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Gespräche ueber den 
biblischen Glaube

27.02.2001  Mail - Wechsel an einem Tag!


Lieber Hans Peter

Matthias hat bis heute immer noch nicht zu meinen Beiträgen Stellung genommen. Bevor er dies nicht tut, betrachte ich ein Weiterfahren bei dieser
Thematik als sinnlos, da ich ihm ja hinlänglich verdeutlicht habe, dass die Vernunft alleine als Werkzeug zur "Entschlüsselung" der Bibel nicht
ausreicht. Zudem fehlen uns zu viele Informationen, um bei jeder Thematik,  die in der Bibel angeschnitten wird, immer eine plausible Erklärung zu
finden, da Gott sich uns ja aus der Ewigkeit heraus offenbart, was unsere Möglichkeiten als endliche Wesen bereits beträchtlich einschränkt. Auch
dieses Problem habe ich angeschnitten, jedoch keine Antwort bekommen. Somit wird eine Diskussion über solche Kleinigkeiten wie Stammbäume etc. hinfällig
(vergleiche dazu auch 1. Tim. 1, 4 und Tit. 3, 9; Paulus hat bestimmt aus genau solchen Gründen auf diese Problematik hingewiesen).

Ganz liebe Grüsse

Peter


Lieber Matthias
da noch ein Mail von Peter , das ich heute erhalten habe. Ich selber
warte auch auf  Deine Stellungsnahmen zu dem, was wir auf der web site
veröffentlicht haben.
Es eilt ja nicht aber, aber um den Dialog Vorwärtszubringen, wären einige
Gedanken Deinerseits sehr hilfreich. In diesem Sinne grüsse ich Dich aus  Frauenfeld
Hans Peter

Lieber Peter

sorry fuer die lange Antwortzeit, aber ich erhalte immer noch
sehr viel Feedback zu meinen Seiten und moechte dann jeweils
Stellung beziehen zu diesen Mails. So ist Eure Hauskreispage
etwas in Vergessenheit geraten. Gerne gehe ich aber auf Deinen
letzten Text ein:

Danke fuer die genaue Definition von Agnostizismus. So genau
wusste ich gar nicht, woher dieser Begriff kommt. Alles was
ich weiss ist, dass er "Nichtwissen" meint. In Fragen bezueglich
Gott bezeichne ich mich tatsaechlich als Nichtwisser.

> es ging ihnen nur darum, mit "Vernünfteleien" den Glauben
> Anderer anzufechten und kaputt zu machen.

Ich denke, Du hast inzwischen festgestellt, dass dies niemals
mein Ziel war. Meinen urspruenglichen Text habe ich aufs Netz
gelegt, um Menschen, die sich dafuer interessieren, zu
erklaeren, weshalb ich den Bibeltext entfernt habe. Ich habe
meine Ansichten nicht missionarisch verbreitet (wie dies
Christen gelegentlich zu tun pflegen). Alle Kontakte sind
dadurch entstanden, dass Christen mit mir Kontakt aufgenommen
und sich interessiert haben, wie ich denke. Nochmals zurueck
zu meiner neuen Sicht der Welt. Als Agnostiker bin ich frei
und glaube ueberhaupt nichts. Das klingt jetzt vielleicht etwas
extrem. Was ich damit meine ist, dass ich dort, wo mir zu wenig
Information zur Verfuegung steht, sagen darf: "Ich weiss es
nicht". Die Alternative zum Christsein ist fuer mich eben nicht
der Atheismus, denn die Idee, dass es keine Gott gibt ist
so unbegruendet wie die Idee, dass die Bibel sein Wort ist.
Ich weiss, dass sich jetzt alle Christen wehren werden und
trotzdem sage ich es hier:

  Glauben muss man, wenn man zuwenig Information besitzt
  um zu wissen.

Ich weiss, dass die Bibel sagt, dass Glaube Wissen sei, aber
da ich frei bin, die Bibel anzuzweifeln so bin ich auch frei,
diesen Vers anzuzweifeln. Er ist fuer mich in sich wider-
spruechlich. Man kann hier mit Definitionen spielen aber wer
ehrlich ist muss zugeben, dass Glaube nicht das gleiche ist
wie Wissen, sonst braeuchte es den Begriff Glaube neben dem
Begriff Wissen nicht. In diesem Sinne glaube ich nichts, ich
weiss, was ich weiss und ich weiss was ich nicht weiss, das
ist alles.

> Wenn Du also ein echter Agnostiker bist, dann willst
> Du, nur mit Deinem Verstand gewappnet, beweisen, dass
> Theologie (bzw. christliche Lehre im weitesten Sinne)
> unnötig oder sogar falsch ist.

Agnostizismus - so wie ich ihn verstehe und auch lebe -
ist nicht gegen etwas gerichtet sondern existiert fuer sich
selbst. Es ist eine Art zu denken. Eigentlich diejenige,
die in den Wissenschaften verwendet wird, und deshalb ist
sie mir auch so sympatisch. In der Wissenschaft wird nichts
geglaubt. Man stellt Thesen auf aufgrund von Fakten und ver-
wirft diese, sobald die Fakten in eine andere Richtung
weisen. (Natuerlich gibt es Wissenschaftler, die unbegruendet
auch auf ihren Ideen beharren aber dies ist dann eben nicht
wahres wissenschaftliches Denken).
Deine Definition des Agnostizismus macht die christliche
Lehre viel zu wichtig. Der Agnostiker definiert sich nicht
durch die Christliche Sicht. Fuer einen Agnostiker ist die
christliche Sicht nicht mehr und nicht weniger als
irgendeine andere These.

> Können wir uns darauf einigen, dass keiner von uns
> versucht, den andern zu seiner Sicht zu bekehren

Hier stimme ich Dir zu, das kann und soll nicht der Sinn
unserer Diskussion sein.

> Ich glaube, dass die Bibel vollkommen ist, weil sie keine
> Fehler enthält, nicht aber deshalb, weil sie alle
> Informationen enthält.

Ich habe niemals behauptet, dass die Bibel umfassend und
abgeschlossen sei. Ich habe auf Stellen hingewiesen, die
direkt unserem heutiges Wissen oder dem rationalen Denken
entgegenstehen. Ich spreche also nicht von fehlender
Information sondern von falscher Information.

> Denn es wird geschehen, daß der Menschensohn kommt in der
> Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln, und dann wird
> er einem jeden vergelten nach seinem Tun. Wahrlich, ich sage
> euch: Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken,
> bis sie den Menschensohn kommen sehen in seinem Reich.
> (Matth.16.27-28)
>
> Zuerst müssten wir uns also fragen, was hier genau gemeint ist.

Hier moechte ich widersprechen. Diese Stelle ist ueberhaupt
nicht schwierig zu verstehen. Sie laesst keinen Spielraum fuer
irgendwelche Interpretationen. Klarer kann man sich nicht
ausdruecken. Was diese Stelle schwierig macht ist EINZIG und
alleine die Tatsache, dass diese Prophetie nicht eingetroffen
ist!

> Wenn wir dann aber zu keinem logischen Schluss kommen, was
> haben wir schlussendlich damit bewiesen? Nur eines, dass
> die Bibel eben kein in sich geschlossenes System darstellt

Hier wirst Du mir etwas zu esoterisch. Darf man Aussagen denn
nicht mehr beim Wort nehmen? Uriella hat behauptet, dass im
Jahr 2000 eine grosse Flutwelle die noerdlichen Teile von
Europa ueberschwemmen werde. Ist sie eine falsche Prophetin?
Keineswegs! Ihre Aussagen stellen in ihrer Gesamtheit kein
geschlossenes System dar. Uriella hat die Flutwelle
wahrscheinlich in einem uebertragenen Sinn verstanden. Man
kann sie auch nicht an dieser einzigen Aussage festnageln.
Man muss die Gesamtheit ihrer Sicht verstehen und das Umfeld,
indem sie es behauptet hat. Fuer sie war die Aussage sicher
richtig. Wenn WIR das Gefuehl haben, ihre Aussage waere
falsch, dann ist das UNSER Problem, nicht ihres! So kommt
Deine Argumentation etwa bei mir an.

> da ich ihm ja hinlänglich verdeutlicht habe, dass die
> Vernunft alleine als Werkzeug zur "Entschlüsselung" der
> Bibel nicht ausreicht.

Wenn es nicht die Vernunft ist, dann frage ich mich,
weshalb wir ueberhaupt Diskutieren. Beruht unsere Diskussion
nicht auf Vernunft und auf Vernunft ALLEINE? Welche anderen
Mittel stehen uns zur Verfuegung neben messerscharfem
rationalem Denken? Und wieso soll ich die Behauptung,
dass meine Vernunft nicht ausreicht glauben wenn nicht
aufgrund meiner Vernunft? Hier wirds kompliziert! Du stehst
mit mir einem Dialog. Dies zeigt, dass Du die Vernunft
gebrauchst. Wenn wir nicht beide an die Vernunft und das
rationale Denken glauben wuerden, dann muesstest Du Dir
nicht die Zeit nehmen, mit mir zu argumentieren, dann
wuerde ein einziger Satz reichen:
 
  Matthias, wenn Du nicht in die Hoelle kommen willst,
  dann werde wieder Christ.

Dann gibts nichts mehr zu diskutieren.

> Zudem fehlen uns zu viele Informationen, um bei jeder
> Thematik, die in der Bibel angeschnitten wird, immer
> eine plausible Erklärung zu finden, da Gott sich uns ja
> aus der Ewigkeit heraus offenbart, was unsere
> Möglichkeiten als endliche Wesen bereits beträchtlich
> einschränkt.

Uriella ist nicht geistesgestoert, sie ist goettlich
inspiriert. Und da Gott weit ueber unserem Verstand steht,
kommen uns ihre Aussagen natuerlich unvernuenftig und
dumm vor. Wir denken, sie veroeffentliche falsche
Prophetien, und dies tun wir, weil unser Verstand uns
sagt, dass das Jahr 2000 verstrichen ist und nicht von
Ihrem Aussagen eingetroffen ist. Duerfen wir unseren
Verstand gebrauchen wenns um das Goettliche geht,
unseren begrenzten menschlichen Verstand wenn wir Bot-
schaften von einem ewigen Gott erhalten?

Christen kommen immer wieder mit solchen Argumenten und
ich moechte doppelt widersprechen: Erstens stehen die
"schwierigen" Stellen nicht ueber unserem Verstand sondern
ihm entgegen und zweitens ist die Bibel an uns Menschen
gerichtet. Wenn ein Akademiker einem Maurer einen Brief
schreibt und der Maurer diesen Brief dann nicht versteht,
dann ist das das Problem des Akademikers, nicht des
Maurers. Wieso soll Gott Dinge in die Bibel einfliessen
lassen, die wir mit unserem zeitlichen Verstand nicht
verstehen, wenn es ihm darum geht, uns Menschen anzu-
sprechen?

> Somit wird eine Diskussion über solche Kleinigkeiten
> wie Stammbäume etc. hinfällig

Die Stammbaeume werden erst zu Kleinigkeiten, wenn man
all die Fragen, die sie aufwerfen, konsistent und
zufriedenstellend beantwortet hat. Die Tatsache, dass
an anderen Stellen in der Bibel verboten wird, ueber
Stammbaeume zu diskutieren, wischt dieses Problem nicht
vom Tisch.

Soweit fuer heute, alles Gute

  Matthias


Lieber Hans Peter

Tatsächlich, das ist jetzt sehr zackig gegangen. Nur möchte ich es nochmals
wiederholen: Ich habe auf der Homepage zu dieser Thematik sehr ausführlich
Stellung bezogen. Da ich das Rad nicht nochmals erfinden möchte, muss sich
Matthias schon die Zeit nehmen, sich mit meinen Beiträgen
auseinanderzusetzen (d.h. im schlimmsten Fall sie nochmals durchlesen, wenn
er meine Argumente nicht mehr im Kopf hat, was ich nach seiner Antwort unten
annehmen muss) und auf meinen Standpunkt einzugehen, sonst bringt das ganze
nichts. Ich möchte also nicht eine Antwort auf das Mail, dass ich Dir vorhin
geschickt habe, sondern auf meine Beiträge auf der HP.

Ganz liebe Grüsse

Peter