Dispensationalismus contra Bundestheologie
Diese Überschrift verheißt
vielleicht kalte Dogmatik bzw. reine Theologie. Doch möchten wir den
Leser dazu auffordern, sich mit diesem Thema intensiv auseinander zu
setzen. Es geht durchaus nicht um reine Theologie, sondern um das
zentrale Wesen des Christentums. Was unterscheidet die Zeit, in der
wir leben, was das Handeln Gottes mit seinem Volk angeht, von
vorherigen und was hat das für Auswirkungen auf unser Leben? Es ist
von großer Bedeutung, ob wir nun glauben, dass wir eine irdische
Verheißung oder eine himmlische Verheißung haben. Die eine richtet
unser Auge auf die sichtbaren Dinge und die andere auf die Dinge,
die droben sind, wo der Christus ist. Hat Christus nun mit Seiner
Brautgemeinde einen Bund geschlossen oder ist das Verhältnis von
Braut und Bräutigam etwas ganz anderes. Auch die Frage, ob Israel
als Volk auf dieser Erde eine Zukunft hat oder ob es nur ein
geistliches Israel gibt, das von Gott noch anerkannt ist und das
heute in der Kirche aufgegangen ist, wird unseren Blick für die
Dinge, die in dieser Welt passieren, verändern. Wenn die
prophetischen Schriften gar nicht buchstäblich in Erfüllung gehen,
stellt sich dann nicht die Frage: Worauf kann ich mich dann
eigentlich noch verlassen, wenn Gott spricht? Wird es nicht auf mein
Leben einen fundamentalen Unterschied machen, ob ich erwarte, dass
unser Herr heute kommen kann, als wenn ich der festen Überzeugung
bin, dass vor Seinem Kommen erst noch dies und das geschehen muss,
ja, was vielleicht erst in vielen Generationen eintreten wird?
Ob ich
überzeugt bin, dass Christen eine Berufung für die Erde oder für den
Himmel haben, wird Auswirkungen auf mein Verhältnis zur Politik und
mein Gemeindeverständnis haben.
Man sieht also, dass diese Fragen ganz existenziell für unser
Christenleben sind.
Auch wenn der Titel vielleicht zu der Vermutung Anlass gibt, so geht
es uns hier überhaupt nicht darum irgendeinen "ismus" zu
verteidigen. Dann wäre es egal, ob man dann nur ein bisschen links
oder ein bisschen rechts davon abweicht, dann kommt es nicht so
drauf an. Aber wenn es darum geht, die Lehre des Paulus (2. Tim.
3,10) festzuhalten – und wir sind zutiefst davon überzeugt, dass es
gerade bei diesem Thema genau darum geht -, dann ist das etwas
anderes. Dann kann man auch nicht mehr diese unterschiedlichen
Gedanken in einen Topf werfen und einen gewissen Konsens vermitteln,
dann geht es nicht mehr darum, dass Christen ihre theologische
Begriffswelt erweitert bekommen. Dann geht es nicht in erster Linie
darum, dass sie wissen, wie es mit den Christen und mit Israel
weitergeht, so interessant das auch sein mag, sondern darum, dass
sie die himmlische Berufung als Wesen des Christentums erkennen,
und dass dies eine praktische Auswirkung auf unser Leben haben
sollte.
Für uns ist dieses Thema daher nicht ein Kapitel in einem Lehrbuch
über Dogmatik des Christentums, sondern hängt wesentlich mit vielen
anderen Fragen unseres Christseins zusammen: nicht nur Fragen der
Zukunft, sondern unsere Hoffnung, das Evangelium der Herrlichkeit
des Christus und die Wahrheit der Gemeinde stehen wesentlich damit
in Verbindung.
Zwei Vorwürfen möchten wir vorab entgegentreten:
- Wir predigen keine zwei
Heilswege, einen für die Gläubigen in der heutigen Zeit und einen
(der ein anderer ist als das Heil, das Christus und die Apostel
predigten) für Israel und die Völker nach der Entrückung der
Gemeinde oder die Gläubigen im Alten Testament. Die Schrift lehrt
deutlich nur einen Weg zum Heil. Es gibt nur das eine Heil,
welches Christus durch Sein Werk am Kreuz vollbracht hat, und
einen Weg zum Heil, nämlich Glauben an Gott. Aber zwei Dinge
dürfen wir auch nicht vergessen:
- Bei der Beziehung zwischen
Gott und dem erlösten Menschen geht es nicht nur um neues Leben
und Vergebung der Sünden.
- Es ist völlig aus der Luft
gegriffen, wenn man meint, weil es nur ein Heil gibt, könne es
auch nur eine Kategorie von Erlösten geben. Alle Gläubigen aller
Zeiten sind erlöst durch dasselbe Blut Christi und haben neues
Leben und Vergebung der Sünden; aber diese Erlösung ist nur die
Grundlage ihrer Beziehung zu Gott. Die Beziehung selbst kann
ganz unterschiedlich sein. Die Beziehung (die Stellung, die
Berufung, die Segnungen), die sich auf die Grundlage der
Erlösung aufbaut, kann völlig anders sein bei der einen Familie
Gottes als bei der anderen. So sind wir der Überzeugung, dass
die Beziehung der Gemeinde total anders ist, als die der
Gläubigen aus Israel und den Völkern vor Apg 2 und nach der
Entrückung der Gemeinde. Und Christus hat u.E. während des
Tausendjährigen Reiches eine ganz andere Beziehung zu seiner
himmlischen Braut, der Gemeinde, als zu seinen „Brüdern“, dem
Überrest Israels, und zu seinen Untertanen, den Völkern.
Dies tut der Tatsache überhaupt keinen Abbruch, dass alle diese
Gruppen von Gläubigen ihre jeweils verschiedene Stellung,
Berufung und Segnungen demselben Werk am Kreuz zu verdanken
haben.
Das Werk Christi ist dasselbe; aber es gibt keinen einzigen
Grund anzunehmen, warum die volle Auswirkung dieses Werkes für
alle Gläubigen aller Zeiten genau dieselbe sein muss. Wir sind
der festen Überzeugung, dass jeder, der das behauptet, Gottes
Souveränität und die Schrift schmälert.
- Auch auf
einen 2. Einwand möchten wir noch kurz zusprechen kommen: „Das ist
alles viel zu kompliziert geschrieben, das geht alles auch viel
einfacher.“ Selbstverständlich kann man eine – auch die
dispensationalistische Sichtweise - sehr viel einfacher
darstellen. Doch was ist mit solchen, die nicht mit Behauptungen
zufrieden sind, sondern echte Begründungen suchen. Einfache
Artikel, die bloß bestimmte Behauptungen aufstellen oder von
bestimmten Lehrmeinungen als Tatsache ausgehen, kennen wir
natürlich auch viele. Diese Artikel würden aber niemals solche
zufrieden stellen können, die die Bundestheologie vertreten oder
dispensationalistische Wahrheit ablehnen.
Zu allen 8
Punkten haben wir folgende Artikel veröffentlicht:
|