet/verordnet/disponiert/gestimmt/gesetzt/aufgestellt waren, kamen zum Glauben. Wodurch und wie sie zu solchen wurden, die zum ewigen Leben vorbereitet/verordnet/disponiert/gestimmt/gesetzt/aufgestellt waren, wissen wir nicht. Aber als diese das Evangelium hörten, kamen sie zum Glauben. Sie waren „gesetzt“/aufgestellt/vorbereitet/disponiert/gestimmt zum ewigen Leben – im Gegensatz zu den Juden, die das Wort von sich stießen und sich des ewigen Lebens nicht würdig achteten:

Apg 13:46 Paulus aber und Barnabas sprachen freimütig: Zu euch musste notwendig das Wort Gottes zuerst geredet werden ; weil ihr es aber von euch stoßt und euch selber des ewigen Lebens nicht für würdig haltet, siehe, so wenden wir uns zu <denen von> den Völkern.

Die Juden verwarfen das Wort Gottes, die Heiden verherrlichten es. Die Juden schlossen sich durch ihre eigene Schuld vom ewigen Leben aus; sie stießen das Wort Gottes von sich; sie hielten sich so nicht für würdig des ewigen Lebens. Die Heiden aber waren zum ewigen Leben vorbereitet/disponiert/gestimmt/gesetzt. Sie glaubten.

 

Die prädestinatorische Auslegung der Stelle setzt voraus, Gott hätte im Voraus verordnet/bestimmt, dass eine bestimmte Anzahl von Antiochiern das ewige Leben erhalten sollte. Und eben diese [von Gott im Voraus zum Erlangen des ewigen Lebens] Verordneten seien dann zum Glauben gekommen. Dass Gott der Handelnde war und dass er es im Voraus tat, wird in den Text hineingetragen und trägt der Kontrastaussage von V. 46 nicht Rechnung. 

Diese Auslegung ist selbst unter Reformierten (Calvinisten) umstritten. Selbst der reformierte/calvinistische Theologe, Buswell, sagt, dass dieser Vers nicht als Beleg für die Prädestinationslehre herangezogen werden kann. [Buswell, James Oliver: A Systematic Theology of the Christian Religion, (Grand Rapids, Michigan: Zondervan, 197711), II. S. 152 - 153. (Part III. Soteriology)].

 

Zu ergänzen wäre noch:

TETAGMENOI in Ag 13,48 bezeichnet also wohl nicht das Wirken Gottes, sondern viel eher die das Gläubigwerden ermöglichende innere Verfassung dieser Heiden. Sie waren für ewiges Leben empfänglich und so für das Glauben an das Ev vorbereitet/disponiert. (Vgl Zahn)

 

[Die Tatsache, dass ein Mensch solche Dispostion für den christl. Glauben nicht sich selbst geben kann, sondern dass das auf göttliches Wirken und Werben zurückzuführen ist, ist aus anderen Stellen des NT erkennbar, wird aber hier nicht berührt. Das Falsche an der prädestinatianischen Position ist, dass man meint, Gott wirke diese Disposition nur in speziellen Menschen, nämlich in denjenigen, die er für das Heil vorherbestimmt habe. Richtig wäre, dass Gott ein Anliegen für die Rettung aller Menschen hat und daher um jeden wirbt (Hes 18,23; 33,11; 1Tm 2,1-4; ua.). Es ist immer Gott, der den ersten Schritt tut, aber dass nicht alle gläubig werden, liegt nicht in mangelndem (bzw. fehlendem) Wirken Gottes, sondern in mangelnder Reaktion des Menschen, wie auch aus V. 46 klar hervorgeht.]

 

Zu Hanspeters Frage:

EPISTEUSAN würde ich also auf den hinteren Teil beziehen, also ein neuer Hauptsatz: und es glaubten, so viele ...

Das ist Ermessenssache. Es ändert aber an der Aussage nicht viel, meine ich.

 

Mit lieben Grüßen!

Thomas

Lieber Christoph,

Vielen Dank für den Beitrag.

Medium ist grammatikalisch möglich.

Ich tendiere zu Passiv, weil es das geläufigere ist. Der Grieche denkt bei TETAGMENOI nicht zuerst an Medium, sondern an Passiv. Auch die Übersetzungen, die ich kenne, haben alle Passiv gedeutet.

In 1Kr 16,13 ist die Form aktiv. Aber die aktive (!) Form von TASSEIN kann mit "sich stellen/verordnen" (also medial) übersetzt werden.

Dass die passive Form in Ag 13 gewählt wurde, nicht die aktive (die medial übersetzt werden kann), deutet wohl an, dass es passiv zu verstehen ist.

Zahn weist darauf hin, dass der hier vorliegende Gebrauch des Passivs den Griechen keineswegs ungeläufig war. Auch wir sprechen von einem "bewaffneten Soldaten", "aufgestellten Heer", "bekleideten Menschen" ohne damit zu sagen, WER es war, der die Bewaffnung, Aufstellung, Bekleidung veranlasst hat. Ebenso ist es an der Stelle Ag 13,48.

Ich würde also passive Deutung vorziehen.

 Im Übrigen sollte ich noch zu meinem Artikel von neulich ergänzen:

TETAGMENOI in Ag 13,48 bezeichnet also wohl nicht das Wirken (= Bestimmen) Gottes, sondern viel eher die das Gläubigwerden ermöglichende innere Verfassung dieser Heiden. Sie waren für das ewige Leben empfänglich gemacht/vorbereitet/gestimmt/disponiert/gesetzt/(Zahn:)gerichtet. 

["Ewiges Leben" ist hier wohl im zuk. Sinne zu verstehen, wie eig. immer bei Lukas (Lk 10,25; 18,18.30; Ag 11,18; und vor allem 13,46).

 

Die Tatsache, dass ein Mensch solche Disposition für den christl. Glauben nicht sich selbst geben kann, sondern dass das auf göttliches Wirken und Werben zurückzuführen ist, ist aus anderen Stellen des NT erkennbar, wird aber hier nicht berührt. Das Falsche an der prädestinatianischen Position ist, dass man meint, Gott wirke diese Disposition nur in speziellen Menschen, nämlich in denjenigen, die er für das Heil vorherbestimmt habe. Richtig wäre, dass Gott ein Anliegen für die Rettung aller Menschen hat und daher um jeden wirbt (Hes 18,23; 33,11; 1Tm 2,1-4; ua.). Es ist immer Gott, der den ersten Schritt tut, aber dass nicht alle gläubig werden, liegt nicht in mangelndem (bzw. fehlendem) Wirken Gottes, sondern in mangelnder Reaktion des Menschen, wie auch aus V. 46 klar hervorgeht.

 

 

Mit lieben Grüßen

 

Thomas