Dieses Buch wird bald ein Sammlerobjekt sein. „Der Krieg in unseren
Städten“, erschienen im Frankfurter Eichborn-Verlag und geschrieben vom
Redakteur der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Udo Ulfkotte, darf seit
vergangener Woche nicht mehr ausgeliefert werden. Es beschreibt, wie
islamistische Extremisten Deutschland unterwandern. Nach außen tarnen
sie sich als wohltätige Spendensammler, predigen religiöse Toleranz und
den Dialog der Weltreligionen. Tatsächlich – so Ulfkotte – sind sie eine
gut getarnte Untergrundarmee, die sich zum Angriff auf den Rechtsstaat
rüstet mit dem Ziel, einen islamischen Gottesstaat zu errichten. Die
Verbindungen reichten zu gewalttätigen und terroristischen
Organisationen wie der ägyptischen Muslimbruderschaft, zu Hamas und
Hisbollah, Al Qaida und den Attentätern von New York, Washington und
Djerba. Diese Darstellung gefiel zahlreichen islamischen Vereinen,
Organisationen, Firmen und Privatpersonen nicht. Sie überzogen Autor und
Verlag mit Klagen. Zunächst erreichten sie mit einer Einstweiligen
Verfügung das Verbot einer Neuauflage. Nun wurde auf Antrag der
Islamischen Förderation in Berlin auch der Vertrieb der bereits
gedruckten Exemplare untersagt.
Gegenwehr „zwecklos“
Obwohl das Buch in der Öffentlichkeit kaum erwähnt wurde, verkaufte es
sich bis zu seinem Verbot mehr als 25.000mal und schaffte es auf Platz
13 der Spiegel-Bestsellerliste Sachbuch. Dennoch hat Autor Ulfkotte die
Waffen gestreckt. Der gesundheitlich schwer angeschlagene junge Mann,
der sich zur Zeit in einer Klinik im Ausland aufhält, will sich gegen
die in ganz Deutschland eingereichten Klagen nicht zur Wehr setzen.
„Selbst wenn ich alle Verfahren gewinnen würde, müßte ich jahrelang
prozessieren“, sagt Ulfkotte, der nach mehreren Morddrohungen inzwischen
unter Personenschutz steht. Auch Eichborn-Verleger Peter Wilfert
verzweifelt angesichts der Prozeßlawine, die aus Hamburg, München,
Berlin und Köln auf ihn zurollt. Der finanzielle Kraftakt sei für den
mittelständischen Verlag nur schwer zu bewältigen. „Unter Zuhilfenahme
erlaubter Mittel wird systematisch finanzieller Druck aufgebaut, um
mißliebige Berichte zu zensieren“, sagt Wilfert. Schon in früheren
Fällen wurden Journalisten, die im Umfeld islamistischer Organisationen
recherchierten, mit Unterlassungsklagen überzogen. So muß sich die
Berliner Journalistin Claudia Dantschke seit mehr als einem Jahr den
Klagen von islamischen Vereinen und Privatpersonen erwehren. Mit zwei
Kollegen hatte sie in der Broschüre „Politik im Namen Allahs“ deren
Verbindungen zur islamistischen Gemeinschaft Milli Görüs offengelegt.
„Schlaft weiter!“
Ulfkotte warnt vor einer naiven Verbrüderung mit Islamisten: „Mein Buch
stört das Gespräch zwischen Muslimen und Christen. Aber nicht jeder, der
einem die Hand schüttelt und von Dialog spricht, meint das auch
ehrlich.“ Besonders verbittert habe ihn, daß die Gefahr des
islamistischen Terrors in Deutschland weder Journalisten noch Politiker
zu interessieren scheint. Außer dem bayerischen Innenminister Günther
Beckstein (CSU) sei keinem deutschen Politiker die Brisanz des Themas
bewußt. „Schlaft weiter!“, sagt Ulfkotte.
In der Branche ist der Enthüllungsjournalist nicht unumstritten. Einigen
gilt Ulfkotte als Nestbeschmutzer, zog er doch in seinem Buch „So lügen
Journalisten“ über das eigene Metier her. Der Norddeutsche Rundfunk
bezeichnete seine Ansichten über den Islam als „rechtsradikal“, und die
linksalternative „tageszeitung“ meinte sogar, Ulfkotte biete „viel Stoff
für Verschwörungstheoretiker“. Tatsächlich bleiben einige Spuren und
Verdachtsmomente, die Ulfkotte zusammengetragen hat, nebulös. Daß das
Buch Fehler enthält, gibt Ulfkotte zu: „Einige Stellen im Buch sind
sachlich nicht richtig.“ So sei es vorgekommen, daß er den Bruder eines
Extremisten mit dessen Cousin verwechselt habe. Aber das sei bei der
Vielzahl recherchierter Fakten nicht verwunderlich und hätte in einer
zweiten Auflage korrigiert werden können. Dennoch hält er am düsteren
Ergebnis seiner Recherche fest: „Wir werden in Deutschland in Zukunft
Terroranschläge erleben.“
Ein abgesetzter Film
Die Einschüchterung von Islam-Kritikern wird so systematisch betrieben,
daß der Saarbrücker Religionswissenschaftler Karl-Heinz Uhlig die
Pressefreiheit in Gefahr sieht. Sichtbar wurde dies bereits während der
Fußball-Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich. Dort gab es einen Eklat,
als der US-Spielfilm „Nicht ohne meine Tochter“ im französischen und
deutschen Fernsehen gesendet werden sollte. Der Film schildert die
Entführung der Tochter einer US-Bürgerin durch ihren iranischen Ehemann
und setzt sich mit den Zuständen im persischen Mullah-Regime
auseinander. Die iranische Fußballmannschaft drohte mit dem Boykott der
WM, sollte der Film ausgestrahlt werden. In Frankreich wurde er
gesendet. Der deutsche Privatsender VOX knickte dagegen vor den
iranisch-moslemischen Drohgebärden ein. Er setzte den Film ab, da „eine
Gefährdung der Mitarbeiter nicht ausgeschlossen werden“ könne. Ein
Verhalten, das selbsternannte Wächter des Islam wohl zu weiteren Taten
ermutigt haben dürfte.
Schwarze Listen
Inzwischen gibt es eine Organisation mit dem Namen „MuslimRecht“, die
gegen Kritiker Kampagnen organisiert. Vorbild ist die US-Organisation „CAIR“
(Rat für Amerikanisch-Islamische Beziehungen). Sie prangert
anti-islamische Vorfälle an und attackiert Christen, die dem Islam eine
Gewaltbereitschaft attestieren, wie den Evangelisten Franklin Graham,
Sohn von Billy Graham. Er hat den Islam öffentlich als „bösartige“
Religion bezeichnet und sich dafür sogar einen Rüffel der Evangelischen
Allianz eingehandelt. Bezeichnend: Graham steht mit seinem Hilfswerk „Samaritan’s
Purse“ (Geldbeutel des Samariters) auch Armen im Irak und anderen
islamischen Ländern bei. Zurück zu CAIR: Es verfügt über drei Dutzend
Angestellte und ein Netz von Juristen. Das möchte „MuslimRecht“ auch in
Deutschland aufbauen. In der Selbstdarstellung der Organisation mit Sitz
in Hamburg heißt es, man wolle „ein positives Bild des Islam und der
Muslime in Deutschland fördern“. Doch wer sich durch die Internet-Seiten
durcharbeitet, bekommt ein weniger freundliches Bild von den Aktivitäten
des Vereins. Da gibt es eine Rubrik „Schwarze Liste – Vertreter der
Intoleranz“, wo erklärt wird: „MuslimBoykott hat zum Ziel, intolerante
und islamfeindliche Personen und Organisationen aufzulisten und sie
einer breiten Masse publik zu machen.“ Außerdem wird zum Boykott von 251
Produkten aufgerufen, die angeblich US-amerikanischen oder britischen
Ursprungs sind, wie Milka, Ariel, Chiquita, Frolic Iglo, Jacobs, Onko
und Coca-Cola.
E-Mails gegen „Phoenix“
Von „MuslimRecht“ wurde auch eine Kampagne gegen den Film „Wir wollen
den wahren Islam – Junge Muslime in Deutschland“ des evangelischen
Pastorenehepaares Gisela und Udo Kilimann organisiert. Die Produktion
lief bereits im September im WDR-Fernsehen und sollte bei Phoenix am 19.
Januar wiederholt werden. Ein muslimischer Student, der in dem Film zu
Wort kam und dem Verbindungen zu islamistischen Organisationen
nachgewiesen wurden, fühlte sich diffamiert und beantragte eine
Einstweilige Verfügung gegen den Sender. „MuslimRecht“ rief zu
Protest-E-Mails auf, die den Sender offenbar beeindruckten, da sie
offensichtlich nicht nur Kritik, sondern auch handfeste Drohungen
enthielten, die nach dem 11. September 2001 niemand mehr auf die leichte
Schulter nimmt. Die Sendung wurde abgesetzt. Sie wurde zwar kurze Zeit
später doch ausgestrahlt, doch der Vorgang zeigt, wie leicht sich Medien
einschüchtern lassen.
Journalistin am Pranger
Am Pranger von „MuslimRecht“ landete auch die Redakteurin des
Evangelischen Pressedienstes, Gisela Zabka. Grund war ein Interview mit
einer Filmautorin des Hessischen Rundfunks über die Reaktionen von
Moslems auf ihre Arbeit. Esther Schapira hatte versucht, die
Hintergründe des Todes eines 11jährigen palästinensischen Jungen
aufzuklären. Der Junge wurde der Weltöffentlichkeit als Opfer des
israelischen Militärs ausgegeben, als er in den Armen seines Vaters
starb. Doch Schapira nannte Anhaltspunkte dafür, daß der Junge auch von
Palästinensern getötet worden sein könnte. Auf den Film folgten
Beschimpfungen und Drohungen muslimischer Zuschauer. Palästinenser
beschuldigten Schapira, einen „Märtyrer“ (den 11jährigen Jungen) und
damit alle Muslime beleidigt zu haben. Sie hätte sich die Konsequenzen
vorher überlegen müssen. Die Journalistin konnte zeitweilig nur unter
Polizeischutz auftreten. Als der Film im Jüdischen Museum in Frankfurt
am Main vor Schülern gezeigt wurde, gab es vermehrt Absagen von Schulen,
die eine Führung gebucht hatten – aus Angst vor islamischen Attentaten.
Zu viel entschuldigt
Schapira ist überzeugt, daß viele Medien wegen des Wunsches nach einer
funktionierenden multikulturellen Gesellschaft zu viel entschuldigt und
tabuisiert haben. Kritik übt sie auch am Leiter des Hamburger
Orient-Institutes, Udo Steinbach, der palästinensische
Selbstmordattentäter mit Kämpfern des Warschauer Ghettos gleichsetzte
und in seinem Institut auch Islamisten beschäftigt. Zu den Kampagnen von
„MuslimRecht“ gegen Journalisten sagt sie: „Islamistische
Einschüchterungskampagnen können Erfolg haben, gerade weil sie so diffus
sind. Allein die Möglichkeit, selber ins Schußfeld zu geraten, erhält
plötzlich eine ganz neue Bedrohungsqualität. Jeder kann gemeint sein,
der zum Feind definiert wird, eine Person, ein Sender.“ Da die
epd-Redakteurin Zabka so kritische Fragen zur Einschüchterung von
Journalisten aufwarf, zog „MuslimRecht“ folgendes Resümee: „Frau Zabka
ist hier eindeutig zu weit gegangen. Der Versuch, die hier lebenden
Muslime pauschal zu diskriminieren, Ängste in der Bevölkerung zu schüren
und MuslimRecht als islamistische Organisation abzustempeln, ist
inakzeptabel und wird von uns auch in Zukunft geahndet werden.“ Das
klingt bedrohlich, denn für Bestrafung sind hierzulande immer noch
Gerichte zuständig und nicht muslimische Organisationen.
Wie bei der Mafia
Die Gesellschaft scheint sich daran zu gewöhnen, daß Kritik am Islam nur
noch unter Vorsichtsmaßnahmen vorgetragen werden kann. Esther Schapira
hält eine solche Gewöhnung für verhängnisvoll: „Wir erreichen sonst
einen Zustand wie in Italien, als es darum ging, über die Mafia zu
berichten. Und wo Journalisten sich irgendwann nicht mehr getraut haben,
offen zu berichten, weil sie wußten, daß sie ihr eigenes Leben
gefährden. Dies darf in einer Demokratie nicht zum Normalzustand
werden.“ |