Home Gethsemane

 

Ein bekannter Kommentator schreibt:

„Ich glaube nicht, dass die Leiden Christi im Garten Gethsemane Teil Seines Erlösungswerks waren. Das Erlösungswerk wurde während der drei Stunden der Finsternis am Kreuz vollendet.“

Dazu habe ich ein volles Ja.

Dann fährt er fort: „Doch Gethsemane war ein Vorgeschmack auf Golgatha. Dort verursachte der blosse Gedanke daran, unsere Sünden aufgeladen zu bekommen, dem Herrn die schlimmsten Leiden.“

Das möchte ich etwas näher betrachten.

 

Jesus durchlief in Gethsemane ohne Zweifel Schreckensstunden, die aber vom  Vorgeschmack des Kreuzes unterschieden werden müssen. Im Garten Gethsemane kämpfte Jesus, Er war in ringendem Kampf (Luk 22,44).  Am Kreuz beugte sich Jesus (Jes 53,4). Er blieb stumm wie ein Lamm, das zur Schlachtung geführt wird.

Es stellt sich mit grossem Nachdruck die Frage: Mit wem kämpfte Jesus in Gethsemane? Sollen, können wir es überhaupt wissen?

 

Um es ein bisschen zu verstehen ist es hilfreich, wenn wir unser Augenmerk auf folgende  Stationen im Leben unseres Herrn und Heilandes legen:

- Seine Versuchung in der Wüste (Luk 4,13)

- Seine Stunden mit den Jüngern im Obersaal, unmittelbar vor Gethsemane (Joh 14.30)

- Sein Kampf allein in Gethsemane (Luk 22,40-46)

- Seine Gefangennahme nach dem Kampf in Gethsemane (Joh 18,4)

- Die sechs  Stunden auf dem Kreuz; davon

     Die ersten drei (von der dritten Stunde an, als sie ihn kreuzigten, Mk 15,25)  Drei Stunden leidend

     und von den Menschen verhöhnt. Jesus noch redend: zum Schächer und zu seiner Mutter.

     Die zweiten drei Stunden schweigend und von Finsternis umgeben, (Luk 23,44)

     Die neunte Stunde als Jesus seinen Geist in die Hände des Vaters übergab (Mk 15,34)

 

Bei einigen Stationen tritt Satan persönlich gegen Jesus auf, zum Beispiel:

- Nach den 40 Tagen in der Wüste kam Satan und wollte Jesus zu Fall bringen. Er scheiterte, aber er gab nicht auf (Luk 4,13).

- Bei einer Todesankündigung wollte Petrus den Herrn vom Weg abbringen, aber Jesus sprach zu ihm: Satan, weiche hinter mich.

 - Im Obersaal, nachdem Satan in Judas Iskariot gefahren war, sprach Jesus zu den Jüngern: der Fürst der Welt kommt und hat nichts in mir (Joh 14,30) Jesus erwartete den unmittelbar bevorstehenden Angriff von Satan.

- Im Garten Gethsemane war Jesus in ringendem Kampf und Sein Schweiss wurde wie grosse Blutstropfen, die auf die Erde herabfielen. Er war bestürzt und beängstigt.

 

Hier sind wir wieder bei der Frage angekommen: mit wem kämpfte Jesus? Waren es die Schrecken des Todes? Waren es innere Bedrängnisse? War es ein äusserer Feind? Konnte es Satan persönlich gewesen sein? Die Heilige Schrift gibt dazu klare Hinweise.

- Bei seiner Gefangennahme war Jesus nach bestandenem Kampf wieder absolut ruhig, nachdem Er zuvor bestürzt gewesen war. Jesus hatte mit Satan gekämpft und das Ergebnis war ein vollkommener Sieg über Satan? Eines Sieges nicht nach Punkten. Nein, Er hatte der Schlange den Kopf zermalmt. Es kam später nie mehr zu einer derartigen Konfrontation mit Satan. Wir sind beeindruckt von den Einzelheiten, die zur Kreuzigung gehören.

 

Jesus begegnet Seinen Häschern im Garten mit vollkommener Ruhe. Danach berichten uns die Evangelisten folgendes:

1.      Während sie Ihn kreuzigten sprach Jesus: Vater vergib ihnen (Luk 23,24).

2.      Als Er am Kreuz hing sprach Jesus ganz ruhig zu Johannes: Siehe deine Mutter (Joh 19,26) und

3.      Zu dem Schächer sagte er, ohne Anzeichen eines Kampfes: Heute wirst du mit mir im Paradies sein (Luk 23,43).

 

Von der sechsten bis zur neunten Stunde herrschte unergründliche Stille. Nun sprach Jesus nicht mehr. Es war die Zeit, da Jesus, das Lamm, die Strafe Gottes für unsere Sünden trug. Nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift kämpfte Jesus im Sinn von Abwehr in diesen Stunden nicht; vielmehr beugte er sich unter den Willen Gottes, Er liess sich von Gott zerschlagen (Jes 53,4 und 10) und erduldete die Striemen, durch die wir heil geworden sind (1 Pe 2,24).

 

Um die neunte Stunde dann schrie Jesus mit lauter Stimme.

4.      Eli, Eli, lama sabachthani? d. h.: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (Mt27,46).

              Sogleich  danach (Mt 27,48) als Jesus wusste, dass alles schon vollbracht war, sprach er

5.      Mich dürstet! Joh 19,28).

Dann legen die Soldaten einen Schwamm mit Essig an Seinen Mund.

Markus fügt dem allem noch etwas sehr bemerkenswertes hinzu: „Jesus aber gab einen lauten Schrei von sich“. (Mk15,37) Das war nicht der Schrei eines im Kampf Verzweifelten. Es war ein Siegesschrei.

               Danach rief Jesus:

6.      Es ist vollbracht (Joh 19,30a).

und sagte:

7.      Vater in deine Hände übergebe ich meinen Geist! Als er aber dies gesagt hatte, verschied er. (Luk23,46).

 

Kehren wir nun nochmals zurück zur Frage: mit wem kämpfte Jesus, als Sein Schweiss wie Blutstropfen zur Erde fiel?

Bei der Versuchung in der Wüste und bei dem Verweis an Petrus hat Jesus Satan souverän abgewiesen, aber noch nicht niedergerungen. Satan sollte aber nicht unbezwungen bleiben. Es sollte ihm gemäss Gen 3,15 der Kopf zermalmt werden. Das geschah bei dem ringenden Kampf in Gethsemane.

 

In Gethsemane ging es nicht in erster Linie um unsere Erlösung, sondern um den Endkampf mit Satan, dem Erzfeind Gottes und um dessen endgültige  Besiegung. Im Licht der Bibel ist der Sieg über Satan eine Verherrlichung Gottes. Sodann öffnet die Niederringung Satans das Tor zur Befreiung von allen, die sich der Herrschaft Jesu  unterstellen.

 

Man hört oft, Jesus habe in Gethsemane mit der Todesangst gekämpft. Das ist nicht der zentrale Punkt. Gewöhnliche Todesangst konnte es auf keinen Fall gewesen sein, sonst wäre Jesus von vielen Märtyrern beschämt worden, die später ihrer Hinrichtung gelassen ins Auge geblickt haben. War Jesus etwa schwächer als sie? Und wie steht es mit dem Gedanken des Vorgeschmacks der Sühnungsleiden?

 

Wie konnte Jesus in Seiner Seele in Gethsemane, als er noch in völliger Gemeinschaft mit dem Vater war, einen wirklichen Vorgeschmack haben von dem, was die Gottverlassenheit am Kreuz bedeutete?  Von was sprach Jesus, als er in Gethsemane zum Vater betete: Nimm diesen Kelch von mir weg (Luk 22,42). Dachte er bei diesem Kelch an denselben, von dem er kurz nach der Gefangennahme, als er vom Gebet aufgestanden war,  zu Petrus sagte: Den Kelch, den mir der Vater gegeben hat, soll ich den nicht trinken? (Joh 18,11) Niemals! 

 

Als Jesus in Gethsemane zum Vater betete: Nimm diesen Kelch von mir weg! (Mk 14,36; Luk 22,42) kam er keinen Moment ins Schwanken, was die Sühnungsleiden anbelangte.  Jener Kelch bestand im Kampf mit Satan, den keiner ausser ihm hätte siegreich bestehen können.

 

Der Kelch, den der Vater Ihm gab, führte unweigerlich  zu Seinem Verlassensein von Gott, weil alle Sünde auf Ihm lag. In keinem Moment hat Jesus darum gebetet, er dieser Kelch möge von ihm weggenommen werden.

 

Der persönliche, direkte und abschliessende Kampf Jesu mit Satan

 

Als Jesus 40 Tage in der Wüste war, wurde Er von Satan persönlich  versucht. Es waren nicht einfach satanische Versuchungen, wie wir sie auch erleben mögen. Es war Satan persönlich, der ihn angriff. Dann wich er von ihm bis sich ihm eine andere Gelegenheit bot (Luk 4,13). Es gab im Dienst des Herrn Jesus viele Begegnungen mit Dämonen (mit satanischen Mächten) aber es kam nie zu einer persönlichen Konfrontation mit Satan, ausser nach den 40 Tagen in der Wüste. Den Dämonen gab Jesus einfach Befehle. Er brauchte überhaupt nicht zu kämpfen. Sie  waren alle Subalterne. Und wenn Menschen ihm, angestachelt von Satan, nach dem Leben trachteten, dann entzog er sich ganz einfach ihrem Zugriff (Nazareth).

Gemäss der Ankündigung von Gen 3,15 musste der Same der Frau (das ist zweifellos Jesus) einmal der Schlange den Kopf zermalmen. Das ist die einzige positive Verheissung in jenem Abschnitt, der  sonst nur von Verfluchung spricht.  Sie bedeutet: Jesus, der auserwählte Same Evas, wird die Macht Satans endgültig und für immer bezwingen. Dazu bedurfte es einer persönlichen Begegnung von Jesus mit Satan, die in Gethsemane stattfand.

 

Die Zeit für einen letzten, persönlichen Angriff von Satan auf Jesus gab es dort und Jesus sah ihn voraus. In Joh 14,30 sagte er: Der Fürst der Welt kommt und hat nichts in mir. Jesus erwartete also, dass es bald zu einer Konfrontation mit Satan kommen werde. Wann fand diese statt, wenn nicht in Gethsemane? In den folgenden dunklen Stunden am Kreuz hatte Satan jedenfalls gar nichts mehr bei Jesus zu suchen. Er hatte dort keinen Zutritt.  Dort rang die Seele des Erlösers einzig um unser Heil und wurde deswegen schliesslich von Gott verlassen.

 

Dass es in Gethsemane um die persönliche Konfrontation von Jesus mit dem Teufel ging wird auch dadurch angedeutet, dass Jesus nur zwei Mal in Seinem Dienst auf Erden von Engeln gestärkt wurde. Beide Mal bei einem Kampf mit dem Teufel. Das erste Mal in der Wüste (Mt 4,11) und das zweite Mal  in Gethsemane (Luk 22,43).

In Gethsemane hat Jesus den Satan, seinen persönlichen Widersacher, ein für alle Mal bezwungen. Der Feind ist besiegt und die Seinen sind jetzt frei. So singen wir in unseren Liedern:

 

Der Du den Feind bezwungen, den Himmel aufgetan:

Dir stimmen unsre Zungen, ein Hallelujah an. 249,1

 

Sein ist der Sieg!

Teufel und Tod sind im Krieg

ewig zuschanden geworden.  170,1

 

Dennoch  warten wir zusammen mit der ganzen Schöpfung noch auf den Tag der Erlösung. Die Schöpfung liegt in Geburtswehen und wartet auf Befreiung und auch wir Gotteskinder warten auf Befreiung,  auf die Erlösung unseres Leibes. Alles wartet noch, aber der Weg ist freigemacht. Es wird keinen Kampf mehr geben zwischen Jesus und Satan.  Jesus wird sich nie mehr persönlich mit Satan beschäftigen. Es ist Gottes Sache (Chefsache), den Satan in Bälde unter unsere Füsse zu zertreten (Rö 16,20). Gemessen am Sieg von Golgatha sind eigentlich nur noch einige Details zu erledigen. Michael und seine Engel werden mit dem Drachen kämpfen. Sie werden ihn aus dem Himmel hinauswerfen (Off 12,7-9). Ein Engel, der den Schlüssel des Abgrundes und eine mächtige Kette in seiner Hand hat, wird von dem Himmel herabkommen und den Drachen, die alte Schlange, die der Teufel und Satan ist, tausend Jahre binden (Off 20,2).

Wenn in 2 Thess 2,8 steht: „den der Herr Jesus verzehren wird durch den Hauch seines Mundes und vernichten wird durch die Erscheinung seiner Ankunft“, dann ist nicht Satan, sondern der Antichrist gemeint.

Satan ist ein besiegter Held. Jesus lässt sich gar nicht mehr mit ihm ein, aber Er steht uns in unserem Kampf mit dem Teufel bei. Den Fürstentümern und Gewalten wurden alle Anklageschriften, die für eine Verurteilung der Menschen ausreichen, aus der Hand geschlagen. Jesus nagelte sie ans Kreuz (Kol 2,14-15). Insofern ist  keine Anklage der Gläubigen mehr möglich. Aber Satans Diener geben keine Ruhe. Der Kampf mit den Satansmächten geht weiter (Eph 6,12). Und der Teufel selbst geht immer noch umher wie ein brüllender Löwe. Deshalb werden wir aufgefordert dem Teufel im Glauben standhaft zu widerstehen (1 Pe 5,8-9)

 

Diese Wahrheiten werden im Alten Testament vorgeschattet

 

a)      Für den Sieg Jesu über Satan in Gethsemane gibt es das Vorbild des Sieges Gottes über Pharao.

b)      Für den andauernden Kampf jedes einzelnen Gläubigen gegen die Angriffe Satans gibt es das Vorbild des Krieges mit Amalek.

 

Der Sieg über Pharao war eine abgeschlossene, nicht wiederholbare  Sache. Der HERR (Jesus) kämpfte und Israel (die Gläubigen) sollte still sein (Ex 14,14). Wir können nur schweigend und anbetend zur Kenntnis nehmen, was der HERR in Gethsemane getan hat. Wir schauen an wie Er dort den Satan bezwungen hat, so wie Israel die Ägypter tot am Ufer des Meeres liegen sah (Ex 14,30). Der Glaube erkennt, dass der HERR allein, ganz ohne unser Dazutun, Satan (der Pharao) völlig bezwungen hat.

 

Der Kampf mit Amalek weist auf eine andere Seite der Wahrheit hin. An diesem Kampf müssen alle Männer Israels (alle Gläubigen) teilnehmen (Ex 17,9). Die Gläubigen werden dabei von dem wahren Josua (Jesus) angeführt, aber sie müssen selber kämpfen. Dabei bleiben sie nur siegreich, solange ihr Gebetsdienst andauert – nur solange sie wie Mose ihre Hände erheben (Ex 17,11). Der Kampf mit Amalek ist im Gegensatz zum Kampf mit dem Pharao eine andauernde  Sache. Er ist nicht abgeschlossen. „Krieg hat der HERR gegen Amalek von Geschlecht zu Geschlecht!“ (Ex 17,16) Es ist ein Krieg, den der HERR uns austragen lässt, dessen Ausgang jedoch sicher ist.

 

E. R. / Jan. 2013