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CAC 01. Mose komplett
Ein Überblick über das 1. Buch Mose
Hauptgedanken aus
Wortbetrachtungen mit Charles Andrew Coates
Inhalt
Die weitverbreitete Beachtung, deren
sich die heiligen Schriften des Alten Testamentes unter den Kindern Gottes
erfreuen, ist ein Zug der gegenwärtigen Zeit, den man mit Dankbarkeit wahrnimmt.
Er kann als Gottes Antwort auf die heute so landläufige Untreue in der
religiösen Welt betrachtet werden.
Dieser „Überblick“ ist im Allgemeinen
das Wesentliche aus Wortbetrachtungen über das erste Buch Mose in den Jahren
1919 und 1920; er wird in dieser Form mit dem Wunsche und dem ernsten Gebet
veröffentlicht, dass er vielen, die zum Haushalte des Glaubens gehören, durch
Gottes Segen in geistlicher Hinsicht eine Hilfe sein möge.
Die Schriftstellen sind meist nach der
sogenannten Elberfelder Bibelübersetzung angeführt. Wo davon abgewichen ist,
lässt die Ursprache entweder eine andere Lesart zu, oder genannte Übersetzung
ist durch eine bessere ersetzt, die mehr der englischen Bibelübersetzung von
J.N.D. entspricht.
C.A.C.
Im ersten Buch Mose haben wir den Anfang
dessen, was seinen Abschluss im Buche der Offenbarung findet. Es ist ein sehr
wichtiges Buch, da es die Grundlage der ganzen Heiligen Schrift bildet und im
Wesentlichen die meisten ihrer Hauptgrundgedanken darstellt.
Die Schöpfung, die Sünde, das Gericht, die
Verheißung, das Opfer, die Auferstehung, Gottes Auswahl der Gnade und Sein Bund,
die Aussonderung Seines Volkes aus der Welt, die Pilgerschaft des Glaubens, die
Entrückung, die schließliche Segnung Israels und der Nationen unter Christo, wie
wir sie in Joseph sehen - alles hat hier seinen Platz.
Und außerdem haben wir noch viele kostbare
Bilder von Christo und der Kirche.
Es ist besonders wichtig, dass wir in einem
Zeitalter des Unglaubens, wie das gegenwärtige, wo sich allerhand Lehren über
den Ursprung der Welt vorfinden, in der Wahrheit dieses ersten Kapitels
befestigt sind. Wir sollten im Glauben an die Schöpferweisheit und Schöpfermacht
Gottes stehen; denn „durch Glauben verstehen wir, dass die Welten durch
Gottes Wort bereitet worden sind, so dass das, was man sieht, nicht aus
Erscheinendem geworden ist“ (Heb. 11, 3).
Ich bezweifle, dass es in der Macht des
menschlichen Geistes steht, die Schöpfung zu begreifen. Das ist etwas,
was wir nur durch Glauben verstehen können.
„Im Anfang schuf Gott die Himmel und die
Erde.“ (V.1)
Der Verstand des Menschen lässt Gott aus
und erschöpft sich in endlosen Theorien; der Glaube sieht Ihn, und alles ist
einfach.
Man braucht nicht bange zu sein, dass die
Entdeckungen der Geologie [Lehre vom Erdkörper und seiner Entwicklung] oder
irgendeiner anderen Wissenschaft, je die Wahrheit dieses Kapitels erschüttern
werden. Es ist Gottes Bericht, und alle wahre Wissenschaft wird im Einklange
damit bleiben. Jede Lehre, die dem hier gegebenen Bericht widerstreitet, ist
sicherlich falsch.
„Im Anfang schuf Gott die Himmel und die
Erde“; das ist alles, was wir über die ursprüngliche
Schöpfung erfahren.
Im zweiten Verse sehen wir dann, dass sich
die Erde in einem Zustande des Verfalls befindet: „Und die Erde war wüst und
leer, und Finsternis war über der Tiefe.“
So war sie jedenfalls nicht erschaffen,
denn in Jesaja 45, 18 wird uns ausdrücklich gesagt: „nicht als eine Öde
[im Hebräischen dasselbe Wort wie in 1. Mose 1,2] hat er sie geschaffen“.
Dieselben Worte wie „wüst“ und „leer“ werden auch in Jesaja 34, 11 von
Edom gebraucht und in Jeremia 4, 23 von Israel, als beide Nationen der Rache und
der Glut des Zornes Jehovas anheimfielen.
Es hat also zwischen dem ersten und dem
zweiten Verse von 1. Mose 1 eine gewichtige Veränderung stattgefunden. Wir
wissen nicht, welche Spanne zwischen den beiden Versen verstrichen ist.
Vielleicht sind hier die langen Zeiträume, von denen die Geologen reden,
einzuschalten.
In Vers 2 finden wir, dass die Erde ein
Schauplatz der Unordnung und Finsternis ist, und gerade an einem solchen
Schauplatze griff Gott ein und entfaltete Seine Tätigkeit. Eine Tätigkeit, die
in sechs Tagen zum Abschluss kam, so dass Gott am siebenten Tage ruhte.
Das zeigt uns von Anbeginn, was der
Gegenstand der Heiligen Schrift ist: die Entfaltung dessen, wie Gott gewirkt hat
und auch wirken wird, um auf einem Schauplatze sittlicher Unordnung einen
Zustand herbeizuführen, worin Er ruhen kann, nämlich in einem Schauplatze der
Ordnung, des Lebens und der Fruchtbarkeit, wo alles unter der Herrschaft des
Menschen steht, der in Seinem Bilde und nach Seinem Gleichnis gemacht ist.
Dieses gesegnete Ziel wird in der
zukünftigen Welt erreicht werden, wenn Gott in dem Christus „alles unter ein
Haupt“ zusammenbringen wird, „das was in den Himmeln und das was auf der Erde
ist“; das ist das „Wohlgefallen, das er sich vorgesetzt hat in sich
selbst für die Verwaltung der Fülle der Zeiten“ (Eph. 1, 10 u. 9).
Somit hat 1. Mose 1 die Gestaltung der
zukünftigen Welt vor sich und die verschiedenen Bestandteile, die sie
kennzeichnen. Gott hat von Anfang an das Ende vor Sich (Jes. 46, 10).
Wir haben also hier nicht nur einen
göttlichen Bericht über die Zubereitung der Erde zu einer Wohnstätte des
Menschen, sondern auch vieles von geistlicher Bedeutung, was dem allen zugrunde
liegt. Ich denke, wir sollten auch erwarten, dass eine gewisse Beziehung oder
Ähnlichkeit zwischen Gottes stofflichen Werken und Seinem Walten auf dem
Schauplatze des Geistes besteht.
Dieses Kapitel macht uns auf eine
vollkommene und göttliche Weise mit der Ordnung der gegenwärtigen stofflichen
Schöpfung bekannt; aber es deutet zugleich im Vorbilde große Grundsätze an, die
von tiefster Bedeutung und Wichtigkeit sind.
In den Worten „die Erde war wüst und
leer, und Finsternis war über der Tiefe“, tritt uns ein Schauplatz entgegen,
an dem Gott kein Wohlgefallen hat, und in dem Er keine Ruhe finden konnte - das
ist ein treffendes Bild des Zustandes des Menschen, der unter die Macht der
Sünde, Satans und des Todes fiel und ohne Erkenntnis Gottes ist.
Aber es ist gesegnet zu sehen, dass Gott,
der in solchen Umständen nicht ruhen konnte, doch daselbst war und wirkte:
„der Geist Gottes schwebte über den Wassern“.
Das Wort „schwebte“ deutete auf liebevolle
Anteilnahme hin, denn es ist im Hebräischen dasselbe Wort wie in 5. Mose 32, 11:
„Wie der Adler sein Nest aufstört, über seinen Jungen schwebt“. Es redet
zu uns von der Besorgtheit göttlicher Liebe, die da, wo alles dem Verderben
anheimgefallen war, ihre Tätigkeit entfalten wollte, um einen Zustand
herbeizuführen, der als „sehr gut“ bezeichnet werden konnte, und worin Gott
ruhen konnte.
Ehe das Werk der sechs Tage begann, haben
wir diese erste Bewegung des Geistes Gottes.
In einer gefallenen und verderbten Welt, wo
alle unter die Sünde und den Tod gekommen sind, muss als Ausgangspunkt
irgendwelcher Ergebnisse für Gott zuerst eine Bewegung des Geistes Gottes in den
Seelen der Menschen stattfinden. Die neue Geburt muss zustande gebracht werden,
sonst scheint das Licht Gottes vergeblich. In allen Zeitaltern und Haushaltungen
war das unbedingt notwendig, und wird es auch immer sein.
In Johannes 2, 24 und 25 heißt es:
„Jesus selbst aber vertraute sich ihnen nicht an, weil er alle kannte und nicht
bedurfte, dass jemand Zeugnis gebe von dem Menschen; denn er selbst wusste, was
in dem Menschen war.“
Es gibt nichts im Menschen, dem Gott
vertrauen kann, bis er von neuem geboren ist. Vom natürlichen Menschen lesen wir
in Römer 3, 10 - 18: „da ist kein Gerechter, auch nicht einer; da ist keiner,
der Gott suche ... Es ist keine Furcht Gottes vor ihren Augen.“ Deshalb muss
Gott erst dem göttlichen Lichte auf eine geheimnisvolle Weise Bahn machen, die
wir nicht erklären können. „Ihr müsset von neuem geboren werden. Der Wind
weht, wo er will, und du hörst sein Sausen, aber du weißt nicht, woher er kommt
und wohin er geht; also ist jeder, der aus dem Geiste geboren ist“ (Joh. 3,
7 und 8).
Die Predigt des Evangeliums würde keinen
Erfolg haben, wenn Gott nicht unumschränkt durch Seinen Geist gegenwärtig wäre
und in den Seelen der Menschen die neue Geburt hervorbrächte. Der Mensch, der
gefallene Sünder, ist als solcher hoffnungslos verloren, denn er hat kein
Verlangen nach Gott. Und wenn ihm das Licht Gottes in Christo gebracht wird,
hasst und verwirft er es.
Die photographische Platte muss erst in
eine Lösung gebracht werden, um sie lichtempfindlich zu machen. Eben durch diese
neue Geburt wird nun der Mensch gegen das göttliche Licht empfindlich, und wenn
es dann auf ihn fällt, stört es sein Gewissen auf und bringt sein Herz wirklich
Gott näher. Aber getrennt von der neuen Geburt würde sogar das Scheinen
göttlichen Lichts nichts hervorrufen, denn dann gäbe es nichts im Menschen, was
es schätzte oder was ihm entspräche. Die neue Geburt ist also die unbedingt
erforderliche Grundlage.
Am ersten Tage sprach dann Gott:
„Es werde Licht!“, und es ward Licht.
Dass Gott dem Licht gebot, deutet sehr klar
auf das Kommen Christi. Denn alles wahre Licht, was dem Menschen geschienen hat,
ist Licht über Christum gewesen. Er schien in der Verheißung viertausend Jahre,
ehe Er persönlich erschien. Das ganze Alte Testament hindurch schien das Licht
in der Verheißung immer deutlicher. Aber nun, da Christus gekommen, gestorben
und auferstanden ist und Sich verherrlicht zur Rechten Gottes befindet, haben
wir den völligen Tag. „Der Gott, der aus der Finsternis Licht leuchten ließ,
ist es, der in unsere Herzen geleuchtet hat zum Lichtglanz der Erkenntnis Gottes
im Angesicht Christi“ (2. Kor. 4, 6).
Da haben wir die volle Herrlichkeit des
Lichts. Aber das Licht war von allem Anfang an „gut“: wie gut war zum Beispiel
das Licht von 1. Mose 3, 15 und 22, 18 !
Als das Licht kam, schied Gott
„das Licht von der Finsternis“. Das ist ein Hauptgrundgesetz, Licht und
Finsternis sind unvereinbar miteinander. Satan sucht immer beide zu vermengen;
aber Paulus sagt: „Seid nicht in einem ungleichen Joche mit Ungläubigen. Denn
welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche
Gemeinschaft Licht und Finsternis? Und welche Übereinstimmung Christus mit
Belial? Oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen?“ (2. Kor. 6,
14 und 15)
In Jesaja 5, 20 lesen wir: „Wehe denen,
die das Böse gut heißen und das Gute böse; welche Finsternis zu Licht machen,
und Licht zu Finsternis“.
Es ist wichtig, alles beim rechten Namen zu
nennen: „Gott nannte das Licht Tag, und die Finsternis nannte er Nacht.“
Wenn Christus unseren Herzen das Licht
wird, erkennen wir, dass alles was nicht Christo gemäß ist, Finsternis ist, und
dass wir daher keine Gemeinschaft damit haben können. Die Verwerfung Christi hat
die Welt in Finsternis zurückgelassen, aber Christus wird wiederkommen und den
Tag bringen.
In der Zwischenzeit sind die Gläubigen vom
Tage, sie sind Söhne des Lichts (1. Thess. 5, 8 u. 5) und sollten deshalb keine
Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis haben, sondern sie
vielmehr strafen (Eph. 5, 11). In der Welt mag man von Fortschritt und
vermehrtem Licht reden, die Söhne des Lichts aber betrachten es als Finsternis,
weil Christus nicht darin ist. Sie bekennen Christum und halten sich von der
sittlichen Finsternis um sie her abgesondert.
Die Worte „und es ward Abend, und es
ward Morgen“, werden sechsmal in diesem Kapitel wiederholt. Aber in
Verbindung mit dem siebenten Tage wird kein Abend erwähnt. Das ist in
Übereinstimmung mit der Tatsache, dass es im Tausendjährigen Reiche kein
Abendlamm gibt (siehe Hes. 46, 13 - 15), an einen Abend wird nicht mehr gedacht.
Andererseits finden wir in Daniel 8, 14 den
bemerkenswerten Ausdruck „Abendmorgen“ in Verbindung mit der Zeit des Abfalls.
Auf all diesen Morgen lagert gleichsam der Schatten des Abends, denn sie bringen
kein göttliches Licht.
In Wahrheit sind alle menschlichen Morgen
wirklich Abende. Immer wieder denken die Menschen dann und wann einen neuen Tag
zu haben, infolge einer neuartigen Verfassung, Gesetzgebung, Erziehungsweise,
eines Zusammenschlusses von Völkern und dergleichen. Aber diese neuen Tage des
Menschen sind alle Abendmorgen, es sind Morgen, auf die der Schatten des Abends
schon von ihrer Dämmerung an fällt. Das wahre Licht ist ihnen fern.
Doch ein Tag kommt, dessen Morgen ohne
Wolken ist (2. Samuel 23, 4), der von der Sonne der Gerechtigkeit eingeweiht
wird; und dieser Tag hat keinen Abend, er geht, was die Heiligen anlangt, in den
endlosen Tag der Ewigkeit über.
Am zweiten Tage ruft Gott die
Ausdehnung ins Dasein, und sie wird eine Scheidung zwischen dem, was unter und
über ihr ist - Gott nennt sie die Himmel.
Es ist, wie ich glaube, der Luftkreis der
Erde, der sich deutlich von den Wassern, die er voneinander trennt,
unterscheidet.
In sittlicher Hinsicht deutet er auf die
Einführung himmlischer Wesensart hin, die dem Glauben zur Heimatluft wird, in
der er frei atmen kann. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass Gott das Licht
über Christum in kostbaren Verheißungen gab; aber Er gab Seinen Heiligen auch
schon sehr früh einen Begriff vom Himmlischen, und das wurde, wie wir aus
Hebräer 11, 8 - 16 sehen, ein sehr scharfer Scheidegrundsatz.
Abraham wartete auf die Stadt, welche
Grundlagen hat, und diese Stadt ist eine himmlische. Isaak und Jakob waren mit
Abraham Erben der Verheißung und suchten ein himmlisches Land. Sie atmeten
gleichsam die Luft himmlischer Hoffnungen, und deren absondernde Kraft machte,
dass sie als „Fremdlinge und ohne Bürgerschaft auf der Erde“ waren.
Dieser Scheidegrundsatz nach dem, was „unten“ und „oben“ ist (Joh. 8, 23), hat
seine Kraft bis auf diesen Tag geltend gemacht und die Heiligen als himmlisch
nach Hoffnung und Wesensart gekennzeichnet.
Wenn wir wirklich das Licht der Erkenntnis
Gottes in Christo haben, brauchen wir einen neuen Lebenskreis. In der Welt gibt
es niemand, der an unseren Freuden und Übungen teilnehmen, oder sie mitfühlen
könnte. Wir können einen für uns geeigneten Lebenskreis nur im Kreise der Brüder
finden.
Wie könnte ein wahrhaft zu Gott Bekehrter
eine Luft des Götzendienstes, des Hasses und der Gesetzlosigkeit atmen? Er
verlangt, unter seinesgleichen zu sein. Er liebt die Brüder und hat darin die
Gewissheit, dass er aus dem Tode in das Leben hinübergegangen ist (1. Joh. 3,
14).
Am dritten Tage erscheint dann das
trockene Land. Im trockenen Lande haben wir ein Bild von dem, was fest ist und
Bestand hat und Frucht für Gott hervorbringt. Es kann weiter als ein Sinnbild
der Sonderstellung aufgefasst werden, die Israel, als von Gott berufen und in
göttlicher Ordnung dastehend, abgesondert von den Nationen ringsumher hatte.
Beim Lesen der Heiligen Schrift kann es uns
nicht entgehen, welch einen abgesonderten Platz Israel besaß, und dass es Gottes
Gedanke war, dass sie ein von Gott geleitetes und fruchtbares Volk sein sollten,
um seinen Ruhm vor den Nationen kundzutun. Als der Hüter und Beschützer Seiner
Verheißungen, der in sittlicher Hinsicht teil an deren Festigkeit hatte, und der
durch das Gesetz und Zeugnis Gottes beherrscht wurde, entsprach Israel dem
trockenen Lande. In Wirklichkeit bewahrheitete sich das jedoch nur von einem
kleinen Überrest.
Israel nach dem Fleische entsprach nicht
den Gedanken Gottes. Sie waren ebenso unter der Sünde und dem Tode wie die
anderen Menschen, und dazu noch solche, die Gottes Gesetz gebrochen hatten.
Alles das lässt uns die Tatsache schätzen,
dass der dritte Tag in der Heiligen Schrift oft in Verbindung mit der
Auferstehung gebracht wird.
Die dem Abraham gegebenen Verheißungen
brachten Licht über eine Ordnung, die in der zukünftigen Welt aufgerichtet
werden wird, und die um deswillen, was der Mensch ist, von dem Kommen Christi
und Seinem Tode und Seiner Auferstehung abhängt.
Abraham hatte zu lernen, dass der Gott, dem
er glaubte, einer war, der die Toten lebendig macht. Die Verheißung war einem
gegeben, dessen eigener Leib schon erstorben war, damit er von allem Anfang an
das Wesen der Kraft kennenlernte, die die Verheißung zustande bringt.
Dass er dies gelernt hatte, tritt uns klar
in der Aufopferung Isaaks entgegen. Im Glauben an die Auferstehungsmacht Gottes
hielt er an den ihm gegebenen Verheißungen fest, so dass er den Isaak opfern
konnte. Und er empfing ihn im Bilde, als aus den Toten auferstanden, wieder.
So wurde der Glaube gelehrt, die
Aufrichtung alles dessen, was in Gottes Gedanken und Verheißungen war, von einer
Kraft zu erwarten, die da wirken konnte, wo auf Seiten des Menschen nur
der Tod war. Es handelte sich bei ihm nicht nur um die Aussonderung eines Mannes
und seines Samens aus der Verwirrung und dem Götzendienst einer Babelwelt,
sondern ihm wurde zugleich etwas von der Tatsache gelehrt, dass der Tod auf dem
Menschen war, und dass daher jede göttliche Verheißung, aller Segen in der Kraft
der Auferstehung bestehen sollte.
Später, bei einem neuen Ausgangspunkte der
Geschichte Israels, gab ihnen Gott das Passah, das im Bilde eine deutliche
Unterweisung über ihren Zustand unter Tod und Gericht enthielt, und auch davon,
dass Jehovas Verheißungen und Bund ihnen gegenüber nur auf Grund des Todes
Christi aufgerichtet werden konnten.
Und gerade so, wie sich alles, was sie in
der Vergangenheit waren, im Bilde hierauf gründete, wird es auch am Tage der
Zukunft sein, wo sie dies zunächst in seiner sittlichen Wirklichkeit verstehen
lernen müssen, und dann erst werden sie in göttlicher Ordnung als ein
fruchtbares Volk gesehen.
Christus ist in göttlicher Gnade in den Tod
gegangen, der auf dem Menschen lastete. Aber Er ist wieder aus dem Tode
hervorgegangen, um die feste und unerschütterliche Grundlage einer Ordnung zu
werden, die durch Fruchtbarkeit und Leben gekennzeichnet ist.
Wir sind jetzt zu den „gewissen Gnaden“
gekommen (Jes. 55,3; Apg. 13, 34), zu Dingen, die durchaus geordnet sind und
Bestand haben. Wir sind eines Anderen geworden, „des aus den Toten
Auferweckten, auf dass wir Gott Frucht brächten“ (Röm. 7, 4).
Nach dem Erscheinen des „Trockenen“ finden
wir „Kraut, das Samen hervorbringt nach seiner Art, und Bäume, die Frucht
tragen, in welcher ihr Same ist nach ihrer Art“ (V.12).
Nur was in Beziehung zu Christo steht, ist
wirklich von Bestand und fruchtbar für Gott. Die Versammlung steht jetzt
in Beziehung zu Ihm, Israel am Tage der Zukunft; dann, wenn sie die „gewissen
Gnaden Davids“ erlangen, werden sie Bestand haben und zu Gottes Wohlgefallen
fruchtbar sein. Inzwischen haben die Heiligen der Kirche jenen Platz inne.
Am vierten Tage wurden Lichter an
der Ausdehnung des Himmels, „um auf die Erde zu leuchten! ... das große Licht
zur Beherrschung des Tages und das kleine Licht zur Beherrschung der Nacht, und
die Sterne“ (V. 15 und 16).
Das weist klar auf den Gedanken Gottes, das
die Erde im Lichte dessen stehen sollte, was in den Himmeln aufgerichtet ist,
also unter himmlischer Herrschaft oder himmlischem Einfluss.
Der verherrlichte Jesus ist „das große
Licht“ in den Himmeln. Als Er hienieden war und „der Aufgang aus der
Höhe“ die Menschen besuchte (Luk. 1, 78), war Er „das Licht der Welt“
(Joh. 8,12; 9,5); aber die sittliche Finsternis, in die Er kam, war so dicht,
dass sie das Licht nicht erfasste (Joh. 1, 5).
Er ist jetzt als ein auferstandener und
verherrlichter Mensch im Himmel, und in der zukünftigen Welt (Hebr. 2, 5) wird
Er der Welt als „die Sonne der Gerechtigkeit“ strahlen (Mal. 4, 2). Doch
in der Zwischenzeit sind die an Ihn glauben in Seinem Lichte: „die Welt sieht
mich nicht mehr; ihr aber sehet mich“ (Joh. 14, 19); „wir
sehen aber Jesum ... mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt“ (Heb. 2, 9). Das,
was sich nachmals von Jerusalem bewahrheiten wird: „Stehe auf, leuchte! denn
dein Licht ist gekommen“, ist geistlich von Seinen Heiligen jetzt wahr; es
heißt: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, und der
Christus wird dir leuchten!“ (Eph. 5, 14)
Weil die Kirche im Lichte Christi ist,
entspricht sie dem Monde, dem untergeordneten Lichte; Israel wird am Tage der
Zukunft den Platz des kleinen Lichtes haben, wenn es als der „Neumond“ (Ps. 81,
3) aufs Neue unter das Licht Christi kommen wird.
Der Mond scheint nur, soweit er im Lichte
der Sonne ist; und so wird auch die im Lichte Christi bleibende Kirche zur
Leuchte während der Nacht Seiner Verwerfung.
Die Heiligen sind im Lichte des Tages.
Infolgedessen sollte ihr Wandel die Züge des Tages offenbaren, sie sollten als
Himmelslichter in der Welt scheinen (Phil. 2, 15).
Christus ist die Sonne des geistlichen
Weltalls, und alles andere Licht ist nur Sein Licht, das entweder von der
Versammlung, Israel oder einzelnen Heiligen widergestrahlt wird. Der Mond
scheint nur in Abwesenheit der Sonne. So scheint auch das himmlische Licht jetzt
durch die Heiligen der Versammlung; und bald, wenn der Mond untergegangen,
werden die Sterne leuchten.
In Daniel 12, 3 heißt es: „Und die
Verständigen werden leuchten wie der Glanz der Himmelsfeste, und die, welche die
Vielen zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne, immer und ewiglich.“
Das bezieht sich auf den Überrest der
Verständigen am Tage der Zukunft. Christus ist hinweggegangen; und bald wird
auch die Kirche von hinnen gehen, und dann werden andere Heilige die Gefäße des
göttlichen Lichtes sein, wie wir aus Offenbarung 7 und dem, was folgt, sehen.
Die Lichter sind zum Herrschen gemacht und
bestimmt. So wird es auch in der zukünftigen Welt sein: die Nationen werden
durch das Licht der himmlischen Stadt wandeln. Es wird keine Unbotmäßigkeit oder
Gesetzlosigkeit geben, sie werden durch das Licht Gottes, das ihnen in der Stadt
scheint, wandeln.
Gegenwärtig herrscht die Kirche, insofern
sie heilige und göttliche Einflüsse unter den Menschen verbreitet. Von denen,
die in Gerechtigkeit, Heiligkeit und Liebe wandeln, geht göttliches Licht aus.
Man hat schon oft beobachtet, dass
Menschen, die gewohnt sind, eine niedrige Sprache zu führen, in der Gegenwart
eines Christen davon Abstand nehmen. Es ist also ein Einfluss vorhanden. Im
Lichte Christi ist der Heilige mit einer strahlenden Rüstung angetan; er trägt
die Waffen des Lichts, und das macht sich geltend.
Wie oft sind solche, die in Schwierigkeiten
oder Gefahr sind, froh, einen Christen in ihrer Nähe zu haben! Sie erkennen das
Licht an und empfinden etwas Wohltuendes darin.
Dann finden wir, dass die Lichter „zu
Zeichen und zur Bestimmung von Zeiten“ sein sollten, und um „das Licht
von der Finsternis zu scheiden“ (V. 14 u. 18). Das ist in sittlicher
Hinsicht wichtig: der Christ sollte Einsicht in die Zeiten haben (1. Chron.
12,32; Mat. 16,3; Luk. 12,56; Röm. 13,11).
Der Welt ist die Sonne durch ihre
Verwerfung Christi untergegangen. Die Kirche ist nun als das Gefäß des Heiligen
Geistes ein Himmelslicht; es wohnt eine göttliche Person in den Heiligen
hienieden, und so scheint den Menschen göttliches Licht durch ein Gefäß, das im
Gegenbilde dem Mond entspricht. Bald wird das Licht durch andere Heilige
scheinen.
Vor dem Weltkriege wurde ein Buch
geschrieben, um zu beweisen, dass das Tausendjährige Reich gekommen sei. Solche
Leute können kaum etwas „von Zeiten“ verstanden haben, und von dem
Unterschied zwischen Tag und Nacht (V. 14). Was dann in der Welt eintrat, hätte
solche Theorien über den Haufen werfen müssen.
Die Vorgänge an den ersten vier Tage
können dahin aufgefasst werden, dass an ihnen die Lebensbedingungen
geschaffen wurden. Am fünften und sechsten Tage kommen wir dann zum Leben
selbst. Die Lebensbedingungen sind Licht, Luft, Speise und Herrschaft.
Das Licht, in dem geistliches Leben
möglich ist, ist die Offenbarung Gottes.
Die Lebensluft, die denen angemessen
ist, die Gott kennen, atmen wir, wie schon bemerkt, im Kreise der Brüder, wo
geistliche Zuneigungen wirksam sind.
Sodann muss das Leben durch Speise
aufrechterhalten werden, das ist sehr wesentlich. Johannes 6 redet von der
Speise, dem Brote des Lebens.
Und schließlich haben wir himmlische
Herrschaft, d.h. es gibt in dem Kreise des Lebens keine Gesetzlosigkeit.
Finsternis, Unkenntnis Gottes, Götzendienst, Hass und Gesetzlosigkeit, das alles
ist der Tod. Doch wenn das Licht Gottes kommt, tritt
Liebe und Gehorsam in einem angemessenen Lebenskreise in Tätigkeit, und durch
geeignete Nahrung aufrechterhalten und unter himmlischer Herrschaft, haben wir
dann das Leben.
Am fünften und sechsten Tage
erblicken wir einen Schauplatz, der vom Leben wimmelt. Gott ist der
lebendige Gott, und Er hat Freude am Leben. Das tritt einem geradezu
auffällig in der Natur entgegen.
Nachdem Gott die Lebensbedingungen
geschaffen hatte, hat Er Wohlgefallen an Leben im Überfluss, und an Wachstum und
Vermehrung. „Lebendige Seelen“ sind solche, die die Lebensbedingungen genießen
können. Gottes Gedanke war sogar hinsichtlich der unvernünftigen Geschöpfe, dass
sie die Umstände, in die Er sie versetzt hatte, genießen sollten.
Sobald lebendige Seelen geschaffen wurden,
segnete Er sie. Das war Seine erste sittliche Tat. Und das Zeichen Seiner
Segnung war Fruchtbarkeit und Vermehrung. Das ist die unfehlbare
Begleiterscheinung der Lebenskraft.
In geistlicher Hinsicht sind die
Lebensbedingungen gegenwärtig geschaffen, und unsere Übung sollte dahin gehen,
sie uns zunutze zu machen; und wenn wir das tun, genießen wir den Segen Gottes.
Am fünften Tage wimmeln die Wasser von
lebendigen Seelen, und am sechsten Tage bringt die Erde solche hervor. Sowohl
die Fische des Meeres als auch die lebendigen Wesen der Erde sind von der
Weisheit Gottes als Bilder des gegenwärtigen Wirkens Seiner Gnade gebraucht
worden.
Die Fische des Meeres stellen die Menschen
in ihrem natürlichen Zustande und Lebenskreise dar, aus dem sie herausgenommen
werden müssen, um in die Segnung des Reiches Gottes einzugehen. Der Her macht
Seine Nachfolger zu „Menschenfischern“, und das ins Meer geworfene
Schleppnetz ist eines der Gleichnisse vom Reiche der Himmel (Mat. 4,19; 13,
47-50). In Verbindung hiermit haben wir gute und wertlose Fische. Die guten
stellen die dar, in denen ein göttliches Werk ist. Sie können in Gefäße
gesammelt werden.
Das „Netz voll großer Fische“, das
in Johannes 21,11 ans Land gezogen wurde, ist zweifellos ein Bild der großen
Sammlung zu tausendjähriger Segnung am Tage der Zukunft. Dieses Netz wird nicht
reißen, und bei ihm finden wir auch keinen Hinweis auf wertlose Fische.
Da wir gerade vom Meere reden, mag die
auffällige Tatsache erwähnt werden, dass auf der neuen Erde das Meer nicht mehr
ist (Offb. 21,1). Das Meer und das mit ihm in Verbindung stehende Leben besteht
nur für diese Zeit. Aber die Erde besteht im ewigen Zustande weiter, sie redet
von dem, was beständig und bleibend ist, was wirklich einer geistlichen Ordnung
angehört. Das Geistliche allein ist ewig.
In Apostelgeschichte 10 sah Petrus die
lebendigen Wesen der Erde in einem Gefäße, „gleich einem großen leinenen
Tuche, herabkommen an vier Zipfeln auf die Erde herniedergelassen“ (V.11).
Er hatte zu lernen, niemand als gemein oder unrein anzusehen. Er musste seinen
Standpunkt, den er als Jude einnahm, aufgeben, demzufolge er die Heiden als
unrein betrachtete, und zu einer geistlichen Auffassung durchdringen, die der
Unumschränktheit göttlicher und himmlischer Gnade entsprach. Er hatte den großen
Umfang der Gnade, ihr allumfassendes Wesen zu lernen und zu sehen, dass Gott
durch den Tod Christi eine Reinigung für die Menschen geschaffen hatte, derart,
dass sogar Heiden durch den Glauben an den auferstandenen Christus die Vergebung
der Sünden haben und den Geist empfangen konnten.
Das ganze Sechstagewerk bis zur Erschaffung
des Menschen sollte einen Kreis schaffen, den zu beherrschen der Mensch nach den
Gedanken Gottes bestimmt war. Die Erschaffung des Menschen war eine sehr
feierliche und wohlerwogene Tat. Gott ging dabei gleichsam mit Sich Selbst zu
Rate und sprach: „Lasset uns Menschen machen in unserem Bilde, nach unserem
Gleichnis; und sie sollen herrschen über die Fische des Meeres und über das
Gevögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles
Gewürm, das sich auf der Erde regt!“ (V. 26)
Adam war das „Vorbild des Zukünftigen“
(Röm. 5, 14). Alles soll unter die Herrschaft Christi kommen. In Psalm 8 heißt
es von Vers 6 an vom Sohne des Menschen: „Du hast ihn zum Herrscher gemacht
über die Werke deiner Hände; alles hast du unter seine Füße gestellt: Schafe und
Rinder allesamt und auch die Tiere des Feldes, das Gevögel des Himmels und die
Fische des Meeres, was die Pfade der Meere durchwandert.“ Jedes erschaffene
Wesen wird Christo unterworfen sein; und in Adam sehen wir im Bilde die Art des
Einflusses, den Christus ausüben wird.
Der erste über den Menschen geoffenbarte
Gedanke war, dass er das Bild, d.h. die sichtbare Darstellung Gottes im
Weltall sein sollte. Diese besondere Würde und Größe hatte Gott dem Geschöpf
Seines Wohlgefallens zugedacht.
Doch bei dieser Enthüllung der göttlichen
Gedanken müssen wir über Adam hinausschauen hin zu Dem, dessen Bild er war.
Gottes Gedanke war, ein herrliches Haupt der ganzen Welt des Lebens zu haben,
das imstande war, alles zu beherrschen und zu Seinem Wohlgefallen
aufrechtzuerhalten. Christus ist „das Bild des unsichtbaren Gottes ..., der
Erstgeborene aller Schöpfung“ (Kol. 1, 15). Wenn Er also kommt, wird Er den
ersten Platz haben, den Adam im Vorbilde hatte. Alles sollte unter ein Haupt
zusammengebracht werden; sei es das im Himmel oder das auf der Erde, alles
sollte in Christo seinen Mittelpunkt haben. Nichts steht in der Tat recht im
Weltall, das nicht in Christo seinen Mittelpunkt hat.
„Niemand hat Gott jemals gesehen“
- so wurde es notwendig, dass Einer kam, der das Bild des unsichtbaren Gottes
ist - der „eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn
kundgemacht“ (Joh. 1, 18). Der Gott, den niemand gesehen hatte, ist nun
vollkommen in einem Menschen gesehen worden, in Einem, in dem alles, was Gott
ist, völlig zum Ausdruck kam.
Wenn wir vom „Gleichnis“ in Bezug
auf Christum reden, sollten wir sehr auf der Hut sein, denn wir müssen immer
bedenken, dass Christus Gott ist.
Zweifellos können wir die Weisheit des
Geistes in der Tatsache erkennen, dass Er im Neuen Testament nie das „Gleichnis“
Gottes genannt wird, trotzdem Er in verschiedenen Stellen ausdrücklich als das
„Bild“ Gottes bezeichnet wird (2. Kor. 4,4; Kol. 1,15).
Doch wir können Ihn auch als den gesegneten
Gesalbten betrachten, der vor Gott in Liebe wandelte: Christus hat
„uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben ... als Darbringung und
Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch“ (Eph. 5, 2). Und Er
vermag allem, was unter Seinen Einfluss kommt, die Kraft zu verleihen, dass es
in sittlicher Übereinstimmung mit Gott sei.
Als das „Bild Gottes“ wird Er nicht nur das
ganze Weltall mit dem Lichte Gottes erfüllen, sondern Er wird ihm Gott gegenüber
eine derartige Anregung sein, dass auch das „Gleichnis“ die vollkommene
sittliche Übereinstimmung mit Gott in der ungeheuren Welt, deren herrliches
Haupt Er sein wird, vorhanden ist. Dieses Gleichnis wird Ihm allein sein Dasein
verdanken. Gott steht im Begriff, alles unter die Herrschaft jenes Gesegneten zu
bringen.
Und Er herrscht durch Liebe, denn Er
ist das Bild Gottes, Er ist notwendig der Ausdruck der Liebe Gottes, „denn
Gott ist Liebe“ (1. Joh. 4, 8). Das Bild hat es mit dem Offenbarwerden zu
tun; das Gleichnis ist mehr das, was in sittlicher Hinsicht mit diesem
Offenbarwerden in einem Menschen in vollkommenem Einklange steht.
Alles wird unter den Einfluss und die
Herrschaft jenes Menschen kommen, und unter Ihm als Herrn und Haupt wird alles
zum Wohlgefallen Gottes aufrechterhalten. Wenn wir unter Seiner Herrschaft und
Leitung stehen, kommt alles in Ordnung. Wer unter der Herrschaft Christi steht,
wird ein guter Vater, eine gute Mutter, ein gutes Kind oder ein guter Knecht
sein. Jede natürliche Beziehung, in der er steht, wird er zum Wohlgefallen
Gottes ausfüllen; und auch in den geistlichen Dingen wird es recht mit ihm
stehen.
„Füllet die Erde und machet sie euch
untertan“ (V. 28) zeigt, dass Christus vermag, Sich
alles Widerstrebende untertan zu machen. Und dann wird Er alles in
Übereinstimmung mit Sich Selbst als Haupt bringen. Er wird „unseren Leib der
Niedrigkeit umgestalten ... zur Gleichförmigkeit mit seinem Leibe der
Herrlichkeit, nach der wirksamen Kraft, in der er vermag, auch alle Dinge sich
zu unterwerfen“ (Phil. 3, 21).
Inzwischen schreitet das Untertanmachen und
Umgestaltetwerden infolge der Wirksamkeit der Macht Dessen, der das Bild Gottes
und nach Seinem Gleichnis ist, in geistlicher Hinsicht fort. Dadurch, dass sich
der Segenseinfluss Gottes geltend macht, wird alles untertan.
Es ist beachtenswert, dass hier das Weib
gleichsam im Manne inbegriffen ist. „Lasset uns Menschen machen in unserem
Bilde ...; und sie sollen herrschen ... Und Gott schuf den Menschen ...;
Mann und Weib schuf er sie.“ (V. 26 und 27).
Die Kirche ist in Christo inbegriffen. Vor
Grundlegung der Welt hatte Gott die Heiligen in Christo auserwählt (Eph. 1, 4).
„Indem er uns kundgetan hat das Geheimnis seines Willens nach seinem
Wohlgefallen, dass er sich vorgesetzt hat in sich selbst für die Verwaltung der
Fülle der Zeiten: alles unter einem Haupt zusammenzubringen in dem Christus ...,
in ihm, in welchem wir auch ein Erbteil erlangt haben, die wir zuvorbestimmt
sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Rate seines Willens“
(Eph. 1, 9 - 11). Das entspricht dem, was wir in unserem Kapitel lesen. Am Ende
von Epheser 1 sehen wir Christum als Haupt der Welt, und die Kirche mit Ihm
vereinigt. Sie ist Seine Fülle.
Dann heißt es: „Und Gott segnete sie,
und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und
machet sie euch untertan“ (V. 28).
Die Segnung besteht in Fruchtbarkeit
und Vermehrung, denn Gott ist der lebendige Gott, und Er hat an
Lebendigem und Sich Vermehrendem Freude; bei Ihm gibt es keinen Stillstand.
Die Herrlichkeit des Sohnes des Menschen
besteht darin, dass Er eine Welt mit Frucht für Gott füllen kann. Hierzu ist Er
in den Tod gegangen. Gott hat große Freude an Vermehrung. Das Christentum begann
mit zwölf Männern, und die Vermehrung ist fortgeschritten, so dass wir im
gegenwärtigen Augenblick trotz allem, was man über den Mangel an Bekehrungen
redet, heilige Myriaden Heiliger auf Erden haben!
Gott hat eine wunderbare Grundlage der
Fruchtbarkeit und Vermehrung in Christus geschaffen, und jede bekehrte Seele ist
ein Beweis davon. Es ist wunderbar, dass es durch Gottes Segen so viele Herzen
gibt, die fähig sind, zu erfassen, was Gott ist, und es zu genießen und Ihm Lob
zu bringen. Das ist die Frucht, die Gott sucht.
Gott schätzt das menschliche Herz - das
Herz eines Geschöpfes, das so gebildet ist, dass es Ihn zu erkennen vermag - das
Herz eines Geschöpfes, das in die tiefsten Tiefen gesunken, aber nun durch die
Erlösung zu Gott gebracht ist. Gott sucht solche Herzen, damit sie Ihn preisen.
In Adam und Eva war eine natürliche
Lebenskraft, die die Erde gefüllt hat. Alle die Millionen auf Erden sind
Frucht jenes Paares. Das deutet auf die Christo innewohnende Lebenskraft hin,
auf das Weizenkorn, das in die Erde fiel, starb und viel Frucht brachte. Durch
den Tod ist Er imstande, das Weltall mit Frucht für Gott zu füllen.
Wenn diese Lebenskraft in uns wirken soll,
müssen wir lebendige Speise haben; deshalb wird am Ende des Kapitels die
Nahrung erwähnt: „Siehe, ich habe euch gegeben alles samenbringende Kraut,
... und jeden Baum, an welchem samenbringende Baumfrucht ist: es soll euch zur
Speise sein“ (V. 29). Das samenbringende Kraut und die samenbringende
Baumfrucht werden dem Menschen zur Speise gegeben. Beim Samen handelt es sich um
etwas Lebendiges, er ist eine Speise, die innewohnende Lebenskraft besitzt.
In der Natur gibt es nichts Wunderbareres
als den Samen; er hat oft eine winzige Größe, doch wer kann seine
Ausbreitungsfähigkeit ermessen! In ihm ist eine Kraft, einen Wald zu erzeugen,
der die ganze Erde bedeckt.
Es ist sehr wichtig zu sehen, dass der
Mensch Speise mit innewohnender Lebenskraft bedarf. Samen und samenbringende
Frucht enthalten Lebensbestandteile; Fortpflanzungskraft kennzeichnet sie.
Viele geistliche Schwachheit ist auf die
Speise zurückzuführen, von der die Gläubigen leben. Wir brauchen das, was das
Leben unterhält. Der Herr konnte sagen: „nicht vom Brot allein soll der
Mensch leben, sondern von jedem Worte Gottes“, und „ich habe eine Speise
zu essen, die ihr nicht kennet“; und wiederum: „Gleichwie der lebendige
Vater mit gesandt hat und ich lebe des Vaters wegen, so auch, wer mich isst, der
wird auch leben meinetwegen.“ (Joh. 6, 57).
Auch in der Auferstehung haben wir Speise,
denn der Herr nahm als Auferstandener Speise zu Sich; und sogar in der
himmlischen Stadt dient der Baum des Lebens zur Speise. Alles das zeigt, wie
weit der Speise zugrunde liegende Aufrechterhaltungsgrundsatz geht.
Es ist wichtig, lebendige Nahrung zu
bekommen. Wir sollten uns fragen: Liegt dem, wovon ich mich nähre, der Grundsatz
des Lebens zugrunde? Wenn nicht, so ist es nicht gut. Wir sollten immer den
Grundsatz beachten, der dem Samen zugrunde liegt. Sogar den Tieren ward „alles
grüne Kraut“ zur Speise gegeben, d.h. sie sollten sich nur von dem nähren, was
frisch und saftig war.
Wenn wir in geistlicher Frische und Kraft
dastehen wollen, müssen wir frische und lebendige Speise haben.
In den einleitenden Versen des zweiten
Kapitels kommen wir zum siebenten Tage, dem Tage, an dem Gott ruhte
„von all seinem Werk, das er gemacht hatte“.
Es ist gesegnet, daran zu denken, dass ein
Tag kommt, an dem Gott in einer Welt ruht, die die Frucht Seines eigenen Werkes
ist - in einer Welt, die unter den Einfluss Christi gebracht ist, und wo alles
durch lebendige Speise in der Kraft des Lebens aufrechterhalten und durch
Fruchtbarkeit und Vermehrung gekennzeichnet wird: dann wird Gott Wohlgefallen
finden an dem Ergebnis Seines eigenen Werkes.
Der Sabbat war nachmals eine sehr
wichtige Anordnung, ein besonderes Band zwischen Gott und Seinem Volke. Gott
stellte Seinem Volke Israel immer Seine Ruhe vor Augen, sowie auch die Zustände,
in denen allein Er Ruhe finden konnte, und dazu Seinen Herzenswunsch, dass
Menschen an jener Ruhe teilhaben sollten. Der Sabbat wurde ein ewiger Bund
zwischen Gott und Seinem Volke.
Gott wies Mose an, auf das erste Blatt der
Heiligen Schrift einen inhaltreichen Abriss der Zustände zu schreiben, die zu
Seiner Ruhe führen sollten. Doch es erfordert die ganze Heilige Schrift, um das
mannigfaltige göttliche Werk zu entfalten, das in der Ruhe Gottes enden wird.
Wenn ich von der Ruhe Gottes rede, so habe
ich nicht den Ewigen Zustand, sondern die Verwaltung der Fülle der Zeiten vor
mir, in der alles unter ein Haupt zusammengebracht ist in dem Christus (Eph. 1,
10). Alle Bedingungen des Lebens werden dann geschaffen sein und genossen
werden, so dass Gottes Gedanken über den Menschen auf Erden zustande kommen.
Christus und die Kirche werden dann den Platz der Oberhoheit haben: Gott wird
ruhen, und Seine Heiligen werden Seine Ruhe teilen - welch eine Segnung!
Als der Herr hienieden war, war Er auch
„Herr des Sabbats“, und bei der Ausübung der Rechte, die dieser Titel in sich
begriff, wollte Er den Menschen heilen und befreien. Wie hätte es für die
Menschen einen wahren Sabbat geben können, solange sie, vom Teufel geknechtet,
unter tausenderlei Übeln und Schwachheiten litten? Und wie konnte es für Gott
einen wahren Sabbat geben, wenn sich Sein Geschöpf in einem derartigen Zustande
befand?
Es ist ein schreckliches Zeugnis vom
Zustande des Menschen, dass der Herr niemals in Verbindung mit dem Sabbat
erwähnt wird, ausgenommen da, wo Er ihn nach der Meinung der Juden brach. Der
Mensch war einer so schrecklichen Knechtschaft anheimgefallen, dass für ihn
keine Ruhe möglich war, bis ihm Gott eine Befreiung erwirkt hatte, und so machte
die Gnade den Herrn des Sabbats zu einem Arbeiter an jenem heiligen Tage.
5. Mose 5, 15 ist sehr lehrreich, insofern
es zeigt, dass sich das Gebot, den Sabbat zu beobachten, an ein Volk wandte, das
von Jehova, Seinem Gott, aus der Knechtschaft befreit worden war. In einer Welt
der Sünde und der Knechtschaft konnte es keine Ruhe für Gott geben; deshalb
musste der Herr sagen: „Mein Vater wirkt bis jetzt, und ich wirke.“ (Joh.
5, 17)
Doch der siebente Tag ist ein Bild von der
Zeit, wo alles dem Wohlgefallen Gottes gemäß sein wird. Er redet von der
tausendjährigen Ruhe der ganzen Schöpfung. Indem wir uns im Geiste an jenen Tag
versetzen, singen wir zuweilen:
„Freudevoll ruht nun die
Schöpfung
Aus im ungestörten Glück“ -
,
doch in Wirklichkeit sind wir noch nicht
dahin gekommen.
Der erste Tag der Woche ist der das
Christentum kennzeichnende Tag. Er ist der Anfang eines neuen Zeitabschnitts und
steht in Wahrheit in Beziehung zu dem, was ewig ist.
Doch der siebente Tag steht in Beziehung zu
den ihm vorausgehenden sechs Tagen, an denen Gott an einem Schauplatz gewirkt
hatte, wo Unordnung und Finsternis gewesen waren, den Er aber schließlich Seinem
Wohlgefallen gemäß umgestaltet hatte. Dies geschah im Blick auf das
Tausendjährige Reich, wo alles, der göttlichen Wirksamkeit zufolge, so geordnet
sein wird, dass auf ebendem Schauplatze, wo all die Unordnung und Finsternis
gewesen war, Ruhe zustande kommt. Das wird der Triumph Gottes über all die
Zustände sein, die infolge der Sünde und der Macht Satans hienieden eingetreten
sind.
Von Vers 4 an wird das, was mit der
Schöpfung des Menschen und seinen sittlichen Beziehungen zu Gott in Verbindung
steht, ausführlicher behandelt. Deshalb wird auch der Name Jehova erwähnt, d.h.
der Name, der auf Beziehungen hindeutet.
Die Schöpfung des Menschen ist von höchster
Bedeutung. „Und Jehova Gott bildete den Menschen, Staub von dem Erdboden, und
hauchte in seine Nase den Odem des Lebens; und der Mensch wurde eine lebendige
Seele.“ (V. 7)
Das war ganz und gar verschieden von der
Schöpfung der Tiere. Der Mensch ist nicht nur eine lebendige Seele, sondern er
hat einen ihm unmittelbar von Gott eingehauchten Geist. Dadurch, dass er einen
Geist hatte, wurde er eine lebendige Seele. Als Geschöpf wurde er gebildet, um
in unmittelbarer sittlicher Beziehung zu Gott zu stehen; und es ist wichtig zu
erkennen, dass jedes menschliche Wesen seinen Geist unmittelbar von Gott
empfängt. (Sach. 12, 1)
Es lässt sich nichts Unmittelbares und
Innigeres denken, als dass Gott in des Menschen Nase hauchte. Der Mensch ist ein
Geschöpf, er ist weder Gott, noch ein Teil Gottes, wie es die Torheit des
Pantheismus behauptet, aber sein Geist lebt kraft der Einhauchung Gottes. Der
Mensch ist Sein Geschlecht: „Denn in ihm leben und weben und sind wir“
(Apg. 17, 28).
Wir können das gar nicht genug betonen.
Diese Beziehung zu Gott ist es, die den Menschen verantwortlich macht; und
nichts wird die Menschen zurechtbringen und glücklich machen, als dies, dass
ihre Beziehung zu Gott Ihm gemäß in Ordnung gebracht wird.
Nachdem der Fall gekommen, ist der Mensch
von Gott abgeirrt, und nichts wird ihn zurechtbringen, als dass er zu Gott
zurückgebracht wird.
Dass der Sohn Gottes in die Welt kam, die
Erlösung vollbracht und der Heilige Geist gegeben wurde, das alles geschah im
Blick auf die Wiedererlangung des Menschen; er sollte zum Wohlgefallen Gottes
sein.
Wenn Gott den Menschen durch die Erlösung
wiedererlangt, gibt Er ihm Seinen eigenen Geist; das ist mehr als Adam in
Unschuld je besaß. Es ist Gottes Art, wenn etwas versagt, was Er aufgerichtet
hat, es durch etwas Besseres zu ersetzen.
Seiner Weisheit gefiel es, eine Ordnung zu
schaffen, in der ein Fehlen eintreten konnte, und dadurch, dass dieses geschah,
sicherte Er sich Selbst eine größere Herrlichkeit und Seinen Geschöpfen größere
Glückseligkeit, indem Er etwas Besseres zustande brachte. Vergebung,
Rechtfertigung und die Gabe des Geistes gibt einem eine höhere und bessere
Stellung, in viel größerer Nähe zu Gott, als sie Adam im Zustande der Unschuld
kannte.
Der Christ hat durch die Erlösung den Geist
Gottes, und das ist mehr, als durch die Einhauchung Gottes zu leben. Der
Gläubige hat seinen eigenen Geist, aber er hat auch den Geist Gottes, der seinem
Geiste Zeugnis gibt (Röm. 8, 16).
„Und Jehova Gott pflanzte einen Garten
in Eden gegen Osten, und er setzte dorthin den Menschen, den er gebildet hatte“
(Vers 8). Eden heißt Wonne, Lieblichkeit; es bedeutet einen Schauplatz
des Wohlgefallens, wo alles zu finden war, was zur natürlichen Glückseligkeit
eines ungefallenen Menschen dienen konnte.
Jeder Baum, der lieblich anzusehen und gut
zur Speise war, war da. Und der Mensch wurde in diesen Garten gesetzt, „ihn
zu bebauen und zu bewahren“ (V. 15). An alles war gedacht worden, aber der
Mensch hatte den Garten zu bebauen.
Dieser ursprünglichen Anordnung scheint ein
Gedanke zugrunde zu liegen, der unsere Aufmerksamkeit verdient. Weitere
Grundgedanken haben wir im Baume des Lebens und dem Fluss, die im Bilde klar von
Christo und dem Geiste reden. So gab Gott von Anbeginn einen Hinweis darauf,
dass Er in Seinen Gedanken weit mehr Gutes für den Menschen hatte, als es im
Kreise der Natur zu finden war.
Der Baum des Lebens in der Mitte des
Gartens war eine Andeutung und Verheißung von Besserem und Größerem, als es in
all dem Guten, womit Er Adam umgeben hatte, zum Ausdruck kam. Er war die
Verheißung des Lebens, noch ehe die Sünde kam, noch ehe die Zeitalter der Zeit
ihren Lauf genommen hatten (Tit. 1, 2), zu einer Zeit, da der Tod nur als die
schreckliche Strafe gekannt wurde, die nach dem Worte Jehovas der Ungehorsam zur
Folge hatte.
Der Baum der Erkenntnis des Guten und
Bösen war auch da. Doch er enthielt eine Frage, der Gott allein gewachsen
war. Der Mensch war nicht zuständig, ihre Lösung in Angriff zu nehmen. Der bloße
Versuch, dies zu tun, bedeutete seinen Zusammenbruch. Gott suchte deshalb den
Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen durch das strengstmögliche Verbot zu
schützen, unter Androhung der ernstesten Strafe im Falle des Ungehorsams.
Dem Baume des Lebens und dem Baume der
Erkenntnis des Guten und Bösen liegen so große und wichtige Wahrheiten zugrunde,
dass wir sie eingehend erwägen sollten.
Es scheint, dass Gott in ihnen klar die
beiden großen Fragen kundtat, deren Lösung Er in Verbindung mit den Menschen
ihrem Ziele zuzuführen beabsichtigte. Dass die beiden Bäume beieinander standen,
scheint anzudeuten, dass die Frage des Lebens für den Menschen mit der Lösung
der Frage des Guten und Bösen eng verbunden war.
Da diese Frage in das Weltall gekommen,
musste sie zu Gottes Herrlichkeit erledigt werden, derart, dass Leben, Seinen
Gedanken gemäß, das Teil Seiner Geschöpfe werde. Der Mensch wurde in diese Frage
durch seinen Ungehorsam und Fall verstrickt. Gott kennt Gutes und Böses und weiß
beides vollkommen zu beurteilen. Der Mensch aber konnte diese Erkenntnis nur
dadurch erlangen, dass er selbst böse wurde. Doch Gottes Vorsatz war, der Mensch
sollte wie Er selbst sein und Gutes und Böses in einer heiligen Natur kennen,
und dies brachte Er durch Christum und das Kreuz zustande.
Die Frage des Guten und Bösen war zu groß
für das Geschöpf. Gott allein konnte sie lösen. Und als der Mensch, das Geschöpf
Seines Wohlgefallens, in sie verstrickt wurde, ließ Gott es zu, dass die ganze
Frage in Verbindung mit ihm ihrem Ziele zugeführt wurde. Gottes Absicht war,
dass es also sein sollte. Er hat es jetzt ermöglicht, dass Gutes und Böses zu
unserem lauteren Segen erkannt werden können, und nicht bloß mit einem
schuldigen Gewissen.
Welch eine Schaustellung des Guten und
Bösen haben wir auf dem Kreuze! Das Gute in Gott kam durch das Böse im Menschen
in einer Weise ans Licht, wie es in einer Welt der Unschuld nie gekannt worden
wäre.
Daselbst sehen wir auch, wie das Böse
gerichtet wurde, und wie die Strafe des Todes, die mit diesem Holze oder Baume
in Verbindung war, über Einen kam, der sie zu Gottes Herrlichkeit in Liebe trug,
so dass sich nun Ströme des Lebens und der Segnung von ebendieser Stätte aus
ergießen können.
Das Böse ist der Untergrund geworden, den
Glanz und die Herrlichkeit des Guten in dem glückseligen Gott hervortreten zu
lassen. Die Offenbarung Gottes in Christo ist in Wahrheit der Baum des Lebens,
und wenn das Geschöpf dahin kommt, Gott zu kennen und von dem zu leben, was Gott
Seiner Offenbarung nach ist, so kommen wir zu einer Kraft des Lebens, die kein
Böses anzutasten vermag.
Im Kreuze sehen wir die beiden Bäume
zusammengebracht. Gutes und Böses sind dort ans Licht gebracht und voneinander
entwirrt und geschieden worden. Dort sehen wir einerseits die unendliche Güte
Gottes, und andererseits wie das Böse im Menschen und Satan völlig zur Schau
gestellt ist; aber das Gute in Gott hat über das Böse im Menschen triumphiert.
Die ganze Frage ist jetzt gelöst, und der
sie gelöst hat, ist zum Baume des Lebens geworden. Doch da wir durch den Fall in
diese Frage verstrickt worden sind, so haben wir ihre Eigenart und Lösung durch
Herzensübungen zu lernen; wir machen in ihnen die Entdeckung, was wir sind, und
durch Gnade auch die, was Gott ist. Das geschieht aber nicht bei den
ersten Seelenübungen, die uns für die Aufnahme des Evangeliums
zubereiten, sondern besonders durch die Übungen, durch die Gottes
Volk geübte Sinne „zur Unterscheidung des Guten sowohl als auch des Bösen“
erlangt (Heb. 5, 14).
Es gibt nichts Wunderbareres als die
einleitenden Kapitel des ersten Buches Mose. Dort haben wir den Baum und den
Fluss, und am Ende der Offenbarung haben wir sie wieder. Womit Gott beginnt,
damit endet Er auch. Er begann im Bilde mit Christo, und wird auch mit Christo
enden. Er stellt uns alles vor, was Christus ist, und gerade der Fall des
Menschen brachte diesem, nachdem er von Neuem geboren war und den Geist
empfangen hatte, die Gelegenheit, alles, was der in Christo offenbarte Gott ist,
auf eine sehr tiefe und gesegnete Weise schätzen zu lernen. Es ist wunderbar,
dass wir schon vor dem Fall im Bilde eine solche Darstellung der Gnade und des
Ausfließens des Herzens Gottes haben.
Gott hat eingegriffen und die Frage des
Guten und Bösen im Kreuze und Tode Christi gelöst. Er hatte Selbst alles ans
helle Licht gebracht, und dies zu Gunsten des Menschen, so dass sich von jener
Stätte aus der Segen ergießt.
Die vier Flüsse deuten darauf hin, und
deren Anzahl lässt uns schließen, dass sich der Segen von der himmlischen Stadt
und von dem Heiligtum auf Erden ergießt, wie es am Tage der Zukunft geschehen
wird (siehe Offb. 22, 1; Hes. 47). In der gegenwärtigen Zeit jedoch entspricht
diesen Flüssen das Ausgehen des Evangeliums in der Kraft des Geistes.
Der Name des ersten Flussarmes Pison
bedeutet „freifließend“, und es war Gold in dem Lande, wo er floss - welch ein
Hinweis ist das auf das Evangelium! Es redet von der in göttlicher Gerechtigkeit
freifließenden Gnade. Anstatt, dass Gott Gerechtigkeit von den Menschen
forderte, schenkt Er ihnen Seine eigene Gerechtigkeit. Das Evangelium fordert
keine Gerechtigkeit, sondern gibt sie.
Die drei Dinge, die mit dem Pison in
Verbindung stehen - das Gold, das Bdellion und der Onyxstein -, scheinen auf
drei verschiedenen Züge der göttlichen Gnade hinzuweisen. Die einzige andere
Stelle, wo das Bdellion erwähnt wird, ist 4. Mose 11, 7, und zwar in Verbindung
mit dem Manna. Und Onyxsteine, in denen die Namen der zwölf Stämme Israels
eingegraben waren, trug der Hohepriester auf seinen Schultern.
Gnade, die in göttlicher Gerechtigkeit
ausströmt, von der das Gold zu uns redet, verleiht dem Menschen alles, was er
bedarf. Sie gibt ihm Gerechtigkeit und Speise, ihn auf dem Wüstenpfade
aufrechtzuerhalten, und sichert ihm die Unterstützung Christi als Priester. Gott
schmückt in der Tat die Menschen mit alledem, was Christus ist.
Der zweite Flussarm Gihon umfloss
das finstere Land, das ganze Land Kusch oder Äthiopien, das „schwarz“ bedeutet.
Wir können darin einen Hinweis darauf sehen, dass wir von der Macht der
Finsternis freigemacht werden.
Die Erkenntnis Gottes und die Macht Seines
Geistes verschafft uns Befreiung von der ganzen Macht der Finsternis. Als die
Wahrsager zu Ephesus zur Erkenntnis Gottes kamen, brachten sie ihre Bücher und
verbrannten sie, und der Geist Gottes sagt uns, was diese Bücher wert waren
(Apg. 19, 19). Diese Männer hatten im „schwarzen“ Lande gelebt, aber sie wurden
frei von der Macht der Finsternis.
Hiddekel
bedeutet „reißend“, und er fließt vor Assyrien. Assyrien redet von dem Menschen
in seinem ungestümen Widerstand gegen Gott und Sein Volk. Dieser Flussarm jedoch
scheint auf eine Macht der göttlichen Gnade hinzudeuten, die alles überwinden
und sich untertan machen kann. Assyrien als Sinnbild von sittlichen Dingen
stellt etwas ganz anderes dar als Babylon. Babylon ist der verderbliche Einfluss
der Herrlichkeit des Menschen, Assyrien der Mensch, den Gewalttat kennzeichnet.
Einer wie Saulus von Tarsus konnte durch
die Gnade Gottes in einem verherrlichten Heiland in einem Augenblick erreicht
und unterworfen werden. Diese Gnade gleicht einem Strom, der imstande ist, jedes
Hindernis in seinem Lauf hinwegzufegen und sich den stolzesten Willen untertan
zu machen.
Der Name Phrath bedeutet dann
„Süßwasser“. Wie süß ist die Offenbarung Gottes in Liebe und das Ausgießen
dieser Liebe ins Herz durch den Heiligen Geist!
Der Heilige, der im Segen des Evangeliums
steht, wird eine Quelle der Segnung und Erfrischung aller um ihn her. Aus seinem
Leibe fließen Ströme des lebendigen Wassers. Wenn da kein Ausfließen
stattfindet, so ist das ein Zeichen, dass nicht viel hineingeströmt ist. Da ist
man nicht zu Christo gekommen und hat nicht im Überfluss getrunken (Hohelied 5,1
- daselbst heißt es genauer: „trinket, ja trinket im Überfluss“).
Wenn ich durch irgendeine Macht der
Finsternis oder des Menschen gefesselt werde, kann ich dem, was von Gott ist,
keinen Ausdruck verleihen. Unsere Übung besteht also in Wahrheit darin, die
Befreiung und den Segen, den uns die Gnade Gottes zugänglich gemacht hat, zu
genießen. Dann können wir auch ihre Darsteller sein.
Wenn wir in dem Flusse einerseits ein Bild
von dem sehen, was für den Menschen ist, so können wir am Ende des Kapitels ein
wunderbares Bild von dem sehen, was für Christum ist. Der Dienst des Evangeliums
verleiht den Ausdruck, was für den Menschen ist, aber der Dienst der Versammlung
bringt das zum Ausdruck, was für Christum ist. Beides sehen wir hier im Bilde.
„Es ist nicht gut, dass der Mensch
allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, seinesgleichen“
(V. 18). Hier haben wir ein Bild von der Kirche, noch ehe die Sünde kam. Die
Kirche ist auf den ewigen Ratschluss Gottes zurückzuführen und erstreckt sich in
die vor uns liegende Ewigkeit hinein.
Wie wunderbar, dass Christus eine
Ergänzung, eine Gefährtin haben sollte, die Ihm in Seinem sittlichen Zustande,
Seinem Geiste, Seinem Gemüt und Empfinden vollkommen entspricht!
Alle Tiere kamen an Adam vorüber, aber
keines entsprach ihm, war ihm ebenbürtig. Um ihm ein Wesen zu sichern, das ihm
entsprach, musste etwas aus ihm genommen werden: Eva musste aus dem Manne
gebildet werden.
Nichts könnte passend sein, mit Christo
vereinigt zu werden, als das, was aus Ihm kam. Denken wir an jenen erhabenen
Menschen im Himmel - wie hätte irgend etwas anderes geeignet sein können, mit
Ihm vereinigt zu werden, als das, was aus IHM kam?
Die Kirche ist ein wunderbares Gebilde! Sie
ist ein von Gott gestaltetes, Christo entsprechendes Ebenbild, damit sie zur
Befriedigung Seines Herzens sei. Er kann erkennen, dass sie aus Ihm ist.
Man möchte da fragen: Wieviel ist in mir,
das Christus, als aus Ihm Selbst stammend, anerkennen könnte? Insoweit hat dann
auch die Braut in mir Gestalt gewonnen.
Natürlich ist die Gestaltung der Braut eine
Wahrheit, die sich auf die Gesamtheit aller zur Kirche gehörigen Heiligen
erstreckt. Aber das muss in jedem Einzelnen von ihnen gewirkt werden. Die Kirche
als Braut ist ein Gebilde aus Gottes Hand, das aus Christo genommen wurde.
Der „tiefe Schlaf“ stellt das Geheimnis
dieser Gestaltung dar. Es hätte keine Gestaltung statthaben können, wenn nicht
das, was gestaltet werden sollte, in den Tod gebracht worden wäre.
Christus ging in den Tod, und alles das,
was der Mensch dem Fleische nach ist, wurde da zur Schau gestellt und gerichtet.
Aber alles das, was vortrefflich und holdselig war, wurde dort enthüllt, um ein
gestaltender Bestandteil zu werden.
Die Kirche leitet ihr geistliches Dasein
von dem her, was im Tode Christi enthüllt wurde. In Eva sehen wir dies alles im
Bilde, als von Gottes Seite, kraft Seiner Unumschränktheit zustande gebracht.
Denken wir an die mannigfaltigen Züge
göttlicher Wesensart, die in ihrer Fülle und Vollendung in jenem kostbaren Tode
enthüllt wurden! Die Liebe Gottes in all ihrer Tiefe und in ihrem vollen Umfange
wurde dort kundgemacht. Göttliche Heiligkeit in all ihrer Reinheit war da. Die
vollkommene Liebe zur Gerechtigkeit wurde da in Einem
gesehen, der, um sie für immer aufzurichten, sterben wollte; und ein solcher
Hass wider die Gesetzlosigkeit, dass Er sterben wollte, um sie hinwegzutun.
Dort sehen wir auch die Vollkommenheit des
Gehorsams und der Ergebenheit in einem holdseligen Menschen, der, um Gott zu
verherrlichen, bis zur tiefsten Stufe der Erniedrigung hinabstieg. Weiter sehen
wir dort die Liebe Christi zur Versammlung darin zum Ausdruck gebracht, dass Er
Sich Selbst für sie gab. Dies sind mächtige Einflüsse im Weltall, und sie sind
im Tode Christi enthüllt worden, damit sie gestaltend auf Seine Braut wirken
möchten.
Wenn wir unter den Einfluss Christi kommen,
werden wir dadurch gebildet, dass wir Seine Liebe schätzen. Er starb nicht nur,
den Seinen Gutes zu sichern, sondern um sie für Sein eigenes Herz zu besitzen.
Wir werden dann auch darin gebildet, dass wir den Willen Gottes und die Liebe
Gottes schätzen, und auf diese Weise kommt eine sittliche Übereinstimmung
zwischen Christo und der Braut zustande. Sie entspricht Ihm in Geist, Gemüt und
sittlichem Empfinden.
Es mag gut sein, uns öfter zu fragen: Was
in meinem sittlichen Sein kam aus Christo und hätte von keinem anderen kommen
können? Das allein gibt einen Maßstab dafür, wie weit die Braut in mir gestaltet
worden ist.
Es ist etwas Wunderbares für Christum, in
Seinen Heiligen das erkennen zu können, was aus Ihm ist - in ihnen solche
Wesenszüge wahrzunehmen wie Abhängigkeit, Sanftmut, Niedriggesinntheit,
Gehorsam, Heiligkeit; das sind sittliche Grundlagen.
Dann aber sieht Er weiter eine Antwort auf
Seine Zuneigungen und eine Wertschätzung der Liebe Gottes, und dass das Herz der
Braut auf Seine Angelegenheiten gerichtet ist. Die Gestaltung der Braut
schreitet fort, ihre Glieder werden „während vieler Tage“ gebildet (Ps. 139,
16), und dies geschieht in dem Maße, wie wir unter den Einfluss der Liebe
Christi kommen.
Ich denke, allen Gläubigen leuchtet ein,
dass dieses eines der wichtigsten Kapitel der Schrift ist. Wir sehen darin, wie
das Böse in diese Welt kam, sodann die Quelle, von der es kam, seine Wirkung und
seine Folgen.
Obendrein ist es ein gesegnetes Kapitel, da
es zeigt, wie Gott in Erbarmen und Gnade handelt, und dass schließlich alle
Pläne der Schlange zunichte gemacht werden - ihr Kopf wird zermalmt.
In gewissem Sinne ist Satans Kopf schon
zermalmt worden, nämlich am Kreuze. Doch Römer 16, 20 sagt uns: „Der Gott des
Friedens wird in kurzem den Satan unter eure Füße zertreten.“ Den Heiligen
wird es gegeben, an dem Triumphe Christi teilzuhaben, und alles, was durch Satan
gekommen, wird hinweggetan werden.
Wir können dieses Kapitel nicht genug
erwägen. Es zeigt uns, worin das Gift der Schlange wirklich besteht, und
das hilft uns, dieses Gift in uns selbst zu richten. Das Gift ist, Gott zu
misstrauen. das liegt jeder Lust und jedem Ungehorsam zugrunde. Die erste Saat,
die in Herz des Menschen gesät werden musste, war Misstrauen gegen Gott.
Wenn das Eingang fand, so war alles verloren.
Dass Gott das Vertrauen Seines so
hochbegünstigten Geschöpfes verlor, war das Schrecklichste, was eintreten
konnte. Der Einflüsterung Raum zu geben, dass Gott etwas Gutes vorenthielt,
bedeutete, schon gefallen zu sein.
Dieses selbe Misstrauen finden wir in uns
selbst, und wir haben es zu richten. Wir können das im Lichte der Tatsache tun,
dass Gott hervorgetreten ist und Seine Liebe geoffenbart hat, so dass wir
rückhaltloses Vertrauen in rückhaltlose Liebe haben können. In Gottes Liebe gibt
es keinen Vorbehalt: Er hat das Beste im Himmel für das Schlechteste auf Erden
gegeben, und hat so das Misstrauen zurechtgewiesen und das Vertrauen gestärkt,
damit „die Werke des Teufels“ in unseren Herzen zunichte gemacht werden (1. Joh.
3, 8).
Wenn wir nur das wünschen, was Gott uns
gibt, werden wir vollkommen glücklich sein. Nichts hat wirklichen Wert für uns,
das wir nicht aus der Hand Gottes nehmen und Ihm dafür danken können.
Der erste Zweifel, den die Schlange den
Menschen brachte, war der an der Güte Gottes. Und dann sagte sie gleichsam zu
Eva: Gott sucht euch einzuschüchtern. Was Er sagt, wird gar nicht eintreten. Ihr
werdet gewiss nicht sterben, „sondern Gott weiß, dass, welches Tages ihr
davon esset, eure Augen aufgetan werden, und ihr sein werdet wie Gott, erkennend
Gutes und Böses“ (V. 5).
Vor dem Falle wusste der Mensch, dass es
recht war, Gott zu gehorchen, und unrecht, Ihm nicht zu gehorchen. Aber er
kannte Gutes und Böses nicht. Die Erkenntnis des Bösen schrieb die Schlange Gott
mit Recht zu. Gott kennt Gutes und Böses in einer heiligen Natur. Der Mensch
konnte zu dieser Erkenntnis nur durch Ungehorsam, und damit in einer sündigen
Natur gelangen, er konnte Gutes und Böses nur dadurch kennen, dass er selbst
böse wurde.
Es handelt sich um eine reine Frage des
Gehorsams gegen Gott, d.h. um Seine Oberhoheit. Von dem Baume zu essen, wäre
nicht böse gewesen, wenn es nicht verboten gewesen wäre.
Gott nicht zu gehorchen, war böse, und in
dem Augenblicke, wo die ersten Menschen dies getan, kannten sie Gutes und Böses
ihrem eigenen Bewusstseinszustande nach. Ihre Augen waren in der Tat geöffnet,
aber geöffnet über ihren eigenen erbärmlichen Zustand, da sie böse geworden
waren.
Wenn wir einer Einflüsterung des Feindes
Raum geben und anfangen, darüber Vernunftschlüsse anzustellen, ist schon alles
verloren. In Eva sehen wir, wie sich der Ungehorsam darstellt, und wir können
sagen, sich ihren Augen rechtfertigte: sie beurteilte den Baum. Sie sah, dass er
gut zur Speise, eine Lust für die Augen und begehrenswert wäre, Einsicht zu
geben.
Sie beurteilte ihn also gänzlich im Lichte
dessen, was die Schlange gesagt hatte, und ganz und gar nicht im Lichte dessen,
was Gott gesagt hatte. Wie ernst ist dieses!
Wie oft machen wir ähnliche Schlüsse, um
uns glauben zu machen, dass unrecht recht ist! Wird Gott und Seine Güte
ausgelassen, dann trügt uns sicherlich das Anschauen unserer Augen und das
Urteilen unseres Verstandes. Nichts ist mir gut, das ich nicht als Gottes Gabe
empfangen und Ihm dann dafür danken kann.
Hier haben wir die drei Arten der Lust. Die
Lust des Fleisches, die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens sind hier alle
im Keime enthalten. Gott wird dabei vom Vertrauen Seines Geschöpfes
ausgeschlossen, Seine feierliche Warnung nicht beachtet, und die Lust und der
Wille des Geschöpfes zum entscheidenden Umstande gemacht - darin besteht der
Fall.
Es war die äußerste Schande, die unter
diesen Umständen der Güte, Lauterkeit und Oberhoheit Gottes angetan werden
konnte.
Bei Adam war es nicht die
unmittelbare Versuchung durch die Schlange, sondern die Verführung von Seiten
des Weibes. „Adam wurde nicht betrogen, das Weib aber wurde betrogen und fiel
in Übertretung“ (1. Tim. 2, 14). Man kann sagen, Adam sündigte, wissend, was
er tat; er ließ sich von seinen Zuneigungen beherrschen. Dadurch wurde die ganze
Art der gegenseitigen Beziehungen zwischen Mann und Weib umgekehrt. Eva
hätte sich durch ihre Zuneigungen bestimmen lassen sollen, und wenn das der Fall
gewesen, würde sie, sowie die Schlange zu ihr redete, Adam gerufen haben; statt
dessen ließ sie sich mit der Schlange ein, und eignete sich deren Urteil an.
Adam hätte sich durch sein in der Furcht Gottes ausgeübtes Urteil leiten lassen
sollen. Statt dessen ließ er sich durch seine Zuneigungen leiten, ohne Gott
überhaupt einen Platz zu geben.
Satans Ziel ist immer, Gottes Ordnung
umzukehren. Adam war das verantwortliche Haupt, und wenn diese Dinge formgerecht
behandelt werden, wie in Römer 5, so wird die Sünde, als durch ihn gekommen,
betrachtet: die volle Verantwortlichkeit ruhte auf ihm.
„Da wurden ihrer beiden Augen aufgetan,
und sie erkannten, dass sie nackt waren“ (V. 7). Eva
hatte zweifellos gedacht: Wir werden wunderbare Dinge kennenlernen, von denen
wir jetzt noch nichts wissen; doch alles, was sie erlangten, war das
Bewusstsein, dass sie nackt waren! Das Gewissen sagt uns, dass uns die
Erkenntnis des Guten und Bösen verantwortlich macht. Satan hatte es als einen
großen Preis hingestellt, dass sie in der Erkenntnis des Guten und Bösen Göttern
gleich sein sollten. Aber sie erlangten diese Erkenntnis nur dadurch, dass sie
durch den Ungehorsam selbst böse wurden.
Infolgedessen erkannten sie von dem
Augenblicke an, wo sie von der Frucht aßen, dass sie nackt waren; sie erkannten
den erbärmlichen Zustand, in dem sie sich befanden, und schämten sich seiner,
ehe Gott ihnen auch nur ein Wort sagte oder ihnen nahte.
Der Mensch wurde damit gleichsam zum
Richter seines eigenen Zustandes - eine sehr ernste Sache. Ehe Gott zu ihnen
kam, verurteilten sie sich selbst; sie wussten, dass sie nackt waren. Welch eine
schreckliche Entdeckung, die sie da machten! In diesen Zustand ist der Mensch
geraten - das ist es, was die Erkenntnis des Guten und des Bösen dem Menschen
brachte: er war nun in einem Zustande, dessen er sich schämen musste. „Ich
fürchtete mich, denn ich bin nackt, und ich versteckte mich“ (V. 10).
Die Gegenwart Gottes versetzte sie in
Aufregung, und die Feigenblätter erwiesen sich als seine Bekleidung, sowie Gott
nahte. Der Mensch hatte das Bewusstsein, dass er in einem Zustande war, der ganz
und gar unpassend für Gott war - das Bewusstsein, dass er unbekleidet, nackt vor
Gott war!
Am Ende des Kapitels nimmt Sich Gott dieses
schrecklichen Zustandes dadurch an, dass Er ihnen Röcke von Fellen machte. Das
geschah, nachdem der Glaube kam. Adams Vermächtnis an uns ist das eine Wort
„Leben“; wir würden das Gegenteil erwartet haben. Eva bedeutet Leben - sie war
die Mutter aller Lebendigen, und es ist schon oft darauf hingewiesen worden,
dass ihr Name zeigt, dass Adam Glauben hatte.
Gott sagte zur Schlange: „Weil du dieses
getan hast“ usw. (V. 14). Es handelte sich in Wahrheit um eine Rechtssache,
die zwischen Gott und Satan auszutragen war. Die Menschheit war gleichsam der
Kampfplan, wo der Streit ausgefochten wurde. Aber der Kampf selbst war in
Wirklichkeit zwischen Gott und der Schlange, und deshalb traf diese sofort der
Fluch Gottes. Kein Fluch traf den Menschen oder sein Weib; das Unheil wird bis
zu seinem Ursprung verfolgt und kommt unter das ausdrückliche Gericht Gottes.
Es ist gesegnet, Gottes Absicht zu sehen,
einen Samen solcher Wesensart auf Erden zu haben, dass er von der Schlange und
ihrem Samen gehasst würde. Das erste Wort der Gnade lautet: „ich werde
Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe, und zwischen deinem Samen und
ihrem Samen“ (V. 15).
Das lässt mich darauf schließen, dass das
Weib die Menschheit als Gegenstand des göttlichen Erbarmens und der Gnade
darstellt. Es gibt solche, die der Same der Schlange sind, und zwischen ihnen
und dem Samen des Weibes besteht Feindschaft. Der Same des Weibes birgt den
Gedanken eines göttlichen Samens in sich.
In erster Linie ist natürlich Christus der
Same des Weibes, aber in einem untergeordneten Sinne sind es alle Auserwählten
Gottes. Das ist der erste Hinweis in der Schrift auf zweierlei Samen - zwei
Geschlechter; und wir haben sie den ganzen Lauf der Zeit hindurch bis auf den
heutigen Tag.
Es gibt solche in der Welt, die der Same
der Schlange sind, obschon wir sie nicht im einzelnen als solche bezeichnen
könnten. Das Neue Testament nennt sie Kinder des Teufels; aber es gibt auch
Kinder Gottes, was Gerechtigkeit und Liebe anlangt, und zwischen diesen beiden
Samen besteht eine Feindschaft, die jedoch von Seiten der Schlange und ihrem
Samen ausgeht.
Kain war der erste des Samens der Schlange,
der erste jenes Geschlechts - und Abel der erste vom Samen des Weibes. Abel war
nicht nur ein Bild von Christo, sondern auch ein Gefäß des Geistes Christi.
Christus hatte in sittlicher Hinsicht in Abel eine Gestalt gewonnen; und Er ist
in allen Heiligen. Wir können sie daher als den Samen des Weibes betrachten.
Eva gab Kain einen falschen Namen - sie
glaubte, Kain wäre Christus. Kain bedeutet „Erwerbung“, sie sprach: „Ich habe
einen Mann erworben mit Jehova“ (Kap. 4, 1). Doch es dauerte nicht lange,
und sie erkannte, dass er nicht Christus war, und so nannte sie Abel bei seiner
Geburt „Hauch, Nichtigkeit“. Sie hatte also schon gelernt, wie nichtig es war,
zu erwarten, dass der verheißene Same auf natürlichem Wege kommen konnte.
Welche eine lange Reihe leidender Zeugen
sind es gewesen, deren Fersen Satan zermalmt hat! Abel war der erste, und dann
kommen die Blutzeugen aller Zeitalter; sie alle aber sind nur bis zu einem
gewissen Grade Überwinder gewesen; Christus dagegen in ganz hervorragender und
herrlicher Weise. Sie wurden verfolgt und zu Tode gemartert, aber der Geist
Christi war in ihnen, und so überwanden sie. Dem Augenschein nach überwand Kain
den Abel, doch Abel war der Überwinder, und von allen Menschen hat er den
längsten Dienst als Prediger ausgeübt - „obgleich er gestorben ist, redet er
noch“ (Heb. 11, 4).
Ich denke, das Zermalmen der Ferse deutet
auf die Leiden der Heiligen um des Zeugnisses willen hin, und zwar in ganz
besonderer Weise auf die Leiden Christi; alles, was die Macht des Bösen tun
konnte, richtete sich wider Ihn.
Die Art, in der Gott Sich an Eva wendet,
ist sehr lehrreich, denn sie lässt den Weg erkennen, auf dem jede göttliche
Segnung zu den Menschen kommen sollte. Was ihr gesagt wurde, scheint auf die
persönlichen Übungen hinzuweisen, die die Menschheit als Gegenstand des
Erbarmens kennzeichnen sollten. Segnung kommt durch tiefe Herzensübung. Hier
werden drei große Grundgedanken erwähnt, die Segnung zur Folge haben.
Der erste ist Mühsal der Seele. An
einem Schauplatze, wo die Sünde ist, kann nichts für Gott hervorgebracht werden,
außer durch Leiden und Mühsal, d.h. durch tiefe Seelenübung. Gottes Volk ist
immer ein leidendes und geprüftes Volk gewesen, und auch nicht das Geringste von
Christo ist getrennt von Mühsal der Seele hervorgebracht worden.
Dann heißt es: „nach deinem Manne wird
dein Verlangen sein“ (V. 16). Dies ist ein weiterer, großer Grundgedanke der
Segnung: Gott wendet das Verlangen jeder geübten Seele Christo zu. Gerade in
diesem Kapitel sehen wir, wie Gott beginnt, das Verlangen auf Christum zu
richten - Er ist Gottes Antwort auf jede Übung.
Das ganze Werk Gottes im Menschen soll dazu
dienen, sein Verlangen auf Christum zu richten. Wir sehen das in der ganzen
Heiligen Schrift, und jeder einzelne von uns hat es erfahren, dass Gott
Verlangen nach Christo weckte, und dass jede Segnung auf diesem Wege kam.
Wir mussten unseren inneren Zustand fühlen und die Enttäuschung und den
Zusammenbruch von allem hienieden kennenlernen; aber es diente unter der guten
Hand Gottes dazu, Verlangen nach Christo zu wecken.
Nichts könnte anziehender sein, als zu
sehen, wie Gott wirkt, dass Christus der Gegenstand des Verlangens wird. Trotz
allem wird Er „das Ersehnte aller Nationen“ sein (Hag. 2, 7). Ehe Er
kommt, wird Gott dergestalt wirken, dass die Nationen Ihn herbeisehnen, und dann
wird die tausendjährige Segnung kommen.
Inzwischen macht Gott Ihn, in der Erwartung
des Augenblicks, wo der Geist und die Braut „Komm!“ sagen, zum Ersehnten unserer
Herzen. Wir machen uns oft so sehr selbst zum Mittelpunkt, sogar was unsere
geistliche Segnung anbelangt, und deshalb machen wir vielleicht so langsame
Fortschritte. Es ist etwas Ungeheures, wenn das Verlangen unserer Herzen nach
Christo geht. Wenn das der Fall ist, sind wir, was das Werk Gottes in unserer
Seele anlangt, auf die rechte Bahn gekommen.
Es ist sehr lehrreich, in den Evangelien zu
sehen, wie Christus der Gegenstand des Verlangens wird. Denken wir an Zacharias,
Elisabeth, Maria, die Hirten, die Weisen aus dem Morgenlande - das waren alles
solche, die gleich am Anfang erwähnt werden: Er wurde der Gegenstand des
Verlangens von ihnen allen und von vielen anderen nach ihnen.
Wie völlig werden doch in den Evangelien
die drei erwähnten Grundgedanken, nämlich Mühsal der Seele, Verlangen nach
Christo und Seine Herrschaft, erläutert. Jeder, der zu Jesu kam, könnte da seine
eigene Geschichte der Gnade erzählen. Jeder ist durch Mühsal der Seele gegangen,
und sein Verlangen wandte sich Christo zu, und er kam unter Seine Herrschaft.
Gott gebrauchte das Leid der Menschen, sie dahin zu üben, dass Christus der
Gegenstand ihres Verlangens wurde. Und wenn das der Fall war, so waren sie Ihm
willkommen. Und so ist es auch bei uns: keiner von uns kommt, was das Werk in
seiner Seele anlangt, in die eigentliche Bahn des Werkes Gottes, bis sein
Verlangen auf Christum gerichtet ist. Dann ist wirklich Gewinn vorhanden und
auch Fortschritt, und die Folge ist, unsere Zuneigungen werden von Ihm
beherrscht. Denn es handelt sich um die Herrschaft Dessen, der der Gegenstand
unseres Verlangens ist. Dadurch, dass wir unter Seine Herrschaft kommen,
entfliehen wir der Gesetzlosigkeit und kommen in den Kreis des Segenswillens
Gottes. Und wenn unsere Zuneigungen von Ihm beherrscht werden, wenn der
Gegenstand des Verlangens herrscht, dann kommen wir zu der Wahrheit, dass Er das
Haupt ist.
Bloße Verstandestätigkeit und Studium sind
fruchtlos. Wenn etwas für Gott hervorgebracht werden soll, so muss das durch
Herzensübung geschehen. Jede Faser wahrer Übung wendet dann das Verlangen des
Herzens Christo zu, und die Folge ist, dass Er unser Herr und unser Haupt wird -
das ist der Lauf des Werkes in der Seele des Einzelnen.
Die Jünger gingen durch die schwerste
Mühsal ihrer Seelen, als sie ihren Messias verloren, Joh. 16, 20 redet davon;
doch der Herr sagt: „ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich
freuen“ (V. 22). Am Auferstehungstage lenkte Er dann aller Verlangen auf
Sich Selbst, das der Maria, des Petrus, der zwei, die nach Emmaus gingen, und
anderer. Als das geschehen war, war es sehr leicht, ihnen durch Maria die
Botschaft zu senden: „Ich fahre auf zu meinem Vater und eure Vater, und zu
meinem Gott und eurem Gott.“ (Joh. 20, 17)
Das brachte sie zusammen; und als sie
versammelt waren, kam Er in ihre Mitte und nahm Seinen Platz als Haupt ein. Dem
Grundsatze nach haben wir das alles hier.
Das Weib stellt im Bilde die Seite des
Innerlichen, d.h. das Werk Gottes in der Seele dar; der Mann mehr die Seite der
Verantwortlichkeit. Was Gott Eva sagte, zeigt uns in geistlicher Hinsicht den
Weg, auf dem Er bei den Gegenständen Seines Erbarmens wirken wollte. Das gibt
uns die Art Seines inwendigen Werkes im Geiste Seiner Auserwählten. In
dem aber, was Er zu Adam sagt, sehen wir den äußeren Lauf Seines Waltens
und Seiner Erziehung in dieser Welt.
Zu Adam redet Gott von Fluch und Tod -
alles Folgen Seines heiligen und gerechten Waltens. Diese Folgen sind nie
hinweggetan worden, obwohl die Verhältnisse in den Tagen Noahs etwas erleichtert
wurden. Im Allgemeinen haben wir das, was wir hier finden, noch heute. Der
Erdboden bringt Dornen und Disteln hervor, und der Mensch kehrt nach einem Leben
der Mühsal zum Staube zurück. Das sind, dem Walten Gottes zufolge, die äußeren
Früchte dessen, dass die Sünde kam, und wir alle haben dieser Züchtigung ins
Auge zu schauen.
Beide Seiten gehen Hand in Hand; die
inneren geistlichen Übungen in Gottes Auserwählten, und das äußere Walten,
worunter wir alle kommen.
Satan sucht dem Menschen einzureden, dass
er sich in einer glücklichen Welt befindet. Doch all die Vergnügungen dieser
Welt - Theater, Konzerte, Bälle usw. - sind nur der Schaum des Kelches der
Enttäuschung. Besuche irgendwelche Vergnügungsstätte, und du wirst dort nicht
ein einziges wirklich glückliches Herz finden: allenthalben sind die Dornen und
Disteln, und jeder kehrt zum Staube zurück.
Der Mensch brachte das Kennzeichen der
Verfluchung der Erde, nämlich die Dornen, auf Christum. Es war ein treffendes
Bild davon, dass der Herr zum Fluche gemacht wurde. Der Fluch kam auf Ihn, und
dadurch, dass Er den Fluch getragen, wird schließlich jede Spur des Fluches
hinweggetan werden.
In der Zwischenzeit lässt Gott die Folgen
Seiner Zucht, die er der Sünde wegen übt, dem Menschen zum Segen ausschlagen.
Unter Gottes Walten dienen die äußeren Umstände hienieden dem Menschen zum
Guten: welch ein Segen ist es zum Beispiel, dass die Menschen zu arbeiten haben;
das ist ein heilsamer Hemmschuh gegen die Gesetzlosigkeit des Menschen.
Weiter lässt Gott Seinen Heiligen alles das
zum Segen dienen, was ihrem Geiste zu schaffen macht, also alles das, was den
Dornen und Disteln entspricht.
Die inneren Übungen werden nach meinem
Dafürhalten im Bilde in dem dargestellt, was Gott der Eva sagte. Sein äußeres
Walten und Seine Zucht in dem, was Er Adam sagte. Wir alle haben die Folgen
davon, dass die Sünde gekommen ist, zu tragen. Wir alle haben uns der Zucht der
Regierungswege Gottes zu beugen. Die Zucht geht mit dem Werke Gottes Hand in
Hand, und so hilft eines dem anderen.
Es ist schön, zu sehen, wie Adam sich über
alles das erhob, was ihm gesagt wurde. Er erhob sich in den Bereich dessen, was
Gott der Schlange und dem Weibe gesagt hatte, und nennt alsbald sein Weib Eva,
d.h. „Leben“, weil sie die Mutter aller Lebendigen war.
Mir scheint, Adams Glaube sah, dass ein
Lebensgeschlecht aus Eva hervorkommen sollte - ein Geschlecht für Gott. Ich
glaube nicht, dass Adam sie bloß Eva nannte, weil sie die Mutter so vieler
menschlicher Wesen sein sollte: sie sollte Mutter aller Lebendigen sein.
Jeder von uns, der vor Gott lebt,
kann sagen, dass Eva seine Mutter ist, d.h. wir sind aus unumschränkter Gnade
geboren. Ich denke, Eva stellt die Menschheit als Gegenstand der göttlichen
Gnade dar. In Kapitel 4 haben wir die Nachkommen Seths; Gott sichert Sich
ein Geschlecht, ein Geschlecht, das den Namen des Herrn anruft (Kap. 4, 26) -
sie sind die Lebendigen.
Adam wird in Hebräer 11 nicht erwähnt, und
wir würden von seinem Glauben nichts gewusst haben, wenn er sein Weib nicht Eva
genannt hätte. Dieser Umstand wird uns als ein Zeugnis von seinem Glauben
mitgeteilt. Er erkannte Eva dem Platze gemäß an, den sie als Gegenstand des
Erbarmens hatte. In seinen Augen war sie die Mutter aller Lebendigen. Er
vermochte sich über das Urteil, das ihn getroffen hatte, zu erheben - obwohl er
sich zweifellos darunter beugte -, und erfasste den göttlichen Gedanken, dass
Leben kommen sollte. Es kam auf dem Grunde dessen, was Gott zum Weibe und
zur Schlange sagte, und Adam erfasste das.
Nachdem Glaube vorhanden war, kleidete Gott
sie. Er nahm Sich ihres Zustandes der Nacktheit an, und zwar durch den Tod:
Er kleidete sie mit Röcken von Fellen. Wir sehen darin ein Bild der
göttlichen Gerechtigkeit, die sich auf die Erlösung gründet. Also gekleidet,
konnten sie freimütig ihr Haupt erheben.
Das geht nicht so weit wie die Versöhnung:
die Versöhnung ist zum Wohlgefallen Gottes, aber die Röcke von Fellen sollten
ihnen das Bewusstsein ihrer Nacktheit nehmen; Gott nahm es ihnen dadurch, dass
Er sie mit dem kleidete, was das Bild einer von Ihm ausersehenen Gerechtigkeit
war. Sie konnten nun vor Ihm in dem Bewusstsein stehen, eine Gerechtigkeit zu
besitzen, die vor Ihm bestehen konnte, weil Er sie Selbst ausersehen hatte.
Zur Schlange wurde gesagt: „Auf deinem
Bauche sollst du kriechen und Staub fressen“ (V. 14). Darin kommt die
Erniedrigung zum Ausdruck, die der Schlange zu Recht gebührte. das steht im
schlagenden Gegensatz zu der samenbringenden Baumfrucht, die der übrigen
Schöpfung zur Speise gegeben war. Gott drückte damit der Schlange ein besonderes
Merkmal der Erniedrigung auf, und so wird Satan der Elendste aller Geschöpfe
sein. Das deutet auf die Tiefe seines Falles hin. Er war der Schönste aller
Geschöpfe Gottes, „voll von Weisheit und vollkommen an Schönheit“ (Hes.
28, 12); es war nichts Unrechtes an ihm, bis sein Herz sich voll Stolz ob seiner
Schönheit erhob, und er fiel. Gott hat die Erniedrigung eines solchen Geschöpfes
offensichtlich gekennzeichnet; von höchsten Platze ist er auf den tiefsten
herabgesunken.
In 2. Kor. 11 werden wir gewarnt, dass
unser Sinn nicht „verderbt und abgewandt werde von der Einfalt gegenüber
Christus“ (V. 3), und dass Satan „die Gestalt eines Engels des Lichts“
annehmen kann (V. 14). Wenn wir bewahrt sein wollen, müssen wir gegen seinen
verführerischen Einfluss auf der Hut sein; in unseren Augen sollte er kein Engel
des Lichts sein.
Es ist auffallend, dass es nur zwei Formen
des Götzendienstes in der Welt gibt, nämlich Sonnenanbetung und
Schlangenanbetung. Schlangenanbetung gibt es unter allen Völkern des Heidentums;
Satan hat sich unter der Gestalt einer Schlange dem Menschen zum Gegenstand der
Verehrung gemacht.
Es ist ein Trost, zu sehen, dass sein Haupt
zermalmt werden wird; all seine Pläne werden zuschanden werden.
Was den Lauf der Natur anlangt, müssen wir
lernen, dass alles Nichtigkeit ist. Eva hatte ihren Erstgeborenen Kain, d.h.
„Erwerbung“ genannt und gesagt: „Ich habe einen Mann erworben mit Jehova“
(V. 1). Zweifellos dachte sie, dass Kain der verheißene Same war, der der
Schlange den Kopf zermalmen sollte, aber sie hatte zu lernen, dass dem Laufe der
Natur nach alles verdorben war.
Wir alle haben dasselbe zu lernen: „Was
aus dem Fleische geboren ist, ist Fleisch“ (Joh. 3, 6). Wenn unter den
Kindern der Menschen ein „Mann mit Jehova“ sein sollte, so musste er die Frucht
des göttlichen Geschlechts sein, die der geistlichen Geburt, die eine geistliche
Übung zur Folge hat. Die Notwendigkeit der neuen Geburt war in 1. Mose 4 ebenso
groß wie in Johannes 3, obschon die nackte Wahrheit hierüber erst nach
viertausend Jahren kundgetan wurde.
Wenn wir dem natürlichen Menschen
irgendwelche Bedeutung beimessen, sei es in uns oder in anderen, so werden wir
bitter enttäuscht werden. Gott bläst dann immer darein.
Ich denke, wir können daraus, dass Eva
ihren zweiten Sohn Abel, d.h. „Nichtigkeit“ nannte, schließen, dass sie diese
Wahrheit gelernt hatte - sie hatte die Eitelkeit aller ihrer Hoffnungen, die sie
auf Kain setzte, erkannt. Es dauerte nicht lange, sie zu überzeugen, dass er
nicht der Christus war; er war nichts als ein unartiger kleiner Junge - nichts
von Gott war in ihm!
In Abel sehen wir einen, der göttlich geübt
war; Kain war das nicht, in ihm war keine Gerechtigkeit, keine Anerkennung
seines eigenen Zustandes oder dessen, was Gott gebührte. Er brachte ein Opfer
von der Frucht des Erdbodens, der Erdboden war verflucht - das an sich war eine
ernste Sache -, aber das kam ihm nicht in den Sinn. Er war mit sich selbst und
seinen eigenen Werken zufrieden und dachte, Gott müsste das auch sein! Er
sündigte zuerst gegen Gott in der Weise, wie er sich Ihm nahte, und in seinem
Zorn darüber, dass Gott sein Opfer nicht annahm, sündigte er dann auch noch
gegen den Menschen, indem er seinen Bruder tötete, dessen Opfer Gott angenommen
hatte.
Abel andererseits hatte durch tiefe
Herzensübungen die Wahrheit über seine Stellung und seinen Zustand gelernt. Er
sah, dass er sich außerhalb des Paradieses befand und ein verlorenen Sünder war,
der unter dem Urteil des Todes stand. Doch er brachte von den Erstlingen der
Herde und ihrem Fett - er hielt die Gerechtigkeit aufrecht, das, was Gott
gebührte. Er erkannte, dass der Tod auf ihm war und nahm seinen Platz vor Jehova
ein auf dem Boden des Todes eines Solchen, der nicht gesündigt hatte. Aber er
brachte auch das Fett. Sein Glaube erfasste eine persönliche Vortrefflichkeit
außerhalb seiner selbst, auf Grund deren er vor Gott sein konnte.
Wie kostbar war Gott dieses erste lichte
Unterscheiden und Tun des Glaubens! Es zog die Aufmerksamkeit Gottes auf sich,
denn es heißt: „Und Jehova blickte auf Abel und auf seine Opfergabe.“
Gott gibt dem Glauben immer Licht zu
handeln. Er nahm Sich der tiefen Übung an, die der Fall den Menschen brachte. Er
nahm ihnen das schreckliche Bewusstsein der Nacktheit dadurch, dass Er ihnen
Röcke von Fellen machte. Der Tod war gekommen, Tiere mussten getötet werden, und
so lehrte Gott Adam und Eva, dass sie durch den Tod eines Anderen gekleidet sein
mussten.
Abel nun sagte gleichsam: Wenn das der Weg
ist, auf dem Gott Sich uns in Gnade genaht hat, so müssen wir Ihm ebenso nahen.
In den Röcken von Fell sehen wir, wie Gott
dem Menschen nahte; doch in Abel sehen wir das Umgekehrte, nämlich dass der
Mensch Gott naht.
Der Herr nannte ihn den gerechten Abel
(Mat. 23, 35) und sagte, dass „er Zeugnis erlangte, dass er gerecht war,
indem Gott Zeugnis gab zu seinen Gaben“. Es war etwas sehr Vortreffliches in
seinem Opfer und in dem Glauben, der es darbrachte. Zweifellos ging er, um dahin
zu gelangen, durch viel Mühsal der Seele, doch sein Glaube sah auf Christum, und
er nahte Gott in der Vortrefflichkeit Christi.
Obgleich allem Anschein nach sein Zeugnis
bald abgebrochen wurde, so war das doch nicht der Fall, denn er hat nun nahezu
sechstausend Jahre geredet! Seine Stimme ist in all den folgenden Zeitaltern
vernommen worden: „obgleich er gestorben ist, redet er noch“ (Heb. 11,
4).
Das ist Gottes Antwort an den Feind. Satan
hatte gesagt, ich will diese Stimme zum Schweigen bringen, aber er wurde
zuschanden. Gott hatte Abels Stimme alle Zeitalter hindurch reden lassen, und er
redet noch immer so klar und deutlich zu uns, wie je zuvor. Und Gott wird
schließlich alle Anschläge Satans zunichte machen. Wie groß auch der Triumph des
Bösen nach außen hin scheinen mag, Satans Anschläge werden alle zuschanden
werden.
Es ist gesegnet, in so früher Zeit einen
Gerechten zu sehen. Abel ist ein sehr beachtenswerter Mann, denn er ist der
erste in der Linie der Zeugen, die in der Ehrenliste von Hebräer 11 erwähnt
wird. Er war nicht nur ein sehr kostbares Bild von Christo, sondern er war auch
ein gerechter Mann, da er den Geist Christi hatte.
Das Licht, die Sonne, der Baum des Lebens,
Adam, die zur Anfertigung der Röcke aus Fellen getöteten Tiere - waren alle
Bilder auf Christum; aber in Abel haben wir noch mehr: er war ein Mann, in dem
der Geist des Gerechten war. Er war auch ein Hirte. Er widmete sich der Sorge
für die Schafe wie Moses und David, und das war ein schöner Wesenszug Christi.
Jehova Selbst ist der Hirte Israels (1. Mose 49, 24; Ps. 80, 1).
Wie lieblich, daran zu denken, dass er das
Fett darbrachte! Das Fett war es, was Gott
nachmals ganz für Sich beanspruchte (3. Mose 3, 16). Es ist zu beachten, dass
nichts über das Blut gesagt wird, nur das Fett wird erwähnt.
In Verbindung mit den Opfern wird in 1.
Mose das Blut nicht erwähnt, wenn auch das Verbot, es zu essen in 1. Mose 9, 4
es gleichsam Gott im Blick auf die Sühnung vorbehält. Die Opfer, die Gott in 1.
Mose tatsächlich dargebracht werden, sind alle Brandopfer. Ebenso auch im Buche
Hiob, dessen Geschichte in die Zeit des ersten Buches Mose fällt.
Gott schien bei dem Glauben zuerst die
inhaltsreichen Gedanken zu geben, nämlich den an die persönliche
Vortrefflichkeit und Wohlannehmlichkeit Christi. Das Blut ist nötig, die Sünde
zuzudecken (Ps. 32, 1), aber Gott in der Vortrefflichkeit Christi wohlannehmlich
zu sein, geht weit darüber hinaus. Im Fett haben wir das, was vortrefflich ist.
Welch eine Freude muss es für Gott gewesen
sein, dass sich Abels Antlitz mit Vertrauen zu Ihm erhob, weil er ein
Bewusstsein der persönlichen Vortrefflichkeit und Holdseligkeit Christi hatte
und davon, dass er aus diesem Grunde vor Gott sein konnte.
Kain war sehr zornig. Er ist ein
treffliches Bild des Juden, des religiösen Menschen nach dem Fleische. Dass Gott
jenen holdseligen Menschen vom Himmel als Seinen geliebten Sohn begrüßte und
durch Tausende von Wundern bezeugte, wer Er war, und den Glauben des gottseligen
Überrestes auf Ihn lenkte - das alles war Galle und Wermut für die Priester,
Schriftgelehrten und Pharisäer.
Das Erstgeburtsrecht gehörte ihnen, was
auch der Schlusssatz von 1. Mose 4, 7 besagt; Kain hätte den Vorrang gehabt,
wenn er wohl getan hätte, aber wie Esau verlor er sein Erstgeburtsrecht. Das
ganze Erbe der Verheißungen war für die Juden in Christo da; aber sie verloren
ihre Erstgeburt um eines Linsengerichtes willen. Sie zogen ihre eigene
Gerechtigkeit, ihre eigene Frömmigkeit, Stellung und Ansehen Christo vor. Und
jedes Mal, wenn Er ihren Gewissen nahebrachte, dass Er Gottes Gesalbter und Der
war, den Er erwählt hatte, vertiefte sich ihr Hass, bis er in der finsteren Tat
auf Golgatha seinen Höhepunkt erreichte.
Kain war mit seinen eigenen Werken
zufrieden. Es gibt heute noch Myriaden dieses Geschlechts in der Welt. Er
brachte sein Bestes, aber nicht das, was Gott annehmen konnte.
Es ist rührend zu sehen, wie Gott mit Kain
rechtet. Das erinnert an die Art, wie Er mit den Juden rechtete. Er sagte ihnen
gleichsam: Ihr wollt nicht, dass ich so gut sei wie ihr; wenn euer Ochse oder
Esel am Sabbattage in die Grube fällt, zieht ihr ihn alsbald heraus. Und ihr
wollt nicht, dass ich einige meiner elenden Geschöpfe am Sabbattage heile! Er
sagt zu Kain: Warum bist du zornig? Wenn es recht mit dir stände, könntest du
dein Antlitz mit Vertrauen erheben wie Abel. Wenn du wohl tust, würdest du da
nicht angenehm sein? Und wenn du nicht wohl tust, gibt es ein Heilmitteln, ein
Sündopfer lagert vor der Tür (ist zur Hand).
Gott sagt gleichsam zu Kain: Du hättest die
Führerschaft haben sollen, der sein sollen, der Abel erleuchtete, du hättest so
im Lichte des Verheißenen stehen sollen, dass Abels Verlangen nach dir gewesen
wäre, Hilfe über Christum zu bekommen, und du würdest dadurch über ihn
geherrscht haben, dass du ihn zur Segnung geleitet hättest.
Kain hatte das Erstgeburtsrecht,
d.h. das erste Anrecht auf den Segen, der in Kapitel 3 verheißen war. Auf dem
Grunde des Erbarmens hätte er daran teilhaben können, aber er verachtete das.
Und so ist es bei dem Juden; er hatte das Erstgeburtsrecht, d.h. den ersten
Anspruch auf Christum. Er hätte der sein sollen, der Christum annahm und Ihn
dann anderen kundtat.
Gott hatte durch die Propheten gesegnete
Verheißungen gegeben, und dann wurde ihnen das alles persönlich in Christo
angeboten. Er war die Bestätigung und Erfüllung all dieser Verheißungen, und
nach dem Erstgeburtsrecht hätten die Juden Ihn zuerst aufnehmen sollen. Aber sie
verkauften dieses Vorrecht um eines Linsengerichts willen.
Es ist erstaulich, welch erbitterte
Feindschaft in dem religiösen Menschen ist - die des gottlosen Weltmenschen geht
nicht so weit. An religiöses Ansehen klammert sich der Mensch weit mehr als an
alles andere. Und der religiöse Mensch würde weit eher Christum töten, als sein
Ansehen fahren zu lassen, und auf dem Grunde des Erbarmens die Segnung Gottes zu
empfangen.
In der Heiligen Schrift sehen wir, wie der
Erstgeborene fortwährend sein Erstgeburtsrecht verlor; Esau, Ruben und Manasse,
sie alle verloren es. Der Jude hatte es, verlor es aber. Er hat Den umgebracht,
in dem alle Verheißungen ihren Mittelpunkt hatten. So könnte Gott den Juden ganz
gut fragen: Wo ist Christus? Was habt ihr mit Ihm getan?
Infolgedessen, was sie Ihm angetan, sind
sie ausgetrieben, Flüchtlinge und Unstete auf Erden bis zum heutigen Tage. „Der
Zorn ist völlig über sie gekommen“ (1. Thess. 2, 16). Aber Gott will sie
nicht umbringen. Der Jude wird der Vorsehung Gottes gemäß bewahrt, und an dem,
der ihn tötet, wird er gerächt. An denen, die die Juden übel behandeln, wird
immer siebenfältige Rache genommen.
Welch ein Gemälde entrollt sich uns da von
alledem, was sich lange Jahrhunderte hindurch zugetragen hat! Russland zahlt
heute vielleicht die Strafe für seien Grausamkeit gegen die Juden.
Einstmals forderte ein Herrscher in nur
zwei Worten den Beweis für die Wahrheit der Heiligen Schrift, und die Antwort
lautete: „Die Juden.“ Nachdem die Juden den Gerechten getötet hatten, wurden sie
ausgetrieben, aber dennoch der Vorsehung Gottes gemäß bewahrt. Sie leben noch,
Geschlecht auf Geschlecht, aber als Heimatlose. Sie haben kein Land, keinen
eigentlichen Wohnsitz [Anm.: der Text ist aus den
Jahren 1919/1920]; sie sind immer verfolgt worden, und
doch bewahrt sie Gott und nimmt Rache an ihren Feinden. Sie stehen unter Gottes
Fluch. Das ist eine ernste Sache, „der Zorn ist völlig über sie gekommen“
(1. Thess. 2, 16), und sie haben den Kelch ihrer Bosheit dadurch bis zum Rande
voll gemacht, dass sie nicht nur die Segnung selbst von sich wiesen, sondern
auch nicht zulassen wollten, dass sie den Nationen zuteil wurde.
Es ist etwas Wunderbares, wenn ein Jude
bekehrt wird. Es ist ein wunderbares Zeugnis von der Unumschränktheit des
Erbarmens Gottes.
Am Ende des Kapitels zeigt Gott, wie Er das
Geschlecht der Juden dahin bringt, ihre Bosheit, Christum erschlagen zu haben,
anzuerkennen. In Lamech sehen wir ein Bild von dem, wohin Er die Juden in den
Letzten Tagen bringen wird. Lamech sagt: „Einen Mann habe ich erschlagen zu
meiner Verwundung“ [ebenfalls mögliche Lesart]. Sie werden ihre Schuld an
der Tötung Christi anerkennen und zugeben, dass es zu ihrem eigenen Schaden und
Verderben gewesen ist.
In den Letzten Tagen, zur Zeit der großen
Drangsal, werden die Juden durch Leiden zu gehen haben, wie nie zuvor. Gott wird
ihnen das Doppelte für all ihre Sünden geben (Jer. 16, 18; 17, 18). Er wird jede
Rechtsfrage mit ihnen erledigen: die Rechtssache ihres Bruches des Gesetzes,
ihres Götzendienstes, ihrer Verfolgung der Propheten und vor allem ihrer
Verwerfung und Ermordung Christi.
Und dennoch werden die, die sie dann
verfolgen, siebenundsiebzigfältige Rache erleiden. Am Ende werden sie einander
bekennen, dass sie Christum getötet haben, und dass alle ihre Leiden und ihr
Elend auf diese Ursache zurückzuführen sind. Ihre Sünden werden ihnen vor Augen
stehen, und wie Josephs Brüder werden sie sie bekennen und darüber trauern. Wenn
sie anerkennen, dass sie Christum getötet haben, und zwar zu ihrem eigenen
Schaden, werden sie gesegnet werden. Gott wird in ihnen wirken, dieses zustande
zu bringen, und der ältere Bruder wird so nach diesem allen hereinkommen! Der
Vater wird herauskommen und ihn einladen, hereinzukommen!
Was wir hier haben, ist ein Schimmer
prophetischen Lichtes über das, was in den Letzten Tagen geschehen wird.
In Kains Familie finden wir alle die
Grundbestandteile der Welt. Er baut eine Stadt, die Menschen nehmen an Reichtum
zu, erfinden Werkzeuge der Tonkunst und andere Werkzeuge, und wurden Künstler in
Erz und Eisen. Künste, Wissenschaften und Fabrikation schreiten immer weiter
fort, aber ohne Gott.
In Seth kehren wir zur Linie
des göttlichen Samens zurück. Eva scheint den Glauben besessen zu haben, dass in
einem anderen die Linie des Glaubens fortgeführt werden musste, der ein
Nachfolger Abels war. Sie muss darüber Herzensübungen gehabt haben, dass es so
sein musste.
Wenn ein Geschlecht der Heiligen diesen
Schauplatz verlässt, so wird es eine Übung, dass die Linie des Glaubens
fortgesetzt werde; und das bleibt bis zu einem gewissen Grade wahr, wann immer
ein Heiliger vom Platze des Zeugnisses hinweggenommen wird.
Es würde eine ernste Sache sein, wenn der
Glaube von der Erde verschwände, und so sah es aus, als Abel abgeschnitten
wurde. Aber dann sehen wir Seth als „gesetzt“, die Linie des Glaubens
fortzusetzen. Er gehört dem Geschlecht des Samens des Weibes an, und so ist es
immer in den Wegen Gottes: Gott hat Acht darauf, dass der Glaube erhalten wird.
„Doch wird wohl der Sohn des Menschen,
wenn er kommt, den Glauben finden auf der Erde?“
(Luk. 18, 8). Natürlich wird Er das, aber nur durch die Treue Gottes. Alles, was
gut ist, haben wir in dieser Linie.
Was Seths Glauben kennzeichnete, war, dass
er den wahren Zustand der Welt anerkannte. Den Gegensatz zwischen Seth und Kain
zu sehen, ist sehr lehrreich.
Kain gab seinem Sohne einen ganz guten
Namen, Hanoch bedeutet „Unterweisung“. Es ist ein schöner Name, aber all seine
Unterweisung erfolgte in den Dingen der Welt, und nicht in der Schule Gottes.
Seth hingegen nennt seinen Sohn „Enos“, was
„schwacher, sterblicher Mensch“ bedeutet, d.h. er erkannte die Wahrheit seiner
Stellung an. „Damals fing man an, den Namen Jehovas anzurufen“ (V. 26).
Wenn die Menschen anerkennen, dass sie
schwach und sterblich sind, müssen sie sich zu einem Mächtigen wenden. Die
Errettung ist mit dem Anrufen des Namens Jehovas verbunden (Joel 2, 32; Röm. 10,
13). Das bedeutet, dass man kein Vertrauen zu sich selbst hat. Man erkennt an,
dass man schwach und sterblich ist, und wendet sich zu Gott. In 2. Tim. 2, 22
werden wir ermahnt, nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen zu
streben, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen.
Der Name des Herrn stellt alles dar, was Er
ist, und der Glaube hat ein Recht, sich das alles, weil wir schwache, sterbliche
Menschen sind, zu eigen zu machen.
„Woher wird meine Hilfe kommen? Meine
Hilfe kommt von Jehova“ (Ps. 121, 1 u. 2). Sie kommt
nicht von innen heraus oder von dem, was um mich her ist.
In Römer 7 lernt ein Mensch seine
erbärmliche Schwachheit kennen und sagt: „ich weiß, dass in mir, das ist in
meinem Fleische, nichts Gutes wohnt“ (V. 18). Er hat ganz und gar keine
Kraft, und das bringt ihn dahin, auszurufen: „Ich elender Mensch! Wer wird
mit erretten von diesem Leibe des Todes?“ (V. 24).
Er schaut nach Hilfe von außen her aus,
ruft dem Grundsatze nach den Namen des Herrn an, und die Befreiung kommt, so
dass er sagen kann: „Ich danke Gott durch Jesum Christum, unsern Herrn!“
In diesem Kapitel haben wir die Linie, in
der das göttliche Licht und Zeugnis zu finden sind; Kains Nachkommen werden hier
überhaupt nicht beachtet.
Keiner der hier genannten Männer starb,
bevor er nicht seinen Teil in der Linie des göttlichen Zeugnisses ausgefüllt
hatte. Im vorhergehenden Kapitel sehen wir Abel als ein Vorbild von Christo und
als ein Gefäß des Geistes Christi, ein Bild von Christo, dem Gerechten, der das,
was Gott gebührte, aufrechthielt, dadurch aber die Feindschaft des Menschen auf
Sich zog, die sogar Seinen Tod herbeiführte.
Von Anbeginn war das Streben des Feindes
darauf gerichtet, die göttliche Linie abzuschneiden, doch am Ende von Kapitel 4
sehen wir, wie diese Linie fortgesetzt wurde. Gott wollte sie nicht
abgeschnitten haben, es kam ein Same statt Abels, den Kain erschlug. „Seth“
bedeutet „gesetzt“ [an Abels Stelle] oder „Ersatz“.
Als Christus erschlagen war, mochte es
scheinen, als ob jede Hoffnung abgeschnitten wäre. Doch Gott setzte Ihn in der
Auferstehung zum Herrn und Christus.
Man könnte gleichsam sagen, dass Abels Tage
in Seth verlängert wurden, und so hat auch Christus Seine Tage in der
Auferstehung verlängert, und Er hat auch obendrein einen Samen empfangen, der in
sittlicher Hinsicht auf Erden eine Fortsetzung von Ihm ist. In Jes. 53, 8-10
lesen wir: „wer wird sein Geschlecht aussprechen? denn er wurde abgeschnitten
aus dem Lande der Lebendigen ... er wird seine Tage verlängern“.
Gott wollte darauf achten, dass Der, der
abgeschnitten ward, einen Samen habe, der Sein Zeugnis hienieden fortsetze.
Christus hat Seine Tage nicht nur als Auferstandener vor Gott verlängert,
sondern Er hat sie in einem Samen auf Erden verlängert: „Ein Same wird ihm
dienen; er wird dem Herrn als Geschlecht zugerechnet werden“ (Ps. 22, 30).
Jehova gab Ihm einen Samen, und alle Heiligen sind ein Teil dieses „gesetzten“
Samens. Das Geschlecht, das Gott Christo als Samen gegeben hat, sollte Seinen
Namen im Zeugnis an dem Platze fortsetzen, wo Er erschlagen wurde.
Die Tatsache, die in Vers 3 erwähnt wird,
dass Seth im Bilde Adams war, deutet darauf hin, dass was von Seiten der Natur
kam, der Linie des gefallen Menschen angehörte. Und das zeigt, dass es nur
aufgrund der Wirksamkeit der Auswahl des Erbarmens und der Liebe Gottes geschah,
dass überhaupt ein Same da war, in dem Sein Zeugnis fortgesetzt werden konnte.
Die Tatsache anzuführen, dass Adam nur einen Sohn in seinem Gleichnis und nach
seinem Bilde zeugen konnte, hieß, alles auf Gott werfen.
Hätte Gott nicht in Seiner Unumschränktheit
gehandelt, so hätte kein Same für Ihn da sein können. Es wird hier also die
Tatsache betont, dass Gott Seiner Liebe und Seinem gefassten Vorsatze gemäß
handelt. Dies anzuerkennen ist ein Kennzeichen der Auserwählten Gottes.
Seth nennt seinen Sohn „Enos“, was
„sterblich, dem Tode unterworfen“ bedeutet. Er erkannte an, dass dem Fleische
nach alle unter den Tod gekommen waren. Damals fing man an, den Namen Jehovas
anzurufen. Man erkannte demnach den vollständigen Zusammenbruch des Menschen auf
Seiten der Natur an, aber indem man den Namen Gottes anrief, erwartete man, dass
alles Gute von Gott kommen musste.
Das Fesselnde an diesen Männern und nahezu
alles, was wir von ihren Übungen wissen, liegt in den Namen, die sie ihren
Söhnen gaben. Ich weiß nicht, ob wir sie alle ergründen können, aber die
Tatsache, dass dieses Kapitel die Linie des Zeugnisses in mehr als
fünfzehnhundert Jahren gibt, verleiht ihm eine nicht zu übersehende Bedeutung.
Ich denke, wir können darin im Bilde einen
Abriss des Zeugnisses Gottes von der Auferstehung Christi bis hin
zur Einführung der Ruhe Gottes sehen. Der Geist, der diese Männer leitete, ihren
Söhnen Namen zu geben, und der Moses erleuchtete, sie niederzuschreiben, konnte
den vollen Umfang alles dessen überschauen, was sich dann zutragen würde,
nachdem Christus erschlagen worden war, wie es uns im Tode Abels entgegentritt.
Das Kapitel endet mit einem Hinweis auf die
Beseitigung des Fluches und die Einführung der Ruhe auf der ganzen Schöpfung in
Verbindung mit Noah. Worauf dies im Bilde hindeutet, ist klar.
In Enos haben wir die
Anerkennung dessen, dass der Mensch im Fleische unter dem Tode ist. Es kann,
noch könnte daher ganz und gar keine Segnung von diesem Menschen abhängig
gemacht werden. Das Kreuz setzt ihn für immer beiseite - was von Gott und zur
Segnung des Menschen ist, kommt durch einen anderen Menschen, nämlich Christum.
Wenn wir dies klar sehen, sind wir für
Kenan bereit, dessen Name dasselbe besagt wie Kain, also
„Erwerbung“ bedeutet. Eva machte bei der Namengebung Kains einen Fehler. Sie
verband den Gedanken der Erwerbung mit einem verkehrten Menschen, genau so, wie
es heute noch in der ganzen Welt geschieht. Das, was mit dem Menschen im
Fleische verbunden werden kann - Geld, Vergnügen, Ruhm, wohltätige und religiöse
gute Werke -, alles, was erworben oder dem Menschen als solchem zugeschrieben
werden kann, ihm einen Platz oder Ansehen zu verleihen, oder was seinen Lüsten
oder seinem Stolze dient, ist eine Erwerbung oder Errungenschaft verkehrter Art.
Wenn wir aber sehen, dass der Tod auf den
Menschen nach dem Fleische ist, und dass alles wahrhaft Gute von Gott durch
Christum und in Christo kommen muss, so gelangen wir zur Linie der göttlichen
Errungenschaft. Die Seele wendet sich dann im Selbstgericht zu dem glückseligen
Gott, und sie beginnt wahre Reichtümer zu erwerben.
Paulus arbeitete in Korinth, damit sie die
Bedeutung des Kreuzes verstehen sollten, und damit Selbstgericht für den den
Geist Gottes Raum mache, um in den Seelen der Heiligen alles das aufzubauen, was
von Gott in Christo war. Dann haben wir eine göttliche Erwerbung, das Auferbauen
in der Erkenntnis Gottes, so dass Er der Ruhm und die Herrlichkeit der Seele
wird, „auf dass, wie geschrieben steht ‚Wer sich rühmt, der rühme sich des
Herrn‘“ (1. Kor. 1, 31).
Das tritt uns in dem nächsten Namen
Mahalalel entgegen, der bedeutet „Gott ist Pracht“. Bedenken wir, welch
einen Glauben ein Mann gehabt haben muss, der seinem Sohne einen solchen Namen
angesichts der Welt Kains gab! Gott war in seinen Augen herrlicher als all das
Anziehende von Kains Welt.
Jeder wahre Erwerb erfolgt in dieser
Richtung. Durch die Erkenntnis Gottes werden die Heiligen auferbaut und wachsen
(Kol. 1, 10), und in der Erkenntnis Gottes ist uns alles in Betreff des Lebens
und der Gottseligkeit geschenkt (2. Pet. 1, 3). Das Bewusstsein davon, dass Gott
Pracht ist, bringt Anbetung hervor. Die Seele rühmt sich in Gott. Gott ist dann
vor uns, nicht der Mensch. Wenn Gott mir zur Pracht geworden ist, werde ich ganz
gewiss preisen. Der Psalmist redet von „dem Gott, der meine Jubelfreude ist“
(Ps. 43, 4).
Die geistliche Förderung und Würde, die mit
dieser Segenserkenntnis Gottes verbunden ist, bereitet uns für den nächsten
Schritt vor, der uns in dem Namen Jered entgegentritt, dieser
bedeutet „Herniedersteigen“.
Ich erblicke darin die Niedrigkeit des
Pfades des Gehorsams hienieden, von dem wir das Vorbild und Muster im Pfade des
Herrn Jesu sehen. Philipper 2 bringt das in sehr gesegneter Weise vor uns, und
ich denke, auf eine Weise, die nie verfehlen wird, unsere Herzen zu rühren. Das
„Leben Jesu“ (2. Kor. 4, 10) ist das Leben sanftmütigen und demütigen Gehorsams,
das Er hienieden führte. Er war willig, im Gehorsam zum tiefsten Punkte
hinabzusteigen, damit Gott gekannt werde.
Er kam hernieder in all der Holdseligkeit
Gottes, um dieser Welt die Erkenntnis Gottes zu bringen. Die Kirche wird am Tage
der Zukunft in der Herrlichkeit Gottes herniederkommen, um sie hienieden völlig
zu entfalten. Die himmlische Stadt wird mit der heiligen Pracht Gottes erfüllt
sein und zu deren Entfaltung herniederkommen. Die große
Förderung und Würde, die die Erkenntnis Gottes mit sich bringt, bereitet uns in
Wahrheit zu, zum gesegneten Zeugnis der Gnade an diese Welt herniederzusteigen.
Der Geist und das Streben dieser Welt ist darauf gerichtet, viel aus sich selbst
zu machen, so hoch als möglich emporzusteigen. Aber Gottes Gedanke und die
Richtung, die der Geist Christi verfolgt, ist hinabzusteigen, um viel aus Gott
zu machen.
Diesen Namen liegt eine sittliche Ordnung
zugrunde, nach der wir den Pfad zu gehen haben, der in den Namen Seth, Enos,
Kenan, Mahalalel, Jered angedeutet ist. Wenn wir den vollständigen Zusammenbruch
des Menschen im Fleische erfahren haben, der unter dem Tode ist, machen wir eine
geistliche Erwerbung darin, dass wir alles Segensreiche und Herrliche in dem
Hervorstrahlen Gottes in Gnade und Liebe sehen, und darin, dass Er die
Durchführung aller Seiner Gedanken des Segens in Christo beschlossen hat, und
wenn wir durch den Geist dahin kommen, freuen wir uns in Gott. Das gibt uns den
Geist, der hinabsteigt.
Wer wirklich in der sittlichen Würde, die
die Erkenntnis Gottes mit sich bringt, steht, kann bis zu irgendwelcher Tiefe
hinabsteigen, um Gott kundzumachen. Das ist der Geist eines wahren Evangelisten.
Paulus sagte: „Ich bin allen alles geworden, auf dass ich auf alle Weise etliche
errette“ (1. Kor. 9, 22). Bedenken wir, dass ein so stolzer Mann wie Saulus von
Tarsus allen alles wurde! Er lernte hinabsteigen, um den Menschen die Erkenntnis
Gottes zu bringen.
In Henoch, dessen Name
„Unterweisung“ bedeutet, sehen wir dann einen, der unter der Erziehung Gottes
unterwiesen ist, mit Ihm zu wandeln und Seiner Seligkeit teilhaftig zu werden.
Er stellt also gleichsam die Krone und den Gipfelpunkt der Linie des himmlischen
Zeugnisses dar. Wir sehen in ihm das Leben eines himmlischen Menschen, einen,
der vollständig außerhalb des Laufes dieser Welt steht - einen, der im Umgang
mit Gott Sein Vertrauter wurde und wunderbare Mitteilungen göttlicher
Geheimnisse empfing.
Was für Wunderbares lernte er doch! Er sah
das wahre Wesen dieser Welt, die unter dem Gericht stand, und wusste, dass der
Herr kommen würde, Gericht auszuüben. Doch welch ein Trost, welche Freude muss
es seinem Herzen gewesen sein, zu wissen, dass dann heilige Myriaden mit dem
Herrn sein werden - Zehntausende Seiner Heiligen! Welch ein gesegnetes
Bewusstsein muss er davon gehabt haben, wieviel Gott haben würde!
Dann wurde er gelehrt, wie vollständig Gott
den Sieg über den Tod davontragen und den Tod beiseitesetzen würde. nicht aus
diesem Kapitel, sondern aus Hebräer 11 wissen wir, dass er den Glauben hatte,
dass Gott ihn entrücken würde! Gott gefiel es, in dieser wunderbaren Weise zu
handeln. Noch ehe zwei Menschen gestorben waren, gab Er einem
Menschen den Glauben, dass Er den Tod beiseitesetzen konnte.
Abel war getötet worden, doch soweit die
Schrift uns berichtet, war nur Adam gestorben, als Henoch entrückt wurde. Er
hatte den Glauben, entrückt zu werden, und so war er eines Tages nicht mehr (V.
24). Durch seinen Wandel mit Gott hatte er die Erkenntnis des gesegneten
Geheimnisses gewonnen, dass Gott imstande war, den Tod völlig beiseitezusetzen,
so dass er aus dieser Welt gehen konnte, ohne dass ihn der Tod antastete.
Der Lauf des himmlischen Menschen und der
Kirche im eigentlichen Sinne endet nicht im Tode. Wenn der Herr verzieht, mögen
Heilige von diesem Schauplatz gehen, indem sie abscheiden und bei Christo sind,
aber das eigentliche Abscheiden der himmlischen Schar ist die Entrückung. Sie
ist ein Hinweggehen vom Schauplatze des Todes, ohne dass sie auch nur eine Spur
seiner Macht berührt, ebenso wie die drei Söhne der Hebräer aus dem Feuerofen
Nebukadnezars kamen, ohne dass man einen Brandgeruch an ihnen wahrnehmen konnte.
Bedenken wir, dass Henoch Umgang mit Gott
pflegte! Wie oft pflegen wir wohl Umgang mit Gott? Er hat Freude an uns und
schätzt es, uns bei Sich zu haben. Von vielen unter uns kann wohl nur gesagt
werden, dass sie „lebten“ [wie wir es so oft in unserem Kapitel lesen]. Henoch
„lebte“ 65 Jahre, und dann wandelte er 300 Jahre mit Gott, und im Neuen
Testament wird dies dahin ausgelegt, dass er Gott wohlgefiel.
Ich denke, wir haben den Vers 6 in Hebräer
11 in besonderer Weise mit Henoch zu verbinden: „Ohne Glauben aber ist es
unmöglich, ihm wohlzugefallen. Denn wer Gott naht, muss glauben, dass er ist,
und denen, die ihn suchen, ein Belohner ist.“
Der Platz der Kirche, als von Gott belehrt
und dem Geiste nach in einem himmlischen Leben außerhalb der Macht des Todes,
wird treffend in Henoch dargestellt, denn er war ein himmlisch gesinnter Mensch
und völlig zum Wohlgefallen Gottes, so dass Gott ihn entrückte.
In Methusalah [Dieser Name
besagt: „Er stirbt und es wird gesandt“ oder „Bei seinem Tode wird es gesandt,
oder bricht es herein“, nämlich das Gericht Gottes in der Flut.] kommt Gottes
Langmut gegen die Welt zum Ausdruck; sein (langes) Leben bildete deren Maßstab,
denn in dem Jahre, wo die Flut kam, sollte er sterben; das verleiht demnach der
Tatsache besondere Bedeutung, dass er länger als irgendein anderer lebte.
Lamech bedeutet dann „Umstürzler“,
„Wilder“, und ich denke, er redet von den tiefen Herzensübungen und dem Kummer
des Überrestes, der unter dem zu leiden haben wird, der alles umzustürzen sucht,
was von Gott ist (Dan. 7, 25), und alle göttlichen Bande zerreißen will (Ps. 2,
3), nämlich unter dem Menschen der Sünde, dem Gesetzlosen (2. Thess. 2, 3.4 und
8).
Die prophetische Geschichte dieser Tage
haben wir im Buche der Offenbarung, und wir können verstehen, wie die Art jener
Tage der Drangsal die Herzen des Überrestes Christo, dem wahren Noah, zuwendet,
dem, der Ruhe bringt und die Folgen des Fluches hinwegtut.
Noah, der eine Arche zur Rettung seines
Hauses bereitete, ist ein Bild von Christo, der am Tage der Zukunft Sein Volk
durch die Drangsalszeit führt, der dann alle Folgen des Fluches hinwegtut und
der ganzen Schöpfung Ruhe bringt.
Der Geist war von Anbeginn mit alledem
vertraut, und Er hat uns in einem der ersten Kapitel des 1. Buches Mose einen
inhaltsreichen Abriss von dem gegeben, was sich nach dem Tode Christi bis zu
Seiner Wiederkunft zuträgt, wo die ganze Schöpfung auf den Boden des Brandopfers
gestellt werden wird.
Wir haben eine ähnliche Vorschattung
zukünftiger Dinge im ersten Kapitel gesehen, das mit dem Sabbat endete, mit der
Ruhe, die für Gott kam. Dieses Kapitel nun führt alles der Ruhe zu, die der
Mensch nach alle seiner Mühe (V. 29) am Schauplatze des Fluches haben wird. Der
wahre Noah wird sie herbeiführen.
Kapitel 6 soll uns zeigen, dass, bevor die
Ruhe eingeführt werden kann, all das Böse, das im Herzen des Menschen und in der
Welt des Menschen ist, unter Gericht kommen muss. Der ganze Schauplatz muss von
jeder Gesetzlosigkeit, sei es Gewalttat oder Verderbtheit, gereinigt werden.
Kapitel 6 redet davon, dass ein Zustand
eintrat, der das Gericht notwendig machte, ein Zustand, den der Abfall
hervorbrachte.
Gegenwärtig haben wir einen etwas ähnlichen
Zustand, aber seiner vollen Höhe nach wird er erst am Tage der Zukunft zur
Entfaltung kommen.
In diesem Kapitel finden wir einen Zustand
des Bösen, der die Frucht des Abfalls ist. Die Söhne Gottes verließen ihren
ersten Zustand, und die Folge ihres unheiligen Verkehrs mit den Töchtern der
Menschen war, dass Menschen mit außerordentlichen Fähigkeiten ins Dasein kamen.
Die Menschen verbanden sich mit geistlichen Mächten, die größer als sie selbst
waren, mit Mächten, die, wie uns der Judasbrief sagt, ihren ersten Zustand nicht
bewahrt hatten (Jud. 6). Die Folge waren schreckliche Verhältnisse.
Alles das ist sehr ernst, und es ist
wichtig, die Bedeutung von alledem zu erkennen. Was sich vor der Flut zutrug,
war ein Vorschatten des Ausbruchs der geistlichen Bosheit, die den Abfall der
letzten Tage kennzeichnen wird.
Die Menschen werden in den Tagen des
Abfalls eine unnatürliche Größe haben. Das Tier und der Antichrist werden in der
Tat Männer von Ruhm und Helden in den Augen der Menschen sein. Doch ich glaube,
der Ursprung ihres sittlichen Seins wird außerhalb des Menschen liegen. Böse
Geister, die in den himmlischen Örtern gewesen sind - gefallene Engel -, werden
ihnen erstaunliche Kräfte verleihen.
Es ist schrecklich, an eine solche
Verbindung zweier verschiedener Ordnungen gefallener Wesen zu denken, daran zu
denken, dass eine dem Menschen überlegene Ordnung sich im Abfall mit dem
Menschen vereinigt und diesem Kräfte verleiht, die er von Natur nie haben würde.
Wir wissen, dass sogar jetzt eine
geistliche Macht der Bosheit in den himmlischen Örtern ist, böse Geister,
wirkliche Wesen, die die Urheber der wider Gott und Christum gerichteten
Einflüsse sind, und wider die die Heiligen berufen sind, einen heiligen Kampf zu
führen (Eph. 6, 12).
Doch am Tage der Zukunft werden sich die
Menschen unter übernatürlichen Einflüssen in einer Weise wider Gott erheben,
dass der bloße Gedanke daran geeignet ist, uns mit Schrecken zu erfüllen. Und
ich denke, dass wir die Anfänge davon schon jetzt wahrnehmen können. Die
Menschen reden schon vom Übermenschen, und sie kommen mehr und mehr unter die
Gewalt übernatürlicher Wesen.
Heutzutage besteht ein ausgedehnter
Verkehrt mit der unsichtbaren Welt. Abergläubische Religionen kommen vom Osten,
wie Theosophie, Spiritismus usw., und die Folge wird sein, dass auf Erden
Menschen aufstehen, die „Männer von Ruhm“ sind, von Satan angetrieben. Sie
werden in den Augen der Menschen Helden sein, und die große Masse wird sich der
Heldenverehrung hingeben. Es wird ein Zustand herrschen, der Gottes Eingreifen
im Gericht notwendig macht. Gott kann nicht zugeben, dass er länger währt,
ebensowenig wie Er dulden konnte, dass dieser Zustand vor der Flut andauerte.
Der Gegensatz, den die Worte, „mein
Geist soll nicht ewiglich mit dem Menschen rechten“ andeuten, ist sehr
auffallend (V. 3). Wenn gefallene Geisteswesen den Menschen verderbten, so
rechtete Gottes guter Geist mit dem Menschen. In sittlicher Hinsicht haben wir
heute dasselbe: Da der Mensch verderbt ist, rechtet der Geist Gottes mit ihm,
und dem Menschen wird eine Frist gesetzt. Die Frage ist: Welchem Einfluss
erlauben wir, auf uns zu wirken?
In sittlicher Hinsicht wird in jener
dunklen zukünftigen Nacht des Abfalls und Wehs dieselbe Art Einflüsse auf die
Menschen wirken, wie sie jetzt wirksam ist. Jetzt aber, Gott sei Dank, noch
nicht in demselben Umfange, und außerdem rechtet heute noch der Geist.
Es wird uns gesagt, die Geister zu prüfen
(1. Joh. 4, 1). Jeder Geist, der etwas aus dem Menschen im Fleische macht, ist
ein böser Geist. In der Welt sind die Geister willkommen, die die Erhöhung und
Verbesserung des Menschen im Fleische anstreben. Solche Geister finden bei den
Menschen Anklang. Wenn du sagst, dass der Mensch im Fleische äußerst verderbt
ist und nicht verbessert werden kann, und dass er dem Gericht verfallen ist, so
werden dir die Leute sagen, dass sie so etwas noch nie gehört hätten. Aber
gerade das macht einen Teil des Rechtens des Geistes aus, davon zeugt der
Heilige Geist.
Bis zu diesem Kapitel war die Bosheit des
Menschen noch nicht völlig zutage getreten. In den vorhergehenden Kapiteln haben
wir des Menschen Sünde gegen Gott und seine Sünde gegen seinen Nächsten gesehen.
Doch hier finden wir, dass „alles Gebilde der Gedanken seines Herzens nur
böse den ganzen Tag“ (V. 5) sind. Nie kommt ein rechter Gedanke in seinem
Innern auf, es ist nichts Gutes in ihm. Der Mensch ist Gott den ganzen Tag ein
Kummer; „es reute Jehova, dass er den Menschen gemacht hatte auf der Erde,
und es schmerzte ihn in sein Herz hinein“ (V. 6).
Der Mensch, der nie einen rechten Gedanken
hatte, muss hinweg. Das war eine sittliche Notwendigkeit, denn er bereitete Gott
nur Kummer. Wie könnte ein Mensch, der Gott ein beständiges Herzeleid ist,
Bestand haben? Er muss hinweg.
Aber beinahe in demselben Atemzuge, wo Gott
sagte: „Ich will den Menschen ... vertilgen“ (V. 7), heißt es: „Noah
aber fand Gnade in den Augen Jehovas“ (V. 8). Da sehen wir einen anderen
Menschen, nämlich Christum. Derselbe Abschnitt, der von Gottes Kummer über den
Menschen redet, bezeugt uns auch die Gunst, die auf ihm ruht. Doch darin haben
wir in Wahrheit einen Ausblick auf Den, von dem es in Luk. 2, 40 heißt:
„Gottes Gnade war auf ihm“.
Vers 7 ist außerordentlich schmerzlich.
Zuvor hatte Gott herniedergeschaut und gesehen, dass Seine Werke sehr gut waren.
Aber nun musste Er herniederschauen, und es reute Ihn, dass Er sie gemacht
hatte.
Das ist es, was Christum notwendig machte:
Er musste kommen. Wenn der Mensch ein solches hoffnungsloses Wrack ist, dass er
nie einen rechten Gedanken hat und Gott nur ein Kummer ist, so muss ein anderer
Mensch kommen. Noah ist der Mensch, der Gunst findet - ein Bild von Christo.
Es ist gesegnet zu sehen, dass Gott das
einführt, woran Er Wohlgefallen finden kann, so dass wir nun nicht mehr
uneingeschränkt sagen können, dass der Mensch ein Fehlschlag ist. Der Mensch im
Fleische ist ein Fehlschlag; doch es ist ein Mensch nach einer anderen Ordnung
gekommen, und bei Seinem Kommen in die Welt sagten die Engel: „Herrlichkeit
Gott in der Höhe, und Friede auf Erden, an den Menschen ein Wohlgefallen“
(Luk. 2, 14).
Noah war ein gerechter, vollkommener Mann
unter seinen Zeitgenossen. Er wandelte mit Gott (V. 9). Und wir finden, dass er
der Anfang eines neuen Geschlechts war: Er hatte ein Haus und zeugte Söhne.
Christus ist das Haupt eines neuen Geschlechts nach Seiner eigenen Ordnung, und
Er wird auch ein Geschlecht haben, nachdem die Kirche hinweggenommen ist.
Der einzige Weg, dem Gericht zu entrinnen,
ist, mit Ihm verwandt zu sein. Es gibt keinen anderen Weg. Das sollten wir uns
sehr zu Herzen nehmen.
Die Arche wurde nur für Noahs Haus
bereitet. Es heißt: „Durch Glauben bereitete Noah ... eine Arche zur Rettung
seines Hauses“ (Heb. 11, 7). Der Gerechte war ein Prediger der
Gerechtigkeit, aber niemand hörte ihn, nur sein eigenes Haus.
Die auf Christum hören, werden Seine Söhne,
wenn man dieses Vorbild so anwenden will, d.h. sie sind in sittlicher Hinsicht
mit Ihm verwandt. Es ist etwas Ungeheures, mit Christo verwandt zu sein.
Noah war ein Prediger der Gerechtigkeit,
doch in 1. Petr. 3, 20 - einer Schriftstelle, die vielen rätselhaft ist - wird
uns gesagt, dass Christus es war, der [in ihm] predigte. Der Geist Christi
predigte durch Noah, „den Geistern, die im Gefängnis sind, welche einst
ungehorsam waren, als die Langmut Gottes harrte in den Tagen Noahs, während die
Arche zugerichtet wurde“. Damals also geschah das Predigen. Sie wurden dem
Menschen im Fleische nach gerichtet, weil sie das Zeugnis der Gerechtigkeit
verwarfen.
Die Menschen nehmen entweder Gottes Zeugnis
an und schätzen Christum, oder sie verwerfen es. Jeder, der Christum schätzt und
seine Freude an Ihm findet, ist mit Ihm verwandt, und solche sind es, die in die
Arche gehen. Sie bilden in Wahrheit Sein Haus.
Wenn du siehst und glaubst,
dass das Gericht Gottes auf jedem Menschen nach dem Fleische ruht, dass aber
Seine Gunst auf Christum ruht, und du glaubst an Ihn, das von Gott ausersehene
Haupt, das durch Seinen eigenen Tod den Menschen Gerechtigkeit und Errettung
gebracht hat, so bist du mit Ihm verwandt.
In diesem Vorbilde kommen wir nun zur
Wahrheit der Errettung. Darin, dass Gott Adam und Eva mit Fellen
kleidete, sahen wir im Bilde die Rechtfertigung. Die Annahme
lernten wir kennen, als Abel die Erstlinge der Herde und von ihrem Fett
darbrachte. Bei Henoch sehen wir einen Vorschatten vom Ewigen Leben,
und nun in Verbindung mit Noah die Wahrheit der Errettung. Er
bereitete eine Arche zur Rettung seines Hauses.
Die Errettung begreift völlige Befreiung
und Bewahrung von allem Bösen dieser Welt in sich. Wenn wir lediglich daran
denken, in den Himmel zu gehen, so brauchen wir dort keine
Errettung, und einer, der gerechtfertigt und angenommen ist, kann geradewegs in
den Himmel gehen. Aber um hienieden zu sein, wo so viel Böses ist, haben wir die
Errettung sehr nötig.
Noah wollte sein Haus für eine andere Welt
haben, und nicht für die Welt, wie sie damals war. Gerade das ist es, wozu
Christus Sein Haus haben will.
Die Errettung, die völlige Befreiung von
dieser Welt, geschieht also, damit wir in Herz und Sinn, Wandel und Wegen völlig
von der Welt der Gesetzlosigkeit getrennt stehen und Gott leben. Wir müssen
sehen, dass die Welt unter Gericht ist. Wir sehen dies wie Noah, noch ehe das
Gericht tatsächlich kam. Christus, der wahre Noah, hat gesagt: „Jetzt ist das
Gericht dieser Welt“ (Joh. 12, 31), und der Geist ist gekommen, die Welt von
Sünde, Gerechtigkeit und Gericht zu überführen (Joh. 16, 8).
Christus hat die Welt verurteilt (Heb. 11,
7). Habe ich das auch getan? Wenn ich dem folge und das tue, was von der Welt
ist, billige ich sie und verurteile sie nicht. Wenn ich sie liebe, verurteile
ich sie nicht und befinde mich meinem Wandel nach nicht in der Arche.
Wenn wir den Pfad Christi und des Geistes
gehen, lernen wir die Errettung in unserem Wandel kennen. Sind wir endgültig aus
der Welt hinausgegangen? Das ist es, was die Taufe bedeutet.
Viele denken, dass die Errettung sie
aufgrund des Werkes des Heilandes für den Himmel passend macht. Aber das gibt
uns nicht den rechten Begriff von der Errettung. Errettung ist, „dass wir,
gerettet aus der Hand unserer Feinde, ohne Furcht ihm [Gott] dienen sollen in
Frömmigkeit und Gerechtigkeit vor ihm alle unsere Tage“ (Luk. 1, 74 u. 75).
Wir sind von unseren Feinden errettet, auf
dass wir Gott an dem nämlichen Platze dienen, wo wir Sklaven der Sünde und
Satans waren. Er hat uns errettet „durch die Waschung der Wiedergeburt und
Erneuerung des Heiligen Geistes“ (Tit. 3, 5).
Gott sprach zu Noah: „Das Ende alles
Fleisches ist vor mich gekommen“ (V. 13). Wenn wir das sehen, wünschen wir
aus dieser Welt hinauszugehen, und das ist die Bedeutung der Taufe.
Petrus sagt: „welches
Gegenbild auch euch jetzt errettet, das ist die Taufe, (nicht ein Ablegen der
Unreinigkeit des Fleisches, sondern das Begehren eines guten Gewissens vor
Gott)“ (1. Pet. 3, 21).
Wer erkennt, dass die Welt unter Gericht
ist, sucht ihr sobald als möglich zu entfliehen. Sein Gewissen verlangt nach
einem Wege aus ihr hinaus. Sonach ist es klar, dass die Heilige Schrift die
Wahrheit der Taufe mit der Arche verbindet.
Die Taufe bedeutet, dass ich aus der Welt,
die unter Gericht steht, hinauszugehen und nie zu ihr zurückzukehren habe. Ich
bin mit Christo begraben, indem ich auf Seinen Tod getauft bin (Röm. 6, 4). Wer
seiner Taufe treu ist, ist in der Arche und verurteilt die Welt. Jeder Getaufte
hat gleichsam die gänzliche Verurteilung der Welt und des Menschen im Fleische
unterschrieben oder befindet sich seiner Stellung nach auf diesem Boden.
Wenn ich meiner Taufe nicht treu bin,
gerate ich unter die Macht irgendeines Einflusses, der nicht von Gott ist. Und
wenn ich unter der Macht der Sünde oder irgendeines bösen Einflusses stehe, wie
kann ich dann davon reden, errettet zu sein?
Man hat oft gesagt, dass viele für den
Himmel passend wären, die es nicht für diese Erde sind. Ein gerechtfertigter
Mensch hat Gerechtigkeit. Doch damit er dem Willen Gottes gemäß auf Erden sei,
bedarf er der Errettung - er muss in die Arche kommen.
Die Arche musste innen und außen verpicht
sein. Das Wort „verpichen“ ist im Hebräischen dasselbe Wort wie das für
„Sühnung“. Es bedeutet, dass die in der Arche im Bilde unter die Deckung des
Todes Christi kamen. Dahin bringt uns die Taufe, und zwar nicht für den Himmel,
sondern für die Erde. Wir kommen unter die Deckung des Todes Christi und wandeln
hier in Neuheit des Lebens (Röm. 6, 3 u. 4).
Es handelt sich dabei darum, mit Christo
und dem Geiste in Übereinstimmung zu sein. Der Geist macht den Seelen der
Heiligen den wahren Zustand dieser Welt klar. Sie ist unter Gericht. Dies
erkennend, sollten wir mit dem Heiligen Geiste gleichsam in der Zeugenbank
stehen und von dem wahren Zustande der Welt Zeugnis ablegen. Jeder in der Arche
ist davon überzeugt, dass die Welt unter Gericht ist, und dass er allein unter
der Deckung des Todes Christi bewahrt werden kann. Als die Juden fragten:
„Was sollen wir tun, Brüder?“, sagte Petrus: „Tut Buße, und ein jeder von
euch werde getauft“ (Apg. 2, 37 u. 38). Damit öffnete er sozusagen die Tür
der Arche.
Wenn wir in die Arche kommen, bekommen wir
göttliches Licht. Es ist eine Lichtöffnung darin. Es fiel mir auf, dass das
Wort, das mit „Lichtöffnung“ übersetzt ist, vierundzwanzigmal im Alten Testament
vorkommt, und in all den übrigen Fällen wird es mit „Mittag“ wiedergegeben, so
dass es augenscheinlich das volle Licht des Tages bedeutet.
Ein solcher Ausdruck zeigt, dass die
Sprache, deren sich der Heilige Geist bedient, besonders im Blick auf das, was
uns im Bilde dadurch gesagt werden soll, gewählt ist. Wir lernen daraus, dass
wir in der Arche an eine Stätte kommen, wo göttliches Licht zu finden ist. Wenn
wir dadurch, dass wir die Taufe ihrer geistlichen Bedeutung nach anerkennen und
ihr treu sind, in den Segen der Errettung kommen, so kommen wir also dadurch
auch in das Licht Gottes, in das Licht des Bundes, denn es heißt in Vers 18:
„mit dir will ich meinen Bund errichten“.
Das ist das Licht des hellen Mittags, das
Licht dessen, was Gott ist, wonach Er Sich dem Menschen gegenüber in Gnade und
Liebe verpflichtet hat.
Christus ist uns der Bund. Die ganze Liebe
Gottes und Seine Gedanken der Segnung für den Menschen sind uns in Ihm gesichert
und bestätigt worden. Und indem wir mit Ihm in der Arche sind - in der
Absonderung Seines Todes von dem gegenwärtigen bösen Zeitlauf -, so genießen wir
und leben wir in diesem Lichte.
Die Arche stellt die Stätte dar, die
Christus zur Rettung Seines Hauses bereitet hat. Obschon, wie zuvor bemerkt, die
Arche ein Bild davon ist, wie Christus den Überrest durch die Tage der Drangsal
führen wird, worauf wir, so Gott will, noch zurückkommen werden, so hat sie doch
auch eine Anwendung auf die gegenwärtige Zeit.
Sie stellt den Platz dar, wo die Heiligen
und ihre Häuser die Herrschaft Christi anerkennen und unter der Deckung Seines
Todes sind. Sie ist die Stätte, wo die Welt als verdammt gesehen und das Ende
alles Fleisches gekannt wird. Christus dagegen, als der wahre Noah, wird geehrt,
der Bund gekannt und genossen, d.h. die Liebe Gottes, die in Christo kund wurde,
der der Bund ist.
Das Volk Gottes, das zum Bewusstsein seiner
Verwandtschaft mit Christo gebracht ist und Gott kennt, findet in dieser Welt
seinen Platz unter der Deckung des Todes Christi; solche haben sie durch die
Taufe gleichsam öffentlich verlassen, und wenn sie in ihren Wegen und ihrem
Geiste im Einklang mit der Wahrheit der Taufe bleiben, wissen sie, was die Arche
ist, und sind des Segens der Errettung teilhaftig. Unter dem Volke Gottes finden
sie dann in Absonderung von der Welt göttliches Licht und Sicherheit.
Wir haben klar gesehen, wie alles Fleisch
unter Gottes Gericht kam, das nicht nur angekündigt, sondern auch tatsächlich
vollzogen wurde, so dass die damalige Welt unterging (2. Petr. 3, 6). Doch
ein Mensch fand Gnade vor Gott. Es gab einen Gerechten, mit dem Gott
einen Bund gemacht hatte, und die mit ihm verwandt waren, wurden
bewahrt.
Solche, die in der gegenwärtigen Zeit
wirklich in der Arche sind, sind mit Christo durch die Gnade Gottes verwandt.
Sie schätzen Ihn und sind in Gemeinschaft mit Ihm und dem Geiste, indem sie die
Welt verurteilen, und in der Kraft der Errettung Gottes werden sie
hindurchgeführt.
Sodann ist, wie schon bemerkt, Noah und
seine errettete Familie in der Arche ein Bild von Christo in Verbindung mit dem
Überrest am Ende der Tage. Dieser wird erkennen, dass das Ende
alles Fleisches vor Gott gekommen ist, um sich dieserhalb von allen Gedanken der
Menschen abzuwenden und das Malzeichen des Tieres nicht anzunehmen sowie keinen
Bund mit dem Antichristen einzugehen (Offb. 13).
Im Namen des Herrn getauft, werden sie
keinen anderen Namen anerkennen, und sie werden Ihn zu ihrem Heiligtum machen
(Jes. 8, 14; Hes. 11, 16) und in völliger Absonderung von der Welt der Gottlosen
stehen. Alles ringsumher wird Gericht sein, aber es wird, um in der Sprache des
Vorbildes zu reden, eine Arche da sein, wo alles Göttliche bewahrt werden wird.
Damit will ich nicht sagen, dass die
Heiligen den Leiden oder gar dem Tode entrinnen werden, aber alle Wesenszüge des
Glaubens und Zeugnisses werden in die neue Welt hinübergeführt werden.
Dem Grundsatz nach ist das auch heute der
Fall: Alle Hoffnungen und Verheißungen Israels werden in dem Glauben, der in der
Versammlung ist, bewahrt, ja sogar die Segnung aller Familien der Erde (Apg. 3,
25; Eph. 3, 15).
Jeder göttliche Bestandteil der zukünftigen
Welt wird gegenwärtig bewahrt und in dem Glauben und den Zuneigungen und dem
Zeugnis der Versammlung hindurchgeführt. Diese Seite der biblischen Bedeutung
der Arche geht viel weiter, als das, was uns in der Errettung des Einzelnen
entgegentritt.
Alles, was von Gott und zum Wohlgefallen
Gottes ist, muss bewahrt und hindurchgeführt werden, um seinen Platz in der
zukünftigen Welt einzunehmen. Geradeso wie alles, worin natürliches Leben zu
finden war, in der Arche bewahrt wurde, so wird auch alles, worin Frömmigkeit,
Glaube und ein göttliches Zeugnis vorhanden ist, bewahrt und hindurchgeführt
werden.
Da haben wir etwas mehr als unsere
persönliche Befreiung, nämlich dass alles, was Gott schätzt, am Leben erhalten
und hindurchgeführt wird. Wir müssen die Tatsache beachten, dass Gott uns nicht
einfach unserer persönlichen Segnung halber zu Christo gezogen hat und uns
Christum schätzen lehrte - eine Segnung, die vollkommen gesichert ist -, sondern
Gott hat uns mit Christo verbunden, damit wir mit Ihm in Seinem Zeugnis
einsgemacht würden.
Was mir vor Augen steht, ist, dass „alles
Lebendige“, was Gott schätzt, in der Arche bewahrt wird. In Hebräer 11 haben wir
eine wunderbare Zusammenstellung von Lebendigem. Mein Eindruck ist, dass jeder
Zug der Frömmigkeit, des Glaubens und des göttlichen Zeugnisses, der in diesem
Kapitel gesehen wird, und später im Überrest am Ende der Tage - alles das wird
hindurchgeführt werden in die Ruhe und Segnung der zukünftigen Welt.
Jeder lebendige Bestandteil des göttlichen
Zeugnisses, das Gott in diese Welt in Verbindung mit dem Glauben Abels, Henochs,
Noahs, Abrahams und all der übrigen brachte, wird nie verloren gehen. Es ist
bewahrt und wird bewahrt und hindurchgeführt werden in die zukünftige Welt. Was
dem Glauben Abels kostbar war, befindet sich heute noch in der Welt, in den
Herzen und dem Zeugnis Tausender von Heiligen. Denken wir weiter an Henoch, der
Gottes völligen Sieg über den Tod erfasste. Denken wir, dass diese Wahrheit
durch einen Schauplatz des Todes in lebendigem Zeugnis hindurchgeführt wird!
Alles, was von Gott in der Welt war,
befindet sich unter der Deckung der Arche, und so wird auch heute alles
Lebendige in der Arche für Gott bewahrt. Wir denken so oft, dass die Arche ein
Mittel der Errettung für uns ist, aber in Wirklichkeit ist sie die Stätte, wo
alles für Gott und eine andere Welt bewahrt wird.
Die damalige Welt war unter Gericht, und
Gott hatte eine andere Welt vor Sich. Alle Bestandteile, die jene Welt füllen
werden, sind jetzt in der Versammlung vorhanden, und wenn die Versammlung nicht
mehr hier ist, werden sie in dem Überrest am Ende der Tage bewahrt werden.
Es ist eine Übung für uns, dass die
verschiedenen Eigenschaften des Glaubens und alles, was Frömmigkeit und das
göttliche Licht kennzeichnet und so zum Zeugnis Gottes gehört, am Leben erhalten
werden. Es gibt solche in dieser Welt, von denen Christus etwas sehr Wunderbares
sagen kann: „Sie sind nicht von der Welt, gleichwie ich nicht von der Welt
bin“ (Joh. 17, 16 u. 14). Sie sind Seine Familie, sie werden nicht nur vor
der unter dem Gericht stehenden Welt bewahrt, sondern auch vor allem, was sie
ausmacht und ihr eigen ist, und das bedeutet Errettung, was unseren Pfad
anbelangt.
Es sollte für einen jeden von uns eine
wirkliche Übung sein, ob wir unserem Wandel nach in der Arche sind, und ob diese
Eigenschaften des Glaubens, die Gott als Sein Zeugnis liebt und bewahrt, in
unseren Seelen lebendig sind. In Offenbarung 6 lesen wir von solchen, die „um
des Wortes Gottes und um des Zeugnisses willen“ geschlachtet worden waren
(V. 9). Weshalb werden sie geschlachtet werden? Weil sie das, was von Gott ist,
bewahren oder festhalten wollen.
Die Heiligen werden dem Leiden nicht
entgehen, aber das Zeugnis wird hindurchgeführt werden. In der Offenbarung gibt
es verschiedene Scharen Heiliger, die das lieben, was von Gott ist: Eine
versiegelte Schar Knechte Gottes sehen wir in Kapitel 7. Und eine große
Volksmenge, die niemand zählen konnte, die gelernt hatte, Gott und dem Lamme die
Errettung zuzuschreiben. Alsdann finden wir Anbeter und Zeugen in Kapitel 11.
Weiter in Kapitel 12 den Überrest des Samens des Weibes, der die Gebote Gottes
hält und das Zeugnis Jesu hat. In Kapitel 14 sehen wir dann 144.000, die den
Namen des Lammes und Seines Vaters an ihren Stirnen haben. Und in Kapitel 15
haben wir die, die den Sieg über das Tier und sein Bild und über die Zahl seines
Namens errungen haben.
Alles das gibt uns einen Begriff davon, wie
alles hindurchgeführt wird. Auch in den Psalmen können wir lesen und sehen, wie
die kostbaren Eigenschaften des Glaubens und des Zeugnisses in dem Überrest zum
Vorschein kommen. Gegenwärtig wird alles in dem Glauben und Zeugnis der Heiligen
der Versammlung behauptet und hindurchgeführt. Was zu allen Zeiten die
kennzeichnet, die sich in göttlicher Sicherheit und im Zeugnis befinden, ist
Gehorsam (siehe 1. Mose 6, 22).
Wenn Gott es in die Hand nimmt, gegen das
Böse vorzugehen, tut Er es erfolgreich. Nichts wird da entrinnen. Am Ende von
Kapitel 7 blieb Noah allein übrig und was mit ihm in der Arche war. Alles andere
war im Gericht hinweggerafft worden. Wir sollten es als ein großes Vorrecht
ansehen, gegenwärtig von der Welt, die unter Gericht steht, befreit zu sein. Wir
sollten nicht wie Lot aus Sodom aus ihr herausgerissen werden.
Wenn wir zu Kapitel 8 kommen, sehen wir,
was Gott vor Sich hatte. Die Welt der Lust und Gesetzlosigkeit war ganz und gar
umgekommen, sie war im Gericht hinweggetan worden, und nun bietet sich unseren
Blicken die neue Welt dar, die Welt, die mit dem gefüllt werden sollte, was Gott
in der Arche bewahrt hatte.
Die ersten Worte des Kapitels sind sehr
rührend: „Und Gott gedachte des Noah.“ Sein Bund war mit ihm. Wie hätte
auch Gott Christum vergessen können? Er war der Mann des Wohlgefallens Gottes,
der Gnade bei Ihm gefunden hatte, Der, mit dem Sein Bund ist.
Die Welt hat Christum vergessen, sie hat
keinen Begriff davon, dass Christus und Seine Familie kommen und die Erde füllen
werden. Doch Gott gedenkt an Christum, und Er wird die Erde mit Christo und
Dessen Familie füllen.
Die Welt wünscht nicht, dass Christus
kommt, sie begehrt hienieden alles in einem Zustande zu genießen, der unter dem
Gericht ist.
Es ist sehr lehrreich, dass die Arche lange
Zeit ruhte, ehe die Wasser verschwanden. Darin sehen wir, dass die errettete
Familie lange Zeit, bevor die Wasser des Gerichts verschwunden sind, auf
heiligem Grunde ruhen wird. Ararat bedeutet „Heiliger Boden“.
Darin sehe ich einen Hinweis auf den neuen
und heiligen Boden, mit dem wir in der Auferstehung Christi in Berührung kommen.
Die errettete Familie - gegenwärtig die Kirche, in der Zukunft der Überrest -
ist dahin gekommen, auf heiligem Boden zu ruhen, lange bevor die Unordnung und
das Gericht dieser Welt vorüber ist. Sie gelangen auf eine geistliche Weise in
ihren Seelen dahin.
Die Heiligen der Versammlung sind auf einem
heiligen Boden zur Ruhe gekommen, der sich ihnen durch die Auferstehung Christi
erschlossen hat. Und ich denke auch, dass der Überrest den Glauben an einen
auferstandenen Christus haben wird. Das wird ihr Ruheort sein, es wird heiliger
Boden für sie sein inmitten der Drangsal und des Schauplatzes des Gerichts.
Das nächste ist, dass die Spitzen der
Berge gesehen werden. Daraus erkennen wir, dass bevor der Zustand des
Segens im Reiche gesichert wird, noch ehe der Schauplatz frei für das Reich ist,
der Glaube in Christo den Mittelpunkt jeder Größe, Erhabenheit und Oberhoheit
sieht.
In Offenbarung 14 sehen wir die 144.000 mit
dem Lamme auf dem Berge Zion stehen. Sie erfassen Ihn in Seiner königlichen
Herrlichkeit und stehen dort mit Ihm, ehe das Reich aufgerichtet ist. Sie stehen
dort bei Ihm im Glauben an Seine Herrlichkeit, Größe und Macht.
Wir dagegen sehen Christum jetzt in Seiner
Größe und Herrlichkeit als das Haupt jedes Fürstentums und jeder Gewalt (Kol. 2,
10).
In der Schrift sind die Berge Sinnbilder
großer Mächte. Wir sehen schon jetzt die Gipfel der Berge, die herrliche
Erhabenheit Christi, lange bevor die Wasser sinken. Jeder wird das schließlich
sehen, aber die errettete Familie kann das jetzt schon sehen.
In 1. Petrus 3, 22 heißt es: „welcher,
in den Himmel gegangen, zur Rechten Gottes ist, indem Engel und Gewalten und
Mächte ihm unterworfen sind“. Die ganze erhabene Größe Christi tritt uns da
entgegen. Gegenwärtig sehen wir Ihm noch nicht alles unterworfen - die Wasser
sind noch auf der Erde. Doch diese wunderbaren Bergspitzen sind erschienen. Wir
sehen die Herrlichkeit und Größe Christi, wir sehen Ihn mit Herrlichkeit und
Ehre gekrönt (Hebr. 2, 9) und wissen, dass Ihm alles unterworfen sein wird. Das
ist für den Glauben schon jetzt eine Tatsache.
Viele Psalmen sehen das Reich als eine
vollendete Tatsache an, noch ehe alles dafür bereit ist. Das gleicht dem, dass
die Spitzen der Berge schon vorher sichtbar waren (V. 5).
Dann, nach 40 Tagen, öffnete Noah das
Fenster (V. 6). Er beginnt die Zeichen der Zeit zu beobachten. Das
ist es, was der Überrest tun wird, und es ist richtig für ihn, also zu tun.
Unser Zeichen ist der Morgenstern (Offb.
22, 16) in unserem Herzen. Wir wissen, was sich zutragen wird, weil der
„Morgenstern“ in unserem Herzen aufgegangen ist (2. Pet. 1, 19). Er wird uns
bald aus dieser Welt zu Sich Selbst rufen.
Für den Überrest aber werden Zeichen der
Zeit sein, und Noah beobachtet diese Zeichen. Er sendet zuerst einen unreinen
Vogel aus. 3. Mose 11 sagt uns, dass jeder Rabe unrein ist. Er
trägt ein schwarzes Zeichen, das wider ihn spricht, da er seinen ruhelosen Lauf,
trotzdem sich die Wasser noch nicht verlaufen hatten, verfolgen kann. Er gleicht
dem unbekehrten Menschen, der sich in Umständen, die noch nicht gottgemäß
geordnet sind, ganz heimisch fühlen kann. So wird auch der Überrest durch den
Raben lernen, dass die Welt immer noch eine Stätte ist, womit sich der Unreine
abfinden kann.
Noah sandte außerdem eine Taube
aus. Wir können alle sehen, dass die Taube ein passendes Bild derer ist, die den
Heiligen Geist empfangen haben, also der Göttlichen. Noah sagte damit gleichsam:
Ich will doch sehen, ob es schon etwas in der Welt gibt, wo die, die den Geist
Christi haben, ruhen können.
Die Taube aber fand keinen Ruheort für ihre
Füße und musste zu ihrem eigenen Kreise zurückkehren. Dann wartet Noah sieben
andere Tage und sandte sie aus, und sie kehrte mit einem Olivenblatt in ihrem
Schnabel zurück. Welch ein wunderbares Zeichen der Zeit war das! Man kann sich
vorstellen, wie eifrig die Heiligen am Tage der Zukunft die Zeichen ihrer nahen
Erlösung beobachten werden.
Ich denke, das lässt uns nicht in
Ungewissheit darüber, dass Israel noch einmal in seinen eigenen Ölbaum
eingepfropft wird. Römer 11 lehrt uns, dass Israel ausgebrochen und die Nationen
eingepfropft worden sind, aber am Ende wird Israel wieder eingepfropft werden,
und „es wird aus Zion der Erretter kommen, er wird die Gottlosigkeiten von
Jakob abwenden“ (V. 26). Israel wird noch einmal ein offenbarer Gegenstand
des Erbarmens werden.
Das wird das große Zeichen der Zeit sein,
das gesegnete Zeugnis davon, dass die Erde wieder aus den schrecklichen Wassern
des Gerichts erstehen wird! Bald danach werden Zustände vorhanden sein, die im
Einklange damit stehen, denn nach sieben anderen Tagen findet die Taube solche,
in denen sie ruhen kann und der Arche nicht mehr bedarf.
Der Erretter aus Zion ist dann gekommen und
hat die Gottlosigkeit von Jakob abgewendet, Israel ist eingepfropft und Gottes
neuer Bund errichtet. Dann werden Zustände vorhanden sein, in denen Gläubige,
die den Geist Christi haben, ruhen können. Jehova wird Israel sammeln und ihnen
die Herzen der Nationen zuwenden, und damit sind wir gleichsam zum Rande oder
Saum tausendjähriger Segnung gekommen: Die Decke kann von der Arche genommen
werden, und die errettete Familie herauskommen.
Welch eine Wandlung wird das für diese arme
Welt bedeuten! Dann wird sehr bald die letzte Spur von Unordnung und Gericht
verschwinden und - die Erde ist trocken (V. 14).
Dann, nachdem sie herausgekommen sind,
redet Gott zu allen Lebendigen, die in der Arche gewesen waren und sprach zu
ihnen: „Seid fruchtbar und mehret euch, und füllet die Erde“ (Kap. 9, 1).
Die neue Erde sollte also mit dem gefüllt werden, was aus der Arche kam.
Diese Welt wird eine wunderbare Welt sein,
wenn sie mit dem gefüllt wird, was in einem geistlichen Sinne aus der Arche
kommt. „Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geiste“ (Röm. 14,
17), alle diese Wesenszüge werden in der erretteten Familie gefunden, und werden
dann die Erde füllen. Alles das wird ein Zeugnis der Größe der Errettung Gottes
werden.
Nun wird von dem Altar geredet, und zwar
wird er hier zum ersten Male im Laufe der Geschichte dieser Welt in der Heiligen
Schrift erwähnt. Wie hätte auch ein Altar auf verfluchtem Boden errichtet werden
können?
Der Altar erforderte einen reinen Ort. Nun
die Welt im Gericht hinweggetan war, war ein solcher vorhanden. Dadurch, dass
Noah einen Altar baute, beanspruchte er die Erde für Gott
und stellte sie gleichsam auf den Boden des Brandopfers.
Genau das wird Christus am Tage der Zukunft
tun. Er wird die Erde für Gott beanspruchen. Der Fluch ist gänzlich
hinweggenommen, denn der Mensch, der Gott ein Herzeleid war, ist im Gericht
beseitigt, und „Jehova roch den Geruch (oder Duft) der Ruhe“.
Da haben wir den lieblichen Geruch eines
anderen Menschen, eines Menschen, der Gott verherrlicht hat, und der Mensch ist
nun zum Wohlgefallen Gottes.
Das ist nicht etwa der Mensch im Fleische,
der verbessert worden ist, denn von diesem sagt Gott hier: „das Dichten des
menschlichen Herzens ist böse von seiner Jugend an“ (V. 21). Es wird also im
Tausendjährigen Reiche nicht verbessert werden. Manche trachten danach, das
Tausendjährige Reich dadurch herbeizuführen, dass sie den Menschen zu bessern
suchen. Aber dadurch wird es nicht zustande kommen, sondern durch einen ganz und
gar anderen Menschen, und Dessen lieblicher Geruch oder Duft wird das Herz
Gottes mit Ruhe erfüllen und jedes menschliche Herz mit Seiner Holdseligkeit
beschäftigen.
Dann wird der Fluch hinweggetan sein, und
all seine Folgen sind beseitigt. Die ganze Erde wird unter den Wohlgeruch des
Opfers Christi kommen.
Es ist wunderbar, ein derartiges Bild zu
sehen. Es gibt nichts Wunderbareres als diese Bilder in den ersten Kapiteln des
ersten Buches Mose. Was Gott vor Sich hatte, wird immer und immer wieder
wiederholt. Kapitel 1 zeigt, wie Gott den Sabbat der Ruhe für Sich Selbst
herbeiführt, Kapitel 8, wie Er einen lieblichen Geruch der Ruhe dort haben wird,
wo der Fluch gewesen ist. Wo Kummer, Unehre und Schande gewesen sind, da wird Er
die Erde mit dem Wohlgeruch Christi erfüllen.
Es ist ein großes Vorrecht der Heiligen der
gegenwärtigen Zeit, den Duft des Brandopfers die ganze Nacht hindurch bis an den
Morgen aufsteigen zu lassen, wo es auf der Erde allen offenbar sein wird. Das
Brandopfer sollte die ganze Nacht brennen. Das Amt des Priesters war es, darauf
zu sehen, dass dies geschah (3. Mose 6, 2).
In diesem Kapitel haben wir im Bilde den
Morgen, aber inzwischen steigt der Wohlgeruch Christi in den Herzen der Heiligen
die ganze Nacht hindurch zu Gott auf und erfüllt Sein Herz mit einem Geruch der
Ruhe.
Wir finden in Epheser 5, dass das
Brandopfer in den Heiligen fortgesetzt werden soll, denn dort heißt es in Vers
2: „wandelt in der Liebe, gleichwie auch der Christus uns geliebt und sich
selbst für uns hingegeben hat, als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem
duftenden Wohlgeruch“. Jeder Schritt, den ein Heiliger in Liebe tut, ist
eine Fortsetzung des Brandopfers. Was wird es erst sein, wenn der Wohlgeruch des
Brandopfers die Welt erfüllt, und die Liebe Christi die Triebfeder von allem
ist!
Wir können verstehen, wie der liebliche
Geruch Christi im Lobe der Heiligen vor Gott gebracht werden kann. Aber er
sollte Ihm auch in ihrem Wandel dargebracht werden. Wir können zusammenkommen
und Gott preisen, und Ihm so den Wohlgeruch Christi darbringen; doch unser Lob
und unser Wandel sollten übereinstimmen.
Wenn das Lob eines Menschen voll des
Wohlgeruchs Christi ist, sollte es sein Wandel auch sein. Dieserhalb bekommt der
Priester, der das Brandopfer darbringt, auch die Haut des Farren. Wenn ich in
meinem Lobe Gott wirklich Christum darbringe, so ist dies das Brandopfer. Und
der Mann, der das Brandopfer darbringt, bekommt einen Rock zu tragen, der die
Schönheit Christi zeigt, der Wandel eines solchen offenbart die sittliche
Schönheit Christi.
Welch eine wunderbare Zeit wird es sein,
wenn die Schönheit Christi auf allem sein wird! Psalm 90, 17 redet davon,
daselbst heißt es: „und die Schönheit Jehovas, unseres Gottes, sei über uns“.
Ferner in Jeremia 23, 6: „Dies wird sein Name sein, mit dem man Ihn nennen
wird: Jehova, unsere Gerechtigkeit“. Und in Jeremia 33, 16: „Und dies
wird der Name sein, mit dem man es benennen wird: Jehova, unsere Gerechtigkeit“.
Die Heiligen werden also sittlich das sein,
was Er ist, und so wird die Schönheit Christi auf allem sein, sogar auf den
Schellen der Rosse (Sach. 14, 20).
Im Tausendjährigen Reiche wird jeder
irgendeine Spur der Schönheit Christi tragen, auf der das Auge Gottes ruhen
kann. Der Wohlgeruch des Brandopfers wird über alles ausgebreitet sein. Man wird
Gott nicht nur in der ganzen Welt für Christum preisen (Ps. 72, 17), sondern
Seine Schönheit wird auf allen gesehen werden und Seine Herrlichkeit wird die
Erde füllen.
Das ist die zukünftige Welt, ein
Schauplatz, wo alles auf den Tod Christi gegründet, und alles vom Wohlgeruch
Seines Opfers durchdrungen ist. Dann wird kein Fluch mehr sein, sondern Gottes
Wohlgefallen wird auf ihr ruhen können; der Bund wird bestehen und eine
bleibende Ordnung. Es soll forthin nicht aufhören: „Saat und Ernte, und Frost
und Hitze, und Sommer und Winter, und Tag und Nacht“ (V. 22).
Dies ist ein Bild davon, wie, nachdem das
Gericht vorüber, die Verhältnisse der zukünftigen Welt herbeigeführt werden.
Wenn all das Ungemach vorbei, wird die Herrlichkeit und Holdseligkeit Christi
kommen und die Erde füllen.
In diesem Kapitel sehen wir den Anfang
eines neuen Zeitabschnittes, einer neuen Haushaltung. Die damalige Welt war
unter der Flut verschwunden, und nun haben wir einen neuen Anfang. Vor der Flut
scheint Gott nach keinen besonderen Richtlinien mit den Menschen verfahren zu
sein. Es war ein Zeugnis vorhanden - Henoch war ein Prophet, und Noah ein
Prediger -, aber durch Herrschaft waren dem Menschen keinerlei Schranken
gesetzt. Er konnte ziemlich unbehindert seinen Pfad gehen. es war eine Zeit des
ungezügelten Eigenwillens.
Es ist sehr gesegnet, die göttliche
Eigenart dieses Neuaufbaues zu sehen. Er begann mit dem Wohlgeruch des
Brandopfers. Die Belehrung, die uns in diesem Kapitel entgegentritt, gründet
sich darauf, und das wird die zukünftige Welt kennzeichnen. Am Ende des Kapitels
kehren wir zu geschichtlichen Begebenheiten zurück, aber hier sehen wir die
Grundlagen, auf denen Gottes Welt besteht, nämlich - dass der Mensch aufgrund
des Todes leben soll, dass er in der Würde dessen, dass er das Bild Gottes ist,
bewahrt werden soll; und den Bund und das Zeichen des Bundes. Alles werden wir
in der zukünftigen Welt wiederfinden, und es ergibt sich aus dem, was wir in dem
letzten Kapitel sahen.
Dann haben wir die Einsetzung von
Herrschaft. Sie wird dem Menschen anvertraut, und das wird in der
zukünftigen Welt völlig durchgeführt werden. Der Mensch wird den ihm gebührenden
Platz in der Ausübung der Herrschaft haben, und alles wird diesen seinen Platz
anerkennen.
Ich denke nicht, dass „die Furcht und der
Schrecken vor euch“ notwendig Leiden in sich begreift. Wir sehen darin vielmehr,
welchen Platz der Mensch hat. Es wird der Tatsache gedacht, dass der Mensch im
Bilde Gottes gemacht wurde, und das setzt seine Stellung gegenüber der Tierwelt
fest und bildet auch den Grund, auf dem sich die Herrschaft aufbaut.
Hier wird die Tierwelt den
Menschen anstatt der gründen Kräuter zur Speise gegeben. Das zeigt
einen völlig neuen Ausgangspunkt. Wir bemerkten in Kapitel 1, dass der Grundsatz
des Lebens - der Samengrundsatz - des Menschen Speise kennzeichnen sollte. Nun
haben wir eine gänzliche Veränderung: Der Mensch hat das Vorrecht, sich von dem
zu nähren, was das Ergebnis des Todes ist.
Es ist wunderbar, wie der Tod
uns in den ersten Kapiteln dieses Buches dargestellt wird. Zuerst sehen wir ihn
als das Gericht Gottes: „welches Tages du davon issest, wirst du
gewisslich sterben“ (Kap. 2, 17). Dann tritt er uns als die Macht
Satans in den Worten entgegen: „du wirst ihm die Ferse zermalmen“
(Kap. 3, 15). Drittens ist er das Zeugnis des Zustandes und der
Schwachheit des sündigen Menschen: „Staub bist du, und zum Staube
wirst du zurückkehren!“ (Kap. 3, 19).
Was dann die Gnade anlangt, so
haben wir den Tod als die Quelle der Kleidung, also der Gerechtigkeit
für den Menschen (Kap. 3, 21). Zweitens naht dann Abel Gott aufgrund der
Annahme Dessen, dessen Vortrefflichkeit durch den Tod offenbar wurde.
Drittens trennt der Tod im Bilde die errettete Familie von der Welt unter
Gericht, d.h. er ist die Trennung von der Welt. Viertens ward er in
Noahs Brandopfer die Grundlage aller Beziehungen Gottes zum Menschen und
der Erde. Das wird, wie wir gesehen haben, öffentlich in der zukünftigen
Welt zum Ausdruck kommen. Gegenwärtig ist es in geistlicher Hinsicht wahr.
Und nun kommen wir noch zu einem weiteren
Gedanken, nämlich dass fünftens der Tod Speise für den Menschen
sein soll. Der Mensch baut sich aus dem auf, wovon er sich nährt. Und Gottes
Gedanke ist, eine Welt zu haben, worin jeder dadurch gebildet und auferbaut
wird, dass er sich von dem nährt, was das Ergebnis des Todes ist.
Das wird uns in Johannes 6 völlig
entfaltet: jeder sollte sich vom Tode nähren. Am Anfang war noch keine Sünde da,
aber nachdem sie gekommen war, konnte niemand gottgemäß auferbaut werden, es sei
denn, er nähre sich von dem, was der Tod hervorbringt.
Wenn eine Welt auf dem Grunde des
Brandopfers errichtet werden soll, so müssen die, die diese Welt füllen, dadurch
ernährt und gestaltet werden, dass sie sich von Christo als einem Gestorbenen
nähren. Er hat im Tode den Willen Gottes und die Liebe Gottes zum Ausdruck
gebracht - das war der einzige Platz, wo sie Speise für uns werden konnte. Das
Licht hierüber würde das Volk Gottes davor bewahren, es als Grundsatz
hinzustellen, dass man nur von Pflanzenkost leben dürfe.
Dann sollten wir beachten, dass im Menschen
das Bild Gottes bewahrt und geehrt werden soll. Es ist dies die
Stellung und Würde des Menschen, die ihm zukommt. Die Herrschaft wahrt die
Rechte Gottes und die Würde des Menschen, Seines Geschöpfes. Wir sollten dessen
eingedenk sein. Es würde uns helfen, wenn wir ein tieferes Bewusstsein davon
hätten.
In der zukünftigen Welt wird nichts
gestattet werden, was nicht damit im Einklange steht. Der Grund, weshalb eine
Herrschaft eingesetzt wird und weshalb gesagt wird „Wer Menschenblut
vergießt, durch den Menschen soll sein Blut vergossen werden“ ist der, dass
der Mensch im Bilde Gottes gemacht ist: „denn im Bilde Gottes hat er den
Menschen gemacht“ (V. 6).
Diese Grundsätze werden in der zukünftigen
Welt durchgeführt werden. Dann wird sich jeder davon genährt haben, dass
Christus im Tode war, und das Bild Gottes wird im Menschen bewahrt werden. Kein
tödlicher Einfluss des Bösen wird zugelassen werden, den Menschen zu töten, der
im Bilde Gottes ist.
Wir verlieren sehr viel, wenn wir nicht
sehen, dass dies im Blick auf die zukünftige Welt gesagt ist, im Blick auf die
Ordnung, die kommt, nachdem die Gerichte vorüber sind. Wir haben Noah als Bild
von Christo gesehen, der seine Familie durch die Zeit der Drangsal hindurch in
die zukünftige Welt brachte. Und dieses Kapitel gibt uns ein Bild von den
Verhältnissen, die in der zukünftigen Welt herrschen. Natürlich hat das alles
eine geistliche Anwendung auf die Gegenwart, denn das Christentum lässt uns den
Segenszustand der zukünftigen Welt im Geiste schon im Voraus genießen; wenn wir
das nicht sehen, verstehen wir das Christentum nicht.
Es ist auffallend, dass hier das Anrecht
auf das Blut vorbehalten wird. In 1. Mose wird das Blut noch nicht
in Verbindung mit den Opfern erwähnt, doch dadurch, dass es dem Menschen
vorenthalten wird, wird für alle die kostbaren Belehrungen des 2. und 3. Buches
Mose Raum geschafft. Dort redet Gott sehr viel von der Wirksamkeit des Blutes.
Hier ist nur eine Andeutung gegeben. Gott sagt gleichsam: Es ist für mich.
Alle in 1. Mose dargebrachten Opfer sind
Brandopfer. Gott gibt dem Kain wohl einen Fingerzeig über das Sündopfer, aber es
wird uns in 1. Mose nie berichtet, dass ein Sündopfer dargebracht worden wäre.
Alle Opfer sind daselbst immer Brandopfer gewesen.
Dann kommen wir zu etwas sehr Gesegnetem -
dem Bund. Diesen haben wir zuerst in Verbindung mit Noah in Kapitel
6, wo Gott zu ihm sagt: „mit dir will ich meinen Bund errichten“ (V. 18).
Christus Selbst ist der Bund, wie wir klar aus Jesaja 42, 6 und 49, 8 sehen.
Das Brandopfer ist der Grund, auf dem Gott
Seine Vorsätze der Liebe ausführen und einen Bund errichten kann. Wie wunderbar
ist der Gedanke, dass Gott einen Bund eingeht! Der Bund redet von bestimmten und
dauerhaften Beziehungen zwischen Gott und dem Menschen. Gott setzt dessen
Bestimmungen und Forderungen fest und führt sie durch, und der Mensch kann in
deren Segen eingehen.
Den Begriff des Bundes finden wir die ganze
Heilige Schrift hindurch. Was die tatsächlichen Vorkehrungen dieses besonderen
Bundes anlangt, so gehen sie im Einzelnen nicht sehr weit: Sie besagen nur, dass
die Welt nicht wieder durch eine Flut zerstört werden soll. Ein Bund ist etwas
Festes, er kann nicht abgeändert werden - besonders, wenn Gott ihn macht:
„selbst eines Menschen Bund, der bestätigt ist, hebt niemand auf oder verordnet
etwas hinzu“ (Gal. 3, 15). Wenn du einen Bund machst, so hast du ihn auch zu
halten, selbst wenn es sehr töricht war, ihn einzugehen. Und wir können sicher
sein, dass, wenn Gott einen Bund macht, er etwas Sicheres und Dauerndes ist.
Der Bund steht in vollkommenem
Gegensatz zum Fluch. Gott verwirft, was Er verflucht. Wenn Er
jedoch einen Bund eingeht, bindet Er Sich den Personen oder Dingen gegenüber, zu
deren Gunsten Er ihn gemacht hat.
In diesem Bunde band Er Sich der ganzen
Schöpfung gegenüber. Und es ist lehrreich, Seine Beständigkeit zu sehen, von der
die Worte „auf ewige Geschlechter“ und „des ewigen Bundes“ zeugen
(V. 12 u. 16).
In diesem Bunde stellt Gott keine
Forderungen. Später, als das Gesetz der Bund war, haben wir solche,
weil das ein Bund war, der zwischen zwei Parteien bestehen sollte, die nicht
miteinander im Einklang standen. Das Gesetz „wurde der Übertretungen wegen
hinzugefügt“ und „durch Engel in der Hand eines Mittlers“ angeordnet (Gal. 3,
19). Die Segnung dieses Bundes hing von der Erfüllung des Gesetzes durch den
Menschen ab. Da aber der Mensch ein Übertreter war, so konnte darin ein
Übereinkommen nicht erzielt werden.
Der neue Bund ist den Händen
eines Mittlers übergeben, der nicht nur die Forderungen stellte, sondern auch
den Menschen mit ihnen in Einklang zu bringen vermag, so dass beide Parteien
einstimmig sind. Der Grundgedanke des neuen Bundes steht somit im Gegensatz zum
Gesetz.
Der Bogen in der Wolke war das
Zeichen des Bundes Gottes. Die Wolken bedeuteten zur Zeit der Flut das
Gericht, aber nun hat sich das Wesen der Wolke geändert. Wenn Gott eine Wolke
über die Erde führt, so geschieht es, Segen über sie zu ergießen. Und dieser
Gedanke wird mit dem Begriff des Bundes verbunden. Wenn Gott also einen Bund
eingeht, so sichert Er uns Ergüsse des Segens.
Woher würden wir Früh- und Spätregen
bekommen, wenn es keine Wolken gäbe? Pfingsten war der Frühregen, und am Tage
der Zukunft wird der Spätregen kommen, und Joel 2, 28 wird erfüllt werden. Der
Prophet Joel redet vom Früh- und Spätregen in Kap. 2, 23. Der Spätregen kommt
dann, wenn der Geist ausgegossen wird auf alles Fleisch, und Christus ist das
Zeichen der Bundessegnung Gottes in Verbindung mit alledem - Er ist das
gesegnete Zeichen der Treue Gottes.
Der Regenbogen ist das in
seine Bestandteile gebrochene weiße Licht. Er scheint alle die Einzelheiten der
Vollkommenheit der Treue Gottes darzutun. In der zukünftigen Welt wird ein
vollkommenes Zeugnis von der Güte und Treue Gottes in allen Seinen Wegen
vorhanden sein; doch der Glaube wird seine Augen über das alles auf Christum
richten, und in Ihm das wahre Zeichen des Bundes sehen. Jede Segnung wird das
Herz dahin leiten, Seine Schönheit und Herrlichkeit mehr zu erkennen. Die
Menschen werden sich in Ihm segnen (Ps. 72, 17). In Vers 14 wird der Bogen von
den Menschen, und in Vers 16 von Gott gesehen.
Gott hat immer Christum vor Sich. Mir
scheint, dass in Apostelgeschichte 2 Petrus die Volksmenge auf den Bogen in den
Wolken hinweist. Nie zuvor hatte ein solcher Erguss des Segens in dieser Welt
stattgefunden. Petrus sagt gleichsam: Schaut auf Christum im Himmel, Gott hat
Ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht - Er ist im Himmel als das
Zeichen und Unterpfand der ganzen Segnung und Treue Gottes. Psalm 110 zeigt uns
auch den Bogen in der Wolke, Den, den Gott zu Seiner Rechten gesetzt hat, bis
Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gemacht werden. Jede Bundesverheißung wird
in königlicher Macht und priesterlicher Gnade zustande gebracht werden.
Christus zur rechten Hand Gottes ist das
Unterpfand der Treue Gottes, die jede Verheißung erfüllen wird. Christus ist der
Bogen in der Wolke, und Gott hat Ihn immer vor Augen. Dort ist Er als ein
Zeichen und Unterpfand des Bundes Gottes!
Nachdem Petrus gesagt hatte, dass sie ihren
Messias gekreuzigt, und sich damit von jeder, auch der geringsten Segnung
abgeschnitten hatten, antworteten sie: „Was sollen wir tun, Brüder?“, und
er konnte sie dann auf den Bogen in den Wolken hinweisen.
Gottes Treue war nicht zusammengebrochen,
und Christus, auferweckt im Himmel, war Gottes Zeichen, dass auf Seiner Seite
gar nichts versagt hatte. Ihrerseits hatten sie alles verwirkt, und so sagt
Petrus ihnen: „Tut Buße, und ein jeder von euch werde getauft ... und ihr
werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen“ (Apg. 2, 38). Das war in der
Tat ein Segenserguss. Sie sollten Joels Frühregen haben, noch ehe die übrigen
des Volkes am Ende der Tage den Spätregen empfingen.
Am Tage der Zukunft wird alle die Güte der
Fürsorge Gottes in Verbindung mit Christo gesehen werden. Dann wird es keine
Krankheit, keine Missernten geben, und alles wird im Überfluss vorhanden sein.
Die Menschen werden infolge der fürsorgenden Güte Gottes im Überfluss leben und
in alledem die Herrlichkeit Christi sehen. Jede Segnung wird ihnen Christum vor
Augen stellen.
Heute haben wir nicht dieselben äußeren
Zeichen der Fürsorge Gottes, im Gegenteil. Unseren Bogen in den Wolken sehen wir
in Römer 5 und 8. Wenn alles um uns her verkehrt ist, sehen wir den Bogen in den
Wolken: Wir sehen die Liebe Gottes in Christo, und die Liebe Gottes ist in unser
Herz ausgegossen. Das sehen wir in Trübsal und inmitten von Schwachheit und
Sorge - in alledem können wir den Bogen in den Wolken vernehmen.
Gott ist treu, und so blickt der Christ in
Trauer und Trübsal nach oben und sieht das sichere Unterpfand der Treue Gottes
in Christo. Ein Christ mag Sorgen und alles wider sich haben - sein Weib mag
krank, seine Kinder mögen schwächlich sein, und sein Geschäft mag nicht gehen -
und doch ist er im Bewusstsein der Liebe und Treue Gottes in Christo glücklich.
Das ist die eigentliche, den gewöhnlichen Umständen entsprechende Segnung des
Christen.
Es gibt Wolken der Sorge, der Enttäuschung,
schmerzlicher Verluste und der Prüfung. Doch wo die Wolke ist, ist auch der
Bogen darin. das gesegnete Zeugnis der Treue Gottes ist in jeder Wolke. Das
Sprichwort sagt: Jede Wolke hat ihren Silberrand; doch Bruder Stoney sagte oft:
„Es gibt keinen Silberrand ohne eine Wolke“.
Du könntest nie den Bogen ohne die Wolke
haben. Gott bringt die Wolke: du magst Trübsal durchzumachen haben - und das
sind die ordnungsgemäßen Umstände des Gläubigen - , doch wenn Gott eine Wolke
bringt, eine Übung, eine Schwierigkeit, so halte Ausschau nach dem Bogen. Es
gibt keine Sorge, Übung oder Schwierigkeit, durch die dir Gott nicht das Licht
der Schönheit und Holdseligkeit Christi in einer Weise geben will, wie du es nie
zuvor hattest. So kommst du zu einem besonderen Bewusstsein der Treue Gottes und
dessen, dass dich nichts von der Liebe Christi, noch von der Liebe Gottes
scheiden kann. Das ist der Bogen.
Wir lernen nicht dadurch, wie gut Gott ist,
dass wir auf Seine Fürsorge schauen, sondern dadurch, dass wir auf Christum
schauen und Ihn als das Zeichen göttlicher Treue erkennen und die holdselige
Liebe erfassen, die im Tode Christi geoffenbart wurde.
Im Tausendjährigen Reiche wird alles, auch
äußerlich, ein Zeugnis der Treue Gottes sein, die alle Segnung durch Christum
und in Christo gebracht hat. Doch nun, da wir in den Bund gekommen sind, haben
wir das sichere Zeichen jener Treue in Einem, in dem jede Verheißung Ja und Amen
ist, noch ehe sich nach außen hin irgend etwas geändert hat.
Gott hat Freude daran, an den Bund zu
denken, und so der Mensch auch Freude daran findet, besteht eine glückselige
Übereinstimmung zwischen ihm und Gott! Gott sagt gleichsam: Ich werde in euren
Herzen wirken, dass ihr euch nicht mehr von mir zurückzieht, und ich werde mich
nicht von euch zurückziehen (Jer. 32, 40).
Bis zum 17. Verse wird ein Bild von der
neuen Haushaltung entworfen. Danach kommt eine kleine Begebenheit, die eine der
beachtenswertesten Verheißungen über die Geschichte der Welt enthält. Die ganze
Geschichte des Menschen und der Wege Gottes in Gnade werden hier in wenigen
Versen zusammengefasst.
Es ist schon oft darauf hingewiesen worden,
dass Noah, als ihm die Herrschaft anvertraut worden war, sich selbst nicht
beherrschte. Er pflanzte einen Weinberg und ward trunken und entehrte sich
selbst. Dann entehrt ihn sein Sohn, und das zieht den Fluch nach sich.
Wir finden dann eine Familie unter Fluch
und eine andere unter Segnung. Dies wird uns erzählt, um die Herkunft des bösen
Volkes zu zeigen, das Hunderte von Jahren danach durch Jona ausgerottet werden
sollte. Das Buch der Offenbarung verfolgt alles bis zu seinem sittlichen
Abschlusse. 1. Mose aber bis zu seinem sittlichen Ursprung. Deshalb ist es gut,
beide Bücher zusammen zu lesen.
Hier sehen wir, wie Ham seinen Vater
entehrt und in seinen Nachkommen verflucht wird. Die Kinder Hams können nie das
sein, was andere Völker dieser Welt sind: „ein Knecht der Knechte sei er“ (V.
25).
Wenn wir die Geschichte der Völker bis zu
ihren Anfängen zurückverfolgen und uns deren Vorfahren ansehen, so können wir
aus ihrem Ursprung auf ihre Wesensart schließen. Ham bedeutet „schwarz“ und Sem
„Ruf, Ruhm, Ansehen“.
Gott verband Ansehen mit Sem. Japhet schaut
jetzt auf Sem herab, aber das ist ein großer Fehler, denn Gott verbindet Ansehen
mit Sem. Sein Vorsatz war, Christum in die Familie des Sem zu bringen. Japhet
bedeutet „Ausbreitung“. Die Gnade Gottes hat sich ausgedehnt, insbesondere ist
all die Fülle Seiner Gedanken in Verbindung mit den Nationen ans Licht gekommen.
Dem Abraham wurde gesagt: „in deinem Namen werden gesegnet werden alle
Nationen der Erde“ (1. Mose 22, 18), und Gott ist bemüht, Japhet zu
überzeugen und zu überreden, ihn in die Zelte Sems zu bringen. Anderswo gibt es
keine Segnung.
Viele von uns sind überredet worden, in die
Zelte Sems zu kommen. Alle Segnung ist mit Christo verbunden. Sem ist die
angesehene Familie, in die Gott Christum gebracht hat. Er kam in die Zelte Sems,
und auch du musst dorthin gehen, um gesegnet zu werden.
Wie schön ist es, zu sehen, dass Gott, als
das Evangelium zuerst verkündigt wurde, Seinen Wesenszug der Gnade dadurch
bezeugte, dass Er einen aus jeder dieser drei Familien bekehrte - die
äthiopischen Eunuchen aus Ham, Saulus von Tarsus aus Sem, den Hauptmann
Kornelius aus Japhet. Gott brachte aus jeder Familie einen herein, um die
Vollkommenheit und Unumschränktheit Seiner Gnade zu zeigen.
Es ist klar, dass der Zeit nach Kapitel 11
vor Kapitel 10 kommt. Kapitel 10 gibt einige allgemeine Tatsachen in Verbindung
mit den verschiedenen Familien, die von den Söhnen Noahs stammten. Aber die
daselbst berichteten Tatsachen fanden nach der in Kapitel 11 beschriebenen
Zerstreuung der Nationen statt. Die Verteilung auf die Inseln der Nationen
geschah „nach ihrer Sprache“ (Kap. 10, 5). Das zeigt, dass die
Zerstreuung und Verwirrung der Sprache geschah.
Die sittliche Lehre, die dem Kapitel 10
zugrunde liegt, ist sehr wichtig. Sie lautet, wir sollten alles bis auf seinen
Ursprung zurückverfolgen. Gott dachte hierbei an Israel. Es war wichtig, dass
Israel verstehen sollte, woher die Nationen kamen, mit denen es zu tun hatte.
Die Quelle von Dingen zu kennen, gibt uns
Einsicht in ihre Wesensart. Viele sagen zuweilen: Weshalb sollen wir so viele
Jahre zurückgehen? Warum sollen wir die Dinge nicht nehmen, wie sie jetzt sind?
- Doch es ist ein göttlicher Grundsatz: Wir sollen den Ursprung von Dingen
kennen! Ein Fluss wird sich nie über die Höhe seiner Quelle erheben. Wenn etwas
von Anfang an schlecht ist, kann es im Laufe der Zeit nie gutgeheißen werden.
Wenn wir daher unseren Weg klar sehen
wollen, müssen wir den Ursprung der Bewegungen kennen, die auf das Volk Gottes
und das Zeugnis Gottes einwirken. Gott stellt deshalb Seinem Volke den
sittlichen Ursprung von alledem bloß. Viele der Nationen, die nachmals große
Gegner Israels waren, stammten von Ham, der unter dem Fluche war. Wir finden
Babylon, Ninive, Ägypten, die Kanaaniter und Philister in Kapitel 10: alle diese
Nationen waren Gegner Israels, und die Kanaaniter sollten vor Israel ausgerottet
werden. Ihr Ursprung wird hier bloßgestellt. Sie alle gehören der Familie an,
die unter dem Fluche steht.
Es ist ein Grundsatz in göttlichen Dingen,
dass man nie die sittliche Wesensart einer Sache versteht, wenn man ihren
Ursprung nicht kennt. Gott will, dass wir den Ursprung der Dinge erforschen. Er
zeigt in Kapitel 10 den Ursprung all der verschiedenen Nationen, die in
Berührung mit Seinem Volke kamen.
Irdische Macht finden wir zuerst bei der
Familie, die unter dem Fluche steht. Sie begann mit Nimrod. Auf der Seite des
Bösen entfaltet sich immer alles schneller als auf der des Guten.
Nimrod war ein mächtiger Aufrührer oder
Empörer. Sein Name bedeutet „Empörer“, und seine Wesensart vor Gott war die
eines Jägers. Jehova nahm von seiner Wesensart Kenntnis. Er war gerade das
Gegenteil von einem Hirten. Ein Jäger tut sich selbst etwas zugute
auf Kosten seiner Beute; doch ein Hirte verwendet sich zum Besten
der Gegenstände seiner Fürsorge.
Was Gott als höchster Gedanke mit Bezug auf
einen König vor Augen steht, ist, dass er ein Hirte ist. David
wurde von den Hürden der Schafe genommen (Ps. 78, 70). Das war die Stätte, wo er
lernte, ein König zu sein. Auch Moses war ein Hirte, und er wurde König in
Jeschurun (5. Mose 33, 5). Der Herr liebt einen Hirten. Ein Hirte sammelt,
schützt und nährt die Herde, er ist also das Gegenteil von einem Jäger.
Nimrod war ein Empörer wider Gott und ein
Jäger den Menschen gegenüber. Alles das wird in der letzten großen heidnischen
Macht seinen Gipfel erreichen. Hier sehen wir den Anfang davon. Das sind die
Züge, in denen die irdische, kaiserliche Macht der Heiligen Schrift nach den
Schauplatz betritt. Verderbtheit und Gewalttat sind die zwei Grundsätze in
Babylon bzw. Ninive. Babylon wird durch Verderbtheit und Ninive durch Gewalttat
gekennzeichnet.
In Babylon haben wir Scheinherrlichkeit,
die Verderben anrichtet. Es war der Schauplatz der Herrlichkeit des Menschen,
und dieser übt den verderblichsten Einfluss aus, den man sich denken kann. Und
Assyrien war der gewalttätige, ungestüme Feind des Volkes Gottes.
Alles dies ist sehr lehrreich und wichtig.
In wenigen schlichten Worten werden uns große Grundwahrheiten vorgestellt. Die
Heilige Schrift kann mit ein paar Worten viel sagen, und diese Worte bergen die
ganze sittliche Geschichte der Welt und des Tuns des Menschen in sich.
Assyrien arbeitete dem Volke Gottes immer
entgegen und wird es immer tun, bis Gott sagt: „Gesegnet sei mein Volk in
Ägypten, und Assyrien, meiner Hände Werk“ (Jes. 19, 25). Gott wird sich
Assyriens annehmen und es zu einem Gefäße der Segnung machen. Beide, Ägypten und
Assyrien, stammten von Ham. Doch sogar die verfluchte Familie kommt durch
Christum zur Segnung. Das ist ein großer Triumph der Gnade. Wenn Assyrien und
Ägypten gesegnet werden, geschieht es in Verbindung damit, dass Gott sein
Erbteil in Israel antritt (siehe die nämliche Schriftstelle).
In Vers 21 kommen wir zum Gegensatz hiervon
in Sem: „Und dem Sem, dem Vater aller Söhne Hebers ..., auch ihm
wurden Söhne geboren“. Es ist auffallend, dass Heber so
hervorgehoben wird. Heber bedeutet „Durchzug, Durchreise“, er weist auf das
Pilgergeschlecht hin, das hienieden nur durchzieht.
In Hams Geschlecht sehen wir ein Volk, das
Städte baute und Königreiche gründete, wir sehen Empörung wider Gott und
Gewalttat gegen den Menschen. Aber das Pilgergeschlecht baut keine Städte, es
zieht hindurch. Alle Heiligen sind berufen, „Söhne Hebers“ zu sein. Manche lesen
vielleicht Kapitel 10 und denken: Welch eine trockene Liste von Namen! Doch dort
haben wir die ganze Geschichte der Welt: in Nimrod die Wesensart und die
Herrlichkeit der Welt des Menschen, und in den Söhnen Hebers die Frucht der
göttlichen Gnade in einem Pilgergeschlecht, das nur hindurchzieht.
Es ist etwas sehr Gutes, ein Sohn Hebers zu
sein! Viel besser, als ein Sohn Nimrods zu sein, eines Menschen, der die ganze
Herrlichkeit der Welt zu seinen Füßen sehen möchte, und die Gewalttat eines
Jägers ausübt, sie zu erlangen. Alles das wird seinen Höhepunkt in dem großen
Nimrod der letzten Tage erreichen, in dem großen, empörerischen Haupte der
kaiserlichen heidnischen Macht, die durch Empörung wider Gott und Gewalttat
gegen die Menschen gekennzeichnet wird.
Doch auch die „Söhne Hebers“ finden wir bis
zum Ende hin in dem Buche der Offenbarung, ein hindurchziehendes Volk, das nicht
zu denen zu rechnen ist, die auf der Erde wohnen. (Siehe Offb. 3, 10; 6, 10; 8,
13; 11, 10; 13, 8.14; 17, 2.8)
In 1. Mose 11 finden wir die Erdbewohner,
die eine Ebene finden und sich daselbst niederlassen. Die Söhne Hebers aber
wünschen kein Babel zu bauen. Es sollte eine ernste Frage für einen jeden von
uns sein, ob unser Herz mit der Babelwelt in Verbindung steht oder mit einem
Zelt und einem Altar. Das Volk Gottes war immer ein Pilgervolk und wird es immer
sein. Von den Tagen Abrahams an bis jetzt lassen sie sich nie in dieser Welt
nieder.
Den Hirtenkönig haben wir in Micha 5, und
es ist gut, diese Stelle etwas zu betrachten. Zu Anfang finden wir den
Hirtenkönig, und dann das Schicksal Nimrods. Zunächst ist von der Ankunft des
mächtigen Hirten die Rede: „aus dir wird mir hervorkommen, der Herrscher über
Israel sein soll“ (V. 1). Dann heißt es in Vers 3: „er wird dastehen und
seine Herde weiden in der Kraft Jehovas, in der Hoheit des Namens Jehovas,
seines Gottes“.
Die Wesensart des Hirten und die Hoheit des
Namens Jehovas, seines Gottes, gehören zusammen - wie wunderbar! Dann heißt es
in Vers 4: „Und dieser wird Friede sein“; darauf wird uns etwas über den
Assyrer gesagt, und Vers 5 lautet dann: „sie werden das Land Assyrien mit dem
Schwerte weiden, und das Land Nimrods in seinen Toren; und er wird uns von
Assyrien erretten“. Das redet von der vollständigen Überwältigung Nimrods,
von dem Ausschluss des Jägerkönigs. Er muss fort, und der Mann nach der
Wesensart Davids - Christus - muss an dessen Stelle treten.
Kapitel 11 gibt uns die traurige Geschichte
der Erbauung von Babel. Ich denke, in ihm haben wir einen Höhepunkt
des Bösen. Und diese ganze Geschichte zeigt uns, in welcher Weise Verfehlungen
wirken, und bis zu welchem Grade sie fortschreiten. Die Geschichte der
Verfehlungen ist zu allen Zeiten dieselbe. Sie vollzieht sich immer nach den
gleichen Grundsätzen.
Noah begann gut, er beanspruchte die Erde
für Gott und stellte sie auf den Boden des Brandopfers. Aber anstatt die Erde
für Gott zu halten, hielt er sie gar bald dazu, sich selbst zu befriedigen, und
infolgedessen setzte er sich der Schande aus.
Genau so war es bei der Verfehlung der
Kirche. Anstatt ihre Pilgerstellung festzuhalten und für Gott dazustehen, begann
sie damit, sich selbst zu befriedigen. Der Geist des Nasirs (4. Mose 6) ging der
Kirche verloren, und das setzte das Zeugnis der Unehre und Schmach aus. Die
Gesinnung des Nasirs aufgeben, heißt jeder Art von Verfehlungen das Tor öffnen.
Ham stellte solche dar, die sich da
befinden, wo das göttliche Licht ist, ohne jedoch dadurch im Innersten berührt
zu werden. Seine Haut war durch die Sonne dunkel geworden. Wenn das Licht Gottes
nicht umgestaltend wirkt, so wird man dadurch verfinstert. „Wenn nun das
Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß die Finsternis!“ (Mat. 6,
23; Luk. 11, 35).
Wenn jemand göttliches Licht hat, und
dadurch nicht umgestaltet wird, kann er sogar Freude daran finden,
Fehler bei den Kindern Gottes zu sehen: das war Hams Zustand. Hüten
wir uns vor dem Geiste Hams! Er rührt daher, dass wir den Geist des Nasirs
aufgegeben haben, wie es in den Worten zum Ausdruck kommt: „alle suchen das
Ihrige, nicht das, was Jesu Christi ist“ (Phil. 2, 21). Wenn wir die Dinge
hienieden dazu gebrauchen, uns selbst zu befriedigen, so ist der nächste Schritt
abwärts, Freude an den Fehlern der Kinder Gottes zu empfinden.
Sodann ist Ham der Vater Kanaans.
Kanaan bedeutet „Krämer“. Durch das Licht Verfinsterte gebrauchen das
Christentum ihren eigenen Plänen und Neigungen entsprechend, und zu ihrem
Vorteil. Sie machen gleichsam Geschäft damit. Die Christenheit ist
voller Söhne Hams und Kanaans, voll solcher, die über die Fehler der Kinder
Gottes reden und aus dem Christentum ein Geschäft machen.
Wenn wir dahin kommen, einen Weinberg zu
pflanzen (d.h. etwas tun, was uns Freude bereitet - der Wein ist ein Sinnbild
der Freude), so wissen wir nicht, wo das enden kann. Wie leicht wird das nur
eine Gelegenheit, uns selbst zu befriedigen! Wenn dann ein Christ einen
Fehltritt tut, so stecken die Weltleute ihre Köpfe zusammen und finden Gefallen
daran, das zu sehen. Das ist die Gesinnung des Fleisches. Sie kommt unter den
Fluch, und das Ende ist, solche Leute gebrauchen das Christentum nur zu ihrem
eigenen Vorteil.
Es ist befleckend, mit Bösem beschäftigt zu
sein. Wenn wir das dennoch tun müssen, weil es notwendig ist, es zu richten, so
haben wir unser Fleisch mit Wasser zu waschen und sind bis zum Abend unrein (3.
Mose 11; 17, 15; 22, 6). Wenn ein Bruder sündigt, und ich habe mich damit zu
beschäftigen, so habe ich mein Fleisch mit Wasser zu waschen. Das Fleisch
empfindet eine gewisse Befriedigung daran, bei Bösem zu verweilen. Das ist die
Gesinnung Hams.
Wir sollten aus diesem eine Lehre für unser
Betragen ziehen. Es ist sehr ernst. Wenn wir diese Dinge in Verbindung mit
Kapitel 11 betrachten, so erkennen wir, dass sie schließlich dahin führen,
allem, was von Gott ist, den Rücken zuzukehren.
Am Anfang von Kapitel 11 lesen wir: „Und
die ganze Erde hatte eine Sprache ... Und es geschah, als sie von
Osten zogen“. Im Osten geht die Sonne auf. Der Osten stellt das vor, was
Gott beim Anbruch des Tages, wenn die Sonne der Gerechtigkeit aufgeht,
aufrichten wird. Diese Leute kehrten dem den Rücken zu - das ist ein Bild von
dem, was sich in der Christenheit zugetragen hat, und seine Folge ist der Bau
Babels.
Es ist eine auffällige Tatsache in der
Geschichte der Welt, dass der Strom menschlichen Fortschritts und der Bildung
von Osten nach Westen geht. Jedes der vier großen Weltreiche lag etwas weiter
nach Westen zu. Und jetzt gehen die Leute nach Amerika, und wenn sie dort sind,
nach dem westlichen Staaten Amerikas. Die Strömung des menschlichen Lebens nimmt
jenen Lauf, und es zeigt uns, dass der Mensch immer die niederwärts gehende Bahn
verfolgt.
Gottes Volk jedoch wendet sich dem Osten
zu, dem was aufwärts geht. Israel lagerte sich nach der Aufrichtung der ehernen
Schlange „gegen Sonnenaufgang“ (4. Mose 21, 11). Die Sonne der
Gerechtigkeit steht im Begriff aufzugehen „mit Heilung in ihren Flügeln“
(Mal. 4, 2), und die Söhne Hebers, das Pilgergeschlecht, schauen nach Osten -
sie lieben Sein Erscheinen.
Alles, was von Gott ist, ist jetzt
unterhalb des Gesichtskreises, aber es wird emporkommen, wenn die Sonne aufgeht.
Wer nach Westen geht, wird nur den Sonnenuntergang sehen. Solche folgen dem
Lichte dieser Welt, und das wird ihren Blicken für immer entschwinden. Der
Christ jedoch hat sein Auge auf den Sonnenaufgang gerichtet, auf alles das, was
im Glanze der Herrlichkeit und göttlicher Schönheit hervorkommen wird.
In Vers 2 lesen wir: „da fanden sie eine
Ebene im Lande Sinear und wohnten daselbst“. Ich denke, zu Pfingsten sehen
wir die Kirche auf heiligem Boden, aber da war sie noch gleichsam auf dem Berge.
Es ist gesegnet, Heilige auf heiligem Boden zu sehen. Aber traurig, wenn manche
dem Sonnenaufgang den Rücken zukehren und hinabsteigen, um Erdbewohner zu
werden. Wenn sie dorthin kommen, sprechen sie: „lasst uns Ziegel streichen
..., bauen wir uns eine Stadt und einen Turm ..., und machen wir uns einen
Namen“ (V. 3 u. 4).
Auf diese Weise wurde Babylon in der
Christenheit gebaut. Der Sonnenaufgang war hinter dem Rücken der Leute, d.h. die
Wiederkunft Christi war vergessen, und die Bekenner des Christentums wurden
Erdbewohner.
Babylon ist nicht aus Steinen oder Felsen
gebaut - nicht das Geringste von Christo ist darin. Es besteht aus Ziegeln,
einem Machwerk des Menschen. Die Erbauer desselben haben den Stein, Christum,
verworfen und lassen die „lebendigen Steine“ außer Acht; sie sind aber sehr
geschäftig, Ziegel zu machen. Ziegel sind eine Nachahmung von
Steinen, die aus erdigem Stoff hergestellt sind, ein Bild vom natürlichen
Menschen, der einem Gestaltungsverfahren unterworfen wird, damit er Teil des
großen Baues werden kann, der dem Menschen einen Namen sichert und ihm Ruhm
verschafft.
Gott sei Dank, Gottes Bau macht auch
Fortschritte. Doch wir sind von Babylon umgeben, einem Bau, der dem Ziegelmachen
des Menschen sein Dasein verdankt. Es besteht aus einem erdigen Baustoff,
geformt und hartgebrannt, um als Stein zu dienen. Aber keine noch so verfeinerte
Ausbildung wird den natürlichen Menschen je für Gottes Bau geeignet machen. Der
natürliche Mensch kann wohl so ausgebildet werden, dass er für Babel passend
wird, aber dort ist nichts für Gott vorhanden. In Babel ist kein göttlicher
Baustoff.
Ich hoffe, wir können sehen, wie nötig es
ist, uns frei von Babel zu halten. Gottes Bau setzt sich aus lebendigen Steinen
zusammen, die Christo in sittlicher Hinsicht verwandt sind, d.h. verwandt mit
Dem, der der Felsen ist. Babel jedoch ist ein großer religiöser Bau, ohne das
Geringste von Christo darin. Wir sollten seinen Ursprung und alle seine Merkmale
beachten, und sie im einzelnen erwägen. Gott hat darauf herniedergeschaut und es
dem Gericht bestimmt: Er hat Verwirrung darauf geschrieben.
Als Israel fehlte und Gott die Herrschaft
den Nationen gab, stellte Er Babel noch einmal auf die Probe, indem Er
Nebukadnezar unumschränkte Herrschergewalt verlieh. Aber das Ende davon war,
dass Nebukadnezar all den Ruhm und die Herrlichkeit für sich selbst in Anspruch
nahm und sprach: „Ist das nicht das große Babel, das ich zum königlichen
Wohnsitz erbaut habe durch die Stärke meiner Macht und zu Ehren meiner
Herrlichkeit?“ (Dan 4, 30) Die Folge davon, dass Gott dem Nebukadnezar das
Reich gegeben, war, dass er all dessen Herrlichkeit für sich in Anspruch nahm -
und das ist der Mensch in seinem besten Zustande, das Haupt von Gold (Dan. 2,
38).
In der Offenbarung sehen wir Babylon in
seiner schlimmsten und verderbtesten Gestalt, geschmückt durch das Licht des
Christentums, und es heißt: „Wieviel sie sich verherrlicht“
(Kap. 18, 7). Sie hatte das Licht des Christentums zu ihrer Selbstverherrlichung
benutzt, ebenso wie auch Belsazar die goldenen und silbernen Gefäße des
Heiligtums Gottes auf seinem Götzenfeste gebrauchte.
Der Mensch nimmt die höchsten und
heiligsten Dinge und gebraucht sie zu seiner Selbstverherrlichung. - Wie
einfältig müssen die Ungläubigen sein, wenn sie davon reden, dass die Heilige
Schrift nicht von Gott eingegeben ist! Die Geschichte Babels allein, wie sie in
der Schrift dargestellt wird, ist hinreichend, deren göttliche Eingebung zu
beweisen. Wer anders als Gott hätte uns eine solche Geschichte der Welt der
Herrlichkeit des Menschen von ihrem Ursprung in 1. Mose 11 an durch vier
Jahrtausende hindurch bis zu ihrer schließlichen und endgültigen Niederwerfung
in Offenbarung 18 geben können? Gottes Gedanke ist, dass die Welt für jeden der
Seinigen ein zusammengebrochener Bau sei.
Die göttliche Eingebung des ersten Buches
Mose ist viel angezweifelt worden, und doch enthält kein Buch größere Beweise
seines göttlichen Ursprunges. Das, was man nur für Einzelheiten hält, ist voller
sittlicher Belehrungen. Zweifel und Schwierigkeiten werden in die Herzen der
Kinder in der Schule gesät. Aber vieles, was die Ungläubigen sagen, ist einfach
Unwissenheit. In der Tat herrscht nirgendwo anders so große Unwissenheit, wie
auf Seiten der modernen, gebildeten Welt, wenn sie sich anmaßt, die Heilige
Schrift zu beurteilen, weil sie Gott auslässt und vollständig blind gegen alles
ist, was eine sittliche Belehrung hat. In der Schrift ist kein Platz für das,
was nicht unserer sittlichen Belehrung dient.
„Dass wir nicht zerstreut werden“
(V. 4). Hier wird uns zum ersten Male der Grundsatz der Vereinigung
gebracht. Der Mensch empfindet seine Schwäche als etwas Einigendes, und anstatt
zu Gott aufzublicken, erwartet er Stärke durch Vereinigung mit seinen
Mitmenschen. Das wird alles seinen Höhepunkt in dem großen Staatenbund der
letzten Tage erreichen.
Babel wäre ein wunderbarer Ort geworden,
wenn Gott gestattet hätte, dass sich ihr Plan verwirklichte. Eine Stadt und ein
Name war etwas Hohes in ihren Augen. Sie gedachten sich dadurch einen
Mittelpunkt zu sichern, der zu ihrer Herrlichkeit und zu ihrem Ansehen
beigetragen hätte.
Dieses hohe Ziel wird am Tage der Zukunft
nahezu erreicht werden, aber es wird nie geduldet werden, dass es das wird, was
der Mensch begehrt. Gott wird den Stolz aller menschlichen Herrlichkeit
verächtlich machen (Jes. 23, 9).
Wenn alle Menschen eines Sinnes
zusammengehalten hätten, mit einem Ziel vor ihren Augen, und Gott keine Mittel
gebraucht hätte, den Menschen zu schwächen, so wäre gar nicht auszusagen, was er
erreicht hätte. Gott sprach: „nun wird ihnen nichts verwehrt werden, was sie
zu tun ersinnen“, und deshalb schwächte Er sie, indem Er ihre Sprache
verwirrte.
Das hat Gott seitdem die ganze Geschichte
der Welt hindurch getan: Die großen Vereinigungen der Menschen sind immer
dadurch geschwächt worden, dass in sittlicher Hinsicht ihre Sprache verwirrt
wurde und sie einander nicht verstehen konnten. So hat der Mensch nie die
ersehnten Ziele seines Ehrgeizes erreichen können. Alle großen Vereinigungen von
Babel bis heute, sind früher oder später daran zugrunde gegangen, dass solche da
waren, die in sittlicher Hinsicht eine andere Sprache redeten.
Das Babel der letzten Tage ist der
Verderber des Christentums. Welch eine schreckliche Nacht würde Babylon in
unseren Tagen sein, wenn Gott nicht erlaubt hätte, dass es durch Uneinigkeit und
das Aufkommen von Sekten geschwächt worden wäre. Doch Gott ließ die Abspaltung
der griechischen Kirche und nochmals die der zahllosen Sekten des
Protestantismus zu, um alles zu schwächen. Gegenwärtig sehen wir, dass trotz des
Völkerbundes kaum zwei Nationen über irgend etwas übereinstimmen.
Das ist der Weg, auf dem Gott Seiner
Vorsehung nach die großen Vereinigungen, ja Staatenbunde der Menschen schwächt.
Sie würden alles überwältigen, wenn Er sie nicht dadurch schwächte, dass Er ihre
Sprache verwirrte, dass sie also nicht mehr miteinander übereinstimmten, so dass
die Einheit wieder zusammenbricht.
Gott wirkt in Seiner Vorsehung immer dahin,
den Menschen zu hindern, die Herrlichkeit zu erringen, auf die sein
Herz und Sinn gerichtet ist, und das bringt Er im Allgemeinen durch inneren
Streit und Zwietracht zustande. Alles in der Welt des Menschen wird gerade auf
das Gegenteil hinauslaufen, wozu es dienen soll. Ich meine das mit Bezug auf
seine letzten Folgen. So wurde das, was ein Meisterstück der Ausgestaltung und
Verwaltung sein sollte, einfach ein Babel - Verwirrung.
Es mag scheinen, dass der Wille und die
Macht eines Nimrod so etwas wie Ordnung daselbst zustande brachte. Dennoch
bleibt es Babel und wird das sein bis zum Ende.
Ich denke, das, was dem Menschen in Babel
vorschwebte, wird am Tage der Zukunft seinem Ziele sehr nahe kommen, aber es
wird infolge des Widerstreits der Grundsätze nicht in Erscheinung treten. In
Offenbarung 17, 6 lesen wir, dass die zehn Könige die Hure hassen und ihr
Fleisch fressen werden und sie mit Feuer verbrennen.
Gott lässt diese Streitigkeiten aufkommen,
um die Macht des Menschen zu schwächen. Wir brauchen uns deshalb über die großen
Zusammenschlüsse der Menschen nicht sehr zu beunruhigen. Ich glaube, dass Gott
sie, besonders solange die Kirche hienieden ist, im Zaume halten wird. Es mag
Verfolgungen geben, ja wird sie geben; aber Gott wird die Zusammenschlüsse der
Menschen durch inneren Zwist schwächen, und das wird zum Vorteil und Schutz der
wahren „Söhne Hebers“ ausschlagen.
Gott aber zerbricht nicht nur die Einheit
der Menschen, sondern Er hat Selbst eine wunderbare Einheit in dieser Welt
geschaffen. Es ist schon oft darauf hingewiesen worden, wie am Tage der
Pfingsten Babel rückgängig gemacht wurde. Da redete Gott in Gnade
zu jedem Menschen in seiner eigenen Sprache, damit alle zur göttlichen Einheit,
zur Einheit im Geiste gelangen möchten.
Welch einen Gegensatz zu Babel haben wir zu
Anfang der Apostelgeschichte, nämlich solche, die einander vollkommen verstehen
konnten! „Die Menge derer aber, die gläubig geworden, war ein
Herz und eine Seele; und auch nicht einer sagte, dass etwas von
seiner Habe sein eigen wäre, sondern es war ihnen alles gemein“ (Apg. 4,
32).
Das war Gottes Antwort auf Babel. Es war
etwas so Wunderbares, dass keiner wagte, sich ihnen anzuschließen (Apg. 5, 13).
Es war gleichsam eine Einheit mit einer feurigen Mauer ringsum sie her (Sach. 2,
5).
Aus Jos. 24, 2 sehen wir, dass zur Zeit
Babels noch etwas bis dahin Unbekanntes aufkam, nämlich der Götzendienst.
Ich denke, Götzendienst ist ein wesentlicher Zug Babels. Wenn der Mensch seine
eigene Herrlichkeit sucht, so öffnet er damit Satan die Tür, sich an Gottes
Stelle zu setzen. Wie schrecklich, dass der Mensch dem Ehre erweist und zu dem
aufblickt, was in Wahrheit satanisch ist.
Das Wesen dieser Welt besteht einerseits
darin, dass sich der Mensch kaiserliche Macht anmaßt und damit die Rechte
Christi vergewaltigt, und andererseits ergibt er sich dem Götzendienst.
Unter solchen Umständen sind die Segnungen
und das Zeugnis Gottes in Verbindung mit einem herausgerufenen Volke; die
Versammlung oder Kirche ist eine herausgerufene Schar.
Im nächsten Kapitel kommen wir daher zu
Abram, zu einem, der von Jehova herausgerufen wurde.
Abram ist ein vorbildlicher Sohn Hebers.
Die Berufung Gottes machte ihn zu einem Fremdling und Pilger auf Erden. Er maßte
sich nicht an, eine Stadt zu bauen, sondern wartete auf eine solche. „Er
erwartete die Stadt, welche Grundlagen hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott
ist“ (Heb. 11, 10). Er hatte eine Stadt vor sich, die, im vollkommenen
Gegensatz zu Babel, mit Herrlichkeit Gottes erfüllt werden sollte.
Es ist sehr gesegnet, die Eigenart zu
sehen, in der Gott ihm erscheint; Stephanus sagt uns als „Gott der
Herrlichkeit“ (Apg. 7,2). Diese Herrlichkeit war es, die die Babelwelt in
den Schatten stellte und die Ketten des Götzendienstes für ihn zerriss. Kein
anderer Mensch verdient unsere Beachtung mehr als Abram, weil er unser Vater
ist, der „Vater aller..., die ... glauben“ (Röm. 4, 11).
Der Gott der Herrlichkeit erschien ihm, als
er in Mesopotamien war, und sprach: „Gehe aus deinem Lande und aus deiner
Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause, in das Land, das ich dir zeigen
werde“ (V. 1).
Die Berufung Gottes ist etwas Wunderbares.
Eine mächtige, kraftvolle Stimme aus der unsichtbaren Welt erreicht das Herz,
und es kommt uns zum Bewusstsein, dass wir es mit Gott zu tun haben. Er fesselt
unsere Aufmerksamkeit, lenkt sie von der Erde hinweg und bringt uns in Berührung
mit einer Welt, wo göttliche Herrlichkeit wohnt.
Es ist klar, dass ein solcher Ruf Bewegung
hervorbringt. So manche Seele empfängt die Vergebung der Sünden und geht nicht
weiter als nach Mesopotamien; sie folgt der göttlichen Berufung nicht. Sogar
Abram entsprach seiner Berufung nicht sofort. Augenscheinlich tat sein Vater den
ersten Schritt und nicht Abram, obwohl der Gott der Herrlichkeit diesem
erschienen war und zu ihm geredet hatte; Tarah tat den Schritt und nahm Abram
mit sich.
Gott gebraucht manchmal die Umstände der
Vorsehung, um uns in der rechten Richtung zu leiten, aber sehr oft werden sie
uns dann ein Hindernis. Die Umstände der Vorsehung und natürliche
Verwandtschaftsbeziehungen führen uns nie zu dem, was himmlisch ist. Tarah ging
nicht über Haran hinaus, und Abram wurde dort aufgehalten bis zum Tode seines
Vaters. Er verließ wohl sein Land und seine Verwandtschaft, aber er verließ
seines Vaters Haus nicht eher, als bis Gott diesen im Tode hinwegnahm. Wie oft
muss Gott in Zucht den Tod auf das bringen, was uns zurückhält, und uns so
freimachen, Seiner Berufung zu entsprechen!
Es sei darauf hingewiesen, dass Abram
nichts Schlechtes verlassen sollte. Die Welt war in der Tat eine schlechte Welt,
sie wurde durch Weltherrschaftsgelüste (in Nimrod) gekennzeichnet, d.h. durch
die Anmaßung dessen, was Christo gebührt, und durch Götzendienst und die
menschliche Herrlichkeit Babels. Doch Jehova erwähnt nichts davon. Er berief
Abram, aus seinem Lande, seiner Freundschaft und seines Vaters Hause zu gehen -
d.h. aus dem, worin uns diese Erde in ihrer besten Gestalt entgegentritt -
„in das Land, das ich dir zeigen werde“.
Die Berufung Gottes soll uns dazu führen,
das eigentliche Teil des Glaubens gänzlich außerhalb der sichtbaren und
natürlichen Dinge zu genießen. Sind wir bereit, im Geiste den Schauplatz des
Sichtbaren zu verlassen, um ein Teil außerhalb der ganzen Welt des Sichtbaren
und Betastbaren zu ererben, das von Natur den Menschen anzieht und fesselt?
Gott ruft Seine Heiligen vom Sichtbaren des
Stofflichen hinweg, auf dass Seine Herrlichkeit und Sein Land und Seine Stadt
vor ihnen sind. Dr. Hawker (Plymouth) wurde gefragt, ob er sich die
Weltausstellung ansehen würde, und er antwortete: Ich habe den König in Seiner
Schönheit gesehen und ein weithin offenes Land (Jes. 33, 17). - Das Beste, was
die Welt hervorzubringen vermochte, war dort. Doch wer etwas unendlich
Herrlicheres gesehen hatte, konnte dadurch nicht angezogen werden.
„Der Gott der Herrlichkeit“
war dem Abram erschienen. Im Neuen Testament wird Er der „Vater der
Herrlichkeit“ genannt (Eph. 1, 17). Das besagt, dass Er eine ganze Welt der
Herrlichkeit ins Dasein gerufen hat, und durch Gnade beruft Er nun den Menschen,
sie zu sehen und darin zu leben, obschon sie noch unsichtbar ist.
Stephanus begann seine Ansprache in
Apostelgeschichte 7 damit, dass er von dem Gott der Herrlichkeit redete, und am
Ende sah er einen Menschen in der Herrlichkeit. Er wurde zu Tode gesteinigt,
aber Saulus setzte sein Zeugnis fort und begann mit dem Lichte der Herrlichkeit
und einem Menschen in der Herrlichkeit.
Es war ein Licht, das das prächtigste Licht
der Natur in den Schatten stellte, „ein Licht, das den Glanz der Sonne
übertraf“ (Apg. 26, 13). Der Prediger Salomo stellt alle die Eitelkeit
dessen, was „unter der Sonne“ ist, bloß. Im Hohenlied jedoch kommen wir
in Berührung mit dem, was geistlich über der Sonne steht, und zwar in einer
Person, die „der Hervorragendste [wörtlich: wie ein erhobenes Banner]
unter Zehntausenden“ und „ganz und gar lieblich“ ist (Kap. 5, 10 u.
16).
Das Land, das Jehova vorhatte, Abram zu
zeigen, war ein Bild von einem himmlischen Erbe. Und jetzt bietet sich das
Himmlische unseren Blicken völlig dar, denn Jesus ist verherrlicht in dem
Himmel. Stephanus sah das, was man „die neue Hauptstadt“ genannt hat, etwas weit
Größeres als Jerusalem. Und Paulus sah das himmlische Licht und hörte die
himmlische Stimme, damit der Sohn Gottes in ihm geoffenbart werde, und er Ihn -
den auferstandenen, aufgefahrenen Menschen - als eine frohe Botschaft den
Nationen verkündige.
Die Annahme, die Stellung und
Verwandtschaft des im Himmel verherrlichten Sohnes Gottes wird jetzt als eine
frohe Botschaft der ganzen Welt verkündigt. Gott gedenkt den Menschen nichts
Geringeres zu geben, als eine himmlische Segnung in Seinem Sohne und die
Sohnschaft einer himmlischen Ordnung gemäß - das ist das Land, das Er uns zeigen
möchte, das umfasst die volle Höhe des Evangeliums. Der Sohn Gottes im Himmel
wird den Menschen als eine frohe Botschaft verkündigt. Durch die Gnade eines
Heiland-Gottes soll ihnen nicht nur Vergebung und Rechtfertigung zuteil werden,
Er möchte sie in die Stellung und Verwandtschaft bringen, die in Seinem Sohne,
als dem verherrlichten Menschen im Himmel, ihren Ausdruck findet, und den Geist
Seines Sohnes in ihre Herzen senden, auf dass darin der Ruf „Abba, Vater!“
als eine freie, glückselige Antwort auf eine solche erstaunliche Liebe
hervorgebracht werde.
Das Teil des Glaubens ist in jenem „Land“,
und wenn wir in der Glückseligkeit dessen leben, sind wir in Wahrheit „groß“.
Die Erbauer von Babel sagten: „machen wir uns einen Namen“, doch Jehova
sagte zu dem herausgerufenen Manne: „ich will dich zu einer großen Nation
machen und dich segnen, und ich will deinen Namen groß machen; und du sollst ein
Segen sein!“ (V. 2)
Gott will uns dadurch groß machen, dass Er
uns die Größe und Kostbarkeit Christi kennenlernen lässt. Wie könnte es etwas
Größeres geben, als die Erkenntnis und den Besitz des Sohnes Gottes im Himmel zu
haben, und zu wissen, dass Seine Stellung und Verwandtschaft durch die
unendliche Gnade und Liebe des glückseligen Gottes ewig unser Teil ist?
Maria war sich der ihr verliehenen
göttlichen Größe bewusst, als sie sagte: „von nun an werden mich glückselig
preisen alle Geschlechter“ (Luk. 1, 48). Ihre Größe beruhte auf der
Tatsache, dass Gott sie zu dem begnadigten Gefäße gemacht hatte, Christum zur
Welt zu bringen.
Gott macht uns dadurch groß, dass Er
Christum brachte und Ihm einen Platz in unseren Herzen gibt und uns erkennen
lässt, wie gesegnet wir in Ihm sind. Jeder vom geistlichen Samen Abrahams kann
in Wahrheit sagen: „deine Herablassung machte mich groß“ (Ps. 18, 35).
Bei Abram lernen wir einen Grundsatz
kennen, nach dem alle Nationen gesegnet werden können. „Die Schrift aber,
voraussehend, dass Gott die Nationen aus Glauben rechtfertigen würde,
verkündigte dem Abram die gute Botschaft zuvor: ‚in dir werden gesegnet werden
alle Nationen‘“ (Gal. 3,8).
In Abram sehen wir den Glauben als
ausgesprochenen Grundsatz der Segnung eingeführt, und er ist ein Grundsatz, der
für einen jeden, ja für alle Nationen gilt. Glaube ist das Licht Gottes, das
Licht von unsichtbaren Dingen, die durch göttliche Gnade in die Seele des
Menschen gebracht werden. In Kap. 22, 18 ist die Segnung im Samen Abrams, d.h.
in Christo; in Kap. 12, 2 u. 3 aber in Abram, d.h. sie wird, als auf dem
Grundsatz des Glaubens gekommen, betrachtet.
Zu Babel wurden die Nationen im Gericht
zerstreut, aber der Glaube ist ein Grundsatz, nach dem alle Nationen zur Segnung
gebracht werden können. „Also werden die, welche aus Glauben sind, mit dem
gläubigen Abraham gesegnet“ (Gal. 3, 9).
Dann ist der Anfang von Vers 3 wichtig:
„ich will segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen“.
Die Menschen werden durch ihr Verhalten gegen das, was von Gott ist, geprüft.
Das können wir in vollkommener Weise in Verbindung mit dem Herrn Selbst sehen.
Er war die große Probe, und die Ihn segneten, waren gesegnet.
Dem Grundsatze nach hat das auch seine
Anwendung auf die Heiligen, denn wenn sie von Gott gesegnet sind, indem sie
Glauben haben, werden sie anderen eine Probe. Das sehen wir in Mat. 25, 40:
„insofern ihr es einem der Geringsten dieser meiner Brüder getan habt, habt ihr
es mir getan“. Die Gerechten hatten Seine Brüder gesegnet, und deshalb
wurden sie gesegnet.
Tatsächlich wird alles, was von Gott ist,
denen eine Probe, die damit in Berührung kommen. Es ist wichtig, dies zu
beachten. Wenn Gott das, was aus Ihm ist, den Menschen nahebringt, so segnen
oder verfluchen sie es in ihrem Herzen. Wenn Gott Licht über die Wahrheit
bringt, so stellt uns das gleicherweise auf die Probe; es wird ein Prüfstein des
Zustandes der Seele. Wenn Gott einen Dienst gibt, der von Ihm ist, so werden
die, die Gutes davon reden - ihn also segnen - den Segen davon bekommen. Aber
die, die übel reden, offenbaren dadurch ihren eigenen Zustand, und dem heiligen
Walten Gottes gemäß können sie sogar das verlieren, was sie zuvor hatten. Wir
können dies klar bei denen sehen, die das Licht, das in den letzten Tagen der
Kirche gegeben worden ist, von sich wiesen und übel davon redeten.
Derselbe Grundsatz findet Anwendung auf das
Evangelium: eine wunderbare Botschaft kommt, und die Leute segnen oder
verfluchen sie. Jemand sagt: „Das ist es gerade, was meine arme Seele bedarf“,
und ein anderer weist es von sich und verachtet es.
Als Abram in das Land kam bis nach Sichem,
erschien ihm Jehova. Er empfing nach der Sprache des Neuen Testamentes eine
Offenbarung. Der Herr sagt: „Wer meine Gebot hat und sie hält, der ist es,
der mich liebt; wer aber mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden; und
ich werde ihn lieben und mich selbst ihm offenbar machen“ (Joh. 14, 21).
Die Heiligen sollten über Offenbarungen
mehr geübt sein und mehr Verlangen nach ihnen haben; man empfindet es sehr, dass
sie nicht genossen, ja von vielen überhaupt nicht erwartet werden. Ich denke,
dass jede Offenbarung der Seele ein Verständnis über den Herrn gibt, das sie
vorher nicht gehabt hatte; ich glaube nicht, dass irgend etwas anderes uns
dieselbe Art persönlicher Erkenntnis Christi geben könnte, wie eine Offenbarung
von Ihm. Wahrscheinlich ist es eine der größten Ursachen geistlicher Schwachheit
der gegenwärtigen Tage, dass so wenig persönliche Erkenntnis Christi unter
denen, die an Ihn geglaubt haben, vorhanden ist.
Es ist eine große Ermutigung zu sehen, dass
die Wirkung der ersten Erscheinung bei Abram war, dass er, obwohl er sich eine
Zeit lang durch natürliche Einflüsse zurückhalten ließ, der göttlichen Berufung
entsprach und wirklich sein Land, seine Verwandtschaft und seines Vaters Haus
verließ und in das Land Kanaan ging, d.h. er machte sich die Art der Segnung zu
Eigen, die Gott vorhatte, ihm zu geben. Die erste Erscheinung hinterließ bei ihm
einen solchen Eindruck, dass sie schließlich alle Einflüsse Mesopotamiens
überwand.
Als er dann das Land Kanaan betrat und es
durchzog, fand er, „die Kanaaniter waren damals im Lande“ (V. 6). Ein
feindliches Volk hatte also das Gebiet der Verheißung inne, was ein Bild der
Einflüsse des Bösen ist, die in Wahrheit auf geistliche Mächte der Bosheit in
den himmlischen Örtern zurückzuführen sind (Eph. 6, 12), und durch die Satan die
Berufenen Gottes zu hindern sucht, in den geistlichen Besitz dessen zu gelangen,
was, Gottes Vorsatz der Liebe gemäß, ihr Teil ist.
Angesichts dieser neuen Schwierigkeiten
empfängt er eine andere Offenbarung: „Und Jehova erschien dem Abram und
sprach: Deinem Samen will ich dieses Land geben“ (V. 7). Auf die erste
Offenbarung hin war er ausgezogen, und angesichts einer anderen Form der Macht
des Feindes gibt Gott ihm eine andere, um ihn zu ermutigen.
In diesem Zusammenhang dürfte es sehr
lehrreich sein, die sieben Begebenheiten zu betrachten, bei denen Paulus
Offenbarungen besonderer und segensreicher Art empfing. Wir finden sie in Apg.
9, 3; 18, 9; 22, 18; 23, 11; 1. Kor. 11, 23; 2. Kor. 12, 9 und 2. Tim. 4, 17.
Jede dieser Offenbarungen hatte ihre besondere Eigenart und hinterließ einen
ganz besonderen Eindruck bei diesem geliebten und geehrten Diener. Eine jede,
mit Ausnahme der von 1. Kor. 11, 23, stand in besonderem Zusammenhange mit den
Umständen und Übungen, die der Apostel zur Zeit hatte. Bei ihm standen die
Erscheinungen und Mitteilungen in Beziehung zu seinem apostolischen Dienste;
doch der Herr sagt einem jeden von uns: Du wirst dadurch als einer, der mich
liebt, erkannt werden, dass du meine Gebote hast und sie hältst; und wenn du
mich liebst, wirst du nach mir verlangen, und wenn du nach mir verlangst, werde
ich mich dir offenbar machen. - Der Herr verbirgt Sich nicht vor dem Herzen, das
Ihn liebt; das würde Ihm nicht ähnlich sein.
Abram „baute daselbst Jehova, der ihm
erschienen war, einen Altar“ (V. 7). Sein Nahen zu Gott und seine
Gemeinschaft floss aus der göttlichen Gunst, die er erfahren hatte. Unser Altar
muss dem Maße unserer Erkenntnis Gottes entsprechen.
Die Offenbarung Gottes in Seinem Sohne ist
jetzt völlig zum Abschluss gekommen und ohne Schranken, aber wir haben das Maß
unserer Fähigkeit, sie zu schätzen, wohl zu beachten. Niemand kann über sein Maß
hinaus Gott nahen, aber wir sollten sogar, wenn wir an unsere Segnung denken,
nach dem Maße der göttlichen Gnade denken lernen, und diese besteht darin, dass
wir den Geist, das Priestertum und die Sohnschaft empfangen haben, so dass unser
Altar in Wahrheit sehr groß ist und eine erhabene und heilige Natur besitzt. Es
ist sehr gesegnet, einen Altar zu bauen. Das deutet darauf hin, dass wir eine
Stellung als Priester vor Gott einnehmen und Ihm Seinem Wohlgefallen gemäß
dienen.
Es wurde schon oft darauf hingewiesen, dass
alle Opfer in 1. Mose Brandopfer sind. Unter den Gläubigen hat man im
Allgemeinen mehr vom Leviten als vom Priester gehalten, d.h. man hält im
Allgemeinen, den Menschen zu dienen, für größer, als Gott priesterlich zu
dienen. Von Aaron heißt es: „um mir den Priesterdienst auszuüben“ (2.
Mose 28, 1 u. 4). Sowie wir daran denken, vor Gott einen Platz als Priester
einzunehmen, entsteht die Frage, was sich vor Ihm ziemt. Wir sehen sie in der
Kleidung des Priesters zum Ausdruck gebracht. Der Priesterdienst kann nicht ohne
einen entsprechenden priesterlichen Seelenzustand ausgeübt werden.
Bei Abram gehörten das Zelt und der Altar
zusammen. Wenn ich außerhalb kein Pilger bin, so kann ich innerhalb kein
Priester sein. Jeder Gläubige hat das Recht, ein Priester zu sein, da er mit
Christo verwandt ist. Alle Söhne Aarons hatten ein Anrecht auf das Priestertum,
aber sie mussten mit priesterlichen Kleidern angetan und geweiht sein, ehe sie
das Priestertum ausüben konnten. 1. Petrus 1 und 2 zeigen uns die geistlichen
Eigenschaften, die zu einem heiligen Priestertum erforderlich sind.
Es ist lehrreich zu sehen, dass es in
Israel ein Priestertum gab, noch ehe das amtliche Priestertum eingesetzt war. In
2. Mose 19, 22 ist von Priestern die Rede, die solche in sittlicher Hinsicht
waren. Aaron war damals noch nicht berufen worden, es war noch kein Wort über
die Priesterweihe gesprochen worden, und doch heißt es: „Und auch die
Priester, die zu Jehova nahen, sollen sich heiligen“. Da haben wir den dem
Priestertum zugrunde liegenden Gedanken. Seine Tätigkeit ist, Gott zu nahen.
Nach 1. Pet. 3, 18 hat Christus für Sünden gelitten, „auf dass er uns zu Gott
führe“, d.h. um uns eine Stellung als Priester zu geben. Durch die Erbauung
des Altars nahm Abram eine priesterliche Stellung vor Gott ein.
Dann heißt es, Abram „rief den Namen
Jehovas an“ (V. 8). Das weist auf den Geist der Abhängigkeit hin, in dem man
in allem auf Gott geworfen ist, und dies besonders in Seinem Dienste und
Zeugnis. Psalm 99, 6 sagt: „Mose und Aaron unter seinen Priestern, und Samuel
unter denen, die seinen Namen anrufen, riefen zu Jehova, und er antwortete
ihnen“.
Gebet ist der Ausdruck der Schwachheit und
Abhängigkeit auf Seiten des Menschen, aber auch des Vertrauens auf Gott. Somit
finden wir hier dreierlei, das die kennzeichnet, die im Zeugnis Gottes stehen,
und es sollte für uns eine Übung sein, diese Wesenszüge, nämlich des Pilgers,
des Priesters und des Gebets, zu wahren.
Es ist auffallend, dass, sowie Abram die
Stellung eines Priesters vor Gott einnimmt, Bethel zum ersten Male erwähnt wird,
dass da also das Haus Gottes angeführt wird. Die Zeit war noch nicht gekommen,
Einzelheiten darüber, was Bethel bedeutete, zu bringen - das haben wir mehr in
Jakobs Geschichte -, aber schon damals war es der Ort, wo der Glaube wohnte und
anbetete.
Wir sollten mehr daran denken, Gott auf
priesterliche Art zu dienen. Wie oft kommen wir zusammen und denken an kaum
etwas anderes, als getröstet, erbaut und erfrischt zu werden. Die Hauptsache
dagegen ist der Dienst Gottes. Dieserhalb ist es wichtig, nach außen hin die
Züge eines Pilgers zu tragen. Wenn wir als Einzelne, nicht als Pilger wandeln,
so wird, wenn wir zusammenkommen, nicht viel vom Priestertum zu sehen sein.
Das „Zelt“ erinnert uns auch an einen
Haushalt. Wenn junge Gläubige heiraten, kommt mir oft der Gedanke, dass ein
weiteres Zelt aufgerichtet wird, und die Übung ist, dass es ein „schönes“ Zelt
sei. „Wie schön sind deine Zelte, Jakob, deine Wohnungen, Israel!“ (4.
Mose 24, 5). Gott verbindet Sein Zeugnis vielfach mit einem Haushalt. Und es ist
ein armseliger Haushalt, wo kein Morgen- und Abendopfer ist. Hiob nahm die
Stellung eines Priesters vor seinem Hause ein und stellte alles auf den Boden
des Brandopfers.
Es ist etwas Großes, die Umgegend Bethels
nicht zu verlassen. Abrams Geschichte warnt uns vor dieser Gefahr. Es heißt:
„Und Abram zog fort, immer weiter ziehend, nach dem Süden“ (V. 9). Zuerst
sucht Satan überhaupt jede Bewegung unsererseits, solange er kann, zu
verhindern. Wenn ihm das aber nicht mehr gelingt, so sucht er den Heiligen zu
verlocken, zu weit zu gehen. Die Seelen beginnen manchmal mit dem ernsten
Verlangen nach geistlichen Gütern, aber weil sie sich selbst nicht richten
lernen, so gehen sie über das, was geistlich ist, hinaus und beschäftigen sich
mit sich selbst und nicht mit Christo. So kommt dann eine Hungersnot über uns,
die uns schließlich nach Ägypten bringt.
Zuerst suchte Satan Abram davon abzuhalten,
in das Land einzugehen, und als er dann dort war, bewog er ihn, weiter zu gehen,
nach dem Süden, und dann nach Ägypten. Doch das Verlassen Bethels schied Abram
von der Stätte der Segnung, und bei dieser Gelegenheit wird die Hungersnot
erwähnt.
Im Hause Gottes konnte keine Hungersnot
sein, dort ist immer Brot. Der verlorene Sohn wusste, dass sogar die Tagelöhner
in jenem Hause „Überfluss an Brot“ hatten (Luk. 15, 17). In späteren
Tagen sagte Gott, dass wenn Sein Volk auf Ihn gehört und in Seinen Wegen
gewandelt hätte, so würde Er sie „mit dem Fett des Weizens ... gespeist, und
mit Honig aus dem Felsen ... gesättigt haben“ (Ps. 81, 16).
Wenn Mangel geistiger Nahrung eintritt, so
kannst du sicher sein, dass du dich in falscher Richtung bewegt hast. Es gibt
kaum eine bessere Probe dafür, wo du dich aufhältst, als die Nahrungsprobe.
Der Mangel an Speise war eine sehr ernste
Sache, weil er die Seelen dahin führt, nach Ägypten hinabzuziehen. Dort gehen
die Hungrigen hin. Wenn du dich von geistlicher Speise nährst, brauchst du die
Speise der Welt nicht. Aber wenn du jene nicht bekommst, wirst du bald nach
dieser verlangen. Wenn du den Mangel empfindest, o so wache auf, damit du
siehst, wohin du gehst, und wende dich in die Nähe Bethels zurück. Jeder Schritt
in falscher Richtung ist nicht nur verlorene Zeit, sondern bringt dich dahin,
das wahre Zeugnis aufzugeben.
In denke, der Herr hat die Umstände und
Schwierigkeiten der letzten Jahre dazu benutzt, in Seinen Heiligen mehr einen
Pilger- und Priestergeist hervorzubringen. Vielen schweren Prüfungen musste ins
Angesicht geschaut, sie mussten hingenommen werden, und Gottes Absicht war
dabei, die dreifache Schnur, von der wir gesprochen haben, zu bilden und zu
stärken, nämlich den Pilger-, Priester- und Gebetsgeist (Pred. 4, 12).
Wahrscheinlich wird es nicht besser, sondern schlimmer werden, und der Herr wird
fortfahren, in dieser Weise zu uns zu reden. Wenn dabei dieser Geist nicht zur
Reife kommt, so werden wir nach Ägypten zurückkehren.
Die Folge davon, dass wir in jener Richtung
gehen, ist, dass wir uns fürchten, unseren wahren geistlichen Beziehungen treu
zu sein. Sobald Abram nach Ägypten ging, fürchtete er sich. Schon der Schatten
Ägyptens (Jes. 30, 2.3) machte ihm, noch ehe er dahin kam, bange, die Beziehung,
in der er zu Sarai stand, zu bekennen. Er dachte nur an sich selbst. Wie sehr
ähnelt das dem: „alle suchen das ihrige!“ (Phi. 2, 21) Sein eigentlicher
Platz war, Sarai zu beschützen, aber nun war er gesonnen, Sarai preiszugeben, um
sich selbst zu schützen!
Abram stellt die Seite der
Verantwortlichkeit dar, und in Sarai sehen wir ein Bild der Beziehung der Kirche
zu Christo. Abram hätte sehr eifrig darum besorgt sein sollen, dass sie ihrer
Beziehung zu ihm treu blieb und sie offen bekannte. Stattdessen war er voll von
sich selbst und sagte: „sie werden mich erschlagen und dich
leben lassen. Sage doch, du seiest meine Schwester, auf dass es mir wohlgehe um
deinetwillen, und meine Seele am Leben bleibe deinethalben“ (V. 12 u. 13).
So handelt einer, der das Seinige sucht, und das ist die Wirkung des Schattens
Ägyptens.
Du wirst finden, dass wenn du dich auf den
Boden der Welt hinabbegibst, wenn du dich mit den Menschen der Welt einsmachst,
so wirst du dich sehr scheuen, deine wahre Beziehung zu Christo zu bekennen.
Und die Folge von Verleugnung dieser
Beziehung war, dass Sarai in das Haus Pharaos kam. Welch ein Gegensatz zum Hause
Gottes! „Und die Fürsten des Pharao sahen sie und priesen sie dem Pharao; und
das Weib wurde in das Haus des Pharao geholt“ (V. 15).
Der Weg, von der Welt bewundert zu werden,
besteht darin, deine Beziehung zu Christo zu verleugnen. Wenn du Christo untreu
bist, wird man dich rühmen. Paulus eiferte um die Korinther mit Gottes Eifer und
sagte: „ich habe euch einem Manne verlobt, um euch als eine
keusche Jungfrau dem Christus darzustellen“ (2. Kor. 11, 2).
So hätte es um den Geist Abrams bestellt
sein sollen, er sollte danach verlangt haben, dass Sarai nirgendwie ihre wahren
Beziehungen verleugne. „Und er tat Abram Gutes um ihretwillen“ (V. 16).
Geradeso erging es der Kirche im Laufe
ihrer Geschichte auf Erden, als sie Christo untreu war. Viele sagen: Ihr müsst
unter die Welt gehen, und ihr werdet ihr dadurch eine Wohltat erweisen. -
Keinesfalls; dann erweisen wir ihr nichts Gutes, sondern bringen nur Plagen über
sie! „Und Jehova schlug den Pharao und sein Haus mit großen Plagen“ (V.
17).
Ich glaube, dass über die Welt viele Plagen
um der Untreue des Volkes Gottes willen kommen. Wenn die Christen untreu sind,
so hat Gott die Welt zu plagen, um Sein Volk aus ihr herauszubringen und sie von
ihren Verbindungen mit ihr zu befreien. Untreue kann niemals irgend jemand zum
Segen sein, und die Welt lernt uns durchaus nicht dadurch schätzen, dass wir zu
ihr hinabgehen.
Das Ganze endete damit, dass Abram und
Sarai gleichsam aus Ägypten ausgestoßen wurden. Gar oft geschieht es, dass sich
dann, wenn sich Kinder Gottes in die Welt begeben, etwas ereignet, was sie
hinaustreibt.
Am Anfang dieses Kapitels sehen wir Abram
völlig wiederhergestellt. Er kehrte zum Punkte des Abweichens zurück, „zu dem
Orte, wo im Anfang sein Zelt gewesen war“, und „zu der Stätte des Altars, den er
zuvor daselbst gemacht hatte“, und „Abram rief daselbst den Namen Jehovas an“
(V. 3 u. 4).
Er kehrte im Bilde zu seinem vollen
Vorrechte und seiner Segnung zurück. Gott ist der Gott der Wiederherstellung; Er
gibt Seine Gedanken in Bezug auf uns nie auf, und wir bedürfen in der Gnade
befestigte Herzen. Wenn Gläubige von dem Pfade und der Freude des Glaubens
abkommen, werden sie oft versucht, alles als hoffnungslos aufzugeben, aber durch
die unendliche und ganz und gar unverdiente Gunst Gottes steht uns durch
Selbstgericht ein Weg zu alledem offen, dessen wir uns vordem erfreuten. Selbst
dann, wenn kein äußerliches Abweichen stattgefunden, kommt das Herz oft vom
wahren Genuss geistlicher Segnungen ab; aber das braucht nicht anzudauern.
Der Herr sagte zu Petrus: „Ich aber habe
für dich gebetet“ (Luk. 22, 32). Wenn es noch recht um uns steht, verwendet
Er Sich für uns, damit wir jede erforderliche Gnade und Unterstützung auf dem
Pfade des Willens Gottes haben. Wenn wir jedoch in eine verkehrte Stellung oder
einen schlechten Zustand kommen, findet Sein priesterliches Eintreten für uns
vielleicht eine Antwort in Gottes Züchtigung. Dann können wir in demütigende
Verhältnisse kommen, die vielleicht Leiden für andere mit sich bringen, wie es
in den Wegen Jehovas mit dem Pharao und dessen Hause geschah. Gott sagt damit
gleichsam: Ich muss dich zu deinem Zelt und Altar zurückbringen, und zu dem
Geiste der Abhängigkeit.
Gott denkt immer an eine volle
Wiederherstellung. Wie weit auch ein Heiliger abgeirrt sein mag, Gott geht nie
von Seinen Gedanken hinweg, und Er ist immer wirksam, ihn dahin zurückzubringen.
Manchmal haben wir ein Aufleben ohne Wiederherstellung zum Punkte des
Abweichens; doch unsere Übung sollte dahin gehen, zur vollen Höhe unserer
Berufung und des Vorrechtes zurückzugelangen.
Lot war der Begleiter des Mannes des
Glaubens, doch er scheint überhaupt keine Tatkraft des Glaubens für seinen Pfad
besessen zu haben. Er ging mit Abram von Mesopotamien nach Kanaan, und von
Kanaan nach Ägypten, und dann wieder zurück nach Kanaan. Es gibt viele Lots, die
sich an andere halten. Doch das genügt nicht, denn eines Tages wird die Probe
kommen.
Als Lot geprüft wurde, erwies er sich als
ein Mann, der nach dem äußeren Schein ging. Er war bekehrt, aber er war kein
Mann des Glaubens, und sein Aufenthalt in Ägypten hatte eine bedenkliche Wirkung
auf ihn ausgeübt, denn als er die Ebene des Jordans sah, wo Sodom lag, war sie
in seinen Augen „wie das Land Ägypten“! (V. 10)
Es ist viel leichter, jemand nach Ägypten
hinabzuführen, als die Liebe zu dessen Verhältnissen aus dem Herzen zu reißen,
wenn sie dort einmal aufgekommen ist. Das war etwas sehr Ernstes im Leben
Abrams. Gar mancher Gläubige, der nach Ägypten hinabgezogen ist und nochmals
wiederhergestellt wurde, hatte auch andere mit sich genommen, die nie
wiederhergestellt wurden. Lot erlebte nie eine wahre geistliche
Wiederherstellung. Er hatte nie den Pilgergeist oder die Wesensart eines
Priesters, obwohl Gottes Erbarmen sich seiner annahm. Wenn es nicht im Neuen
Testament stände, würden wir nie gewusst haben, dass er ein bekehrter Mann war.
Es ist traurig, wenn der Einfluss Ägyptens
im Herzen Platz greift. Die Kinder der Heiligen, die in der Zucht und Ermahnung
des Herrn auferzogen werden, haben das große Vorrecht, dass der Geschmack für
die Dinge Ägyptens nie bei ihnen entwickelt wurde. Infolgedessen haben sie nie
von den Erinnerungen an Ägypten zu leiden.
Die Israeliten, die in Ägypten gewesen
waren, konnten an das denken, was sie dort gehabt hatten. Sie sprachen: „Wir
gedenken der Fische, die wir in Ägypten umsonst aßen, der Gurken und der Melonen
und des Lauchs und der Zwiebeln und des Knoblauchs“ (4. Mose 11, 5).
Wenn du einmal die Dinge Ägyptens
geschmeckt hast, vergisst du das nie. Und wenn deine Seele in geistlicher
Hinsicht zurückgeht, so ist immer die Neigung vorhanden, dich ihnen wieder
zuzuwenden.
Ein anderer Umstand bei der Verfehlung
Abrams war, dass er Hagar aus Ägypten mitbrachte und sie die Veranlassung zu
späteren Schwierigkeiten wurde. Man weiß nie, welche Folgen irgendein Schritt in
abschüssiger Richtung haben kann. Wir können daran unser ganzes Leben zu leiden
haben, und was noch trauriger ist, andere haben die Folgen mitzutragen.
Dann finden wir die Schwierigkeit des
Kleinviehs und der Rinder wegen, und den Streit zwischen den Hirten. Der
Reichtum ihres Besitzes wurde nun eine Quelle des Verdrusses, und es gab
Streitigkeiten. Es wird dabei erwähnt, „die Kanaaniter und die Perisiter
wohnten damals im Lande“ (V.7), um darzutun, wie gefährlich ein Streit in
Gegenwart solcher Zuschauer war.
Es gibt Feinde, die zusehen und bereit
sind, auf das zu achten, was sich unter dem Volke Gottes zuträgt. Es ist ein
schlechtes Zeugnis, wenn unter Knechten Streitigkeiten wahrgenommen werden
können. „Ein Knecht des Herrn aber soll nicht streiten, sondern gegen alle
milde sein, lehrfähig, duldsam, der in Sanftmut die Widersacher zurechtweist“
(2. Tim. 2, 24 u. 25).
Streit ist meist mit dem verbunden, was uns
gehört, oder von dem wir denken, dass es uns in dieser Welt gehört.
Wenn ich einen Platz für mich beanspruche, so führt das höchstwahrscheinlich zu
Streit.
Doch Abram hatte ganz und gar keine
streitsüchtige Gesinnung. Er sagte: „Lass doch kein Gezänk sein zwischen mir
und dir ...; denn wir sind Brüder!“ (V. 8). Er trat dem Streitgeist im
Geiste der Selbstverleugnung entgegen. Er bestand auf keinem seiner Rechte. Wenn
Lot zur Linken wollte, so wollte er zur Rechten gehen, und wenn Lot das Land zur
Rechten vorzog, so wollte er sich nach links wenden. Er klammerte sich an nichts
hienieden und überließ alles Gott - welch ein schönes Vorbild!
Sogar von Christo wurde gesagt: „Er wird
nicht streiten, noch schreien, noch wird jemand seine Stimme auf den Straßen
hören“ (Mat. 12, 19). Er war der erwählte Knecht, der Geliebte, an dem Seine
Seele Wohlgefallen gefunden hatte. Er wollte alles den Händen Gottes überlassen
und nicht um irgendeinen Platz kämpfen, sondern mit Seinem Dienste fortfahren.
Ich denke, in Abram sehen wir etwas vom Geiste Christi.
Alles das wurde eine Prüfung für Lot; und
er „hob seine Augen auf und sah die ganze Ebene des Jordan, dass sie ganz
bewässert war ..., gleich dem Garten Jehovas, wie das Land Ägypten“ (V. 10).
Alles das war seiner Natur nach schön und sehr anziehend. Der „Garten Jehovas“
sagt mir, dass dort alles zu finden war, was in irdischer Hinsicht begehrenswert
war. Er konnte sich keinen besseren Platz wünschen.
Zuzeiten stellt uns Satan etwas ihm
Ähnliches vor Augen, um uns vom Pfade des Glaubens abzubringen, und viele
denken, dass Gott das so gefügt habe, dass es eine wunderbare Anordnung Seiner
Vorsehung ist! Sie sagen dann: Ich war darüber geübt, und dann tat sich mir
diese Tür auf, und das ist gerade das, was ich brauche!
Die Frage ist: Sehen wir es mit den Augen
Lots oder mit denen Abrams an? - In der Ebene des Jordan war alles zu finden,
was einen Herdenbesitzer anziehen konnte. Wir können durch Verhältnisse geprüft
werden, die sich wie eine vollkommene Fügung Gottes ausnehmen, und doch handelt
es sich nur um unsere eigene Wahl. Es gibt nichts Tödlicheres als die Wahl des
Geschöpfes. Lot wählte für sich selbst, im Gegensatz zu dem, was der Psalmist
sagt: „Er erwählte für uns unser Erbteil“ (Ps. 47, 4).
Lasst Gott die Wahl treffen! Hierzu aber
bedürfen wir Glauben. Wenn wir nach dem Anschauen der Augen urteilen, so
betrachten wir die Verhältnisse so, wie sie uns erscheinen. Der
Glaube aber betrachtet sie, wie Gott sie sieht. Wenn etwas wie von
der Vorsehung gefügt erscheint, seien wir vorsichtig!
Es gab nie ein scheinbar größeres Zeichen
der Fügung göttlicher Vorsehung, als dass Moses in den Palast Pharaos kam. Und
doch wandte er der göttlichen Vorsehung, die ihn dorthin gestellt hatte, den
Rücken zu, als sein Glaube zur Reife kam, und er erwählte das Los des Volkes
Gottes (Heb. 11, 25 usw.).
Lot hatte ein unklares Urteil, dass er das
Land gleich dem Garten Jehovas und zugleich wie das Land Ägypten ansehen konnte.
Er schien beide auf dieselbe Stufe zu stellen und ließ sittliche Verhältnisse
gänzlich außer Acht. Deshalb fügt der Geist Gottes hinzu: „Und die Leute von
Sodom waren böse, und große Sünder vor Jehova“ (V. 13). So sah
der Landstrich in Gottes Augen aus. Dem Anschein nach konnte es für Lot und sein
Vieh nichts Besseres geben, aber die sittlichen Zustände daselbst waren in
Gottes Augen sehr ernst. Wenn Lot darauf geachtet hätte, so würde er einen
solchen Ort nicht erwählt haben. Dort wurde der Name Jehovas nicht angerufen.
Der sittliche Zustand des Landes hätte Lot eine hinreichende Warnung von Gott
sein sollen, sich nicht in dieser Richtung zu bewegen.
Ich denke nicht, dass der Herr Sein Volk
ungewarnt lässt, wenn es sich auf einen Pfad des Unheils begibt. Er gibt dann
immer ein Warnungszeichen, aber wenn wir es unbeachtet lassen, hat es
verderbliche Folgen.
Lot hatte keine Brüder in Sodom. Das war
ein anfänglicher Gegensatz zu Abram, der in Hebron wohnte. Hebron bedeutet
„Genossenschaft, Gemeinschaft“. Das ist ein schöner Ort. In Sodom können wir
keine Gemeinschaft der Heiligen haben.
Suchst du Gemeinschaft? Ein geachteter
Diener des Herrn pflegte zu sagen, dass Gemeinschaft besser wie Eigentum sei.
Lot dachte an sein Eigentum, aber es ist besser, in Hebron zu wohnen und
Gemeinschaft zu haben. Es gibt keine Gemeinschaft wie die der Heiligen. Lot war
unglücklich und quälte seine gerechte Seele Tag für Tag (2. Pet. 2, 8). Oh, wie
viele von den Kinder Gottes sind in Umständen, wo ihre Seelen Tag für Tag
gequält werden!
Dann heißt es: „Und Jehova sprach zu
Abram ...: Hebe doch deine Augen auf und schaue von dem Orte, wo du bist, gen
Norden und gen Süden und gen Osten und gen Westen! Denn das ganze Land, das du
siehst, dir will ich es geben und deinem Samen auf ewig“ (V. 14 u. 15).
Abram hatte ebenso wie Lot auf etwas zu
sehen, aber da handelte es sich um eine ganz andere Art zu sehen! Wie wunderbar
durfte sich sein Gesichtskreis erweitern, als Gott ihm sagte: „schaue... gen
Norden und gen Süden und gen Osten und gen Westen“! Das gleicht dem, wovon
wir in Eph. 3, 18 lesen. Derjenige, der hienieden alles aufgab, empfing hier im
Bilde ein himmlisches Teil.
Ich zweifle nicht, dass wir ein klareres
Bild des himmlischen Erbes haben würden, wenn uns hienieden mehr ein Geist des
Aufgebens kennzeichnete. Im letzten Jahrhundert waren die, die für den Herrn
hervortraten, Männer, die Verzicht geleistet hatten. Es waren Männer von Rang
und Fähigkeiten, die es in der Welt hätten zu etwas bringen können. Aber in dem
Maße, wie sie aufgaben, erweiterte sich ihr geistlicher Besitz außerordentlich.
Es ist etwas Großes, zu verzichten. Du
könntest vielleicht etwas in dieser Welt haben, und du gibst es auf, weil das
nicht auf Bahnen liegt, die der Geist verfolgt. Aber dann siehst du den ganzen
Vorsatz Gottes in Christo. Welch eine Gebietserweiterung ist es, dessen „Breite
und Länge und Tiefe und Höhe“ zu erfassen!
Die Namen der Orte am Ende des Kapitels
sind voller Bedeutung. Mamre heißt „Lebenskraft, Stärke“, und Hebron
„Gemeinschaft“. Sie reden von geistlicher Kraft und einem Kreise, wo
Gemeinschaft genossen werden kann. Wir sollten darauf achten, dass wir geistlich
in dem erfunden werden, was diesen Namen entspricht.
Dieses Kapitel stellt uns den Mann des
Glaubens als den dar, der die Welt überwinden kann. Das ist ein Wesenszug, der
Abram im auffälligen Gegensatze zu Lot eigen war.
Ich wüsste nicht, dass wir in der
Geschichte Lots auch nur ein einziges Mal sehen, dass er ein Überwinder ist. Er
war wirklich ein Heiliger, und der Geist Gottes hat im Neuen Testament von ihm
als dem gerechten Lot geredet (2. Pet. 2, 7). Aber er überwand nie, er wurde von
einem Einfluss nach dem anderen überwunden. Ägypten hatte einen Platz in seinem
Herzen, ferner die „wohlbewässerte Ebene“, weil sie wie Ägypten war, alsdann
Sodom und schließlich Zoar. In seinem Herzen machte sich immer ein Einfluss
geltend, der nicht von Gott war. Er zeigte nie seine wahren Farben als Heiliger.
Sein Name bedeutet „verborgen, geheim, versteckt“ oder „dunkelfarbig“.
Wenn du deine Farben nicht zeigst, wirst du
sicherlich einer Verunreinigung mit der Welt zutreiben. Und wenn du das tust, so
verlierst du deine Glückseligkeit und alle Kraft, ein Überwinder zu sein.
Es ist sehr ernst, ein Lot zu sein. Es gibt
viele verborgene Heilige, die nicht in ihren wahren Farben zum Vorschein kommen.
Ein Mann wie Lot wird eine Quelle der Schwachheit und Mühsal. Moab und Ammon
waren die Kinder Lots. Er wurde unbewusst der Vater zweier Nationen, die dem
Volke Gottes, obwohl mit ihm verwandt, immer feindlich waren. Das ist die Art
Frucht, die ein Mann wie Lot hervorbringt.
Im Blick auf das Überwinden kommt es viel
darauf an, wo wir leben. Wir haben schon gesehen, wo Abram wohnte. Hier sagt uns
der Geist, wo Lot wohnt. Er fügt dem treffenden Bericht über die ganze Sachlage
in Vers 12 hinzu: „denn er wohnte in Sodom“. Und im nächsten Verse,
gleichsam um den Gegensatz hervorzuheben, sagt Er uns noch einmal, wo Abram
wohnte.
Wer in Sodom wohnt, wird in die Trübsale
Sodoms hineingezogen. Sodom war ein Ort der Gesetzlosigkeit. Es heißt in Vers 4,
sie „empörten ... sich“. In der Welt ist immer Gesetzlosigkeit vorhanden,
und das führt in der Regierung Gottes immer zu Trübsal. Lot war kraftlos und
fiel in völlige Gefangenschaft. Er hatte persönlich keine Kraft und auch keine
Bundesgenossen oder Verbündete. Er wurde einfach hinweggeführt.
Die Wesenszüge, die Abram kennzeichneten,
befähigen einen Heiligen, zu überwinden. Aber wenn wir sie nicht
gewohnheitsmäßig pflegen, so sind wir, wenn eine Entscheidung herannaht, den
Verhältnissen nicht gewachsen. Wir mögen zuzeiten wünschen, Stellung zu nehmen,
aber wenn wir den göttlichen Pfad nicht gehen, so haben wir keine göttliche
Kraft.
Abram war ein Überwinder. Er überwand die
Welt in ihrer feindlichen und auch in ihrer Gunst erweisenden Form. Aber hier
sehen wir einen Bruder, der aufgrund seiner Verbindungen angesichts der Macht
der Welt hilflos war und nicht standhalten konnte.
Wenn wir nicht als Pilger und Priester
unseren Pfad gehen, sind wir in der Stunde der Gefahr hilflos. Zweifellos hätte
Lot gern, als die Gefahr nahte, eine andere Stellung eingenommen, doch es war zu
spät: er hatte nicht auf dem Pfad eines Pilgers oder Priesters gewandelt, und so
war er für einen Pfad des Kampfes unfähig. Wenn du kein Pilger oder Priester
bist, kannst du auch kein Soldat sein.
In seinem Hause war nichts, was geeignet
war, der schwierigen Lage abzuhelfen. Doch Abram hatte ein gutes Heer, das auch
geübt war - alle darin waren für den Kampf tüchtige Männer.
Es ist sehr lehrreich, die Folgen davon zu
sehen, dass man am rechten Orte wohnt. Hebron heißt „Genossenschaft“ und deutet
auf „Gemeinschaft“ hin; Mamre „Festigkeit“ oder „Kraft, Stärke“; Eskol „Traube
(Wein)“ und Aner „Wasserfall“. Diese Namen scheinen von geistlicher Kraft und
der Freude und Frische zu reden, die die Folge davon ist, dass man den Segen der
Gegenwart des Geistes und der Gemeinschaft genießt. Daraus folgt Kraft für den
Kampf, denn der Heilige sollte beides, ein Sohn des Friedens und ein Kriegsmann
sein. Alles dies wird zu mächtigen „Bundesgenossen“ - Lot in Sodom hatte keine
-, doch mit solchen Verbündeten fehlt es nicht an Kraft zum Überwinden.
Abram empfand keine Zuneigung zum König von
Sodom. Es handelte sich für ihn nicht darum, für jemand Partei zu nehmen,
sondern einen Bruder zu befreien, der unter die Macht der Welt geraten war, und
es ist etwas Großes, imstande zu sein, das zu tun.
Es gibt wirklich so etwas, seinen Bruder zu
befreien: Abram kämpfte nicht für seine eigene Freiheit, sondern um Lot zu
befreien. Es ist gut, so viel Kraft zu besitzen, einen Bruder zu befreien, der
in die Gefangenschaft der Welt geraten ist. Diese Kraft wird nur bei denen
gefunden werden, die den Pfad Abrams wandeln, und nicht bei solchen, die in
Sodom wohnen.
Der Abram des Neuen Testamentes ist der
Apostel Paulus. Er redet zu den Kolossern von dem großen Kampf, den er um sie
hatte (Kol. 2, 1). Er sah sie in Gefahr, unter die Macht der Elemente der Welt
zu geraten, und er tut alles, was in seiner Macht steht, sie
zu befreien. Das tat er in Kolossä und Galatien. Er hatte einen großen Kampf,
die Heiligen von der Welt zu befreien, denn er sah, wie sie in Knechtschaft
gerieten, und deshalb griff er zu ihrer Befreiung ein.
Gar mancher Gläubige ist durch die
geistliche Kraft eines anderen von den Elementen der Welt befreit worden, als
sie ihn überwunden hatte. Wir sollten danach trachten, solche Befreier unserer
Brüder zu werden.
Nach dem Siege wurde Abram durch die Welt
auf eine andere Weise versucht. Zuerst errang er den Sieg über ihre Feindschaft,
und danach, als sie ihn mit ihren Ehren und Gaben versuchte.
Das Anerbieten des Königs von Sodom ist oft
tödlicher als offene Feindschaft. Wir alle haben die verführerischen Absichten
der Welt zu fürchten, und der Augenblick des Sieges ist da von besonderer
Gefahr. Wenn ein geistlicher Sieg errungen wurde, so kommt der Feind oft mit
etwas Verlockendem, einer Ehrung oder einer Gabe. Dann haben wir nötig, im Tale
Schawe, das ist im Königstale, zu stehen (V. 17). Daselbst begegnen wir immer
zuerst dem König von Salem, ehe der König von Sodom an uns herantritt, und was
wir von ihm empfangen, stärkt uns, dem König von Sodom gegenüberzutreten.
Das Königstal ist der Platz der
Niedrigkeit. Der König von Sodom kommt aber, um etwas aus uns zu machen und uns
Gunstbezeigungen zu erweisen. Und dann ist es gut, wenn er uns in diesem Tale
findet, denn dort empfangen wir die Unterstützung des Priesters.
Im Königstale ist Einer, der uns zu Sich
Selbst ruft und spricht: „ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“
(Mat. 11, 29). Am Ende von Matthäus 11 haben wir das Königstal, und die dort
sind, sind vor dem König von Sodom sicher. Psalm 131, 1: „Jehova! Nicht hoch
ist mein Herz, noch tragen sich hoch meine Augen“, ist das Königstal, der
Geist der Niedriggesinntheit und das Bewusstsein davon, dass alles infolge
göttlichen Beistandes vollbracht wurde. „Nicht uns, Jehova, nicht uns,
sondern deinem Namen gib Ehre“ (Ps. 115, 1).
Das ist der Geist des Königtals. Und dort
begegnet uns der König von Salem immer vor dem König von Sodom, und Seine
Erfrischung und Segnung machen uns alledem überlegen, was der König von Sodom
uns anbieten kann.
Es ist voll tiefer Bedeutung, dass
Melchisedek Brot und Wein herausbringt. Das ist eine sehr bemerkenswerte
Schriftstelle, denn hier wird uns zum ersten Male das Königtum und das
Priestertum Christi vorgestellt. Sie ist daher von höchster Wichtigkeit.
Melchisedek ist eine der bedeutendsten
Personen im Alten Testament. In ihm sehen wir eine neue Eigenart des Königtums.
Wir haben bis jetzt in Nimrod den Empörer-König gehabt, und in diesem Kapitel
lesen wir von neun Königen. Aber keiner von ihnen war ein König der
Gerechtigkeit oder König des Friedens. Dies leitet eine neue Eigenart des
Königtums ein, die die Welt nie zuvor gesehen hatte, und die schließlich in der
Welt Oberhand haben wird. Gott will die Welt durch einen derartigen König
beherrscht sehen.
Das Brot und der Wein erinnert mich daran,
dass wir zuweilen singen:
„Du lässt uns den Segen
schmecken
Der Dein Segensweltall
füllt.“
Die göttliche Erfrischung der Segnung ist
es, die das Weltall füllen wird. Der Segen, der das Segensweltall füllen wird,
besteht darin, dass der Wille Gottes völlig von Dem durchgeführt wird, der
gesagt hat: „Siehe, ich komme, um deinen Willen zu tun“ (Heb. 10, 9.7;
Ps. 40, 7 u. 8), so dass nun die Liebe Gottes dargetan und genossen werden kann.
Der Leib in des Herrn Abendmahl redet
davon, dass der Wille Gottes durchgeführt ist, und der Kelch davon, dass die
Liebe Gottes kundgemacht und genossen wird. Das haben wir hier im Tale des
Königs.
In Christo kommen wir zum Willen und zur
Liebe Gottes. Er wird beide vor aller Öffentlichkeit kundtun. Die Heiligen aber
haben das Erfrischende von beidem insgeheim im Tale des Königs. Das ist ein
niedriger Platz in dieser Welt, wo aber Melchisedek gekannt und die Segnung, die
das Segensweltall füllen wird, geschmeckt wird. Wenn wir dieses schmecken, kann
uns der König von Sodom nicht viel Anziehendes bieten. Dann wollen wir nicht
einmal einen Schuhriemen von ihm.
Es gibt nichts Wunderbareres als des Herrn
Abendmahl, und gegen nichts hat der Teufel eine tödlichere Feindschaft. Er hat
es vielen zu einem Sakrament gemacht, nur zu einem Gedächtnis dessen, was
Christus anderen gegenüber getan hat. Er hat die Tiefen all seiner Lieblichkeit
und Schönheit zu umwölken gesucht, wonach der Herr darin die Seinigen um Sich
schart, und ihnen so Sich Selbst und Seine Liebe und die Liebe Gottes lebendig
vor ihre Herzen stellt. Wenn unsere Augen geöffnet wären, zu sehen, was das
Abendmahl in den Gedanken des Herrn ist, so würde es uns alle zusammenbringen.
Abram wurde nicht nur gesegnet, sondern
Segnung stieg auch zu Gott auf. Sie kam von Gott hernieder und erhob sich wieder
zu ihrer Quelle. Der König der Gerechtigkeit brachte Brot und Wein heraus. Doch
er war auch ein Priester, und als solcher segnete er Abram und pries Gott, den
Höchsten.
Gott, der Höchste, ist ein Titel, der dem
Tausendjährigen Reiche angehört. Alles, was mit ihm in Verbindung steht, wird
öffentlich unter den Verhältnissen des neuen Bundes der zukünftigen Welt gekannt
werden.
Wenn wir die Segnung des Höchsten, der
Himmel und Erde besitzt, erlangen, so sind wir unabhängig vom König von Sodom.
Und dann wird Gott gepriesen als Der, der den Sieg gegeben. Der Segen kommt zum
Menschen hernieder und steigt wieder (im Preise) zu Gott auf.
Das Königstal wird nur zweimal in der
Heiligen Schrift erwähnt: hier und in Verbindung mit Absalom. Absalom errichtete
dort eine Denksäule. Das ist sehr auffallend (2. Sam. 18, 18). Absalom war ein
Empörer und errichtete sich gerade an dieser Stätte ein Denkmal.
Das zeigt, wie der Teufel bemüht ist,
alles, was dem Königstale eigen ist, beiseitezusetzen, wie er alle die sittliche
Schönheit und Vollkommenheit Christi durch des Menschen Schönheit zu ersetzen
sucht. Absalom war ein schöner Mann, doch seine Schönheit diente dazu, die
Herzen dem wahren König zu stehlen.
Die Heilige Schrift lässt uns empfinden,
dass wir es darin mit Gott zu tun haben, denn alles dies hätte nicht
zusammengestellt werden können, außer durch den Geist Gottes. Die Bedeutung
jeden Namens ist von göttlicher Belehrung, und der Geist Gottes zieht Seine
Schlüsse daraus und sagt uns, dass Melchisedek „König der Gerechtigkeit“
bedeutet, König von Salem aber „König des Friedens“ (Heb. 7, 2).
In Melchisedek tritt uns die besondere und
einzigartige Größe Christi entgegen. Christus ist Priester, weil Er der Sohn
Gottes ist. Im Priestertum nach der Ordnung Aarons hing jedes Glied der Kette
von seinem Vorgänger ab. Hier jedoch war einer, der in seiner persönlichen Würde
allein dastand, kraft dessen, was er war. Das Priestertum Aarons wurde lange
danach eingesetzt, doch in Verbindung mit ihm haben wir einen Gedanken, der in
Verbindung mit Melchisedek nicht zu sehen ist. Aaron hatte Söhne, Melchisedek
stand allein da - er war ein Bild der einzigartigen Herrlichkeit des
Priestertums, das Christo allein zukommt. Doch bei Aaron tritt uns ein sehr
kostbarer Gedanke entgegen: er hat Brüder, „sowohl der, welcher heiligt, als
auch die, welche geheiligt werden, sind alle von einem“ (Heb.
2, 11).
Es ist etwas Gesegnetes, ein wahres
Bewusstsein der Größe des Sohnes Gottes zu haben. Wir überwinden die Welt, weil
wir von ihr unabhängig gemacht sind. In Johannes 2 greift der Herr ein, als
alles versagte, und verwandelte das Wasser in Wein. Sein Dienst verschafft den
Menschen göttliche Freude. Er vermag das Beste, was die Natur bietet, durch das,
was Er gibt, in den Schatten zu stellen. Melchisedeks Brot und Wein waren weit
besser, als irgend etwas, was Sodom bieten konnte.
Und am Ende von Johannes 2 sehen wir Ihn
als Priester Gott dienen, indem Er für die Heiligkeit Seines Hauses eintritt:
„Der Eifer um dein Haus verzehrt mich“ (Joh. 2, 17). Er reinigt den Tempel
und hält alles der Heiligkeit Gottes gemäß aufrecht. Er dient den Menschen und
Gott. Diese Person liebt gegenwärtig einen jeden von uns mit einer persönlichen
Liebe, und wir sind mit Ihr durch ewige Bande verbunden. Er ist Der, der uns
mehr fesselt als irgendein anderer. Er ist uns nahe, und wenn wir nur im
Königstale bleiben, so wird Er uns da begegnen und uns göttliche Erfrischung
zuteil werden lassen.
Nach dem Evangelium des Lukas wurde Er als
ein Priester, der Sein Volk segnete, in den Himmel hinaufgetragen. Alles ist in
Ihm für den Menschen und für Gott gesichert. Lukas ist das priesterliche
Evangelium. Der Schlüssel seiner Eigenart hängt, wie gewöhnlich bei den Büchern
der Bibel, gleichsam an seiner Tür. Seine ersten Worte sind: „es war ... ein
gewisser Priester“ (Luk. 1, 5).
In Lukas kommt die Segnung in
priesterlicher Gnade zu den Menschen, und auf diese Weise wird alles für Gott
gesichert. Lukas beginnt mit einem leeren Tempel und einem stummen Priester -
einem Menschen, der Gott gegenüber schweigen musste und nicht imstande war, Sein
Lob auszusprechen. Aber sein Evangelium endet mit einer Schar, die so voll Lobes
ist, dass die Höfe des Tempels davon widerhallen.
„Und Abram gab ihm den Zehnten von
allem“ (V. 20). Damit erkannte er an, was Gott in
Verbindung mit dem gebührte, was Seiner Vorsehung nach hienieden in unsere Hand
kommt, und wir sehen ferner, dass die Siege des Glaubens dem Priesterlichen
dienen.
Wenn wir den Segen dessen genössen, was uns
in diesen Versen vorgestellt wird, so würden die Dinge Sodoms keinen Reiz für
uns haben. Abram wies sie alle von sich, „vom Faden bis zum Schuhriemen“.
Da sehen wir einen Überwinder der Welt. Er sagt gleichsam: Du kannst nicht im
Geringsten zu meinem Reichtum oder meiner Glückseligkeit beitragen.
Er tat ein feierliches Gelübde, nichts von
der Welt zu nehmen, und Gott war erfreut, zu ihm kommen und sagen zu können:
„Fürchte dich nicht, Abram; ich bin dir ein Schild, dein sehr großer Lohn“
(Kap. 15, 1). Das heißt: Ich will dein Lohn sein; du hast die Welt von dir
gewiesen, und nun sollst du mich haben.
Dieses Kapitel ist höchst lehrreich und
sollte uns zur Übung gereichen, insofern es uns zeigt, was uns befähigt, die
Welt zu überwinden.
Wir haben gesehen, wie der Mann des
Glaubens, dessen Stärke im Gebet liegt, seine Eigenart als Pilger und Priester
in Absonderung von der Welt wahrt, zu Hebron wohnt - d.h. ihm wird die
Unterstützung der Gemeinschaft zuteil - und den Sieg über die Welt erringt,
während Lot unter ihre Macht gerät. Er, der Überwinder, empfängt dann den Segen
des Priesters; er begegnet Melchisedek, einem wunderbaren Bilde des Königtums
und Priestertums Christi, und im Genuss der Segnung, die bald Gottes
Segensweltall füllt, weigert er sich, irgend etwas, „vom Faden bis zum
Schuhriemen“, von dem König von Sodom zu nehmen.
Darin zeigt sich die glückliche
Überlegenheit des Glaubens. Und als Abram nichts von der Welt annehmen wollte,
wurde er reich entschädigt, denn Jehova wurde sein Schild und sein sehr großer
Lohn.
Es handelte sich nicht darum, was Gott ihm
geben wollte, sondern was Gott Selbst ihm sein wollte. Das erinnert mich an
Johannes 4, wo Gott selbst das Teil des Glaubens ist. Dort stellt der Herr vor,
dass der gebende Gott gekannt werden sollte. Und wenn wir über die
Art Seines Gebens nachdenken, so erkennen wir, dass Er in der Gabe Seines Sohnes
und Seines Geistes in Wahrheit Sich Selbst gab.
Seine Gaben sind nicht solche, die in
Entfernung vom Geber genossen werden können, denn Er Selbst, als im Sohne durch
den Geist gekannt, ist es, der das Teil und die Freude des Gläubigen wird. Er
gibt nicht einfach etwas von Sich weg, und deshalb ist die Erkenntnis Gottes der
kostbarste und segensreichste Gewinn. Petrus sagt uns, dass uns durch die
Erkenntnis Gottes alles geschenkt ist. Er ist die große Verheißung von allem (2.
Pet. 1, 3).
Ein Schild ist ein Schutz gegen feindliche
Mächte, aber der Lohn ist für den, der Gott kennt, das, was Gott Selbst ist. Wir
brauchen den Schild, wir können ohne ihn den Lohn angesichts der Macht des Bösen
nicht genießen. Doch hinter dem Schild genießen wir Gott Selbst.
Um Ihn zu kennen, müssen wir Seine Natur
kennen, und diese ist Liebe. Seine Eigenschaften sind der Schutz Seiner Natur,
aber Seine Natur ist Er Selbst. Wenn Gottes allmächtige Liebe nahe ist, wie kann
dann Seinem Volke etwas mangeln, was ihnen gut ist?
Ich denke, das Bewusstsein dessen, wie Gott
Sich Abram gegenüber verhielt, ermutigte diesen, das zu sagen, was, des wahren
Samens halber, und damit das Erbe nicht auf Fremde überging, auf seinem Herzen
war. „Ich gehe ... kinderlos dahin“, soll in Wirklichkeit heißen, „ich
scheide kinderlos ab“ (V. 2).
Um die Verheißungen zu ererben, muss ein
wahrer Samen des Glaubens vorhanden sein. Hier ist der Same nicht Christus
persönlich, wie in Kap. 22, 17 u. 18, sondern ein unzählbarer Same wie die
Sterne des Himmels, also ein himmlischer Same des Glaubens. Wir sehen daher
Abram hier in seiner Eigenschaft als „großer Vater“, als Haupt der Familie des
Glaubens. Galater 3, 7 sagt uns: „die aus Glauben sind, diese sind Abrahams
Söhne“. Hier sehen wir die Herzensübungen, die er als der „große Vater“
hatte.
Das ist sehr wichtig, weil die
Verheißungen, was den Genuss in Kraft und Glückseligkeit anlangt,
nicht zustande kommen könnten, wenn kein Same da wäre, sie zu ererben.
Was auch die Verheißungen sein mochten, ihre Kraft und Segnung würde hinfällig,
wenn kein rechter Same, sie zu ererben, da wäre.
Das verleiht den Übungen Abrams und den
Begebenheiten und Unterweisungen dieses Kapitels eine besondere Eigenart.
Späterhin wird er Abraham, d.h. „Vater einer Menge“ (Kap. 17, 5), was auf den
großen Umfang des Segens, der durch den Glauben kommt, hinweist. Doch hier
handelt es sich um einen wahren Samen, der ihn beerben konnte.
Ich denke, wir können sagen, dass Paulus in
Timotheus einen wahren Samen hinterließ, ein wahres Kind im Glauben, so dass das
Geschlecht erhalten blieb.
Hier ist von Sternen die Rede (V. 5), in
Kap. 13, 16 dagegen vom Staube der Erde. In Kapitel 13 ist, soviel ich sehe, von
dem Samen die Rede, der in der zukünftigen Welt die Erde ererben wird. Die
Sterne dagegen sind ein Bild vom himmlischen Samen. Es wird nicht nur einen
Samen wir der Staub der Erde geben, sondern einen himmlischen Samen, der wie die
Sterne unzählbar ist. Es wird ein wahrer Same da sein, die Verheißungen zu
ererben. Jehova gelobt, dass ein Same für das Erbe bewahrt werden soll.
Wenn Gott das nicht getan, so bestände
keine Gewissheit darüber, dass die Linie des Glaubens erhalten werden würde.
Petrus wendet sich an die, die mit den Aposteln einen gleich kostbaren Glauben
empfangen hatten, und sagt, dass dies „durch die Gerechtigkeit unseres Gottes
und Heilandes Jesu Christi“ geschehen sei (2. Pet. 1, 1).
Es ist für Gott eine Angelegenheit der
Gerechtigkeit, jenen heiligen Samen zu bewahren, wo das Erbe angetreten wird.
Gegenwärtig geschieht dies im himmlischen Samen, doch derselbe Grundsatz des
Glaubens, der jetzt Heilige zur himmlischen Segnung bringt, wird sie an einem
anderen Tage zur irdischen Segnung führen.
Abram ist der „große Vater“ des irdischen
Samens, der die irdische Segnung empfängt, und auch des himmlischen Samens für
die himmlische Segnung.
Dann ist sehr wichtig zu sehen, dass sowie
der Same des Glaubens vor unser Auge tritt, uns auch der Grundsatz klar
vorgestellt wird, auf dem er Gerechtigkeit erlangt. Solche hätten keinen Anteil
am göttlichen Erbe haben können, wenn sie keine Gerechtigkeit gehabt hätten. Und
hier sehen wir den großen Grundsatz, auf dem sie ihnen zugerechnet wird. „Und
er glaubte Jehova; und er rechnete es ihm zur Gerechtigkeit“ (V. 6). Es gibt
keinen wichtigeren Grundsatz als diesen.
Den Menschen mag das ein törichter
Grundsatz scheinen, doch es ist Gottes Grundsatz. Die Menschen spotten darüber,
auf eine solche Weise Gerechtigkeit zu erlangen, aber trotz alledem ist es der
Weg, auf dem der ganze Same Gerechtigkeit erlangt. Ein Mensch glaubt Gott, und
Gott rechnet es ihm zur Gerechtigkeit. Ein solcher hat seinen rechten Platz vor
Gott als ein schuldiger Sünder eingenommen und hat Gott Seinen wahren Platz als
Rechtfertiger gegeben. Er steht nun wirklich in rechten Beziehungen zu Gott,
aber nicht durch irgendwelche eigenen Werke, sondern durch Glauben.
Seine Seele ist, ihren wahren Zustand und
ihre Not erkennend, in Berührung mit dem gekommen, was Gott in der
Glückseligkeit vollkommener Gnade ist, die den Gottlosen aufgrund der Erlösung
rechtfertigt. Er hat es mit Gott zu tun, er glaubt Gott, der Jesum unserer
Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt hat
(Röm. 4, 25). Sein Glaube wird ihm als Gerechtigkeit zugerechnet.
Die Schwierigkeit bei vielen ist, dass sie
nie ihre Ungerechtigkeit in der Gegenwart Gottes gelernt haben und sich bemühen,
ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten. Was wir hier finden, ist jedoch, wie
Gott dem Menschen Gerechtigkeit bringt.
Abram hatte nur das schlichte Wort Gottes,
nur die fünf Worte: „Also wird dein Same sein!“ (V. 5) Wir dagegen haben
weit mehr: Gott redet zu uns von dem wunderbaren Werke am Kreuze und von der
wunderbaren Person Dessen, der dieses Werk vollbrachte, und davon, dass Er Ihn
aus den Toten auferweckte. Wir haben allen Grund, Gott zu glauben!
Das Evangelium gelangt zu jeder Seele, die
es als ein Wort unmittelbar von Gott vernimmt. Auf diesem Grundsatze wird der
ganze Same des Glaubens gerechtfertigt und hat Gerechtigkeit, und dies nicht aus
Werken, sondern aus Glauben.
Das Erste, was Gott Adam und Eva als
gefallenen Sündern gab, war, ihnen dem Bilde nach Gerechtigkeit zu geben: Er
kleidete sie mit Fellen.
Allein ein Volk, das die Gerechtigkeit des
Glaubens besaß, konnte erben. Wir haben Gerechtigkeit im Blick darauf, dass wir
den Geist haben. Es ist sehr lehrreich zu sehen, dass sobald vom Samen des
Glaubens die Rede ist, auch der Grundsatz klar ausgesprochen wird, nach welchem
ihm Gerechtigkeit zugerechnet wird.
Dann erhebt Abram eine andere Frage:
„woran soll ich erkennen...?“ Es wird eine Übung, wie Gott das alles
zustande bringt. Und Gott erschließt einen Weg, auf dem das Erbe kommen wird und
besessen werden wird. Beides kommt aufgrund des Todes Christi zustande, und
damit die Erben sich im Einklange mit jenem Tode befinden, haben sie notwendig,
durch Zucht zu gehen.
Vers 12 zeigt die tiefe Übung, die auf
Seiten des Menschen erforderlich ist: Wenn der Tod Christi nicht wäre, würde ich
von jeder Segnung ausgeschlossen sein und unter dem Zorne Gottes stehen. Jede
Seele, die das erfasst, muss darüber sehr geübt werden.
Es gibt keinen Heiligen, der nicht durch
etwas Übung gegangen ist, und das Ziel ist dabei, uns in Einklang mit dem Tode
Christi zu bringen, damit wir in sittlicher Hinsicht für das Erbe passend
werden. Gott will uns in unserer Gesinnung in Übereinstimmung mit dem Tode
Christi bringen, und wenn Er dieses noch nicht bei uns erreicht hat, ist Er auch
noch nicht mit uns fertig. Manche kommen erst auf dem Sterbebette dahin.
Gott als ein rauchender Ofen und eine
Feuerflamme - der den Bund schließende Gott - schreitet durch die geteilte
Opferstücke, als ob Er damit sagen wollte: Das ist mein Weg.
Abram hatte gefragt: „woran soll ich
erkennen...?“ Gott antwortet gleichsam: An diesem Wege, am Tode Christi; und der
ganze Same muss in Übereinstimmung mit meinem Wege gebracht werden.
Vers 9 und 10 enthält offenbar eine
Darstellung des Todes Christi. Alles sollte aufgrund dieses Todes zustande
kommen. Gott wird alle Seine Verheißungen erfüllen und das Erbteil des Glaubens
aufgrund dieses kostbaren Todes herbeiführen.
Das geschah nicht durch irgend etwas Gutes
oder irgendwelche Werke auf Seiten Abrams oder des Samens, aber ohne tiefe
Übungen auf ihrer Seite wird es nicht zustande kommen. Denn es ist nötig, dass
Gott Sein Volk züchtigt und sie durch den Feuerofen führt, damit sie in
Übereinstimmung mit dem gebracht werden, was die Grundlage ihrer Segnung ist,
nämlich der Tod Christi.
Hebräer 12 steht im Einklang mit diesem
Kapitel. Der letzte Vers davon mag eine Anspielung auf das sein, was wir hier
haben. Daselbst heißt es, dass unser Gott ein verzehrendes Feuer ist.
Der Tod Christi wird im Bilde als der Weg
betrachtet, auf dem Gott Seinen Bund durchführt, Seine Verheißungen erfüllt und
die Erben in das Erbteil einführt.
Wenn Gott das aber nur durch den Tod tun
kann, so hat der Glaube durch tiefe Übungen zu gehen, um die Notwendigkeit
dessen in sich aufzunehmen. Deshalb fiel ein Schrecken und eine große Finsternis
auf Abram, und er lernte darin die tiefe Übung kennen, durch die allein das Erbe
besessen werden konnte.
Die sich herabstürzenden Raubvögel zeigen
das Bemühen des Teufels, der Bedeutung des Todes Christi Abbruch zu tun. Er
sucht uns ihn immer auf die eine oder andere Weise zu rauben. Der Glaube treibt
ihn fort. Du darfst nicht zugeben, dass deiner Seele die Bedeutung des Todes
Christ geraubt werde.
In diesen Tagen - es sind schreckliche Tage
- finden wir Leute auf sogenannten christlichen Kanzeln, die anstatt über all
ihren Stolz Verachtung auszuschütten, wie ein altes Lied sagt, Verachtung über
den Tod Christi dadurch ausgießen, dass sie dessen wahre Bedeutung und seinen
Wert gänzlich wegnehmen. Diese sind Raubvögel, und der Mann des Glaubens muss
deshalb allezeit wachen und sie hinwegscheuchen.
Gott sagt dem Abram alles, wohindurch der
Same zu gehen hat. Sie sollten 400 Jahre Knechtschaft erleben. Keiner von uns
würde wissen, was Freiheit ist, wenn er keine Knechtschaft kennengelernt hätte.
In den Übungen des Volkes Gottes in Ägypten
wird uns die Knechtschaft der Sünde, der Welt und Satans dargestellt, und was
das bedeutet, hat der ganze Same irgendwie zu lernen, damit er Gottes Errettung
und Befreiung schätzen lernt. Er muss auch lernen, wie die Welt und das Fleisch
allem, was von Gott ist, entgegen ist, und welchen Schwierigkeiten wir in dieser
Hinsicht ins Auge zu schauen haben. Und außerdem haben wir noch die Trübsale und
den Kummer, die einer seufzenden Schöpfung angehören.
Doch Gott dient das alles zur Läuterung des
Samens des Glaubens. Die Schrift enthält viele Hinweise auf die
Läuterungsverfahren, denen Gott Sein Volk aussetzt. Er sagt in Jes. 48, 10;
„ich habe dich auserwählt im Schmelzofen des Elends“ (andere Lesart). Gott
wird hier als ein rauchender Ofen, als ein Läuterer Seines Volkes gesehen, und
Er läutert der Heiligkeit gemäß, die im Tode Christi offenbar wurde.
Was Er am Kreuze richtete, davon muss Er
Sein Volk im Schmelztiegel läutern, damit nichts bleibt, was unpassend für das
Erbe ist. Hebräer 12 zeigt die Notwendigkeit der Zucht, damit die Söhne der
Heiligkeit Gottes teilhaftig werden. Wenn Gott die Erben nur durch den Tod
Christi in den Besitz des Erbes bringen konnte, so musste der Same jenem Tod
entsprechend gestaltet werden. Und das ist das Geheimnis der Übungen, durch die
Gott Sein Volk führt.
Die Feuerflamme redet dann davon, dass Gott
Sein Volk leitet, obschon Er es prüft; Er lässt Sein Volk, was Seine Leitung und
ihren Pfad anlangt, nie im Stiche. „Den Aufrichtigen geht Licht auf in der
Finsternis“ (Ps. 112, 4). Gott handelt mit uns nur als mit Söhnen (Hebr. 12,
7) und lässt uns wissen, was Sein Ziel auf Seinen Wegen mit uns ist. Wir gehen
durch sie im Lichte Seiner erkannten Liebe und des Vorsatzes Seiner Liebe.
Ein Mensch nimmt es bei seinem Sohne ernst,
weil er ihn für das Erbe passend sehen möchte, das er einmal anzutreten hat.
Seine ganze Erziehung geschieht im Blick darauf. Und so verfährt auch Gott bei
Seinem Volke, im Blick auf das Erbe.
Mal. 3, 3 und 4 ist sehr schön, dort heißt
es: „Und er wird sitzen und das Silber schmelzen und reinigen; und er wird
die Kinder Levi reinigen und sie läutern, wie das Gold und wie das Silber, so
dass sie Opfergaben dem Jehova darbringen werden in Gerechtigkeit. Dann wird die
Opfergabe Judas und Jerusalems Jehova angenehm sein, wie in den Tagen vor alters
und wie in den Jahren der Vorzeit“. Da sehen wir den eigentlichen Samen.
In Sach. 13, 9 sagt Gott: „Und ich werde
den dritten Teil in das Feuer bringen, und ich werde sie läutern, wie man das
Silber läutert, und sie prüfen, wie man das Gold prüft. Es wird meinen Namen
anrufen, und ich werde ihm antworten; ich werde sagen: Es ist mein Volk; und es
wird sagen: Jehova ist mein Gott“. Dann ist der Same in sittlicher Hinsicht
für das Erbe passend, und das ist die Folge seiner Läuterung im Schmelzofen.
Am Ende des Kapitels wird Abram im Blick
auf das Erbe eine große Gebietserweiterung zuteil. Gott hatte ihm zuvor gesagt:
„das ganze Land, das du siehst, dir will ich es geben und deinem Samen auf
ewig“ (Kap. 13, 15). Abram hatte jedoch dessen Größe nicht gesehen. Hier in
Vers 18 ist es das Land, „vom Strome Ägyptens bis an den großen Strom, den
Strom Phrath“.
Die Zucht, die für das Erbe passend macht,
sichert uns eine große Gebietserweiterung desselben. Ich darf wohl annehmen,
dass du Leute kennengelernt hast, die im Schmelzofen waren und dessen Hitze
fühlten, die aber danach sagen konnten: Ich möchte um keinen Preis ohne diese
Erfahrungen sein. Sie haben dadurch etwas erlangt, was dem Ende unseres Kapitels
entspricht, einen weit größeren Überblick über das Erbe.
Außerdem gibt die Züchtigung noch „die
friedsame Frucht der Gerechtigkeit“ (Heb. 12, 11). Die Folge ist ein Volk,
das in Gerechtigkeit wandelt, so dass es sittlich für das Erbe passend ist. Es
ist dadurch der Heiligkeit Gottes teilhaftig geworden (Heb. 12, 10).
Philipper 3 zeigt uns einen Mann, der im
Schmelzofen gewesen und geläutert worden ist. Seine Freude ist in Christo Jesu
(V. 3). Vor ihm steht der „Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in
Christo Jesu“ (V. 14). Da sehen wir, wie weithin sich das Erbe erstreckt.
Wenn Abram die Unterweisung des Kapitels 15
wirklich in sich aufgenommen hätte, so wäre er vor dem Wege bewahrt worden, den
er in diesem Kapitel einschlug. In Kapitel 15 war ihm gelehrt worden, dass Gott
die Quelle von allem war, Er hatte gesagt: „ich bin dir ein Schild, dein sehr
großer Lohn“ (V. 1).
Gott hatte ihm im Bilde gezeigt, dass der
wahre Same ein himmlischer sein würde, indem er seinen Blick gen Himmel
richtete, hatte Er gesagt: „Also wird dein Same sein!“ (V. 5). Das hätte
Abram jeden Gedanken nehmen sollen, dass ein Same nach dem Fleische die
Verheißungen ererben könnte. Gott hatte ihm auch im Bilde gezeigt, dass Er das
Erbe sichern, und dass es der Same aufgrund des Todes Christi besitzen werde.
Auch das setzt den Menschen beiseite. Nun kam die Probe, inwieweit das Licht in
seiner Seele gewirkt hatte.
In diesem Kapitel wird betont, wie wichtig
es ist, die rechte Art Mutter zu haben. Das vorhergehende Kapitel zeigt die
Übung des „großen Vaters“ des wahren Samens halber. Doch in diesem Kapitel
kommen wir zu den Übungen über die rechtartige Mutter.
Der Apostel wendet uns gegenüber diesen
Gedanken im Briefe an die Galater an. Er zeigt, dass Hagar im Bilde das Gesetz
darstellt, sie ist eine Magd. Die Erben - der wahre Same - müssen freigeboren
sein. Hagar bedeutet „Flucht“. Sie stellt eine Ordnung dar, die verschwinden
muss, die nicht zu dem führt, was zum Wohlgefallen Gottes ist. „Stoße hinaus
die Magd“ (Gal. 4, 30); „er nimmt das Erste weg, auf dass er
das Zweite aufrichte“ (Heb. 10, 9). Christus hat die ganze
Ordnung, von der Hagar ein Bild ist, abgeschafft.
In diesem Kapitel werden deutliche Schritte
unternommen, den Samen auf einem falschen Wege zu erlangen, nicht von der
rechtartigen Mutter. Zugleich können wir auch sehen, dass dies eine Frucht der
Verfehlung Abrams in Kapitel 12 war: er hatte eine ägyptische Magd in seinem
Haushalt.
Wenn einmal etwas von der Welt Eingang bei
uns gefunden, so ist es nicht leicht, davon frei zu werden, und wir laufen immer
Gefahr, angesichts von Schwierigkeiten darauf zurückzukommen, um das, wonach wir
verlangen, zustande zu bringen.
Nach Gottes Gedanken sollte der Same
freigeboren sein. Ihm Angehörende konnten nicht Kinder einer Magd sein, sie
mussten von einer geeigneten Mutter empfangen, geboren und unter deren Einfluss,
d.h. unter himmlischer Gnade, auferzogen sein. Der wahre Same musste in der
vollkommenen Freiheit der Gnade stehen. Keine Ägypterin, keine Magd, konnte
Söhne in der Freiheit himmlischer Gnade auferziehen.
„Hagar ist der Berg Sinai in Arabien,
entspricht aber dem jetzigen Jerusalem, denn sie ist mit ihren Kinder in
Knechtschaft“ (Gal. 4, 25). Was von der Welt, was
gesetzlich ist, und was zur Knechtschaft gebiert, gehört alles zusammen.
Die Welt im Galaterbrief ist die Welt in
religiöser Hinsicht, und nicht in ihrer unheiligen und gottlosen Gestalt,
sondern eine Welt, die Religiosität und Gesetzlichkeit kennzeichnen. Alles das
aber läuft auf Knechtschaft hinaus. Die Abkehr der Galater ist genau das, was
Gott uns im Bilde in 1. Mose 16 sehen lässt. Es ist der Versuch, auf weltlichem
und gesetzlichem Wege Erben der Gunst und Segnung Gottes zu erlangen. Es ist der
Versuch, so etwas dem Fleische nach zustande zu bringen. Es ist die Linie
Hagars, nicht die der Gnade oder des Glaubens.
Der Wille Gottes ist, einen Samen in der
Freiheit himmlischer Gnade, d.h. wahre Kinder des Jerusalems droben zu haben.
Wir sollten alle über die Notwendigkeit einer guten Mutter geübt sein. Eine Magd
kann nie einen freien Sohn haben. Das jetzige Jerusalem ist mit ihren Kinder in
Knechtschaft.
Der Grundsatz, den Hagar darstellt, ist,
dass etwas in Verbindung mit dem Menschen nach dem Fleische zustande gebracht
werden kann, was nach dem Wohlgefallen Gottes ist. Darin haben wir den Gedanken,
dass das Fleisch wohlerzogen und geschult, schließlich die Verheißungen ererben
kann.
Es ist auffallend, dass Abram auf einen
solchen Pfad geraten konnte. Das lehrt uns, wozu ein wahrer Gläubiger alles
fähig ist. Es zeigt, wie bald der Gedanken Wurzel fasst, etwas mittels des
Fleisches zu erreichen.
Die Galater waren wahre Gläubige, sie
hatten den Geist. Und doch stellten sie sich unter das Gesetz und ließen sich
beschneiden, um des Ansehens im Fleische Willen. Denken wir an die Kinder
Israel! Alle ihre Übungen in Ägypten und während der ersten Tage der Wüstenreise
sollten ihnen lehren, dass Gnade die einzige Quelle der Segnung war. Am Roten
Meere und in den ersten Wüstentagen danach handelte Gott auf allen Seinen Wegen
mit ihnen in Gnade. Er zeigte ihnen deutlich, dass sie auf dem Wege der Gnade
zur Segnung gelangen sollten; und doch, wie bereit waren sie, sich von diesem
Wege abzuwenden und Verantwortlichkeit im Fleische auf sich zu
nehmen.
Der Stolz des Menschen achtet die Gnade
gering. Das Wesen des Gesetzes gibt jenem Stolze Raum, und das tritt uns in
Hagar entgegen. Die Mutter stellt eine Ordnung dar, unter der man auferzogen
wird. Wahre Gläubige können sehr leicht unter den Einfluss einer unrechten
Mutter kommen. Etwas vom Fleische zu benutzen, macht etwas aus mir. Aber das
alles führt am Ende zur Knechtschaft. Irgendetwas, was ich mit mir selbst
verbinden und dessen ich mich dem Fleische nach rühmen kann, ist ein bisschen
Ismael.
Sarai war ein freigeborenes Weib, und
alles, was der Verheißung nach ist, muss freigeboren sein.
Der Same muss in der Freiheit himmlischer Gnade stehen. Die gesetzliche Ordnung
hat nie einen Samen empfangen oder gebären oder auferziehen können, der die
Verheißungen ererben konnte.
Es gibt uns also dieses Kapitel ein Bild
vom Kommen des Gesetzes und davon, dass alles auf den Boden dessen gestellt
wird, was der Mensch im Fleische vor Gott sein konnte. Es zeigt uns die
Unmöglichkeit, dass der Same dem Fleische nach kommen konnte.
Kapitel 15 hätte Abram lehren sollen, dass
alles von Gottes Seite kommen, und dass Gerechtigkeit auf dem Grundsatz des
Todes bestehen musste, denn der Tod setzt in Wahrheit alles beiseite, was der
Mensch im Fleische ist. Aber das zu lernen, ist eine schwere Aufgabe für den
Menschen.
Wenn wir unter den Einfluss des Jerusalems
droben kommen, so machen wir viel aus Gott. Wir verherrlichen Seine Gnade und
denken nicht an uns selbst, außer als Gegenstände der Gnade. Könntest du den
Herrn Jesum Christum, den verherrlichten Menschen im Himmel, verbessern?
Könntest du Ihm etwas hinzufügen? Gott wünscht, dass du dich in dem Bewusstsein
dessen nährst, dass dir alles, was uns in dem verherrlichten Menschen im Himmel
erstrahlt, die Gnade kundtut, die für dich da ist. Er ist der Maßstab der wahren
Gnade Gottes, und in dem Maße, wie du dies erfasst, bist du in Freiheit und
wirst von der Knechtschaft frei. Die ganze Ordnung himmlischer Gnade erfüllt
Christus, der Sohn Gottes.
Hagar entspricht dem Jerusalem unten,
es ist mit seinen Kindern in Knechtschaft. Man kann sich nicht unter den Kindern
Gottes bewegen, ohne zu finden, dass bei vielen ein gut Teil Knechtschaft ist.
Sie sind nicht frei, stehen nicht im Geiste der Sohnschaft.
Man sagt, dass alle bedeutenden Männer
hervorragende Mütter gehabt haben, und dass sie ihre Größe der Wesensart ihrer
Mutter verdanken. Das ist auch in göttlicher Hinsicht wahr.
Wenn ich unter gesetzlichem Einfluss stehe,
werde ich gesetzlich und gerate unter Knechtschaft, und führe auch andere zur
Knechtschaft. Eine gesetzliche Person möchte alle anderen gesetzlich machen.
Zweifellos hielten sich die Galater für wunderbare Leute, aber man sah nichts
davon. Die Richtung, in der sie sich bewegten, führte dahin, einander zu beißen
und zu fressen (Gal. 5, 15). Hagar kann nur, wie der Engel sagt, einen
„Wildeselmenschen“ hervorbringen (V. 12).
Die Einflüsse des himmlischen Jerusalems
machen sich jetzt in unseren Seelen geltend, wenn wir unter die Macht und
Unterweisung der Gnade kommen. Alles, was gestaltend wirkt, kommt durch das
Evangelium zu uns, aber wir müssen unsere Herzen durch den Geist seinem
Einflusse hingeben. Die Einflüsse der Gnade wirken durch den Dienst des neuen
Bundes auf uns, durch den Dienst alles dessen, was der Ausfluss der Liebe Gottes
ist.
Die Entfaltung dessen, was Gott für uns
ist, Seine unvergleichliche Liebe auf Golgatha, die nun in Millionen Herzen
durch den Geist ausgegossen ist, damit Er eine Antwort in unseren Herzen in
freien Zuneigungen und im Geiste der Sohnschaft finde - alles das ist der
Einfluss des Jerusalems droben. Dann können wir einander durch Liebe dienen
(Gal. 5, 13). Wie schön ist das! Den Heiligen wird gedient, weil eine kraftvolle
Quelle der Liebe vorhanden ist, die im Dienste ihren Ausdruck finden muss.
Paulus sagte zu den Galatern: „Meine
Kindlein, um die ich abermals Geburtswehen habe, bis Christus in euch gestaltet
worden ist“ (Gal. 4, 19). Er hatte solche bei ihrer Bekehrung, und nun
wiederum, damit Christus in ihnen gestaltet werde. Das ist der wahre Geist einer
Mutter.
Dieses Kapitel hat es damit zu tun, wie
wichtig eine rechtartige Mutter ist. In dem Maße, wie Christus uns im Dienste
gebracht wird, kommen wir in den Segen davon.
Der 12. Vers unseres Kapitels zeigt den
Geist des einander Beißens und Fressens. Das Fleisch ist ein „Wildeselmensch“,
es ist nicht unterwürfig. Ismael und alle seine Nachkommen stellen den Samen
nach dem Fleische dar. Mit dem Fleische ist Stolz und Gesetzlichkeit in
Verbindung, Hagar verachtete Sarai (V. 4). Der Stolz des Fleisches verachtet
alle Einflüsse der Gnade.
Mit Hagar persönlich wird in göttlicher
Güte und Gnade gehandelt. Wer in Verbindung mit dem kommt, was von Gott ist,
kommt mit der Güte Gottes in Berührung, sogar wenn er noch unbekehrt ist. Hagar
wurde später ausgetrieben (Kap. 21, 10), Sarah wollte sie nicht haben. Paulus
tat das den Galatern gegenüber, er wollte Hagar nicht dulden. Der Geist der
Gnade kann Gesetzliches und das, was dem Menschen im Fleische einen Platz gibt,
nicht dulden.
Aber auch als Ausgetriebene wird sie der
Gegenstand göttlicher Fürsorge. Sogar für sie gibt es eine Quelle in der Wüste
(Kap. 21, 10).
Die Art, wie für Ismael und Hagar gesorgt
wird, stellt uns die Gnade wunderbar vor Augen. Das erinnert an den älteren
Bruder im Gleichnis vom verlorenen Sohn. Er hatte denselben stolzen Geist wie
Ismael. Doch der Vater ging hinaus und drang in ihn, hereinzukommen. Ein alter
Bruder pflegte zu sagen, dass dem älteren Bruder im Gleichnis mehr Gnade
erwiesen wurde als dem verlorenen Sohn!
Wir sehen hier, wie Hagar und Ismael eine
wunderbare Gnade entgegengebracht wurde, obschon ganz deutlich auf die wahre
Wesensart des Samens nach dem Fleische hingewiesen wird. Ismael bedeutet „Gott
hört“. Damit wird der Schlüssel zur Segnung Hagars Händen übergeben.
Berührt es unser Herz nicht, dass der Engel
sagt: „Kehre zu deiner Herrin zurück und demütige dich unter ihre Hände“?
(V. 9) Sie hatte Gelegenheit, sich zu unterwerfen. Die große Schwierigkeit bei
dem Juden war, dass er sich der Gerechtigkeit Gottes nicht unterwerfen wollte.
Ismaels Name war „Gott hört“. Gott wollte auf den Schrei der Not und Bedrängnis
jedes Menschen hören. Auf diese Weise kam das Evangelium der Hagar nahe, und so
konnte auch Israel nach dem Fleische auf allen seinen Wegen wissen, dass Gott
auf ihren Notschrei hörte. Ihre Wesensart kommt hier ans Licht, sie waren
Wildeselmenschen, d.h. ununterjochbar. Israel zeigte nie einen gebrochenen
Geist. Es war ungebrochenes Fleisch, das seine Hand gegen alle erhob, und wider
das sich die Hand aller erhob. Paulus sagte, dass sie „Gott nicht gefallen
und allen Menschen entgegen sind“ (1. Thess. 2, 15). Und so ist auch die
Hand aller gegen die Juden - religiöser Stolz ruft immer die Feindschaft anderer
hervor. Doch sogar der Same nach dem Fleische ist bei all seinem Stolze immer
noch ein Gegenstand der Gnade. Da sie in Verbindung mit Abram, dem Inhaber der
Verheißung stehen, nimmt Gott Anteil an ihnen.
In Römer 11, 28 lesen wir, dass sie um der
Väter willen Geliebte sind. Gott erwies Hagar Gutes, ihrer Verbindung mit Abram
wegen. Und so erweist Gott auch heute noch dem Juden Teilnahme, trotz seiner
Feindschaft gegen das Evangelium; er wird um der Väter willen geliebt.
Ich denke, wir sehen in diesem Teile des
Kapitels ein Bild davon, wie der Same nach dem Fleische in seiner
Ungebrochenheit und seinem Übermut gegen alle - „allen Menschen entgegen“
- von Gott bewahrt wird, und die Folge wird sein, dass er alle gegen sich haben
wird. Und dennoch gehört ihm die ganze Zeit hindurch gleichsam der Schlüssel der
Segnung, wenn er irgendwie ein Bedürfnis nach ihr hat. „Gott hört“ - welch ein
wunderbarer Schlüssel der Segnung! Gott tut sich Hagar in Gnade kund, und sie
nannte den Namen Jehovas: „Du bist der Gott, der sich offenbart!“ (V.
13).
Das läuft darauf hinaus, dass Gott immer,
trotz allem, was der Mensch sein mag, das ist und das gewesen ist, was Er ist.
Wie ununterjochbar und halsstarrig auch der Mensch sei, Gott ist die Quelle der
Segnung. Er kann nur sein, was Er ist.
In der Nähe dieses Brunnens hielt sich der
Same nach dem Fleische in all seinen Irrwegen auf; jeder Strahl Lichts, den Gott
über Sich Selbst im Alten Testament gab, war eben ein Schimmer von Gnade.
In unserer Schriftstelle haben wir eine
schöne Kundgebung der Gnade. Gott tut Sich im Alten Testament kund. Er war
allezeit der Gott, Dessen großer Gegenstand es war, Sich zu offenbaren.
Beer-Lachai-Roi ist der „Brunnen des Lebendigen, der sich schauen lässt“ (d.i.
die Bedeutung des Namens). In diesem Namen liegt viel mehr als in der Lesart:
„Du bist der Gott, der mich sieht!“ (V. 13). Es handelt sich hier nicht darum,
dass Gott mich sieht, obschon dieses Schriftwort die Gewissen vieler erreicht
hat. Es sollte vielmehr heißen: „Du bist der Gott, der sich offenbart!“
Der Gegenstand ist nicht, dass Gott mich sieht, obwohl das natürlich wahr ist,
sondern dass ich Ihn sehe.
Wenn Gott Sich offenbart, muss es in Gnade
sein. Er ist der Gott aller Gnade und war es allezeit. Und was Gott ist,
kennzeichnet immer den Weg, auf dem Er den Menschen segnet. Wie voll ist sogar
das Gesetz von Christo! Welche zahllosen Strahlen Lichts über Gott und Christum
enthält es. Sogar der Bund, der vom Sinai kam, enthält viele kostbare
Andeutungen der Gnade, und vieles, was der Glaube als ein Zeichen der
Segensnatur Gottes ergreifen konnte.
All diese Fingerzeige im Alten Testament
waren eine Quelle des Segens für den widerspenstigen und ununterwürfigen
Menschen. Wenn es heißt: „du sollst Jehova, deinen Gott, lieben“ (5. Mose
6, 5; 11, 1), so zeigt das Sein Wesen, das, woran Er Wohlgefallen hat.
Welch eine Offenbarung dessen, was Gott
ist, ist das meinem Herzen! Gott ist Liebe, Er wünscht, dass ich Ihn liebe. Er
würde Seine Geschöpfe nicht auffordern, Ihn zu lieben, wenn Er Selbst nicht
Liebe wäre; und so enthält das Gesetz das Evangelium.
„Habe ich nicht auch hier geschaut“
(V. 13), geht prophetisch auf die Zeit, wo ganz Israel errettet werden wird und
unter die lebendigmachende Kraft Gottes kommt. Die verdorrten Gebeine sollen
leben (Hes. 37). Sie werden Gott in all Seiner Liebe sehen. Das ununterwürfiges
Herz von Stein, das sie Ismael, dem Wildeselmenschen, gleichmachte, wird ein
fleischernes Herz werden; sie werden unter eine neue Mutter kommen.
Israel wird schließlich unter den Einfluss
der Gnade kommen. Der ältere Bruder wird hereinkommen - der Vater wird
hinausgehen und in ihn dringen. Dem verlorenen Sohne hat er das himmlische Teil
gegeben, aber das irdische Teil ist noch übrig, und das wird dem älteren Bruder
gegeben werden.
Gott sorgt immer dafür, dass ein Brunnen da
ist. Es hat in der Verwaltung oder Haushaltung Gottes immer genug gegeben, Gott
kundzutun. Im Gesetz, das der Mensch dazu benutzt, Gott auszuschließen und seine
eigene Gerechtigkeit aufzurichten, gibt es genug, ihn zu erretten.
Jeden Sonntag hören wir in der Christenheit
Worte, die den Menschen zum Leben und zur Segnung sein können; der Brunnen ist
ihnen nahe. Solche, die zur Kirche oder Kapelle gehen, sagen
fortwährend Worte, die den Menschen zum Segen sein können. Der Schlüssel ist in
ihren Händen, wenn sie ihn nur gebrauchen wollen. Das zeigt die wunderbare
Wesensart Gottes in Seiner Gnade.
Abram war in diesem Kapitel vom Wege
abgekommen. Er war von dem Wege abgekommen, auf dem Gott den Samen bringen
wollte. Gott wollte ihn von Seiner Seite aus und auf Seine eigene Weise aufgrund
der Verheißung geben. Abram hatte zu lernen, dass das, was vom Fleische war,
untauglich ist, und dass alles in Verbindung mit dem Fleische beiseitegesetzt
werden musste.
Und dann erfüllte Gott alle Seine
Verheißungen in Christo - Isaak kam.
Wenn ein Same des Glaubens die Verheißungen
ererben soll, so muss er durch Gottes Macht kommen. Das Gesetz und das Fleisch
nützen nichts.
Dieses Kapitel beginnt: „Ich bin Gott,
der Allmächtige“ - Er kann alles tun, und muss es
auch tun. Keine Schritte, keine Tätigkeit der Natur können da etwas erreichen.
Alles, was für Gott ist, muss durch Seine allmächtige Kraft bewirkt werden.
Wenn wir in diesem Bewusstsein vor Ihm
wandeln, werden wir vollkommen sein. Wir werden unter den Segen Seines Bundes
kommen und geistlich gefördert werden, und sind bereit, die Beschneidung
anzunehmen, d.h. wir haben kein Vertrauen auf das Fleisch.
Die religiöse Welt ist voller Hagar- und
Ismael-Grundsätze. Man glaubt, dass uns das Fleisch und das Gesetz Segnungen zu
sichern vermögen. Doch alles das muss beiseitegesetzt werden. Gott kann und muss
es alles tun, wenn ein wahrer Same da sein soll, der Seine Verheißungen ererbt.
In einem alten Liede heißt es: „Ganz Dein
muss auch das Werk der Gnade bleiben, begonnen, durchgeführt durch Deine Macht“.
Das ist die Lehre dieses Kapitels. Das ganze Werk der göttlichen Gnade muss von
Gott aus geschehen.
Wenn wir im Bewusstsein dessen vor Gott
wandeln, so sind wir vollkommen. Dann denken wir nicht daran, etwas von der
Natur, dem Fleische oder Gesetz zu erwarten. Dann muss alles von Gott kommen.
In Kapitel 24 sagt Abraham: „Jehova, vor
dessen Angesicht ich gewandelt habe“ (V. 40). Jakob aber musste sagen:
„Der Gott, vor dessen Angesicht meine Väter ... gewandelt haben“ und „der
Gott, der mich geweidet hat“! (Kap. 48, 15) Abraham und Isaak
wandelten vor Gott, aber Jakob konnte nur sagen, dass Er ihn geweidet und für
ihn gesorgt habe. Jakob war unvollkommen, weil er immer am Plänemachen und dabei
war, sie auszuführen, um Gottes Ziel zu erreichen. Zuletzt aber lernte er, dass
das ganze Werk Gottes sein musste.
Gott möchte unser aller Seelen zur
Vollkommenheit führen. Gott muss beginnen und vollenden. Wenn wir lernen, dass
Gott der allmächtige Gott ist, dass Er alles tun kann und auch tun muss, vom
ersten bis zum letzten, dann willigen wir ein, dass das Fleisch mit all seinen
darauf gesetzten Hoffnungen abgeschnitten wird.
Wenn wir vor Gott wandeln, sind alle
Bedingungen zur Vollkommenheit gegeben. Gott sagt gleichsam: Wandle vor mir, in
dem Bewusstsein dessen, was meine Macht tun kann und auch tun wird, und alles
wird recht stehen.
In diesem Kapitel finden wir zum mindesten
zehn „Ich will“, die den zehn „Du sollst“ des Gesetzes gegenüberstehen. Es ist
sehr schön, zu sehen, wie Gott um dem bemüht ist, der Ihm glaubte. Er sagt:
„ich will meinen Bund setzen zwischen mir und dir“ (V. 2), und richtete so
ein bestimmtes Band zwischen Sich und Abram auf, im Blick auf das große Ziel,
das er zustande bringen wollte.
Und in Verbindung damit gab Gott ihm einen
neuen Namen. Das ist eine göttliche Ehrung. Es bedeutet eine geistliche Würde,
wenn Gott einen neuen Namen gibt. Es gleicht dem, wenn ein König jemand in den
Adels- oder Grafenstand erhebt. Gott hat ein Recht, jemand zu adeln; und so
wendet Er Sich Abram zu und lässt ihm eine größere Ehre widerfahren.
Abram heißt „großer“ oder „hoher Vater“,
und das stellt das dar, was er persönlich als Haupt der Familie des Glaubens
war. Doch im Namen Abraham tritt uns die Größe der Familie
entgegen, das bedeutet „Vater einer Menge“, und er sollte nicht nur Vater
einer Menge Einzelner, sondern auch einer Menge Nationen werden.
Gott wollte den Samen des Glaubens mehren.
Er tut hier die ausgedehnten und gewaltigen Folgen des Grundsatzes des Glaubens
und der Verheißung kund. Die Wirkung auf Abraham war, dass er auf sein Angesicht
fiel. Diese Haltung kennzeichnet dieses Kapitel; er fiel zweimal auf sein
Angesicht, in Vers 3 und dann in Vers 17 in Verbindung mit dem, was Gott über
Sara sagte.
Welch eine Freude muss es für Abraham
gewesen sein, einen so großen Erfolg Gottes betrachten zu dürfen! Eine Menge
Nationen und Könige sollten alle auf dem Grundsatz des Glaubens erstehen und so
passend sein, die Verheißungen Gottes zu ererben! Nichts ist so fruchtbar wie
der Grundsatz des Glaubens, er ist „außerordentlich fruchtbar“ (V. 6).
Das ist der einzige Grundsatz, der etwas für Gott hervorbringt, weil er nur auf
Dessen Macht rechnet.
Wir denken manchmal, dass die Erfolge
Gottes beschränkter Art sind. Wir werden so leicht verengt in unserem Herzen.
Aber dieses Kapitel ist geeignet, sie weit zu machen (2. Kor. 6, 11 u. 12).
Abraham sollte der Vater einer Menge von
Nationen werden, Nationen und Könige sollten aus ihm hervorkommen. Das geht auf
die Zeit, wo Nationen und Könige durch Glauben gekennzeichnet werden und
imstande sind, die Verheißungen in Besitz zu nehmen und sie zur Herrlichkeit
Gottes zu ererben.
In der Zwischenzeit befinden wir
uns unter dem Samen Abrahams. Alle Heiligen während der Zeit, dass die Kirche
hienieden ist, sind Kinder Abrahams. Das alles kommt durch Gottes allmächtige
Kraft zustande.
Gott verpflichtete Sich nicht nur, den
Samen hervorzubringen, sondern auch, ihn nie im Stiche zu lassen. „Und ich
werde meinen Bund errichten zwischen mir und dir und deinem Samen nach dir, nach
ihren Geschlechtern, zu einem ewigen Bunde, um dir zum Gott zu sein und deinem
Samen nach dir“ (V. 7). Das heißt, Gott sagte gleichsam: Ich werde den Samen
des Glaubens nie verlassen, ich will ihnen immer ein Gott sein.
Gott hat Sich Selbst verpflichtet, Er ist
einen Bund eingegangen. Ein Bund setzt zwei Parteien voraus. Gottes Seite davon
war: Er verpflichtet Sich dem Menschen gegenüber und sagt, „ich will“. Er setzt
sozusagen Seinen Namen darunter, so dass wir mit heiliger Ehrfurcht sagen
können, Gott kann Sich nicht von dem zurückziehen, wozu Er Sich verpflichtet
hat.
Dann tritt hier ans Licht, dass Abraham und
sein Same nach ihm Gottes Bund durch die Beschneidung alles Männlichen zu halten
hatten. Ihre Seite davon war: sie hatten den Bund zu halten, sonst würde dessen
Segnung, was sie betrifft, unwirksam gemacht werden: „der unbeschnittene
Männliche..., selbige Seele soll ausgerottet werden aus ihrem Volke; meinen Bund
hat er gebrochen!“ (V. 14)
Wenn Gott Sich uns in Gnade und Macht
verpflichtet hat, dann muss unsererseits der Bund der Beschneidung gehalten
werden. Das ist ein Bild von der Beiseitesetzung des Fleisches, und diese ist
unerlässlich. Wenn Gott es unternimmt, Sein Volk zu segnen und ihnen alles zu
sein, im Blick darauf, dass Er alle Seine Gedanken zur Ausführung bringen will,
so kann Er ihrerseits kein Vertrauen auf das Fleisch dulden, noch irgendwelche
Zulassung der Tätigkeit des Fleisches. Sein Volk muss Seinen Bund halten und
Sich Ihm durch Beschneidung zur Verfügung stellen. Das ist in geistlicher
Hinsicht ebenso wahr für uns wie für Abraham.
Um die geistliche Bedeutung der
Beschneidung zu sehen, ist es nötig, verschiedene Schriftstellen zu betrachten.
Zuerst Römer 2, 28 u. 29: „nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist, noch
die äußerliche Beschneidung im Fleische ist Beschneidung: sondern der ist ein
Jude, der es innerlich ist, und Beschneidung ist die des Herzens, im Geiste,
nicht im Buchstaben; dessen Lob nicht von Menschen, sondern von Gott ist“.
Das zeigt, dass eine wahre Beschneidung eine innere Sache ist. Sie ist etwas,
was im Herzen und Geiste Platz greift. In Römer 4, 11 sehen wir dann einen
weiteren Schritt: „Und er empfing das Zeichen der Beschneidung als Siegel der
Gerechtigkeit des Glaubens, den er in der Vorhaut hatte“. Hier wird die
Beschneidung als ein Siegel betrachtet. Abraham empfing die Gerechtigkeit aus
Glauben in Kapitel 15, und deren Siegel in Kapitel 17.
Ich denke, das weist auf die Gabe des
Geistes hin, durch den das Fleisch beiseitegesetzt werden kann. Der Geist ist
das Siegel der Gerechtigkeit aus Glauben, und ich denke, dass die Beschneidung
andeutet, dass zur Beiseitesetzung des Fleisches in unserem Wandel der Geist in
göttlicher Kraft kommt. Durch den Geist kommen wir zur Kraft Gottes, zur Kraft
Dessen, der zu Abraham sagte: „Ich bin Gott, der Allmächtige“.
Wie wunderbar, dass uns der Geist als
Siegel der Gerechtigkeit des Glaubens gegeben wird, damit wir Kraft hätten, das
Fleisch beiseitezusetzen. Solange das Fleisch nicht beiseitegesetzt ist, haben
wir kein Zeugnis davon, dass Gott hienieden ein Volk hat, und deshalb ist die
Beschneidung unerlässlich. Die Seele, die sie von sich weist, wird ausgerottet,
sie hat den Bund gebrochen. Gott geht nicht mit dem Fleische voran, und Er will
auch nicht, dass Sein Volk das tut. Der Geist ist uns gegeben, damit wir nicht
im Fleische wandeln, sondern auf unserem Pfade frei davon sind.
1. Mose 16 gleicht Römer 7, insofern auch
dort das Bestreben vorhanden ist, einen göttlichen Samen mittels des Gesetzes
und des Fleisches zu erlangen; doch dieser Same kommt durch Glauben und
Auferstehungskraft. Der Geist wird uns als ein Siegel der Gerechtigkeit des
Glaubens gegeben, Er entspricht also der Beschneidung. Wir empfangen Ihn, um in
unseren Wandel vom Fleische befreit zu sein. Und wenn es nicht beiseitegesetzt
ist, so ist kein wahres Zeugnis davon vorhanden, dass wir in Bundesbeziehung zu
Gott stehen. Was wir hier sehen, ist sozusagen unsere Seite des Bundes.
„Und Gott sprach zu Abraham: Und du, du
sollst meinen Bund halten, du und dein Same nach dir, nach ihren Geschlechtern.
Dies ist mein Bund, den ihr halten sollt...: alles Männliche werde bei euch
beschnitten“ (V. 9 u. 10), und „der unbeschnittene
Männliche, der am Fleische seiner Vorhaut nicht beschnitten wird, selbige Seele
soll ausgerottet werden aus ihrem Volke; meinen Bund hat er gebrochen!“ (V.
14)
Das zeigt uns, wie wichtig unsere Seite
ist; Gott wird den Bund nicht brechen, aber wir haben darauf zu achten, dass wir
den Bund durch die Anerkennung der Gegenwart des Geistes halten, und durch den
Geist in unserem Wandel das Fleisch von uns weisen. Der Geist ist als Kraft
gekommen: wie wichtig ist es, im Bewusstsein dessen zu wandeln! Dieserhalb sagt
Gott: „wandle vor meinem Angesicht und sei vollkommen“. Gott will, dass
in uns die Kraft einen Ausdruck finde, die im Geiste gekommen ist, und dass wir
so das Fleisch in all seiner Wirksamkeit von uns weisen und dadurch als Sein
Volk hienieden offenbar werden. Da wir den Geist haben, entspricht unsere
Fähigkeit auch unserer Verantwortlichkeit.
Wenden wir uns nun zu Kolosser 2, 9 - 11:
„Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig; und ihr seid
vollendet in ihm, der das Haupt jedes Fürstentums und jeder Gewalt ist; in
welchem ihr auch beschnitten worden seid, mit einer nicht mit Händen geschehenen
Beschneidung, in dem Ausziehen des Leibes des Fleisches, in der Beschneidung des
Christus“. Im Römerbriefe wird auf die Beschneidung in Beziehung zum Geiste
angespielt; im Kolosserbrief in Beziehung zu Christo. Wenn ich sehe, dass die
Fülle der Gottheit in Christo ist, und dass ich in Christo zur Fülle gebracht
bin, so brauche ich nicht das Geringste, was das Fleisch dem hinzufügen könnte,
und ich kann es fahren lassen.
Ich bezweifle, dass einer von uns die
Beschneidung wirklich annimmt, bis er sieht, welch ein großes Vorrecht sie ist,
und welch einen Gewinn sie mit sich bringt. Wir sind in Christo zur Fülle
gebracht, und die ganze Fülle der Gottheit ist in jenem gesegneten,
auferstandenen und verherrlichten Menschen; wir brauchen nicht das Geringste
außer Ihm. Wenn wir das sehen, so sind wir bereit, das anzunehmen, was geschah,
als Christus starb, d.h. als Er abgeschnitten wurde; darin sehen wir
die Beschneidung - das vollständige Hinwegtun des Fleisches im Tode Christi. Das
betraf den Leib des Fleisches seinem vollen Umfange nach, und nicht unsere
Sünden (V. 11). Ich nehme an, dass wir alle wissen, dass es hier nicht heißen
sollte: „Leibes des Fleisches der Sünde“. Die Worte „der Sünde“ sind eine
Hinzufügung, die unzulässig ist. Wir sind also bereit, das Fleisch fahren zu
lassen, weil wir in Christo zur Fülle gebracht sind.
Philipper 3 fasst endlich die Beziehung der
Beschneidung in den Worten zusammen: „wir sind die Beschneidung, die wir
durch den Geist Gottes dienen und uns Christi Jesu rühmen und nicht auf Fleisch
vertrauen“ (V. 3). Wenn jemand hätte auf Fleisch vertrauen können, so war
das Paulus, doch er sagte in Wirklichkeit: Ich habe das alles abgeschnitten, ich
brauche kein bisschen davon.
Es ist nützlich, 1. Mose 17 mit Philipper 3
zu vergleichen und zu sehen, wie die Beschneidung im Blick auf das Erbe erwähnt
wird. Da haben wir einen Mann, dessen Auge auf das Erbe gerichtet ist. Er hat
als Preis die Berufung Gottes in der Höhe vor sich, und im Blick darauf nimmt er
das Abschneiden jeder Hoffnung und jeden Ruhms in Verbindung mit dem Fleische
an, um in den Besitz des Erbes in einem auferstandenen und verherrlichten
Christus zu gelangen. Dann zeigt der ernste Abschluss des Kapitels, wie der
Unbeschnittene vom Volke Gottes abgeschnitten wird: „viele wandeln, von denen
ich euch oft gesagt habe, nun aber auch mit Weinen sage, dass sie Feinde des
Kreuzes Christi sind: deren Ende Verderben, deren Gott der Bauch und deren Ehre
in ihrer Schande ist, die auf das Irdische sinnen“ (Phil. 3, 18 u. 19). Sie
sind die Unbeschnittenen, von denen Gott gesagt hatte, dass sie aus Seinem Volke
ausgerottet werden sollten, da sie Seinen Bund gebrochen hatten.
Dann wird Sarai, d.h. „Jah ist Fürst“, zu
einer Sara, einer „Fürstin“; auch sie wird geadelt. Sie ist ein Bild Israels,
des Gefäßes der Verheißung, das aber dem Fleische nach als erstorben betrachtet
wird. Israel ist ein unfruchtbares Weib, das von Natur nichts für Gott
hervorbringen kann, aber wenn es lernt, dass Gott eine fürstliche Kraft
innewohnt, die trotz seines Zustandes unumschränkt wirken kann, dann wird es
eine „Fürstin“, die den Samen der Verheißung ins Dasein bringen kann.
Das ist eine Unterweisung, die wir dem
Grundsatz nach zu lernen haben. Wenn wir lernen, dass das Fleisch und die Natur
kraftlos und tot sind, dass aber bei Gott eine fürstliche Kraft ist, so kann
Gott uns ehren und Christum in sittlicher Hinsicht und im Zeugnis hienieden in
uns hervorbringen.
Abraham verwendet sich für Ismael, doch
Gott verweilt bei Isaak - „Lachen“. Der Glaube kann lachen, wenn Gott gänzlich
von Sich aus und in Seiner eigenen Kraft handelt. Abraham konnte nicht über
Ismael lachen, weil er dort das, was vom Fleische stammt, fand. Aber der, der
über Isaak lachen konnte, konnte im Bewusstsein der Gnade für Ismael beten.
Ismael stellt Israel nach dem Fleische dar.
Gott wollte Ismael segnen und sein Gebet erhören (Kap. 16, 11) - das ist ein
Fingerzeig für Israel, den sie hätten beachten sollen-; doch Isaak war der, mit
dem Sein Bund errichtet werden sollte. Er war der, der nach Römer 4 in
Auferstehungskraft ins Dasein kam.
Gottes Güte war für Ismael da, Er hat immer
für das halsstarrige und widerspenstige Israel gesorgt, für eine Nation, die die
Wesensart Ismaels, des „Wildeselmenschen“, offenbarte. Doch wenn immer ein
Notschrei zu Ihm drang, sogar von dem verkehrten, widerspenstigen Israel, so
erhörte Gott ihn.
Ismaels Geschichte wäre Israel sehr
lehrreich gewesen, wenn sie sie beachtet hätten; Gott sagte ihnen damit: Wenn
ihr nur zu mir schreit, werdet ihr Segen empfangen. Doch sie waren zu stolz, die
Stellung der Bedürftigkeit einzunehmen, und so gingen sie der Segnung verlustig.
Sie erhoben Anspruch auf die Vorrechte des Bundes, ohne nach dem zu handeln, was
das Zeichen des Bundes in sich begriff. Sie hielten daher den Bund nicht.
Sie hatten immer Vertrauen auf das Fleisch
und waren nie in Wahrheit beschnitten. Gott musste ihnen sagen, dass sie
unbeschnitten an Herz und Ohren waren (Apg. 7, 51). Und deshalb sind sie nun
gefallen und abgeschnitten; ihre Geschichte ist eine feierliche Warnung für alle
die, die göttliche Dinge in fleischlicher Weise aufnehmen.
Die wichtige Belehrung des Kapitel 17
bereitet auf das vor, was wir hier haben, nämlich das Vorrecht höchster Art.
Wenn Gott als Der erkannt wird, der alles wirkt zu Seinem eigenen Wohlgefallen,
und der Glaube lachen gelernt hat, indem er den wahren Isaak als den Samen der
Verheißung sieht, dann kann die Beschneidung in unserem Wandel angenommen und
gekannt werden, und dann sind wir in einem Zustande, göttliche Besuche empfangen
zu können.
Wir wissen nicht, ob Abraham irgendeinen
Grund hatte, einen göttlichen Besuch zu erwarten, aber er war bereit, als er
kam. Joh. 14, 18 bereitet uns darauf vor, solche Besuche zu
erwarten. Wie eifrig würden wir dann besorgt sein, uns in einem passenden
Zustande zu befinden! Man könnte sich kein höheres Vorrecht denken als einen
Besuch göttlicher Personen.
In Kapitel 17 lernte Abraham, dass Gott von
Sich aus alles durch die Ihm eigene Kraft tun konnte, und dass Er in keiner
Weise vom Fleische abhängig war, und der Mann des Glaubens lachte. Diese Art
Lachen haben wir nötig, um ein solches Vorrecht, wie es dieses Kapitel
vorstellt, zu genießen.
Es ist ein heiliges Lachen (Isaak bedeutet
„Lachen“). Wir sehen dabei, dass Gott es unternahm, all Sein Wohlgefallen in der
Kraft der Auferstehung durchzuführen. Das schließt den Menschen und all sein
Vermögen vollständig aus, und der Mann des Glaubens lacht. Es ist gesegnet, vor
Gott auf sein Angesicht zu fallen, weil wir sehen, dass Christus in der Kraft
der Auferstehung ins Mittel getreten ist, und dass jeder Gedanke und jede
Verheißung Gottes in Ihm zustande kommt. Isaak kam gänzlich getrennt von der
Natur und dem Fleische. Was Abraham und Sara anlangte, so waren beide erstorben.
Ich denke, wir können in Kapitel 18 manches
sehen, was auf Vorrechte hindeutet, die jetzt die Versammlung hat. Wir haben da
einen göttlichen Besuch und dann den Dienst des Herrn. Weiter wurde der Glaube
sehr gestärkt, wie Vers 10 und 14 zeigen. Dann haben wir vertrauliche
Mitteilungen und schließlich Fürbitte.
Das ist eine wunderbare Reihe von
Vorrechten, die jetzt in der Versammlung genossen werden. Es ist gesegnet, in
einem Zustande zu sein, göttliche Besuche zu empfangen. Und solche Besuche sind
das Vorrecht der Versammlung, wie sehr klar aus Johannes 14 hervorgeht. „Ich
werde euch nicht als Waisen lassen, ich kommt zu euch“ (V. 18). „Wer
meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt,
wird von meinem Vater geliebt werden; und ich werde ihn lieben und mich selbst
ihm offenbar machen“ (V. 21). „Wenn jemand mich liebt, so wird er mein
Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und
Wohnung bei ihm machen“ (V. 23).
Diese Verse reden deutlich von einem
göttlichen Besuch und einer göttlichen Offenbarung, und dann sogar von noch
etwas Größerem, nämlich einem dauernden Wohnen göttlicher Personen bei dem, der
treu ist in der Liebe; diese drei Dinge sind ganz klar voneinander zu
unterscheiden.
Das letzte finden wir in 1. Mose 18 nicht;
wir könnten es dort auch unmöglich haben. Es ist in gewissem Sinne das größte
Vorrecht von allen. Joh. 14, 18 ist das Vorrecht der Versammlung: der Herr kommt
zu denen, die Ihn vermissen, und dieserhalb bereitet das Abendmahl den Weg für
einen Besuch des Herrn, denn wenn wir es recht verstehen, zeigt es, dass wir Ihn
vermissen. Wenn wir zusammenkämen, das Abendmahl seinem wahren Wesen nach zu
essen, so würde der Herr sagen können: Dort sind Herzen, die mich vermissen, und
diese Tatsache würde Ihn zu ihnen hinziehen.
Die Offenbarung in Joh. 14, 21 sodann ist
persönlich, wie die an Maria in Joh. 20, 16; es heißt: „Wer
meine Gebote hat“. Der Einzelne, der Ihn liebt, hat Seine Gebote und hält
sie; und ihm gibt der Herr ein neues Verständnis über Sich Selbst. Ich verstehe
unter einer Offenbarung ein Verständnis über Christum, wie es die Seele zuvor
noch nicht gehabt hatte.
Dann endlich wird uns Joh. 14, 23 gewährt,
wenn wir Sein Wort halten. Das bedeutet nicht nur, dass wir Seine
Gebote haben und sie halten (wie in V. 21), sondern dass wir das
halten, worin Er Selbst zum Ausdruck gelangt.
Das ist die innigste Übung infolge der
Wirksamkeit unserer Zuneigungen gegen den Herrn persönlich. Darin handelt es
sich um bräutliche Liebe, die wir mit Phil. 3, 8 auf eine Stufe stellen können.
Sie sichert uns daher eine ganz besondere und einzigartige göttliche
Gemeinschaft, das, was über einen Besuch hinausgeht; es ist ein Wohnen
des Vaters und des Sohnes bei dem, dessen Herz auf Christum Selbst gerichtet
ist. Ein Herz, das Ihm in Liebe huldigt, wird dem Vater und dem Sohne ungemein
anziehend.
Auf diese Weise wird im Neuen Testament von
göttlichen Besuchen geredet. Bei Abraham sehen wir, dass ein passendes Verhalten
seinerseits da war; Abraham diente dem Herrn. Das ist ähnlich wie in Apg. 13,2,
wo es heißt: „Während sie aber dem Herrn dienten“, und in Joh. 12, 2:
„Sie machten ihm nun daselbst ein Abendessen“.
Es ist auffallend, dass unser Kapitel die
erste Schriftstelle enthält, wo die Fußwaschung erwähnt wird. Es ist schon oft
darauf hingewiesen worden, dass wir da, wo eine Sache das erste Mal in der
Heiligen Schrift erwähnt wird, auch den Schlüssel zu ihrer Bedeutung bekommen.
Hier bedeutet es ganz offenbar eine Erfrischung. Es heißt: „Es werde doch ein
wenig Wasser geholt, und waschet eure Füße; und lagert euch“ (V. 4).
Fußwaschung hat es mit Erfrischung zu tun.
Verlieren wir das aus dem Auge, so verderben wir Johannes 13. Wenn wir zu viel
aus dem Beseitigen der Verschmutzung machen, so verdirbt das den dortigen
Gegenstand des Herrn. Verfolgen wir die Fußwaschung die ganze Schrift hindurch,
so hat sie immer mit Erfrischung und dem Dienste der Liebe zu tun. Abigail
sagte: „Siehe, deine Magd als Dienerin, um die Füße der Knechte meines Herrn
zu waschen“ (1. Sam. 25, 41). Sie stellte sich David für den Dienst seiner
Knechte zur Verfügung. Ein Weib wusch die Füße des Herrn; und wer kann daran
zweifeln, dass sie dem Herzen des Heiligen Erfrischung erwies? Es ist wunderbar,
dass wir zur Erfrischung göttlicher Personen beitragen können.
Zwischen der Waschung der Füße des Herrn
und der Salbung des Herrn besteht in der geistlichen Bedeutung ein Unterschied.
Ihm die Füße zu waschen besagt, dass Er mir so kostbar ist, dass ich mich freue,
Ihm zu dienen. Aber die Salbung bedeutet, dass Er Gott kostbar ist, und dass
Gottes Gesalbter auch mein Gesalbter geworden. Dann sind wir dahin gekommen,
Gemeinschaft mit Gottes Gedanken über jenen Gesegneten zu haben. Die Salbung
geht weiter als die Fußwaschung, das Haus wird dabei von dem Wohlgeruch erfüllt.
Wir sollten das wunderbare Vorrecht, wozu
wir berufen sind, erwägen. Das Abendmahl wendet sich an unsere Herzen: der Herr
scharte nicht nur die um sich, die Er liebte, sondern die Ihn liebten. Er
verlieh ihnen darin die Stellung eines Familienkreises, in dem der Vater fehlte.
Aus Jer. 16,7 sehen wir, dass es bei den Juden eine Gewohnheit war, zum
Gedächtnis verstorbener Eltern das Brot zu brechen, und der Herr bediente Sich
dieser alten Sitte, als Er das Abendmahl einsetzte.
Vermissen wir Ihn? Wünschen wir, Ihn wissen
zu lassen, dass wir Ihn vermissen? - Das Abendmahl sollte allen ein Zeugnis
sein, dass wir Ihn vermissen. Und wenn wir es mit den rechten Zuneigungen essen,
würden wir Seine Gegenwart haben, dann will Er zu uns kommen.
In dieser Welt sind wir Waisen, weil wir
Ihn verloren haben. Wenn das wahr ist und wir es fühlen, so sagt Er: „Ich
werde euch nicht als Waisen lassen, ich komme zu euch“ (Joh. 14, 18). Wie
würde es die Herzen einer in inniger Liebe miteinander verbundenen Familie
berühren, wenn einer der geliebten, heimgegangenen Eltern zurückkommen könnte!
Der Herr nun sagt: Wenn Ihr mich vermisst, will ich euch nicht als Waisen
lassen, ich werde zu euch kommen. - Für einen Besuch bedürfen wir das
Bewusstsein, dass wir verwaist sind, und das stellt das Brotbrechen dar; denn es
bedeutet, dass Der, den wir lieben, gestorben ist. Er ist nicht hier.
Alsdann finden wir in unserem Kapitel, wie
Abrahams Glaube befestigt wird (V. 10 u. 14). Gott sagt: „Ist für Jehova eine
Sache zu wunderbar?“ Allem Anschein nach redet das von einer gesegneten
Glaubensstärkung.
In der Versammlung wird Liebe gehegt und
gepflegt, aber auch der Glaube gestärkt. Alles, was der Glaube erlangt hat, wird
uns da fortwährend gestärkt. In gewissem Sinne wird uns das alles zu einer
lebendigen Wirklichkeit. Petrus redet davon, dass uns das prophetische Wort
„mehr befestigt“ wird (2. Pet. 1, 19). Sicherlich wird es das nicht in sich
selbst, sondern im Herzen der Gläubigen.
In dem Abschnitt von Vers 9 - 15 wird die
Verheißung wiederholt und gleichsam bestätigt, und da sehen wir den Unglauben
der Sara. In unserem Wandel offenbaren wir sehr oft ein gut Teil Unglauben. Doch
Gott möchte alles, was in Verbindung mit dem Samen steht - sei es Christus
persönlich, oder der himmlische oder irdische Same -, in unseren Seelen stärken
und befestigen.
Von Vers 17 an haben wir dann vertrauliche
Mitteilungen. Wie wunderbar ist es, dass Gott mi dem Menschen auf vertrautem
Fuße steht! In Jes. 41, 8 redet Er von Abraham, Seinem Freunde; Gott wollte
Abraham nicht verbergen, was Er tun wollte. Über Sodom sollte das Gericht
kommen, doch ehe es kam, machte Gott Abraham im Vertrauen eine Mitteilung
darüber.
Das ist ein weiteres Vorrecht der
Versammlung. Wir wissen, was geschehen wird, wir wissen, dass Christus der Erbe
der Welt ist und alle Dinge ererben wird, und dass Er, bevor dieses geschieht,
das Gericht über die Welt der Gottlosen bringt (2. Pet. 2, 5). Denn wir sind in
das Geheimnis von alledem eingeweiht.
Die Wirkung dieser Mitteilungen auf Abraham
war, dass er Fürbitte tat. Und das ist ein weiteres Vorrecht der
Versammlung. Die Versammlung ist hienieden, fürbittend für eine unter Gericht
befindliche Welt einzutreten.
Abraham verwendete sich für sie aufgrund
dessen, dass vielleicht fünfzig Gerechte unter ihnen seien, und dann ging er bis
auf zehn herab. Wir gehen noch weiter herunter, nämlich bis auf Einen;
Abraham ging nicht weit genug! Wir kennen einen Gerechten, um deswillen die
Stadt geschont werden kann! Wir können fürbittend eintreten in der vollen
Erkenntnis der gesegneten Tatsache, dass ein Gerechter Gott über
die ganze Frage der Sünde dadurch völlig befriedigt hat, dass Er das Gericht der
Sünde trug, so dass Gottes Haltung gegen alle Menschen nun vollkommene Gnade
sein kann. Später redete Gott in Jer. 5,1 von Jerusalem: „suchet ..., ob ihr
jemanden findet, ob einer da ist, der Recht übt, der Treue sucht: so will ich
ihr vergeben“.
Doch ein gerechter Mann war in
Jerusalem und in dieser Welt, und Er hat Gott so verherrlicht, dass Gottes
Haltung gegen die Welt jetzt vollkommene Gnade ist, und in der Erkenntnis bitten
wir für alle Menschen. Abraham tat das aufs Geratewohl.
Wie kostbar auch die Belehrungen des Alten
Testamentes in den Vorbildern sein mögen, wir sollten immer daran denken, dass
uns etwas Besseres vorbehalten ist (Heb. 11, 40).
Während einerseits Gebet und Fürbitte für
alle Menschen geschehen sollte, so auch andererseits Danksagung. Wir können
nicht an die Gnade Gottes gegen die Menschen denken ohne Danksagung: Wir danken,
ob der Haltung Gottes gegen sie, wir danken ihrethalben, wenn sie selbst auch
nicht danken.
Gott ist ein Heiland-Gott für jeden
Menschen, und dafür sollte ich jeden Tag danken, denn das stellt mir das
Ungeheuere Seiner Gnade vor die Seele. Die Glückseligkeit des wahren Gebetes
liegt darin, dass du nie aufhören kannst ohne dankzusagen: das ist ein großer
Beweis, dass du wirklich gebetet hast. Ein geliebter Diener des Herrn pflegte zu
sagen, das Kundwerdenlassen deiner Anliegen setzt voraus, dass du ein
Bewusstsein davon besitzt, dass du Zutritt zu Gott hast. Eine Audienz bei einem
der Großen der Erde ist ein schwaches Abbild davon; wenn du sie erlangt hast,
kannst du hinweggehen und sagen, er hat mich angehört und weiß alles darüber. -
Ich habe dann nicht nur gebetet, sondern Gott hat es gehört; und so danksage
ich.
Es heißt in Phil. 4, 7 nicht, dass wir
unsere Bitten bekommen, sondern dass der Friede Gottes von unserem Herzen Besitz
ergreift, und das ist oft besser und größer, als das zu bekommen, worum wir
bitten. So kann es geschehen, dass du um etwas bittest, was du meinst, sehr
nötig zu brauchen, und nachdem du gebetet hast, hast du das Empfinden, es macht
nichts, ob ich es habe oder nicht; wenn ich es nicht bekomme, nun so ist es,
weil Gott mich liebt und etwas Besseres für mich hat! Ein Christ, der im
Bewusstsein der Gnade steht, weiß, dass wenn er etwas nicht bekommt, worum er
gebeten hat, es ihm nicht gut ist.
Lasst uns nun kurz den Gegensatz im
nächsten Kapitel betrachten. Lot sitzt im Tore Sodoms (Kap. 19, 1) im Gegensatz
zum Eingange des Zeltes (Kap. 18, 1). Er bekommt einen Ehrenplatz in der Welt,
aber keinen göttlichen Besuch.
Zwei Engel kommen zu ihm, was
von der Fürsorge Gottes redet. Wohl wird ihm die Fürsorge der göttlichen
Vorsehung zuteil, aber kein Besuch. Es ist zu beachten, dass er ungesäuertes
Brot hatte, was darauf hinweist, dass er persönlich getrennt von der Verderbnis
um ihn her stand; er hatte eine gerechte Seele.
Er tat sein Bestes, die göttliche Vorsehung
zu ehren, die sich uns in den Engeln darstellt, und das tat er, als die Männer
von Sodom sie entehren wollten. Aber er hatte keine Kraft, das, was göttlich
war, aufrechtzuerhalten. Die Vorsehung schützte und befreite ihn, aber sein
Zeugnis war erfolglos, es war ihnen das eines Scherztreibenden, eines
Spaßmachers. Wie viele weltliche Gläubige gleichen ihm heutzutage darin!
Sie hatten ihn zum Richter gemacht - das
ist die Bedeutung davon, dass er im Tore saß; er genoss in der Welt eine
Scheinehre, aber keine wirkliche Ehre, und er hatte keine Kraft zum Zeugnis.
Was weiter sehr traurig war, ist, dass er
den Platz der Sicherheit des Glaubens fürchtete. Die Engel hießen ihn, ins
Gebirge zu fliehen, aber er konnte nicht ohne eine Stadt leben, er sprach:
„diese Stadt ist nahe, um dahin zu fliehen, und sie ist klein; ich bitte dich,
lass mich doch dahin entrinnen, (ist sie nicht klein?)“ (V. 20).
Sein Geschmack war verdorben, er musste
etwas von der Welt haben. Er bat, in einer Stadt, wenn auch nur in einer kleinen
Stadt, bleiben zu dürfen! Wie ernst ist es für einen Gläubigen, in einen solchen
Zustand zu geraten! Dieser Tiefstand ist schrecklich und steht im auffälligen
Gegensatze zu Kapitel 18.
Dann wurde Lots Weib zu einer Salzsäule (V.
26). Ihr Herz war in Sodom, und so teilte sie dessen Gericht. Bis auf diesen Tag
finden wir sie in der Heiligen Schrift als ein Warnungszeichen - sie ist eine
Warnung für bloße Bekenner, die nie die absondernde Kraft der Berufung Gottes
gekannt haben.
Schließlich ging Lot doch noch ins Gebirge,
aber aus Furcht und nicht aus Glauben. Und anstatt wie Abraham der Vater einer
Menge des Samens des Glaubens zu sein, wurde er der Vater Moabs und Ammons, die
allezeit der Familie des Glaubens zum Fallstrick und zur Züchtigung waren.
In Kapitel 18 haben wir die Vorrechte des
Glaubens gesehen: den göttlichen Besuch, den Dienst des Herrn, die Befestigung
des Glaubens, und wie der Mann des Glaubens in Gottes Vertrauen gezogen wurde
und für die Welt bittet.
Wir sehen da auch die sittliche Wesensart
Abrahams. Er war auf einem Pfade, wo Gott ihn segnen konnte, und vermochte so,
seinen Kindern den gleichen Pfad zu befehlen. Jehova sprach: „ich kenne ihn,
dass er seinen Kindern und seinem Hause nach ihm befehlen wird“ (Kap. 18,
19). Abraham hatte nicht nur Glauben, sondern war auch in sittlicher Hinsicht
fähig, die Verheißungen zu ererben. Es heißt, dass er darauf achten würde, dass
seine Kinder denselben Weg gingen.
Gott sagt uns also gleichsam: Alles das
habe ich euch gezeigt, nun seht euch einmal Lot an! Und da haben wir in allem
einen beschämenden Gegensatz, der voll göttlicher Belehrung für uns ist.
Lots Weib bleibt eine ernste
Warnung. Der Herr selbst ruft uns zu: „Gedenket an Lots Weib!“ (Luk. 17,
32). Sie starb nicht, um begraben und vergessen zu werden. Sie war ein Weib, das
dem Volke Gottes nahestand und äußerlich teil mit ihm hatte; und dennoch besaß
sie keine innerliche Verbindung mit ihm, ihr Herz gehörte der Welt an.
In der Schrift wird ihrer als einer
Salzsäule gedacht, eine Warnung für jeden, sich vor dem Zurückblicken zu hüten.
Als der Herr in Lukas 17 vom Kommen des Gerichts über die Welt redet, sagt Er:
„Gedenket an Lots Weib!“
Wir sollten bedenken, dass diese Welt unter
Gericht ist, und sollten auf den zukünftigen Schauplatz der Herrlichkeit
hinschauen. Gott verhüte, dass wir auf die Welt oder irgend etwas, das ihr
angehört, zurückschauen!
Wir sahen in Kapitel 18 und 19 den
Gegensatz zwischen den Vorrechten des Glaubens, die der wahrhaft Beschnittene
genießt, und dem Verlust derselben (infolge des Unglaubens), den sogar ein
Gerechter erleidet, bei dem die Beschneidung keinen Platz hat, der also nach dem
Fleische wandelt. Gott sorgte zwar für Lot in Seiner Vorsehung, aber er genoss
seine Vorrechte nicht.
In Kapitel 20 und 21 haben wir einen
anderen Gegensatz. Da sehen wir einen Gläubigen so wandeln, dass er sogar den
Tadel der Welt über sich ergehen lassen muss (Kap. 20); danach aber wandelt er
so, dass sogar die Welt anerkennen muss, dass Gott in allem, was er tut, mit ihm
ist (Kap. 21, 22).
In Kapitel 20 sehen wir wieder dieselbe
Schwachheit und Verfehlung, die bei Abram in Kapitel 12 zum Vorschein kam, d.h.
er verleugnet seine wahre Beziehung zu Sara; dieses Mal jedoch tritt uns dieser
Fehltritt in verschlimmerter Form entgegen, wie das gewöhnlich der Fall ist,
wenn irgendwelche Wirksamkeit des Unglaubens nicht wirklich gerichtet wird. Sie
wiederholt sich dann wieder, und jedes Mal schlimmer als zuvor.
In Kapitel 12 geschah es in Verbindung mit
dem Aufgeben der himmlischen Stellung, d.h. bei dem Verlassen Bethels und dem
Hinabziehen nach Ägypten; aber in Kapitel 20 nach der Verheißung der Kapitel 17
und 18, wonach Sara die Mutter eines Sohnes werden sollte, mit dem der Bund
Gottes sein würde, und der die Verheißungen ererben sollte.
Die besondere Verheißung in Kapitel 12 war
das Erbe, in Kapitel 20 aber der Erbe; und in jedem
Falle war die Bemühung des Feindes gegen das jeweilige besondere Zeugnis
gerichtet. Wenn Abraham im Glauben an die Verheißung gewandelt hätte, so würde
er verstanden haben, dass die Aufrechterhaltung seiner wahren Beziehung zu Sara
von der höchsten Wichtigkeit war. Das war das Wesentliche in Gottes Zeugnis im
damaligen Augenblick. Unglaube, Schwachheit oder Furcht bestimmen uns immer, das
jeweilig Beste aufzugeben: der Leittrieb geht immer zuerst verloren.
Es ist eine ernste Warnung, dass ein so
Bevorrechtigter, einer, der solche Nähe Gott gegenüber genossen hatte, in seinem
öffentlichen Zeugnis so vom Glauben abweichen konnte. Mancher von uns kann das
vielleicht verstehen, wenn er auf seine eigene Geschichte zurückblickt! Haben
nicht auch wir erfahren, was es heißt, die Sprache des Glaubens zu
gebrauchen und dabei Wege zu wandeln, die nicht die des Glaubens waren, und dies
sogar, kurz nachdem wir die Freude geistlicher Dinge geschmeckt hatten? Aus
unserem Wandel und Benehmen würden die Leute oft nicht auf die Würde und
Glückseligkeit unserer Berufung und Vorrechte schließen können. Es ist traurig,
wie schnell natürliche Gedanken bei uns die Oberhand erlangen können und die
Gedanken des Glaubens tatsächlich beiseite setzen.
Wir sehen hier Abraham lediglich auf dem
Boden der Natur. Er dachte an sich: „sie werden mich töten“ (V. 11). Doch
die Wurzel von allem tritt uns in Vers 13 entgegen: „als Gott mich wandern
ließ aus meines Vaters Hause“. Von welch einem niedrigen Standpunkte aus
betrachtete er da die Berufung des Gottes der Herrlichkeit!
Die Berufung, das Erbe, das Vorrecht eines
himmlischen Menschen, alles hatte er da aus den Augen verloren. Also Gott hatte
ihn veranlasst, seines Vater Haus zu verlassen! War das ein Gedanke des
Glaubens?
Wie oft finden wir auf den Lippen wahrer
Gläubigen eine Sprache, die sich nicht über die des natürlichen Menschen erhebt!
In dem Sturm waren die Jünger schnell bereit zu sagen: „wir kommen um!“
(Mat. 8, 25; Luk. 8, 24; Mark. 4, 38). In der Wüste sagten sie: „Woher nehmen
wir in der Einöde so viele Brote, um eine so große Volksmenge zu sättigen?“
(Mat. 15, 33; Mark. 8, 5). Als der Herr sie vor dem Sauerteig der Pharisäer und
Sadduzäer warnte, sagten sie: „Weil wir keine Brote mitgenommen haben“
(Mat. 16, 7). Als Er zu ihnen sagte, dass er eine Speise zu essen habe, die sie
nicht kennten, sprachen sie: „Hat ihm etwa jemand zu essen gebracht?“
(Joh. 4, 33). Petrus schien sich zu den Gedanken des Glaubens zu erheben, als er
sagte: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Mat. 16,
16), was ihm Fleisch und Blut nicht geoffenbart hatten; und doch sprach er
unmittelbar darauf, als der Herr von Seinem Tode redete: „dies wird dir
nicht widerfahren“ (Mat. 16, 22).
Alles das zeigt uns, wie schnell wir von
der Gesinnung des Glaubens abkommen können, und wenn es geschieht, so verleugnen
wir sicherlich die geistlichen Beziehungen, in denen wir stehen.
Gott hielt Abimelech vom Sündigen zurück
und bewahrte Abraham und Sara, ja Er ehrte Abraham sogar. Gott liebt es immer,
Sein Volk zu ehren. Doch der Mann des Glaubens musste eine Zurechtweisung von
der Welt hinnehmen.
Es ist gut, daran zu denken, dass die Welt
sehr oft weiß, wie sich die Heiligen betragen sollten. Wir mögen wie Abraham
denken, dass die Leute Gott nicht fürchten, aber sie haben oft sehr richtige
Gedanken über das, was den Heiligen geziemt.
Sara war das Gefäß der Verheißung, das
Isaak, im Bilde also Christum, zur Welt bringen sollte, und der Feind steckte
hinter all der Schwachheit und Furcht Abrahams und dem Tun Abimelechs, das zu
vereiteln. Wenn die Heiligen vor der Welt bloßgestellt sind und ihre wahre
Beziehung zu Christo verleugnen, so können sie Ihn nicht im Zeugnis bringen.
Die Galater stellten sich auf einen Boden,
der eine Verleugnung ihrer göttlichen Verwandtschaftsbeziehungen war. Ihr Platz,
den sie vor Gott in Gnade hatten, und ihre wahre Beziehung zu Christo wurde
durch die Einführung des Gesetzes, die Beschneidung usw. beiseite gesetzt, und
die Folge war, sie brachten Christum nicht, sondern alles lief auf eine
Veredelung und Verherrlichung des Fleisches hinaus. Das aber ist eine
Verleugnung alles dessen, wofür Gott wirksam ist, und macht es zunichte.
Welch ein Tadel lässt Abimelech der Sara
zuteil werden! Er gibt das Geld, ihr einen Schleier zu kaufen! (V. 16) Sara
hätte als Abrahams Weib verhüllt gehen sollen. Wenn das der Fall gewesen wäre,
so würde Abimelech nie nach ihr gesehen haben.
Die Kirche hätte immer verschleiert gehen
und sich so ausschließlich für Christum bereit halten sollen. Dem Schleier
liegt, wenn er geistlich verstanden wird, ein rechter Gedanke zugrunde. Vieles,
was wir in der Christenheit finden, ist eine stoffliche und fleischliche
Nachahmung von etwas Geistlichem und Göttlichem. Die Kirche sollte verschleiert
sein. Als Rebekka den Isaak sah, verhüllte sie sich. Sie sagte im Bilde damit,
dass sie nun ausschließlich für Christum und für keinen anderen da sein wollte.
Abimelech sprach: „ich habe deinem
Bruder tausend Silbersekel gegeben; siehe, das sei dir eine Augendecke“
(Kap. 20, 16). Das war eine sehr ernste Zurechtweisung.
Du kannst dich darauf verlassen, dass die
Welt weiß, dass die Heiligen Christo treu und gänzlich für Ihn sein sollten.
Wenn wir auf die Standhöhe der Welt heruntergehen, so verlieren wir ihre
Achtung. Heutzutage hat die Kirche durch ihre Untreue gegen Christum nahezu alle
Achtung der Welt verloren. Sie hat ihre wahre Beziehung verleugnet, und anstatt
als ein bedecktes Weib erfunden zu werden, macht sie in der Welt von sich reden.
In Kapitel 21 wird Isaak geboren, und die
Folge davon, dass ihm der rechte Platz gegeben und Ismael ausgetrieben wird,
ist, dass Abraham der Welt als einer erscheint, mit dem Gott ist. Das große Mahl
oder Fest, das Abraham machte (V. 8) deutet auf jenen gesegneten Tag in der
Geschichte der Seele hin, wo Christus als der Einzige anerkannt wird, der in ihr
einen Platz haben sollte; man hat ihn den Krönungstag genannt, und er stellt im
Bilde den Tag Christi dar, den Tag, wo er der Erhabene ist, Der, dem keiner
gleichkommt, und an Dessen Stelle kein anderer treten wird. - Was hält der
Mensch nach dem Fleische davon? - Er spottet darüber.
Du erfährst nie, was das Fleisch in dir
selbst ist, bis du dir vornimmst, Christo allein Raum und Ehre zu geben. Dann
erst lernst du kennen, wie sich das Fleisch dagegen auflehnt, beiseite gesetzt
zu werden.
Isaak den ihm gebührenden Platz zu geben,
brachte die Wesensart Ismaels ans Licht. Wir lesen nicht, dass sein wahres Wesen
vorher zum Vorschein gekommen wäre. Die Einführung Christi stellt alles das
bloß, was der Mensch nach dem Fleische ist. Es erweckt seine Feindschaft.
Gottes Gedanke ist, Christum einzuführen.
Sara kann insofern als ein Bild der Kirche aufgefasst werden, als sie das Gefäß
des Geistes zur Hervorbringung Christi ist. Gottes Gedanke ist es, aus Christo
alles zu machen, und nicht den Menschen nach dem Fleische zu veredeln oder etwas
aus ihm zu machen. Nein, Er will einen anderen Menschen einführen, und das
Fleisch lehnt sich dagegen auf.
Die religiöse Welt ist geschäftig, Ismael
zu veredeln, und sie spottet bei dem Gedanken an einen ganz und gar anderen
Menschen; doch das Wort sagt: „Treibe diese Magd und ihren Sohn hinaus; denn
der Sohn dieser Magd soll nicht erben mit meinem Sohne, mit Isaak!“ (V. 10).
Wenn ein Mensch erkennt, dass er ein
schuldiger, verlorener Sünder ist, so wird er seine Not empfinden und zu Gott
schreien, und dann wird er Segnung von einem Heiland-Gott erlangen.
Wenn wir uns unserer entsetzlichen Not und
unserer Abhängigkeit bewusst werden, gibt es Gnade für uns; aber wenn wir diesen
Pfad gehen, trennen wir uns von alledem, was wir dem Fleische nach sind.
Es entsteht nun die Frage: Welcher Mensch
soll den Platz haben? Darum handelte es sich bei den Galatern. Der Galaterbrief
baut sich zum großen Teile aus diesem Kapitel auf. In Galatien hatte man sich
abgewandt, um den verkehrten Menschen, nämlich Ismael, zu veredeln. Deshalb
sagte Paulus: „Meine Kindlein, um die ich abermals Geburtswehen habe, bis
Christus in euch gestaltet worden ist“ (Gal. 4, 19).
Gottes Vorsatz war, in den Heiligen
Christum zu gestalten; dies ist es, wozu Gott heute wirksam ist. Kein anderer
Mensch soll irgendwelchen Platz haben - im Blick hierauf ist die Kirche das
Gefäß des Geistes. Wenn Christus keinen Platz in meinem Herzen und Leben erhält,
so bin ich von Gottes Standpunkt aus als etwas ganz Verfehltes anzusehen,
obschon manche mich für einen netten Christen halten mögen.
„Abraham machte ein großes Mahl an dem
Tage, da Isaak entwöhnt wurde“ (V. 8). Ich glaube, das ist der Tag, auf den der
Herr hinwies, als Er sagte: „Abraham ... sah ihn (den Tag Christi) und freute
sich“ (Joh. 8, 56).
Christi Tag steht im Gegensatz zum Tage des
Menschen. Es ist der Tag, wo Er erhaben und ohnegleichen ist, wo kein anderer
Mensch einen Platz hat. Abraham sah in Isaak den, der der Erbe der Verheißungen
war, den, dem der Bund und das Erbe zugesagt waren. Und Abrahams Glaube gab ihm
den gebührenden Platz und machte ihm ein großes Fest.
Wir denken alle mit Freuden daran, dass
Christi Tag bald anbrechen wird, und der Tag wird kommen, wo Er die
unumstrittene Oberherrschaft haben wird. Was die Zukunft anlangt, so sagen wir
wohl alle gern unser Amen dazu, doch wie steht es mit der Gegenwart? Inwieweit
ist Er bei mir der allein Geehrte, Der, der in mir ganz zum Ausdruck kommt?
Nichts anderes als Christus allein sollte bei uns einen Platz haben, oder auch
nur zu haben scheinen; Er sollte in den Heiligen verherrlicht und hoch erhoben
werden, so dass Sein Tag schon bei ihnen im Voraus angebrochen ist.
Das große Fest bedeutet einen solchen
Fortschritt in geistlicher Hinsicht, der es nicht bloß mit unserer sündigen
Vergangenheit zu tun hat. Wir kommen da zu Isaak, und er bekommt den ihm
zukommenden Platz der Ehre, und wenn er seinen rechten Platz bekommt, so muss
Ismael ausgetrieben werden.
Viele Gläubige haben dieses „große Fest“
nie erlebt. Sie haben nie wirklich gesehen, dass alle Gedanken Gottes in Christo
Gestalt gewonnen haben, und dass kein anderer Mensch berechtigt ist,
irgendwelchen Platz zu haben. Der Geist ist immer bemüht, diese Richtung
einzuhalten.
Der Mensch nach dem Fleische muss
ausgetrieben werden, und dann haben wir darauf zu achten, dass er sich nicht auf
irgendeine unmerkliche Weise wieder einschleicht. Jemand hat sehr richtig
bemerkt: Wenn du ihn zur Vordertür hinauswirfst, kommt er zur Hintertür wieder
herein. - Es ist also eine beständige Übung, ihn draußen zu halten.
Wir sollten uns das immer gegenwärtig
halten, denn das ist eine Wahrheit, von der die Menschen nichts wissen wollen.
Wenn du von der Verbesserung des Menschen redest, oder davon, ihn aus seinem
Zustande der Erniedrigung zu erheben, ihn zu erziehen, ihn gesittet und religiös
machen zu wollen, so wirst du Zuhörer finden. Aber wenn du darauf bestehst, dass
der Mensch nach dem Fleische fort muss, und dass Christus allein den Platz haben
soll - d.h. ein anderer Mensch, ein Mensch nach einer ganz neuen Ordnung, der
zum Wohlgefallen Gottes ist -, dann wirst du finden, dass Ismael immer noch ein
Spötter ist. Und was dir noch viel mehr zu schaffen macht, ist, das Fleisch in
dir liebt das auch nicht.
Der Gegenstand vieler ist, einen guten und
religiösen Menschen aus Ismael zu machen. Wie viele sind bereit, zuzugeben, dass
ein guter Kern im Menschen nach dem Fleische ist, den man nur entsprechend zu
pflegen oder zur Entwicklung zu bringen habe. Doch das ist alles eine Schulung
Ismaels und für Gott ganz und gar untauglich - die Magd und ihr Sohn müssen
ausgetrieben werden.
Ismael mag gesegnet werden, wie wir es in
Vers 17 - 20 sehen, doch es geschieht dadurch, dass er durch tiefe Not und an
den Rand des Todes gebracht wird. Wenn der Mensch in sittlicher Hinsicht dahin
kommt, so ist Hoffnung für ihn. Doch das ist in Wahrheit sein Ende.
Ismael kann in seiner Verzweiflung gesegnet
werden, wenn er hinab, zu den Pforten des Todes, gebracht worden ist, aber nicht
aufgrund seiner ihn für Gott tauglich machenden Eigenschaften. Es ist reine
Gnade.
Das Tor der Segnung steht in der Tat allen
offen, aber der Mensch erreicht es nur durch den Notschrei seiner Verzweiflung.
Das ist ein Bild der Wege Gottes mit Israel: Er lässt sie so lange in der Wüste
umherirren, bis sie diese schwere Aufgabe gelernt haben, und dann werden sie
aufgrund Seiner unumschränkten Gnade, ebenso wie die Nationen heute, gesegnet.
„Und die Sache war sehr übel in den
Augen Abrahams, um seines Sohnes willen“ (V. 11). Ich
denke, wir sehen das Urteil des Geistes in Sara. Sie war im Bilde das Gefäß des
Geistes, Christum hervorzubringen. In Abraham jedoch sehen wir die Übungen,
durch die der Glaube zu gehen hat, wenn er diese große und heilsame Unterweisung
annehmen lernt.
Diese Übung sehen wir in Römer 9, 1 - 9. In
wie schmerzlicher Sehnsucht musste da Paulus an seine Verwandten nach dem
Fleische denken! Beide Übungen gehen nebeneinander her: Einerseits haben wir das
Urteil des Geistes hinsichtlich der vollständigen Verwerfung des Menschen nach
dem Fleische, der nicht der Gegenstand der Verheißung oder des Vorsatzes Gottes
ist und somit als solcher gar nichts ererben kann; und andererseits haben wir
das sehnliche Verlangen der Gnade denen gegenüber, die dem Fleische nach eine
Beziehung zur Wurzel der Verheißung gehabt haben (siehe Römer 10, 1 - 4).
Doch wir müssen es hinnehmen, dass nur die
Kinder der Verheißung als Same anerkannt werden. Der Mensch im Fleische muss bis
zum Rande des Todes hinab gebracht werden, ehe die Segnung kommen kann, und das
ist in sittlicher Hinsicht das Ende jenes Menschen. Dann erst gibt es einen
Wasserbrunnen für ihn (V. 19). Das ist im Bilde der Geist eines anderen
Menschen. Das geht auf die Zeit, wo das steinerne Herz von Israel genommen und
ihnen ein fleischernes Herz gegeben wird (Hes. 11, 19; 36, 26), wo sie sagen
lernen: „Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ (Ps. 118, 26;
Mat. 23, 39; Mark. 11, 9; Luk. 13, 35).
Der Fehltritt Abrahams und Saras, der uns
in Kapitel 20 berichtet wird, rührte von selbstsüchtiger Furcht her, der sie
einen größeren Raum in ihren Herzen gaben als der Verheißung Gottes. Wenn ihnen
die Verheißung Isaaks in ihrer wahren Kraft vor Augen gestanden hätte, so hätten
sie ihre Beziehung zueinander nicht verleugnen können. Christum aus den Augen
verlieren ist die Wurzel jeden Fehltritts.
Dass sie ihre gegenseitigen Beziehungen
verleugneten, brachte ihnen beiden den Tadel Abimelechs ein. Doch in Kapitel 21
sehen wir den Grundsatz und die Kraft der Wiederherstellung. Der Sohn der
Verheißung kommt und ergreift von Abraham und Sara Besitz.
Der Tag kommt, wo Isaak seinen Platz erhält
und die unumschränkte Herrschaft hat; dann ist kein Platz mehr für einen
anderen. Ismael muss fort, und die Folge ist, dass Abraham an dem nämlichen
Platze in sittlicher Überlegenheit gesehen wird, wo seine Schwäche offenbar
geworden war. Sogar Abimelech musste anerkennen, dass Gott mit ihm war (V. 22),
und das ist die Folge davon, dass Christus den Ihm gebührenden Platz bekommt.
Dann sehen wir, dass Abimelechs Knechte
einen Brunnen, den Abraham gegraben hatte, mit Gewalt wegnahmen. Sollten wir
darin nicht einen inneren Zusammenhang zu dem im vorigen Kapitel berichteten
Fehltritts Abrahams erkennen?
Wenn die Kirche ihre wahre Beziehung zu
Christo verleugnet und sich gleichsam im Hause des Königs befindet, also in der
Welt erhöht ist, so nehmen ihr die von der Macht der Welt Angestellten ihre
geistlichen Erfrischungen: Das der Form nach Richtige und das Amt treten dann an
die Stelle der freien Tätigkeit des Geistes unter den Heiligen.
Als Christus als der herrliche Mensch im
Himmel, als das lebendige Haupt, aus den Augen verloren wurde, verlor auch der
Geist Seinen Platz; eine religiöse Ordnung kam auf, die Ihn beiseite setzte. Die
Christenheit hat Christo nicht Seinen Platz gegeben und den Geist beiseite
gesetzt, und so ist vieles, was durch die geistliche Arbeit der Apostel und die
Übungen der Heiligen erlangt worden war, wieder fortgenommen worden. Und ich
denke, es kann kein Zweifel darüber herrschen, dass das die Folge des Waltens
Gottes war, weil die Kirche ihrer wahren Beziehung untreu wurde.
Es ist beachtenswert, dass die Feindschaft
der Philister, sowohl in den Tagen Abrahams als auch in denen Isaaks, mit
Brunnen zusammenhing. Die Philister stellen die dar, die dem Bekenntnis nach auf
göttlichem Boden stehen, doch ohne Glauben; und ihr Bemühen geht immer dahin,
die Heiligen der geistlichen Erfrischungen zu berauben.
Die Einführung grundsätzlicher
Priesterherrschaft bedeutet die Wegnahme eines Brunnens, weil dadurch den
Heiligen das Vorrecht genommen wurde, zusammenzukommen und dadurch Nutzen aus
den mannigfachen Gaben zu ziehen, die ein und derselbe Geist wirkt, „einem
jeden insbesondere austeilend, wie er will“ (1. Kor. 12, 11).
Die Schwäche der Reformationen lag darin,
dass man in keiner der sogenannten evangelischen Kirchen dem Geiste wirklich
einen Platz gab.
Wenn wir uns des ungehinderten Genusses des
Brunnens erfreuen wollen, so müssen wir darauf achten, Christum allein zu ehren
und Ismael keinen Platz zu geben. Dann kann Gott für uns wirken und uns
geistliche Erfrischungen erhalten. In dem Maße, wie Christus in diesen letzten
Tagen als Herr und Haupt anerkannt wurde, ist auch die Freiheit
wiederhergestellt worden, dass die Heiligen als solche zusammenkommen und
einander erbauen können.
Wo dann eine gewisse Wiederherstellung
stattgefunden hat, sucht der Feind oft die rechte lehre und die richtigen
Ausdrücke an die Stelle der Tätigkeit des Geistes zu stellen. Das Mag bis zu
einem gewissen Grade schätzenswert sein. Wenn aber die Dinge nicht durch den
Geist in lebendiger Frische in unseren Seelen sind, so nützen sie uns nicht
viel.
Die sieben Schaflämmer scheinen auf den
Geist der Gnade gegen solche, die feindlich gewesen waren, hinzudeuten. Dass
Gott mit Abraham war, und die von Abraham an den Tag gelegte Gnade haben zur
Folge, dass Abrahams Recht auf den Brunnen bestätigt wird. Wahrscheinlich geht
das, was wir in Beerseba sehen, auf die Zeit, wo von allen anerkannt werden
wird, dass Gott mit Seinem Volke ist, und dann wird es sich in Frieden des
Genusses des „Eidesbrunnens“ erfreuen.
Doch inzwischen haben wir dadurch unser
Anrecht auf das, was vom Geiste ist, zu erhärten, dass wir in sittlicher
Übereinstimmung damit sind.
Der König und sein Heeroberster stellen
solche dar, die ein amtliches Recht haben, doch der Mann des Glaubens tut ein
sittliches Recht, auf das, was er genießt, dar. In dem Maße, wie wir Christum
erhöhen und imstande sind, dem Fleische irgendwelchen Platz zu versagen,
beweisen wir, dass Gott mit uns ist. Und der Geist der Gnade gegen die, die
nicht freundlich gegen uns waren, ist ein mächtiger Beweis dafür, dass wir ein
sittliches Anrecht darauf haben, jede Erfrischung des Geistes in Frieden zu
genießen, die wir durch des Herrn Gnade und durch die Übung und den Fleiß des
Glaubens erlangt haben.
Der Herr redet zu Philadelphia von einer
geöffneten Tür, „die niemand zu schließen vermag“ (Offb. 3, 8). Er
verpflichtet Sich damit, denen, die Sein Wort halten und Seinen Namen nicht
verleugnen, die Freiheit zu sichern, geistliche Vorrechte zu genießen. Solche
haben dadurch ihr Anrecht auf den Brunnen erwiesen, wenn wir das Bild so nehmen
wollen, und der Herr wird darauf achten, dass sie nicht am Genusse desselben
durch die Philister gehindert werden.
Gar bald werden dann sogar die Widersacher
anerkennen müssen, dass solchen der Platz der Ehre zukommt. Sie werden wissen,
dass sie von Christo geliebt sind.
In Kapitel 22 sehen wir, wie Abraham
berufen wird, seinen Sohn Isaak als Brandopfer zu opfern. Der Erbe konnte weder
das Erbe antreten, noch die Braut besitzen, es sei denn, dass er gestorben und
auferstanden war. Und hier sehen wir in Abraham einen derartigen Glauben, der
bereit war, sogar den Isaak im Blick darauf aufzugeben, dass er ihn in der
Auferstehung wiedererlangte (Heb. 11, 17 - 19).
Alle Verheißungen gipfelten in Dem, von dem
Isaak ein Vorbild war, und mit dem Gottes Bund bestand. Die Erkenntnis all des
Holdseligen in Ihm, dem Sohne der Verheißung, machte den Glauben in der Tat
lachen; und Sein Kommen erforderte, dass der Mensch nach dem Fleische
ausgestoßen werden musste. Die Verheißungen und Segnung Gottes schlossen die
vollständige Beiseitesetzung jenes Menschen in sich.
Isaak musste beschnitten werden, was ich
als ein Bild von der Abschneidung des Fleisches im Tode Christi auffasse. Der
Brief an die Kolosser nennt das „die Beschneidung des Christus“ (Kap. 2,
11).
Aber im Tode Christi war viel mehr als das
enthalten: Christus war ein „Brandopfer“ (V. 2), worin der liebliche
Wohlgeruch vollkommener Zuneigungen, die Er Gott in Seinem Tode bewies, zum
Ausdruck kam.
In diesem Kapitel erweitert sich unser
Gesichtskreis hinsichtlich des Brandopfers ungemein. In Abels Opfer fanden wir
im Bilde Vortrefflichkeit, in Noahs Opfer sahen wir im Bilde
sittliche Reinheit, aber hier kommen wir zu einem überaus ergreifenden
Bilde von den Zuneigungen, die das Opfer in sich begriff. Es
handelt sich nun um einen Vater und einen Sohn, darum, dass der geliebte
Gegenstand des Vaterherzens geopfert werden muss.
Bedenken wir, was Isaak dem Abraham war -
sein Sohn, sein Einziger, sein Geliebter! Das geht über ein bloßes Vorbild
hinaus, denn Abraham war berufen, in mitfühlender Liebe in das einzugehen, was
das Herz des glückseligen Gottes zu tun vorhatte. Es ist der herzergreifendste
Vorgang, den man sich denken kann. Wer vermöchte zu sagen, was es für Gott war,
Seinen geliebten Sohn dem Tode auszuliefern?
Dieser Tod war in der Tat die volle
Offenbarung der Liebe Gottes. Und andererseits konnte in ihm allein das volle
Maß des Gehorsams und der Ergebenheit des Sohnes zum Ausdruck gelangen.
Bedenken wir, was Er für den Vater war, Er,
der im Blick auf Seinen Tod sagen konnte: „auf dass die Welt erkenne, dass
ich den Vater liebe und also tue, wie er mir geboten hat“! (Joh. 14, 31)
Bedenken wir, was Ihm und dem Vater die Heiligen sein mussten, für die Er Sich
also geopfert hat! Er liebte sie in Seinem Herzen all den Gedanken gemäß, die
der Vater über sie hatte, und dazu Seiner eigenen Liebe gemäß, und Er gab Sich
Selbst für sie, damit all diese kostbaren Gedanken zustande kommen konnten. Und
der Vater schätzte diese Seine Liebe, die Ihm so vollkommen entsprach, sie stieg
als ein überaus duftender Wohlgeruch in dem Opfer Seiner Selbst auf, das eine
göttliche und heilige Grundlage dafür bildete, dass all die Vorsätze ewiger
Liebe durchgeführt werden konnten.
Die Heiligen verweilen oft bei dem, was Er
hinweg tat, aber was Er dadurch brachte, ist unendlich größer: Er hat den Willen
Gottes, Sein Wohlgefallen, in all seinem Umfange, zustande gebracht, und Er
brachte die Liebe Gottes ans Licht. Ferner hat Er in dem Opfer Seiner Selbst im
Menschen die der Sohnschaft eigene Liebe völlig enthüllt; und die Frucht wird
sein, dass „viele Söhne“ Gott in alle Ewigkeit in der der Sohnschaft
eigenen Liebe entsprechen werden. Gerade diese Seite sehen wir in so lieblicher
Weise im Abendmahl des Herrn.
Dass der geliebte Sohn gegeben wurde, um
Gott an der Stätte des Todes ein duftender Wohlgeruch zu sein, brachte alles das
ans Licht und zur Durchführung, was im Herzen Gottes ist. Gott tat
hochbegünstigten Männern kund, was Ihm jener Gesegnete war. Sie haben Seine
Herrlichkeit als die eines Eingeborenen bei einem Vater. So wurde Er den
Menschen vor Augen gestellt, damit sie einigermaßen verständen, was es für Gott
war, Ihn dem Tode preiszugeben.
Weiter unterwarf Sich der Sohn dem Tode in
all dem Wohlgeruch der Zuneigungen und des Gehorsams des Sohnes, um so eine
Grundlage zur Erfüllung all der Vorsätze der göttlichen Liebe zu schaffen.
Dieserhalb endet das Kapitel mit der Einführung Rebekkas. Und wenn Rebekka den
Schauplatz betritt, so verschwindet Sara. Sara stellt Israel dar, insofern
Christus nach der Verheißung aus ihm geboren wurde; doch in Rebekka haben wir
ein Bild der Kirche, die zu dem verherrlichten und auferstandenen Christus im
Himmel gebracht wurde. Ein auferstandener und himmlischer Christus ist es, der
die Braut bekommt.
„Das Holz zum Brandopfer“
(V. 6), das auf Isaak gelegt wurde, redet sicherlich von dem für jenen
Holdseligen bereiteten Leib; damit Er geopfert werden konnte, musste Er „im
Fleische“ kommen (1. Joh. 4, 2 u. 3; 2. Joh. 7). Durch den Menschen waren
die Sünde und der Tod in die Welt gekommen, es war der Mensch, der ungehorsam
gewesen war und Gott verunehrt und Ihm ein Herzeleid verursachte hatte; und so
musste es auch ein Mensch sein, der in dem Gehorsam und der Hingebung einer
Liebe, die bis in den Tod gehen konnte, Gott auf das vollkommenste
verherrlichte, und so ein vollkommenes Wohlgefallen, einen lieblichen Wohlgeruch
für Gott herbeiführte, der ewigen Bestand haben wird.
Als im Fleische gekommen, konnte Er durch
das heilige Feuer geprüft und zur Herrlichkeit Gottes in jeder Hinsicht als
vollkommen erfunden werden. In jenem heiligen Menschen war keine Sünde; Er war
„das Heilige“, das in der Jungfrau Maria durch den über sie kommenden
Heiligen Geist und die sie überschattende Kraft des Höchsten gezeugt wurde (Luk.
1, 35).
Wir sehen daher im Sohne Gottes einen in
sittlicher Hinsicht von jedem anderen ganz und gar verschiedenen Menschen,
nämlich den Heiligen Gottes, den Gerechten, Einen, der durch alles, was Gott
ist, auf die Probe gestellt werden konnte, und das sogar, da Er als Opfer den
Platz der Sünde und des Todes einnahm. Er konnte aus allem durchaus vollkommen
hervorgehen.
Wie sehr freut sich der Glaube, diese
einzig dastehende und unbefleckbare Wesensart jenes Menschen und jenes heiligen
Fleisches anzuerkennen, in dem Er kam, um zur Verherrlichung Gottes geopfert zu
werden! Und wenn wir das anerkennen, so füllt es das Herz des Gläubigen mit
Anbetung.
Doch wenn wir uns so Ihm und dem Vater, der
Ihn sandte, in anbetender Bewunderung zuwenden, mit welch heiligem Abscheu
wendet sich unser Herz da von den unreinen und lästerlichen Gedanken derer ab,
die sich unter Beibehaltung des christlichen Bekenntnisses erdreisten, Seine
Geburt durch eine Jungfrau, und damit auch Seine Gottheit und Seine sündlose
menschliche Wesensart, anzuzweifeln. Die Menschwerdung - das Kommen des Sohnes
Gottes im Fleische - ist die Grundlage und Grundfeste von allem im ganzen
sittlichen Weltall.
Dann heißt es: „und in seine Hand nahm
er das Feuer“ (V. 6). Feuer redet von dem, was Gott ist - „unser Gott ist
ein verzehrendes Feuer“ (Heb. 12, 29; 5. Mose 4, 24) - , und zwar in der
eingehendsten und schärfsten Weise auf das, was Ihm zur Prüfung vorliegt, zur
Anwendung gebracht. Einen Hinweis darauf sehen wir in der „Flamme des
kreisenden Schwertes“, die nach dem Fall den Weg zum Baume des Lebens
bewahrte (Kap. 3, 24), doch die erste unmittelbare Anspielung auf Feuer ist in
der Tatsache enthalten, dass Noah Brandopfer auf dem Altar opferte (Kap. 8, 20).
Es ist sehr gesegnet, das Feuer zuerst in
einer solchen Verbindung erwähnt zu sehen, denn es deutet hier darauf hin, dass
Einer gefunden werden würde, auf den die eingehendste göttliche Prüfung
angewandt werden konnte, ohne dass etwas anderes als Vollkommenheit entdeckt
wurde, und etwas anderes als ein „lieblicher Wohlgeruch“ zu Gott
emporstieg. In diesem Zusammenhange finden wir auch das Feuer in unserem Kapitel
erwähnt.
Wenn Sünde vor Gott kommt, und Er mit ihr
der Heiligkeit Seiner Natur gemäß verfahren muss, so nimmt das Feuer notwendig
das Gepräge des Zornes an, und in dieser Weise sehen wir es, als Gott in Kap.
19, 24 zur Zerstörung der schuldigen Städte in der Ebene Feuer aus dem Himmel
regnen ließ.
In dieser Eigenart sehen wir das Feuer auch
bei den Opfern, die in Gerechtigkeit Segnung für den Menschen als schuldigen
Sünder sichern sollten. Da wurden die Leiber der Tiere, deren Blut für die Sünde
in das Heiligtum gebracht wurde, außerhalb des Lagers verbrannt: Christus, der
Heilige Gottes, der keine Sünde kannte, wurde für uns zur Sünde gemacht. Er
wurde als Opfer zu dem gemacht, was wir tatsächlich persönlich waren; und als Er
so den Platz der Sünde einnahm, wurde Er von Gott verlassen und hatte den Kelch
des Zornes Gottes zu trinken. Seine Gnade brachte Ihn dahin, und das Feuer -
alles, was Gott in Seiner Heiligkeit gegen die Sünde ist - verzehrte in einer
Weise seine Kraft an Ihm, wie wir es nie völlig erkennen werden.
Wenn wir das betrachten, so können wir nur
anbeten. Er trug den Zorn und hatte ihn für alle, die an Seinen Namen glauben,
völlig erschöpft.
Was wir nun im Vorbilde in Verbindung mit
dem Brandopfer sehen, ist, dass das Feuer die ganze Vollkommenheit des Opfers in
einem annehmlichen Wohlgeruch zum Vorschein bringt. Als Er der schärfsten und
eingehendsten Prüfung unterzogen wurde, da, als Er sogar den Platz der Sünde und
des Todes einnahm und, von Gott verlassen, den Kelch trank und alles das
erduldete, was die Sünde, dem gerechten Gericht und der Heiligkeit Gottes gemäß,
verdiente - da ward nichts als Vollkommenheit in höchster Vollendung in Ihm
gefunden.
An der Vollkommenheit, die unter der
Wirkung des Feuers in einem lieblichen Wohlgeruch zum Vorschein kam, hatte Gott
Wohlgefallen.
Im Hebräischen werden für das Verbrennen
des Sündopfers außerhalb des Lagers und das Verbrennen des Brandopfers
verschiedene Worte gebraucht; im letzten Falle hat das Wort die Bedeutung
„Rauchwerk verbrennen“. Das, was Gott ein Abscheu war, wurde, wenn es in dem
Sündopfer vor Ihn gebracht wurde, gänzlich verzehrt. Zu gleicher Zeit kamen aber
im Brandopfer unter der Prüfung des heiligen Feuers die unendlichen
Vollkommenheiten Dessen zum Vorschein, der Sich Selbst Gott opferte.
Der Herr wusste, was der Kelch, den Ihm
Sein Vater gab, in sich begriff. Er konnte daher nur vor ihm zurückschrecken,
und so kam es, dass Er, als Er an ihn dachte, sprach: „nicht mein Wille,
sondern der deine geschehe!“ (Luk. 22, 42); und „den Kelch, den mir der
Vater gegeben hat, soll ich den nicht trinken?“ (Joh. 18, 11).
Als der Verlassene rechtfertigte Er Gott
darin, dass Er Ihn verließ, wie es in Ps. 22, 3 in den Worten zum Ausdruck
kommt: „Doch du bist heilig, der du wohnest unter den Lobgesängen Israels“.
Gott fand einen Menschen, der zu Seiner Herrlichkeit Ihm vollkommen gehorsam und
ergeben war, und dies sogar da, als Er den Platz der Sünde und des Todes einnahm
und das volle Gericht der Sünde trug. Er wurde durch das Feuer alles dessen, was
Gott in Seiner Heiligkeit gegen die Sünde war, geprüft, aber nichts als
Vollkommenheit wurde in Ihm gefunden. Gott wurde in diesem holdseligen Menschen,
Seinem geliebten Sohne, verherrlicht.
Diese kostbare Seite der Leiden und des
Todes Christi tritt uns im Brandopfer entgegen. Die scharfe und eingehende
Prüfung des Feuers, auf Christum, den geliebten Sohn angewandt, konnte nur all
Dessen innere Vollkommenheiten und Seine Hingebung enthüllen. Es rief den Duft
des lieblichen Wohlgeruchs und all Seiner Holdseligkeit hervor.
Er kam vom Himmel hernieder, um den Willen
Gottes zu tun und alle die „Schatten“ der „Schlachtopfer und Speisopfer und
Opfer für die Sünde..., die nach dem Gesetz dargebracht werden“, an denen
Gott kein Wohlgefallen fand, durch das Schlachtopfer Seiner Selbst zu ersetzen
(Heb. 10, 1 u. 8; 9, 26).
Wie gut können wir nun die in unserem
Kapitel zweimal erwähnten ergreifenden Worte verstehen: „sie gingen
beide miteinander“ (V. 6 u. 9). Der Vater hatte den Sohn gesandt,
Seinen Willen zu vollbringen, und der Sohn war gekommen, ihn zu tun, und sie
gingen beide auf jenem gesegneten Pfade miteinander, der uns so klar und völlig
im Evangelium des Johannes dargestellt wird. Der Sohn sprach: „Meine Speise
ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk
vollbringe“; und „mein Vater wirkt bis jetzt, und ich wirke“ (Joh. 4,
34; 5, 17). „Der Sohn kann nichts von sich selbst tun, außer was er den Vater
tun sieht; denn was irgend er tut, das tut auch der Sohn
gleicherweise. Denn der Vater hat den Sohn lieb und zeigt ihm alles, was er
selbst tut“ (Joh. 5, 19 u. 20). Ich bin „nicht allein..., sondern ich und
der Vater, der mich gesandt hat“; und „der mich gesandt hat, ist mit mir;
er hat mich nicht allein gelassen, weil ich allezeit das ihm Wohlgefällige tue“
(Joh. 8, 16 u. 29). „Ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir“
(Joh. 16, 32).
Ja, man kann in der Tat das ganze
Evangelium im Lichte der Worte lesen: „sie gingen beide miteinander“.
„Ich aber und der Knabe wollen bis
dorthin gehen und anbeten, und zu euch zurückkehren“
(V. 5). Bei keinem des bisher Geopferten haben wir eine Andeutung, dass es der
Gegenstand der Wirksamkeit der Auferstehungsmacht sein werde; diesen neuen Zug
sehen wir in diesem Vorbilde. Isaak würde „zurückkehren“!
Für den Glauben Abrahams konnte es nicht
anders sein, wenn er daran dachte, wer Isaak war, und dazu an alle die
Verheißungen, die Gott in Verbindung mit ihm gegeben hatte. Und wie gewiss war
es für den wahren Isaak, dass die „Wehen des Todes“ aufgelöst werden
mussten, „wie es denn nicht möglich war, dass er von demselben behalten
würde“ (Apg. 2, 24). Die Kraft der Auferstehung wohnte Ihm inne, Er war
„die Auferstehung und das Leben“ (Joh. 11, 25).
Der Widder war „im Dickicht festgehalten
durch seine Hörner“ (V. 13). Als das Lamm kennzeichnete den Sohn Gottes
makel- und fleckenlose Vollkommenheit und Sanftmut im Leiden; doch der Widder
redet von Reife und Tatkraft, und seine Hörner sind das Sinnbild der Stärke.
Man hat sehr recht bemerkt, dass Christus
durch die Stärke Seiner Liebe imstande war, das ganze kostbare Werk zu tun, das
zur Herrlichkeit Gottes und zur Befriedigung des Herzens des Vaters notwendig
war, um viele Söhne zu haben. Aufgrund dessen, dass Er als Brandopfer geopfert
wurde, kann jeder Gedanke und Vorsatz des glückseligen Gottes zustande kommen;
nichts wird fehlen, das Herz Gottes mit Befriedigung zu erfüllen.
„Und unser Gott, den wir
erkannt hier haben, -
In Jesu Liebe, ach, so wohl
erkannt! -
Wird ruhen in der Segnung
all der Seinen,
Dort vor Ihm Selbst, in der
Verheißung Land.“
(Lied 174, 3)
Christus ist der Erstgeborene unter vielen
Brüdern, die Seinem Bilde zur Befriedigung Gottes gleichgestaltet werden. Und Er
bekommt die Braut zur Befriedigung Seines eigenen Herzens. Das sind die
wunderbaren Folgen davon, dass Christus „sich selbst für uns hingegeben hat
als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch“ (Eph.
5, 2).
Dieses Kapitel verdient unsere höchste
Beachtung, da es ein göttliches Bild von dem ist, was in der Gegenwart vor sich
geht. Es zeigt die wunderbare Frucht der Gedanken und Vorsätze des Vaters. Der
wahre Isaak ist geopfert worden, und nun geht das gesegnete Werk vor sich, das
Ihm eine Braut sichert.
In Kapitel 23 haben wir den Tod des Sara,
des Gefäßes der Verheißung; und was nun ans Licht kommt, ist der Vorsatz des
Vaters und ein Gegenstand für die Liebe des Sohnes, nämlich die Braut. Saras Tod
stellt die einstweilige Übergehung Israels und der Verheißungen in Bezug auf die
Erde dar, die geschah, damit himmlische Segnungen und Beziehungen eintreten
konnten.
Der Sohn ist im Bilde durch den Tod
gegangen und hat eine himmlische Stellung eingenommen, und so bekommt er die
Braut.
Die Verheißungen scheinen hauptsächlich in
Verbindung mit dem zu stehen, was sich an Gottwidrigem zutrug; jeder Offenbarung
des Bösen in dieser Welt trat Gott mit einer Verheißung entgegen. Doch es gab
etwas, was dem allen vorausging und größer als das alles war. Es war das, was
Gott in Seinem Herzen hatte, noch ehe irgendeine Wirksamkeit
der Sünde vorhanden war: Seine ewigen Vorsätze der Liebe.
Es gab Vorsätze, als Gott noch nichts
anderes als Seine eigene Liebe betrachten konnte. Verheißungen wurden erst als
eine Antwort auf die Offenbarung der Macht des Bösen gegeben. Ewiges Leben ist
die Krone der Verheißung, die Vollendung und der Abschluss von allem, was Gott
in dieser Hinsicht bringt. Es ist die gesegnete Antwort auf die Sünde, den Tod
und die Macht Satans: der vollständige Triumph Gottes über das alles.
Ich denke auch, dass Verheißungen
hauptsächlich in Verbindung mit der Erde stehen, aber der Vorsatz Gottes hat den
Himmel und himmlische Beziehungen vor sich. Isaak ist im Bilde der himmlische
Christus, Der, der in den Tod ging, um eine Grundlage zur Durchführung all der
Vorsätze des Vaters zu schaffen. Was uns in diesem Kapitel vom Vorsatz Gottes
entgegentritt, ist, dass der Sohn eine Braut bekommt.
Was wir hier im Bilde sehen, ist etwas,
womit die Herzen aller Heiligen vertraut sein sollten. Ich denke, wir sollten
das aufgrund unserer eigenen Herzensübungen verstehen, aufgrund dessen, was der
Geist Gottes mit uns tut.
Wir sollten dieses Kapitel nicht so sehr im
evangelistischen Sinne lesen, denn der Evangelist geht aus, die Gnade Gottes
ganz und gar Unpassenden zu verkündigen. In diesem Schriftabschnitt jedoch geht
der Knecht aus, um eine Braut zu finden, die passend ist, mit Isaak vereinigt zu
werden.
Der Evangelist sollte Gutes von seinem Gott
reden und jedem armen Sünder, dessen Ohr er bekommen kann, Gottes Haltung der
Gnade in Christo kundtun. Er sieht die Menschen in ihrer tiefen Not und Sünde
und bringt ihnen die Gnade Gottes in Christo. Es gibt einen Dienst des
Evangeliums und einen Dienst der Versammlung. Jener macht mich mit dem bekannt,
was für mich ist, dieser mit dem, was für Christum ist, und zu diesem Dienste
kommen wir im vorliegenden Kapitel.
Die Braut musste in erster Linie ihrer
Herkunft nach passend sein. Weiber kanaanitischer Herkunft waren nicht für Isaak
passend. Wir alle haben Römer 3 gelesen. Wenn der Evangelist aufsteht, um zu
predigen, sagt er seinen Zuhörern oft, dass dieses Kapitel in Gottes Augen ihr
Bild ist; dann bringt er die Gnade Gottes und zeigt, wie diese sich in allem
ihrer tiefen Not und dem Verderben anpasst. Von einem Sünder erwarten wir keine
sittliche Schönheit. Wir suchen ihm zu zeigen, dass er keine hat, und dass er
Christum als seine Gerechtigkeit und Schönheit haben kann. Man kann sich nicht
vorstellen, dass solche, die in Römer 3 beschrieben sind, eine Braut für
Christum sein können.
Doch dieser Gedankengang wird uns im
Vorbilde nicht in Rebekka dargestellt. Sie tritt uns nicht als eine entgegen, in
der irgend etwas beseitigt oder die gereinigt werden müsste. Von vorneherein
wird sie als mit Isaak verwandt betrachtet. Wenn jemand sagen kann: „ich habe
Wohlgefallen an dem Gesetz Gottes nach dem inneren Menschen“ (Röm. 7, 22),
so gehört er einer ganz anderen Menschenordnung als der in Römer 3 beschriebenen
an, er ist Christo sittlich verwandt.
Nach Mat. 7, 21 erkennt der Herr den als
Seinen Verwandten an, von dem Er sagen kann: „wer den Willen meines Vaters
tut, der in den Himmeln ist“; nach Mark. 3, 35: „wer irgend den Willen
Gottes tun wird“; nach Luk. 11, 28: „die das Wort Gottes hören und
bewahren!“. Das macht sehr klar, wer mit Ihm verwandt ist; sie sind die
Frucht göttlicher Herkunft und Wirksamkeit. Als der Herr hienieden war, fühlten
sich manche sehr zu Ihm hingezogen; Er fand die, die Ihm entsprachen.
Ich glaube, das Evangelium Johannes hat die
Braut viel vor sich. Johannes hatte die Braut im Gesichte so gesehen, wie sie in
der Zukunft sein wird. Und am Anfang seines Evangeliums sagt er uns, dass
Johannes der Täufer anerkannte, dass der Sohn Gottes der Bräutigam war, und dass
Er allein ein Recht auf die Braut hatte.
Wir dürfen wohl annehmen, dass das
Evangelium nach Johannes die Gestaltung bräutlicher Wesensart und Zuneigung zum
Ziele hat. Die Braut empfängt aufgrund eines göttlichen Werkes in der Seele
ihren Platz; durch die Gnade und Wirksamkeit Gottes wird das, was für Christum
passend ist, hervorgebracht.
Der Knecht geht aus, eine passende Braut
für Isaak zu finden. Er findet dabei keine unpassende, die er erst für ihn
passend macht. Sie war passend, weil sie dem Bilde nach göttlicher Herkunft war.
Das ist das wahre Geheimnis ihrer Ähnlichkeit Christi.
Keiner würde überhaupt Christum schätzen,
wenn es nicht etwas in seinem Herzen gäbe, das mit Christo verwandt wäre.
Jemand, der am Gesetz Gottes nach dem inneren Menschen Wohlgefallen findet, und
der zur geistlichen Freiheit durch das Gesetz des Geistes des Lebens in Christo
Jesu gelangt ist, das ihn frei vom Gesetz der Sünde und des Todes macht, und der
den Geist Christi hat, ist mit Christo verwandt (Röm. 7, 22; 8, 2 u. 9).
[Anmerkung des Übersetzers: Römer 8, 9 lautet richtig wiedergegeben: „Wenn aber
jemand Christi Geist nicht hat, ist nicht seiner (Art)“, d.h. ist nicht durch
Christum gekennzeichnet, handelt nicht in der Gnade Christi, also in Seinem
Geiste.]
Wir können die Braut nicht als eine
Wahrheit auffassen, die sich auf Einzelne bezieht, obschon Einzelne an der
göttlichen Natur teilhaben. Jeder der Einzelnen, die die Braut ausmachen, vermag
Christum zu schätzen und Ihm zu entsprechen, so dass der Geist solche mit
göttlichem Zierat schmücken kann.
Als der Herr hienieden war, zog Er
gleichsam wie ein Magnet alles Ihm Verwandte zu Sich hin. Wo immer ein
göttliches Werk in den Seelen der Menschen war, wurden sie angezogen, und wenn
sie Ihm entsprachen, so gefiel es Ihm, ihnen einen wunderbaren Schmuck
anzulegen.
Der Knecht erkannte Rebekka an dem Geiste
der Gnade, der in seiner Überfülle zum Vorschein kam; denn sie entsprach nicht
nur seinem Wunsche nach einem Trunke Wasser, sondern sie gab ihm mehr als das,
worum er gebeten hatte, und schöpfte auch Wasser für seine Kamele. Es war dieser
besondere Zug der Gnade, der sie als die für Isaak Bestimmte erwies und sie
geeignet machte, mit Ringen und Armspangen geschmückt zu werden.
Die Frucht der Wirksamkeit Gottes oder des
Säens sind solche, die derartige sittliche Wesenszüge tragen, dass sie für
Christum passend sind. Es würde keinen Schatz und keine Perle geben, wenn keine
Aussaat stattgefunden hätte und der Boden nicht zuvor vom Vater zubereitet
worden wäre, um ihn fruchtbar zu machen und den Samen aufnehmen zu können. So
wird ein Geschlecht gezeugt und ans Licht gebracht, das passend ist, mit
geistlichen Kleinodien geschmückt zu werden.
Man hat gesagt, dass der Herr viel für die
Jünger tat, was nachmals durch das Werk des Geistes in ihnen Gestalt gewann; und
ich denke, wir können den Dienst des Herrn an Seinen Jüngern als ein Anlegen von
Ringen und Armspangen betrachten.
Er brachte eine ganz neue Auffassung über
das zuwege, was Gott wohlgefiel - eine neue Art sittlicher Schönheit, die in
vollkommener Weise in Ihm zu sehen war, und die in dem Maße ihr Teil wurde, als
sie Ihn schätzten, und so legte Er ihnen ein kostbares Zierat nach dem anderen
an.
Er kleidete sie in Wahrheit mit dem, was Er
Selbst war, auf dass sie Ihn darstellten. Er wurde ihnen „zum Stolz und zum
Schmuck“ (Jes. 4, 2). Der verborgene Mensch ihrer Herzen war mit den
Wesenszügen Christi geschmückt (1. Pet. 3, 4), so wie uns Sein Wort, das in
Wirklichkeit ein Ausdruck von Ihm Selbst war, darstellt.
Es ist kostbar, dieses Wort zu halten, denn
insoweit wir es halten, werden wir geschmückt, und was Christus ist, wird uns
zum Stolz und zum Schmuck.
Im Laufe der Betrachtung dieses Buches
haben wir die Sendung des Geistes von verschiedenen Gesichtspunkten aus vor uns
gehabt. Wir sahen Ihn im Bilde als eine uns zur Beiseitesetzung des Fleisches
verliehene Kraft. Ein anderes Vorbild des Geistes war der Brunnen, da haben wir
den Geist als die Quelle göttlicher Erfrischung. In diesem Kapitel nun bietet
sich uns in dem Knechte ein neuer Anblick vom Geiste, ein schönes Vorbild
(Seiner Tätigkeit). Er ist gesandt, die Braut ausfindig zu machen und sie
heimzuführen. Der Vater (Gott) fasste den Gedanken an die Braut, und die Sendung
des Geistes geschah, um sie Christo zuzuführen.
Eva war, noch ehe die Sünde kam, ein Bild
von der Kirche, und wir wollen nun Eva und Rebekka einander gegenüber stellen.
Eva ist die Braut, lediglich von der Seite
der göttlichen Unumschränktheit und des Werkes, wodurch sie gebildet wurde,
betrachtet. Ihrerseits fand im Bilde keine Übung statt. Gott nahm eine Rippe und
baute ein Weib und brachte sie zu dem Manne. Das alles war Gottes Werk.
Aber in Rebekka sehen wir einsichtige
Herzensübung und die sittlichen Wesenszüge der Braut, im Knechte jedoch tritt
uns der Geist entgegen, der diese Herzensübungen hervorbringt. Rebekka hatte die
Reise zu Isaak zu machen. Wir haben also hier die Geschichte der Braut, was
einsichtige Herzensübung und die ihr zufolge unternommenen Schritte anlangt.
In Epheser 1 haben wir den Vorsatz Gottes
und in Kapitel 2 das Werk Gottes, was die Bildung neuer und lebendiger
Zuneigungen in sich begreift.
Rebekka wurde zu einem Zelte gebracht. Das
ist ein Bild davon, wie Christus gegenwärtig entschädigt wird, und nicht davon,
was die Kirche Ihm im Himmel oder in der Ewigkeit sein wird. Das Zelt hat es nur
mit der gegenwärtigen Zeit zu tun.
Dieses Kapitel beleuchtet die Wesenszüge
dessen, was jetzt in den Herzen der Heiligen hervorgebracht wird. Es handelt
sich um die geistliche Reife, die die Heiligen in ihren Herzen dorthin bringt,
wo Christus ist, so dass sie Ihm ein Trost sein können.
Es ist gesegnet, daran zu denken, dass
Christus eine gegenwärtige Entschädigung hat uns sie in uns finden kann. Er hat
Seine Mutter - Israel, das Gefäß der Verheißung - verloren; sie ist tot, aber Er
hat dafür eine Entschädigung. Es ist in der Tat nichts, was Sara war, verloren
gegangen, denn es wird in der Kirche fortgesetzt, genährt und gepflegt.
Weiter ist Ihm die Kirche das Zeugnis von
der Liebe Seines Vaters, da Dessen Liebe sie Ihm gesichert hat. Das Zelt stellt
etwas Gegenwärtiges dar, es zeugt davon, dass der Herr eine gegenwärtige
Entschädigung hat. Der Gedanke daran sollte unsere Herzen tief bewegen. Wir
mögen gesagt haben: Christus ist für mich; doch ich frage: Verlangen wir danach,
für Christum zu sein? Das erst wäre eine Entschädigung für Ihn.
Rebekka wurde, als der Knecht sie zum
ersten Male sah, durch Gnade gekennzeichnet. Das war es, wonach er ausschaute
und wodurch er sie fand. Wenn sie Isaak verwandt war, so musste sie auch durch
die dieser Verwandtschaft entsprechende Gnade gekennzeichnet sein.
Als der Herr auf Erden war, gab es solche,
die er als Ihm verwandt anerkennen konnte. Er nahm in denen, die Ihn umgaben,
wie von anderer Seite bemerkt worden ist, einige von den der Kirche eigenen
Wesenszügen und Schönheiten wahr. Er sah in Seinen Brüdern das, was Er lieben
konnte, und zwar nicht nur mit dem Blicke der Unumschränktheit, sondern des
Wohlgefallens.
Er sah eine Schar, die den Willen Gottes
tat und auf das Wort Gottes hörte. Sie glichen Ihm, und so konnte Er sagen:
Diese sind meine Mutter und meine Brüder. Sie waren Ihm verwandt, und die Gnade
davon wurde offenbar. Thomas sagte: „Lasst auch uns gehen, auf dass wir mit
ihm sterben!“; und Petrus: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte
Ewigen Lebens“ (Joh. 11, 16; 6, 68).
Rebekka tat ihre Herkunft kund und sagte:
„Ich bin die Tochter Bethuels“ (V. 24). Das hat jetzt in sittlicher
Hinsicht zu geschehen, dadurch dass etwas vom Geiste Christi zum Vorschein
kommt. Alles andere hat keinen Wert. Solche, die das lieben, was von Gott ist,
und davon angezogen werden, wenn immer sie damit in Berührung kommen, werden zur
Bildung der Braut verwandt.
Es ist nicht immer viel Raum für den Geist
vorhanden! Der Knecht wurde aufgenommen, Raum und Lebensmittel waren für ihn da,
und seine Vorschläge wurden angenommen. Das ist sehr wichtig. Ich sollte mich
wundern, ob wir alle Seine Vorschläge angenommen haben? Wenn das geschehen ist,
so kommt die Seele dahin, zu sagen: Keiner hat ein Recht auf mich als Christus,
und ich freue mich, für Ihn zu sein. Es heißt: „vergiss deines Volkes und
deines Vaters Hauses! Und der König wird deine Schönheit begehren“ (Ps. 45,
10 u. 11).
Hier war Bereitwilligkeit, zu gehen.
Rebekka sagte: „Ich will gehen“ (V. 58). Das ist ein sehr bedeutsames
Wort. Der Knecht hatte schon über die Bereitwilligkeit des Weibes Übung gehabt
(V. 5). In Ps. 110, 3 haben wir ein sehr beachtenswertes Wort: „Dein Volk
wird voller Willigkeit sein am Tage deiner Macht“, d.h. wenn das Zepter
Seiner Macht von Zion ausgeht.
Auf diese Weise werden die Seelen willig
gemacht. Sie werden dadurch willig gemacht, dass sich der mächtige Einfluss
Christi durch den Geist über das Herz Geltung verschafft. Wenn der Geist
aufgenommen wird, so entscheiden sich die Seelen für Christum. Ich meine damit
nicht, dass sich Sünder für den Heiland entscheiden, sondern dass sich Heilige
für Christum entscheiden in dem Sinne, dass Er ein Recht hat, sie völlig zu
besitzen, so dass sie sich Ihm willigen Herzens hingeben.
Wenn wir den Vorschlag annehmen, so wird
das für uns eine Gelegenheit besonderer Bereicherung. Als der Vorschlag
angenommen und Rebekka dem Knechte übergeben worden war, gab es von dessen Seite
aus keine Zurückhaltung mehr: er brachte den ganzen Reichtum, der ihm für die
Braut anvertraut worden war, zum Vorschein, „silbernes Geschmeide und
goldenes Geschmeide und Kleider und gab sie der Rebekka“ (V. 53).
Ich denke, das weist auf eine weitere
Ausstattung hin. Der Geist bringt dadurch den Heiligen zum Bewusstsein, dass sie
im Werte der Erlösung stehen, und infolge davon in der Befreiung, so dass nun
die Liebe Gottes und die unendlichen Gedanken der Segnung, die diese Liebe
gezeugt hat, in vollkommener Freiheit genossen werden können. Der Geist kann nun
all Seine Schätze öffnen, alles, was in Verbindung mit Christo, dem Gestorbenen,
Auferstandenen und Verherrlichten ist.
„Silberne Geschmeide“ reden von dem, was in
Verbindung mit dem Tode Christi steht, der Sein Anrecht erweist, uns aufgrund
der Erlösung zu besitzen. Wir kennen den Preis, den Seine Liebe für uns bezahlt,
um uns für Sich Selbst zu haben. Wir sind in den Reichtum und die Glückseligkeit
versetzt, die die Antwort auf jenen kostbaren Tod bilden.
Doch „goldene Geschmeide“ scheinen auf das
hinzudeuten, was aufgrund dessen, was Gott ist, erforderlich geworden, damit Er
geoffenbart sei und gekannt werde und die Heiligen zu Seiner ganzen Fülle
erfüllt sein möchten (Eph. 3, 19). In Joh. 14 - 16 sehen wir, wie der Geist die
Heiligen mit alledem bereichert, was sich daraus ergibt, dass Christus zum Vater
gegangen ist.
Ferner sind die „Kleider“ sehr wichtig. Es
ist wunderbar, wie der Geist die Heiligen kleiden kann, so dass Christus in
ihnen zu sehen ist. Das sehen wir nicht nur in der Heiligen Schrift, sondern wir
können das auch in der Kraft des Lebens in den Heiligen wahrnehmen. Hast du noch
nie etwas in einem Bruder oder einer Schwester gesehen, das in dir den Wunsch
erregte, ihm oder ihr zu gleichen?
Wenn der Geist frei ist, so kann der
Reichtum und die Holdseligkeit Christi der Seele angezogen werden, die Ihn
liebt. Die Frage ist: Welche Art Schmuck möchten wir zur Schau tragen? In Jes. 3
und 4 haben wir einen auffälligen Gegensatz: in Kapitel 3 ist von allerlei
Schmuck die Rede, den Frauen tragen, und alles das sollte zuschanden werden und
an seiner Statt äußerstes Elend sein; Kapitel 4 redet dann von Christo, der den
Entronnenen zur Schönheit und Herrlichkeit und zum Schmuck sein sollte. Ihr
Wandel sollte Ihn offenbaren; Christus ist es, der entfaltet werden sollte.
In diesen Kostbarkeiten mag auch ein
Hinweis auf die Gaben liegen, die Christus der Kirche gegeben hat, um sie in
ihrem Dienste mit alledem zu schmücken, was von Gott und Ihm selbst ist. Die
Gaben sind ein Zeichen Seiner Liebe und Seines innigen Wohlgefallens an ihr, und
jede Gabe ist in Wahrheit ein Ausdruck Seiner Selbst, und insofern wir in den
Segen dessen eingehen, sind wir mit dem geschmückt, was von Ihm ist.
Die Verleihung von Gaben ist eine kostbare
Tätigkeit der Liebe Christi, denn die Gaben sind der Beweis Seines Triumphes und
dessen, dass er lebt. Sie kommen von einem aufgefahrenen Christus und dienen zur
Mehrung des geistlichen Reichtums, so dass wir in völliger Übereinstimmung mit
Ihm aufwachsen können und in der wahren Wesensart der Braut gebildet werden.
Wenn wir zum Abendmahl des Herrn nicht in
einigermaßen bräutlichen Zuneigungen kommen, essen wir es nicht richtig. Und da
erhebt sich die Frage des Schleiers, denn ich denke, dass das verschleierte oder
bedeckte Weib in 1. Kor. 11 eine Art Bild von der Kirche oder Versammlung ist,
wenn sie sich in einem passenden Zustande befindet, das Abendmahl zu essen. Sie
ist für Ihn da, sie ist Seine Herrlichkeit. Sie begehrt nicht, dass irgendein
anderer sie sieht. Sobald Rebekka Isaak sah, verhüllte sie sich - sie war nun
ausschließlich für ihn da. Wenn wir zum Abendmahl des Herrn kommen, so steht uns
die größte Tatsache im ganzen Weltall vor Augen, nämlich die Liebe Christi.
Wir waren gewohnt, dabei zu verweilen, dass
Sein Tod unsere Sünden hinweggetan hat. Sodann dabei, dass Er starb, um allem,
was Gott ein Abscheu war, ein Ende zu machen. Doch ein großer Schritt vorwärts
ist es, zu sehen, dass Er in den Tod ging, um alles das zu offenbaren, was im
Herzen des glückseligen Gottes und in Seinem eigenen Herzen war. Es handelt sich
daselbst nicht nur darum, was beseitigt worden ist, sondern was Er uns gebracht
hat.
Der Sohn ist in heiligen und vollkommenen
Zuneigungen in den Tod gegangen und hat uns so Seine eigene Liebe und die Liebe
Gottes kundgetan, und wenn wir das in uns aufnehmen, so wird die Braut in uns
gestaltet.
Es ist gut, an das Sündopfer zu denken,
denn es ist hochheilig. Die Schrift legt großen Nachdruck auf dessen Heiligkeit
und bedient sich dabei derselben Ausdrücke wie in dem Worte das Allerheiligste.
Es ist hochheilig, doch es steht in Verbindung mit der Beseitigung der Sünde.
Die Liebe jedoch, die uns geoffenbart
wurde, ist viel größer als die Sünde, die hinweggetan ward. Sie ist unendlich
kostbar und gestaltet die Braut, und insoweit wir sie in uns aufnehmen, werden
wir in bräutlichen Zuneigungen gebildet.
Der Herr sagt: „Dies ist mein Leib, der
für euch ist“ (1. Kor. 11, 24). Er gab Sich Selbst aus Liebe für die Kirche.
All der Wohlgeruch und die Vollkommenheit Seiner Person und Liebe kam in Seinem
Tode zum Vorschein, wie es auch in dem Liede heißt: „Ja jener Tod vereinte alle
Liebe“. Das ist es, wohin uns das Essen des Abendmahls bringt, und wenn wir das
erfassen, so wird eine Rebekka aus den Heiligen.
Sein Tod ist ferner auch wunderbar, weil er
der Ausdruck Seiner Liebe zum Vater ist. Er sagte: „aber auf dass die Welt
erkenne, dass ich den Vater liebe“ (Joh. 14, 31). Die Gedanken des Vaters
können nun zustande kommen, denn Er starb, „auf dass er auch die zerstreuten
Kinder Gottes in eins versammelte“ (Joh. 11, 52). Die Heiligen
können nun zur Einheit gebracht werden, was ein besonderer Wesenszug der Kirche
ist.
Der vom Vater gesandte Geist ist gekommen,
um einen wunderbaren Auftrag zu erledigen, nämlich um die Kirche gegenwärtig als
eine Entschädigung für Christum zu sichern. „Und Isaak ward getröstet nach
dem Tode seiner Mutter“ (V. 67). Bedenken wir, wie der Herr darunter litt,
Israel verloren zu haben! Doch Er ward durch die Kirche reichlich entschädigt.
Ich glaube, wir haben das alle schon
oftmals gehört, aber inwieweit hat es uns berührt? Und bis zu welchem Grade hat
es unsere Herzen angeregt, den Segen davon zu erlangen?
Es ist so gesegnet, zu sehen, dass am Ende
der Geist und die Braut in vollem Einvernehmen stehen (Offb. 22, 17). Neulich
traf ich einen Mann, der sagte: „Alles wird in Laodicäa enden“. Ich entgegnete:
„Mir scheint, dass alles damit endet, dass der Geist und die Braut sagen:
‚Komm!‘“
Natürlich ist beides wahr, aber dieses ist
das Ende und Ziel der Wirksamkeit Gottes. In gewissem Sinne sehen wir in
Philadelphia alles, was entrückt wird, in Laodicäa jedoch alles, was zurück
gelassen wird. Die wahren Merkmale der Braut nehmen wir in Philadelphia wahr;
diese Versammlung stellt gleichsam die Braut dar, und wir sehen sie am Ende in
Übereinstimmung mit dem Geiste: „der Geist und die Braut sagen: Komm!“
Das entspricht Rebekka, die in
Übereinstimmung mit dem Knechte und all dem Guten, das er ihr gebracht hatte,
ihren Pfad geht, angetan mit all den kostbaren Zeichen des Reichtums des Vaters
und der Liebe des Sohnes! Welch einen wunderbare Ausstattung!
Die Liebe Christi tritt besonders beim
Abendmahl vor uns. Es mag verschiedene Seelenzustände geben, doch wenn wir
zusammenkommen, das Abendmahl zu essen, so stehen uns allen die Liebe Christi
und die Gedanken Seiner Liebe vor Augen.
Im Anfang des Kapitels heißt es: „Und
Abraham gab dem Isaak alles, was er hatte“ (V. 5), und in Vers 11: „Und
... nach dem Tode Abrahams, da segnete Gott Isaak, seinen Sohn“. Das besagt,
dass jede Verheißung und Segnung in Christo, dem Auferstandenen zu Stand und
Wesen kommt.
Der Tod Abrahams bedeutet im Bilde, dass
die Verheißungen Dem Platz machen müssen, in dem sie ihre Erfüllung haben.
Wir haben jetzt etwas mehr als eine bloße Verheißung, für uns hat jede
Verheißung Gottes Gestalt gewonnen: Das Ja und Amen jeder Verheißung ist in Jesu
Christo, dem Sohne Gottes. Die wahre Segnung ist in Ihm, und in Ihm haben wir
die volle Offenbarung Gottes.
Isaak wohnt bei Beer-Lachai-Roi (V. 11),
bei dem Brunnen des Lebendigen, der Sich offenbart. Die große Quelle aller
Segnung ist die Offenbarung Gottes. Er ist der Lebendige, der Sich offenbart.
„Du, Gott, siehst mich“ (Kap. 16, 13 nach der gewöhnlichen englischen
Übersetzung), ist eine ernste Wahrheit. Aber es ist etwas viel Größeres, Gott in
Christo geoffenbart zu sehen, wie es diese Schriftstelle im Urtext zum Ausdruck
bringt. Es handelt sich hier nicht darum, dass Er mich sieht, sondern dass ich
Ihn in vollkommener Gnade geoffenbart sehe.
Isaak kam von diesem Brunnen, als Rebekka
ihm begegnete, und er wohnte dort; es war das Land des Südens, und dort ist viel
Sonnenschein!
Das nächste ist, dass Ismael angesichts
aller seiner Brüder starb (V. 17 u. 18). Zweifellos stellen Ismael und seine
Brüder Israel nach dem Fleische dar, denn es ist hier von zwölf Fürsten die
Rede. Der Tag wird kommen, wo alles Gesetzliche und Knechtische der Beziehungen
Israels zu Gott hinweggetan wird, und das sehen wir im Bilde im Tode Ismaels.
Wir leben in einer Zeit, wo die Tatkraft des Glaubens Ismael aus dem Hause
treibt, weil nur der Geist der Sohnschaft dort Platz haben kann; Christus allein
kann dort den Platz haben. Wir haben das Vorrecht, jetzt zu sehen, dass der
Mensch, der im Fleische und unter dem Gesetz ist, ausgestoßen werden muss. Auf
solchem Grunde kann keine Segnung eingeführt werden.
Doch die Zeit wird kommen, wo Israel den
Ismael sterben sehen wird. Sie haben zu lernen, dass die Segnung aufgrund eines
neuen Bundes in Verbindung mit Isaak und dem Brunnen des Lebendigen kommen muss,
der Sich offenbart. Ismael ist ein Bild des Menschen, der im Fleische und unter
dem Gesetz ist, aber in Verbindung mit Isaak haben wir den Bund und den Brunnen:
das Hervorquellen dessen, was Gott aufgrund des neuen Bundes für den Menschen
sein kann, und was der Mensch als in Christo gesegnet für Gott sein kann.
Welch ein Augenblick wird das in der
Geschichte Israels sein, wenn sie entdecken, dass sie im Fleische und unter
Gesetz im Tode sind und in ihrer tiefen Not nur zu Gott schreien können. Sobald
sie das tun, wird Gott ihnen ihre Augen öffnen, und sie werden den Brunnen
sehen. Sie werden sehen, dass ihnen jede göttliche Segnung in Christo gesichert
ist, und durch die Offenbarung Gottes in Gnade. Dann werden sie einen anderen
Menschen erwählen, und das Wort Gottes an Jeremia geht in Erfüllung: „sie
alle werden mich erkennen“ (Jer. 31, 34).
Dem Grundsatz nach ist es genau so mit uns.
Wir müssen denselben Weg gehen. Vielleicht haben die meisten von uns eifrig die
Laufbahn Hagars und Ismaels verfolgt und nicht die des Isaak. Doch wir mussten
ausfindig machen, dass wir so kein bisschen Segnung erlangen konnten. Da sind
uns manche Schriftstellen, die von Israel und seinem selbstgerechten Zustande
handeln, sehr nützlich.
Ismael ist ein Bild des Menschen im
Fleische, doch Gott hat für den Menschen in Gnade einen „Wasserbrunnen“
vorgesehen, der ein Bild von dem Geiste eines anderen Menschen ist. Wie
wunderbar, dass sogar Israel nach all seinem Stolze und seiner
Selbstgerechtigkeit dahin gebracht werden wird, zu sehen, wo die Segnung liegt,
dass sie ganz und gar in Christo auf der Linie der Verheißung zu finden ist und
nach dem Grundsatze des Glaubens empfangen und genossen werden muss. Dann werden
auch sie die Glückseligkeit und die lebendigmachende Kraft des Brunnens
erfahren.
Von Kapitel 25, 19 an beginnt eine neue
Geschichte - die des Isaak - und ein neuer Abschnitt voller Übungen in
Verbindung mit den Verheißungen Gottes. Dann tritt Jakob als Bild der Wege
Gottes mit Seinem irdischen Volke in den Vordergrund, samt all der Zucht,
wodurch dieses schließlich das lernt, was es zu lernen hat, und so zum Hause
Gottes gebracht wird. Alles das ist sehr lehrreich, und zwar auch in seiner
Anwendung auf uns, denn wir alle gehen zum Teil durch ähnliche Erfahrungen.
Bei jedem Schritt sehen wir, wie Gott den
Glauben auf Sich lenkt. Rebekka ist wie Sara unfruchtbar, bis Jehova eingreift.
Und als Er das getan, ruft es eine weitere Übung hervor: sie hat zu lernen, dass
sie zwei Kinder hat, die zwei Arten Völker darstellen: ein Volk, das von Natur
den Vorrang und die Stärke besitzt, und ein Volk nach der Auswahl der göttlichen
Unumschränktheit. Rebekka ihrerseits nun hat jeden natürlichen Gedanken fahren
zu lassen und alles lediglich im Lichte der Unumschränktheit Gottes zu sehen.
Es ist lehrreich, die Übungen der drei uns
in 1. Mose vornehmlich entgegen tretenden Frauen, Eva, Sara und Rebekka,
einander gegenüber zu stellen. Eva hatte Herzensübungen über Kain und Abel; Sara
hatte in Verbindung mit Ismael und Isaak zu lernen, und Rebekka in Bezug auf
Esau und Jakob.
In gewissem Sinne gleichen diese Übungen
einander, aber dennoch ist jede von der anderen verschieden. Ihre Wichtigkeit
liegt darin, dass wir durch Evas, Saras und Rebekkas Übungen zu
gehen haben, und mein Eindruck ist, dass wir sie in dieser Reihenfolge
durchmachen müssen.
Ich denke, in Verbindung mit Kain und Abel
haben wir zu lernen, dass der göttliche Same „nicht aus Geblüt“
(richtiger: Blut) ist; in Verbindung mit Ismael und Isaak, dass er „nicht aus
dem Willen des Fleisches“, und in Verbindung mit Esau und Jakob, dass er
„nicht aus dem Willen des Menschen“ ist (Joh. 1, 13). In dieser
Schriftstelle heißt es vom Geschlecht Gottes: „welche nicht aus Blut, noch
aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Menschen, sondern aus Gott
geboren sind“.
Diese drei Gedanken werden nun im Vorbilde
bei diesen drei Frauen näher ausgeführt. Man kann vielleicht sagen, dass Evas
Übung Römer 3 entspricht, Saras Übung Römer 7 und Rebekkas Übung Römer 9.
„Nicht aus Blut“ besagt, dass ein
göttlicher Same nicht aus natürlicher Abstammung hervorgeht. Eva glaubte, als
Kain geboren war, dass sie Christum bekommen hatte. Aber sie hatte zu lernen,
dass sündige Eltern nur sündige Kinder zeugen konnten, und dass es aufgrund der
natürlichen Abstammung nichts für Gott gibt.
Das haben wir zuerst zu lernen. Wir haben
zu erfahren, dass wir, als in diese Welt geboren, alle schlecht sind. Eva lernte
das, noch ehe sie Abel geboren hatte, denn sie nannte diesen „Hauch,
Nichtigkeit“. Sie hatte Kain „Erwerbung“ genannt, denn sie sprach: „Ich habe
einen Mann erworben“ (Kap. 4, 1). Wir alle haben zu lernen, dass wir, als in
diese Welt geboren, durch Nichtigkeit gekennzeichnet sind.
Wenn wir das bis zu einem gewissen Grade
erkannt haben, so ist der nächste Gedanke bei uns, uns selbst zu bessern, etwas
zu tun, was die Sache wieder in Ordnung bringt, das Fleisch zu bilden und zu
unterdrücken. Das ist Ismael, der Wille des Fleisches, der Mensch, der sich
selbst vornimmt, sich zu bessern und alles in Ordnung zu bringen, und der das
Gesetz dazu benutzt, seine eigene Gerechtigkeit aufzurichten.
Saras Übung bestand darin, zu lernen, dass
alles, was vom Fleische ist, ausgetrieben werden musste, da es für Gott keinen
Wert hatte. Wir müssen lernen, dass ein göttlicher Same nur aufgrund der
Verheißung gesichert werden kann, auf dem Grundsatze des Glaubens, und dass alle
Segnung in Christo ist. Isaak muss gekrönt und Ismael ausgetrieben werden. Sara
hatte zu lernen, dass weder das Fleisch, noch irgend etwas, was das Fleisch in
Angriff nehmen konnte, wie z.B. das Gesetz, etwas zur Erfüllung der göttlichen
Verheißung oder zur Einführung eines göttlichen Samens beitragen kann.
Rebekka hatte alsdann zu lernen, dass es in
jeder Hinsicht eine Frage der göttlichen Unumschränktheit war. Der Wille des
Menschen hatte da überhaupt keinen Platz. Der Wille des Menschen würde Esau dem
Jakob vorziehen.
Es ist schon darauf hingewiesen worden,
dass Esau der bessere und edlere von den beiden war. Doch Rebekka hatte zu
lernen, dass Gott unumschränkt war, und dass Seiner Unumschränktheit gemäß ihre
Zuneigungen in die rechten Bahnen gelenkt werden mussten. Gott hatte ihr
kundgetan, dass der Ältere dem Jüngeren dienen sollte, und das geschah lediglich
aufgrund der Unumschränktheit Gottes, denn Römer 9, 11 sagt uns, dass ihr dieses
geoffenbart wurde, als die Kinder „weder Gutes, noch Böses getan hatte“.
Gott sagte gleichsam: Ich werde tun, was mir gefällt.
Nichts schließt den Menschen so aus wie die
göttliche Unumschränktheit, die plant und handelt, eben weil Gott zu handeln und
zu bestimmen plant und willens ist, und aus keinem anderen Grunde.
Rebekkas Zuneigungen wurden im Lichte
dessen, was ihr kundgetan worden war, gebildet: sie liebte Jakob. Sie sah alles
vom Standpunkte der göttlichen Unumschränktheit an, denn Jakob war ein
Überlister und hatte nach menschlichem Urteil gar kein anziehendes Wesen.
Die Leute würden sagen: Weshalb erwählte
Gott einen solchen Menschen? Aber Gott sagt: Mein Vorsatz der Auswahl soll
bestehen bleiben, er ist nicht aus Werken, sondern von dem aus, der beruft; ich
lasse mich nicht durch das Wesen und die Eigenschaften der Menschen
beeinflussen.
Meinst du, dass wir die Art
Leute wären, die von den Menschen dazu ausersehen würden, geadelt und erhöht zu
werden, und den höchsten Platz im ganzen Weltall zu erhalten?
Der Esau-Mann hat in der Welt den Vorrang,
und oft sind in ihm Eigenschaften, die man bewundern kann. Doch Gott lässt Sich
nicht dadurch beeinflussen. Seine Unumschränktheit schließt den Willen des
Menschen völlig aus, und bis wir sehen, dass alles auf der Grundlage der
göttlichen Unumschränktheit steht, werden wir nie in einem wahren Geiste der
Anbetung sein.
Die Anbetung gründet sich auf die
Anerkennung der Unumschränktheit. Wir beugen uns vor dem allweisen Gott, der
nach Gründen handelt, die in Ihm Selbst liegen, ohne Sich durch irgendwelchen
Einfluss von außen bestimmen zu lassen.
In Römer 9 und 11 haben wir die
Unumschränktheit, und infolgedessen beugt sich Paulus und erkennt sie in seinem
Innersten an und bricht in die Worte der Anbetung aus: „O Tiefe des
Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie
unausforschlich sind deine Gerichte und unausspürbar deine Wege! ... Denn von
ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge; ihm sei die Herrlichkeit in
Ewigkeit! Amen.“ (Röm. 11, 33 - 36).
Im Epheserbrief stehen wir auf einem Boden,
wo alles von Gott ist, sei es das, was in Christo durchgeführt wurde, oder das,
was in den Heiligen gewirkt wurde als solchen, die aus und in Christo sind. Es
ist die Frucht davon, dass Gott in Seiner Unumschränktheit und in Gnade,
Erbarmen und Liebe Seinen eigenen Weg gegangen ist.
Bei all seinen Fehlern schätze Jakob den
Segen; wir können göttliche Züge in ihm wahrnehmen. Esau offenbarte sich als
das, was er war. Er war ein Mann des Feldes, ein Jäger. Ihn kennzeichnete es,
sich in den natürlichen Dingen etwas zugute zu tun. Jakob aber war ein
schlichter Mann, der in Zelten wohnte. Ihn kennzeichneten Liebe zur Einfachheit
und das Wesen eines Pilgers. Er war der wahre göttliche Same, und ihn
kennzeichneten schließlich Eigenschaften, die Gott anerkennen konnte.
Was die Menschen hoch schätzen, kann Gott
nicht anerkennen. Gott liebt einen Mann, dessen Herz auf Einfachheit gerichtet,
und der mit einem Pilgerleben zufrieden ist. Wir müssen die Heiligen von Gottes
Standpunkt aus betrachten, damit wir Esau samt allen seinen Fähigkeiten, die bei
uns von Natur Anklang finden, aus den Augen verlieren und auf die Eigenschaften
achten, die Gott schätzt. Wir beschäftigen uns sehr leicht über Gebühr mit den
Fehlern in einem Heiligen, doch die Frage ist: Geht er einen für Gott
abgesonderten Pfad? Liebt er den Herrn und Sein Volk?
Wenn du findest, dass mit einem Bruder
schwer auszukommen ist, betrachte einmal die Kehrseite, und sieh ihn dir von da
aus an. Es gibt immer eine solche Seite bei einem Heiligen. Beschäftige dich
nicht zu viel mit Fehlern, sondern sieh auf das, was Gott anerkennen kann.
Es mag da wirklich manches geben, was uns
wie Flecken in der Sonne erscheint. Die Astronomen schauen durch Teleskope, um
jene Flecken zu beobachten, und es ist sehr leicht möglich, dass wir die
Heiligen in ähnlicher Weise betrachten. Wenn du nach Vortrefflichkeit in den
Heiligen Ausschau hältst, so wirst du sie sogar in einem Jakob finden.
Vieles in Jakob war vom Fleische, und dies
im Zaume zu halten und ihn davon freizumachen, bedurfte es eines Lebens der
Zucht. Doch am Ende wird Gott gerechtfertigt sein, dass er sagte: „Den Jakob
habe ich geliebt, aber den Esau haben ich gehasst“ (Röm. 9, 13; Mal. 1, 2 u.
3).
Als Esau auf die Probe gestellt wurde,
erwies er sich als Ungöttlicher. Eine geringfügige, sich ihm sogleich bietende
Annehmlichkeit galt ihm mehr als alle Verheißungen Gottes, eine Schüssel Speise
mehr als alle göttlichen Segnungen! Das Neue Testament nennt ihn einen
Ungöttlichen, weil er sein Erstgeburtsrecht verachtete und verkaufte (Heb. 12,
16).
Wenn wir auf Gottes Seite stehen, bewundern
wir eine solche Person nicht. Die große Frage ist: Schätzt jemand das, was von
Gott ist? Das ist das große Kennzeichen der Heiligen. Es handelt sich nicht
darum, dass sie, menschlich gesprochen, besser sind als andere Leute. Doch sogar
die unter ihnen, die unsere Geduld recht auf die Probe stellen, schätzen diese
Dinge Gottes wenigstens bis zu einem gewissen Grade. Mit all dem
Widerstreitenden in ihnen handelt Gott in Zucht, so dass sie schließlich in
Anbetung enden. Jakobs letzter Tag war sein bester.
Esau stellt Israel dar, das, weil es seine
Hoffnung aufgegeben hat, unter die Gewalt der gegenwärtigen Umstände gekommen
ist. Sie befinden sich außerhalb des Kreises der Heiligkeit. Ungöttlich steht im
Gegensatz zu dem, was heilig ist.
Gott führt Seine Heiligen Wege der Zucht,
damit sie Seiner Heiligkeit teilhaftig werden (Hebr. 12, 10). Esau wurde im
Gegensatz hierzu durch Unheiligkeit gekennzeichnet. Er stand außerhalb des
Platzes der Heiligkeit. Wir sollten in unserem Maße Gott nachsagen lernen:
„Den Jakob habe ich geliebt, aber den Esau habe ich gehasst“.
Rebekka liebte Jakob, aber in Isaaks
Wesensart wurde eine Schwäche offenbar, er „hatte Esau lieb, denn Wildbret
war nach seinem Munde“ (V. 28). Das sollte uns eine ernste Warnung sein,
damit wir uns vor solchen hüten, die unseren natürlichen Neigungen entsprechen.
Wenn wir uns von solchen anziehen lassen,
die uns das bieten, was uns von Natur zusagt, so verlieren wir in geistlicher
Hinsicht. Als natürlicher Mensch habe ich gewisse Neigungen. Sie sind noch
ebenso in meinem Fleische, wie als ich noch unbekehrt war. Es kann solche geben,
die imstande sind, diese Neigungen zu befriedigen, doch wenn ich unter ihren
Einfluss komme, so komme ich sicherlich herunter. Isaaks Schwäche kam ans Licht,
als er sich durch den Einfluss Esaus bestimmen ließ, weil Wildbret nach seinem
Munde war. Das ist eine Sache, die wir hier erwägen sollten.
Rebekka hatte ein rechtes Urteil, weil sie
es sich im Lichte der göttlichen Offenbarung gebildet hatte. Ihre Aufmerksamkeit
wurde auf zwei einander widerstreitende Dinge gelenkt, und sie wandte sich
dieserhalb zu Gott. Sie fragte Jehova, was das bedeuten solle (V. 22). Er sagte
ihr: „Der Ältere wird dem Jüngeren dienen“ (V. 23), und sie wandelte in
diesem Lichte und gewann durch die Übung.
Isaak hatte diese Übung nicht und gab Esau
einen Platz, der ihm nicht zukam. Mir scheint, dass dies seiner Schwachheit
zugrunde lag, als er seine Beziehung zu Rebekka verleugnete (Kap. 26, 7), so
dass er nicht imstande war, die Stellung der Würde und Erhabenheit vor den
Philistern zu wahren. Er verlor den Brunnen.
Er verlor seine Kraft dadurch, dass er
seiner Neigung zu natürlichen Dingen Raum gab und sein Herz mit dem verkehrten
Menschen verband.
Dieses Kapitel zeigt die Übungen der von
Gott gesegneten Heiligen den Philistern gegenüber. Wir finden, dass Isaak in
Gerar wohnte: er ist unter den Philistern.
Zu Beginn des vorhergehenden Kapitels
wohnte er bei dem Brunnen Beer-Lachai-Roi (V. 11), dem Brunnen des Lebendigen,
der Sich offenbart; das redet von dem Heiligen in seiner Beziehung zu Gott, von
der Erfrischung im geistlichen Leben, die er genießt, und der Kraft, die daraus
fließt, dass er sich im Segen der Offenbarung Gottes befindet.
Isaak wohnte im Lande des Südens bei jenem
wunderbaren Brunnen, der dem Bilde nach der ordnungsgemäße Platz der Heiligen
ist. Dieses Kapitel jedoch beschäftigt sich mit seinen Beziehungen zu den
Philistern. Gott warnt ihn, nicht nach Ägypten zu gehen, und ermutigt ihn durch
göttliche Verheißungen (V. 2 - 5).
Es scheint mir, dass ihn Jehova ermutigen
wollte, sogar angesichts der Philister alles im Vertrauen auf Ihn aufrecht zu
erhalten. Aber gerade in diesem Punkte fehlte er. Er hatte kein Vertrauen, sich
zu behaupten. Er verleugnete seine Beziehung zu Rebekka, wie es Abraham zuvor
seinem Weibe gegenüber zweimal getan hatte. Das zeigt uns, wie wichtig es ist,
auf solche Warnung zu hören. Schließlich kam er auf seinen rechten Platz zurück,
so dass die Philister anerkennen mussten, dass Gott mit ihm war. Das ist ein
lehrreiches Kapitel für uns.
Die Philister sind solche, die eine
christliche Stellung einnehmen, ohne die Übungen und Erfahrungen des Glaubens zu
haben. Sie stellen ein Volk dar, das dem Namen nach auf christlichem Boden
steht, das aber nie Anteil an den Herzensübungen des Glaubens gehabt hat. Sie
waren nie Gegenstand der göttlichen Berufung, der Gott der Herrlichkeit ist
ihnen nie erschienen. Sie haben weder Zelt noch Altar und keine wirkliche
Verbindung mit dem Zeugnis Gottes.
Dieses Kapitel zeigt die Übungen, durch die
ein Heiliger in Beziehung zu derartigen Leuten zu gehen hat. Es ist nur zu klar,
dass es viele gibt, die äußerlich auf christlichem Boden stehen, ohne je an der
göttlichen Berufung teilzuhaben, noch irgendwelche Vorrechte oder Übungen des
Glaubens zu besitzen. Wer auf dem Pfade des Glaubens ist, hat nun Übungen in
Beziehung zu solchen, denn wir werden durch das, was um uns her ist,
beeinflusst.
Die Schrift sagt: „von diesen wende dich
weg“ (2. Tim. 3, 5), und Isaak musste das am Ende des Kapitels tun. Alle
seine Übungen darauf hinaus, ihm das zu zeigen. Erst dann nahm er seine rechte
Stellung ein und genoss sie.
Haben wir, was das christliche
Bekenntnis um uns her anlangt, unsere rechte Stellung eingenommen, so dass wir
wirklich vor Gott das Teil genießen, das Er uns zugedacht hat? Wir sind alle
geneigt, das, was von Gott ist, aufzugeben.
Dem Bilde nach war Isaak kein weltlicher
Mann, er zog nicht hinab nach Ägypten. Viele gleichen ihm heutzutage, sie leiden
unter der verderblichen Wirkung der Gegenwart der Philister und geben vieles
auf, was sie aufrechterhalten sollten, und verlieren dadurch auf ihrem Pfade so
manche Quelle göttlicher Erfrischung.
Am Anfang dieses Kapitels finden wir ein
göttliches Gegenmittel. Jehova erschien dem Isaak und ermutigte ihn und sprach:
„Halte dich auf diesem Lande, und ich werde mit dir sein und dich segnen“
(V. 3). Jehova ermutigte ihn, jeden göttlichen Gedanken, sogar angesichts der
Philister, zuversichtlich festzuhalten. Gott erkannte ihn in der Stellung, wo er
war, an und sagte: „ich werde mit dir sein“.
Das hätte ihn ermutigen sollen, nichts
aufzugeben. Wenn Isaak im Glauben an diese Erscheinung Jehovas und Sein „Ich
werde mit dir sein“ gestanden hätte, so würde er gar keine Furcht vor den
Philistern gehabt haben. Am Ende des Kapitels gelangte er dahin, und das Kapitel
ist insofern lehrreich, als es zeigt, wie die Schwachheit in einem Heiligen
ausgeschaltet wird. Isaak wurde in seine rechte Stellung zurück gebracht, so
dass selbst die Philister anzuerkennen hatten, dass Jehova mit ihm war. Das
Kapitel erzieht uns, wie wir in den Segen des Zeugnisses gebracht werden.
Die Verleugnung der Verwandtschaft
entspricht in gewissem Sinne dem, dass wir uns des Zeugnisses schämen; Isaak
schämte sich ihrer aus selbstischer Furcht. Sowie ich an mich denke, und was es
für Folgen für mich hat, so bin ich auf dem Pfade derer, die das Ihrige suchen,
und nicht das, was Jesu Christi ist (Phil. 2, 21). Von Onesiphorus heißt es:
„er hat... sich meiner Kette nicht geschämt“ (2. Tim. 1, 16).
Isaak beschwor diese Furcht selbst herauf.
Es war wirklich kein Grund dazu vorhanden. Wir schaffen uns ein gut Teil Furcht
selbst, auch wenn keine Notwendigkeit dazu vorliegt. David sagte, dass Jehova
ihn aus all seinen Bedrängnissen errettet habe, ja er ging noch weiter und
sprach: „aus allen meinen Beängstigungen errettete er mich“ (Ps. 34, 6
bzw. 4). Die Beängstigungen sind gewöhnlich größer als die Bedrängnisse!
Beängstigungen rauben uns oft das Vorrecht, zu beweisen, dass Gott mit uns ist.
Am Ende des Kapitels sprachen die
Philister: „Wir haben deutlich gesehen, dass Jehova mit dir ist“ (V. 28).
Es ist gut, vor bekennenden Christen in allem unserem Tun den Gedanken
festzuhalten, dass sie eines Tages bekennen werden: „Wir haben deutlich
gesehen, dass Jehova mit dir ist“. Das sahen sie aber nicht, als Isaak seine
Beziehung zu Rebekka verleugnete.
Die Schwachheit, die wahre
Verwandtschaftsbeziehungen verleugnet, setzt die Heiligen auch dem Verlust von
Brunnen aus, d.h. wir verlieren den wirklichen Genuss der Quellen geistlicher
Erfrischung. Wenn wir dem Zeugnis nicht treu sind, so verlieren wir viel. Das
bedeutet nicht nur einen Verlust des Zeugnisses für den Herrn, sondern auch
einen Verlust von Brunnen für uns.
Das Kapitel führt uns nun dahin, dass der
Heilige eine himmlische Stellung einnimmt: Isaak kommt nach Beerseba, an die
Südgrenze des Landes, wo er sich dem Bilde nach auf göttlichem Grund und Boden
befindet. Er genießt die Eigenart des Ortes und entspricht ihr: Er hat einen
Altar und ein Zelt, und er hat einen Brunnen, was der Segnung entspricht, die
die Heiligen im Heiligen Geiste finden.
Dieses Kapitel ist insofern lehrreich, als
es uns die Übungen zeigt, durch die wir dies erreichen. Wir müssen lernen, von
dem Einfluss der Philister freizukommen.
Was Isaak mangelte, war das, was das Neue
Testament Tugend und Tapferkeit nennt. Petrus sagt: „in eurem Glauben die
Tugend“ (2. Petr. 1, 5), das ist ein sittlicher Mut, so dass wir wider die
Einflüsse, die uns abbewegen könnten, standhalten. Isaak befand sich in keiner
würdevollen Stellung, und keiner befindet sich in einer solchen, der keinen Mut
hat.
Viele Heilige, man kann vielleicht sagen
alle, möchten dem Herrn treu sein und Ihm nachfolgen. Sie haben Verlangen nach
Ihm. Aber vielen fehlt es an geistlichem Mut, und sie schämen sich des
Zeugnisses des Herrn. Sie fürchten sich, verachtet zu werden, fürchten das Kreuz
und schämen sich der Kette des Apostels. Paulus war ein Gefangener in Ketten,
der nicht wert war, frei zu sein! Glauben wir, dass dies der Platz des
Zeugnisses hienieden ist?
Die Welt hat eine christliche Stellung
angenommen, aber sie hat sich nicht verändert. Das gerade tritt uns in den
Philistern entgegen.
Wenn man das Kreuz aufnimmt, so ist man auf
Schmach gefasst und bereit, als einer betrachtet zu werden, der es nicht wert
ist, zu leben. In Apg. 22, 22 heißt es: „Hinweg von der Erde mit einem
solchen“, und der, von dem dies gesagt wurde, war das Gefäß des göttlichen
Zeugnisses.
Die Philister stellen unbekehrte Leute dar,
die wohl zum christlichen Bekenntnis gehören, aber nie durch die Lehre Gottes
berührt worden sind. Von diesen Leuten geht ein sittlicher Einfluss aus, und
wahre Christen fallen dem anheim und schämen sich des Zeugnisses, und verlieren
so die Quellen geistlicher Erfrischung.
Das Ziel der Philister ist immer, Brunnen
wegzunehmen. In Kap. 21, 25 nahmen sie einen Brunnen mit Gewalt weg. Ich denke,
das entspricht dem, dass das öffentliche Bekenntnis den Heiligen Gottes
verweigert, als solche zusammenzukommen. Viele Jahrhunderte lang wurde es den
Heiligen nicht gestattet, als solche zusammenzukommen. Entweder sie mussten sich
der bestehenden religiösen Ordnung fügen, oder sie wurden verfolgt und oft auch
zu Tode gemartert. Die große Quelle geistlicher Erfrischung war ihnen genommen.
Das Graben von Brunnen in den Tagen
Abrahams deutet darauf hin, wie in den ersten Tagen der Kirche der Glaube und
die Liebe tätig waren, um Quellen göttlicher Erfrischung zu erlangen. Die
Apostel und viele andere arbeiteten hieran.
Aber das Verstopfen der Brunnen trat sehr
früh in der Geschichte der Kirche ein; irdische Dinge wurden eingeführt, und das
brachte das Ausfließen des Geistes zum Stocken, so dass der Gewinn Seiner
Gegenwart zum großen Teile den Heiligen zu ihrer Erfrischung unzugänglich wurde.
Das Judentum war eine irdische Einrichtung.
Es war von Gott eingesetzt worden, war aber ganz und gar irdischer Natur. Als
dann die Kirche errichtet wurde, war es Satans Ziel, diese irdischen Dinge ins
Christentum hineinzubringen und so die Brunnen zu verstopfen. Es heißt:
„Sinnet auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist“ (Kol.
3, 2). Wenn die Heiligen ihren Sinn auf das richten, was auf der Erde ist, so
sind sie unter den Einfluss der Philister gekommen. Dieser Einfluss ist immer
wirksam, und wir alle sind ihm ausgesetzt.
Stelle dir selbst die Frage: kommt mir der
volle Nutzen der Gegenwart des Heiligen Geistes zugute? Wir alle geben zu, dass
der Geist als die Quelle göttlicher Erfrischung hienieden ist. Doch die Frage
ist: Habe ich den Nutzen Seiner Gegenwart? Wenn nicht, so ist Erde in den
Brunnen geraten. Das, womit es die Philister zu tun haben, ist hinein gekommen.
Vielen sind Bücher ein Fallstrick. Ich
glaube, Bücher richten mehr Schaden an als irgend etwas anderes. Man kann sie im
Verborgenen lesen, und niemand weiß etwas davon. Wenn du wüsstest, was manche
Gläubige lesen, so würdest du sagen, dass sie noch ganz in der Welt sind. Es
gibt viele, die nicht ins Theater oder zu einem Vergnügen, ja sogar nicht in die
Kirche gehen würden, und doch lesen sie Bücher, die dieser Richtung angehören,
und was sie selbst betrifft, werden die Brunnen vollständig verstopft.
Nachdem die Angelegenheit Rebekkas geordnet
war, haben wir Schilderungen göttlicher Neubelebung. Gott hatte gesagt, dass Er
Isaak segnen wolle, und das tat Er auch. Der Glaube erwartet immer, dass Gott so
gut ist, wie Sein Wort es sagt. „Isaak säte in selbigem Lande und gewann ...
das Hundertfältige“ (V 12), und die Segnung wurde offenbar.
Durch die Gnade Gottes gab es ein
Wiederaufleben, eine offenbare Segnung Gottes für Sein Volk, und das erregte den
Neid der Philister. Bei irgendwelchem Gedeihen in geistlicher Hinsicht, wenn
irgendeine Bewegung stattfindet, die dem Volke Gottes Speise verschafft, sowie
bei jeder geistlichen Fruchtbarkeit zeigt sich alsbald der Neid der Philister,
und sie suchen die Brunnen zu verstopfen.
Die Philister werden immer versuchen, jeden
Brunnen geistlicher Erfrischung, der durch die Tatkraft des Glaubens gegraben
worden ist, wegzunehmen oder zu verschütten. Die Gabe des Hundertfältigen war
eine Neubelebung von Seiten Gottes. Nach dem Tode Abrahams hatte sich ein Mangel
an Tatkraft gezeigt, doch die Segnung im 12. Verse gab den Anlass, die
verschütteten Brunnen wieder auszugraben (V. 18).
Das Graben von Brunnen zeigt ein
Wiederaufleben der Heiligen. Es ist die Folge erwachter Übung und dessen, das
Speise vorhanden ist. Es genügt nicht, dass die Gläubigen die Lehre des Neuen
Testamentes über die Gegenwart des Heiligen Geistes annehmen, oder dass sie
darüber in Büchern lesen und dieser Tatsache beistimmen. Es ist nötig, Brunnen
zu graben.
Wir alle glauben, dass der Geist hier ist,
aber wie steht es damit, die Erde loszuwerden, die den Ausfluss und die
Zugänglichkeit des Geistes hindert?
Was heute dem Graben von Brunnen
entspricht, ist, dass Seelen sich der Tatsache bewusst werden, dass der Geist
hienieden ist, und entdecken, dass sie nicht im Segen Seiner Gegenwart sind. Das
verursacht eine tiefe Übung, und man fängt dann an, das Irdische zu erkennen,
was daran hindert, und das Verlangen erwacht und der Vorsatz wird gefasst, es
loszuwerden.
Das bringt Übung, Gebet und das Aufgeben
dessen mit sich, was nicht im Einklange mit dem Geiste ist, und der Brunnen kann
dann fließen. Infolge davon steht die Seele in geistlicher Frische.
Doch ich glaube nicht, dass viele Gläubige
sagen würden, dass sie sich in einer derartigen geistlichen Frische befänden,
wie sie es wünschten. Graben redet von Übung und Fleiß der Seele. Und dann wird
auch das anerkannt, was in der Vergangenheit geschehen ist.
Isaak erkannte an, dass Abraham Brunnen
gegraben hatte, und so haben auch wir die Brunnen geistlicher Erfahrung zu
beachten, die uns durch die geistliche Tatkraft und Arbeit von Männern des
Glaubens erschlossen wurden. Es ist eine wirkliche Übung, den Segen keines der
Brunnen, die je gegraben wurden, zu verlieren.
Es kann nun eintreten, dass wir unser
Augenmerk auf irgendwelchen Dienst richten und doch keinen Nutzen davon haben.
Der Dienst sagt uns, was wir haben können, er gleicht einem Wegweiser. Aber du
musst dann jeden Schritt des Weges auf deinen eigenen Füßen gehen. Wir gelangen
nicht dadurch an einen Ort, dass wir den Wegweiser anschauen.
Abraham stellt die Übungen des Glaubens am
Anfang dar, und Isaak die am Ende. Wir sollten darüber geübt sein, den Segen
alles dessen zu haben, was uns durch des Herrn Gnade und die Arbeit geistlicher
Männer gesichert worden ist. Zur Zeit der Reformation haben Männer daran
gearbeitet, verschüttete Brunnen auszugraben, und seitdem sind gar manche noch
kostbarere und erfrischendere Brunnen gegraben worden, und wir sollten es uns
angelegen sein lassen, den Nutzen all dieser geistlichen Arbeit zu erlangen.
Isaak hatte zu lernen, dass, solange er in
Gerar blieb, jeder Brunnen ein Anlass zu Streitigkeiten wurde. Wenn es dir um
geistliche Erfrischung zu tun ist, und du bist nicht von Gerar fortgezogen, so
wird jeder Brunnen ein Anlass zum Streit.
Als Isaak fortgezogen war, wurde ihm das
zuteil, was man im Neuen Testament eine „geöffnete Tür“ nennt (Offb. 3,
8), nämlich Raum (V. 22). Wenn Christen geistliche Erfrischung und
Hilfe haben wollen, und auch Freiheit, sie zu genießen, so müssen sie sich von
der Verwirrung der religiösen Welt zurückziehen. Solange sie in Gerar sind, wird
jeder Brunnen nur eine Quelle von Streitigkeiten. Dort gibt es keine für den
friedlichen Genuss geistlicher Güter geeigneten Zustände!
Viele haben das erfahren: sie brauchten
geistliche Hilfe, und jedes bisschen, was sie bekamen, wurde eine Ursache zu
Streit, und so mussten sie sich Schritt für Schritt zurückziehen, bis sie
verstanden, dass sie all diesen Verhältnissen ganz fernzustehen hatten, und dann
kamen sie an einen Ort, wo für den Geist Gottes Raum war.
Durch das Erbarmen Gottes gibt es einen
Ort, wo Freiheit für den Geist ist. Das ist es im Großen und Ganzen, was die
Heiligen in den letzten neunzig Jahren erfahren haben. Sie lernten eine Stätte
der Absonderung von der religiösen Welt kennen, wo sie die Erfrischung des
Geistes genießen konnten.
Dann kommt Isaak nach Beerseba, und Jehova
erscheint ihm, und er erlangt den Eidesbrunnen. Er hat sein Zelt, seinen Altar
und seinen Brunnen, d. h. er steht dem Bilde nach im vollen Genuss seines wahren
Platzes in Beziehung zu Gott.
Es ist etwas Großes, sich zu Rechoboth zu
befinden. Das ist es, was wir in 2. Timotheus haben. Dort wird uns der Pfad der
Absonderung gezeigt, und dass wir von der Ungerechtigkeit abzustehen haben,
sogar wenn sie unter denen gefunden wird, die den christlichen Namen tragen. Wir
haben nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen zu streben, die den
Herrn anrufen aus reinem Herzen (Kap. 2, 19 u. 22).
Das ist es, was Rechoboth entspricht. Es
bedeutet „Breitwege“, und weist auf einen Pfad des Glaubens hin, wo Raum für den
Geist ist. Es ist in geistlicher Hinsicht ein weiter Platz, nichts Enges oder
Sektiererisches ist damit in Verbindung. Aber nach außen hin ist es ein enger
Pfad. Die Folge davon, dass man sich dort aufhält, ist, dass der Glaube bald
hinauf nach Beerseba zieht.
Dass Isaak wieder in eine rechte Stellung
kam und das, was dieser eigen war, genoss, rief sogar Anerkennung bei den
Philistern hervor. Sie mussten bekennen: „Wir haben deutlich gesehen, dass
Jehova mit dir ist“ (V. 28). Auch wir sollten das erwarten, nämlich die
Anerkennung, dass Gott mit Seinen Heiligen ist. Das Endergebnis von allem wird
sein, dass die Nationen anerkennen müssen, dass Gott mit Seinem Volke Israel
ist.
Doch alles das haben wir jetzt schon im
Voraus in der Kirche. Wenn Christen in Liebe wandeln und die Vorrechte genießen,
zu denen Gott sie berufen hat, so wird die Welt anerkennen müssen, dass Gott mit
ihnen ist. Schließlich wird es die Macht des Herrn durchsetzen, dass jeder die
anerkennt, die Er anerkennt: „ich werde machen, dass sie kommen und huldigen
vor deinen Füßen und erkennen, dass ich dich geliebt habe“
(Offb. 3, 9).
Man hat gesagt, jede Haushaltung endet in
sittlicher Hinsicht da, wo sie begann. Die Kirche begann sehr herrlich, und mein
Eindruck ist, dass sie herrlich enden wird. Das Ende wird sein, „der Geist
und die Braut sagen: Komm!“ (Offb. 22, 17). Auf Seiten des bloßen
Bekenntnisses endet alles in Laodicäa, das Christus aus Seinem Munde ausspeien
wird. Doch auf Seiten des göttlichen Werkes wird alles darin enden, dass der
Geist und die Braut „Komm!“ sagen. Jeder Zug der Liebe, Hingebung und des
Gehorsams - alles, was die Kirche am Anfang kennzeichnete und sie verschönte -
wird am Ende wieder ganz zum Vorschein kommen. Gott wirkt in Tausenden von
Herzen, dieses zustande zu bringen.
In diesem Kapitel haben wir ein liebliches
Bild des Wiederauflebens. Isaak hat am Ende ein Zelt und einen Altar. Er erfreut
sich des Zugangs zu Gott, und er hat einen Brunnen, im Bilde die Erfrischung des
Geistes. Das alles ist ein schönes Bild von dem, was Gott tun kann, die Heiligen
wiederzubeleben.
Den Gegensatz sehen wir in Esau: Er
verachtete sein Erstgeburtsrecht, und sein Herz verband sich mit zwei
kanaanitischen Weibern. Isaaks Stellung am Ende des Kapitels können wir als eine
Wiederbelebung wie bei Philadelphia auffassen, in Esau aber sehen wir ein Bild
Laodicäas.
Wir sollten eifrig begehren, auf den Wegen
Philadelphias zu wandeln. Wir sollten uns zwar nicht anmaßen, Philadelphia zu
sein, sollten aber von ganzem Herzen danach trachten, es zu sein.
Kapitel 27 ist sehr betrübend, weil es uns
den niedrigen Zustand vor Augen stellt, in den Männer wahren Glaubens geraten
können. Der Mangel an Wahrnehmungsfähigkeit bei Isaak und der Betrug Jakobs, der
von Rebekka angestiftet und gefördert wurde, und der Mangel an Einsicht bei
Isaak, sogar dann, als er wirklich einen göttlichen Segen aussprach, alles das
ist betrübend und demütigend.
Das Kapitel zeigt Isaak außer Gemeinschaft
und betrogen. Es zeigt, wie Rebekka und Jakob, obschon besorgt, Jakob den Segen
Isaaks zu sichern, mit Betrügerei umgehen, dies zu erreichen.
Wenn so etwas bei Isaak und Jakob zum
Vorschein kam, und uns das berichtet wird, so dürfen wir gewiss sein, dass das
Zustände sind, in die das Volk Gottes auch zu anderen Zeiten geraten kann. Es
ist zu unserer Ermahnung niedergeschrieben (1. Kor. 10, 11). Das Einzige, was
seinen rechten Platz in dem Kapitel hat, ist die Segnung Jakobs. Sie konnte
nicht rückgängig gemacht werden.
Isaak scheint uns einen wahren Heiligen
darzustellen, der aber nicht gelernt hat, seine natürlichen Neigungen zu richten
und zu verleugnen. In Kap. 25, 28 lasen wir, dass Wildbret nach seinem Munde
war. Seine natürlichen Neigungen brachten ihn unter den Einfluss des verkehrten
Menschen, denn er liebte Esau, der ihnen Befriedigungen verschaffte. Und so kam
es dahin, dass er gänzlich versagte, der besonderen Wahrheit des Augenblicks zu
entsprechen. Und diese war Gottes Unumschränktheit, nach der der
Ältere dem Jüngeren dienen sollte.
Rebekka mit all ihren Fehlern hatte durch
Übungen gelernt, dass Gott unumschränkt sein musste, und dass der Ältere dem
Jüngeren dienen sollte, und so liebte sie Jakob. Doch Isaaks Zuneigungen waren
natürlicher Art und durch natürliche Neigungen beeinflusst, und so liebte er den
verkehrten Menschen: er stand unter dem Einfluss Esaus. Das ist eine Warnung für
uns.
Jakob wäre auch ohne Betrug gesegnet
worden, nach Gottes unumschränkten Vorsatz war ihm der Segen gewiss. Es bedurfte
daher keines erfinderischen Scharfsinns, keiner besonderen Pläne oder
Täuschungen auf Seiten Rebekkas und Jakobs, ihn zu sichern.
Jakob selbst hatte am Ende seiner Tage zu
lernen, seine Hände zu kreuzen. Was wir bei Jakob zu lernen haben, ist
Unumschränktheit. Und er lernte sie am Ende. Er legte seine linke Hand auf
Manasse und Joseph sagt gleichsam: Das ist verkehrt. Er aber sagte: O nein, ich
weiß, was ich tue. Er hatte die göttliche Unumschränktheit kennengelernt, und
das machte ihn zu einem Anbeter. Er ist der Einzige in Hebräer 11, der als
Anbeter erwähnt wird.
Es ist etwas Trauriges, wenn die Augen
eines Heiligen trübe werden. Man möchte sagen, dass in sittlicher Hinsicht
Isaaks Mangel an Wahrnehmungsvermögen darauf zurückzuführen war, dass er seinen
natürlichen Neigungen willfahrte. Jemand, der nie gelernt hat, seine natürlichen
Neigungen zu verleugnen, wird sicherlich durch das beeinflusst werden, was er
liebt, und kommt dadurch vom Willen Gottes ab. Was wir daher in diesem Kapitel
bei Isaak sehen, ist eine ernste Warnung. Sogar als er die Segnung aussprach,
geschah es ohne geistliche Einsicht.
Mose steht im Gegensatz dazu: Er hatte
gelernt, alles das zu verleugnen, was ihm von Natur anziehend gewesen sein
musste, nämlich eine hohe Stellung in Ägypten als Sohn der Tochter Pharaos. Er
hatte die Unumschränktheit kennengelernt, denn er hatte gelernt, dass eine Schar
verachteter Ziegeleiarbeiter das Volk Gottes war, ein Gegenstand Seiner
unumschränkten Wahl - und er wählte lieber, mit ihnen Ungemach zu leiden (Hebr.
11, 25). Er verleugnete seine natürlichen Neigungen und folgte seinen
geistlichen Neigungen, und so erlangte er geistliches Wahrnehmungsvermögen. Und
als das Ende seiner Laufbahn kam, waren seine Augen nicht schwach (5. Mose 34,
7), und er segnete in 5. Mose 33 Israel mit Einsicht.
Sogar Jakob sah in 1. Mose 49 klar, was
seinen Söhnen am Ende der Tage bevorstand. Er konnte von all der Verdrehtheit
und Verkehrtheit reden, die in ihrer Geschichte zum Vorschein kommen würde, und
auch von der Segnung durch die Rettung Jehovas. Isaak jedoch segnete ohne
Verständnis, da er betrogen wurde.
Als Isaak sagte: „er wird auch gesegnet
sein“ (V. 33), war er sich bewusst, dass der Segen zurückgezogen werden
konnte. Das ist die eine lichte Stelle im Kapitel 27, das eine, was Bestand hat:
„er wird auch gesegnet sein“, d. h. die Segnung nach der Auswahl kann
nicht zurückgezogen werden.
Wenn wir dies glaubten, brauchten wir keine
Pläne zu machen. Rebekka und Jakob waren zwei Plänemacher. Ihr Inneres war ein
seltsames Durcheinander. Sie hatten wahren Glauben an die Segnung Gottes, ein
wahres Verlangen, sie zu bekommen, aber einen großen Mangel wirklichen
Gottvertrauens. Es mag sein, dass sie an Isaaks Schwachheit dachten, und daran,
dass er Esau den Vorzug geben würde, aber sie trauten Gott nicht zu, Seinen
Vorsatz auf Seine Art durchzuführen. Was sie suchten, war gut, und in gewissem
Sinne verlieh Gott ihren Plänen Erfolg; aber um alles dessen und des Weges
willen, den sie einschlugen, das zu erreichen, kamen sie nur in Übungen, Kummer
und Zucht ihr ganzes Leben lang.
Es ist sehr selten, dass beim Plänemachen
der Menschen nicht etwas Betrug dabei ist, und in der Regierung Gottes zieht das
immer Zucht nach sich. Wenn wir die göttliche Unumschränktheit anerkennen, so
auch die göttliche Weisheit. Er ist nicht nur „wunderbar in seinem Rat“,
sondern auch „groß an Weisheit“ (Jes. 28, 29). Es ist besser, Ihm zu
vertrauen, dass Er alles auf die Ihm eigene vortreffliche Weise zustande bringt.
Wenn wir auf dem Wege Seines Willens sind, haben wir nicht nötig, Pläne zu
machen, damit wir etwas erreichen.
In diesem Zusammenhange ist es
beachtenswert, dass Jakob das irdische Volk darstellt, und gerade, was irdische
Dinge anlangt, sind die Heiligen geneigt, Pläne zu machen, um das zu erreichen,
was ihnen gut dünkt. Doch das trägt nichts zur Vermehrung des Guten bei (das
Gott uns geben will) und macht es auch nicht gewisser oder sicherer. Es hindert
nur das Herz daran, es als lediglich von Gott kommend zu erkennen und
hinzunehmen, bringt sie um die ruhe- und friedvolle Gewissheit, dass Seine Hand
es gewirkt hat, und dass nicht wir es zustande gebracht haben.
Jedes Täuschungsmittel wird sicherlich eine
kümmerliche Frucht haben. Sowohl Rebekka als auch Jakob litten manches lange
Jahr bitterlich daran, und soweit wir wissen, sah Rebekka den Sohn, den sie
liebte, niemals wieder.
Wir finden, dass wohl Isaak und Jakob in
dieser Weise segneten, aber keiner von Jakobs Söhnen. Abraham, Isaak und Jakob
waren große Segenshäupter, wie keine der Stammväter es waren. Die Segnung war
ihnen durch einen Bund verbürgt. Jakobs Söhne waren nicht Gefäße der Verheißung
wie diese drei: „der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs ...
Das ist mein Name in Ewigkeit, und das ist mein Gedächtnis von Geschlecht zu
Geschlecht“ (2. Mose 3, 15). Was Gott ist - Sein Name und Sein Gedächtnis -
kam in Beziehung zu diesen drei Männern ans Licht.
Es ist lehrreich zu sehen, in welchem
Zusammenhange mit Jakob Esau in Heb. 11, 20 erwähnt wird. Da sehen wir, dass
Gott sogar für Esau Segen hatte. Doch dieser schätzte sein Erstgeburtsrecht
nicht, und so kommt er schließlich um die Segnung. Wir können wohl sagen, er
wollte die Segnung ohne Den, von dem sie kam.
Esau war ein Ungöttlicher. Er schätzte die
Verheißungen nicht, die sonst ein Band zwischen seiner Seele und Gott gebildet
hätten. Er begehrte Segnung in Verbindung mit der Erde, schätzte aber das
Erstgeburtsrecht nicht, das ihn mit dem Ölbaum der Verheißung verbunden und ihm
ein Teil in Christo und allem, was Christus einführen würde, gesichert hätte. Er
brauchte das nicht, er brauchte irdische Segnungen, und diese allein. „Der Segen
Abrahams“ (Gal. 3, 4) war nicht nach seinem Geschmack, und am Ende der
Weissagung Isaaks haben wir eine Umdeutung, dass er sich als ein gesetzloser
Mann erweisen würde, denn da heißt es: „wenn du umherschweifst, wirst du sein
Joch zerbrechen von deinem Halse“ (V. 40). Er würde als gesetzlos erfunden
werden. Er war vom Beginn seiner Laufbahn an ungöttlich und sollte gesetzlos
enden. Und so geht er der Segnung verlustig, wenn alle Nationen der Erde
gesegnet werden. Er wird für immer abgeschnitten (siehe Ob. 10 u. 18, Mal. 1,
4).
Ein Leben der Frömmigkeit würde uns vor
Plänemachen und Betrügerei bewahren. Bringen wir Gott in alles? Wenn wir das
tun, so haben wir nicht nötig, in fleischlicher Weise Pläne zu machen und sie
durchzuführen.
Paulus‘ Planen in 1. Kor. 9 war ganz
anderer Art. Da sehen wir, dass die Gnade bis zu dem tiefsten Punkte
hinabsteigen wollte, um dem Sünder die Erkenntnis Gottes zu bringen. Das ist
kein Pläne machen und sie durchführen, um etwas für sich selbst zu erlangen, das
war ein göttliches Planen, die lautere Erwägung der Liebe zum Nutzen anderer. Es
ist, wenn man sich das vorstellen könnte, als ob Rebekka und Jakob geplant
hätten, den Segen Esaus zustande zu bringen!
In Kapitel 28 haben wir den Anfang von
Jakobs Leben der Zucht. Es beginnt damit, dass Isaak den Jakob ruft und ihn
segnet. Er hätte ihn tadeln können.
Es ist beachtenswert, dass zu Beginn des
Lebens der Zucht, unter der Jakob infolge seines Betruges mehr als zwanzig Jahre
zu leiden hatte, Gott nie auf diesen Betrug zu sprechen kam. Das steht im
Einklange mit dem, was Gott geredet hatte, ehe er geboren wurde. Nichts hatte
Seinen göttlichen Vorsatz geändert: „die Gnadengaben und die Berufung Gottes
sind unbereubar“ (Röm. 11, 29).
Jakob war in Wirklichkeit ein Flüchtling.
Er floh vor dem Zorn seines Bruders. Wohl haben wir hier im Bilde noch den
Gedanken, dass die Braut aus dem Geschlechte des Bräutigams sein musste, aber
was uns hauptsächlich entgegen tritt, sind Jakobs Erfahrungen fern vom Lande der
Verheißung. Das ist ein Bild von den Juden heutzutage [Anm.: Vortrag ist von
1919/1920). Sie sind flüchtig, außerhalb ihres Landes, werden als die für die
irdische Segnung Gottes Auserwählten betrachtet, leiden aber Seiner Regierung
nach unter den Folgen ihrer natürlichen Eigenart. Sie sind, was Selbstsucht und
Betrug anlangt, über die ganze Welt hin sprichwörtlich geworden. Doch Gott hat
Sein Auge auf sie gerichtet, und schließlich werden sie zurückgebracht werden.
Was dieses Kapitel so beachtenswert macht,
ist, dass es zeigt, wie Gott gerade zu Beginn des Wanderlebens und der Zucht
Jakobs ihm kundtat, dass er der Gegenstand der Fürsorge und Teilnahme des
Himmels und des Schutzes der Engel war, und dass Jehovas Vorsatz in Treue und
Gnade feststand. Er gedenkt mit keinem Worte der Vergangenheit Jakobs oder auch
nur einer seiner Verkehrtheiten. Darin zeigt sich Gottes Unumschränktheit genau
so, wie in dem, was Er geredet hatte, ehe Jakob geboren war. Damals hatte er
noch nichts Böses getan. Doch nun, wo sein Wesen ans Licht gekommen war, änderte
es Gottes Vorsatz durchaus nicht. Er hat gesagt: „ich, Jehova, ich verändere
mich nicht; und ihr, Kinder Jakobs, ihr werdet nicht verzehrt werden“ (Mal.
3, 6).
Wenn wir heute auf die Kinder Jakobs
blicken, welch eine Geschichte des Abweichens und der Schlechtigkeit sehen wir
da! Doch sie sind „Geliebte um der Väter willen“ (Röm. 11, 28), und die
Väter wurden geliebt, weil es Jehova in Seiner Unumschränktheit erwählte, sie zu
lieben.
Und wenn wir heute auf die Heiligen
blicken, nach dem, was sie ihrer Jakobsnatur nach sind, wie vieles kommt da ans
Licht, was nicht in Übereinstimmung mit der himmlischen Berufung ist! Wie vieles
steht da überhaupt nicht im Einklange mit Gottes Hause!
Jakob fühlte, dass dies bei ihm nicht der
Fall war, doch Gott wendet Sich an Sein Volk von Seinem eigenen Standpunkte aus,
dem eines Vorsatzes und einer Gnade, die ihnen in Christo Jesu vor den Zeiten
der Zeitalter gegeben war (2. Tim. 1, 9). Da hatten wir weder Gutes noch Böses
getan, so dass, wenn wir einen Platz in Seinem Vorsatz hatten, dies gänzlich der
Unumschränktheit Seiner Liebe gemäß sein musste, und nichts, was sich danach
ereignet, wird oder kann daran etwas ändern.
Jakob wurde das Land gegeben, ein zahlloser
Same sollte es besitzen, und Gottes Treue verpflichtete sich, ihn überall zu
behüten und in das Land der Verheißung zurückzubringen. Jehova sprach: „ich
werde dich nicht verlassen, bis ich getan habe, was ich zu dir
geredet habe“ (V. 15).
Wie lernen wir daran die Gnade und Treue
des Gottes erkennen, mit dem wir es zu tun haben, und obendrein auch die wahre
Quelle der Sicherheit aller unserer Segnung! Dazu ihre Eigenart, und da sie
durchaus von Gott geplant und beschlossen ist, so kann sie nie vermindert oder
verkürzt werden.
Sie wird nie so weit erniedrigt, dass sie
den Gedanken des Gläubigen oder seinem geistlichen Zustande entspricht. Der
Gläubige muss vielmehr zu ihr in all ihrer Fülle und Kostbarkeit kommen. Von
Jakob wird noch gesagt werden: „Was hat Gott da gewirkt!“ (4. Mose 23,
23).
Man könnte sagen: Weshalb wird alles das
einem Menschen angeboten, dessen Laufbahn Gottes so unwürdig war, und der sich
augenscheinlich so ganz und gar nicht im Einklange damit befand? Nun, wenn die
Gnade einen Menschen nicht demütigt und unterwürfig macht, was dann?
In dem Maße, wie Gott gekannt wird und
einen Platz im Herzen des Menschen erhält, wird auch das rastlose Fleisch
unterworfen. Sieh, wie Gott der Fleischlichkeit der Korinther und der
Gesetzlosigkeit der Galater gegenüber handelte! Tut Er ihnen beiden nicht Seinen
eigenen Vorsatz und Seine Gnade kund und macht die irregeleiteten Heiligen mit
ihrem Anteil daran bekannt?
Des Menschen Art würde sein, dies und jenes
richtig zu stellen und gegen den offenkundigen geistlichen Mangel und das
Abweichen einzuschreiten. Gottes Weg aber ist es, dem Glauben und den
Zuneigungen Seiner armen Heiligen Sich Selbst und alle Seine Gnade in Christo zu
bringen und Seine unfehlbare Treue, um sie dadurch aus den inneren Tiefen ihres
Seins heraus wiederherzustellen.
Er wollte alles von Grund aus heilen und
kein oberflächliches Werk tun. Wenn Gottes erkannte Gnade und Treue das Herz
füllt, so ist die beste Sicherheit gegen jedes Eindringen der Welt und des
Fleisches gegeben. Können wir nicht erkennen, dass solch eine Handlungsweise
Gottes würdig und in der Tat der einzig wahre Weg der Bewahrung und
Wiederherstellung ist?
Bei Jakob war es, wie es so oft ist: Er
entsprach dem Gesichte, das ihm die Gnade offenbarte, nicht mit freudigem
Herzen. Wohl erkannte er an, dass „dieser Ort ... nichts anderes als Gottes
Haus“ war, doch er fühlte sich dort nicht heimisch, „er fürchtete sich“
(V. 17).
Jemand, der in fleischlicher Weise Pläne
gemacht und eine natürliche Tätigkeit entfaltet hat, fühlt sich in der heiligen
Luft des Hauses Gottes ganz und gar nicht am Platze. Mehr als zwanzig Jahre
Zucht waren erforderlich, ihn zuzubereiten, in Einsicht und sittlicher
Übereinstimmung zu diesem Hause zurückzukehren.
Doch es ist oft Gottes Weg, einer Seele von
Anbeginn einen göttlichen Eindruck davon zu geben, wohin Er sie bringen will. So
verbleibt ein Eindruck im Herzen, an den Gott anknüpfen kann, um Sein Wert
fortzusetzen. Er sagt daher in Kap. 31, 13: „Ich bin der Gott von Bethel...“.
Gott hatte dieses Gesicht nicht vergessen, und auch Jakob nicht, und so konnte
Gott auf den Eindruck hin, der auf Jakobs Seele gemacht worden war, weiter
wirken.
Das war der Ort, an den Gott mit Bezug auf
Jakob dachte, und Er gab Jakob das zu verstehen. Gott hatte Sich ihm da in Gnade
und Treue kundgetan, und das kennzeichnet Sein Haus.
Jakob sprach: „dieser Stein... soll ein
Haus Gottes sein“ (V. 22). Es ist ein Grundsatz, dass das, was Gott uns
gibt, um darauf zu ruhen, unser Zeugnis wird. Das Kopfkissen wird zu einer
Denksäule. Gottes Gnade und Treue war es, die Er Jakobs Haupte zu einem Ruheort
gab! Worauf du ruhst, wird dein Zeugnis.
Die Leiter deutet auf eine Verbindung
zwischen Himmel und Erde. Anstatt dass der Himmel weit entfernt ist, ist er sehr
nahe. Gott versicherte Jakob, dass er der Gegenstand der Anteilnahme und
Fürsorge des Himmels war.
Du kannst jedem armen Gläubigen sagen, der
so verdreht wie Jakob ist: „Du bist der Gegenstand der Fürsorge des Himmels, und
die Engel haben auf dich Acht! Dienstbare Geister sind ausgesandt, für dich zu
sorgen, und du brauchst dich vor nichts zu fürchten“.
Das Haus ist Gottes Wohnstätte hienieden,
und der Himmel ist nicht weit davon. Der natürliche Mensch denkt, er ist weit,
aber Jakob lernte, dass er nahe war, und dass seine Pforte hier auf Erden ist.
Damit in Verbindung steht ein Gedanke, der
mit dem Tausendjährigen Reiche zusammenhängt. Wir haben hier nämlich einen
Hinweis auf den Tag der Zukunft, wo „die Engel Gottes auf- und niedersteigen
auf den Sohn des Menschen“ (Joh. 1, 51). Dann werden die Himmel „die Erde
erhören“ (Hos. 2, 21). Der Himmel wird sehr nahe sein. Das wird im
Tausendjährigen Reiche geschehen.
Doch wenn wir wissen, was es ist, im Hause
Gottes zu sein, so ist es nicht nur nahe, sondern wir sind in seinem Tore. Engel
steigen auf und nieder, ihr Ort des Dienstes ist hienieden. Sie sind hier, wo
die Heiligen sie brauchen. Der Prophet Elisa sagte: „öffne doch seine Augen,
dass er sehe!“, und dann sah der Knabe, dass der Berg voll feuriger Rosse
und Wagen war (2. Kö. 6, 17). Sie fahren auf und berichten, was sie getan haben,
dann kommen sie in diese Welt zurück. Sie kommen nicht nur hernieder und gehen
dann wieder hinauf, sie sind im dienstlichen Auftrage hier und gehen dann wieder
hinauf, darüber zu berichten.
Im Tausendjährigen Reiche wird die
Glückseligkeit des Himmels einen Widerhall in der Glückseligkeit der Erde
finden. Dann wird Gottes Wille auf Erden ebenso wie im Himmel getan werden. Erde
und Himmel werden einander sehr nahe sein. Die Art der Zustände auf Erden wird
die nämliche sein wie im Himmel.
Die Mitteilungen der Gnade führten dahin,
dass ein bestimmter Punkt in der geistlichen Geschichte Jakobs erreicht wurde.
Die Errichtung des Denkmals stellt das dar. Er stand nicht auf der Höhe der ihm
entgegengebrachten Gnade, er fühlte sich nicht in ihr zu Hause. Doch sie
hinterließ einen Eindruck in seiner Seele: Er erkannte an, dass die Gnade, in
der Gott zu ihm geredet hatte, hienieden in einem Zeugnis in der Kraft des
Heiligen Geistes bewahrt werden sollte.
Ich darf wohl behaupten, dass einige von
uns wissen, was es heißt, ein Denkmal zu errichten. Wir haben erkannt, dass
gewisse Dinge als Licht von Gott in unsere Seelen gekommen sind, und dass ein
wahres Zeugnis damit in Verbindung stand. Wenn du einmal etwas als von Gott
erkennst, und dass du dem treu sein solltest, so wird es nie recht mit dir
stehen, du wirst nie glücklich sein, bis du zu dem Punkte zurückkehrst.
Als Jakob nach Bethel zurückkehrte, fügte
er noch ein Trankopfer hinzu. Er befand sich dann im Einklange mit dem Orte und
genoss göttliche Freude, so dass etwas für Gott vorhanden war. Jakob war über
zwanzig Jahre fern von Bethel, er sagte zu Laban: „Zwanzig Jahre bin ich nun
in deinem Hause gewesen“ (Kap. 31, 41 u. 38). Es war eine Geschichte voller
Enttäuschung und Verdruss, und er war nie glücklich, bis er an den Ort
zurückkam, wo er das Denkmal errichtet hatte.
Der Herr wandte sich mit den Worten an
Israel: „Ich habe dir gedacht die Zuneigung deiner Jugend, die Liebe deines
Brautstandes“ (Jer. 2, 2). Er redete damals zu ihnen, wie Er hier zu Jakob
redete. Er hatte das nie vergessen, und Er wird sie dahin zurückbringen.
Er brachte Jakob zurück, und Er wird uns zu
dem Punkte zurückbringen, wo wir das Denkmal errichtet haben. Jeder Gläubige hat
zu dem besten Punkte, den er in der Geschichte seiner Seele vor Gott erreicht
hat, zurückzukehren. Die Treue Gottes ist unablässig bemüht, dies zustande zu
bringen.
Jakobs Gelübde, so armselig es auch war,
bekundete, dass er ein Bewusstsein davon hatte, dass Gott eine Stätte und ein
Teil haben sollte, und dass Gott dieses Ziel vor Sich haben musste. Sein Gelübde
band ihn, das zu fördern. Gott hat das nie vergessen. In einem Gelübde kommt zum
Ausdruck, dass etwas für Gott, d. h. Ihm geweiht, sein sollte.
Kapitel 35 gibt uns das Endziel, wohin
Jakob in all diesen Tagen geführt wurde. Von Kapitel 29 an haben wir seine
Geschichte und Erfahrungen in Paddan-Aram.
Zweifellos ist diese Geschichte ein Bild
von der Lage Israels, fern vom Lande ihres Erbteils und ohne einen Altar. Sie
haben die Folgen ihres Verhaltens zu tragen und ernten die Frucht ihrer
natürlichen Eigenart und ihres Unglaubens.
Auf Seiten Jakobs ist das eine traurige und
demütigende Geschichte, doch auf der anderen Seite sehen wir Jehovas Treue und
Gnade, und Seine Fürsorge. Gott verlässt ihn nicht, sondern handelt mit ihm und
übt ihn. Er redet mit ihm und schützt ihn immer wieder, bis er schließlich nach
zwanzig Jahren bereit ist, zum Platze der Segnung, d. h. nach Bethel,
zurückzukehren.
Obwohl das alles ein Bild von Israel ist,
so hat es auch eine Anwendung auf die Heiligen der Gegenwart, weil dieselben
Zustände des Unglaubens und der Schwachheit oft bei dem Volke Gottes zu finden
sind, und das ähnliche Übungen und Zucht mit sich bringt.
Es ist ferner gesegnet, zu wissen, dass der
Gott Jakobs unser Gott ist, und dass Er nie von der Ihm eigenen Gnade und Treue
abgeht. Andererseits ist es ernst, daran zu denken, dass ein Heiliger so lange
Zeit ohne einen Altar ist. Jakob hatte die ganze Zeit,
da er in Paddan-Aram war, keinen Altar, und er stand in Verbindungen, wo man dem
Götzendienst huldigte.
Was heute dem Altar entspricht, ist die
Gelegenheit, priesterliche Beziehungen zu Gott zu haben. Der Heilige hat das
Vorrecht, in priesterlichen Beziehungen zu Gott zu stehen, und dies, was ihn
selbst anlangt, seinen Haushalt, Gottes Werk des Evangeliums und was sonst noch
mit Gottes Zeugnis in Verbindung steht. Es ist sein Vorrecht, über das alles
priesterlichen Zugang zu Gott zu haben.
Viele Heilige kennen das ihres Zustandes
und ihrer Verbindungen wegen nicht. Die Verbindungen Paddan-Arams waren durch
Götzendienst befleckt. Priesterliche Nähe Gott gegenüber konnte deshalb nicht
gekannt werden. Laban hatte geschnitzte Bilder in seinem Hause, und Rahel stahl
sie, und so kamen sie in das Haus Jakobs, und er ward dadurch befleckt. 1. Kor.
10, 21 warnt uns, wir können nicht des Tisches des Herrn teilhaftig sein und des
Tisches der Dämonen.
Jakob wird von allem Anfang an als einer
angesehen, der die Auserwählten Gottes darstellt, und ich denke, dass sich
vorher in ihm Glaube gezeigt hatte, denn er verlangte nach der Segnung Gottes.
Er hatte eine Glaubensübung, derzufolge er wesentlich von Esau verschieden war.
Er war im Bilde der Auserwählte Gottes, und sein Herz war auf Gottes Segnung
gerichtet, wenn auch zweifellos sehr mit menschlicher Schwachheit, Selbstsucht
und Unglauben vermischt. Aber es war etwas Glaube vorhanden, der darauf
gerichtet war und danach verlangte, im Erstgeburtsrecht und in der Segnung zu
stehen.
Esau dagegen lag nichts am
Erstgeburtsrecht, er war ungöttlich und nachmals gesetzlos, und am Ende sehen
wir, dass Edom für immer zerstört wird.
Jakobs Geschichte war ganz verschieden: Sie
begann mit der Auserwählung Gottes, und er verfolgte die Richtung des Glaubens,
wenn auch vermischt mit vielen Beweggründen und Dingen, die mit dem Glauben
unvereinbar sind, und schließlich beschloss er seine Laufbahn als Anbeter.
Es ist wichtig zu sehen, dass Gott Sich dem
Jakob von Anbeginn verpflichtet hatte. Die Wahrheit der Auserwählung tritt uns
da entgegen. Sie macht einen hervorragenden Zug in Jakobs Geschichte aus.
Aus Jakobs Erfahrungen in Paddan-Aram
lernen wir im Bilde, dass die durch Lea dargestellten Nationen zuerst kommen und
vor Rahel fruchtbar sind, obschon diese, wie Israel, zuerst geliebt wurde.
In den Namen der Söhne Leas haben wir einen
Hinweis auf die Art der Frucht, die nun unter den Nationen gebracht wird. Da
haben wir solche, die durch Sohnschaft gekennzeichnet werden (Ruben - „Sehet ein
Sohn“); sodann den persönlichen Verkehr mit Gott im Vertrauen auf Ihn, in dem
Bewusstsein, dass Er hört (Simeon - „Erhörung“); die Einheit in dem einen Geiste
und durch das Verbundensein miteinander in Liebe (Levi - „Vereinigt“); Preis
(Juda); reichliche Entschädigung für irgend etwas Aufgegebenes (Issaschar - „Es
gibt Lohn“); und schließlich das Wohnen göttlicher Personen (Sebulon -
„Wohnung“). (Kap. 29, 32 - 35; 30, 18 - 20)
Dann wurde Joseph von der Rahel geboren,
er, der ein so treffendes und wohlbekanntes Bild von Christo, dem Geliebten des
Vaters war, der aber von seinen Brüdern verworfen und unter den Nationen erhöht
wurde.
In Kap. 31, 3 sagt dann Jehova zu Jakob:
„Kehre zurück in das Land deiner Väter“, und in Vers 13: „Ich bin der
Gott von Bethel, wo du ein Denkmal gesalbt, wo du mir ein Gelübde getan hast.
Nun mache dich auf, ziehe aus diesem Lande und kehre zurück in das Land deiner
Verwandtschaft“. Jakob konnte den Eindruck, den er zu Bethel bekommen hatte,
nie loswerden. Gott brachte ihn hervor und konnte Sich darauf berufen.
So ist es oft bei den Heiligen: Gott bringt
bestimmte Eindrücke hervor, aufgrund derer Er wirken, und auf die Er anspielen
kann. Manchmal dauert es lange Jahre bei uns, ehe wir den Segen eines göttlichen
Eindrucks auf unsere Seelen empfangen.
Israel sang am Roten Meere, als ob es im
Lande wäre. Solch einen Eindruck hatten sie darüber empfangen. Sie sprachen:
„es verzagten alle Bewohner Kanaans“ (2. Mose 15, 15), und sahen sich auf
den Berg des Erbteils Gottes verpflanzt (V. 17). Die Wirklichkeit dessen aber
lernten sie vierzig Jahre lang nicht kennen.
In Kap. 32,1 finden wir dann Jakob nach
zwanzig Jahren der Schererei und Enttäuschung auf seinem Wege zurück, und Engel
Gottes begegneten ihm, d.h. er empfing ein besonderes Zeichen der Fürsorge
Gottes. Gott stärkt und ermutigt immer den Glauben, der auf dem rechten Wege
ist. Jakob nannte den Ort Machanaim, d.h. „Zwei-Lager“, doch er verstand die
Ermutigung, die Gott ihm dadurch geben wollte, nicht recht. Denn wenn er die
zwei Lager der Engel vor sich gehabt hätte, so würde er nicht an die zwei Lager
von Vers 7 gedacht haben.
Wenn man in einem schlechten Seelenzustande
ist, so bringen nicht einmal göttliche Ermutigungen unsere Befürchtungen zum
Schweigen. Wir finden, dass Jakob Gott um Befreiung anrief und sich auf Dessen
Verheißungen berief, aber dabei war er voller Furcht und voller Pläne. Die Engel
waren eine göttliche Ermutigung. Sie bedeuteten soviel wie: Du hast nichts zu
fürchten. Gehe geradewegs nach Bethel.
Was waren Esau und vierhundert Mann gegen
zwei Heerlager Engel? Jakob musste lernen, dass all sein Pläne machen zwecklos
war. Er musste mit all seiner Weisheit zu Ende kommen und musste lernen, dass er
nur auf Gott zu warten und auf nichts anderes zu vertrauen habe. Gott hatte
einen Rechtsstreit mit Jakob, Ihm lag daran, diesen das wahre Geheimnis
göttlicher Kraft zu lehren. Das Ende war, Jakob wurde allein gelassen, und Gott
rang mit ihm.
Hosea 12, 3 - 5 ist sehr lehrreich, indem
es zeigt, wie Gott die Nutzanwendung daraus für Israel am Tage der Zukunft
zieht. Sie schauten nach dem und jenem um Hilfe aus, gerade wie Jakob. Gott sagt
gleichsam zu ihnen: Ihr schließt einen Bund mit Assyrien und bringt Öl nach
Ägypten. Ihr habt alle möglichen Versuche gemacht, unabhängig von mir zu sein.
Denken wir jedoch daran, wie Jakob gesegnet
wurde: Er musste mit all seinem Pläne machen zu Ende kommen und überwand durch
Weinen und Flehen.
Jakob musste von Angesicht zu Angesicht
Gott gegenüberstehen und lernte da seine äußerste Schwachheit. Doch er lernte
auch, dass Schwachheit und Abhängigkeit einen bei Gott in den Platz der Kraft
bringen. Aber dann hatte er an dem Bewusstsein seiner Schwäche sein ganzes Leben
lang zu tragen, „er hinkte an seiner Hüfte“ (Kap. 32, 31). Er war ein
Krüppel bis zum Ende seiner Tage.
Doch Pniel war nicht der Ort, der im
Mittelpunkt der Gedanken Gottes stand, und deshalb empfing Jakob daselbst keine
Offenbarung des Namens Gottes. Seine Verbindungen waren auch derart, dass dies
unmöglich war, denn in seinem Hause wurde den Götzen gedient. Darauf ist es
aller Wahrscheinlichkeit nach zurückzuführen, dass er in Sukkoth blieb und dort
ein Haus baute und ein Feld kaufte. Er schreckte vor den heiligen Anforderungen
Bethels zurück. Shalem (sicher) machte nicht die Ansprüche hinsichtlich all der
geheimen Dinge wie Bethel (Nach anderer Lesart kann Kapitel 33, 18 lauten:
„Jakob kam nach Shalem, der Stadt Sichems“.)
Es ist wahr, Jakob hatte dort einen Altar,
den er in Paddan-Aram nicht hatte, aber es war kein besonders erhabener Altar.
Er nannte ihn „El-Elohe-Israel“, d.h. „Gott, der Gott Israels“. Wie viele haben
einen solchen Altar! Sie denken an Gott in Beziehung zu sich selbst. Aber Gottes
Gedanke ist, in Verbindung mit Seinem Hause gekannt zu sein. Er ist „El-Bethel“,
d.h. „der Gott des Hauses Gottes“ (Kap. 35, 7). Es ist Gottes Gedanke, Sich
Selbst in Beziehung zu Seinem eigenen Kreise bekannt zu machen und uns daselbst
einen Platz und ein Teil zu geben.
Wenn wir auf dem Wege zu dem stehen
bleiben, wohin Gott uns haben will, so muss Er uns oft erst in Bedrängnis
bringen, um uns aus unseren Nestern aufzuscheuchen. Kapitel 34 ist das
Aufscheuchen Jakobs aus seinem Neste zu Shalem. Er wurde den Bewohnern des
Landes stinkend gemacht. Das ist ein starker Ausdruck (Kap. 34, 30). Es bedurfte
einer solchen Zucht, um ihn auf die Berufung von Kap. 35, 1 vorzubereiten. Diese
lautet: „Mache dich auf, ziehe hinauf nach Bethel und wohne daselbst, und
mache daselbst einen Altar dem Gott, der dir erschienen ist, als du vor deinem
Bruder Esau flohst“.
Tatsache war, obwohl Jakob zu Pniel Gott
von Angesicht zu Angesicht gegenüber gestanden und gelernt hatte, wie er bei
Gott obsiegen konnte, um gesegnet zu werden, so waren doch seine Verbindungen
nicht gereinigt worden. Sein Haus war nicht frei von Beziehungen zum
Götzendienste, und die Erkenntnis dessen hielt ihn von Bethel zurück.
Wenn wir in Paddan-Aram gewesen sind, so
bringen wir Dinge mit, die ganz und gar unpassend für Bethel sind. Das ist das
Geheimnis, weshalb viele Leute Bethel nicht erreichen - sie sind sich dessen
bewusst, dass vieles anders werden müsste, wenn sie es mit Gott in Dessen
eigenem Hause zu tun hätten, und sie sind nicht bereit, manches fahren zu
lassen.
Die Korinther hatten Beziehungen zu Götzen,
und dies, wie auch anderes, hinderte ihr Wachstum. Sie waren nur Säuglinge, und
es konnten ihnen keine Kostbarkeiten anvertraut werden.
Zu Pniel, zur Zeit seines Ringens mit Gott,
empfing Jakob einen neuen Namen, einen Ehrentitel. Aber er benahm sich nicht
diesem Titel entsprechend, bis er in Bethel gewesen war. Dann lesen wir ganz zum
ersten Male „Israel brach auf“ (V. 21), d.h. er zog in der
Würde seiner Stellung vor Gott weiter. Dahin gelangen wir aber nur zu Bethel.
Ich denke nicht, dass es möglich ist, mit
Gott voranzugehen, getrennt von dem Bewusstsein, was Gottes Haus ist. Gott kann
mit uns sein, wie Er mit Jakob war, der der Gegenstand Seiner Zucht, Fürsorge
und Seines Schutzes die ganze Zeit hindurch war, denn Er hatte gesagt: „ich
werde dich nicht verlassen“ (Kap. 28, 15). Doch es ist eine
Sache, dass Gott in Gnade und Treue mit mir ist, und eine
andere, dass ich mit Gott in Heiligkeit bin.
Sowie Bethel vor Jakobs Seele kam, war er
ein ganz anderer Mann. Sichem ist ein sehr guter Ort! Da taten sie die Ohrringe
und fremden Götter, kurz alles, was in Verbindung mit Götzendienst stand,
hinweg, „und Jakob vergrub sie unter der Terebinthe, die bei Sichem ist“
(Kap. 35,4).
Sichem ist der Ort, wo Josua sagte: „Ich
aber und mein Haus, wir wollen Jehova dienen!“ (Jos. 24, 15). Es ist der Ort
rückhaltloser Entscheidung.
Josua war zu Sichem ein Mann. Er hatte sich
entschlossen, einen ganz bestimmten Weg zu gehen, und tat das anderen
unmissverständlich kund. Als Jakob nach Sichem kam, wurden die Bilder und alles
andere zu Füßen des Baumes gebracht. Der Baum scheint auf das Kreuz hinzuweisen.
Wenn wir unsere Götzen zu Füßen des Kreuzes
lassen, dann stehen wir in leichter Marschordnung da. Viele Christen haben so
viel Gepäck, so viele Teraphim bei sich, dass sie nicht von der Stelle kommen!
Als Jakob nach Bethel kam und den Stein
gesalbt und ein Trankopfer gebracht hatte (V. 14), heißt es in Vers 21: „Und
Israel brach auf“, er brach auf in der Würde seines neuen Namens. von Bethel
war es nicht weit nach Ephrath, das ist Bethlehem, wo Christus zur Welt kam.
Dort stirbt Rahel (V. 19), ein Bild vom Dahinscheiden Israels, doch Benjamin
betritt da den Schauplatz - der Sohn der Rechten des Vaters - ein Bild von
Christo, durch den Gottes Macht das Reich errichten wird, nachdem Israel
gänzlich versagt hatte.
Als nun Jakob Bethel erreicht hatte, brach
er im Lichte des Hauses Gottes auf. Er beginnt eine neue Laufbahn und bewegt
sich in der dem Hause Gottes eigenen Würde. Wir sehen im 1. Timotheusbriefe,
dass sich die Heiligen in der Würde des Hauses Gottes zu bewegen haben: Die
Männer sollten durch Gebet gekennzeichnet sein, und die Weiber durch
bescheidenes Äußeres. Ein Mann des Gebets ist vor Gott ein Mann, der in wahrer
Würde steht. Nichts verleiht einem Manne eine solche Würde wie das Gebet.
Stellen wir uns vor, dass ein Geschöpf eine
solche Stellung inne hat, dass es frei zu Gott reden kann, sogar beim Danksagen
für Speise! „Jedes Geschöpf Gottes ist gut, und nichts verwerflich, wenn es
mit Danksagung genommen wird; denn es wird geheiligt durch Gottes Wort und
freies Sich-an-ihn-wenden“ (1. Tim. 4, 4 u. 5). Wie wunderbar, dass wir hier
in der Würde stehen, uns frei zu Gott wenden zu können. Er hat zu mir in Seiner
Gnade und Liebe geredet und mich auf so vertrauten Fuß mit Ihm Selbst gestellt,
dass ich mich frei an Ihn wenden kann!
Ich fasse das als die wahre Würde des
Mannes auf. Es würde eine hohe Würde bedeuten, wenn wir uns jederzeit frei an
einen König wenden könnten, wie viel mehr an Gott! Es ist dies die Würde des
Priesters, eine heilige Würde. Sie gehört einem im Schmucke der Heiligkeit.
Jakob sprach zu seinem ganzen Hause, dass
sie die fremden Götter hinwegtun, sich reinigen und ihre Kleider wechseln
sollten (V. 2). Sie hatten im Schmucke der Heiligkeit dazustehen, nichts anderes
geziemte dem Hause Gottes.
Reinheit und Heiligkeit sind dem Hause
Gottes eigen. Jakob sagt jetzt nicht: „Wie furchtbar ist dieser Ort!“
(Kap. 28, 17). Er hat hier ein Trankopfer, das von Freude redet. Er
richtete sein Denkmal auf und befand sich im Einklang mit seinem Tun (Kap. 35,
14). In Kapitel 28 hatte er etwas von der Wesensart Gottes kennengelernt, aber
er stand nicht im Einklange damit, hatte daher auch kein Trankopfer. Er
war nicht glücklich und so konnte Gott in Wahrheit auch kein
Wohlgefallen haben.
Versöhnung bedeutet, dass nichts das
Wohlgefallen Gottes stört. Wenn ich mich wirklich im Segen der Versöhnung
befinde, so würde nichts als Christus in mir gesehen werden. Das ist das rechte
Kleid, das im Hause Gottes zu tragen ist. Wenn die Heiligen dem 1.
Timotheusbriefe gemäß wandelten, so würde nur Christus in ihnen gesehen werden.
Dann würde Gott Wohlgefallen haben, und es würde auch ein Denkmal da sein.
Die Versammlung des lebendigen Gottes ist
das Denkmal oder der Pfeiler des Zeugnisses in dieser Welt über das wahre Wesen
Gottes (1. Tim. 3, 15; das Wort für „Pfeiler“ in dieser Schriftstelle und das
für „Denkmal“ oder Denksäule in Kap. 35, 14 ist im Englischen das gleiche).
Bedenken wir, was es heißt, wenn die
Heiligen frei von jedem Einfluss des Götzendienstes geworden sind und alles, was
ihrer Eitelkeit und ihrem Stolze dient, hinweggetan haben, und in neuen
Kleidern, d.h. in der sittlichen Wesensart Christi, dastehen! Welch ein Zeugnis
würde das sein! Dieser Gedanke liegt Bethel zugrunde. Dann ist etwas für Gott
da, ein Trankopfer, das Zeugnis davon, dass Jakob glücklich war, dort zu sein.
In Jakobs Geschichte gibt es viel
Demütigendes, aber wie viel auch von der Treue und unvergleichlichen Gnade auf
Gottes Seite! Gott beschützt und geleitet ihn, und bringt ihn am Ende zu Seinem
Hause, und zwar so, dass er Ihm Selbst entspricht.
In Kap. 32, 29 ward keine Offenbarung des
Namens Gottes gegeben, wohl aber in Kapitel 35, 1 ! Und das zeigt, dass die
Offenbarung des Namens Gottes nur da gegeben werden kann, wo ein sittlicher
Zustand vorhanden ist, der jenem Namen entspricht.
Jakob mit seinen Beziehungen zum
Götzendienste konnte der Name Gottes nicht anvertraut werden. Zu Pniel empfing
Jakob wohl einen neuen Namen, aber Gott tat ihm den Seinigen nicht kund.
Nachmals, in Bethel, offenbarte Gott Seinen Namen und sprach zu ihm: „Ich bin
Gott, der Allmächtige“ (V. 11).
Wir kommen nun in der Geschichte Josephs zu
einem höchst fesselnden Vorbild, oder vielmehr zu einer ganzen Reihe von
Vorbildern.
Wie wir schon gesehen haben, wurde Joseph
von Rahel in Paddan-Aram geboren, als Jakob fern von seinem Ort und Lande war
(Kap. 30, 22 - 25). Das scheint davon zu reden, dass Christus zu einer Zeit kam,
da Israel nicht wirklich im Besitz oder Genuss des Landes ihres Erbteils war.
Sie hatten das Reich verloren, und obschon sie unter der Fürsorge der Vorsehung
Gottes standen, waren sie nicht im Besitz ihres Erbteils.
Die Tatsache, dass ein Überrest von zwei
Stämmen in Palästina war, war der Vorsehung zufolge auf den Erlass eines
heidnischen Königs zurückzuführen, und zur Zeit der Geburt Christi waren sie
Untertanen des römischen Reiches. Der Umstand, der der Vorsehung gemäß Joseph
und Maria nach Bethlehem brachte, damit Christus daselbst geboren wurde, war der
Beweis, dass eine fremde Macht im Lande Israel herrschte.
Unter solchen Umständen also wurde Christus
geboren, und in der weiteren Geschichte Josephs haben wir eine auffallende Reihe
von Bildern, die davon reden, wie Christus einerseits vom Vater geliebt und
geehrt wurde, und andererseits unter Seinen jüdischen Brüdern dienend, von
diesen gehasst und getötet, und danach unter den Nationen erhöht wurde.
Dort ist es, wo sie nach ihrer Buße finden,
dass Er ihre Rettung ist, und sie werden dann von Ihm am Leben erhalten im
besten Teile des Landes, das Er ihnen geben kann. Daselbst können Ihn die Juden
heute finden. Sie bekommen heute nicht Kanaan, sondern Gosen. Das heißt, wenn
sie überhaupt von Gott gesegnet werden, so werden sie dadurch gesegnet, dass sie
unter Seine Herrschaft kommen, und zwar unter der Form, die diese heute
angenommen hat. Sie erlangen also die Segnung der Kirche.
Sie haben teil an der größeren Segnung, die
jetzt unter den Nationen gekannt wird, d.h. an einer vermehrten Segnung (Joseph
heißt „Er wird hinzufügen“), obschon ihnen ihr irdisches Reich und Erbe nicht
wiederhergestellt sind.
Weiter aber hat es die Tatsache, dass
Joseph sich seinen Brüdern zu erkennen gibt, im Bilde mit dem Tage der Zukunft
zu tun, wo Gottes besondere Wege mit den Juden wieder aufgenommen werden.
Benjamin ist Christus von einem ganz
anderen Standpunkte aus betrachtet. Er ist in der Königsstadt im Lande der
Verheißung geboren und tritt uns damit in all den Rechten des Reiches entgegen.
Doch Er ist der Sohn der Schmerzen Seiner Mutter, und ich glaube, das ist Er im
Blick darauf, dass alle Hoffnungen Israels gleichsam in Seinem Tode
abgeschnitten wurden. Er wurde abgeschnitten und hatte nichts, und dadurch, dass
Er abgeschnitten wurde, ging Israel dem Fleische nach jeder von ihnen gehegten
Hoffnung verlustig.
Die Erfüllung der Verheißung wurde Israel
in Ihm angeboten, fand aber nur eine entschiedene Ablehnung, wie sie in Seiner
Verwerfung und Kreuzigung zum Ausdruck kam. Der göttliche Überrest hatte durch
dieses tiefe Leid zu gehen, ein Leid, das in den Seelenübungen Seiner Mutter
dargestellt wurde, über die Simeon sagte: „deine eigene Seele wird ein
Schwert durchdringen“ (Luk. 2, 35). Auch die Jünger hatten nach Joh. 16, 20
- 22 durch diese Drangsal der Seele zu gehen.
Doch wenn Er einerseits der Sohn der
Schmerzen Seiner Mutter ist, so ist Er andererseits der Sohn der Rechten Seines
Vaters. er ist der Mann der Rechten Gottes, den Er Sich gestärkt hat, der Israel
noch von dem Eber aus dem Walde erretten (Ps. 80, 17 u. 13), und der das reich
zu seiner Zeit aufrichten wird. Doch Seine Macht handelt gegenwärtig in keiner
Weise öffentlich für Israel. Diese ist dem Bilde nach wie Rahel gestorben, und
Benjamin ist einstweilen gleichsam zur Rechten Gottes verborgen.
Im Alter von siebzehn Jahren sehen wir
Joseph mit seinen Brüdern die Herde weiden und den Dienst verrichten (Kap. 37,
2). Aber er konnte keine Gemeinschaft mit ihren üblen Reden haben und
hinterbrachte seinem Vater, was er gehört hatte. Der wahre Joseph war hienieden
immer im Geiste und der Tätigkeit des Dienstes, und Joseph, wie andere Vorbilder
Christi, weidete die Herde und diente als Hirte. Mose war ein Hirte, ehe er
König in Jeschurun war (5. Mose 33, 5), und David wurde von den Hürden der
Schafe weggenommen, „um Jakob, sein Volk, zu weiden, und Israel sein Erbteil“
(Ps. 78, 70 u. 71). Das zeigt, dass Der, der für die Herde sorgen kann, auch
imstande ist, zu herrschen. Er herrscht im Geist der Fürsorge eines Hirten und
hat Sein Anrecht darauf durch den Dienst der Liebe erwiesen.
Doch das böse Treiben derer um Ihn her war
Seinem Geiste immer ein Kummer. Er stand dem in sittlicher Hinsicht gänzlich
fern. Wir sehen das sehr klar in den Psalmen, die sich auf Christum persönlich
beziehen, und auch in denen, wo Sich der Geist Christi prophetisch im Überrest
äußert. Da hören wir Ihn in tiefem Kummer zu Jehova über das reden, was Er in
dem Betragen, den Wegen und Worten und dem Geiste derer, die um Ihn her waren,
sah. Er konnte Seinem Vater nur einen üblen Bericht von ihnen bringen. Dieser
bezog sich auf Dan, Naphtali, Gad und Aser, also auf die vier Brüder, die Kinder
der Mägde waren.
Das scheint auf den sittlichen und
politischen Zustand des Volkes hinzudeuten, als der Herr zu ihnen kam. Sie waren
in Knechtschaft, und kein Zug geistlicher Freiheit konnte unter ihnen
wahrgenommen werden.
Joseph war der besondere Gegenstand der
Liebe seines Vaters, und seine Brüder wussten das. Es trat klar in dem
„bunten Leibrock“ (V. 3) zutage. Gott kleidete Jesum öffentlich in das
Zeugnis der Wonne, die Er an Ihm hatte. Bei Seiner Taufe sprach Er: „Dieser
ist mein geliebter Sohn“ (Mat. 3, 17; Mark. 1, 11; Luk. 3, 22), und auf dem
Berge der Verklärung: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich
Wohlgefallen gefunden habe; ihn höret“ (Mat. 17, 5; Mark. 9, 7; Luk. 9, 35).
Und in wieviel verschiedenen Farben wurde
das Zeugnis, dass Er der Gegenstand der Liebe des Vaters war, all Seine Tage
hindurch gegeben! Siehe Joh. 10, 32; 14, 11 usw. Ich denke, das, worauf Petrus
in Apostelgeschichte 2 hinweist, entspricht dem „vielfarbigen Leibrock“ sehr.
Daselbst beißt es in Vers 22: „Jesum, den Nazaräer, einen Mann, von Gott an
euch erwiesen durch mächtige Taten und Wunder und Zeichen, die Gott durch ihn in
eurer Mitte tat, wie ihr selbst wisset“. Es bestand ein öffentliches
Zeugnis, dass Er von Gott anerkannt war. In welch ein mannigfaches Zeugnis
kleidete Gott Ihn in Seinem ganzen Dienste und Wirken hienieden! Die vielen
guten Werke (Joh. 10, 32), die Er tat, waren Seine öffentliche Beglaubigung.
Doch alles dies brachte nur ihre
Feindschaft ans Licht, wie auch bei Joseph. Je mehr Gott Ihn anerkannte, desto
mehr hassten sie Ihn. Es ist schon traurig genug, das im Vorbilde zu sehen, doch
es ist schrecklich, es als ein wahres Abbild dessen zu erkennen, was dem Sohne
Gottes widerfuhr. Er musste sagen: „jetzt aber haben sie gesehen und gehasst,
sowohl mich als auch meinen Vater“ (Joh. 15, 24).
Dann träumte Joseph „einen Traum und
teilte ihn seinen Brüdern mit; und sie hassten ihn noch mehr“ (V. 5). Der
Traum war eine göttliche Offenbarung, dass sie alle die Größe Josephs
anzuerkennen haben würden. Er war in Wahrheit das Haupt der Familie, und so wird
auch Christus, wenn Er kommt, in allem den ersten Platz haben.
Je mehr nun Gottes Vorsatz hierin im
Zeugnis ans Licht kam, desto mehr trat auch der Neid und die Feindschaft der
Juden zutage, und der Höhepunkt wurde erreicht, als Er sagte: „Von nun an
werdet ihr den Sohn des Menschen sitzen sehen zur Rechten der Macht und kommen
auf den Wolken des Himmels“ (Mat. 26, 64).
In Josephs Geschichte tritt uns klar
entgegen, dass da, wo ihm die Oberhand eingeräumt wurde, auch Gedeihen war.
Jehova war mit ihm, und wo immer ihm sein Platz gegeben ward, gedieh alles. Er
ist ein Bild von Christo als Herrn und von Dessen Segensherrschaft, die sich
weit über Israel hinaus erstreckt, und in deren Ausübung Er der „Retter der
Welt“ ist (Kap. 41, 45).
Es ist ein beachtenswerter Grundsatz, dass
wir in dem Maße, wie wir dem Herrn Raum geben, auch gedeihen. Er ist der
Erhabene, und wenn wir Ihm Seinen Platz geben, so sind wir sicher, nicht auf
einem bösen Wege zu sein.
Unter Josephs Hand gedieh alles, sei es in
Potiphars Hause oder bei der Verwaltung Ägyptens, und das Geheimnis des
Gedeihens wurde Josephs Brüdern und seinem Vater und seiner Mutter in diesen
Träumen geoffenbart: alles hatte sich Joseph zu beugen!
Wir sind in das Reich des Sohnes Seiner
Liebe versetzt. Von diesem Gesichtspunkte aus gesehen ist Seine Oberhoheit die
der Liebe, in Seinem Reiche muss die Liebe die Oberhand haben. In dieser
Hinsicht kommt Er als König dem, dass Er das Haupt ist, sehr nahe. In der Tat
ist ja auch der König das Haupt.
Der König von England ist nicht nur der
Beherrscher des Reiches, sondern er ist auch das Haupt der ganzen Gesellschaft.
Dergestalt, dass seine sittliche Eigenart und sein Benehmen und seine Art, etwas
zu tun, mehr oder weniger Einfluss auf die ganze Gesellschaft hat - es wird als
wohlanständig betrachtet, der Anleitung, die er gibt, zu folgen. In dieser
Hinsicht übt also der König einen ungeheuren Einfluss als Haupt aus, ebenso wie
er diesen als Herrscher hat.
Die Herrschaft und Oberhoheit Gottes, wie
sie den Menschen in vollkommener Gnade kundgetan wird, wird uns in dem Herrn
dargestellt. Christus als Haupt jedoch nimmt auf unserer Seite den ersten Platz
ein, um so die erste Anregung in alledem zu geben, was nach dem Wohlgefallen
Gottes ist.
Josephs Brüder mussten am Ende erfahren,
dass seine Träume wahr waren, sie hatten sich tatsächlich vor ihm zu beugen, und
sogar als solche, die ihm ihr Leben verdankten. Doch zuvor kam ihre Feindschaft
in schrecklicher Weise ans Licht.
Als er von seinem Vater gesandt wurde, um
nach dem Wohlergehen seiner Brüder zu sehen, verabredeten sie sich, als sie ihn
von ferne sahen, ihn zu töten. Sie wollten ihn, wenn möglich, des Platzes
berauben, den Gott vorhatte, ihm zu geben. Gott wachte darüber und sorgte durch
Ruben und Juda dafür, dass er nicht getötet wurde. Gott hielt alles in Seiner
Hand, genau wie bei Seinem geliebten Sohne, obwohl Er in diesem Falle, der
Weisheit Seiner Wege gemäß, es ihnen erlaubte, ihren Vorsatz, Ihn zu töten,
auszuführen.
In Ruben schienen einige rechte
Empfindungen vorhanden zu sein, Regungen des Gewissens und der Liebe. Sein
Vorhaben war, Joseph seinem Vater wiederzubringen, und so war er ein Bild derer,
die wie Joseph von Arimathia nicht in ihren Rat und ihre Tat einwilligten (Luk.
23, 51), oder derer, die wie Nikodemus es versuchten, ein Wort zugunsten des
Herrn einzulegen (Joh. 7, 51). Es gab einige unter den Juden, in denen eine
gewisse göttliche Übung vorhanden war. Sie waren nicht alle gesonnen, den Herrn
umzubringen. Alles das aber vollzog sich dem Plane Gottes gemäß.
Ruben gedachte, den Knaben aus der Grube zu
ziehen und ihn seinem Vater wiederzubringen. Aber das war nicht Gottes Plan: Er
sollte nach Ägypten gehen und dort hoch erhoben werden, damit er ein Bild von
Christo in Seiner Größe unter den Nationen sei. Die Verwerfung Christi durch
Seine Brüder und Sein Tod - im Bilde das Hineinwerfen Josephs in die Grube -
führte in der Weisheit und Macht Gottes nur dazu, Ihm einen viel umfangreicheren
Kreis Seiner Größe und Herrlichkeit zu sichern: Er ist im Blick auf die Segnung
des ganzen Weltalls erhöht worden.
In Potiphars Hause gedieh alles unter der
Hand Josephs, und man sah, dass Jehova mit ihm war. Dann wurde er auf die Probe
gestellt. Diese aber erwies seine Treue, und dass er Gott vor sich hatte. Seine
Treue und Reinheit zogen ihm den Hass der Welt zu, aber das konnte ihn nicht vom
Pfade der Unbescholtenheit abbringen. Ins Gefängnis geworfen, kam er dann unter
Umstände, die ihn hinsichtlich seines persönlichen Vertrauens auf das, was Gott
zu ihm geredet hatte, prüften: „Man presste seine Füße in den Stock, er kam
in das Eisen, bis zu der Zeit da sein Wort eintraf; das Wort Jehovas prüfte ihn“
(Ps. 105, 18 u. 19).
Die Prüfung für ihn war, dass gerade das
Gegenteil von allem, was ihm gesagt worden war, über ihn kam. Er hatte manches
geweissagt, was er als das Wort des Herrn erkannt hatte, und nun stellte ihn
das, was er gesagt hatte, auf die Probe. Er hatte im Bilde von seiner Größe und
Erhöhung gesprochen, aber die Grube und das Gefängnis sahen nicht gerade wie der
Weg dahin aus. „Das Wort Jehovas prüfte ihn“, es übte ihn, es im Glauben
festzuhalten, als alles dem gänzlich entgegen war.
Durch das Wort des Herrn geprüft zu werden,
bedeutet so viel wie durch die Schwierigkeiten des Zeugnisses und nicht nur
durch persönliche Umstände auf die Probe gestellt zu werden.
Sind wir bereit, selbst unter widrigen
Umständen standzuhalten? Manchmal nehmen Gläubige eine Stellung in
Übereinstimmung mit dem Worte des Herrn ein, aber sobald eine ernstliche
Schwierigkeit kommt, geben sie auf. Solche erweisen sich dem Zeugnis unseres
Herrn als von recht geringem Werte.
Fortwährend bestand des Herrn Kummer und
Prüfung im Widerspruch der Sünder. Er musste sogar sagen: „Umsonst habe ich
mich abgemüht, vergeblich und für nichts meine Kraft verzehrt“ (Jes. 49, 4).
Er musste es erleben, dass die Städte, worin seine meisten Wunderwerke geschehen
waren, dadurch unberührt blieben. Aber gerade „zu jener Zeit hob Jesus an und
sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor
Weisen und Verständigen verborgen hast, und hast es Unmündigen geoffenbart. Ja,
Vater, denn also war es wohlgefällig vor dir“ (Mat. 11, 25 u. 26). Bei der
Prüfung wurde nichts als vollkommenes Vertrauen auf die Wege und das
unumschränkte Walten Seines Vaters in Ihm gefunden.
In Apg. 7, 9 lesen wir, dass Gott mit
Joseph war. Jehova war die ganze Zeit mit ihm, sogar unter den unangenehmsten
Umständen. Wir sollten an unsere Herzen die Frage stellen, ob uns das genug
wäre. Als Joseph geprüft wurde, entsprach er der Probe. Aber wenn wir geprüft
werden, kommt oft sehr vieles ans Licht, was nicht bestehen kann. Wie oft prüft
uns das Wort des Herrn und stellt unsere unwürdigen und selbstsüchtigen
Beweggründe bloß. Denn dieses Wort geht allem, was nicht Christus ist, auf den
Grund und stellt es bloß.
Wir dürfen nicht erwarten, irgendeine
Stellung für Gott einnehmen zu dürfen, ohne dieserhalb auf die Probe gestellt zu
werden. Doch wir werden den Herrn mit uns haben, wenn wir einfältig sind.
Der Herr ist Seinem Volke genug, und diese
Erfahrung befähigt einen Mann, voranzugehen. Wir sehen das In Paulus in 2.
Timotheus, als das Zeugnis gleichsam im Gefängnis war. Wir können sagen, dass
Paulus durch alles das auf die Probe gestellt wurde, was er anderen gebracht
hatte, und durch die Unterstützung des Herrn entsprach er der Probe in den
widrigsten Umständen. Der Herr wird mit einem treuen Heiligen sein, wenn seine
Seele in Eisen kommt. Doch damit soll nicht gesagt sein, dass die Prüfung nicht
empfunden wird.
Joseph wurde im Gefängnis aufrechterhalten.
Das Wort des Herrn prüfte, aber es unterstütze ihn auch, und sogar da hatte er
Gedeihen.
Paulus im Gefängnis stellt die wahre
Stellung des Zeugnisses in dieser Welt dar. Wir sollten nicht erwarten, in den
Umständen hienieden vorwärts zu kommen, uns gleichsam ausdehnen zu können,
sondern vielmehr eingeschränkt zu werden, Leiden und Schwierigkeiten zu haben:
es ist Gefängniszeit.
Paulus im Gefängnis war trotz allem das
Gefäß der Verwaltung alles dessen, was segensreich ist. Der Dienst des
Evangeliums und der Dienst der Versammlung kamen in Paulus völlig ans Licht, als
er persönlich und in den Umständen sehr eingeengt war. Sein Herz wurde dadurch
in sittlicher Hinsicht weit, denn er hat nie solche Briefe geschrieben, als da
er im Gefängnis war.
Joseph hatte dreizehn Jahre ernster Prüfung
durchzumachen. Mit 17 Jahren begann sie, und mit 30 Jahren stand er vor dem
Pharao. Doch der Herr war in allem mit ihm gewesen, und derjenige, der erfahren
hatte, dass der Herr in den schlechtesten Umständen mit ihm war, kann auch für
den Herrn in den besten Umständen handeln. Was wir in Schwachheit und Leiden
gelernt haben, wird uns in der Zeit der Herrschaft nützlich sein.
Den Traum eines Mundschenken deuten, mag
und geringfügig scheinen, aber dieselbe Weisheit Gottes, die den Traum eines
Mundschenken deuten konnte, konnte auch den des Pharao deuten und in der
öffentlichen Verwaltung tätig sein. Wir lernen jetzt in kleinen Verhältnissen
die Grundsätze, durch die das ganze Weltall verwaltet werden wird. Die
geistlichen Aufgaben, die jetzt an uns herantreten und die wir zu lösen haben,
begreifen den Erwerb einer Weisheit in sich, die die Heiligen zur Verwaltung des
ihnen anzuvertrauenden Reiches befähigt.
Es ist oft darauf hingewiesen worden, dass
wir in Joseph im Bilde Christum als die Weisheit Gottes und die Kraft Gottes
sehen.
Kapitel 45 bringt uns zu der Stunde, wo
Joseph sich seinen Brüdern zu erkennen gibt. Wir haben gesehen, dass Joseph ein
Bild von Christo, dem Geliebten des Vaters, war, der, angetan mit dem Zeugnis
des Wohlgefallens des Vaters und als der gekennzeichnet, der den Platz der
Oberhoheit haben sollte, von seinen Brüdern verworfen und dem Bilde nach getötet
wurde.
Je mehr Sich der Herr als vom Vater geehrt
erwies, desto deutlicher ward Seine Verwerfung durch das Volk offenbar. Doch
alles diente der Vorsehung Gottes dazu, die Vollkommenheit Christi und den
ganzen Ratschluss Gottes ans Licht zu bringen.
In der Erhöhung des wahren Joseph und der
Segnung der heidnischen Welt erlangte der Herr einen viel größeren Machtkreis.
In Jesaja 49 sehen wir, dass Israel nicht gesammelt wurde, doch dadurch ward dem
Herrn ein Weg geöffnet, einen größeren Machtbereich und größere Herrlichkeiten
zu empfangen, so dass Er nun Gottes Heil bis an das Ende der Erde ist (V. 5 u.
6).
Joseph ging hinab nach Ägypten und wurde
dort geprüft. Doch Jehova war mit ihm, so dass alle, die ihm seinen Platz gaben,
den Segen davon hatten. Alles gedieh unter seiner Hand.
Das lesen wir auch in Jesaja 53. Da heißt
es, dass Christus von Israel verworfen wurde, dass aber das Wohlgefallen Jehovas
in Seiner Hand gedeihen wird (V. 10). Es war für das Herz des Herrn eine große
Ermutigung, die Griechen sagen zu hören: „wir möchten Jesum sehen“ (Joh.
12, 21). Das eröffnete Seinen Blicken jene weite Welt der Segnung, die Er im
Begriffe stand, mit Frucht für Gott zu füllen.
Joseph wurde vor der Erfüllung dessen, was
er angekündigt hatte, geprüft. Zunächst durch die verführerischen Einflüsse
dieser Welt, und dann durch das Gefängnis. Doch er erwies sich in beidem
gleicherweise vollkommen, wie auch der Herr in der Versuchung zu Beginn Seiner
Laufbahn, und dann in all den Übungen im Garten Gethsemane an deren Ende.
Die Prüfung kommt vor der Erhöhung. Joseph
wurde in demütigenden Umständen geprüft, ehe ihm die Verwaltung der Herrlichkeit
anvertraut wurde, und dabei wurde seine sittliche Vollkommenheit und Schönheit,
die ihn zum Herrschen befähigte, dargetan. Der herrschen soll, ist auf die Probe
gestellt worden. Seine Fähigkeit und sittliche Eignung wurden erprobt und
anerkannt, ehe Er erhöht wurde.
Der Glaube wird immer durch Enttäuschungen
einerseits und Faustschläge andererseits geprüft. Wir werden hinsichtlich der
Beweggründe, die uns in Wirklichkeit bestimmen, weit mehr im Geheimen, als in
der Öffentlichkeit geprüft.
Joseph befand sich unter den demütigendsten
Umständen im Gefängnis, doch Jehova war mit ihm, und er hatte dort Gedeihen. Es
scheint ein Teil der Wege Gottes zu sein, das im Verborgenen zur Entwicklung zu
bringen, was nachmals in der Öffentlichkeit gesehen wird, etwa wie David, ehe er
dem Goliath entgegen trat, zuvor mit dem Löwen und Bären kämpfte.
Der Mann, bei dem die Weisheit Gottes im
Verborgenen war, war auch bereit, damit in der Öffentlichkeit hervorzutreten,
wenn die rechte Zeit für ihn gekommen war.
Der erste Psalm stellt den Menschen dar,
der in niedrigen Umständen gedieh, und der zweite gibt Seine Erhöhung. Der erste
Psalm gibt Seine sittliche Befähigung, und im zweiten ist Er der König - Jehovas
Gesalbter - ein Mensch, der Gott in jeder Hinsicht entspricht.
Joseph erwies sich als geeignet. Der Teufel
konnte ihn nicht durch Verführung vom Pfade der Frömmigkeit abbringen, und auch
nicht durch die Beschwerden des Gefängnisses. Er empfand die Prüfung schwer.
„Das Wort Jehovas prüfte ihn“, doch er bestand die Prüfung. Er gab nie das
auf, was ihm geoffenbart worden war, als sich die Garben vor ihm neigten. Das
war das Wort Jehovas, und er gab es nie auf. Der Herr gab nie Seinen wahren
Platz vor Gott auf. Er bezeugte vor Pilatus das gute Bekenntnis (1. Tim. 6, 13).
Von Joseph wird kein Fehler berichtet. Unter all den Vorbildern vom Herrn nimmt
er in dieser Hinsicht einen besonderen Platz ein. Die Fähigkeit Josephs zeigte
sich im Gefängnis ebenso klar, wie nachmals in der Verwaltung des Reiches. Er
konnte im Gefängnis Träume deuten, ehe er es im Palaste tat.
Die mannigfaltige Weisheit Gottes in Joseph
ist sehr lehrreich. Als er im Gefängnis war, kam die Weisheit Gottes in
Verbindung mit unscheinbaren Umständen ans Licht. Aber all die Weisheit, das
Reich zu verwalten, war da. Die Umstände waren geringfügig und unscheinbar, doch
die Weisheit (die sich in ihnen offenbarte) war dieselbe.
Die Kirche befindet sich in Umständen der
Einschränkung und Schwachheit hienieden. Dennoch ist sie dasselbe Gefäß der
Verwaltung, wie sie es schließlich sein wird. Paulus bringt die Verwaltung der
geringen Dinge des Lebens in Zusammenhang mit der Verwaltung des Reiches (1.
Kor. 6, 2 u. 3).
Weiter besaß Joseph eine wunderbare
Weisheit in der Art, wie er mit seinen Brüdern verfuhr. Er konnte die Welt nicht
nur im Großen gut verwalten, sondern ihm war auch eine göttliche Weisheit eigen,
Herzensübungen in den Seelen seiner Brüder hervorzubringen. Josephs Weisheit
zeigte sich darin, dass er dem Pharao den Rat gab: „Und nun ersehe sich der
Pharao einen verständigen und weisen Mann und setze ihn über das Land Ägypten“
(Kap. 41, 33).
In Josephs Erhöhung sehen wir dann ein Bild
vom Herrn in Seinem gegenwärtigen Platze der Erhöhung. Er ist Herr über die
ganze Welt. Joseph empfing einen wunderbaren Titel, nämlich
„Zaphnath-Pahneach“, d.h. „Retter der Welt“ (V. 45). Eine andere Auslegung
dieses Namens ist „Fürst der Kraft des Lebens der Welt“, ein sehr schöner und
inhaltsreicher Titel.
Welch ein Gegensatz zu Epheser 2, 2, wo
Satan der Fürst der Gewalt der Luft genannt wird! Der Herr ist der Fürst der
Kraft oder Gewalt des Lebens der Welt - nichts Geringeres als die Welt ist hier
vor uns. Für die Welt ist also die größtmögliche Fürsorge getroffen, um zur
Errettung und zum Leben zu gelangen. Jede Segnung Gottes kommt durch Ihn zu uns.
Es ist eine unendliche Fülle von Segen vorhanden. An jeden ist gedacht worden.
Die „sieben Jahre des Überflusses“
(V. 47) reden davon, dass für die Hungersnot der Welt völlig gesorgt wird -
„Joseph schüttete Getreide auf wie Sand des Meeres“ (V. 49).
In diesem Vorbilde stellt der Pharao Gott
dar. Man darf kein Vorbild mit dem anderen vermengen, sondern muss darauf
achten, wo es beginnt und wo es endet. Hier ist der Pharao ein Bild von Gott,
der den wahren Joseph im Blick darauf erhöht hat, dass der Welt Errettung, Leben
und Überfluss werde. Gott hat dabei den Segen der ganzen Welt vor Sich.
Kapitel 45 geht auf die Zeit, wo Josephs
Brüder (Israel) dahin kommen, Ihn anzuerkennen, und zeigt uns, wie der Überrest
Israels jetzt dahin gebracht wird, Christum anzuerkennen. Was uns in den letzten
Kapiteln des ersten Buches Mose entgegentritt, ist, dass Israel gesegnet wird,
aber nicht in Kanaan, sondern in Gosen. Sie werden in einem Lande außerhalb der
ihnen gegebenen Verheißungen gesegnet.
Das Reich und dessen Segnungen sind jetzt
unter den Nationen zu finden, und der Überrest Israels hat daran teil, sowie an
den Vorrechten und Segnungen der Kirche. Der erhöhte Joseph ist ein Bild von der
gegenwärtigen Stellung Christi als Verwalter der Segnung der ganzen Welt. Und
wenn Israel gegenwärtig überhaupt gesegnet wird, so muss es unter dieser
Verwaltung gesegnet werden.
Dann sehen wir, wie Joseph Asnath, eine
Braut aus den Nationen bekommt, und durch sie Manasse (der ihn all seine Mühsal
und das ganze Haus seines Vaters vergessen macht) und Ephraim (doppelte
Fruchtbarkeit).
Der Herr hat jetzt das empfangen, was Ihn
befähigt zu vergessen, dass Israel Ihn verachtet und verworfen hat. Die Kirche
ist Ihm so viel, dass Er den Verlust nicht empfindet. Da haben wir etwas
Ähnliches wie bei Isaak, dem Rebekka nach dem Tode seiner Mutter ein Trost ward
(Kap. 24, 67).
Der Überrest Israels kam in Verbindung mit
dem Platze zur Segnung, den Christus, als zur Rechten Gottes erhöht, einnimmt.
Davon redet Gosen.
Der Überrest Israels ist nun mit in der
Versammlung. Es sind ihrer jetzt viele über die ganze Welt hin, denn Gott hat
dafür gesorgt, einen Überrest zu bewahren. Gott hat den Überrest Israels in der
Segnung der Kirche am Leben erhalten. Er hat immer einen Überrest gehabt, und
dieser befindet sich jetzt in der Kirche. Und all die Segnungen und
Verheißungen, die Israel gehören, sind nun, da es in Gosen ernährt wird, als
Schatz in der Kirche aufgehäuft.
Joseph war der, durch den Gott Israel am
Leben erhielt. Und dann sehen wir auch in diesem Bilde den großen Umfang des
Evangeliums: Christus ist „der Fürst der Kraft des Lebens der Welt“, Er
ist der Verwalter einer Segnung der ganzen Welt.
Dann sehen wir in Joseph die Weisheit
Gottes, die Herzensübungen in seinen Brüdern hervorbrachte. Aus Kapitel 42 bis
47 bekommen wir ein liebliches und ausführliches Bild, wie seines Vaters Haus
von ihm abhängig wurde, und wie die Seinigen durch ihre Not seine Größe schätzen
zu lernen hatten.
Als ihnen seine Größe im Zeugnis gebracht
wurde, nahmen sie das übel auf. Sie wollten nicht, dass sich ihre Garben vor der
seinigen verneigten. Doch in ihrer Not fanden sie, dass Getreide in Ägypten war,
und sie zogen hinab. Durch äußerste Not getrieben, lernten sie Josephs Größe
schätzen, obschon er ihnen noch unbekannt war.
Obgleich sie zu ihm kamen, war es doch
nötig, dass sie durch Übungen gingen, bevor er sich ihnen zu erkennen gab, und
das suchte er zustande zu bringen. Er handelte mit ihnen in Weisheit, um ihr
Gewissen zu erreichen, und redete hart mit ihnen. Darin lag göttliche Weisheit.
Der Herr ist immer bemüht, unserem
wirklichen Seelenzustand gemäß mit uns zu verfahren, damit Er uns die Wurzel von
allem aufdecke, und Aufrichtigkeit in uns hervorbringe, so dass wir Sein Herz
kennenlernen können. Der Herr will unsere Seelen nahe bei Sich haben und es uns
nicht nur bequem machen. Wir hätten oft gern, wenn Er freundlich mit uns redete,
sogar wenn noch so manche unerledigte Frage bei uns vorhanden ist. Aber dann
würden wir innerlich in Entfernung von Ihm bleiben, ohne Sein Herz wirklich zu
kennen. Er sagt gleichsam: Nichts wird mich befriedigen, als dich nahe bei mir
zu haben, und dass du mein Herz kennenlernst. Und damit das wirklich zustande
kommt, muss ich alles, was in deinem Herzen ist, ans Licht bringen, und dir eine
Trübsal nach der anderen senden. - Er „redete hart mit ihnen“
(Kap. 42, 7).
Sie mussten tief über ihre Sünde und Schuld
geübt werden. Die Übung über ihren eigenen Seelenzustand war unerlässlich. Wir
haben alle gern, gesegnet zu werden, Getreide von Joseph zu bekommen. Doch
keiner von uns liebt von Natur, über seinen sittlichen Zustand geübt zu werden.
Das aber ist sehr notwendig, um den Herrn zu kennen. Er kann einem Herzen, das
sittlich verkehrt steht, keine Erkenntnis über Sich Selbst geben.
Joseph machte alles von dem Kommen
Benjamins abhängig. Israel wird zu lernen haben, Christum als Den zu schätzen,
durch den allein sie Annahme finden und am Leben erhalten werden können. Sie
werden dahin kommen, ihre Schuld gegen den wahren Joseph (V. 21) anzuerkennen
und zu sehen, wie sie ihnen in der Person Benjamins nahegebracht wird.
Das ist eine tiefe Übung. Sie sprachen:
„Fürwahr, wir sind schuldig“. Sie werden anfangen, zu empfinden, wie
schlecht sie an Christo gehandelt haben. Doch später, als der Becher in
Benjamins Sack gefunden wurde, geht ihre Übung noch tiefer.
Diese Übung hat jeder Jude durchzumachen,
der bekehrt wird, und auch dem Grundsatz nach jeder von uns. Die Schuld wurde
ihnen in einer Person nahe gebracht, die überhaupt keinen Anteil daran hatte.
Die Juden werden es darin sehen lernen,
dass ihr Messias, Er, der nie gesündigt hatte, die Schuld getragen hat. Die
Schuld kam auf den wahren Benjamin, der sie in Gnade auf Sich nahm. Und die
Juden werden ihre Schuld dadurch erkennen, dass sie sehen, wie Christus sie auf
dem Kreuze getragen hat.
Wir lernen nie die Tiefen unserer Sünden
kennen, wenn wir sie nicht darin erkennen, wie Christus sie auf Sich nahm und
ihr Gericht in unendlicher Gnade trug. Gott hat meine Schuld im Tode Christi in
einer Weise ans Licht gebracht, die mich bis in den Staub demütigt.
Benjamin hatte keinen Teil an der Schuld,
und so auch Der, der keine Sünde kannte, und in dem keine Sünde war, und der für
uns zur Sünde gemacht wurde (2. Kor. 5, 21; 1. Joh. 3, 5). Der Becher wurde in
seinem Sack gefunden. Juda nimmt die Verantwortlichkeit auf sich und macht sich
mit Benjamin als Schuldträger eins. Welch ein Tag wird das für Juda sein, wenn
er das tut und die Sprache von Jes. 53, 4 - 6 gebraucht! Judas Fürbitte ist ein
Bild von der tiefen Bekümmernis des Überrestes, wenn der Geist der Gnade und des
Flehens auf sie ausgegossen wird (Sach. 12, 10).
Als Juda trauerte und bat, an Benjamins
Stelle zu sein, war das Werk der Übung, das Joseph hervorzubringen wünschte,
vollendet. Da konnte er sich seinen Brüdern kundtun.
Die zwei wiederhergestellten Stämme werden
durch diese Übungen anstelle des ganzen Volkes Israel zu gehen haben. Juda wird
am Tage der Zukunft durch die Drangsal zu gehen haben und dazu durch tiefe
Herzensübungen, und dann wird Sich ihnen der wahre Joseph kundtun und ihre
Herzen dadurch trösten, dass Er ihnen zeigt, dass Gott hinter allem war.
Was Joseph seinen Brüdern sagte, gleicht
den Worten des Petrus: „ich weiß, dass ihr in Unwissenheit gehandelt habt“
(Apg. 3, 17). In Hos. 11, 8 u. 9 lesen wir, dass Gott Ephraim nicht aufgeben
wollte, und der angeführte Grund ist: „ich bin Gott und nicht ein Mensch“.
Was Josephs Brüder taten, geschah in böser Absicht, aber Gott hat es zum Guten
dienen lassen. Und Gott ist Gott und wird trotz des Menschen Sein Ziel
erreichen.
Dann wurde zu Jakob hingesandt. Er und
seine Söhne hatten das Land einstweilen aufzugeben und hinab nach Ägypten zu
ziehen. Joseph war „Herr von ganz Ägypten“ und konnte von all seiner
Herrlichkeit in Ägypten reden und vom Besten des Landes Ägypten (Kap. 49, 9, 13
u. 18).
Es handelt sich hier nicht um die Israel
verheißene Segnung im Lande Kanaan, sondern um etwas ganz anderes und völlig
Verschiedenes, was ihnen zu einer besonderen Gelegenheit gegeben wird, die jener
Segnung vorausgeht. Es ist die Segnung in Gosen, die, wie ich glaube, darauf
hindeutet, dass Israel durch die Erhöhung Christi teil mit den von Gott
gesegneten Nationen haben wird. Sie haben das Land einstweilen aufzugeben, um
alles dort zu empfangen, wo Joseph lebt. Josephs Brüder sprachen: „Joseph
lebt noch“, und Jakob: „Joseph, mein Sohn, lebt noch!“ (V. 26 u. 28).
Alles ist in dem auferstandenen Christus gesichert.
Im Zusammenhang hiermit finden wir Beerseba
erwähnt, und dass Gott Sich den Gott von Jakobs Vater nennt (Kap. 46, 1 - 3).
Der Eid und die Verheißung Gottes sind dem auferstandenen Christus gesichert.
Israel hat das Land eine Zeit lang zu verlassen, doch sein Besitz ist dem
Glauben eine Gewissheit.
Die Erkenntnis des auferstandenen Christus
bereitete den Überrest zu, einen neuen Boden zu betreten, die irdischen
Verheißungen eine Zeit lang aufzugeben und in die Stellung und Segnung der
Kirche einzutreten.
Jakob sah die Wagen. Sie deuteten auf die
Notwendigkeit hin, eine neue Stellung einzunehmen. Es handelt sich hier um eine
derartige Bewegung, wie wir sie am Ende der vier Evangelien und zu Beginn der
Apostelgeschichte wahrnehmen. Israel empfing das Wort von Gott: „fürchte dich
nicht, nach Ägypten hinabzuziehen“ (Kap. 46, 3).
In Kapitel 46 haben wir dann die Namen der
Söhne Israels, die nach Ägypten kamen. Es war ein Überrest nach Wahl der Gnade.
Siebzig ist eine vollkommene Zahl, sie ist gleich sieben mal zehn und redet
davon, dass die ganze Schar Gottes Auserwählter aus Israel bewahrt und ernährt
wird. Sie hat teil an der Segnung der Kirche, und zwar in Gosen statt in Kanaan,
ihrem verheißenen Erbteil, und dort waren sie Hirten.
Die Apostel wurden gleichsam Hirten in
Gosen, die die Herde Gottes in der Stellung und Segnung, die der Kirche eigen
ist, hüteten.
Es ist kostbar, einen Heiligen den Lauf gut
beenden zu sehen, und was unser Augenmerk bei Jakob hauptsächlich fesselt, ist,
dass er gut endete. In Kapitel 47 - 49 sehen wir ihn geistlicher als je zuvor.
Wir sollten Fortschritt und Reife bei den
Heiligen erwarten. Bei Jakob sehen wir die friedsame Frucht der Gerechtigkeit
infolge der Zucht Gottes und Seiner Wege mit ihm.
Jakobs Geschichte war in vieler Hinsicht
verkehrter und trauriger Art, doch er wurde immer gezüchtigt. Sein Pläne machen
und seine Betrügereien fielen auf ihn zurück und wurden ihm zur Zucht.
Und so ergeht es einem jeden von uns. Was
uns zu Fall bringt, wird uns unvermeidlich zur Geißel. Ich glaube, es gibt kaum
einen Heiligen, der das nicht bis zu einem gewissen Grade erfahren hat. Jedes
Abweichen, jedes Vergehen wird eine Quelle schmerzlicher Zucht.
Wenn wir uns unter die Zucht Gottes beugen,
so wendet Gott sie zu unserem Segen. Das ist sehr ermutigend. Wir sehen bei
Jakob, dass er sich wirklich beugte, und das sehen wir auch bei David. Er beugte
sich unter die Zucht, die sein eigenes Verhalten über ihn gebracht hatte, und
auch er endete gut. Sein Lauf endete damit, dass er sich selbst für das Haus
Gottes aufopferte und sich selbst und den zu diesem Zwecke aufgehäuften Schatz
dafür hingab.
Wir müssen das, was uns zum Fallstrick
geworden ist, fahren lassen. Das Ziel des Vaters bei der Zucht ist, dass wir
Seiner Heiligkeit teilhaftig werden. Darauf läuft alles hinaus. Es ist
wunderbar, daran zu denken, dass wir dann von dem, was uns hinderte, genau so
getrennt sind, wie Gott es ist.
Es ist schön, zu sehen, dass Jakob und
David am Ende besser als je zuvor zum Vorschein kommen. Gott erwartet das. Wir
sollten darüber geübt sein, am Ende als ein geistliches Volk zum Vorschein zu
kommen. Wir sehen Jakob hier in der Stellung der Würde und wahrer Größe vor den
Menschen als einen Anbeter vor Gott und in der Einsicht in Gottes Gedanken über
alles. Er kann alles sagen, was Gottes Volke bis zum Ende hin widerfahren wird.
Als Isaak den Jakob segnete, wusste er
nicht, was er tat. Jakob jedoch besaß Einsicht und wusste das. Er hatte volle
Einsicht in Gottes Gedanken über Ephraim und Manasse. Es ist gut, zu sehen, dass
dies eine Folge des Werkes und der Zucht Gottes ist.
Im Neuen Testament ist es ein besonderer
Gegenstand des Herrn gewesen, uns zu zeigen, wie Seine Hauptdiener endeten. Er
erlaubte Petrus, Paulus und Johannes, nahe am Ende ihrer Laufbahn Briefe zu
schreiben. Petrus sagt: „ich weiß, dass das Ablegen meiner Hütte bald
geschieht“ (2. Petr. 1, 14), doch er steht in voller Kraft. Er hat das
Kommen unseres Herrn Jesu Christi vor sich. Das Gesicht auf dem heiligen Berge
stand seiner Seele ebenso klar und deutlich vor Augen, als da es stattfand.
Paulus sagt, dass er schon als Trankopfer gesprengt werde und die Zeit seines
Abscheidens vorhanden sei (2. Tim. 4, 6). Der zweite Timotheusbrief gleicht
seinem letzten Willen oder Testament, doch er steht in voller Kraft, in vollem
Lebensmute da. Johannes bleibt, bis er nahezu hundert Jahre alt ist, und dann
schreibt er sein Evangelium, voll von Dem, „der von Anfang ist“ (1. Joh.
2, 13 u. 14).
Es ist schön, zu sehen, dass sie nicht vom
Wege abkamen. Bei den drei Aposteln finden wir keine Trübung geistlicher
Sehkraft und keine Schwächung geistlicher Kraft.
Ich bin darüber geübt, weil ich auf Seiten
der Natur die Neigung zum Abweichen sehe. Doch wir sollten alle darüber geübt
sein, unseren Lauf gut zu beenden. In Lukas 12 lesen wir von Knechten, die
wachend erfunden wurden (V. 37 und 43). Wie wird der Herr mich
finden? Ich mag früher einmal gut gelaufen sein, aber wie wird der Herr mich
finden?
In gewissem Sinne ist die Gefahr größer, je
weiter wir fortschreiten. Wenn wir nicht in der Kraft des Geistes vorangehen, so
wird mehr und mehr das Fleisch in uns zum Ausdruck kommen und das, was wir von
Natur sind. Wenn wir aber im Geiste wandeln, werden wir geistlicher werden.
Jakob endete als ein geistlicher Mann, und
ich möchte das auch. Jonathan begann schön, er zog seine Kleider aus und gab sie
David (1. Sam. 18, 4). Doch wo endete er? Gemeinsam mit Saul, nicht bei David,
und er fiel auf dem Gebirge Gilboa.
Es handelt sich nicht darauf, nach außen
hin etwas Großes zu sein, sondern innerlich mit dem Geiste Gottes voranzugehen
und die Unterweisung der Zucht Gottes anzunehmen. Jakob hatte vieles zu lernen,
und wir gleichen ihm alle in vieler Hinsicht. Doch er nahm die Unterweisung an
und endete als ein geistlicher Mann.
In Kapitel 47, 7 brachte Joseph seinen
Vater Jakob vor den Pharao, und Jakob segnete den Pharao. Und in Vers 10 segnete
er ihn wieder und ging von dem Pharao hinaus.
Bedenken wir, welche Würde darin lag! Hier
war der mächtigste Alleinherrscher der Erde, und Jakob segnet ihn trotz all
seiner Vergangenheit, „ohne allen Widerspruch aber wird das Geringere von dem
Besseren gesegnet“ (Heb. 7, 7). Jakob stand, seiner Erhabenheit bewusst,
diesem großen Alleinherrscher gegenüber da.
Das ist die Stellung eines jeden Heiligen,
in dem der Heilige Geist wohnt, und der der Gegenstand der Zucht Gottes ist. Ein
solcher darf sich dessen wohl bewusst sein, dass er größer und besser als die
höchste Person dieser Welt ist.
Das erinnert an einen Paulus vor Agrippa:
Er stand vor dem König in all seinem Pomp und all der Pracht des Hofes und
sagte: „Ich wollte zu Gott, dass über kurz oder lang, nicht allein du,
sondern auch alle, die mich heute hören, solche würden, wie auch ich bin,
ausgenommen diese Bande“ (Apg. 26, 29).
Er war sich in seiner Seele eines
göttlichen Reichtums und derartiger Glückseligkeit bewusst, dass er nicht anders
konnte, als die Stellung göttlicher Überlegenheit einzunehmen.
Dass Jakob den Pharao segnet, ist um so
bemerkenswerter, als er zu der Zeit von Ägypten der Speise halber abhängig war.
Äußerlich genommen war er ein armer alter Mann, und was seine eigene Geschichte
anlangt, so hatte er zu sagen: „wenig und böse waren die Tage meiner
Lebensjahre“ (V. 9). Und doch segnete er den Pharao!
Ich weiß nicht, ob man sagen darf, dass
sich Jakob am Ende höher als Abraham und Isaak erhob, doch ich denke, soweit uns
berichtet wird, trat er am Ende in einem klareren und bestimmteren Zeugnis
hervor. Am Ende von Kapitel 47 betete Israel an, und zwar wie Heb. 11, 21 sagt,
„über der Spitze seines Stabes“. Sein ganzes Herz war in Kanaan, er
wollte kein Begräbnis und Gedächtnis in Ägypten. Sein Glaube beanspruchte
sozusagen das verheißene Erbe, und er wollte im Begräbnis seiner Väter begraben
sein. Und im Bewusstsein dessen, dass Gott Seinem Vorsatz treu war, betete er
an. Er ergriff so im Glauben all die Verheißungen und das Erbe, so dass ihm
nichts übrig blieb, als anzubeten. Darin können wir den Triumph Gottes sehen.
Sein Ziel war schließlich erreicht.
Mein Eindruck ist, dass Gottes Zucht erst
am Ende bei einem jeden von uns die volle Reife zeitigt. Wir bedürfen ihrer bis
zum Ende. Bis dahin muss immer noch etwas abgelegt, etwas erworben und gelernt
werden.
Es ist sehr gesegnet, einen Heiligen am
Ende seiner Laufbahn gereift, als die Frucht des Werkes und der Zucht Gottes,
sehen zu können. Jakob betete an im Lichte des Erbes. Alles, außer Jehova, das
Erbe und der Weg, auf dem die Erben dafür bewahrt und erzogen werden würden,
hatte seinen Wert für ihn verloren. Wenn alles andere in unseren Herzen und
Gedanken seinen Platz verloren hat und uns nur das vor Augen steht, was Gott uns
gegeben hat, so würden wir Anbeter sein.
Gottes Zucht hat es bei einem jeden von uns
mit unserer tatsächlichen Schwachheit und den Ursachen unserer Verfehlungen zu
tun. Jeder von uns kommt unter die Zucht, die am wirksamsten zum Ziele führt.
Nun kommen wir zu Kapitel 48. In Verbindung
mit Jakob tritt uns da die Unumschränktheit Gottes in ganz hervorragender Weise
entgegen. Sie macht einen besonderen Zug der Geschichte aus. Joseph erhält der
Unumschränktheit gemäß das Erstgeburtsrecht. Er hatte zwei Söhne, Ephraim und
Manasse, und in ihnen empfing er ein doppeltes Teil. Alles geschah in
Unumschränktheit. Gott verfügte über alles Seinem eigenen Willen gemäß. Ruben
hatte das Erstgeburtsrecht verscherzt, und Joseph bekam es. Das wird uns in 1.
Chron. 5, 1 klar und deutlich gesagt.
Ich denke, der Tod Rahels wird hier
erwähnt, um zu zeigen, dass Jakob sich von dem zu trennen hatte, was ihn von
Natur fesselte. Rahel war die, auf die er sein Herz gerichtet hatte. Sie zu
verlieren, war wahrscheinlich seine schwerste Zucht. Was immer uns von Natur
fesselt, muss hinweggetan werden.
Zweifellos ist Rahel ein Bild von Israel,
und alle Hoffnungen und Erwartungen in Verbindung mit Israel nach dem Fleische
müssen in den Tod, auf dass zu Bethlehem alle Segnung in Verbindung mit Christo
komme. Rahel starb zu Bethlehem. Sie musste gehen, und Christus kam.
Alle Hoffnungen und Erwartungen müssen in
Christo ihren Mittelpunkt haben. Hierüber werden wir dadurch belehrt, dass der
König Saul zuerst nach Rahels Grabe gesandt wurde (1. Sam. 10, 2). Der erste
Punkt seiner Erziehung im Blick auf das Reich war, dorthin zu gehen. Er sollte
das Ende von allem, was in Verbindung mit der Natur steht, sehen. Seine große
Ahne war dort begraben. Er musste zum Grabe alles dessen gehen, was von Natur
anziehend war, und was unsere Hoffnungen dem Fleische nach so leicht zu ihrem
Mittelpunkt machen.
Wenn er die sittliche Bedeutung davon
verstanden hätte, so wäre er ein anderer Mann geworden, und die Worte hätten
sich erfüllt: „du... wirst in einen anderen Mann verwandelt werden“ (1.
Sam. 10, 6).
Wir alle haben zu lernen, dass das, was von
Gott und von wahrem Werte ist, mit Christo in Verbindung steht. Christus ward
aus Israel geboren, doch die Segnung ist im Samen Israels und nicht in Israel
selbst. Rahel brachte einen wunderbaren Samen hervor, sie war die Mutter Josephs
und Benjamins. Die Mutter selbst starb, doch jede wahre Hoffnung und Segnung kam
in dem Samen, d.h. in Christo, zu neuem Leben und dauerte in Ihm fort.
Ich denke, in Joseph und dessen Kindern
empfing Jakob eine Entschädigung für den Verlust Rahels. Er erhielt im Bilde
einen Begriff von Christo in ihm.
Die Erwähnung Bethlehems stellt hier einen
schönen Zug der Hand des Geistes dar. Gerade dort, wo uns jeder natürliche
Gegenstand der Zuneigung im Stiche lässt, führt Gott das ein, was unsere Herzen
für immer befriedigen wird. Bethlehem ist „das Brothaus“.
Jeder natürliche Gegenstand der Zuneigung
versagt, doch am nämlichen Orte, wo Rahel starb, wird Christus geboren - welch
ein Brothaus ist doch Bethlehem! Wenn wir Christum vor uns haben und uns von Ihm
nähren, so haben wir das, was sättigt und bleibt. Er verdrängt alles.
Es ist nichts lehrreicher im Evangelium des
Johannes, als zu sehen, wie Er alles andere verdrängt. In Johannes 6 kommen wir
zum lebendigen Brot, d.h. zum wahren Bethlehem, zum wahren Brothause.
Jakob verstand die Unumschränktheit Gottes
im Segnen. Joseph nicht, er stellte seine Söhne in der rechten natürlichen
Ordnung vor ihn hin, nämlich Manasse so, dass Jakobs rechte Hand auf seinem
Haupte gewesen wäre - das wäre wohl die rechte natürliche Ordnung gewesen, aber
nicht die geistliche.
Nach Gottes Unumschränktheit sollte Ephraim
die Führerschaft haben. Die große Lehre der Geschichte Jakobs ist: „Also
liegt es nun nicht an dem Wollenden, noch an dem Laufenden, sondern an dem
begnadigenden Gott“ (Röm. 9, 16).
Gott ist in keiner Weise gebunden. Er kann
wie in 5. Mose 33 Simeon ausschließen und Ephraim und Manasse an dessen Stelle
setzen, und wird, wenn es Ihm gefällt, Ephraim, dem Jüngeren, den höchsten Segen
geben. Er geht darin den Weg der Unumschränktheit.
Wenn die Juden das gelernt hätten, so
würden sie Gottes Recht, die Nationen zu segnen, nicht bestritten haben. Gerade
der Umstand, dass einige von uns sich durch diese Dinge angezogen fühlen, ist
die Frucht der Unumschränktheit Gottes. Keiner wird seinen rechten Platz
einnehmen, bis er sich der Unumschränktheit Gottes unterwirft.
Der Unumschränktheit Gottes gemäß war das
Erstgeburtsrecht mit Joseph und das Königtum mit Juda verbunden. Beide reden von
Christo. Er ist sowohl Joseph als auch Juda. Ihm gehört die Erstgeburt und Er
ist der König.
1. Chron. 5, 1 - 2 ist eine wichtige
Schriftstelle. Sie zeigt, wie es Gott gefallen hat, das Erstgeburtsrecht in
Israel dem Joseph zu geben und das Königtum dem Juda. Juda ist der königliche
Stamm. Das sehen wir aus 1. Mose 49, 10.
Naturgemäß würde Joseph nur einen Stamm
umfasst haben, aber der Auswahl Gottes zufolge empfing er das doppelte Teil, und
so wird er durch zwei Stämme vertreten, und das auch in der zukünftigen Welt
(Hes. 48, 4 u. 5). Ihm gehört die Würde der Erstgeburt. Er hat den
hervorragendsten Platz unter den Stämmen. Er hat doppelten Anteil am Erbe (5.
Mose 21, 14), obschon er nicht das Königtum hat.
Der Besitz des Erbes ist eine Sache, aber
das Königtum eine andere. Das sind zwei verschiedene Gedanken. Das
Geschlechtsverzeichnis richtet sich nicht nach der Erstgeburt; es hat das
Königtum vor sich. Von Juda heißt es: „der Fürst kommt aus ihm“ (1.
Chron. 5, 2), und „nicht weichen wird das Zepter von Juda“ (1. Mose 49,
10). Im Tausendjährigen Reiche wird ein Fürst aus dem Hause Juda auf dem Throne
sein.
Was Gott bestimmt, führt Er aus. Alles
geschieht aufgrund Seiner Unumschränktheit. Wenn Er bestimmt, dass Juda das
Königtum haben soll, so wird er es haben, und so kommt Christus nicht nur als
Schilo, der Fürst des Friedens, sondern auch als der Löwe aus dem Stamme Juda
(Offb. 5, 5).
Der Hauptgedanke ist hier die
Unumschränktheit Gottes. Er verfügt über alles, sei es über das Erbe, indem Er
Joseph das doppelte Teil gibt, oder über das Königtum, das Er dem Juda gibt.
Nichts wird je daran etwas ändern.
Jakob stand als ein geistlicher Mann, der
vor Gott war, im Lichte alles dessen. Im nächsten Kapitel überschaut er die
ganze Geschichte seiner Söhne und sagt ihnen, was ihnen am Ende der Tage
begegnen wird (V. 1).
Dieses Kapitel ist in der Tat die
Geschichte des Menschen und der Gnade Gottes gegen den Menschen, und zeigt uns,
wie sich der Mensch ihr gegenüber verhält.
Schließlich sehen wir dann, wie die ganze
Segnung durch die Rettung Jehovas in Christo kommt, und außerdem durch Männer,
die durch den Geist in deren Genuss stehen.
In diesem bemerkenswerten prophetischen
Ausspruche bekommen wir einen gedrängten Überblick über das, was in der
Geschichte der Söhne Jakobs geschehen ist und noch geschehen wird. Und ihre
Geschichte ist in Wirklichkeit die des Menschen, sei es als das betrachtet, was
er von Natur ist, oder was die verschiedenen Züge anlangt, die nach der
Dazwischenkunft Gottes in Christo in ihm ans Licht kommen. Denn die
Dazwischenkunft Gottes haben wir prophetisch in diesem Kapitel besonders in
Verbindung mit Juda und Joseph, und in Benjamin sehen wir ein Bild von der
Macht, in der Christus am Ende mit allen Seinen Feinden verfahren wird.
Der Segen Moses in 5. Mose 33 hat es mehr
mit dem Vorsatz Gottes zu tun. Doch hier haben wir die Unterweisungen, die das
Volk erfahrungsgemäß in seiner Geschichte zu lernen hatte. Alles hat es mehr mit
sittlichen Grundgedanken in den Wegen Gottes zu tun.
Es wird uns helfen, von vornherein zu
sehen, dass das Kapitel in vier Teile zerfällt, denen je drei Stämme angehören.
In Ruben, Simeon und Levi haben wir den natürlichen Zustand des Menschen. Wir
sehen ihn hier in den Söhnen Jakobs, aber in Wirklichkeit handelt es sich um den
natürlichen Zustand des Menschen im Allgemeinen. In Sebulon, Issaschar und Dan
sehen wir die Einflüsse, die sogar dann zum Abfall führen, nachdem Gottes
Segnung gekommen ist. In Gad, Aser und Naphtali sehen wir dann die Macht und
Wirksamkeit der Errettung Gottes, die der Glaube kennt und erwartet, sobald der
Zustand des Menschen wirklich erkannt wird. Und wenn er ihn erkennt, sieht er
auch, wie der Mensch sogar, nachdem Christus gekommen ist, verkehrten Einflüssen
anheimfällt. Die noch verbleibenden drei Stämme, Juda, Joseph und Benjamin,
reden auf verschiedene Weise von Christo. Das Kapitel zerfällt somit ganz klar
in vier Teile, und es enthält viele wichtige Belehrungen.
Zuerst finden wir den Zustand des
natürlichen Menschen: Verderbtheit in Ruben und Gewalttat in
Simeon und Levi. „Aufwallend“ bedeutet soviel wie
„ungestüm“. Der Mensch lässt sich einfach von der Macht seiner Begierden und
Lüste fortreißen, lässt sich nicht durch den Willen Gottes zügeln. Und wenn
irgend etwas seinem Willen oder Hochmut in die Quere kommt, so wird er
gewalttätig. Simeon und Levi hatten Grund zu ihrer Entrüstung, aber sie
handelten in dem Hochmut und der Gewalttätigkeit der Natur, und ganz und gar
nicht in der Furcht Gottes.
Solches Tun bringt das Gericht über ganze
Völker wie auch über Einzelne. Das können wir aus Amos 1 und 2 sehen. Auch
dieser Ausspruch wird nach Vers 28 ein „Segen“ genannt, denn wenn uns der wahre
Zustand des Menschen bloßgestellt wird und die Einflüsse, die uns von Gott
abbringen, so ist das ein Segen, weil das den Weg zur Segnung anbahnt. Buße ist
ein Segen, obwohl keiner, der an sich schon Segensgüter in sich begreift.
Tatsache ist, dass durch Jakobs Aussprüche göttliches Licht auf ihre ganze
Geschichte fiel, wenn sie sich das nur zu Herzen genommen hätten.
In Juda sehen wir, wie Gottes
siegreiche Macht um des Menschen willen eingreift. Gleich zu Anfang wird seiner
als Gegenstand des Preises Erwähnung getan, im auffälligen Gegensatze zu den
drei vorhergehenden Stämmen, die bloßgestellt werden mussten. Was ihn
kennzeichnete, ist siegreiche Macht über alle seine Feinde und der Platz des
Preises und Vorrangs unter seinen Brüdern.
Wir können nicht anders, als hier Den
sehen, der der Löwe aus dem Stamme Juda ist (Offb. 5, 5). Er ist siegreich, hat
die Fürstentümer und Gewalten zuschanden gemacht (Kol. 2, 15) und hat die
unumstrittene Oberherrschaft. David ist in diesem Sinne ein Bild von Christo,
indem er sich Preis und Vorrang durch seine Siege sicherte. Er erschlug
„seine Zehntausende“ (1. Sam. 18, 7).
Jeder Macht, die Gottes Recht, Sein Volk zu
segnen, angetastet haben würde, ist der wahre David entgegen getreten und hat
sie niedergeworfen. Jetzt ist Seine Hand auf dem Nacken Seiner Feinde, und Er
besitzt königliche Macht, die imstande ist, die Fülle tausendjähriger Segnung
herbeizuführen. Jeder sich der Segnung des Menschen widersetzenden Macht ist der
Löwe aus dem Stamme Juda entgegen getreten. Das Zepter ist jetzt in Seiner Hand,
Er ist zum Herrn und zum Christus gemacht und mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt
worden. „Schilo“ bedeutet „der Fürst des Friedens“ - der wahre Salomo -, und Er
wird der Mittelpunkt, um den sich die gehorsamen Völker scharen.
Der Gesetzgeber („Herrscherstab“, V.
10) wird hier erwähnt, weil es wichtig ist, gehorsam zu werden. Mit Bezug auf
„Schilo“ heißt es: „ihm werden die Völker gehorchen“. Jeder muss Seine
Oberhoheit anerkennen. Die Ausübung der Herrschaft vom Stamme Juda aus gründet
sich auf die Tatsache, dass Er, der der Friedenschaffende ist, den völligen Sieg
errungen hat.
Gottes Macht hat sich ins Mittel gelegt,
damit der Mensch gesegnet werden kann. Er erhält als Herr bei uns Seinen Platz,
wenn wir sehen, wie wunderbar und mächtig Er um unseretwillen eingegriffen hat.
Vers 11 und 12 haben die Einführung der
tausendjährigen Segnung zum Gegenstande. Im Gegensatz zu Johannes 2, wo es an
Wein mangelte, wird es dann Wein im Überfluss geben. In dieser Schriftstelle
sehen wir keinen Mangel, sondern großen Überfluss daran. Das deutet auf die
Fülle göttlicher Freude hin.
Juda stellt den siegreichen Christus in
königlicher Macht dar, der den Segen austeilt und Freude in Fülle bringt.
Obschon das Tausendjährige Reich noch nicht gekommen ist, so kann doch schon die
Fülle des Segens und der Freude genossen werden.
In den Psalmen, in denen das Tausendjährige
Reich im Voraus empfunden wird, finden wir viele Ausdrücke der Freude und des
Preises. Die Freude des Reiches nun steht uns jetzt schon in geistlicher
Hinsicht offen. Die Fülle von Freude ist gekommen.
Johannes sagt: „dies schreiben wir euch,
auf dass eure Freude völlig sei“ (1. Joh. 1, 4). Dies sollte in unseren
Herzen eine Übung hervorrufen, weshalb nicht alle Kinder Gottes diese Freude
genießen. Wenn Gott in so wunderbarer Weise durch den wahren Juda eingegriffen
hat, um den Menschen zu segnen und eine göttliche Freude herbeizuführen, warum
genießen das nicht alle, die das in Verbindung mit dem wahren Juda anerkennen?
Die nächsten drei Stämme bilden die Antwort: Weil wir dem, was von der Welt ist,
Einlass gewähren.
Sebulon kommt durch den Handel in
Verbindung mit der Welt, denn Sidon ist ein Bild der Welt des Handels. Die
meisten von uns haben etwas mit dem Handel zu tun, doch hüten wir uns, dass
unsere Herzen ein Hafen für Schiffe werden.
Wenn wir ungebührlich von Geschäft und
Gelderwerb in Anspruch genommen werden, so hat sich das oft als ein Schritt zu
geistlichem Niedergang erwiesen. Nur zu oft sind dadurch die Heiligen in
sittliche Berührung mit der Welt gekommen. Ich glaube, dass viele dadurch
gehindert werden. Was man Vorwärtskommen nennt, ist sehr oft ein Rückgang.
Wie oft hört man davon, dass Gläubige ihre
Vorrechte etwas Geldes halber aufgegeben haben! Das ist eine ernste Übung für
einen jeden von uns. Sind wir wirklich nur deshalb hier, den Pfad des Willens
Gottes zu gehen, oder suchen wir irgendeinen Vorteil weltlicher Art für uns
selbst? Kommen wir irgendwie mit Sidon in Berührung?
Die Frage ist: Worauf ist unser Herz
gerichtet? Die wahre Übung jedes Heiligen ist, für den Willen Gottes hienieden
zu sein, und nicht um, wie man in der Welt sagt, vorwärts zu kommen. Wenn man
für den Willen Gottes hienieden ist, so sollte unser Pfad diesem Willen
entsprechen.
Von David heißt es: „als er seinen
Zeitgenossen durch den Willen Gottes gedient hatte“ (Apg. 13, 36). Das ist
das wahre Geschäft und die Würde eines Heiligen. Wenn es der Wille Gottes ist,
dass man an den Gütern dieser Welt zunimmt, so ist das ganz recht. Gott gefällt
es, es so zu fügen, dass einige Seiner Heiligen Mittel haben, ihren dürftigen
Brüdern damit zu dienen.
Die Frage ist: Lassen wir die Welt wegen
des Gewinnes, den wir von ihr haben, in unseren Herzen aufkommen? Wenn ein
Heiliger diesen Pfad betritt, so befindet er sich in Wahrheit auf demselben
Pfade wie die Welt, und gar bald erstreckt sich seine Grenze bis nach Sidon hin.
Doch wenn Gottes Errettung kommt, so macht sie Sein Volk von alledem frei.
Den nächsten Schritt auf der abschüssigen
Bahn sehen wir bei Issaschar. „Issaschar ist ein knochiger Esel,
der sich lagert zwischen den Hürden. Und er sah, dass die Ruhe gut und dass das
Land lieblich war; und er beugte seine Schulter zum Lasttragen und war ein
fronpflichtiger Knecht“ (V. 14 u. 15). Issaschar ist ein Esel, der sich bar
in ganz anderer Lage befindet als der Esel in Vers 11. Statt in Segnung und
Freude, also wohlgenährt zu sein, ist er knochig und in Knechtschaft.
Und was hat ihn in diesen Zustand gebracht?
Der Wunsch, angenehme Tage zu haben, und einen bequemen Pfad in Beziehung zur
Welt. Doch um dies tun zu können, musste er seine Freiheit als Knecht Gottes
opfern, und er kam unter die Knechtschaft der Welt. Wenn du Gott und den
Menschen gefallen willst, kommst du nur in Knechtschaft. Du wirst dich zwischen
zwei Hürden befinden. Du kannst dir aus Selbstsucht keinen leichten Pfad sichern
und deine geistliche Freiheit behalten. Mancher Gläubige ist gleichsam dadurch
eingeengt, dass er den Wunsch hatte, mit anderen bequem voranzugehen, und so
geriet er unter völlige Knechtschaft und wurde ein Sklave. Er fürchtet sich, mit
den Leuten über Christum zu reden. Paulus sagt: „Wenn ich noch Menschen
gefiele, so wäre ich Christi Knecht nicht“ (Gal. 1, 10).
Wenn wir zur Rettung Gottes kommen, so
haben wir Freiheit. „Naphtali ist eine losgelassene Hindin“ (V. 21). Wenn
du dich in Knechtschaft fühlst und darüber mit Gott verkehrst, so wirst du in
der Kraft Seiner Errettung durchbrechen und frei sein. Ich denke, wir alle
wissen, wie leicht es ist, in Knechtschaft zu geraten. Doch wir sollten uns frei
zu halten suchen, von Christo zu reden. Je länger wir mit Leuten nach deren
Gedanken Umgang pflegen, desto schwieriger ist es, unseren Mund für Christum zu
öffnen.
Ein Schritt abwärts führt zu einem anderen.
Zuerst sahen wir in Sebulon das Verlangen nach weltlichem Gewinn, alsdann in
Issaschar das, ruhige und bequeme Tage zu haben, und nun wird Dan
eine Schlange am Wege. Dass Dan sein Volk richten wird (V. 16), zeigt den Platz,
den er haben sollte, und er wird schließlich eine angesehene Stellung im Lande
erlangen. Er ist der Erste, der in Hesekiel 48 sein Teil zugewiesen bekommt,
aber das geschieht, nachdem Jehovas Errettung für ihn gekommen ist. Vorher hat
er eine traurige Geschichte.
Dan war der erste Stamm, der offensichtlich
den Götzendienst einführte. Sie stahlen das geschnitzte Bild Michas und alle die
Prunkstücke, die zum Götzendienste gehörten, und nahmen den Enkel Moses und
machten ihn zu ihrem Priester (Richter 17 u. 18). Sie übernahmen als Stamm die
Führerschaft im Götzendienst. Die Laufbahn des Niedergangs führt, wenn sie
weiter verfolgt wird, dahin, dass man sich dem, was von Gott ist, widersetzt.
Sie führt zum Abfall.
Es ist sehr ernst, den Lauf auf der
abschüssigen Bahn zu beginnen, denn man weiß nicht, wo er endet. Viele, die
einst mit Brot brachen, sind jetzt in der Welt und scheinen jede göttliche
Zurückhaltung von sich geworfen zu haben, und man zittert bei dem Gedanken, was
das Ende sein wird.
Es ist gut, auf die ersten Anzeichen des
Niedergangs zu achten und sich zu Gott, Seiner Rettung halber, zu wenden. Gott
sei Dank, dass für jeden von uns Rettung vorhanden ist! Möchten wir allezeit
solche Gewissen haben, die schon die ersten Kennzeichen des Niedergangs und des
Abweichens empfinden, und Seelen, die schnell bereit sind, sich zu Gott, Seiner
Rettung halber, zu wenden!
Als Jakob Dan als einen Widersacher und
Abtrünnigen sieht, sagte er: „Auf Deine Rettung harre ich, Jehova!“ (V.
18). Er erkennt, wie hoffnungslos alles ist, wenn allein der Mensch an sich in
Frage kommt, und dass, wenn etwas für Gott da sein soll, dieses die Folge Seiner
Rettung sein muss.
Vers 18 ist der Wendepunkt des Kapitels.
Bis dahin sehen wir auf Seiten des Menschen nichts als Verfall, sei es, was den
Zustand des natürlichen Menschen anlangt oder die mannigfaltigen Züge des
Abweichens, die Gottes Volk kennzeichnen, wenn es unter den Einfluss der Welt
gerät.
Wenn irgend etwas bewahrt oder
wiederhergestellt wird, so muss das in der Kraft der Rettung Gottes geschehen.
Die Folge des Wartens auf die Rettung Gottes ist Kraft zum Überwinden, Sättigung
und Freiheit, wie wir es in Gad, Aser und Naphtali sehen.
Sebulon und Issaschar waren überwunden
worden, und der Feind hatte einen starken Angriff auf Gad gemacht -
„Gad, Scharen werden ihn drängen“. Was ihn jedoch kennzeichnet, ist, dass
er am Ende überwindet. Jehovas Rettung macht ihn zu einem Überwinder.
Wie viele der Heiligen in der Heiligen
Schrift haben diese Erfahrung gemacht! Jakob, David, Petrus, Markus sind
Beispiele von Männern, die ihre eigene Schwachheit den Angriffen des Feindes
aussetzten, aber Gottes Rettung wurde ihnen zuteil, und sie endeten als
Überwinder. Jeder von ihnen endete gut.
Man möchte gerne als ein Überwinder enden,
denn solche bekommen ein gutes Teil. Das sehen wir in Aser und Naphtali: „Aus
Aser wird sein Brot fett sein, und er wird königliche Leckerbissen geben.
Napthali ist eine losgelassene Hindin; er, der schöne Worte gibt“ (V. 20 u.
21). Da haben wir den Überwinder gesättigt und in Freiheit, und so kann er
anderen dienen.
Alles das steht im schroffen Gegensatz zu
der Magerkeit und Knechtschaft, die Issaschar, den „knochigen Esel“
kennzeichnen. Aser ist glücklich und wohlgenährt durch gute Speise, und hat noch
Gutes für andere übrig. Von ihm kommen „königliche Leckerbissen“.
Es ist ein Kennzeichen des Hauses Gottes,
dass wer dort ist, „Überfluss an Brot“ hat (Luk. 15, 17).
Napthali alsdann ist in völliger Freiheit.
Nichts hält seine Bewegungen auf, und auch er kann anderen dienen. Das zeigt,
dass der, der in der Kraft der Rettung Gottes überwindet, nicht nur selbst den
Nutzen davon hat, sondern eine Quelle des Segens für andere wird.
Alles das ist von besonderer Bedeutung, da
es erforderlich ist, das Herz freizumachen, um einen ausgedehnteren Ausblick auf
Christum zu genießen. Es scheint mir, dass die Folge hiervon eine große Zunahme
an Verständnis über Christum und in der Wertschätzung Christi ist. Und das ist
ein solches Verständnis über Ihn, wie wir es im Bilde in Joseph sehen.
Joseph stellt Christum dar, und zugleich,
wie erweitert und ausgedehnt der Segen durch Ihn ist. Er ist „ein fruchtbarer
Baum am Quell“, Dessen Schößlinge über die Mauer treiben (V. 22) und
grenzenlose Segnungen sind auf Seinem Haupte (V. 25 u. 26).
Seelen, die im Segen der Rettung Gottes
stehen, werden von allem befreit, was die Erkenntnis Christi hindert. Es ist
etwas Großes, von den Einflüssen der Welt und den Grundsätzen, die im Fleische
wirken, wirklich so frei zu sein, dass wir in der Erkenntnis Christi zunehmen.
Ein Mann, dessen Grenze an Sidon heranreicht oder der sich zwischen zwei Hürden
befindet, kann sich nicht ausdehnen.
Es ist darauf hingewiesen worden, dass in
den letzten vier Sendschreiben in Offenbarung 2 und 3 die Worte „wer ein Ohr
hat“ nach der Verheißung an den Überwinder kommen, was besagt, dass nur der
Überwinder ein Ohr haben würde. Um einen Dienst von Christo zu schätzen und zu
empfangen, ist ein geistlicher Zustand erforderlich. Das sehen wir in den beiden
Korintherbriefen.
Paulus‘ Herz war voll von den grenzenlosen
Segnungen in Christo, aber er befand sich in einer beengten Lage des
fleischlichen Zustandes der Korinther wegen (1. Kor. 3, 1 - 3). Doch in seinem
zweiten Briefe konnte er sagen: „Unser Mund ist zu euch aufgetan, ihr
Korinther; unser Herz ist weit geworden ... werdet auch ihr weit“ (2. Kor.
6, 11 - 13). Da Selbstgericht stattgefunden hatte, so war die Möglichkeit zur
Ausdehnung gegeben.
Die Segnung Josephs zeigt den großen Umfang
des Segens, der dadurch gekommen ist, dass Christus Seinen Platz des
Nasiräertums zur Rechten Gottes eingenommen hat. Hienieden waren Ihm Schranken
gesetzt, aber nun ist Er ihnen allen enthoben: Seine Frucht geht über die
Grenzen Israels hinaus. In der Kraft des Geistes ist Er die Quelle der Frucht
unter den Nationen, von Seinen Brüdern jedoch ist Er gehasst, verworfen und
abgesondert. Jede Segnung ist auf Seinem Haupte. In dieser Weise kennen wir Ihn
jetzt im Himmel, und Seine Zweige erstrecken sich in Segnung über die Mauer zu
den Nationen.
In Vers 25 und 26 haben wir grenzenlose
Segnungen, die alles Vorangegangene übersteigen. Die „Segnungen meiner
Voreltern“ beziehen sich auf die dem Abraham und Isaak gegebenen
Verheißungen, sie sind alle Ja und Amen in Christo. Gegenwärtig aber sind in
Ihm, dem auferstandenen und aufgefahrenen Himmlischen, Segnungen ans Licht
gekommen, wie sie in jenen Verheißungen überhaupt nicht ausgesprochen worden
waren.
Dass Heilige Himmlische sein und in der
Sohnschaft einer himmlischen Ordnung da stehen und jede geistliche Segnung in
den himmlischen Örtern in Christo haben sollten, kam in den alttestamentlichen
Verheißungen überhaupt nicht ans Licht. Alles dies wird gleichsam auf das Haupt
Christi, des von Israel Abgesonderten, gehäuft. Ihm wurde, nun Er Sich
verherrlicht zur Rechten Gottes befindet, eine ganz besondere Ausdehnung des
Segens zuteil. Und die Kirche hat an allem, was Er in jener Stellung ist und
hat, teil.
Mit Bezug auf Seinen Platz im Himmel sagte
Er: „ich heilige mich selbst für sie, auf dass auch sie Geheiligte seien
durch Wahrheit“ (Joh. 17, 19).
Die Segnungen erstrecken sich „bis zur
Grenze der ewigen Hügel“ (V. 26). Das deutet auf eine schrankenlose
Ausdehnung der Segnung in Verbindung mit einem auferstandenen und verherrlichten
Christus, in Verbindung mit dem Abgesonderten von Seinen Brüdern. Er ist
hienieden gewesen und ist gehasst worden, „die Bogenschützen haben ihn
gereizt, nach ihm geschossen und ihn gehasst“. Doch der Umstand, dass Er
hienieden abgewiesen wurde, hat Ihn von allen Schranken befreit. Er ist zur
Rechten Gottes gegangen, und Seine Zweige gehen über die Mauer.
Der Umfang des Segens ist so groß, dass
alle Nationen erforderlich sind, von ihm Besitz zu ergreifen. Die Juden waren in
Wirklichkeit nicht genug, Gottes Haus zu füllen. Die Nationen mussten herbei
kommen, sonst wären leere Plätze vorhanden gewesen.
In Johannes 4 sehen wir, wie die Zweige
über die Mauer zu den Samaritern gehen, und das Weib und andere hatten teil an
Seiner Frucht, und wir können sagen, wurden Seine Frucht. Denn der
„fruchtbare Baum“ trug nicht nur Frucht für Menschen, sondern auch für Gott.
Der Herr redet in Johannes 4 davon, dass der Vater Anbeter sucht. Für den Vater
sollte es etwas sehr Kostbares geben, das außerhalb der Einschränkungen lag.
„Dieser Berg“ und „Jerusalem“ waren begrenzte Kreise. Das jedoch,
wovon der Herr redete, lag außerhalb solcher Schranken, es war Anbetung „in
Geist und Wahrheit“. „In Geist“ entspricht dem, was Gott Seinem Wesen
nach ist - Er ist ein Geist. Und „in Wahrheit“ entspricht Seiner
Offenbarung im Sohne.
Wenn wir da hin kommen, sind wir außerhalb
aller Einschränkungen. Dann sind wir in der Gegenwart Gottes, der in unendlicher
Liebe geoffenbart ist, und dort können wir nur Anbeter sein. Dieser „fruchtbare
Baum“ hat für das Herz des Vaters köstliche Frucht gebracht.
Der Mensch im Fleische ist in dem Opfer,
das der am Kreuze erhöhte Sohn des Menschen brachte, hinweggetan worden, und nun
werden Menschen im Geiste zu Anbetern, da sie in das Licht Gottes gebracht sind,
der Sich in Seinem geliebten Sohne geoffenbart hat.
Johannes 4 setzt natürlich den Tag des
Geistes voraus, und ich habe gedacht, dass wir im Kolosserbriefe sehen, wie die
Zweige über die Mauer geben, ja überhaupt im ganzen Dienste des Paulus, denn
sein Dienst hatte Frucht für Gott unter den Nationen zum Ziel. Im Kolosserbrief
redet er von dem Geheimnis, „welches ist Christus in euch, die Hoffnung der
Herrlichkeit“ (Kap. 1, 27), und von den gesegneten Wesenszügen Christi, die
in den Heiligen aus den Nationen zum Vorschein kommen sollten. Da sehen wir, wie
die Zweige über die Mauer gehen und dort fruchtbar sind.
Um in dem Segen hiervon zu stehen, müssen
wir Seine Verwerfung annehmen. Die vorliegende Schriftstelle lässt uns erkennen,
dass Der, der das Wohlgefallen des Vaters war, von den Menschen gehasst wurde
und keinen Platz in der Welt des Menschen hatte. In Seiner eigenen Person
brachte Er dem Vater jede Art wohlannehmlicher Frucht, aber „die
Bogenschützen haben ... nach ihm geschossen und ihn gehasst“. Doch Er wurde
gestärkt und unterstützt „durch die Hände des Mächtigen Jakobs“(V. 24).
Sein war die Stärke vollkommener Abhängigkeit, die Hände des Mächtigen ruhten
auf Ihm.
In dem hier gebrauchten Bilde hält einer
den Bogen, aber die auf seine Hände gelegten Hände eines anderen unterstützen
ihn, den Bogen zu spannen. So könnte ein starker Mann seine Hände auf die eines
kleinen Kindes legen und sie befähigen, das zu tun, was nur eines Mannes Kraft
vermag.
Als Christus hienieden war, war er ein
holdseliger Mensch in dieser Welt, von dem wir mit aller Ehrfurcht sagen können,
dass Gott Seine Hände auf Ihn legen konnte. Jes. 49, 8 zeigt uns den wunderbaren
Platz, den Christus als Mensch hienieden inne hatte. Seine Stärke lag in
Abhängigkeit. Er schrie zu Gott, und Gott antwortete Ihm zur Zeit der Annehmung.
Dort heißt es: „Zur Zeit der Annehmung habe ich dich erhört, und am Tage des
Heils habe ich dir geholfen“.
Es ist nun sehr wunderbar, in 2. Kor. 6, 2
zu sehen, dass die Heiligen den nämlichen Platz wie Christus innehaben, dass sie
also erhört und gestärkt werden, und dass ihnen geholfen wird, wie es Christi
Teil war. Es ist auch ihr Vorrecht, durch die Hände des Mächtigen Jakobs
gestärkt zu werden. Die Heiligen haben Seinen Platz in der Welt, „weil ihr
aber nicht von der Welt seid..., darum hasst euch die Welt“ (Joh. 15, 19).
Doch sie haben auch Seinen Platz der Stärke, dadurch dass sie erhört werden und
Gott ihnen hilft.
Der „Stein Israels“ wird in einem
schönen Zwischensatze erwähnt, um zu zeigen, dass der Mächtige Jakobs die Quelle
von allem ist. Er ersieht den Hirten, der für Sein Volk sorgt, und der auch der
„Stein Israels“ ist, auf dem alles im Reiche ruhen wird. Mit einem Steine stehen
Dauerhaftigkeit, Standhaftigkeit und Schmuck in Verbindung. Festigkeit
kennzeichnet den in Zion gelegten Grundstein (Jes. 28, 16), und Sach. 3, 9 und
4, 10 reden von einem Steine mit sieben Augen, die wahrscheinlich auf die
siebenfältige Befähigung zur Herrschaft hinweisen, von der in Jes. 11, 2 die
Rede ist. Er ist sowohl das Haupt der Ecke als auch die Grundlage (Ps. 118, 22).
Doch Er wurde zuerst von den Bauleuten verworfen.
In Vers 25 dehnt sich die Segnung ins
Unermessliche aus: „er wird dich segnen mit Segnungen des Himmels droben, mit
Segnungen von oben, mit Segnungen der Tiefe, die unten liegt, mit Segnungen der
Brüste und des Mutterleibes. Die Segnungen deines Vaters überragen die Segnungen
meiner Voreltern bis zur Grenze der ewigen Hügel, sie werden sein auf dem Hause
Josephs und auf dem Scheitel des Abgesonderten von seinen Brüdern“. Alles
wird auf Josephs Haupt gehäuft.
Von Christo in der Auferstehung, also von
Dem, der „Länge der Tage immer und ewiglich“ hat, heißt es: „Denn zu
Segnungen setzest du ihn ewiglich; du erfreutest ihn mit Freude durch dein
Angesicht“ (Ps. 21, 4 u. 6). Gott hat Ihn ewiglich gesegnet (Ps. 45, 2), Er
hat Raum gewonnen im Himmel. Hienieden war Er bis zum Kreuze beengt, so dass Er
im Blick auf Seine Taufe sagen musste: „wie bin ich beengt, bis sie
vollbracht ist!“ (Luk. 12, 50). Doch nun ist Er jenseits des Todes, und all
die Fülle des Segens, die im Herzen Gottes für den Menschen ist, ist auf Seinem
Haupte. Und als der Himmlische hat Er eine ungeheure Schar himmlischer Genossen,
die mit Ihm all die Segnung teilen, die auf Ihm in der Herrlichkeit zur Rechten
Gottes ruht.
Benjamin wird ein reißender Wolf genannt
(V. 27), weil er ein Bild von Christo ist, der mit Macht kommen wird, alle Seine
Feinde und die Feinde Seines Volkes Israel zu vernichten. Wenn Er verworfen
worden ist, so ist es klar, dass gegen Seine Feinde vorgegangen werden muss.
In Joseph bekommen wir einen Begriff von
der wunderbaren Art der Segnung, die mit Ihm, dem Abgesonderten von Seinen
Brüdern, verbunden ist. Das bezieht sich auf die Zeit, wo Er zur Rechten Gottes
ist und der Geist denen, die mit Ihm leiden und Seine Miterben sind, gegeben
ist. Doch Benjamin stellt Christum als Den dar, der kommt, um Seine Feinde zu
vernichten. Er zerreißt die Stücke und verzehrt den Raub und verteilt die Beute.
Ich habe das mit Psalm 80 verbunden. Dort
heißt es in Vers 1: „Hirte Israels, der du Joseph leitest wie eine Herde“.
In Vers 8 wird dann Israel als ein aus Ägypten gebrachter, von Ihm gepflanzter
Weinstock betrachtet. Doch in Vers 13 zerwühlt und verwüstet der Eber aus dem
Walde diesen Weinstock, und das Wild des Feldes weidet ihn ab. In Vers 14 haben
wir dann einen Schrei: „Gott der Heerscharen, kehre doch wieder! Schaue vom
Himmel und sieh und nimm dich dieses Weinstocks an“. Mit diesem Zustande hat
es Benjamin zu tun.
Gottes Weinstock, Seine liebliche Pflanzung
- Israel - ist von dem Eber des Waldes und den Tieren des Feldes verwüstet und
zerstört worden. In Vers 17 kommen wir dann zu Benjamin: „Deine Hand sei auf
dem Manne deiner Rechten, auf dem Menschensohn, den du dir gestärkt hast!“
Das ist Benjamin, der Sohn der Rechten
Seines Vaters. Er wird kommen, den Eber des Waldes und das Wild des Feldes zu
vernichten und die Fruchtbarkeit des Weinstocks und Jehovas Wohlgefallen an ihm
wiederherzustellen. Christus wird alles zerstören, was sich der Segnung des
Volkes Gottes widersetzt, und wird dann Freude an Seinem Weinstock haben. Gott
steht im Begriff, den Schauplatz durch Gericht zu reinigen, damit nichts der
vollen Segnung im Wege steht, und Benjamin stellt die Macht Christi dar, die
dies zustande bringt.
Die Zeit hierfür ist noch nicht gekommen,
und so können wir für die Menschen beten, sogar für böse Menschen und Verfolger,
damit sie bekehrt und gesegnet werden. Doch der Tag wird kommen, wo „ein
plötzliches Verderben“ über die Widersacher kommen wird (1. Thess. 5, 3),
und die Heiligen werden an jenem Tage mit dem in Einklang stehen, was Gott tut,
ebenso wie sie das heute sind. Dann werden sie, wenn Babylon niedergeworfen ist,
sagen: „Amen, Halleluja!“, weil Gott in jenen Tagen in vernichtenden Gerichten
handelt. Seine Pfeile werden scharf sein im Herzen der Feinde des Königs (Ps.
45, 5).
Wenn wir dieses Bild auf die Gegenwart
anwenden, so können wir sagen, dass Seine Pfeile heute in Gnade abgeschossen
werden. Sie überführen uns, aber sie sind in einen heilenden Balsam getaucht.
Sie durchbohren die Fugen der Waffenrüstung mancher, demütigen den Eigendünkel
und führen den Menschen dahin, nach Christo der Segnung halber auszuschauen, und
Er versagt sie nie.
Doch schließlich werden Seine Pfeile
anderer Art sein. Sie werden auf Seine Feinde gerichtet, die dann vor Ihm der
Zerstörung anheimfallen. Es muss so sein, Gottes Macht muss eingreifen. Eine
Welt der Auflehnung und Gesetzlosigkeit kann nicht fortbestehen. Gottes Rechte
werden jeden Tag herausgefordert und Sein Name gelästert. Er kann nicht zugeben,
dass ein solcher Zustand andauert. Es wird eine Zeit kommen, wo Seine Macht sich
durchsetzen muss. Wie groß auch Gottes Geduld und Langmut ist, Er ist nie
gleichgültig gegen das Böse. Er trägt es lange, aber das hat immer eine Grenze.
Methusalah hatte, der Langmut Gottes zum
Zeugnis, ein sehr langes Leben. Aber als die Grenze erreicht war, griff Gott im
Gericht durch die Flut ein. Die Gesetzlosigkeit des Menschen wird ihren
Höhepunkt in dem Tiere und dem Antichristen erreichen, und dann wird die Macht
der Zerstörung, von der Benjamin ein Bild ist, eingreifen.
Wir wollen nun noch ganz kurz das letzte
Kapitel berühren. Das Kommen Christi in der Wesensart Benjamins, wovon wir
soeben gesprochen haben, bahnt den Weg zur Erfüllung aller Verheißungen Gottes
in Bezug auf das verheißene Land. Und so schließt das Buch mit dem Glauben
Jakobs und Josephs über Kanaan. Jakob wollte dort bei seinen Vätern begraben
sein, und Joseph wollte seine Gebeine dort hingebracht haben.
Das zeigt uns den Glauben dieser Männer
hinsichtlich der Erfüllung der Verheißungen Gottes über das Land. Nachdem
Benjamin gekommen und die Widersacher vernichtet sind, wird Errettung in Zion
sein, und alle die Verheißungen über den Besitz Kanaans durch Israel werden
erfüllt werden.
Weder Jakob noch Joseph wollten in Ägypten
begraben sein. Sie beide hatten dort ihren Platz und wurden daselbst infolge der
Anordnung Gottes eine Zeit lang versorgt. Doch Ägypten war nicht das Land der
Verheißung Jehovas.
Ich glaube, Joseph hätte auf jeden Fall
eine große Pyramide als Grabmal bekommen können. Er hatte Anspruch darauf, dass
sein Name und seine Taten in Ägypten dauernd festgehalten wurden. Doch er sagte
gleichsam: Wohl kamen Ägyptens Tage für uns, es hatte einen Platz in den Wegen
Gottes mit Israel, aber es ist nicht das Ziel dieser Wege: Die Verheißungen
haben es mit Kanaan zu tun und werden nicht eher erfüllt sein, als bis Israel
dort ist, und deshalb sind mein Herz und auch alle meine Beziehungen dort.
Weder Jakob noch Joseph sahen die Erfüllung
der Verheißung, wie überhaupt keiner der Stammväter. Vom Standpunkte der Natur
aus schien das Unwahrscheinlichste zu sein, dass Kanaan je ihr Besitztum werde.
Doch sie starben im Glauben, sie waren nicht enttäuscht. Sie dachten nicht, dass
Gott sie oder Sein Volk im Stiche gelassen hätte. Und zweifellos hatten sie auch
etwas Erkenntnis über Christum als Den, durch den alles zustande kommen würde.
Gegenwärtig sind die Verheißungen, die
Jakob und Joseph liebten, nicht in dem Glauben und Herzen Israels lebendig, es
sei denn in einem „Überrest nach Wahl der Gnade“ (Röm. 11, 5) in der
Kirche. Doch was sie liebten, erfasst der Glaube der Versammlung, wenn auch
nicht als unser Teil, das ja himmlisch ist, sondern als das sichere Teil
Israels.
Wir sind gewiss, dass Gott die Verheißungen
über Israel und Kanaan erfüllen wird, als ob wir sie erfüllt gesehen hätten.
Joseph hinterließ ein ungewöhnliches Zeugnis seines Glaubens: Seine Gebeine
sollten hinauf getragen werden, und so balsamierte man ihn ein und legte ihn in
einen Sarg in Ägypten. Das war für Israel während der Zeit ihrer Knechtschaft in
Ägypten ein hervorragendes Zeugnis der Erfüllung der Verheißungen.
Welch ein trauriges Zeugnis des Unglaubens
bekommen wir dann am Ende von den Brüdern Josephs. Sie hatten siebzehn Jahre von
seiner Freigebigkeit gelebt, und er hatte ihnen das Beste von allem gegeben, und
doch zeigte sich, als Jakob starb, dass sie sein Herz überhaupt nicht kannten!
Sie kannten ihn in Wirklichkeit nicht und glaubten nicht an seine Liebe.
Wie oft steht es so mit den Gläubigen
heutzutage! Jahrelang haben sie von der Freigebigkeit Christi gelebt, und doch
kennen sie die Gedanken Seines Herzens so wenig, um vollkommenes Vertrauen zu
Ihm haben zu können!
Abschrift Nicole F