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Das Schuldopfer


Die Schuldopfer bezogen sich auf solche Vergehen, bei denen eine Verletzung der von Gott festgesetzten Rechte vorlag, entweder Seiner eigenen Rechtsansprüche an die Glieder Seines Volkes oder derjenigen Rechtsforderungen, die in Israel jeder seinem Nächsten, zu gewähren verpflichtet war. Somit gab es zwei Arten von Schuld: Schuld gegen Gott und Schuld gegen Menschen.
Betrachten wir zunächst die Vergehen, bei denen eine Verletzung der Rechtsansprüche und Heiligkeit Gottes vorlag! Wir lesen: „Und Jehova redete zu Mose und sprach: Wenn jemand Untreue begeht und aus^Versehen an den heiligen Dingen Jehovas sündigt, so soll er sein Schuldopfer dem Jehova bringen, einen Widder ohne Fehl vom Kleinvieh, nach deiner Schätzung an Sekeln Silber, nach dem Sekel des Heiligtums, zum Schuldopfer" (3. Mose 5, 14. 15).
Hier handelt es sich um ein Unrecht, das an den „hei -ligen Dingen Jehova s" begangen war.
Gott hatte bestimmt, daß Jahr für Jahr der Ertrag des Landes verzehntet werde. Im ersten und zweiten Jahr nach jedem Sabbatjahr sollte von dem Israeliten der Zehnte vom Getreide, Most und öl und die Erstgeborenen vom Rind- und Kleinvieh zum Heiligtum gebracht werden, damit Er und der Levit - weil dieser kein Erbe im Lande hatte - dort mit seinem Hause esse und sich freue über all das Gute, das Gott ihm gegeben. Im dritten Jahre aber sollte der Zehnte von ihm in den Toren seiner Stadt niedergelegt werden, damit auch der Fremdling, die Waise, die Witwe und der Levit essen und sich sättigen möchten. Dies sollte geschehen, damit Jehova ihn segne in allem Werk seiner Hand (5. Mose 14, 22-29).
Es gab also keine Wohlfahrt im Lande, wenn der Zehnte nicht abgegeben wurde. In Maleachi 3 lesen wir, daß man den Zehnten zurückbehalten hatte. Dies war gleich einer Beraubung Gottes, wie Er Selber sagt: „Darf ein Mensch Gott berauben, daß ihr Mich beraubt? Mit dem Fluche seid ihr verflucht, und doch beraubet ihr Mich" (Kap. 3, 8. 9). Israel hatte damit
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ein Unrecht an den „h eiligen Dingen Jehova s" begangen und daher eine große Schuld auf sich geladen, ja, Gott veranlaßt, Zucht an ihnen zu üben, so daß Not und Elend über das Land gekommen war.
Wenn die Israeliten die Speise nach der Vorschrift in das Haus Gottes brachten, so wurden ihre Bedürfnisse gestillt und ihre Herzen mit Freude erfüllt. Das letzte besonders auch durch die Erinnerung an die Güte Gottes, der so reichlich für sie Sorge getragen.
Auch wir als Kinder Gottes sollten nicht vergessen, Gott Sein Teil zu geben. Wenn dies geschieht, dann werden unsere geistlichen Bedürfnisse gestillt, unsere Seele wird gesättigt und mit Freude erfüllt, Dienen wir dem Hause Gottes - dies sind heute die Gläubigen - so dient auch das Haus Gottes uns.
Viele klagen oft über den Mangel an geistlicher Speise. Diese mögen sich fragen, ob sie nicht selber an diesem Mangel schuldig sind. Würde man sich mehr vergessen und an das Teil Gottes denken und Ihm geben, was wir zu geben Ihm schuldig sind, dann würde auch bei den Zusammenkünften mehr geistliche Speise dargereicht werden und die Herzen mit Freude erfüllt werden.
Das Unrecht konnte aus Versehen an den „heiligen Dingen Jehovas" begangen werden. Übersah es nun Gott? Nein! Er kann Schuld vergeben, aber nicht übersehen, auch nicht die kleinste Sünde, also keiner Art von Ungerechtigkeit Seine Zustimmung geben; aber Er kann sie in Gnaden austilgen.
Es ist ein großer Irrtum, wenn man meint, unser Gewissen könne uns bei der Beurteilung unserer Vergehungen leiten. Das Urteil darüber steht allein Gott zu. Er urteilt nach Seiner Heiligkeit. Dies war auch der Grund, weshalb die Beurteilung des begangenen Unrechts an den heiligen Dingen Jehovas nicht den schuldigen Israeliten überlassen wurde, nein, diese stand nur dem Mose zu. Darum hatte Gott bestimmt, daß der Schuldige einen Widder nach der Schätzung des Mose an Sekeln Silber, nach dem Sekel des Heiligtums, zum Schuldopfer bringen sollte.
Moses war damals der treue Knecht des Hauses Gottes, der das Vergehen abschätzte. Er ist ein Vorbild auf Christum,
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 der heute als Sohn über Sein Haus - dessen Haus wir sind - die Untreue gegen Gott beurteilt, sowie auch das, was erforderlich ist, um die Angelegenheit wieder in Ordnung zu bringen.
Der schuldige Israelit mußte, wenn er „Untreue" begangen und an den „heiligen Dingen Jehovas" gesündigt hatte, einen Widder ohne Fehl vom Kleinvieh als Schuldopfer darbringen, und zwar nach der Schätzung Moses an Sekeln Silber, nach dem Sekel des Heiligtums (3. Mose 5, 15).
Die Schätzung des Vergehens wurde also nicht dem Gewissen dessen überlassen, der sich verschuldet hatte, sondern dies hatte von Mose zu geschehen.
Mose ist hier das Vorbild auf Christum. Christus allein kennt die göttlichen Rechte und die Heiligkeit Gottes und Seines Hauses. Wenn wir eine Untreue an den heiligen Dingen Gottes begangen haben, so kann nur Der sie abschätzen, welcher der Sohn über das Haus Gottes ist. Er allein weiß auch was nötig ist, die Angelegenheit wieder in Ordnung zu bringen.
Es konnte sein, daß der Israelit nicht einmal etwas wußte von seinem Vergehen; denn es konnte „aus Versehen' geschehen sein. War er deshalb nicht schuldig? O ja!
Auch wir können heute fehlen, ohne es zu wissen. Dies entschuldigt uns nicht. Wie notwendig daher, in stetem Umgang mit dem Herrn zu sein und Ihn zu fragen. In Seiner heiligen Gegenwart und in Seinem Lichte wird alles offenbar. Er, der Herr, kennt unsere Vergehungen; Er beurteilt uns und wird uns auch zeigen, wo wir gefehlt haben. In Offenbarung 2 und 3 sehen wir, wie der Herr acht hat auf die Versammlungen, das Böse sieht und offenbar macht. Täglich sollte unser Gebet sein: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf ewigem Wege" (Ps. 139, 23. 24).
Wenn unser Herz uns auch „nicht verurteil t", so ist Gott doch „größer als unser Herz und kennt alles" (1. Joh. 3, 21). Wohl uns, wenn wir hier im Lichte

wandeln und erkennen, was Gott missfällt; am Richterstuhl des Christus wird alles offenbar werden, aber dort kann man nichts mehr an dem hinter uns liegenden Leben und Wandel ändern.
Das Schuldopfer bei Vergehen an den „heiligen Dingen Jehovas" war, wie wir gesehen, ein Widder ohne Fehl, nach der Schätzung des Moses. Das Vergehen mußte nach göttlicher Wertschätzung gesühnt werden.
Der Widder, ein Tier in seiner vollen Reife und Kraft, weist hin auf das Opfer Christi, wodurch allen Forderungen Gottes entsprochen worden ist. Christus hat unsere Vergehungen getilgt nach der Kenntnis, die Er von der Heiligkeit Gottes hat, und Sein Opfer ist vollkommen und hat die Schuld auch völlig getilgt und vor Gott hinweggetan. Dies gibt dem, der gefehlt hat und seine Schuld bekennt, einen vollkommenen Frieden. Wenn der Fehltritt auch groß gewesen ist, Christus hat mehr Lösegeld als hinreichend für die Schuld bezahlt.
Gott wünscht, daß wir eine große Auffassung von dem Opfer Christi haben sollen. Denn unmöglich könnte unser Gewissen nach einem Fehltritt zur Ruhe kommen, wenn wir nicht wüssten, daß alle unsere Vergehungen nicht nur göttlich beurteilt, sondern auch nach der göttlichen Schätzung hinweggetan worden sind. Das Opfer Christi hat, wie oben erwähnt, allen göttlichen Forderungen entsprochen. Im anderen Falle würde leicht das peinliche Gefühl in uns aufsteigen, jene Anforderungen Gottes nicht berücksichtigt oder vernachlässigt zu haben. Unsere besten Handlungen und heiligsten Übungen werden wohl immer etwas, „das nicht getan werden sollte", also irgend eine Versündigung an den „heiligen Dingen Jehovas" an sich tragen. Wie oft wird die Anbetung oder die Andacht im Hause durch Zerstreutheit gehemmt oder gestört! Wir bedürfen daher der Gewißheit, daß durch das kostbare Blut Christi allen unseren Vergehungen in göttlicher Weise begegnet worden ist.
Beim Schuldopfer handelt es sich nicht nur um die Vergebung begangener Sünden, sondern es begreift eine Wiedererstattung in sich; darum lesen wir: „Und was er gesündigt hat an dem Heiligen, soll er erstatten und dessen Fünftel darüber hin-



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zufügen und es dem Priester geben; und der Priester soll Sühnung für ihn tun mit dem Widder des Schuldopfers, und es wird ihm vergeben werden" (Kap. 5, 16).
Es sollte also nicht nur Sühnung geschehen, sondern auch das, was Gott oder dem Nächsten gebührt, völlig und mit einem Fünftel darüber zurückerstattet werden. Derjenige, dessen Rechte verletzt worden waren, sollte nachher besser dran sein als vorher.
In der Hinzufügung des „Fünftels" finden wir einen Charakterzug des wahren Schuldopfers, der oft zu wenig beachtet wird.
Wenn wir an all das Böse denken, wodurch wir uns dem Herrn gegenüber verschuldet haben und wodurch Gott Seiner Rechte in dieser bösen Welt beraubt worden ist, mit welcher Freude können wir dann auf das Kreuz von Golgatha blicken und es als das Werk betrachten, wodurch Gott das Verlorene nicht nur wiedererlangt, sondern sogar unendlich viel dadurch gewonnen hat. Er erntet, wie einmal jemand gesagt hat, auf den Feldern der Erlösung eine reichere Ernte an Herrlichkeit, Ehre und Lob, als Er je auf den Feldern der Schöpfung hätte ernten können. Die Söhne Gottes konnten angesichts der leeren Gruft Jesu einen erhabeneren Lobgesang anstimmen, als es je angesichts des vollendeten Schöpfungswerkes geschehen war. Durch des Menschen Fall im Paradiese war die Schöpfung in Trümmer geraten, aber durch das Kreuz Christi ist der Grund zu einer neuen Schöpfung gelegt worden, welche die alte an Herrlichkeit weit überstrahlt. Da muß man voll Staunen sagen: Welch eine Weisheit und Herrlichkeit birgt das Kreuz in sich, eine Weisheit, „w eiche keiner von denFürsten dieses Zeitlaufs erkannt hat; denn wenn sie diese erkannt hätten, so würden sie wohl den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt haben".
Die Erlösten freuen sich darüber, daß Gott in dem Kreuze Christi solche Weisheit und Herrlichkeit entfaltet hat, freuen sich auch darüber, daß der Zeitpunkt kommt, wo im Namen Jesu jedes Knie sich beugen wird, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede
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Zunge bekennen wird, daß Jesus Christus Herr ist zur Verherrlichung Gottes, des Vaters (Phil. 2, 10-11).
Die Verordnung bezüglich des „Fünftels" fand auch seine Anwendung auf ein an den Menschen begangenes Vergehen; denn wir lesen: „So jemand sündigt und Untreue begeht wider Jehova, daß er seinem Nächsten ein anvertrautes Gut ableugnet oder ein Darlehen oder etwas Geraubtes; oder er hat von seinem Nächsten etwas erpresst, oder er hat Verlorenes gefunden und leugnet es ab, . . . so soll es geschehen, wenn er gesündigt und sich verschuldet hat, daß er zurückerstatte das geraubte;... und er soll es erstatten nach seiner vollen Summe und dessen Fünftel darüber hinzufüge n".
Zunächst möchten wir darauf aufmerksam machen, daß das Vergehen, obwohl an dem Nächsten verübt worden war, von Gott angesehen wurde, als ob es gegen Ihn geschehen wäre. Alles wurde in Beziehung zu Jehova gebracht. Als David sich an Uria so schwer versündigt hatte und diese Schuld ihm im Lichte Gottes zum Bewußtsein kam, da rief er aus: „Ich habe gesündigt gegen Jehova" (2. Sam. 12, 13).
Doch beschäftigen wir uns nun weiter mit dem, der be-1 e i d i g t und beraubt hatte, und mit dem, der beleidigt und beraubt worden war, und bringen die Erlösung auf Golgatha in die Sache hinein. Wir sehen alsdann, daß der, welcher seine Schuld bekennt, von allen V e r -gehungen gereinigt wird, und daß auch die Wurzel, aus der die Vergehungen hervorgesproßt sind, auf dem Kreuz ihr Gericht empfangen hat. Weiter sehen wir, wie es möglich ist, daß ein Mensch, der sich an seinem Nächsten versündigt hat, das begangene Unrecht nicht nur wieder gut machen, sondern auch in all seinem Tun den vollen Strom des Wohltuns ausströmen lassen kann; er vermag seine Feinde zu lieben und Gutes zu tun denen, die ihn hassen. Welch eine Gnade, die aus dem Bösen soviel Gutes hervorzubringen vermag! Sie hat nicht nur die Sünde in ihren Wurzeln getroffen, sondern verwandelt auch den Sünder aus einem Fluch in einen Segen, aus einer sittlichen Plage in einen Kanal göttlicher Barmherzigkeit, aus einem Abge-
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sandten Satans in einen Boten Gottes, aus einem Kinde der Finsternis in einen Sohn des Lichts, aus einem Sklaven hässlicher Leidenschaften und Lüste in einen willigen Diener Gottes, aus einem Geizhals in einen freigebigen Menschen, der bereit ist, überall, wo es not tut, mit seinem ihm von. Gott anvertrauten Hab und Gut die Bedürfnisse der Armen und Notleidenden zu stillen.
Wir haben nun gesehen, was die Gnade an einem Erlösten, der sich an den „heiligen Dingen Jehovas" versündigt hat, zuwegebringt. Viele Unbekehrte mögen denken, die Gläubigen machen sich den Weg zum Himmel leicht; sie bringen Gott ihre Sünden, Er vergibt ihnen, und dann können sie machen was sie wollen. - Dies ist eine sehr böse Sprache und verrät, daß die, welche so reden, Gott in Seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit nicht kennen, auch das Wort Gottes nicht kennen, sonst würden sie wissen, wie Gott über die Sünde denkt, daß Er sie richtet, in welcher Form sie sich auch zeigen mag. Dies haben die Erlösten erkannt und die Sünde verurteilt. Alle, welche Gottes Liebe und Gemeinschaft genießen wollen, müssen in stetem Selbstgericht vor Ihm wandeln. Dies tun auch die treuen Christen. Aber dennoch kann es vorkommen, daß sie fehlen. Darum hat die Gnade Gottes Vorsorge getroffen, daß sie nach einem Fehltritt wiederhergestellt werden können, und daß sie durch den Fehltritt noch Segen haben.
Während das Blut des Schuldopfers das Gewissen dessen, der gefehlt hat, reinigt, so daß er wieder freimütig und mit Freuden Gott nahen kann, sendet das Gesetz des Schuldopfers den Schuldigen zu dem zurück, dem er Unrecht getan hat, und zwar nicht nur mit der „vollen Summe", sondern mit einem „Fünftel" darüber in seiner Hand. Der, welcher beleidigt hatte, fand Vergebung, und der Beleidigte erlangte tatsächlichen Gewinn. Wenn das Gewissen bezüglich der Forderungen Gottes in Ordnung gebracht worden war, sollte auch das Betragen betreffs der Forderungen der praktischen Gerechtigkeit durch die Heiligkeit des Kreuzes geregelt werden. Beide Dinge gehen immer zusammen. Wehe dem, der sie scheidet! Wir sollten als Kinder Gottes stets Sorge tragen, daß die Gnade des Evangeliums nicht verlästert und entehrt wird, sondern durch unser Betragen offenbaren, daß wir es mit einem heiligen Gott zu
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tun haben, der uns immer wieder in Seinem Worte zuruft: „Seid heilig, denn Ich bin heilig!"
Es ist leicht, die Grundsätze der Gnade zu bekennen, während man ihre Ausübung und Kraft verleugnet. Es wäre Gott sehr missfällig, wenn man sagen würde: „Ich ruhe auf dem Blute des Schuldopfers", erstattet aber nicht die „volle Summe" und das „Fünftel" darüber. Niemand kann Gott angehören, ohne in seinem Betragen und Charakter die Züge praktischer Heiligkeit zu offenbaren. „Jeder, der nicht Gerechtigkeit tut, ist nicht aus Gott" (1. Joh. 3, 10). „Der feste Grund Gottes steht und hat dieses Siegel: Der Herr kennt, die Sein sind; und: Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit!" (2. Tim. 2, 19).
Wir haben kein Recht anzunehmen, daß einer, der Böses tut, Gott angehört. In unseren Tagen der Schlaffheit und der Nachsicht gegen sich selbst ist es gut, sich daran zu erinnern, daß die Kinder Gottes nur daran erkannt werden, daß sie die Gerechtigkeit tun und die Brüder lieben; denn weit und breit gibt sich ein erschreckendes Maß von leichtfertigem, kraftlosem Bekenntnis kund, gegen welches der wahre Christ entschieden Front machen muß und ein strenges Zeugnis abzulegen berufen ist. Es ist höchst bedauerlich, so viele die breite, ausgetretene Heerstraße des religiösen Bekenntnisses ziehen zu sehen, ohne auch nur eine Spur von Liebe und Heiligkeit in ihnen entdecken zu können.
Doch, wie gesagt, ist es möglich, daß ein wahrer Christ fehlen kann. Jakobus sagt sogar: „Wir alle straucheln oft" (Kap. 3, 2). Wie gut nun, daß ein solcher, wenn er sich ernstlich über seinen Fehltritt vor Gott gedemütigt hat, Vergebung erlangt. Aber nicht nur das, sondern daß er auch, nachdem er die Vergebung erlangt hat und treu mit Gott wandelt, den Fehltritt derart wieder gutmacht, daß der, dessen Rechte verletzt worden sind, Gewinn hat. Und der, welcher gefehlt hat und sich darüber vor Gott beugt, hat auch keinen Schaden; vielmehr erlangt er Nutzen, indem er imstande ist, besser zwischen Gutem und Bösem zu unterscheiden; auch erlangt er ein Verständnis über Christum und Sein Opfer am Kreuz, wie er es vorher nicht besaß, und
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er kann nun mehr als zuvor von Christo zur Versammlung bringen.
So hat also Gott Gewinn durch den Fehltritt der Gläubigen, der Beleidigte hat Vorteil und auch der Beleidigte und die Versammlung, wenn der, welcher gefehlt hat, sich der göttlichen Anordnung unterwirft. Nach dem Fehltritt und der Wiederherstellung des Markus konnte Paulus an Thimotheus schreiben: „er ist mir nützlich im Dienst" (2. Tim. 4, 11), und das von ihm geschriebene Evangelium zeigt, daß er eine hohe Auffassung von Christo hatte. Ja, wir haben alle durch seine Übung gewonnen. Die Seele, welche den Widder des Schuldopfers gebracht hat, wird fortan für die Versammlung mehr zum Segen sein als zuvor.
O, wie gut würde es unter dem Volke Gottes stehen, wenn alles Böse auf die Gott gemäße Weise in Ordnung gebracht würde! Und es ist keine Frage, daß die Gnade dies zustande zubringen vermag.
Das dem Nächsten „anvertraute Gut" oder „D a r -lehen" (Vers 21) weist darauf hin, daß Gott uns für Sein Volk und für die Welt viel anvertraut hat. Haben wir dieses Gut nun nach Seinen Gedanken zum Segen für andere verwaltet? Eine ernste Frage, die uns Kinder Gottes in Übung halten sollte. Schlimm ist es, wenn wir das Vertrauen nicht rechtfertigen und unseren Pflichten nicht nachkommen. Was wir von Christo an kostbaren Wahrheiten empfangen haben, gehört auch unseren Nächsten, und diese sollen, soweit es an uns liegt, den Segen davon genießen. -
Der Herr möge uns Gnade schenken, das von Ihm uns anvertraute Gut treu zu verwalten und allezeit bereit zu halten, damit wir anderen zu jeder Zeit damit dienen können. Diejenigen aber, welche bedient werden, möge Er empfänglich machen für die kostbaren Wahrheiten, daß sie ins Herz aufgenommen und auch genossen werden.
Zuletzt möchten wir noch auf den Unterschied aufmerksam machen, der zwischen dem Opfer für die Versündigung „an den heiligen Dingen Jehovas" und dem für die Versündigung in den gewöhnlichen Verrichtungen und Beziehungen des menschlichen Lebens bestanden.

Wenn es sich um die Versündigung „an den heiligen Dingen Jehovas" handelte, lesen wir: „Wenn jemand... aus Versehen... sündigt" (3. Mose 5, 15). Diese Worte fehlen, wenn es sich um die Versündigung an dem Nächsten handelt. Warum dies? Weil die Ansprüche, welche mit den heiligen Dingen Jehovas in Verbindung stehen, weit über das menschliche Gefühl hinausgehen. Es mag oft dagegen gesündigt werden, ohne daß dem Schuldigen die Sünde zum Bewußtsein kommt; daher kann dem menschlichen Gewissen im Heiligtum Gottes die Entscheidung nicht überlassen werden. Dies steht allein Gott zu. Seine Heiligkeit allein muß den Maßstab bestimmen, wenn es sich um die Rechte Gottes handelt. Wie gut nun, daß Er diesen Ansprüchen durch das Opfer Christi hat Genüge geschehen lassen. Welche Gnade!
Dagegen kann das menschliche Gewissen es leicht fassen, wenn man die Rechte seines Nächsten verletzt hat. Ein Unrecht, welches das menschliche Auge zu unterscheiden und das menschliche Herz zu fühlen vermag, kann auch durch das menschliche Gewissen wahrgenommen werden.
Es konnte leicht vorkommen, daß ein Israelit sich ehemals gegen die im Heiligtum herrschenden Gesetze versündigte, ohne daß ihm dies zum Bewußtsein kam, bis ein höheres Licht in sein Gewissen hineinleuchtete; aber niemals konnte er aus „Versehen" lügen, falsch schwören, betrügen und gewalttätig gegen seinen Nächsten sein, ohne daß dies von seinem Gewissen empfunden worden wäre, auch wenn er es nicht zugestand.
Im Kreuz Christi ist allen gerechten Forderungen Gottes an den Menschen entsprochen worden, sowohl in be--zug auf die unwissentlichen als auch auf die wissentlichen Sünden. Hier ist also die feste, unerschütterliche Grundlage unseres Friedens. Gott sei dafür ewig gepriesen!
Weiter ist zu erwähnen, daß bei einer Versündigung „an den heiligen Dingen Jehovas" zuerst das Opfer gebracht und dann die „volle Summe" und ein „Fünftel" darüber erstattet werden mußten. Handelte es sich aber um die gewöhnlichen


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Dinge des menschlichen Lebens, so war es umgekehrt: erst; Wiedererstattung und dann das Opfer.
Der Unterschied ist leicht begreiflich. Wenn die Rechte Gottes verletzt worden waren, so nahm, die Versöhnung durch das Blut den ersten Platz ein; handelte es sich aber um die Beeinträchtigung der menschlichen Rechte, so hatte die Wiedererstattung zuerst zu geschehen, und dann erst sollte das Schuldopfer gebracht werden. Die Wiedererstattung allein genügte nicht, weil dadurch, daß die Rechte des Nächsten verletzt worden waren, auch die Gemeinschaft mit Gott gestört war. Mochte der Beleidigte vielleicht auch mit der Wiedererstattung zufrieden sein, aber für Gott genügte dies nicht, weil auch die Gemeinschaft mit Ihm dabei In Frage kam. „Ohne Blutvergießung gibt es keine Vergebung" (Hebr. 9, 22). Hören wir die Worte des Herrn: „Wenn du nun deine Gabe darbringst zu dem Altar und dich daselbst erinnerst, daß dein Bruder etwas wider dich habe, so laß daselbst deine Gabe vor dem Altar und gehe zuvor hin, versöhne dich mit deinem Bruder; und dann komm und bringe deine Gabe dar" (Matth. 5, 23. 24). Daraus erkennen wir, daß bei der Versündigung an dem Nächsten erst die Wiedererstattung stattfinden muß, und dann erst soll das Opfer Gott dargebracht werden.
Hiermit wären wir nun mit der Betrachtung der Opfer am Ende. So laßt uns denn, teure Geschwister, festhalten, daß der Heilige Geist in den verschiedenen Vorbildern uns etwas von dem unerforschlichen Reichtum des Christus zeigt. Welch eine reiche, himmlische und göttliche Mannigfaltigkeit in der Darstellung dieses Reichtums. Möchten wir stets ein einfältiges Auge und Herz haben, die herrlichen und gesegneten Züge Christi in den Vorbildern zu erkennen, und mit geistlichem Interesse bei den Einzelheiten Seines Charakters verweilen und sie zu erforschen suchen. Dann wird der Herr unseren Herzen immer größer und herrlicher werden; wir werden Ihn schätzen, mehr lieben und mit mehr Hingabe und Treue Ihm dienen, bis Er kommt.