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Arzt der

Der Arzt
Lukas 4,23
 Der Hintergrund
Nach einer besonders schweren Prüfung in der Wüste im Anschluss an seine Taufe im Jordan kehrte Jesus nach Nazareth zurück; wie er es am Sabbat gewohnt war, ging er in die örtliche Synagoge.
 Bei dieser Gelegenheit begegnete man ihm mit einer Höflichkeit, die man normalerweise einem Rabbi erwies, der zu Besuch war: Ihm wurde die Ehre zuteil, aus der Heiligen Schrift vorzulesen.
Der ausgewählte Abschnitt, den er vorlas, war das Porträt des Messias, das sich in
Jesaja 61,1-2 findet.

Anstatt aber auf seinen Platz zurückzukehren, nahm Jesus die Rolle eines Rabbis ein und setzte sich, um die Schriftstelle auszulegen, die er vorgelesen hatte.

Er erklärte, dass diese messianische Prophetie an diesem Tag erfüllt worden war, indem er sagte: »Heute ist diese Schrift vor euren Ohren erfüllt« (Lk 4,21).

Das Problem
Alle in der Synagoge waren außer sich. Für sie war es undenkbar, dass sich der Messias Israels an einem solch unbedeutenden Ort wie Nazareth vorstellen würde.
Sie zweifelten Jesu Anspruch an, weil sie ihn lediglich für Josefs Sohn hielten, und sie dachten, der Sohn eines Zimmermanns könnte wohl schwerlich der Messias Israels sein.

Also provozierte der Anspruch, den Jesus äußerte, in den Herzen der in der Synagoge Anwesenden eine Frage über die Person Jesu:
Wer ist das, der einen solchen Anspruch stellte?
Sie wollten einen Beweis, dass Jesus der Messias war, der er zu sein beanspruchte.

Die Lösung Jesus wusste um das verborgene Aufbegehren und die Zweifel in den Herzen seiner Zuhörer und sagte: »Ihr werdet jedenfalls dieses Sprichwort zu mir sagen: Arzt, heile dich selbst!« (Lk 4,23).

Das griechische Wort, das an dieser Stelle mit »Sprichwort« übersetzt wurde, wird im Neuen Testament normalerweise mit »Gleichnis« wiedergegeben (vgl. Mt 13,3.18 u.a.).

Es geht um die Rolle des Arztes, der die Kranken heilt. Er dient nicht denjenigen, denen es gut geht.
Das Sprichwort hielt die Erkenntnis fest, dass wenn jemand beansprucht, die Kranken heilen zu können, dann sollte er dies auch in Bezug auf seine eigenen Gebrechen tun.

Wenn er sich also selbst nicht heilen konnte, würde er auch nicht von denen aufgesucht werden, die an derselben Krankheit litten.

Johannes der Täufer, der Vorbote des Messias, hatte sich an das Volk gewendet mit den Worten: »Tut Buße! Denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen.«

In seinem öffentlichen Dienst verkündete Jesus dieselbe Botschaft (4,17).
Johannes hatte ein Urteil über die Menschen gefallt, indem er sie als »Otternbrut«
(Lk 3,7) bezeichnete.
Ottern waren dem mosaischen Gesetz zufolge unreine Tiere.

 Demnach sah Johannes das Volk als sündig und unrein an, gemessen an Israels Gesetz und aus der Sicht Gottes.
 Er hatte sie ermahnt:
 »Bringt nun der Buße würdige Früchte« (V. 8)
 und seine Botschaft auf Menschen aus allen Schichten angewendet (V. 10-14).
 Die Botschaft von Johannes wurde weithin verbreitet, und zweifellos hatten diejenigen, die jetzt in der Synagoge in Nazareth saßen, verstanden, dass sie der Reinigung bedurften.

Die Menschen in Nazareth sahen in Jesus den unehelichen Sohn Josefs.
 Deshalb stellten sie ihm die rhetorische Frage:
»Ist dieser nicht der Sohn Josefs?« (Lk 4,22).
Als Jesus sich mit den Führern des Volkes auseinandersetzte, sagten diese:»
Wir sind nicht durch Hurerei geboren« (Joh 8,41) und meinten damit: »wie du es bist«.

Also hielten die Menschen Jesus für eben solch einen Sünder, wie sie es selbst auch waren, und folgerichtig sahen sie ihn als einen, der ebenso wie sie Reinigung benötigte.

Aus diesem Grund fragte Jesus bei einer anderer Gelegenheit unverblümt die Führer des Volkes: »Wer von euch überfiihrt mich einer Sünde?« (Joh 9,46).

 Die Leute in der Synagoge von Nazareth erwarteten also, dass dieser selbsternannte Messias das Werk des Messias tun sollte.
Wenn er wirklich der Messias war, sollte er allen Reinigung und Vergebung der Sünden gewähren.
Er sollte zeigen, dass er auch selbst der Buße würdige Früchte brachte, so wie Johannes es verlangt hatte.
Wenn er beweisen konnte, dass er rein war, dann würden sie sich dazu berechtigt fühlen, seine Botschaft anzunehmen und sich an ihn zu wenden, um Vergebung zu erlangen.

Mit ihrem Wunsch, die Wunder zu sehen, die Jesus zuvor in Kapemaum getan hatte, verlangten die Menschen eine Bestätigung durch Wunder, dass er wirklich war, was er zu sein beanspruchte.
Jesus jedoch weigerte sich, Wunder zu tun, statt dessen lud er sie ein, seiner Person Glauben zu schenken.
 Sie benötigten dieselbe Glaubensqualität, die die Witwe in Sarepta und der Syrer Naaman hatten, denen Gott seine Propheten gesandt hatte (Lk 4,26-27).
 Ohne Wunderzeichen wollten die Menschen dem Anspruch Christi nicht glauben; deshalb versuchten sie, ihn zu töten, indem sie ihn von einer Klippe stürzten.
Also brachte Jesus in diesem Sprichwort-Gleichnis das Eingeständnis der Menschen zum Ausdruck, dass sie selbst der Reinigung bedurften; des Weiteren ihr Wissen, dass die Reinigung durch den Messias kommen wird; und schließlich ihre Skepsis gegenüber seinem Anspruch, der Messias zu sein. Als er sich von der Menge entfernte, nahm er den Tag vorweg, an dem die ganze Nation seine Person zurückweisen würde, so wie ihn diese Menschen hier zurückgewiesen hatten.

J. D. P