Mal 3.16

Bibelgriechisch

Offb. 1,7

Satzglied für Satzglied Analyse

Es wird eine mögliche Übersetzung, die Stilistik und Pragmatik und Syntax untersucht. Letzteres hauptsächlich auf der Satzgliedebene. Bei allen spielt die Wortart eine grosse Rolle, aber nicht zu vergessen: Der Kontext ist der Master, sonst wird es zum Desaster.

Offenbarung 1,7
Mehrheitstext nach RP
Ἰδού, ἔρχεται μετὰ τῶν νεφελῶν, καὶ ὄψεται αὐτὸν πᾶς ὀφθαλμός, καὶ οἵτινες αὐτὸν ἐξεκέντησαν·καὶ κόψονται ἐπ᾽ αὐτὸν πᾶσαι αἱ φυλαὶ τῆς γῆς. Ναί, ἀμήν. (Offb. 1:7 BYZ)

Mögliche Übersetzung
Siehe, er kommt mit den Wolken und jedes Auge wird ihn sehen und (auch) die, welche ihn durchbohrten. Und sie werden sich wegen ihm (wehklagend auf die Brust) schlagen, alle Geschlechter des Landes. Gewiss, Amen (so wird es sein).

«Ἰδού» (Siehe)
«Ἰδού» ist ein eigenständiger Satz. Er soll die Aufmerksamkeit auf das Nachfolgende lenken. Es handelt sich dabei nicht um eine Partikel, da dieses Verb auch flektiert werden kann und das können Partikel nicht, daher ist es der Form nach als Interjektion einzuordnen.

«ἔρχεται» (er kommt)
In diesem Verb ist die Person implizit, d. h., dass das Personalpronomen «er» darin enthalten ist. Das Verb ist in der Satzgliedebene also ein Subjekt und ein Prädikat im gleichen Wort, was für mich zunächst im Deutschen nicht einfach erscheint, da dies in unserer Sprache heute nicht mehr möglich ist. Im Altdeutschen war dies wohl noch möglich und vielleicht noch in manchen heutigen Dialekten.

Interessant ist auch das Tempus. Das Verb ist nämlich im Präsens, also in der Gegenwart. Wir lesen hier für uns ein zukünftiges Ereignis. So werden wir mit der Sprache wie in eine Zeitmaschine in die Zukunft versetzt, denn Johannes hatte dieses Ereignis so vor seinen Augen, wie es gerade geschah. Wenn Johannes es so geschrieben hat, so können wir es uns auch so vor unsere Augen führen als geschehe es gerade eben. Wir sollen auch alle Zeit damit rechnen, dass die Wiederkunft Jesu Christi bevorsteht (vgl. 1.Thess 4,13–5,11).

«μετὰ τῶν νεφελῶν» (mit den Wolken)
Diese drei Wörter sind auf der Satzgliedebene eine Angabe. Angaben können mit bestimmten Fragesätzen näher bestimmt werden. Hierfür ist auch der gesamte Kontext der Bibel notwendig. Über diesen kleinen Teil kann gut und gerne mehrere Stunden Unterredung über das Wort Gottes geführt werden. Es beginnt mit dem neuen Testament (Apg 1,9; 1Thes 4,17; Offb. 4,17. 14,14 u.v.a) und endet mit dem alten Testament (z. B. die Wolkensäule in der Wüste). Die Wolken können als solche, nämlich viele Wassertropfen, als Schechina (das ist ein Hebraismus für die Herrlichkeit Gottes) oder als Metapher gesehen werden. Im Zweifelsfalle ist zu empfehlen, dass das Wort Gottes immer wörtlich zu nehmen ist.

Dass der Herr Jesus in Wolken kommt, ist auch in den synoptischen Evangelien zu entnehmen, also in Matthäus, Lukas und Markus (Mt 24,30; Lk 21,27; Mk 13,26). Dass der Apostel Johannes darüber nicht schreibt (Johannes ist auch ein Evangelist), sollte nicht verwundern, denn das Evangelium nach Johannes zeigt den Herrn Jesus als Gott.

Wäre nun diese Wolke die Schechina oder die Braut des Lammes, dann wären die Wolken, die hier im Plural sind, eine Metapher. Sicher ist aber die Syntax, denn dieses Satzglied in Form einer Präpositionalphrase ist eine Angabe. Angaben können näher bestimmt werden. Diese Bestimmung erfolgt über sogenannte «W-Fragen». Für dieses Satzglied kommt die nähere Bestimmung auf «Womit kommt der Herr Jesus?» und «Wie kommt der Herr Jesus?». Das naheliegendste ist die «womit» Frage. Das wäre dann eine instrumentale Angabe.

Aus dem Synoptiker geht hervor, dass nämlich der Herr Jesus in Macht und Herrlichkeit kommen wird. Im gesamten Kontext ist die instrumentale Angabe daher die naheliegendste Bestimmung.

«καὶ» (und)
Dieses Wort wird in diesem Vers mehrmals verwendet. Es sei hier also nur das eine Mal erklärt. Es handelt sich dabei um eine Konjunktion. Konjunktion verknüpfen Sätze und Satzglieder auf gleicher Ebene. Sie sind also der Kleber dazwischen. In den Versen fünf und sechs des ersten Kapitels der Offenbarung sind gute Beispiele dafür, dort erweitert es das indirekte Objekt an mehreren Stellen des Verses, so dass diese Objekte mehrgliedrig sind. In unserem Vers sieben folgt jedoch immer ein neuer Hauptsatz darauf.

«ὄψεται» (sehen)
Dieses Verb ist im Futur geschrieben und ist das Prädikat dieses Hauptsatzes. Es macht die Aussage des Satzes.

«αὐτὸν» (ihn)
Dieses Personalpronomen nimmt wiederum Bezug auf den Herrn Jesum wie auch beim bereits besprochenen implizierten Verb, und auch im Relativsatz taucht es in der gleichen Morphologie auf. Es ist im Kasus Akkusativ und damit als Satzglied ein direktes Objekt.

«πᾶς ὀφθαλμός» (jedes Auge)
Das Adjektiv «jedes» beschreibt hier das Nomen «Auge» näher und damit ist es ein Attribut.

Zusammen mit dem Nomen und Attribut bildet es hier das Subjekt des Hauptsatzes. Ein Merkmal dafür ist u. a. der Kasus Nominativ.

Das Subjekt wird stilistisch gebraucht. Die Stilfigur «pars pro toto» schliesst von einem Teil, hier das Auge, auf das Ganze, nämlich der ganze Mensch bzw. die ganze Menschheit, denn es wird ja von jedem Auge geschrieben. Aber vielleicht lässt sich noch eine konkretere Stilfigur finden. In Betracht kommt die Metonymie. In dieser wird anstelle des ursprünglichen Begriffs ein anderer Begriff verwendet, also ein Begriffstausch findet statt. Die Bedingung dabei ist, dass die Information, die aus dem Begriff hervorgeht, die Gleiche ist wie aus dem ursprünglichen Begriff. Das Auge, welches zum Sehen notwendig ist, setzt den Menschen voraus, nämlich der ganze Körper und Geist. Jedes Auge bedeutet, wie bereits erwähnt, die ganze Menschheit. Erst der spätere Relativsatz bezieht sich auf eine bestimmte Gruppe aus der Gesamtheit, indem eine bestimmte Gruppe angesprochen wird, nämlich das Geschlecht bzw. die Nachkommen davon, welche IHN einst durchbohrt hat.

«οἵτινες» (die, welche)
Das Relativpronomen leitet einen Nebensatz ein. Ein solcher ist von seinem Hauptsatz abhängig. Der Nebensatz beschreibt bzw. ergänzt den Hauptsatz und nimmt dabei Bezug auf ihn.[1] Das Genus und der Numerus des Bezugswortes stimmen dabei im Griechischen überein bzw. sind miteinander kongruent. Es gibt aber auch Ausnahmen so wie in diesem Vers, wo es sich um einen Teil von allen, die IHN in Macht und Herrlichkeit kommen sehen, bezieht. Es handelt sich dabei um diejenigen, welche bereits in Sacharja 12,10ff erwähnt werden.

Da dieses Relativpronomen unter anderem im Kasus Nominativ steht, kann die Phrase als Subjektsatzglied erkannt werden. Im Weiteren ist dieses Subjekt der zweite Teil vom Subjekt im Hauptsatz «οἵτινες». Das Objekt «αὐτὸν» und das Prädikat «ἐξεκέντησαν» knüpfen an dieses Subjekt im zweiten Teil an. Damit wird ein Teil des Subjekts im Hauptsatz näher beschrieben. Aus allen Menschen sind auch die Nachkommen dabei, welche IHN durchstochen haben.


 

 «ἐξεκέντησαν» (durchbohrten/durchstachen)
Wie bereits unter der vorhergehenden Überschrift erwähnt, finden wir diese Aussage auch noch in Sacharja 12,10 (Vgl. Ps 22,16).

Sacharja 12,10 
Und ich werde über das Haus Davids und über die Bewohner von Jerusalem den Geist der Gnade und des Flehens ausgießen; und sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben, und werden über ihn wehklagen gleich der Wehklage über den Eingeborenen, und bitterlich über ihn leidtragen, wie man bitterlich über den Erstgeborenen leidträgt.

Das Wort ist ein Verb im Aorist. Ein Aorist ist eine einmalige abgeschlossene Handlung in der Vergangenheit. Dieses Verb ist als Satzglied ein Prädikat und macht damit die Satzaussage aus.

Das nachfolgende Wort ist die Konjunktion «und» und auch der nachfolgende Satz ist ein eigenständiger Hauptsatz, damit ist das Verb «ἐξεκέντησαν» das abschliessende Wort für diesen Satz und kann mit einem Punkt beendet werden.

 «κόψονται» (werden sich [wehklagend auf die Brust] schlagen)
Im Griechischen ist dieses Verb im Futur und muss im Deutschen umschrieben werden. Es beschreibt ein grosses Bedauern und Wehklagen über eine vergangene Tat (vgl. Mt 11,17; 24,30; Lk 8,52; 23,27; Offb 1,7; 18,9 und ähnlich Lk 23,48). Dieses Verb ist das Prädikat des Hauptsatzes. Damit diese Aussage «werden sich schlagen» besser verständlich ist, steht in Klammern, manchmal auch kursiv oder als Fussnote, die Ergänzung, die nicht im Originaltext seht. Dabei soll der Leser merken, wo die Übersetzung vom Original abweicht.

«ἐπ᾽ αὐτὸν» (wegen ihm)
Diese beiden Wörter, Präposition und Personalpronomen bilden zusammen eine Angabe. Es könnte weiter untersucht werden, ob es sich hierbei um ein Präpositionalobjekt handeln könnte.

 «πᾶσαι αἱ φυλαὶ τῆς γῆς» (alle Geschlechter des Landes)
Dieser lange Abschnitt ist ein einziges Satzglied, ein Subjekt. Die Geschlechter, welche auch mit «Stämme» übersetzt werden könnte, werden mit einem Attribut nähe beschrieben, nämlich welche Geschlechter: Der Geschlechter des Landes.

Wieso also ist die Übersetzung mit «Geschlechtern» besser als «Stämme»? Diese Frage lässt sich mit Sacharja 12 erklären, wo die einzelnen Geschlechter aufgeführt werden, die mit Wehklagen trauern. Es werden aber nicht die Stammesväter aufgeführt, sondern vereinzelte Nachkommen daraus. Es würde sich lohnen, dieser Frage gründlich auf den Grund zu gehen.

Mit «alle» sind diejenigen gemeint, welche erkennen, wen sie durchstochen haben. Thomas ist in dieser Sache ein Vorschatten darauf (Joh 20,25ff).

Das Volk, als es Barnabas frei lies anstelle des Herrn Jesu Christi, nahm Blutschuld auf sich Mt 27,25:

Und das ganze Volk antwortete und sprach: Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder!

«Ναί, ἀμήν.» (Gewiss, Amen [so wird es sein].)
Die Partikel «Ναί» verstärkt das Amen zusätzlich. Partikel sind Wortarten, die nicht flektiert werden können, sie bleiben in ihrer Form gleich bzw. die Morphologie.

Das Amen ist ein Hebraismus. Johannes stimmt damit der vorhergehenden Aussage bei. Meist wird dieses Wort nicht übersetzt, da die Bedeutung vielen klar ist «So ist es!» oder manchmal auch «Wahrlich». Üblicherweise wird ein Gebet, insofern dem Inhalt zugestimmt werden kann, von den Zuhörern mit einem gemeinsamen «Amen» beendet. Es ist dann so, als hätte der Zuhörer selbst gebetet.



[1]Es gibt auch die freien Relativsätze, dort fehlt der Hauptsatz, auf den Bezug genommen werden könnte. (Bsp.: Mk 8,34 oder «Wer bremst verliert!»)